JAHNSCHER
JAHRBÜCHER FÜR
PHILOLOGIE UND
PAEDAGOGIK
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Harvard College
Library
FROM THE FUND GIVEN BT
StepKen Salisbury
Otttaf ltl7
OF WORCB8TBR, MASSACHUSETTS
For Oreek and Latin Litentnre
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NEUE JAHMÜCHEß
FÜB
PHILOLOGIE UND PAEDAGOGIK.
aEGENWiüEma hebaüIbgegeben
VON
ALFfiED FLECmSEN wn> HERMANN MASIOS
nonmoB nr »Ba8i»ir nomso» n
ACHTUNDVIERZIGSTEB. JAHBGANG.
EDTHUNDERTUNDAGHTZEHNTEB BAND.
LEIPZIG
BBUOK UND VEBLAQ VON B. G. TEUBNEB.y^
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JAHRBÜCHER
FÜR
PHILOLOGIE üw) PAEDAGOGIK.
ZWEITE ABTEILUlie.
HERAU80£0£B£M
TOM
HEBMANN MASIÜS.
VIERUNDZWANZIQSTER JAHMANe 1878
ODIft
DSm JAHMSOHEir JAHUlGOHBR fOb FBILOLOOIB UHD PASDAOOOIK
XUIJlUflDBBTinn>AOHTZBBllTBR BAIID.
LEIPZIG
I>BIJCK UND YEBLAG YOK B. G. TEÜBNES.
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HARVARD COLLEeE LIBRAI
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ZWEITE ABTEILUNG
FÜK GYMNASIALPiDAGOGIK UND DIE CßRIGEN
MIT AU8SCULU8Z DKU CLASälBCliKN PUILULOOIK
HBRAUSOBOBBBN VOV PROF. DB. UbBMAMH MaSIUS.
1.
ALTES ÜND KEUES AUS DEB SCHULE.
1. Ffir die Uhrer.
Es wird nioht ttberflflssig sein, einselne aohnlfragen naeh den
leUuiften erSrterungen, welche sie in der jfingeteojrergangenheit ge-
fimdeB, von neaem einer eingehenden pritfung zu unterwerfen, um
sie Ton der einseitigkeit einer meistenteils dnreh das interesse einge-
gebenen hetraehtung zn befreien und die erentnell gefundene lOsiing
▼on einem allgemeinen standpunote ans sn erproben, pftdagogisohe
fragen soUen beantworet werden nach dem standponcte, den die
schnle im rechtsstaate einnehmen moss. da das ISngst erwartete
preuszische onterrichtsgesetz noch nicht erschienen und somit anch
der gesetzHche abschlnsz fOr viele zweifelhafte pnncte noch nicht ge-
fiinden ist, so dUHU) es wol noch an der zeit sein, fttr manche dersel-
ben das rechte wort an&nsachen, das wort, welches den schein yon
der wahrhttt, die snflülige erscheinnng von der wirklichen Wesenheit
zn trennen vermag, wenngleich wenig hoffiiimg vorhanden ist, dnrch
eine fernere besprechnng in den gnmdanschaunngen der verschie-
denen stimmftthrer ttndenmgen zn erzielen, welche eine versdhnnng
der weit auseinandergehenden richtyngen bewirken kOmiten, wenn-
gleich immer wieder an den ausspmch erinnert werden mnsz
'Der Worte siDd genug gewechselt, *
80 liiwt uns endlieb einmal tbaten sehn!'
so gilt es dennoch, stets zn mahnen und anzuregen, stets das ^irrende,
schweifende' abzuweisen nnd das notwendige und wahre so lange zn
betonen, bis es zur vollen erscheinung gekommen ist
N. Jahik r. phU. «. pid. n. abt. 1S7S. hft 1. 1
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2
Altes uud neues aus der scbole,
Herr dr. Schwartz, director des Friedrich-Wilbelmsgymnasium
in Posen leitet seinen im vorigen jähre erschienenen ^Organismus der
gymnasien in seiner praktischen gestaltung' (Berlin bei Hertz 1876)
also ein: 'wenn in frühern naturwüchsigen Zeiten der charakter
einer gelehrten schule sich im ganzen bestimmte nach den au der-
selben harschenden traditionen und den an derselben wirkenden
persönlichkeiten, so hat sich, je einheitlicher und selbstbewuster sich
alle culturverhältnisse des preuszischen Volkes entwickelten , auch
notwendiger weise ein gemeinsamer typus der beireffenden anstaltea^
getragen von der allgem^einen schulgesetzgebung (?) herausgebildet,
was einzelne gymnasien dabei an individualität und gleichsam un-
mittelbarer frische eingebüszt, ist der allgemeinheit an Sicherheit in
den resultaten zu gute gekommen, die bei den bestimmten formen,
innerhalb deren auch die höheren schulen sich fortan zu entwickeln
angewiesen waren, mehr unabhängig von den gerade wirkenden per-
sönlichkeiten durch die macht der institutionen an sich erzielt wur-
den, man kann jenes im einzelnen bedauern, ohne sich doch dem
segen, den die Umwandlung in weiten kreisen hervorgebracht hat,
zu verschlieszen, ganz abgesehen davon, dasz die gesamtentwicklung
der culturverhJiltnisse wie überall so auch auf diesem gebiete natur-
gemäsz darnach trachtet, alles zufällige möglichst zu verbannen, und
statt desselben eine rationelle gestaltung anzustreben.' diese dar-
ßtellung ist im allgemeinen zutrefiend, sie darf jedoch nicht ohne
ergänzung bleiben, es ist keine frage, dasz das naturwüchsige, die
individuelle entwicklung der einzelnen anstalten sich zu lange breit
gemacht, dasz eine^unsumme von anordnungen, erwägungen, regle-
mentierungen im laufe der letzten fünfzig jähre dem schnell schrei-
tenden gange der culturentwicklung in allen gebieten des theoreti-
schen und praktischen lebens nicht hat folgen können, dasz die durch
Könne und Wiese versuchten codiücierungen der die schulverhältnisse
regelnden Verordnungen den evidentesten nachweis geliefert haben,
wie beim mangel feststehender allgemeiner gesichtspunkte — nennen"
wir sie mit der jetzt beliebten bezeichnungnormativbestimmungen —
die ausgestaltung gerade des preuszischen Schulwesens in üftlsche
bahnen gerathen ist und dem subjectiven belieben der gende Imten-
den persönlichkeiten allzulange hat folge leisten müstren ; keine frage
ist es, dasz der jetzt herschende stürm und drang endlich durch eine
wirkliche gesetzgebung zu heendigen ist, eine gesetzgebung, welche
bis jetzt nur selten emstlich versucht ist und YOn -vielen an der Bchnl*
Verwaltung beteiligten personen in hezug auf ihre ersprieszlichkeit
oder notwendigkeit verneint wird. .
Gehen wir nach diesen allgemeinen hemerkongen zanftohst auf
die frage näher ein, welches die Stellung der lehrer an höhem nnter-
richtsanstalten sein mnsz, wenn weder die personen noch die sache,
also der nnterricht und die schule geschSdigt werden soll.
1. Die Stellung des lehrers zu den behOrden, speciell zum direc-
tor, die zum publicum und zu den schtüem, sein verhalten in und
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Altos und neues aus der schule.
3
auszerhalb der schule, seine teilnähme an öffentlichen angelegenhei-
ten, sein leben in der familie und in der gesellschaft, sein äuszeres
erscheinen in kleidung und tracht, und wer weisz, was alles sonst
noch , sind von jeher und auch noch heute gegenständ der wunder-
samsten anforderungen gewesen: in summa summarum schob man
dem lehrer eine ausnahmestellung zu und ist selbst zur zeit noch
wenig geneigt, ihm dasselbe volle recht zuzuerkennen, wie andere
menschen oder sagen wir lieber, beamte, in denselben natürlichen
fonnen des innern seins und des äuszem erscheinens zu leben und
zu wirken, ausnahmestellnngen verschieben aber immer den schwer-
pnnct der davon betroffenen, und wer mit bewustsein immer und
Überall den 'Zöglingen ein ^leuchtendes vorbild' sein soll, fUUt zum
mindesten so häufig durch unnatur und Sonderbarkeiten auf, dasz
der Übermut der Jugend volles genüge findet, sich durch Eulenspie-
geleien für den druck zu entschädigen, den ein musterschulmonarch
sehr gegen ihren willen anf sie ausübt, man wolle doch ja von der
thatsacbe notiz nehmen, dasz der schüler mit dem lehrer einen klei-
nen krieg führt, weil er es nnliebsam empfindet, wenn er zar Ord-
nung, zum gehorsam, zum fleisze, knrz zu allen schnltngeiiden ange-
halten wird, dasz er nicht gerade den lehrer, sondern die auszerhalb
der sohole stehenden eitern, freunde und bekannten zu Vorbildern
wfthlt mid jene nach diesen beurteilt, lehrer, bei denen die schüler
etwas lernen und bei denen die kleinen versnobe zu täuschungen und
betrügereien nicht angebracht sind, lehrer, welche stets strenge ge*
rechtigkeit üben und in den urteilen über ibre«sohttler sich keine
wunderlichen Ufeszen geben — kommt öfter vor als man meinen
soUte — lehrer endlich , die ihre amtspflichten unentwegt erfüllen
nnd auch im Öffentlichen leben ansehen nnd acbtnng sich zn erwerben
vermögen, die allein sind den schülem genehm und stellen auch noch
nach den Schuljahren bei denselben in piettttsvoUer erinnerung, wfth*
rend die pedanten nnd sonstigen mustermenschen in dem ebenge-
daehten kleinen kriege mehr als 6ine wnnde davontragen und nach
der Schulzeit bald vergessen oder aber zum objecte eines nicht immer
gotmütigen witzes werden.
Andrerseits ist aber das streben eines lehrers, sich seinen mit-
bürgem in öffentlichen angelegenheiten zu nähern, an wählen nnd
wahlvereinen sich in angemessener weise zu beteiligen, zur mehnmg
des Tolkswohls und der Tolkssitte, so viel an ihm liegt, beizutragen,
sein wissen und können durch den lebendigen pulsachlag der gegen*
wart frisch und eigenartig zu erhalten, von nicht zu unterschttteender
bedeut-samkeit und rttckwirkung anf seine lehrerthätigkeit. nnr der-
jenige | welcher eine ganze volle persönlichkeit aus sich herauszubil-
den vermag, ist berufen und geeignet, lehrer und führer der jugend
zu sein ; man musz selbst erst ein eharakter geworden sein, ehe man
zu Charakteren erziehen kann, man musz selbst wahr und wahrhaftig
sein und diese eigensehaften im kämpfe mit dem leben erprobt iaben,
ehe «man verlangen kann, dasz die jugend vertrauensvoll zu einem
1»
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4 , Altes und neues aas der schule.
herantrete, damit soll nun nicht gesagt sein , dasz jeder lehrer im
Öffentlichen leben sich thätig erweisen müsse , es soll nur die mah-
nung angedeutet werden , dasz einem lehrer, eben weil er lehrer ist,
in solcher thätigkeit keine unnützen hindernisse entgegengetragen
werden dürfen, dasz es dem lehrer gestattet sein musz, die alte mei-
nung durchbrechen zu helfen, er sei nur für den umgang mit der Ju-
gend und das scepter in der schule geschaffen, und darum für andere
lebensverhältnisse unvorbereitet und untauglich.
2. Man hat oftmals nach einem passenden ausdrucke verlangt,
der die zielpuncte für die äuszere und mehr persönliche Stellung der
lehrer klar und bestimmt definiere: vielleicht gentigt das wort: die
lehrer an höheren Unterrichtsanstalten sind'in allem
und jedem den richtern erster instanz gleichzuBtell en.
was dieses wort in sich faszt, mag vorerst genauer dargelegt werden,
nach dem abiturientenexamen besucht der angehende jurist sechs
Semester die Universität, absolviert dann ein erstes ziemlich leichtes
examen, wird darauf vereidigt und erhält damit amtlichen Charakter,
durchläuft eine mehrjährige praktische einführung in die speciellen
richterlichen dienstgeschäfte, legt dann ein zweites examen ab', wel-
ches die allseitige, theoretische wie praktische, brauchbarkeit des
rechtskundigen festzustellen hat und erhält dann eine feste anstel-
lang an einem gerichte erster instanz , die ein festes mit den dienst-
jahren steigendes diensteinkommen sichert, eine freie individuell
geartete amtsthätigkeit gestattet und nur in rein administrativen
angelegenheiten eiaem unmittelbaren vorgesetzten, dem kreisge-
richtsdirector, verantwortlich und untergeordnet is^*. die amtliche
thätigkeit des richters ist von äuszeren einflüssen möglichst unab-
hängig, entbehrt aber keineswegs der sichern und ausreichenden
controleund Unterstützung, letztere durch die Plenarsitzungen, erstere
durch die apellinstanz und die regresspflicht. diesen momenten tritt
die einrieb tung zur seite, dasz das gesamte richterliche personal eines
appellgerichtes einen einzelverband repräsentiert, welcher nicht zu
enge ist, um eine ausreichende und immer notwendige bewegung
der personen zu gestatten, aber auch nicht zu weit, dasz darüber
die für diese bewegung notwendige personalkenntnis verloren gehen
konnte, der tag der eidesleistung wie der der absolvierung des
assessorexamens regelt innerhalb eines solchen Verbandes die ge-
baltsbesttge der art, dasz das dienstalter entscheidet, während die
Verwendung der personen resp. deren aufsteigen nach sitte der be-
amtenhierarchie von begabung, fleisz und dienstlicher brauchbarkeit
abhängig bleibt, endlich ist nicht zu übersehen, dasz ein aus dem
staatlichen justizressort ausgeschiedener nur schwer in dasselbe
seinen rückzag findet, und dasz er mit seltenen ausnahmen in diesem
falle seine ancien&it&t verliert, das rechtsprechen selbst verlangt
kenntnis des innern und äuszem lebens der rechtsuchenden, erfor-
dert olJiective beurteilung der civiten and politischen parteiverhält-
nisse vnd gestattet deshalb nur in einem geringen grade eine ab-
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Altes und neues aus der schule.
6
Sperrung von der auazenwelt. es gewährt auch in concreto und in
abstracto diejenige Unabhängigkeit , die das wahre glfick einer in
sich selbst gefestigten Persönlichkeit ausmacht, so ist es gekommen,
dasz der richterstand nicht nur die grOttmOglichste achtung aller
aiiszer ihm stehenden genieszt, sondern Moh, dasz andere kreise sich
fast aiisscblieszlich ans ihm ergBnsen, wie auch, dasz in fernerer
Wechselwirkung nur junge lente aus den besseren lebens- nnd bevöl-
kerungskreisen sich ihm zuwenden, woduroh nicht am wenigsten die
würde des Standes gewahrt bleibt.
3. Fast entgegengesetzt sind die Verhältnisse im lehrerstande.
der schulamtscandidat soll nach a})3olviening seiner nniversitäts-
studien sofort sein hauptexamen ablegen, damit ist denn von ▼cm
herein eine grosze Ungleichheit in der Vorbereitung zum amte gegeben,
der eine studiert 6, der andere 8, der dritte 10 und mehrere Semester
und zwar aus den verschiedensten gründen, hier treten junge männer
ins amjb mit der ganzen arbeitskraft und idealen energie der jagend»
dort ältere herren, die das erste feuer der begeisterung lange schon
im präoeptoren- nnd hauslehrertum verloren haben, bald findet be-
gabang nnd gewandtbeit sich in leichter weise mit den Schwierigkeiten
des examens ab, bald scheut wissenschaftlicher ernst längere zeit und
Uber dieselbe hinaus vor demselben zurück: in jedem falle aber sind
die ergebnisse dieser Staatsprüfung, wie das allseitig constatiert and
anders kaom möglich ist, samal da 7— 8 verschiedene prttfongscom-
missionen verschiedene masse der milde und strenge und versohie-
dene Interpretationen des prQfnng®lements für sich in ansprach
nehmen, nicht nur durchaus ungleichartig, sondern auch, was noch
mehr sagen will, kaum ausreichend, ein arteil der dienstbehörde über
die qualification der candidaten darauf zu grOnden. doch gehen wir
weiter ! der amtlich beschäftigte schulamtscandidat wird nicht ver-
eidigt, erhält somit keinen amtlich«i Charakter, auch wenn er jähre
lang ordentliche lehrsteilen verwaltet, er hat also somit durchaos
keine garantie der definitiven anstellang, sondern ist für diese einzig
and aüein anf die rücksiohtnahme des betreffenden departemente-
rathes angewiesen, dessen ganst and teilnähme er also am jeden
preis gewinnen muss, Yorzagsweise in selten, in denen der ström der
bewerber reichlicher flieszt. ebenso wenig wie die anstellang ist aach
das aufrücken in hühere gehaltsqnoten siäergestellt. im allgemeinen
rfickt der lehrer an der anstalt, der er snnlehst überwiesen worden,
in höhere stufen and besoldangen aof , aber dieser kreis der gestat-
teten bewegnng ist einmal viel za Uein, and sodann dardi Vor-
kommnisse nodb mehr eingeengt, die einen einmaligen oder Qftem
einsdbab im Interesse des dienstes onamgUnglich nothwendig maeben.
schon der amstand, dasz für dieses oder jenes spedalfaeh in einem
bestimmten faUe vorgesorgt werden masz, macht oftmab die bera-
fnng einer lehrkraft nOtig, die in den gegebenen rahmen einer ein-
zigen anstalt nicht hineinpaszt, es sei denn, dasz filtere berecbtigungen
für hühere gehaltsbezttge oder hühere stellen geschädigt werden.
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Altes uud oeueu aus der äcbule.
an städtischen anstalten contrahiert man überhaupt nur von fall zu
fall, und dieses beispiel wird oftmals an anstalten staatlichen patro-
nats nachgeahmt, auch die Pensionierungen sind nicht ausreichend
geregelt und bringen noch mehr Verwirrung in die unklaren zu-
stände, städtische behörden suchen im interesse ihrer communen,
denen sie die belästigung der pensionen fern halten möchten, vor-
zugsweise junge lehrkräfte zu gewinnen und bringen dieselben in
verhältnismäszig sehr hohe stellen, nun ist an einer königl. anstalfc
eine stelle vacant, für die ein lehrer passt, der jüngst von einer
städtischen gemeinde in eine den umständen nach hohe stelle ge-
wählt wurde; weil aber der schulrath ihn zurücknehmen will, musz
er ihm nun eine oberlehrerstelle geben und alle altersverhältnisse
durchbrechen, so kommt es, dasz junge luhrer mit 27 lebensjahren
oberlehrerstellen bekleiden, während ihre ebenso tüchtigen alters-
genossen, die zudem im unmittelbaren Staatsdienst verblieben sind,
noch in einem decennium nicht eine solche stelle erhalten.
4. Die fernere amtliche thätigkeit des lehrers ist ebenfalls im
gegensatze zur richterlichen wenig geeignet, liebe zu einem berufe
zu erwecken, der, wie wir zugeben müssen, von eminent hoher be-
deutung für den staat wie für die familie ist, wenn wir auch weit
entfernt sind, der weinerlich frommen manicr, die den lehrerberuf
als den denkbar höchsten preist, einige aufmerksamkeit zu schenken,
zumal sie nur bei leuten zu finden ist, die die schwere des berufes
eben so wenig sich aufbürden möchten als sie geneigt sind, den mate-
riellen bedürfnissen des lehrerstandes rechnung zu tragen, die lehrer
haben ihres hohen berufes halber die Verleihung eines bestimmten
rangverhältnisses nicht notwendig, sagt die bekannte Verfügung des
ministers Eichhorn vom jähre 1847 , und wenn man dieselbe gegen-
wärtig auch nicht mehr gutheiszen will, so läszt man sie nichtsdesto-
weniger theoretisch und praktisch bestehen, auf grund dieses nicht
verliehenen rangverhältnisses entzieht man den ordentlichen lehrem
an höheren unterrichtsanstalten den höhem wohnungszuschusz der
richter und gibt ihnen den der Subalternbeamten — eine gleiche
herabminderung hat auch bei dem gesetze über die umzugskosten
der beamten stattgefunden — und diese schroffe materielle Verletzung
hat man späterhin durch den umstand zu motivieren gesucht, dasz
zu wenig lehrer als Oberlehrer qualificiert seien, ja nach einer uns
mitgeteilten Versicherung sollen noch über die hälfte aller angestell-
ten lehrer nicht die facultSten für den Unterricht in der prima haben,
doch sehen wir von diesen verstimmenden momenten ab, und lenken
wir unsere aufmerksamkeit auf die mit der amtlichen lehrerthätig-
keit verbundenen Schwierigkeiten, so musz man gestehen, dasz im
laufe langer jähre wenig geschehen ist, um dieselben zu heben oder
weniger schroff hervortreten zu lassen, wie oft man auch die kranken
stellen aufgezeigt und geeignete heilmittel nachgewiesen hat. ich
will hier die anschauungen des director Sohwartz — Organismus
p. 81, 64 ff. — mitteilen, welehe ergeben, wie es sein mttste, wie
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Altes und neoM aua der lobule.
7
€S aber leider nicht ist , und somit negativ das erweisen , was direct
nicht mehr von mir ausgesprochen zu werden braucht, weil ich mich
« zu oft wiederholen müste. hr. Schwartz sagt: 'der einheitliche Cha-
rakter einer anstalt beruht neben der Organisation in letzter instans
auf dem director. er musz alle fäden in pädagogik und me-
thodik zusammenzufassen und zu einen trachten, unbe-
schadet der freien entwicklung und bethfttigang der
einzelnen coUegen iniierhalb der durch die Organisa-
tion gesogenen grenzen, wie die jCfesetzgebnng (?) auch ihm
nnr gewisse schranken setzt, innerhalb deren er finei gestalten kann,
so mnss er auch dasselbe pnndp den lehrem seiner anstalt gegen-
über zum ziele seines handelns machen, nur da positive forderungen
stellen, wo allgemeine gesetzliche oder in den conferenzen festge*
stellte grundsätze oder der einheitliche Charakter der anstalt es un-
bedingt zum besten der sohüler fordern, im übrigen aber nnr colle-
gisUsch anregend oder ausgleichend zu wirken trachten, die sichtbar
jedem sich aufdrängende Wahrnehmung, dasz je einheitlicher der
Charakter der anstalt sich gestaltet , desto leichter die disciplin und
sicherer sowie allgemeiner anoh die fortschritte, wird jenes streben
fördern helfen, sobald er nur möglichst objecti? and ruhig ans*
dauernd dabei verführt und durch die that beweist, dasz er
selbst auch eigene subjective ansiohten zum besten des
allgemeinen unterzuordnen oder localen eigentümli cb-
keiten gleichgiltiger art zu fügen bereit ist.' das sind in
der that goldene werte, mir ganz aus der seele gesprochen, nur
schade ; dasz sie so selten befolgt werden 1 an einer andern stelle
heiszt es : 'worin besteht aber die durdiftthrung nach unten hin oder
Tidmehr das geistige hinfuhren zu diesem ziele — dem abiturienten-
examen — insoweit es in der Organisation der anstalt zum ausdruck
kommen kann? vor aUem in einer homogenen entwicklung der
classenexamina in einer zu dem abiturientenexamen aufsteigenden
linie (siehe auch Fahle, haus und schule [Jahrb. 1869 II abt. hft 5]
und an manchen andern orten), wie dieses müssen jene auf allen
stufen schriftlich und mündlich zugleich sein und sich relativ auf
alle gegenstitaide erstrecken , wenngleich in einigen schriftliche ten-
tamina genügen. . . . denn in diesen examinibus beruht recht eigent-
lich die feste gliederung und die einzig wirksame controle des fest«
baltens der pensen (und, setze ich hinzu, die mOglichkeit des Zusam-
menwirkens mehrerer lehrer in derselben classe, vrie auch die einzig
zulässige weil ganz ausreichende controle der amtUcfaen tliStigkeit
jedes einzelnen lehrers). wie dem lehrerooBsgium zur praktischen
anschanung kommt^ dasz die pensen sich stufenfi^rmig aufbauen, der
einzelne lehrer nur immer die sorge und verantworfoig fttr seinen
teil habe, und der kern der pensen überall in den yordeignmd ge-
stellt wird, so macht sich der regulierende einfluss, den das abitu-
rientenexamen im allgemeinen ftbr die gymnasien hat, durch die
dassoiexamina j&hrüch resp. halbjShrlidi für alle elassen in gleicher
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8
Altes lind neues aus der schule.
weise geltend, sie müssen eben nur so eingerichtet werden, dasz es
als aufgäbe des lehrers erscheint, zur anscbauung zu bringen, ob der
Schüler sich das pensum angeeignet hat oder nicht, denn so wird
indirect für den lehrer auch das ziel vor die äugen gestellt, dem er
in betreff jedes einzelnen schülers nachzustreben und von dem er
nicht abzuweichen habe.' ich setze diesen bemerkungen noch eines
hinzu, wenn das abiturientenexamen der regulator des gymnasial-
unterrichts sein soll, und ich stimme darin mit brn. Scb. ganz über-
ein, so wird es auch notwendig sein, dieses ziel durch fernhaltung
aller schüler, welche dasselbe ziel nicht erreichen können oder wol-
len, möglichst sicher zu stellen, wehn ein lehrer in einer klasse
mehr als die hälfte von schülern hat, die andere zielpuncte ins auge
fassen, so ist es unmöglich, den an ihn gestellten anforderungen zu
genügen, dieses moment ist schon häufig hervorgehoben worden,
auch mittel sind in Vorschlag gebracht, den in der that kaum zu be-
seitigenden tibelstand in engere grenzen einzudämmen, aber man
wird nicht eher zum ziele gelangen , bis man sich entschlieszt , dem
gymnasium nur für sein schluszexamen einzig und allein besondere
rechte zu verleihen, entlassungen aus der secunda zum einjährigen
dienst und aus der prima zu gewissen subalterncarrieren und der-
gleichen mehr stören den Organismus der anstalt und raachen die
Verantwortlichkeit des lehrers illusorisch, über die einrichtung der
classenexamina wäre auch noch ein besonderes wort zu sprechen,
doch verzichte ich an dieser stelle darauf, da es mir nur auf die mo-
tivier ung der in dem folgenden paragraphen zu entwickelnden the-
sen ankommt.
5. Ich kehre zu dem scheinbar verlassenen gegenstände zurück,
nachdem ich die laufbahn des richters erster instanz kurz charakteri-
siert und nachgewiesen, dasz die des lehrers an höheren unterrichts-
anstalten eine ganz andere, mithin wesentlicher aufbesserung be-
dürftige sei, dasz sie namentlich durch feste normen geregelt werden
müsse, will ich nun diese normen in kurzen Sätzen zur anschauung
bringen.
I 1) wer sich dem höhern lebrfach widmen will, hat das gymna-
sium zu durchlaufen, und sich nach einem dreijährigen universitäts-
studium einem ersten leichtern examen, dem sogenannten practi-
cantenexamen , zu unterziehen vor einer prüfungscommission, die aus
universitäts- und gymnasial lehrern gleichmUszig zusammengesetzt
ist. in dieser prüfung musz der candidat nachweisen, dasz er seine
Studienzeit wol benutzt hat und be&higt ist, höhem Studien selb*
ständig nahe treten zu können.
2) der practicant wird von einem königl. provincialschulkoUe-
gium einer höhem lehranstalt zugewiesen, von dem betreffenden
anstaltsdirigenten vereidigt und musz unter dessen persönlicher lei-
tung ein jähr lang grundsätzlich ohne remuneration etwa nach der
weise der probecandidaten beschäftigt werden, darauf wird er auf
Verfügung der provincialbehörde weiter amtlich derart beschältigty
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Altes und neues aas der schule.
9
dasz er in den untern und mittlem classen nicht allein aelhstftndig
unterrichtet, sondern auch lehrsteilen unter eigener Verantwortlich-
keit verwaltet und für geleistete dienste aaereichend remmieriert
wird.
3) am anfange des fünften* und spfttestens am ende des sechsten
jahres nach absolyiemng des trienniums hat der practicant oder
coUaborator die staatsprflfnng vor einer immediatprttfiingBCommis-
sion abzulegen und in derselben den nachweis seiner theoretischen
und praktischen beffthignng für Verwaltung eines lehramts in den
höheren classen zu führen, der praktische nachweis wird annSchst
durch die Zeugnisse erschlossen, welche dem candidaten über seine
bisherige thfttigkeit ausgeätzt sind und diederprilfungsconunission
vorher eingehSndigt waren, dieses ezamen kann nur einmal wieder-
holt werden, wenn nicht die erlaubnis des ministers eine zweite Wie-
derholung gestattet.
4) auf grund der abgelegten prttfüng und des darüber erhal-
tenen Zeugnisses erfolgt die definitive ans^nng des «ihnlamtsean-
didaten nach dem alter des Zeugnisses und innerhalb der gesetzlich
angeordneten fachlehrerkategorieen.
5) jeder lehrer rückt nach dem von der ersten anstellung da-
tierenden dienstalter ohne berücksichtigung der fachlehrerkategorieen
in höhere gehaltsquoten auf, so dasz innerhalb des Verwaltungs-
bezirkes eines provincialschulcoUegiums bestimmte gehaltsbezüge für
bestimmte dienstaltersclassen gesetzlich sich herausstellen, das pen-
sionsf&hige dienstalter datiert von der Vereidigung, das dienstver-
hältnis der lehrer wird durch den titel 'oberlehrer' bezeichnet und
das rangverhältnis dem der richter erster ins tanz gleichgestellt.
6) die administration einer höhern lehranstalt wird einem di-
rector als ständigem localcommissarius des provincialschulcoUegiums
unterstellt , und ihm zur seite treten je nach der grösze der anstalt
ein oder zwei prorectoren, die als ständige Vertreter des directors
gelten und diesen in festabgegrenzten dienstzweigen, namentlich
nach scientifischer seite und als dirigenten der einzelnen fachlehrer-
gruppen unterstützen, die prorectoren sind den abteilungadirigenten
der gerichte erster instanz gleich zu erachten.
7) die innere Organisation der anstalt wird in Plenarsitzungen
berathen und festgestellt, durch den director und die prorectoren zu
bestimmten lectionsplänen verarbeitet und in dieser gestalt den leh-
rem zur ausführung und maszgeb enden nachachtung übermittelt,
die controle über die amtsthätigkeit der lehrer wird durch classen«
examina und versetzungsconferenzen gehandhabt, alle übrigen mittel
und wege einer controUerenden thfttigkeit haben zu entfallen. '
8) die eitern und pfleger der zOglinge verkehren in erster in-
stanz sunftdist und ausschliesxUoh mit den elassenordinarien, die
sweite instanz bildet der director: sie darf aber nie eher als die erste
beschritten werden.
Oigitized
10
Altes und neues aus der schule,
9) regelmäszige fachlehrer- und allgemeine conferenzen ver-
mitteln dem director wie jedem lehrer die geaaue einsieht in den
Organismus der ganzen anstalt.
10) als regulator der anstalt dient das abiturientenexamen, das
unter dem Vorsitze eines commissarius der provincialbehörde abge-
halten wird ; dasselbe kann nur einmal nach einem ersten miserfolge
wiederholt werden; für eine zweite Wiederholung ist die erlaubnis
der provincialbehörde beizubringen.
6. Es ist nicht nötig, diesen dekalog in seinen einzelnen bätzen
näher zu begründen, wer vorurteilsfrei an ihn herantritt und ge-
neigt und befähigt ist, selbst entgegengesetzte anschauungen mit
liebe und aufmerksamkeit zu verfolgen, für den sind weitere erörte-
rungen überflüssig, andere aber werden durch solche erörterungen
weder belehrt, noch bekehrt, nur einige puncte sind noch vor mög-
lichen misverständnissen zu schützen, man wird gegen nr. 5 die
yerschiedenheit der einzelnen anstalten hinsichtlich ihrer patronats-
Verhältnisse einwenden und aus denselben die Unmöglichkeit der
ausführung dieses Vorschlages herleiten wollen, hr. dr. Henke, pro-
rector zu Höxter, hat eine Statistik der höheren unterrichtsanstalten
Deutschlands, speciell Preuszens aufgestellt, aus welcher ich fol-
gende Zusammenstellung entnehme, von den 732 höheren unter-
richtsanstalten, welche das deutsche reich ende 1875 zählte, kommen
auf Preuszen 449. in der gesamtzahl sind 439 gymnasien and 293
realschulen enthalten, während in Preuszen auf 204 gymnasial-
anstalten 185 realschulen kommra, zählt Sachsen auf 13 gymnasien
22 realschulen erster und zweiter Ordnung, von denen die erster
« Ordnung üiBi ausnahmslos vom staato unterhalten werden, von den
preuszischen gjmnasialanstalten sind nur 138 königlich, 126 sind
städtisch oder stiftisch , und von«den realschulen sind 23 königlich,
über 153 städtisch und 8 stiftisch. In Preuszen gibt es also im ganzen
161 königliche, 268 städtische und 20 stiftisebe höhere lehranstalten.
von den evangelischen anstalten hat der staat nur halb so viel als
die Städte, während von den katholischen schulen nahezu drei fünftel
Staatsanstalten sind, die zahl der katholischen realschulen in Preuszen
beträgt nur 10, und davon ist eine stiftisch, das sieht in der that
bunt genug ans und untersttttzt zunächst einige stttze^ die ich schon
in früheren abhandlungm aufgestellt habe, wenn die anzahl der
königlichen anstalten verhältnismftszig gering ist, so geht daraus
hervor, dasz der staat in frttheren Zeiten dem nnterrichtswesen zu
wenig aufmerksamkeit oder sagen wir lieber zu geringe mittel zaga-
wendet hat; das höhere Schulwesen ist ihm zumeist aits den evange-
lischen Städten und den katholischen Stiftungen resp. klöstern über-
kommen ; die katholisoben schulen kamen nach der säcularisation in
seine unmittelbare Verwaltung, während die evangelischen ihren be-
sonderen patronaten unterstellt blieben, daher die überwiegende
zahl der katholischen staatsanstalten. Preuszen hat ferner mehr als
billig das realschulwesen bei seite gesetzt und die namentlioh in den
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Altes and neues aus der schule. II
reichen evangelischen städten gegründeten lehranstalten dieser kate-
gorie sind aus Opposition gegen die Unterrichtsverwaltung der herron
Raumer und Mühler hervorgegangen, in bezug auf eigenartige ent-
Wicklung ist aber die bedeutung der städtischen und btiftsanstalten
in jüngster zeit bedeutend herabgegangen, die staatliche orgauisa-
, tion ist auch in diese schulen eingedrungen, und die privatpatrone
haben ihren alten einflusz mehr oder minder ganz verloren, zumal
dort, wo die anforderungen der neuen zeit nicht mehr mit den alten
dotationen befriedigt werden konnten, und der staat ergänzende Zu-
schüsse leisten muste , denn es ziemt sich , dasz der, welcher herscht
uud befiehlt, auch die mittel gewährt, welche seine anordnungen er-
fordern, städtische und stiftsanstalten werden allmählich in den be-
sitz und die Verwaltung des Staates ungeteilt übergehen, um so
mehr als die städte hinlängliche veranlassung haben, mit ihren gel*
dern haus zu halten resp. für eine würdige ausgestaltung des ele-
mentarschul wesens zu verwenden, die schlieszliche Organisation
wird hoffentlich darauf hinauskommen , dasz sämüiohe Unterrichts«
anstalten, welchen namen sie auch führen mögen, einem beeondem
Unterrichtsministerium unterstellt werden, dasi anivefsitftteni poly-
technische und kunstakademische anstalten sowie gymnasien und
realschalen, aneh höhere landwirthschaftliche schulen einer directen
Staatsverwaltung untergeordnet und mit staatlichen roitteln unter-
halten werden, dasz elementarschulen , foilbildungsschulen und nie-
dere landwirthschaftlichti anstalten unter die obhut der kreis- nnd
besirksYefbftnde kommen, während specielle Fachschulen orta- nnd
oorporativgenoflsenschaftlichen verbänden überantwortet werden.
Ob diese Organisation sich bald oder erst nach längerer zeit
vollziehen wird, kann ioh natürlich nicht entscheiden und doch
niQSi der gegenwärtige notstand abhilfe finden, selbstverständlich
ist es wol , dasz die lehrer der unmittelbaren staataanstalten unter
sich verbftnde bilden, in denen die gehaltsascensionen gesetzlich ge-
ordnet werden können, wer aus diesen verbänden heraustritt und
om irgend eines Vorteils oder irgend einer annehmlichkeit halber
eine communale lehrerstelle annimmt, verzichtet auf die berührten
vorteile der staatsanstellong nnd geht auch beim eventuellen rttck-
tritt der alten ascensionsansprüche verlustig, so findet nemlieh
rechnung und gegenrecbnung überall gleiohmttssig statt, wer als
I jnstizbeamter zur rechtsanwaltschaft oder zum communaldienst oder
gar in den privatdienst Übertritt, wird selten vom justizminister su-
I rttckgenommen und wenn aneh, doch nicht mit benachteiligung
anderer ascensionsberechtigungen. wird nicht in die lehrerweit ähn-
liefaes eingeführt, so ist der wiUkfir thür nnd thor geöffiiet, so neh-
men die persönlichen Schädigungen der unmittelbaren staatslehrer
^ein ende nad die streberei junger leute wirft alle schranken einer
bescheidenen mftszignng nieder, der 27jährige Oberlehrer, dessm
ich oben erwähnt, gibt doch wahrlich jedem unbefangenen zu denken.
^ ist aneh noch ein zweites möglich, die einseinen gemeinden können
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Altes und neues ans der schule.
für ihre lehrer den anschlusz an staatsverbände suchen, da der mo-
dus, unter dem solches geschehen kann, nicht unschwer sich finden
lassen dürfte, ich schliesze diesen teil meiner erörterungen mit der
unmaszgeblichen meinung, dasz es mit den lehrern erst dann wirk-
lich besser werden wird, wenn eine gleichmäszige ausbildung neben
fester regelung der gehaltsbeztige wirkliche Sicherheit für die mög-
lichkeit des persönlichen behagens im berufe gewährt, dasz damit
auch der mangel an qualificierten lehrern für höhere unterrichts-
anstalten beseitigt sein und junge leute aus den bessern ständen
nicht mehr anstosz nehmen dürften, dem schulfache sich zuzuwenden.
7. Die nr. 6 meines dekalogs führt neben den directoren sog.
prorectoren ein, ähnlich den abteilungsdirigenten bei den gerichten
erster instanz. diese forderung ist wo! ziemlich neu und vielleicht
wie hier und dort eingewendet werden dürfte, in zu abhängiger
durch Führung der gleichheit der lehrer mit den richtern aufgenom-
men, allein sie ist doch auch implicite in der westfälischen directoren-
Instruction enthalten , die ich zum öftem habe abdrucken lassen,
weil sie ihrer vorzüglichkeit halber eine weitere Verbreitung ver-
dient, nach bisheriger Observanz ist der director selbst eines kleinen
gymnasiums überlastet, so tiberlastet, dasz er gewissen, ihm vorge-
schriebenen dienstverpfliehtungen unmöglich nachkommen kann,
um lehren und unterrichten zu können, rausz man stets und überall
von einem höhern wissenschaftlichen standpunct aus die augenblick-
lich notwendigen mittel und bedürfnisse zu ermessen im stände
sein; wer das nicht vermag, erzielt keine bildung, sondern blosze
dressur. es gibt keinen schlagendem beweis für diese behauptung
als den streit um die Curtiussche granunatik. als niehtphilologe
habe ich mich stete anszerhalb desselben befimden, aber doch die
bemerkang macken müssen , dasz die gegner den wissensobafUicben
standpnnet derselben nicht zu scbStzen wnsten, dasz sie daher
pttdagogiscbe Schwierigkeiten erblickten oder vorsöhtttzten , die die
yertheidiger spielend ftberwanden, und ans der gedttchtnismSszigen
aneignung broohstückweise aneinander gereihter kenntnisse weder
in der tertia noch in der secondannd prima heraustraten, wenigstens
nirgends der einzigen fordemng wahrer bildung, das besondere im
allgemeinen aufgehen zu lassen, sich nSherten. ja noch mehr! ich
habe die bemerkang gemacht, dasz anftngliche gegner die grOsten
anh&nger der neaen lehrmethode geworden sind , sobald sie für sich
selbst die ersten wissenschaftlichen Schwierigkeiten überwunden
hatten, stete fortbildung ist also jedem lehrer notwendig, wenn er
nicht nach 10 bis 15 jähren auf einem veralteten wissenschaftliöhen
standpuncte stehen will , und was Ton dem lehrer gilt , das gilt erst
recht Ton dem scientifisohen leiter einer wissenschaftlichen bildungg-
anstalt, das gilt yom director im vollen masze, welcher nicht nur
sehtÜem, sondern auch lehrern und nicht selten lehrern von nmfas*
senden kenntnissen und umfassender bildung gegenübersteht , der
alle zu leiten hat, damit aus den einzelnen atomen ein lebendiger
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Altet uncl neues aus der schule.
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körper entstehe, seit nun vollends das fachlehrersystem in die höbem
bildongsaastalten hat eingeführt werden mttssen, ist die höhe der
anfordemugen nnendlioh gestiegen, der director von heute musz
vielleicht phüologe sein (I) und ist dann auch wahrscheinlich be-
fähigt, den historisch-geographischen Unterricht ausreichend flber-
wachen, übermäszige ausschreitungen surttckdrängen und unter dem
mass bleibende leistungen durch energisches eingreifen höher stellen
zu können, auch in der mathematik hat er manches gelernt, so dasz
er über die pftdagogische bedeatung und den zusammenbang dieser
disciplin mit den übrigen lebrgegenständcn der scbulanstfdt wol
orientiert ist , aber in das einzelne der metbodik kann er nicht mehr
eindringen, ein gerechtes abwägen der leistungen verschiedener lehrer
ist ftlr ihn nicht mehr möglich, und nun vollends, was kümmern
ihn physik, Zoologie, botanik oder mineralogie, was das so wichtige
zeichnen, was das physikalische cabinet, was die naturbistorischen
Sammlungen, was die ausreichende ausstattung der bibliotbek für
diese lehrföcher? ich will das bild nicht weiter ausmalen, wenn
andere fachmänner als philologen zur leitung einer höbern lehr-
anstalt berufen würden, da es dem vorigen nur ähnlich sein könnte,
aber weiter! der director von beute soll der wissenschaftliche mit-
telpunct der anstalt auch insofern sein, als er durch häufige besuche
der lebrstunden seiner untergebenen lehrer sieh in voller kenntnis
der Persönlichkeiten derselben wie auch womöglich der ganzen an-
stalt erhalten soll, das ist in der tliat ein sublimer gedanke, doch
nicht so sublim, dasz er nicht von dem noch sublimem über-
troffen wäre, nach welchem der director allein befähigt sein soll, am
Schlüsse des gymnasialcursus auf grund seiner personlicben kenntnis-
nahme allein den abgehenden schülern ein maturitätszeugnis aus-
zustellen, so dasz es einer reife- oder abiturientenprüfung nicht mehr
bedarf, ich verzichte hier auf irgend welche Opposition und glaube
am besten zu thun, wenn ich auf die Vorschläge des hrn. director
Schwartz zurückgreife, der sich wesentlich aut classenexamina und
Tersetzungsprüfungen beschränkt, selbst in dieser beschränkung
T^ird dem director noch eine kaum zu bewältigende arbeitslast zu-
gemutet, indem derselbe bei groszen anstalten etwa 70 solcher exa-
mina im laufe des jahres abhalten musz. endlich soll der director
auch Schulmann bleiben und wenigstens einen hauptlebrgegenstand
in der band behalten, damit seine lehrer an seiner behandlungsweise
«inen sichern Wegweiser haben und nicht auf unsichern wegen berum-
tappen, so spricht alles dafür, dasz der director weder des rathes
noch der wirklichen hilfe seiner ältern collegen wird entbehren
können, dem director gehört die äuszere leitung der anstalt allein
üud auöschlieszlicb, ein guter und in der selbstbeschränkung erst
recht als solcher erkennbarer director wird für die innere leitung
ier anstalt, sagen wir die wissenschaftliche Organisation nach masz-
gabe der allgemeinen Vorschriften, des rathes und der hilfe seiner
Bieren fachgenossen nicht entbehren wollen, das ist natürlich und
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Altes und neues aus der schule.
selbstverständlich : ich fordere nur die gesetzliche anerkennung die-
ses thatsächlichen zustandes an gut geleiteten anstalten, damit nicht
eigensinn und überhebung auf der einen oder der andern seite die
anstalt gefährde, jeder, der sich mit dem gedanken meiner pro-
rectoren näher vertraut gemacht hat, wird erkennen mtissen, dasz
mit dieser einrichtung ein ganzes heer von unzuträglichkeiten , Un-
zufriedenheiten und persönlichen übergriflfen beseitigt sein wird.
Und hierbei kann ich einige andere gedanken nicht unter-
drücken, man scheint in verschiedenen Zeiten verschiedene grund-
sätze bei emennung der directoren befolgt zu haben, dasz der
director ein mann sein müsse, der allen Obliegenheiten und erfor-
demissen des amtes in gleichem masze gerecht werden könne, ist
wol nicht gut zu verlangen, denn solcher männer zahl dürfte eine
allzu geringe sein, dasz er aber einige Vorzüge vor andern voraus
habe, dasz er nicht zu jung sei, um sich die nötigen erfahrungen ge-
sammelt zu haben und uns nicht auf dem directorenstuhle die er-
zieh ungsexperimente junger lehrer vorführe oder durch seine Jugend-
lichkeit älteren lehrem, die zu jeder zeit das ihrige geleistet haben,
ein stiller Vorwurf werde, dasz er endlich in einem fache mindestens
meister sei , das scheinen mir ganz selbstverständliche forderungen
zu sein, die in den letzten jähren allerdings nicht immer befolgt sein
sollen , und Verstimmungen erregt haben , welche das amt zu schä-
digen und die leistungen einzelner lehrer in nicht geringem grade
herabzudrücken vermögen, der lehrer bedarf für seinen beruf nun
einmal eines idealen hintergrundes, um sich vor der handwerks-
mäszigen ausübung seiner pflichten zu schützen; wer ihm diesen
idealen hintergrund raubt und zu der ansieht verleitet, dasz nicht
innere und äuszere tüchtigkeit zugleich, dasz nicht eine zum vollen
Charakter ausgebildete persönlichkeit unter allen umständen an-
spruch auf beforderung erheben könne, der profaniert das heilige
und verdi ent aus dem tempel der schule hinausgejagt zu werden.
8. Es ist vielleicht notwendig, auf die von mir geforderten
zwei examina zurückzukommen, da in jüngster zeit ebenfalls zwei
examina von vielen selten verlangt werden, ohne meiner idee dabei
auch nur im geringsten gerecht zu werden, viele meinen nemlich
ein erstes theoretisches und ein zweites practisches examen genüge
dem bedürfnisse, andere verwerfen die immediatprüfungscommis-
sion, und noch andere endlich halten das zweite examen für über-
flüssig, weil es durch die praxis sich selbst eingeführt habe, indem
noch viele angestellte lehrer um wünschenswerthe facultaten iu
einem zweiten oder dritten examen ambierten. dasz diese letztere
weise sich leider allzusehr eingebürgert hat, ist ein wahrer jammer,
weil sie nur das zeichen einer rein handwerksmäszigen anschauung
ist und allzu deutlich die absieht des sichemporbringens an
sich trägt und der ansieht von der Wissenschaft als einer melkenden
kuh, die uns mit butter versorgt, entspricht, weil eben einer nicht
alles kann, auch nicht einmal sJles können soll, deshalb haben sich
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Altes und. neues aus der schule.
die fachlehrergruppen als notwendig erwiesen ; darum soll ein lehrer
auch nur in seinem fache tüchtig sein, womit sich dann von selbst
ergibt, dasz er für die andern lehrgegenstände eine ausreichende hi-
storische kentitnisnahme nicht verabsäumen wird, was nun aber
ein zweites, und wie man zu sagen pflegt, ein mehr praktisches exa-
men anlangt, so weisz ich mit demselben herzlich wenig anzufangen,
wer ein guter lehrer werden will , der musz sich erstens volle wis-
senschaftliche bildung angeeignet haben, der musz einiges lehrge-
schick von hause aus mitbringen, der musz sich der guten eigenen
lehrer erinnern und' ihr beispiel nachahmen oder vielmehr noch der
schlechten, um es anders zu machen als diese, der musz durch das
glück begünstigt werden und in eine gut geleitete und von guten
Traditionen begleitete anstalt eintreten und endlich alle seine erfah-
rungen durch theoretische Studien und scharfe selb.^^tprüfung be-
festigen und vertiefen, von theoretischen Vorlesungen auf der Uni-
versität halte ich herzlich wenig, denn sie entbehren der praktischen
anschauung — ein häufiger fehler philosophischer Vorlesungen, die
meist in dogmatischer, weniger in exemplificierend -genetischer me-
thode vorschreiten ; noch viel weniger halte ich von pädagogischen
Seminaren, auf die man in neuerer zeit so viel gewicht legt, wissen-
schaftliche Seminare auf Universitäten haben eine durchaus notwen-
dige arbeit zu verrichten, die ich durch keine andere verkümmert
sehen möchte, nemlich die jungen studierenden mit derjenigen praxis
zu heti'auen, welche eigene selbständige wissenschaftliche Unter-
suchungen möglich macht, praktit^che Übungen im unterrichten sind
nur zu geeignet, die hier angedeutete ernste arbeit zu unterbrechen,
daneben entbehren sie des sichtbaren erfolges, mithin der notwen-
: digen probe auf die geleistete arbeit, da im grnnde nur mehre probe-
lectionen statt einer abgehalten werden und die daran geknüpften
bemerkungen der anwesenden älteren und erfahrenem lehrer im
! besten falle nur augenblickliche Ungeschicklichkeiten zur spräche
bringen können, alle diese und ähnliche Vorschläge sind in der that
nur palliativmittel gegen einen übelstand , der um jeden preis ganz
und gar beseitigt werden musz, nemlich die ungleiche Vorbildung der
schulamtscandidaten , welche den behörden für definitive anstellung
im schulfache zu geböte stehen, wenn es wahr ist, was aus gutem
glauben mitgeteilt und schon oben erwähnt worden, dasz zwei drittel
derselben oder wenigstens die hälfte nicht für den Unterricht in der
prima qualificiert ist, dann darf man sich in der that nicht wundern,
dasz materielle hintansetzungen wie beim wohnungszuschusz und
bei den Umzugskosten beliebt sind dahin , dasz man die Oberlehrer
von den ordentlichen lehrern streng geschieden hat. eine solche
Ungleichheit wird durch nachfolgende examina nicht wett gemacht,
sondern höchstens formell verschleiert, und nach der bisherigen
norm musz die zahl der minder tüchtigen lehrer zumal bei dem stei-
genden bedürfnisse ins maszlose wachsen, unsere zwei examina
I schlieszen sich nicht nur äuszerlich an die praxis der Juristen an,
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Altes und neues aus der schule.
sondern sie werden auch die innere arbeit leisten und den in rede
stehenden übelstand iu kurzer zeit ganz entfallen lassen, gleich
nach den Universitätsstudien ein endgiltiges examen abzulegen, ist
kaum zu fordern , wenn dasselbe mehr als angeeignete kenntnisse
constatieren soll, wenn es darauf losgehen will, geist, begabung und
wissenschaftlichen sinn zu erproben, man wendet ein, der junge
lehrer habe nicht zeit, sich während der collaboratur mit der Vor-
bereitung zu seinem zweiten examen zu beschäftigen, doch scheint
der einwand wenig mehr als eine ausrede zu sein, wenigstens wiegt
dieser übelstand weit geringer als derjenige , welcher sich ergibt,
wenn ein junger lehrer sich, in kleinen städten namentlich, von den
Studien abwendet und leerer Vergnügungssucht anheimfällt, zeit,
etwas ordentliches zu leisten, ist immer vorhanden, wenn nur der
gute wille nicht fehlt, es ist ja auch nicht nötig, dasz der collabo-
rator überbürdet werde, andrerseits gibt aber die praktische arbeit
die nächste und beÄe veranlassung zu tüchtigen leistungen: erst
beim docieren merkt der junge lehrer, was und wo es fehlt, und er
wird manche lücke in seinen kenntnissen entdecken, die er ohne
selbständiges unterrichten nicht würde wahrgenommen haben.
Viele stimmen sind gegen die examina überhaupt, man behaup-
tet, dieselben hätten nur einen negativen werth und entfernten nur
die ganz und gar untauglichen candidaten. daher genüge ein examen
alsbald nach den universitätsjahren , man könne daraus wol die wis-
senschaftliche befähigung des jungen mannes erschlieszen. man be-
hauptet femer, manche candidaten mit geringen facultäten geben
die besten lehrer ab; für die schule sei die praktische dienstleistung
die hauptsache, und die kann durch directoren und gymnasiallehrer
ausreichend festgestellt werden, was an diesen behauptungen wahr
sein mag, soll hier nicht näher untersucht werden, es sind jedenfalls
abstractionen , die einzelnen fällen entnommen sind, und deszhalb
für eine aufzustellende norm nicht verwendet werden dürfen, gerade
die grosze zahl der candidaten , welche in dem jetzigen examen nur
geringe facultäten erhalten, scheint anzuzeigen, dasz dieses examen
zu grosze anforderungen stellt, dasz es also bei weitem besser sein
dürfte, dem fähigen jungen manne eine längere zeit ernster Vorbe-
reitung zu gestatten und ihm dabei durch eröffnung der collaboratur
und gewährung ausreichender remuneration für im öffentlichen
dienste geleistete arbeit willkommene und zweckmässige Unter-
stützung darzubieten.
Dasz die über die praktische lehrthätigkeit der candidaten aus-
gestellten Zeugnisse und atteste , die bisher jeglicher controle ent-
behrten, der prüfungscommission im zweiten examen vorgelegt
werden, spricht an und für sich selber, ebenso wie dasz die prü-
fungscommission nur eine einzige ist, damit auch einheit in der Ver-
leihung der zu erteilenden prädicate statthat.
Wir stellen somit viel strengere anforderungen als bisher an
alles jj^j^^K^^ lehrer höherer Unterrichtsanstalten und zwar deszhalb,
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Die ehemalige KarlMohuIe.
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weil wir der ansiebt sind, dasz jede besserang von demjenigen selbst
ausgehen mass, welche besserung erhoffen, die ebenbürtigkeit mit
andern beamten derselben vorbildiing und derselben stelliing mnss
im interesse des hohem büdiingswesens tun jeden preis erkämpft
werden, und daher gibt es zweierlei fordemngen: strenge erfullung
der dienstpfiiohten und innerhalb derselben freie nnd unabhängige
steUnng lUkdi oben und naoh unten, daneben aber zam teil im an-
sehlasz an' diese errangenschaft, nnabhttngige und geachtete Stellung
dem grossen publicum gegenflber und dem, was man geseUschaft su
nennen pflegt, erst wenn beides slcherge8tellt.ist, dann werden auch
die besseren kreise dem lehrerstande nahe treten, und einmangel an
brauchbairen lehrem wird kaum mOglich sein, denn dann wird das
bis jetst nur phrase gebliebene wort: Mer lehrerstand ist der ver-
dienteste stand' voUe geltung erhalten, der idealen momente halber,
auf denen der lehrerstand beruht, werden vielleicht die bessern de-
mente aus den besser situierten ständen sich demselben zuwenden,
denn es ist eine grosse sache, unmittelbar durch lehre und Unter-
weisung an den fortschritten der menschheit zu arbeiten, so lange
aber der bettelstab und die geistige gedracktheit herscht, wird nie-
smand nach lorbeem lust tragen, die nidit einmal im verborgenen bltthn.
Ich bin mit dem capitel 'fl&r die lehrer' noch nicht zu ende, ich
musz noch von grossen überbtürdungen spredien, die manchen unter
uns bdasten und ftlr eine freudige thitigkeit untauglich machen,
diese llberbttrdungen entspringen nicht zum wenigsten aus dex^or-
reotur der deuts<£en und lateinischen aufiifttze unddarttber also das
nächste mal.
. PoanN. Fahls.
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DIE ££L£MALIG£ KAKLSSCHÜLE.
Eine der merkwürdigsten bildungsanstalten ist die Karlsschule
in Stuttgart gewesen, eine genauere einsieht in dieselbe ist uns erst
durch die forschungen zu teil geworden, welche P^rof. Elaiber im
Programm des Stuttgarter realgymnasiums niedergelegt bat, welche
aber noch nicht die allgemeine bekanntschaft gefunden zu haben
scheinen, die sie verdienen.
Bei dem namen der Karlsschule gedenkt man vorzugsweise des
berühmtesten zOglings dieser anstalt, Friedrich Schillers; indes das
ist das merkwürdige in dieser schule gewesen, dasz auf den verschie-
densten gebieten ihre Zöglinge sich hervorgetlian haben, so Cuvier,
so die kunstschOler Dannecker, Scheffauer, Hetsch, Thouret, Zimmer-
mann, dasz alle diese neben ihrer fachbildung durch ein bedeutendes
masz allgeznemer bildung sich auszeichneten, dasz 17 minister und
33 generale ans ihr hervorgegangen sind und vielseitig gebildete
N. Jahrb. f. phU. a. päd. U. abt. 1878. hfi. 1. 8
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Die ehemalige Karlsschule.
männer auf allen gebieten, wodurch im lande selbst in auffälliger
weise die allgemeine bildung vermehrt ward, mit dem namen
Karlsschüler verband man überhaupt damals den begriff einer be-
sonderen brauchbarkeit im leben wie eines offenen Verständnisses
für alle geistigen interessen, Hoffmeister hat einmal im Romeo ge-
sagt, dasz wer einmal in seinem leben Interesse an philosophischea
fragen gefunden, niemals der Wissenschaft verloren gehen köntie.
die geschichte der Karlsschule scheint eine praktische bestätigung
dieses satzes zu sein; und die andererseits immer von neuem auf-
tauchenden Verfechter des so oft widerlegten banausischen satzes,
dasz die beschäftigung mit den ideen des wahren, guten und schönen
für die praktischen zwecke des lebens untüchtig mache, mag man
hinweisen auf die leistungen der Karlsschule.
Aus einem praktischen bedürfnis zunächst, um nemlich für seine
zahlreichen bauten sich billigere arbeitskräfte aus den landeskindem
zu verschaffen, ist bei dem herzog der gedanke der grtindung der
Karlsschule hervorgegangen, mit 14 knaben wurde sie 1770 eröffnet,
die zu baudiensten und gartenarbciten herangebildet werden sollten;
in den nächsten monaten wuchs die zahl auf 42, und da diese zum teil
für die zwecke des Orchesters und ballets bestimmt waren , die zahl
der lehrgegenstände damit sich mehrte, bekam die anstalt ziemlich
das ansehen einer modernen realschule. durch das mit der schule
* verbundene militärische Waisenhaus stieg die zahl der Zöglinge be-
deutend, im nächsten jähre ist der gedanke einer erziehungsanstalt
ftlr die künftigen beamten und officiere reif geworden und tritt die
militärische pflanzschule ins leben, das latein bildete den mittel-
punet des Unterrichts, 25 stunden wöchentlich in den untersten, 12
in den drei oberen abteilungen. die waisenhausschule wurde wieder
eingezogen, aber die zahl der andern Zöglinge wächst, 1772 sind ihrer
schon 350 da, der lehrer mehr als 30, die neaen lehrer lauter junge
iheologen, dasu 18 officiere und inspectoren zur beanfeiehtigung.
die jugendliGhen lehrer braeliteu begeistenmg und wissensehaitlieben
sofawung mit sich, durch sie erhielt die phüosophische Propädeutik
ihre hohe Stellung als allgemeine gnmdlage der höheren bera&bildung
nnd das iHnTatstudium seine vortreffliehe Organisation; mit ihren
hohen und edlen tendenzen harmonierte der geistvolle ftlrst. bald
genügte ihm das ziel der schule nieht mehr^ er beschlosz die gesamte
gynuDAsialbildung und selbst einige akademische ftcher in seine an-
stalt herttberzm^hmen. sie erhiät 1778 den namen einer herzog-
lichen militSrakademie. die erweiterung der bisherigen einrichtung
tritt henror in der Verschmelzung der wissensdiafUichen anstalt mit
der acad^mie des arts, welche die bildenden ktlnste und die verschie-
denen theatralföcher (mnsik, ballet, schanspielerscbnle) wnfaszte,
dann in der bildung einer besonderen militSrischen abteilnng, einer
andern der cameralisten sowie der jäger, d. h. forstwirthe. wie später
anoh die handlnngswissenschfkft als selbstindiges gHed in der aka-
demie anfirat, so wurde schon 1774 eine jnristisdie abteilnng er-
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Die ehemalige KftrlMohole. 19
9ffiiet und, um bis anf die theologie die akademie der nnivenitSt
gleich za machen, 1775 auch die mediciniBche; und eben diese war
mit den besten lehrem aasgeaiattet xmd hat am meisten snm rahme
der akademie beigetragen, allen fachstndien Toransgehend waren
die allgemein, bildenden ftcher mit der Überwiegenden stondenaahl
ausgestattet; ans dar seit, wo der junge Schiller der juristischen ab-
teUung angehört, sind die Zeugnisse Ober ihn noch erhalten, sie geben
als pittdicate in den juristischen vorbereitnngsfftehem mittelmBssig,
im lateinischen und griechischen gut, in der mathematik gut oder
mittelmSsng, in der philosophie mitt^Sszig, später recht gut, im
^tanzen' schlecht, durch ihre Verlegung von der solitttde nach Stutt-
gart 1775 erhielt die anstalt die yortrefflichsten rSumlichkeiten.
zugleich daadt traten bei dem yerbreiteten rufe jetzt zahlreiche aus-
linder ein, 1781 wurde sie durch den kaiser zum ränge einer uni-
versität eihoben, erhielt jetzt den titd hohe Karlsschnle, zerfiel in
sedis eigene faccdtBten und nahm Ton nun auch oppidaner auf t was
ficeHich in pecuniärer beziehung günstig war, aber wegen der ver-
mischung fremdartiger demente aufdiciplin und leistnngen nachteilig
wirkte, seit dem beginn der 90er jähre zeigt sidi eine solche ab-
nähme auch auf dem gebiete der wissenschirflliehen arbeit, sie fiel
Schiller auf, als er 1798 TOn dem geistig regsamen Jena die heimat
hesndite, und als der herzog Karl Eugen 24 octbr. 1793 gestorben
war, setete 4 januar 1794 sein bruder und nachfolger, von je her
kein fi«xmd derselben, die aufhebung der schule fest, von den
24 Jahren , die sie im ganzen bestanden , waren die ersten 4 jähre
Probejahre gewesen.
Die Karlsschule steht in der geschi^te der pSdagogik als einzig
in ihrer art da, indem sie für alle altersstufen des lemens berechnet
mur und die mannigfaltigsten unterriehtsanstalten , bürgerschule,
raalschule, gymnasium, Universität und alle möglichen fachschulen
in sich vereinigte, die Verbindung des zukünftigen staasdieners mit
dem ktinstler und kaufmann nährte nicht minder das gefühl der zu- '
sammeng'ehörigkeit, wie der austauseh der verschiedenartigsten an-
scbauungen und kenntnisse den jugendlichen geist anregte, diese
'Vielseitigkeit zeigt sich u. a. bei Schiller, schon in seiner akademischen
dissertation hat er aus allen gebieten seinen stoff entlehnt, die Zög-
linge, meist 300 bis 350, stellen uns in buntem gemenge die ver-
schiedenen nationalitäten, confessionen, stände, vom tagelöhnerskinde
bis hinauf zu den söhnen regierender häuser dar. denjenigen, die alles
von ihm erhielten , bestimmte der herzog selbst ihren lebensberuf,
nicht immer nach ihrer besonderen befähigung, wie denn Dannecker
zuerst zum ballettänzer bestimmt war; meist entschied das zeitweilige
bedürfnis für hofhaltung, Orchester, ballet, gärten, bauten, für die
bipferstecberschule; und alle diese verschiedenen kategorieen waren
n der rubrik 'künstler' zusammengefaszt und hinter den andern
iui-ückgesetzt. die künstler zerfielen in architekten, maier, bildbauer,
fitnccators, kupferstecher, gärtner, musiker, tänzer; die schttler der
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Die ehemalige Karlsschnle.
höheren httnste nahmen an dem höheren wissenschaftlichen miteiridit
teil, daher £e ans der Karlssehnle hervorgegangenen bertlhmteii
kOnsfler sich aadi durch allgemeine bildnng ausgezeichnet haben, den
kansÜem gegenfiber, die den dritten oder Tierten teil ansmacbten,
hiessen die andern die studierenden oder die abteüangen. diese clas-
sen aber waren in einem stetigen flnss, sie hatten keine feststehende
bezeichnang, sie waren von oben nach nnten dnrchnomeriert, ohse
nnterschied, ob sie parallel giengen oder aufeinander folgten, die zahl
wechselte mit jedem jähre ; es sollte eben die anstatt als dne einheit
ersdieinen, nicht als eine verbindang verschiedener bestandteile, wie
eines oberen nnd unteren gymnasiums und einer universitftt. Jahr
f&r jähr wurde nach pi*üfnng der einzelnen dessen ein neuer wo»»
fnhrlicher unterrichtsplan festgesetzt, so dasz, wenn z. b. eine das»
als sdiwach im latein befonden wurde, die zahl der lateinstmubn
f&rs neue jähr vermehrt oder aus der dasse zwd dessen gebSUUt
wurden ; jeder einzelne wurde auft sorgfitttigste in angenschein ge-
nommen, um die erfolge des untenidits so hoch als mOglich zu
steigern, daher z. b* in den philologischen dessen die schtUeraabl nur
etwa 16 betrug, dadurch wuchsen natflrlich die kosten bedeutend,
die zahl der unterrichte- und vorberdtungsstunden war fttr alle ab-
teilungen täglich 8, es gab keine fireien naehmittage, keine ferien mit
ausnähme der festtage ; erst sdt 1784 wurde zweimal im jähre ein
adittägiger Urlaub gewlhrt und um dch das arbeiten zur gewöhn*
heit zu machen, so hatten auch die kleinsten ihren, achtstündigen
Unterricht, aber mit der zunehmenden geisteskraft wurde mehr and
mehr die privatarbeit hervorgehoben, in der oberen gymnasialclasse
nahm sie Y3, auf der akademischen stufe bis V3 der arbeitszeit in
anspruch ; in dem dassenzimmer wurde unter steter aufsieht diese
festgesetzte privatarbeit vorgenommen, nach dem vortrefflichen
Stundenplan wechselten Unterricht und privatarbeit, dadurch wurde
der mechanischen abrichtung vorgebeugt, das wissenschaftliche inter-
esse genährt, so zeigt sich bei den Zöglingen der Karlsschule im
höchsten grade die freudigkeit selbstgewählter arbeit; in den er-
haltenen Schularbeiten aus den philosophischen abteilungen aus jener
zeit zeigt sich ein merkwürdiger zug von Selbständigkeit neben der
gewandten Verwendung der rhetorischen und philosophischen hilfs-
mittel , ein eigenes empfinden und denken , eine umfassende an-
schauung, ein bestimmtes urteil, nichts von geistiger dressur ; der im-
mer und immer wieder eingeschärfte grundsatz des herzogs, kräfte in
den jungen menschen zu wecken, fand in diesen arbeitsstunden das
wirksamste mittel, unsere unteren oder mittleren gymnasialclassen
entsprechen den philologischen abteilungen, früher der zahl nach wech-
selnd, nachher sechs, dem oberen gymnasium entsprechend, schlieszen
sich dann die zwei philosophischen abteilungen an. auffallend ist,
dasz schon auf der untersten abteilung mit 7 bis 9jährigen knaben
gleichzeitig mehrere fremde sprachen, latein, griechisch, französisch
angefangen wurden, im lateinischen Unterricht traten die schriftlichen
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Die ehemalige KarUüchule.
Übungen zurück hinter der lectüre» bei der vor allem eine gute und
richtige Übersetzung, aber auch die erklärung aus den antiquitäten
beachtet ward ; in dem correcten gebrauch der bprache standen die
Karlsschüler andern gymnasiasten jener zeit nach, aber durch den
gegensatz gegen den einseitigen formalismus, durch das princip, das
altertum als eine der grundlagen unserer bildung aus den quellen
verstehen zu lernen, hat die Karlsschule doch wesentlich annguug
gegeben, darnach erhielt auch das griechische eine besondere be-
deutung, seit 1771 nahm dasselbe neben dem latein den bedeu-
tendsten räum in dem unterrichtsplan ein, es war obligatorisch für
alle, mit ausnähme der künftigen kaufleute ; Schiller hat diese zeit
micht mit durchgemacht, dagegen war auch den bedürfnissen des
praktischen lebens rcchnung getragen, das französische begann schon
in der untersten classe mit 6 stunden nnd wurde durch alle abtei-
lungen fortgesetzt, dagegen wurde der deutsche Unterricht wie ein
Stiefkind betrachtet, erst seit 1783 wurdeesregelrnftszigerunterrichts-
gegenstand und wurde den schriftlichen ausarbeitungen ein hoher
wert beigelegt, die geographie wurde von unten an eifrig betrieben ;
auch die geschichte war mit emer wichtigen Stundenzahl bedacht;
vor allem aber sollte die matbematik einen besonderen rühm der
Earlsschule ausmachen, die menge der einander gleich geachteten
Unterrichtsfächer hätte zerstreuend auf die jugendlichen gemüter '
wirken lattssen, wenn nicht einerseits das institut der arbeitsstunden
dagewesen wäre, andererseits doch die anstalt ein centrum gehabt
hätte, und dies war die philosophie. in dieser beziehung steht die
karlsschule in der geschichte der pädagogik einzig da* die philo-
sophie aber, für welche der herzog begeistert war, war die dem
rationalistischen zuge der zeit entsprediende philosophie des ge-
sunden menschenverstandes , wie sie uns in Deutschland in den
Schriften eines Garve, Abbt, Mendelssohn entgegentritt, und so wurde
ein entwurf der philosophie des gesunden Verstandes zur bildung des
gesehmacks, des herzens und der vemunft zusammengestellt* der
entwurf umfaszte dann später psychologie, moral, ontologie, kosmo-
logie, natürliche theologie, logik, geschichte der philosophie, endlich
oae rundschau sämtlicher Wissenschaften; die methode aber bestand
in dialektisch prüfender besprechung mit immer erneuten examina-
torien und disputierübungen , in den arbeitsstunden in schriftlicher
Wiederholung oder bearbeitung von aufgaben oder excerpierendem
lesen bedeutender werke; die schfiler sollten gewOhnt werden zum
selbstdenken, zu verständigem lesen, zum geschickten ausdmck, zur
beobachtong des umgebenden lebens. es sollte also die gymnastik
des geintes,, die sonst als die firacht einer ernsten betreibnng der
dasaischen Stadien gilt, auf dem directesten wege unmittelbarer denk-
übungen gewonnen und dabei zugleich der erfo^ des sonstigennnter-
richts in der form von durchdachten begriffen zu einem sicherem und
wertheren besitz gemacht, die verschiedenen Wissensstoffe aber durch
diese philosophisdie betraiohtungsweise zur diüieit verbunden werden.
I
Diyiiizeü by GoOgle
22 ehemalige Karlsschule.
trnd in der that, dieser philosophische Unterricht hat bedeutendes
erzielt; man rühmte es der Karlsschule nach, dasz sie denkende
menschen erziehe; der das ganze überschauende und ordnende geist
tritt uns bei den hervorragendsten Zöglingen gleichmäszig entgegen,
bei Schiller, bei den naturforschern und matbematikem Kielmayer,
Cuvier, den beiden Hartmann, Gärtner, Autenrieth, Hopfengärtner,
bei Juristen, cameralisten, militärs u. a. aus den philosophischen
abteilungen erhielt die akademische stufe schüler, welche selbständig
zu arbeiten und geordnet zu denken verstanden.
• Was aber diese höchste abteilung betrifft, so war auch hier der
geist der Icitung ein echt wissenschaftlicher; auch hier wurden die
studierenden überall zum selbstdenken angeleitet, auf (juellenfor-
schung hingewiesen, bei jeder Wissenschaft auf den wcrth der er-
kenntnis der geschichtlichen entwicklung aufmerksam gemacht, was
aber die äuszeren Verhältnisse der studierenden betraf, so stand die
Karlsschule im schroffsten gegensatze zu den heutigen Universitäts-
einrichtungen, von akademischer freiheit keine spur, die unausgesetzte
arbeit war pflicht, die ferien auch hier auf zwei wochen jährlich be-
schränkt, die achtstündige arbeitszeit festgehalten, der Unterricht in
Sokratischer methode. zur arbeit anzuspornen waren überdem noch
mancherlei mittel erdacht, wie die öffentlichen monatlichen feierlichen
loeationen, die öibniMöhen examina mit ihrem prunk, die festüdm
disputatlonen, kurz ee war im hfidiaten grade der ehrgeiz zum moÜT
der arhdt gemaeht. das war die schwadie nnd gefthrliehö seite.
und denken wir iinn dasn die energiaehe und despotische aatmr des
herzogs, welcher mit seiner anatalt ehre einlegen wollte, dem sieh
jeder eikizelne beugen mnste, der diese strengste disdplin einführte, so
ist es erklftriich, wie bei einer so tiefen natur wie Schiller das mo-
ralisdie bewnstsein eine so starke reaetion «nsllben konnte, dasz
aber trota des mangels an religiös sittlichem gnmde, «nf dem die
erziehnng beruhen mnsi, aus der Earlsschule so viele tttehtige und
wirklich grosse menschen hervorgegangen sind, das ist ein seugnis
für die Tortrefflichkeit des Unterrichts, für den grosiartigenschwung,
der das gaase sTStem durehsieht, der die arbeittlust wedcte, die Zög-
linge gewöhnte, selbstSadig zu denken, selbstlndig zu arbeiten, mit
philosophischem geists die Wissenschaft zu betreiben.
Bbrford. Hölscher.
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Bemerkuiigen zur Ut grammaiik von EUendt-Seyffert. 23
3. '
BEMEBKÜNGEN ZÜB LATEINISCHEN GRAMMATIK
VON ELLENDT-SEYFPERT.
^WEITER TEIL.
Die ia diesen jabrb. 1877 heft 2 mitgeteilten bemerkungen
zur laL gnmmatik beschäftigten sieh mit dem pensuol der Unter-
tertia, eine eingehendere bescbäftigung mit dem In der obertertia
behandelten teile der gratnmatik ergab, dasz die aawendnng der dort
anfgestelltea grundsätze auch hier mancherlei Verbesserungen wfln-
schenswerth macht, dieselben sind das ergebnis eines langjtthrigen
Unterrichts, es schien dem verf. der mühe werth xa sein, dieselbtti
bekannt und für die sohole nutzbar zu machen, dasz die gewonnenen
lesultate, im anschlusz an die bekannte Ellendt-Seyifertsche gram-
matik gegeben, auch für jede andere schalgrammatik verwendet
werden können, bedarf keines beweises.
Zu der lehre vom supinum ist als einleitung nicht zu ent-
behren: das sapinum ist ein substantivum verbale, im aoe. auf tem,
im abl. anf u, zu sagen: 'das erste supinum auf um' und: 'das
zweite supinum auf u'* ist mindestens ungenau ftlr: supinum (auf
um) und supinum (auf u). überhaupt ist Mas erste' und ^das zweite'
m überflüssiger zusatz, der wol wegbleiben kann.
Da in der anmerkung kgaH penerunt paeem petenies als beispiel
fltehti 80 durfte legati missi sunt^ lU {qui) pacempäerent^ pacispeten-
dae causa y aä paeem petendam in der schulgrammatik nicht fehlen,
jenes genieezt sonst nach dem bekannten 'littera scripta ipanet' einen
ganz ungerechtfertigten Vorzug.
In § 342 steht: das zweite supinum anf u steht nach den snb-
stuitivis fas und mfa»^ aelten nach cpuSy femer nach den adjeetivie
gnt oder aoUedtt ngw. fibersichtUeher wSre snnftdist: 1) nadi den
sabstanüvis, 2) nach den adjjectivis. fidseh iat geradezu: nach
den a^*ectivi8 gut oder schlecht, statt: nach den aiiyeettvis, welche
bedeuten: gut oder schlecht, oder: nach Aones^, uirpia usw. wenn
int von dem schüler die grbste genauigkeit im ausdrucke verlangen,
80 fflttesen wiif selbst auch im kleinsten genau sein, man halte also
diesen tadel nicht filr pedanterie, jene schreckliche, weil unvermeid-
liche Schulmeisterkrankheit! sie hat hier ihre volle liereohtigung.
Eine auswahl der gebrttnchlichsten supina auf u ist s<£wierig.
wer wollte s. b. entscheiden , ob fttr die ÄDhulgnunmatik tupeitfu,
Memoraiw, oder aiütu^ irmie^ wichtiger sind? ebenso verhAlt es
fiidh mit den a^ectivea. Zumpt (lat. gramm. 1860) zählt deren eine
gnse menge anf, Lattmaan-MtUler ^«t sdiulgramm. 1872) nennt
gsr keins. da nnn das zweite supinum sich weniger häufig findet,
(•Dm. 1.) und, da bei einigen der a4jectiva andere constructionen
vorgezogen werden, so 6ind nur die am bftufigsten gebrauchten
nnd supina anzugeben.
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24 Bemerkungen zur lat. grammatik von EUendt-Seyffert.
Wir verfallen sonst in den fehler mancher herausgeber von
Übungsbüchern zum übersetzen aus dem deutschen in das lateinische,
welche Übersetzungen verlangen, die gar kein latein sind, das sind
die grammatischen fanatiker, die nicht Überlegen, dasz das höchste
ziel alles grammatischen Unterrichtes schlieszlich doch nichts anderes
sein kann, als dasz der unterrichtete genau so spricht, wie die
mustergültigen autoren gesprochen haben, wie viel wird wol in
diesem puncte in den schulen von sexta bis prima gesündigt ! was
werden für entsetzliche sätze gebildet, um dieses oder jenes Substan-
tiv oder verbum in exercitien oder extemporalien anzubringen ! und
was für ungeheuer von perioden entstehen, wenn man so manches
Übungsstück zur erlernung der syntax übersetzt! man bemühe sich
doch, in grammatik und Übungsbuch nur das zu geben, was wirk-
liches latein ist! und der lehrer verlange von dem schüler keine
Übersetzung, die dieser nicht jeden tag in den in der schule gelesenen
autoren mutatis mutandis finden kann, der tertianer in seinem Caesar
usw. vor allem vergesse man nicht, da&z es neben der grammatik
auch die lectüre gibt !
Einen nötigen hinweis auf § 177, 3 vermissen wir auszerdem in
diesem paragrapb. der ablativ des supinum enthält ja offenbar: eine
nfihere bestimmung oder bescbrftnkung (abl. limitationis) zum aus-
drook des deutschen : Vonseiten, in isinsehung, was betrifft, nach,
an') wozn wir noch : rücksichtlich, hinsichtlich fügen möchten, und
iuomäum audUu läszt sich leicht an grandis, maior natu anknüpfen«
dasz aber überall in der mannigfaltigkeit die einheit aufzusuchen
nnd dem schaler klarzulegen ist, kann nicht oft genug wiederholt
Wehrden. •
In der lehre vom gernndium und ^erundivum, einem
deshalb so schwierigen puncto, weil über manches die ansichten
unserer grammatiker weit auseinandergehen (vergl. z. b. Gossrau
[lat. Sprachlehre 1869] § 441 mit Lattmann s. 207) lassen sich im
Interesse der Übersichtlichkeit leicht folgende yerftndemngen her-
stellen: wenn § 331: das gerundium vertritt die casus obliqui des
substantivierten inf. praes. act. und § 332: das gerundivum, d. h. die
passive construction mit dem part. fut. zunSchst unverändert blie-
ben, so müste doch das ^passive' mehr hervorgehoben werden, wir
weiden aber sehen, dasz eine andere fassung wünsdienswerth ist.
•
Es werden femer in demselben paragraphen die fUle aufge-
zählt, wo das gerundium sieht in das gerundivum verwandelt wird*
in einer anmerkung folgt: ^namentlitii nach einer prl^M>8itS(m, so-
wie beim dativ des gerundium mit dem aoousativ eines Substantivs
ist stets ditö gerundivum zu setzen^ zunächst kann unter den drei
fiflkn wegbleiben: zur Vermeidung der schwerfälligen genetivformen
auf omm, crom* das beweist säion der zusatz: doäi finden sick
hierfttr (?) aueh bdspiele vom gegentnl. auszerdem aber gibt es
wol keine regel, welche sich der Zuneigung der schüler so erfreute,
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Bemerkongeii snr lat gnunmatik Ton fiUeadt-Seyflfert 25
^ als gerade diese, mögen andere dies psychologische rSthsel erklären,
m der sohulgraxnmaük ist der satz überflOssig, dem sohlller zu über-
lassen zu beurteilen, wie viel genetive auf anm^ orum nötig sind,
um sebwerfHUig va erscheinen, ist ein unding. es bleibt dann übrig:
1) wenn (nicht: wenn 1) der obj. accusat. beim genmdiumdas neu-
trum eines pronomen oder acyeotiv ist 2) wenn der verbttlb^griff,
nicht der olgeetsaceosativ berroigeboben werden soll.
Dem entsprechen dann genau zwei fälle, in denen stets das ge-
rondiT steht, deshalb sind diese nicht in einer anmerkung unterzu-
bringen, sondern fortznÜB^ren in § 332 hinter: *object neben sich
bat', namentUoh ist das genmdiv zu setzen 1) nach allen prftposi-
üonen, ausgenommen Mer, vergl. § 336, 2 (dieser susats fehlt),
2) statt des dativ das gemndium mit dem aoons. eines snbsl, z. b.
impar oneri feremh statt. «mjpor ferendo onus, (die fsssung: 'beim
daÜY des gerondium mit dem acc. eines Substantiv ist das gemndi*
vum zu setzen' ist nicht recht yerstftndlich.) hat so der schfiler
sichere anhaltspnncte, die auch dem ange ansohanlich nnd Imeht ein-
niprägen sind, so wird ihm der unterschied des genindinm nnd ge-
randiviim wenig Schwierigkeiten machen.
Ist nun aber der ansdmök: 'das gerondiTum, dh. die passive
oonstruction mit dem partic. faV für £e schnlgrammatik geeignet,
wenn noch gar nicht ausgemacht ist, dasz diese verbalform ein part.
fiit pass. au nennen ist? wenn auch im Seyffert § 316 zugestanden
werden muss, dasz dieselbe zum ersatz fttr das fehlende psrt. praes.
psss. dient? das musz doch wol esster gmndsats einer schnlgram-
mstik sein, nur da^enige als regel aufzustellen, was unzweifelhaft
feststeht, bekanntlidi gehen abmr die ansichten der grammatiker
Uber diesen punet weit auseinander, mit unrecht bezeichnet man die
fem auf anduSy endus als part. fiit. pass. sagt der eine; der andere,
es ist nicht genau, das zu thun und geradezu ftlschlich, zu behaup-
ten, das gernndiv vertrete das part. praes. pass. hier ist nicht zu er-
Ortem» wer recht hat, aber tit die schulgrammatik das richtige zu
finden, und da scheint im anscUnsz an § 243 und 283 das einfachste,
n unterscheiden ein part. actionis infectae pass. und ein part. actio-
usperfectae pass. (will man aber am alten gebrauch festhalten, so
nge man wenigstens: dhs sogenannte part. fet. pass.). das eine
bezeichnet eine unvollendete haadlung, die erst geschehen soll
(nicht geschehen wird), das andere eine vollendete haadlung. dann
Isntet § 316, 2: das part. aet. infect, welches im nominat» die not-
wendi^eit, dasz eine haadlung verrichtet werden musz, als dauernd
beseichnet, ist in den caaibns obliquis oft remes part. praes. pass.
(dies es mM zum ersatz des fehlenden part praes. dient, wie
steht, daraber vergl. Gossrau s. 520. *die Lstteiner haben kein
pari praes. pass. ; aber es fehlt ihnen nicht, und so haben sie denn
sndL keinen mangel zu ersetzen; sie haben es eben nieht nötig ge-
labt, so wenig wie wir Deutschen'.) danach ist also § 332 zu ver-
beRsem.
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26 Bamerkungeu zur lät, grammäitik yoq JSIlcndt-Seyffert.
§ 333 lautet im anfang: ^das gerundivum bezeichnet vermöge
seiner bedeutung eine handlung, die erst gescbeben soll, also noch
unvollendet iat.' das ist sehr ungenau ausgedrückt, und der schüler
wird darnach keine in der Vergangenheit geschehene handlung in
das gerundiv setzen können, es musz aber heiszen: das gerundivum
bezeichnet eine handlung, die der schriftsteiler als noch unvollendet
sieb dachte, oder als noch unvollendet aufgefaszt wissen will. vgl.
§ 272, 3 a. b. dadurch unterscheidet es sich vom part. perf. pass.
In § 324 wttre besser für: der genetiv nach causa und gratia
zu sagen: der genetiy vor,, oder abhängig von cattsa und gratia.
In anmerkung 1 beiszt es: zn den genetivis der persönlichen
pronomhia mei, tui^ aui^ nostri, vestri wird das gerundiv ebenfalls im
genetiv auf i gesetzt, ohne rlicksieht auf numerus und genus, die
erklftrung dieser nnregelmäszigkeit aus den zu gründe liegenden
neutris metmi, tmm usw. mag richtig sein. &Bzlicher ist jedenfalls
folgende lesart: nach § 352 sagt man nicht a^viäm üudiendi te^ son-
dern cupiduB M mukndh nicht po^esto^ refidendise^ sondern jMMfesto
aui refickmdL aber auch in beziehnng auf ein fen^ninnm ist dieser
genetiv gerundivi auf % im Singular und im plnral zur regel gewor-
den (assimilation an das • des pronomen), z* b. me», tm, sui^ nostri,
Wenn anmerkung 2 von phraseu spricht, die den infinitiv statt
des genetiv des gwnndivum verlangen, so ist der ausdruck ^phrase*
für den scfafller nicht passend gewfthlt. es empfiehlt sich zu sagen:
snhstantiva^ die sonst den genetiv des gerundiv veriangen , mit est
oder einem andern verbom verbunden, können auch den infinitiT
oder eine andere oonstruction erfordern, wenn nicht das Substantiv
allein durch das folgende verbum nfiher bestimmt wird, sondern
wenn Substantiv und verbum zusammen einen begriff bilden, also
einem einzigen verbum gleichstehen (dessen constouction dann an-
znwMiden ist). s.b. tempus äbeundi est es ist die zeit des Weggehens,
aber iempus est iMre es ist zeit wegzugehen, im deutschen bildet
oft der artikel, gesetzt oder weggelassen, ein bequemes hilfoiittel,
das richtige zu finden.
In § 337 anm« 2 ist nach dem oben gesag^n statt: der ablativ
des gerundivum vertritt die stelle des fehlenden part praes.
pass. zu sohmben: der abl des gerundiv ist auch abL part praes.
pass. dazu eine hinw^ung auf § 316, die leider fehlt.
In § 339 wird vom persönlichen und unpersönlichen gerundiv
gehandelt, es fehlt idier die genaue angäbe, welche verba das erstere,
welche das letztere bilden, und doch ist hier gerade die quelle der
. tollsten fehler zu suchen, deshalb ist nicht ftberfittssig« hinter ßger
cdknäua est foriinifehren: diese, die persönliche constrttcticai ist aber
nur von verbis traasitivis (auch den deponentibus) zu gebranchwa.
dagegen kann von intransitiven verbis auch nnr ein unpersönlidies
gerundiv (im neutro mit est) gebildet werden, wenn vorbor der name
persönliche oonstruction noch gar nicht genannt ist, und hinter ager
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Bemerktmgeii sur lai. gnunmafeik toh EUendi-Seyffert 27
eoiendus est fortgefahren wird: *auf diese weise (?) kann auch (?)
von intiansitiven verben ein unpersönliches gerundiv gebildet wer-
den% so wird dem sehüler die saebe nicht reeht klar werden.
Hier mag nun aoch in dner anmerkung stehen« dasz die verba
vkr, fruar, fimgor, potior auch ein persönliches gerundiyum, aber
nur in den casibus obliquis (nicht im nominat.) haben, das-
selbe schon vorher § 382. anm« 2 zn sagen ist nicht nOtig. dagegen
ist auszer dem hin weis auf § 186. anm. 2 die bemerkunggewis nicht
Ubeiflttsaigi dasz diese ferba ursprttnglioh den accusatiy nach sich
hatten, die sich leider weder hier noch dort findet (der fall Cic. de
fin. 1, 3 «opMMfia paranda, frumäa hebt nnsere ftssnng der regel
niciht an! wenn man die betr. stelle liest, ist es sache des lehrm,
sie dem scht&ler zu erkiftren.)
In § 340 wSre vielleicht den verbis evro, do, trade u. s. f. eine
sazshi deutscher Zeitwörter, vielleicht: geben, nehmen, kommen,
schicken, überlassen zur leichtem einprSgmig hinznsnfttgen; oder
zn si^gim, also bei den verben des beanftragens und abemshmens,
um anzugeben, was mit dem gegenstände gesehehen soll (Oossran).
dssz sieb öfter dalttr ad c. genmd. finde, wie in anm. 2 steht, ist
w^gsnlaasen. die wenigen beispiele, welche liberhanpt für diesen
fall angeftthrt werden können, beweisen nur, dasz diese constmetion
lediglidi dann eintritt, wenn der zweck nachdrttdklich hervorgehoben
werden soll, oder wenn, vergl. § 332, 3, der verbalbegriff als das
hai^tsäclilichste hingestellt wird, ist nun diefassung: statt des
genmdiv Iftszt sich öfters auch ad c. genind. setzen, fttr die schnl-
grammatik braachbar? nein; weil geeignet, den schfilmr im zn
fthren; der schlimmste fehler jedes Schulbuchs.
In dem capitel, welches vom ablativns absolutns handelt,
wflrde sich empfehlen, die fiUle, in denen der abl. abs. in der regel
nicht gesetzt wird, ebenso zu behandeln, wie die, in denen er regel
ist, da sie fOr den schttler diesen an Wichtigkeit gleichkommen, es
irire also hinter § 326, welcher die bedingungen angibt, unter denen
ein abl. abs. gesetzt wird, sofort ein andever paragraph zu setaen,
weldier mit den werten b^g^innt: der abL abs. findet dann keine an-
wdung, wenn u. s. f. iSaet wir werden zunächst untersuchMi mfls-
sai, wie weit hier die regel geht , und ob sich nicht ebenso viel am*
aabneflUle finden als regelrechte.
Seyffert behauptet also § 327^ anm. 2.: die constmeticB findet
la der regel keine anwendung in nebensätzen , deren verbum mit
msai prädicatsnomen verbunden ist ; Lattmann gerade das gegen-
tiil s. 183 : 'in der construction des abl. abs. tritt anch das nominale
prttdicat in den ablativ.' Zumpt 71, 7, anm. 2 sagt: ^beim part.
piBS. geht die Übereinstimmung der casus des subjects und des prä-
dieats selten über den nom. und acc. hinaus, wenigstens nicht für
die gewöhnliche spräche, doch findet sie sich für den ablativ na-
mentlich in ablativ is absolutis z. b.' Gossrau endlich s. 534 sagt:
*zum particip tritt oft noch ein attributiver begriff, wie ein prädi-
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28 Bemerkungen zur iat. grammatik von Ellendt-Seyffert
catsbegriff, doch ist dies selten und wird oft hart, die fälle selbst
auch verschieden.' (?) wenn wir nun die bekannten fälle genauer
betrachten, so stellt sich folgendes als regel heraus: da sehr leicht
Zweideutigkeiten durch die Verbindung des abl. abs. mit einem prä-
dicatsnomen entstehen, so wurde diese Verbindung vermieden und
nur dann ausnahmsweise angewendet, wenn kein zweifei über den
sinn entstehen konnte, (auch schon im § 160, verba mit doppeltem
acc, iat also eine bemerkung einzuschalten: der doppelte acc. steht
nicht, wenn Zweideutigkeit entstehen könnte, z. b. ist falsch honum
malum iudicat.) demnach wäre fOr den schüler die regel, wie sie
Seyfifert hat, hinzastellen. allein 68 schlidszt sich sofort der zweite
fall an.
Nach Seyflfert darf 2) der abl. abs. nicht gesetzt werden in
nebensätsen, deren yerbum noch mit einem Substantiv als appositioo
oder mit einem appositionellen adjectiv verbunden ist. Lattnmn
fahrt dagegen als beispiele an: diäatare habente camüia Caesare,
Exankm stante PraenestkiOf AUero ex iuvenihus oh.nde retento , Dis
patriae uUoribus poenas repäentihus. (Zumpt hält obside fälschlich
fQr ein prädicatsnomen.) bei Gossrau § 136 iat der fall überhaupt
nicht erwähnt, auch § 254, 3 handelt nur von den oben besprochenen
prädicatsnomen« wir bemerken dies, um die Wichtigkeit (?) der sache
für die schulgrammatik anzudeuten.
Leicht ergibt sich auch hier, dasz nur ausnahmsweise der oder
jener schrifsteller sich diese freiheit gestattet hat. deshalb ist kein
sehttler berechtigt, sie nachzuahmen, will also die schulgrammatik
dftTon kenntnis nehmen, so sage sie, indem sie beide fälle ganz kon
zusammenfaszt: der abl. abs. ist nicht gestattet in nebensätsen, deren
Terbum mit einem declinierbaren zusatz versehen ist.
§ 329 gibt an, dasz substantiva und ac^eotiva im abl. abs. die
stelle der participia vertreten können, solche snbstantiva und ad-
jectiva, heiszt es dann weiter, werden mit auslassung des bilfsverbum
eaae in den ablativ gesetzt, wenn dies richtig ist, so darf hier eine
hinweisung auf § 130 (prädicatsnomen) nicht fehlen, aber richtiger
sagt Znmpt § 644: 'fttr das particip k(Snnen auch gewisse snbstaa-
tiva stehen; welche die handlang des Terbi aosdrOcken' und Latt-
maan s. 168, präoiser als Seyffsrt, es kann statt des part. auch ein
prädieatiTes sobstantiv stehen. Gossran endlich hält die er-
gänanng von sum für unnötig, da die bedehung, die das part von
aum noch ausdrttcken konnte, hinreichend in dem casus liegt.
fierUcksiehtigen wir die schnlgrammatik, so ist entschieden
niehte gefährlicher, als dem 8<Afller öfter an sagen: hier ist etwas
zu ergfozen. denn dieser ausweg ist sehr oft aas beqaemliohksit
entsprangen, im gegenteil| es kann dem schlller nicht oft genog
gesagt werden: was zam Verständnis nötig ist, das besitst die latei-
nische spräche ansreidiend, was darttber ist, das ist vom ttbeL es ist
also nichts zu ergänzen und nichts überflüssig, anch hier liegt die
erklftrang 1) in der yerbalen natnr des sabstantiv, 2) in der be-
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Bemerkangen zur lat. graimnatiik yon EUendt-äeyffiart 29
deutung des casus an und für sich; in den mebten fUlen (verg!.
§ 196) in der Zeitbestimmung auf die frage: wann? die regel laute
also : statt der partidpia können auch Substantive gesetzt werden,
welche eine person als thätig bezeichnen, oder adjecUva (abl. der
Zeitbestimmung u. s. f., vergl. § 195), und dort ist hinzuzufügen:
substantiva, die die amtliche würde oder die altersstufe bezeichnen,
und viele a^jeetiTay verbunden mit einem Substantiv, stehen ebenfalls
auf die frage: wann? oder: innerhalb welcher zeit? so viel über
den ablativus absolutus , bei dem man (vergl. Caes. b. g. 5, 40) in
Versuchung kommt , zu fragen : ist das ein einfacher abl. der zeit,
des grundes u. s. f. oder ein abl. abs.?
In § 321 heisztes: das participium conjunctum kann au^elOst
werden durch causale, condicionale, concessive conjunctionen- nach
dem SU § 263 bemerkten wfirde es danach in § 317 genauer heiszen
mllssen: die partidpia stehen, wo im deutsohen nebensfttze des
grundes, der bedingung, des zugestttndnisses. aber.besser, es bleibt
dort ganz weg, da § 320 sonst dasselbe bringt, was § 317 bereits
gesagt hatte.
Ferner aber wftre wol der ausdruck: das particip wird an-
gewendet st att eines ooigunctionalen nebensatzee (oder relativsaties
§ 320) und kann aufgelOet werden durch eine temporale u. s. f*
coigmietion (gut, guoe^ SIMnI), im interesse der schttler zu verftndem.
was heiszt denn aufgelöst werden? und was bedeutet gar: dnreh eine
ooignnotion. der sinn ist offenbar: das partidp ist ein coiqunetional-
oder relatiTsatz, oder steht, wo im deutschen ooigunotional« oder
relativsStze stehen, demnaeh laute also § 321 : das part coignnetum
steht statt emes deutschen eoigonctionaiien nebensatses der zeit, des
grundes, des zugestSndnisses nnd der bedingung, oder statt eines
relatiTsatses. meinetwegen werde lunsngefllgt : (indem, während, als,
da» nachdem — da, weil — obiG^eieb, ungeachtet, trotzdem, wenn
such — wenn), ob aber dem schttler ans dem deutschen unterriehte
die betr. coignnctionen nicht bekannt sein mfisteni ist noch eine
andere frage.
Wenn m § 316, anm. 1 gesagt würd: arbUraim^ rahUf um»,
«eräns, fisus, oonfisus, diffisus^ müiüus hfttten nicht selten auch die
hedeutuDg des part. praes., so ist das eine gewagte behauptung.
eme genaue beobachtnng dttrfte ergeben, dasz der begriff der actio
perfecta auch in den sdtenen fUlen diesen partidpien nicht ab-
zosprechen ist. anszer den darauf folgenden part. perf. einiger
dsponentia mit passiver bedeutung waren auch die part. perf. pass.
coenatHSj peius, prarm»^ mraim mit activer bedeutung aus § 85,
siun. 4 hier anzuführen.
S 314. Hauptregel: $u%, 8%h%^ se stehen in s&tzen mit dem
«ee. c. in£, in abdchtssStzen, abhängigen fragesfttzen und ttberhaupt
m solchen nebensitzen, die aus dem sinne des subjects im regieren-
den Satze gesprochen sind, zunttchst ist das letzte zuerst zu sagen,
demi es ist das genus , das vorhergehende die spedes, die ganz weg-
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30 BemeikuDgea zur lat. jgrammatik von EUendt-Sejffert.
"bleiben könnte, wie wir gleich sehen werden, dann aber folgt in
einer anmerkung: in folgesätzen, sowie in zeitsätzen mit cum wird
is gebraucht, warum steht denn das in der anmerkung? ist es
vielleicht weniger wichtig? soll es als eine ausnähme von der regel
aufgefaszt werden ? doch wol nicht, es gehört also in die hauptregel,
unmittelbar hinter: gesprochen sind, das in anm. 2 gesagte: 'wo
man sonst das pronomen is (besser : wenn man in abhängigen Sätzen)
statt des reflexivum findet, ist die abhängigkeit von dem gedanken
des subjects des regierenden satzes aufgegeben', beweist nur indireet
das, was wir eben angedeutet haben, dasz nemlich als das wichtigste
voranzustellen war: aus dem sinne des subjectes im regierenden
Satze u. s. f. wie einfach läszt sich dann diese dem schüler so
schwer einzuprägende regel hinstellen, sie lautet (vergl, zu § 269):
in allen aus dem sinne des regierenden subjects gesprochenen ab-
hängigen Sätzen werden für dieses die pronomina sui, sihi, se gesetzt,
alles andere bleibt weg, da der schüler wissen musz, dasz z. b. folge-
sätze nur zeitsätze, nicht gedanken des regierenden subjectes enthalten.
Da nach § 310 die oratio obliqua von einem verbum
sentiendi oder declarandi oder von einem diesen verbis gleich-
bedeutenden ausdrucke abhängt, so ergibt sich für die hauptsätze,
die eine aussage, behauptung, erzählung enthalten (besser : die etwas
enthalten was geschieht, geschehen ist, geschehen wird,
nicht, dasz etwas geschehen soll) von selbst der acc. c. inf., auf die
regel, die dies enthält, § 291, 1, und 2, muste also hingewiesen
werden, noch besser ist die ganze oratio obliqua mit dem acc. c. inf.
vollständig zu verbinden, oft besteht ja die ganze oratio obliqua
aus einem einzigen acc. c. inf., oder conjunctivsatze, für den man
nur den ausdruck cx usu nicht anwendet, oder ist cgo ne utüent
quidem arbifror esse nohis futurarum reriim scientiam keine oratio
obliqua, weil das regierende verbum in der ersten person steht?
oder Caes. b. g. 6, 7: liberum se, liberaeque esse civitatis , weil M.
kurz? für den schüler bilden solche Sätze unbedingt den bequemsten
Übergang zur oratio obliqua.
Ebenso ergibt sich für hauptsätze, die eine aufforderung, befehl,
bitte, rath, wünsch enthalten, also, dasz etwas geschehen soll oder
geschehen möge, sofort der conjunctivus. auch hier i^t also «ne
hinweisung auf § 291, anm. 1 geboten, speciell ist dann zu dem im-
perativ und conj. hortativus der conjunct. imperativus hinfimifttgeii.
auszerdem aber die bemerkung : meist ohne ut, da ja die genaimteil
sfttse zum gröszten teile mit tU eingeleitet werden (wiederum fttr den
schüler als Übergang zur oratio obliqua nicht unbenatit za laBm*
yergl. Caes. b. g. 5, 34). daran schlieszt sidi: Terneint mit ne,
dessen fortsetzung neve ist. so wird zunttdist der lange snsatz 2
überflüssig und die sache ansdianlidier, weil anf bekanntes snrttok-
geführt.
(sehlnts folgt.)
Spandau. C. Vbnbdigbb.
*
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I
H. Seyifert und B. Habenicht: p&laeatra mumurum. 31
PALAE8TRA MU8ARUK. XATBBIALIBN ZUR BDlOBima DBR OBWÖBR-
LICHEBBN JCBTBA UHD EBLBBttmiG DBB P0BTI80HEM 8PBA0RB
DEBBÖUBB. BBARBBITBT VON PROF* DB. MOBITZ 8BYPFBBT,
FOBTOB8BTZT TOB DR« RICHARD BABBNIOBT. BR8TBR TBSL :
DBB HEXAMETER UND DA8 DI8l4CHOll. AOHTB AUFLAOB. Bm31%
Terlag «Ter bncUiaiidlaiig des wabenliaiiie«. 1877. X u. 164 1. gr. 8.
Es ist uns eine aufrichtige freude den werthen collepen im
lieben deutschen reich die raitteilung raachen zu dürfen , dasz von
dem bekannten 'palaestra musarura' materialien zur einUbuni< der
gewöbnVicberen metra usw. des unvergeszlichen prof. >foritz Seyffert
nunmehr der erste teil, den hexaineter und das di^tichon umfassend,
in neuer, der 8. aufl., erschienen ist. wer mit dem ref. die ansieht
teilt, dasz der prosodische Unterricht auf dem ^'vmnasium nur dann
ersprieszlich und für das ganze gymnatialer bildung nutzbringend
gegeben werden kann, wenn regelmäszige Übungen im versiticieren
damit verbunden sind und ihm, sei es auch in mäszigem umfange be-
trieben, bis in die obersten classen hinauf folgen, der wird sich schon
der bloszen thatsache herzlich freuen, dasz das schöne büchlein,
dieser hauptsächlichste, wo nicht einzige trüger und Vermittler drr
betreffenden Übungen an der mehrzahl der gymnasien Deutschlands,
abermals erschienen ist. doppelt erfreulich ist es aber, dasz die ver-
ehrliche Verlagshandlung, buchhandlung des Waisenhauses in Halle,
in der person des hm. dr. Habenicht, Oberlehrer am gymnasium zu
Plauen in Sachsen, einen neubeaibeiter gefunden hat, wie er glück*
lieber wol kaum hätte gedacht werden können.
Hr. Habenicht ist durch seine inhaltreiche abhandlung 'probe
eines neuen gradus ad Purnassum', die dem Zittauer programm von
1859 beigegeben ward, und anderes, namentlich durch seine 'grund-
zuge der lat. prosodie und metrik usw.*, die schon längst in 2r aufi.
erschienen, neuerdings auch in das italienische übersetzt worden
sind (principi di prosodia e metrica latina etc. Padova 1874), als
gewissenhafter und fieisziger forscher auf diesem sonst wenig An-
gebauten gebiete bekannt, so durfte man von vorn herein erwarten,
dasz durch ihn des seligen Seyffert werk eine zweckentsprechende
lerision und, wo nötig, wirkliche bereicherung und besserung er-
fi|]iK0n würde, und in der that ist der gewinn , den durch ihn das
badi erfahren, gar nicht unbedeutend, ja viel gröszer als man auf
dBR ersten blick wol meinen sollte, denn obwol der hr. verf. in an-
Mkeim«n8we)rther pietät zunftohst und im äuszem nur wenig hat Ba-
dem wcdlen, also dasz z. b. die gruppierung des Stoffes durchweg
imd dieser selbst in der haupteache derselbe, auch die Seitenzahl des
bnches miFer&ndert geblieben ist, so hat doch im einselBeB oft gentig
geludert werden müssen, sollte anders endlioh auch hier nnd in
diesem sonst so braoehbaren werk mit dsm prosodlselieii sehlendriaa
«uunsl gründlich anfgerftumt, alles seltene, späte nnd darum nicht
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32 M. Seyö'ert und R. üabeuicht: palaefltra musaruzp.
nachahmenswerthe, alles inelegante in bau und behandlung der
spräche und des verses endgiltig beseitigt werden.
Eine genaue vergleichung der neuen aufläge mit der frühern
zeigt über 70 stellen, wo geändert werden muste, damit der aufbau
des verses im einklang mit den strengeren prosodischen regeln, wie
sie neuere forschungen fordern und wie sie insbesondere denn auch
in Habenichts 'grundztigen' aufgestellt worden sind^ geschehen
könnte, und zahlreiche andere änderungen, namentlich auch in den
anmerkungen , betreÖ'eu grammatisches und lexicalisches beziehent-
lich die Orthographie.
Es würde zu weit führen einzelnes hier zu besprechen und ist
wol bei anzeigen dieser art im allgemeinen wenigstens nicht üblich,*
zudem wird jeder, der das büchlein in gebrauch zu nehmen Veran-
lassung hat, den unterschied leicht finden, doch dürfen wir ahbti-
sonders verdienstlich wenigstens folgendes wol hervorheben.
Dem 0 der verbalen und nominalen endung, wo es ohne not
und gegen die regel kurz gebraucht erschien, ist sein recht geworden
durch eine solche Umgestaltung der werte, die die silbe in richtiger
quantität anzuwenden erlaubte oder das wort ganz entfernte, die
sogenannte positio debilis ist als minder gut entfernt, auch die folge
eines mit zwei consonanten oder einem doppelconsonanten anlauten-
den Wortes in fällen, wo die endsilbe des vorhergehenden Wortes
kurz bleiben sollte, nicht gestattet worden, das pro in Zusammen-
setzungen hat, wie das re, seine rechte behandlung erfahren (vgl.
grundzüge § 6, a und c), nicht minder das it in den aufgelösten
formen des perf. der composita von ire. entfernt ist die inelegante
diärese z. b. siiäve und cmi, das falsche eucülus ist endlich, und zwsr
in nicht weniger als 10 stellen, dem richtigen eucülus gewieben,
wie anderswo acüleiLS dem acüleus. endlich hat hr. Habenicht durch
ein anderes arrangement , beziehentl. wähl anderer werte , dafür ge-
sorgt, dasz nicht der schüler sich gezwungen sehe , gelegentlich ein-
mal eine elision falsch anzuwenden, einen dreisilbigen ausgang iin
Pentameter, einen viersilbigen im hexameter sich zu erlauben, wenn
nim noeh dazu konunt, dasz auch der grammatik und dem lexicon
in nicht wenig fallen zu ihrem rechte Terholfen worden ist, so dasz
z. b. nicht mehr centupla (wofCUr ja nur centumplex und centuin-
plicatus sich findet) ein sive yeniat, formen wie Laertis und Haje
(für Laert^e und Mai) oder gar der der coxg. imperf. nach postquam
parallel mit dem indicativ perf. oder plusquamperf. vorkommen
n 3, 46, 80 wird die warme anerkennung, die wir am Schlüsse un-
serer Zeilen dem yerdienten neubearbeiter auszusprechen uns ge-
drangen fühlen, gewis gerechtfertigt erscheinen und nicht minder der
wünsch, es möge sich recht bald eine gelegenheit für hm. Habenicht
finden, aaeh dem landesüblichen und leider jetzt wol noch weniger
als ehedem entbehrlichen gradus ad Pamassom endlich einmal auf
die beine zu helfen.
Cbbmnitz. Stbaobb*
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W. Geaenius: hebräisches und chaldäischea handwörterbuch. 33
irilfBBLM OBSSNIUS, HBBRÄISOHBS UXD OHALDÄIBOHSS HAND-
WÖBTSBBUOB ÜBIB DAB ALTB TBBTAIIBMT. AOHTB ÄOVLAOS,
HBV BBABBSITKr TOH F. MÜHLAV UND B. VOLOK, ORDENTLICHE
PROFESSOREN DER THEOLOGIE IN DORPAT. ERSTE HÄLFTB (fit BIB
rvtffta)* Leipog, F. C. W. VogeL 1S77. s. 1-512. lez.-8.
Habent sna fata libeUi. so manches treffliche werk, welches für
die entwicklung der Wissenschaft, der es diente, von weit tragender
•bedentnng gewesen ist, hat das Schicksal gehabt den Schriften spS-
terer autoren, die auf dem neugewonnenen boden weiter arbeiteten,
welchen sn mtlssen nnd nach mehr oder weniger kurzem dasein nnr
nocb der geschichte ansngehören nnd nur noch in der 'litterarischen
einleiton^ angeftthrt zn werden« — Ein besseres loos ist dem ^hebrfti*
sehen nnd chiddttischen handwSrterbnch über das alte testamrat* von
Wilhelm Oesenins gefall^, im jähre 1815 erschien es zum
ersten male unter dem titel 'nenes hebrSisch-deutsches handw9rter-
bnch' (Lpz. 1815), als auszug ans dem gröszeren, 1810 — 12 publi-
cierten ^hebräisch-deutsches handw5rterbuch über die schrifttti des
alten testaments' (dessen zweite aufläge der jeden forscher bekannte
und werthvolle tbesaurus ist [1829 — 1858]). schon die zweite auf-
läge, vom jähre 1823, trug den noch jetzt beibehaltenen, in der Über-
schrift dieser anzeige angegebenen titel. die letzte vom Verfasser
selbst veranstaltete aufläge war die vierte (1834). die fünfte auf-
läge (1857), welche erst 15 jähre nach Gesenius tode erschien , ist
gleich der sechsten (1863) und siebenten (1868) von dem durch seine
'abhandlungen für semitische Wortforschung' (Lpz. 1844) und 'ab-
handlungen zur hebräischen grammatik' (Lpz. 18 46) rühmlich be-
kannten Marburger prof. FranzEd. Chr. Dietrich bearbeitet, so
sehr nun auch anzuerkennen ist, dasz der genannte gelehrte in sehr
vielen einzelheiten Gesenius Wörterbuch berichtigt und bereichert
hat, so konnte doch schlieszlich auch ein milder beurteiler, wenn er
nur der neueren litteratur aufermksam gefolgt war, sich nicht ver-
hehlen, dasz das buch mit der Wissenschaft nicht gleichen schritt ge-
halten hatte und hielt, und das war um so mehr zu beklagen, als
das inzwischen erschienene werk von Julius Fürst ^hebräisches
und chaldäisches handwörterbuch über das alte testament' (erste
aufläge 1851 — 61, zweite aufläge 18G3) neben manchem brauchbaren
material auch eine fülle etymologischen wüstes brachte, der die köpfe
der studierenden zu verwirren nur zu sehr geeignet war. * es ist da-
* da Pfints w^Tterhaeh steTeotypiert war, so konnte dieser grund«
fsUer in der drillen von dr. Viclor Ryssel besorgten aufläge (Lpsg.
1876) leider nicht beseitigt werden, der licrausgeber konnte im texte
nur viele einzelne irrtümer und flüchtigkeitsfehlcr verbessern und muste
alle nicht mit hinzufügnng oder änderung weniger buchstaben abzu-
nischenden 'nachträge und berichtigungen' in einen besondern anbang
terweisen (hd. II s. 6X9—666), besiglieh der elymologieen »her sieh
«of einige «Hgemeine udenlODgen hescbrttnken (U 6S9 ff.)* der anhang
R.Jdirli. r.pliiL«.pid. ILftbt. IS78. nn. 1. 3
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34 M. Duncker: aus der leii Friedrichs d. gr. und Friedr. Wilhelms IIL
her sehr erfreulich , dasz der hr. Verleger des Geseniusscheu Wörter-
buchs eine gründliche Umarbeitung desselben beschlossen und damit
zwei einander befreundete, in derselben stadt wirkende gelehrte be-
traut hat. für die kraft eines einzelnen wäre — man denke an die
grosze menge notwendiger kenntnisse in sehr verschiedenartigen
föchern — die arbeit zu schwierig oder doch jedenfalls zu zeitraubend
gewesen.
Ferd. Mühlau machte sich bekannt besonders durch heraus-
gäbe von Friedr. Bö tt eher s 'ausführliches lehrbuch der hebräi-
schen spräche' (Lpz. 1866 — 68). schon vorher verfaszte er eine gute
geschichte der hebräischen Synonymik (zeitschr. d. deutschen morgenl.
gesellsch. XVII [1863] s. 324 ff.); später publicierte er: de pro-
yerbiomm quae dicuntur Aguri et Lemuelis origine atque indole
(Lpz. 1869); auszerdem ist er eifriger mitarbeiter anEd. Biehms
treffliehem *liaiidwOrterbiie!L des biblischen altertums' (1875 ff.). —
Prof. W. y olck [H. auf dem titel ist druckfehler] schrieb auszer xwei
nnlTersittttsprogrammeii Aber Daniel und Hiob besonders einen ans-
fnhrlieben commentar zum 83n cap. des deateronominms (der segen
Moses, Erlangen 1873). lesenswerth ist andi sdne rede: *die be-
dentnng der semitiscben pbilologie für die alttestamentliehe ezegeae^
(2e aufläge , Dorpat 1874).
Bef. bat die bis jetzt Torliegenden 82 bogen an zablreiehen
stellen geprüft und überall spuren der bessernden tbStigkeit der
beiden harren beransgeber bemerkt, eine aasfBhrlicfae besprecbniig
der neuen aaflage des Geseninsschen wOrterbnebs denkt er nach dem
ersebdneii der noch fehlenden zweiten hftlfte zu geben imd dabei
andi auf eine reihe von dnzelheiten einzugehen, fttr jetzt wollte er
nnr seine frende darttber aussprechen, dasz das buch, durch welches
unsem T&tem und uns selbst das Studium des alten testaments er-
möglicht wurde, auch der jetzt lernenden jugend, dank seiner nea-
gestaltung durch Mfiblau und Volck, ein zweckmSsziger führer sein
kann und wird.
sei der beacbtung der fachgenossen bestens empfohlen, für studierende
ist das bucli — was wir ang^esichts des groszen von brn. dr. R. auf die
neubearbeitung verwendeten fleiazes nur mit bedaaem aussprechen —
nach wie vor angeeignet.
Bbblin. Hebmamn L. Stbaok.
6.
AUS DER ZEIT FRIEDRICHS DES GROSZEN UND FRIEDRICH WIL-
HELMS III. ABHANDLUNGEN ZUR PREU8ZISCHEN GESCHICHTE VON
MAX DUNCKER. Leipzig, Duncker u. Humblot. 1876. 580 b. gr. 8.
Man ist gewohnt, die bedentung Max Dunckers als historiker
darein zo setzen, dasz er als geschicbtschreiber des altertums zuerst
die resultate der orientalistiscben forschnngen sieh angeeignet, die
gesehichte der orientalischen reiche in einem gewissen pragmatischen
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If. Ihm^er: tarn der zeit FriedrichB d. gr. und Friedr. WiUiebiiB IIL 35
susammenliuige daxgestellt und das interesse fllr dieselbe in einer
art dadnroh erhöht hat, welche hinter dem interesse für die grie-
ehisobe geschichte nieht mehr allza weit sardckbleibt adne alte ge-
sohiehte beseiohnet daher mehr oder weniger genaa den stimd
unseres Wissens in folge der freien anl^Rssmig der semitisehen ge-
schidite tind in folge der vertiefong unserer kenntnisse von den
Indo-Europ&em. seit er indessen die nrsprOnglidh mehr Tom gebiete
der Philosophie der geschidite aasgegangenen Torlesongen, ans
denen sein werk über die alte historie entstand, durch die aneig-
nnng so mannigfacher Stadien belebte nnd befrachtete, wandte er
sich , Ton der deutschen politik unmittelbar ausgehend, gleichzeitig
der neueren gesdiichte su. nur aus seinen nachforschungen in den
preussischen ardiiven, deren Oberleitung ihm eine seit lang oblag,
insbesondere aber aus der benutrong des geheimen Staatsarchivs su
Berlin, ist die uns vorliegende sdirift hervorgegangen, sie wShlt
ihre Stoffe aus einem zeitrtram, mit dessen bearbeitung wir Bänke,
G-. A. Droysen, Sybel und neuerdings auch Hommsen beschSftigt
sahen und dessen politische litteratur auch von Bruno Bauer mit
grossem fldsze gesammelt sein soll, die bedeutnng der archivarischen
£»rschungen der Berliner liegt auf der band, so hat Mommsen auf
eine nicht gewöhnliche weise den anfang des culturkampfiBS mit bezug
auf die katiiolische kirche schon unter Friedrich II entwickelt, von
Friedrich II, fOr den immer noch sehr viel zu thun ist, gieng Droysen
und wol andi Duncker su Friedrich Wilhelm III über, weil auch fdr
diesen sidi partien der geschichte ergaben, deren diplomatische
grundlage noch voUstSndig der aufklftrung bedurfte und deren rich-
tiges Verständnis wegen ihres niflieren Zusammenhanges mit der
gegenwart fttr die jetzige politik nötig war.
Dunckers abhandlungen aus der zeit Friedrichs des grossen
sind *eine flugschrift des kronprinsen Friedrich* (considörations sur
l'^t prteent du corps politique de FEiarope), *die schlacht von
EoUin* und 'die besitzergreifang von Westpreuszen'. der erste auf-
sats beseitigt fOr immer eine banale auf&ssung jener schrift, in
welcher ein werk der feinsten berechnung nachgewiesen wird, der
dritte greift noch sehr bedeutend in die jetzige politik ein. bei dem
zweiten ist dies am wenigsten der fall und es handelt sieh dabei um
eine blosse frage der gesofaiehte des siebeigShrigen krieges, aber um
einen ttuszerst streitigen punct derselben, wir gehen auf diesen anf-
sats besonders ein, weil wir Dnnkers ansidit zu stützen im stände sind.
Es handelt sich in bezug auf die schlacht bei Koiin darum,
dasz Friedridi sehr ausgezeichnete anordnungen getroffen, dieselben
aber wfthrend der schlacht vergessen und Moritz von Dessau ge-
zwungen haben soll, zu frtth und an unrechter stelle anzugrei^,
wodurch dann auch die schönen erfolge , die das nun ohne unter-
stütsnng gebliebene regiment Hülsen schon erreicht hatte, wieder
verloren giengen. vergl. besonders Duncker s. 56. 57. 81. 82. 100.
die hauptsftdhlich zur entsdiuldigung fOr Moritz von Dessau erst
3*
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36 ILBoncker: aus der zeit Friedricbs cL gr. und Friedr. Wilhelms III.
später aufgestellte auffassung bestreitet Duncker. indem er die
älteren Zeugnisse über die Schlacht bei Kollin mit groszer voUst&n-
digkeit sammelt, hat er das von Gleim übersehen, welches rec. schon
1872 nach einer unvollständigen abschrift veröffentlichte, jetzt aber
in verbesserter gestalt nach dem original hier nochmals abdrucken
läszt. Gleim schrieb aus Halberstadt den 2ö juli 1757: *Die Nach-
richten von der Schlacht beiCollin will mit vielen Umständen aus den
Berichten der hier seyenden Officiere des Hülsenschen Regiments,
und des Herrn Dohmdechanten vermehren, der König ist im heftigsten
Kartätschfeuer gewesen und hat sich leider all zu viel gewagt. Em
Unterofficier Mühlberg von Hülsen hat gesehen, dasz ein Österrei-
chischer Cürassier, den Säbel in der Faust, auf ihn losgejagt, aber
zween Dragoner haben sich so lange mit ihm herumgetummelt, biss
sie ihn zwischen sich geklemmet, und ihn vor des Königs Augen vom
Pferde gehauen. Sind sie nicht wenigstens Rittmeister geworden, so
möchte ich sie kennen, um mein Glück mit ihnen zu theilen. Des
Königs Plan zum Gewinne der Schlacht mit wenigem Volk ist nicht
weniger fürtrefflich gewesen als der bei Prag; aber die Hitze des
rechten Flügels, oder vielmehr des Prinz Moritz, der den feind-
lichen linken nicht hat angreifen, sondern erwarten sollen, biss er
auf ihn von den Bergen stürzen würde, nachdem der feindliche Rechte
in der Flanke geschlagen wäre, und einige Cavallerieregimenter, die
nicht zu rechter Zeit eingehauen, sondern Ordre dazu erwartet haben,
sind Schuld, dasz Friedrich auf einmal hat weichen müssen. Alle, die
bei der Schlacht gewesen, versichern einmüthig, die Unsrigen hätten
sich zu der gewonnenen Schlacht glück Gewünscht, so weit wären
sie hinter den feindlichen Batterien gewesen.' das übrige lautet im
original ebenso wie der brief schon in der schrift 'Friedrich der
grosze und die deutsche litteratur' s. 226 — 227 nach einer älteren
abbchrift abgedruckt war und kann daher hier übergangen werden,
vergl. auch Lessing, Wieland, Heinse s. 198. dieser bericht stimmt
mit den meisten der zahlreichen von Duncker zusammengestellten,
auch mit der aussage Friedrichs des groszen selbst überein. er kam
allerdings von keinem militär. sein werth liegt darin, dasz er bereits
37 tage nach der schlacht bei Kollin geschrieben wurde, er enthält
die aneichten von Hülsens officieren. auszerdem beruht er auf der
auesage des domdechanten von Spiegel, der als 'Schlachtenbummler',
wie man jetzt sagen würde, am 18 juni in Kollin gewesen war und
bei seinen vielfachen Verbindungen jedenfalls die ansielit einer oder
deraadenftürstlichen person aus dem braunschweigischeUf anhalüni-
sehen oder preuszischen hause kannte, offenbar weisB aber Spiegel und
Gleim mehts von der Friedrieh compromittiereiideB anfAMumng des
Terlanfes der schlacht. die worte : 'der kSnig hat sich leider allsu viel
gewagt' bemehen sich nur anf das, was MttUberg über dessen lebene-
gefshr erzfihlt hatte. Mtthlbergs angäbe Uber die lebensge&hr des
königs ist mis anderweitig noch nicht begegnet, wie wichtig für die
kriegsgescAichte die znrllekweisnng der rechtfertigmig des prinzen
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K. Fries: dr. Johann Christoph von Held. 37
Moritz durch Duncker war, kann man danach ermessen, dasz diese
Verunglimpfung Friedrichs sogar in Ludwig Hahns preuBzische ge-
schichte (3. aufl. s. 330) übergegangen ist. dennoch würden wir
Gleims zeugnis nicht hervorgehoben haben, wenn nicht behauptet
wäre , dasz Duncker hier in der vertheidigung des küuigs zu weit
gegangen sei.
Auf die arbeiten über die zeit Friedrichs II folgt zunächst der
aufsatz Treuszen während der französischen occupation'. Preuszen
wurde nach Duncker (s. 282) durch seinen frieden mit Frankreich,
den es am 9 juni 1807 abschlosz, blosz als zwischenmacht oder
"barriöre zwischen den beiden weitmächten Frankreich und Russland,
die sich nun die band reichten, wieder aufgerichtet, aber erst nach
Unfällen der Franzosen vom juli und august 1807 in Spanien erhielt
Preuszen eine art eigener existenz zurück, indem sie Preuszen räum-
ten (s. 288). wie wenig aufrichtig es Napoleon mit Russland geraeint
hat, zeigt sich in seinen Verhandlungen über seine zweite Verhei-
ratung, durch welche er die auflösung der Schwierigkeiten bei seiner
bewerbung um die Schwester Alexanders nicht abwartete , sondern
die in Russland gethanen schritte alsbald ostentativ benutzte, um
in Wien sich um eine erzherzogin bemühen zu hönnen (s. 325). in
dem, was Duncker dann überdie weitere entwicklung der Verhältnisse
unter Friedrich Wilhelm III sagt, berührt er dieselben gegenstände,
die seitdem bekanntlich auch wieder in Rankes biographie von
Hardenberg behandelt sind, besonders interessant war uns s. 464.
465. 468. 469, auch dasz Friesen so weit unter den diplon&aten be-
aohtung fand, wie aus s. 496 hervorgeht.
Alsdann folgt der aufsatz ^eine milliarde kriegsentschädigung,
welche Preuszen Frankreich gezahlt hat.' daran schlieszt sich 'die
mission des obersten von dem Knesebeck nach Petersburg.' wir
stimmen auch hier der auffassung Dunckers vollkommen zu und
empfehlen das ganze trefQicbe buch auf das wttrmste.
BbUOM. • HbUVRIOB PnÖHLS.
7.
DR« JOHAmi OHRIBTOPH VOM HBLD« BIH L1BBR8BILD. VO» KABL
VRIB8 m BATKBUTB. BR8TB ABTBILimO 1874 40 BWBITB AB-
TBILUBG BR8TB HXzJTB 1876. $7 B. ZWBfrB hXxJTB 187«. 68 ■. 4.
Geboren ZU Nürnberg von bürgerlichen eitern am 21 dec. 1791,
gebildet auf den Universitäten zu Heidelberg, Leipzig und Erlangen,
bat J. Chr. Held nach kurzer bescbäftigung als hauslehrer in Mün-
chen eine anstellung am gymnasium zu Bayreuth gefunden und ist,
da ein ruf nach Frankfurt a. M. abgelehnt, der gewünschte lehrstuhl
an der Erlanger hochschule nicht erreicht wurde, bis zu seinem
hohen alter bU lefazer und später such als leiter an jenem gymnasium
thätig gewesen, das bild dieses am 21 märz 1873 abgeschlossenen
lebens hat professor Fries mit piettttsvoUem sinne entworfen.
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3d K> Fries: dr. Johann Christoph Yon Held.
Denn mehr ein entwurf als ein fertiges bild wird uns geboten,
zwar erfahren wir genau, welche stellen und ämter, welche titel
und erden Held empfieng, aber manche wichtigere künde vermissen
wir. die äuszeren Verhältnisse, unter welchen, die grundsätze, nacli
welchen Held als schulmann wirkte, werden uns mitgeteilt: aber
wie diese principien unter den obwaltenden umständen durch Heids
lebendige persönlichkeit verwirklicht wurden, wie Held als lebrer
auf dem katheder, wie er als erzieher im verkehr mit der jugend
sich gab, davon erfahren wir nichts, wir lesen, dasz Held in Heidel-
berg unter Boeckh, in Leipzig unter Hermann studierte : aber ob er
mit diesen lehrern, den grösten philologen seiner zeit, noch später
in Verbindung blieb, darüber findet sich keine andeutung". tiber-
haupt fragt man vergebens, ob denn Held mit auswärtigen gelehrten
in gar keinem verkehr stand, etwa Döderlein, Roth und Nägelsbacli
ausgenommen, aus einem briefe Döderleins (11 2, 26) müssen wir
auf Heids ausgebreitete belesenheit sohlieszen : aber von seiner lec-
türe in einem so langen leben sehen wir nur die bxiefwechsel zwi-
schen Goethe und Schiller, Goethe und Zelter, Voss und Jean Paul,
Hamanns und Jacobis briefe, das litterar-historische werk von Ger-
vinus, Schuberts Selbstbiographie, die biographieen von Perthes und
Niebuhr, endlich Bankes reformationsgeschichte und Mommsens
römische geschieh te angegeben, und doch stand dem verf. durch
die familie Heids ^alles Material' zur verftlgung, und die (II 2, 65)
mitgeteilte probe aus einem Vahre lang' fortgeseteten tagebuch zeigt»
welche umfassende konde von Heids lectüre daraus zu schöpfen war.
wie wichtig bei einem vorwiegend receptiven geiste diese künde
sdn musz, leuchtet ein. aus einem briefe von Creuzer an Held (I 12)
ergibt sich , dasz dieser die via regia zur kenntnis der alten littera-
tur eingeschlagen hat; denn 'das zusammenhängende Lesen der
Alten selbst — das ists was den wahren Philologen macht', aber
von 80 aasgedehnten studien Heids erföhrt der leser weiterhin
wenig; nur Pindar, Sophokles, Euripides, Plato, Isokrates nnd Dio-
dor, Terenz, Vergil, Horaz, Cicero und Tacitus werden genannt,
und natürlich Plutarch und Caesar, die im mittelpnnote des Held-
sohen studienkreises standen.
Caesars commentarien über den bürgerkrieg und sp&ter aaeh
jene ttber den gallischen krißg hat Held bekanntlich mit deutschen
anmerknngen wiederholt herausgegeben, auch mit dem gedanken
an eine gesamtausgabe Plutarchs hat er sich getragen, erschienen
sind nur die biographieen des Timoleon und Aemüios Paullus mit
lateinischem commentar, ferner einige gelegeaheitssdiriften Aber
denselben stofif. von diesen ausgaben gilt aber, was von jener des
Platonischen Eriton, Alkibiades I, Laohes nnd der apologie DOder-
lein geurteilt hat, dass 'die Zahl der grammatisclien Koten zu gross ■
ist. Held arbeitete gewissenhaft nnd nmstSndlich; bei der heraus*
gäbe gewann er es dann nicht über sich, das erarbeitete dnrdi
prflgnaate fiissnng des notwendigen und sdionnngslose Streichung
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K. Fxiee: dr. Johann Ghiigtoph Ton Held. 89
des entbehrlichen in eine knappe form sa bringen, übrigens ist die
ausgäbe Caesars noeh heute brauchbar, zwar iSszt die spttrliehe be-
handlung der realien nicht einen sdiükr von Boeckh , die uunetho-
dische kritik nicht Hermanns jünger ahnen ; aber die grammatiBChe
und stilistische erUftrang yerrathen den gediegenen spraohkenner
und den erfahrenen lehrer. die abhandlungen ttber die Elektra nnd
Antigene des Sophokles zeigen Held auch als meister jener art von
ezegese, welche passend die generische genannt worden ist
Üeber den Zusammenhang dieser und der anderen gelegenheits-
aohriffcen Heids mit seinen jeweiligen Stadien dberhaopt wünscht
man andi einige andentongen zu finden, allerdings scheint der
Yorf., namentlidi gegen das ende seuier schrift, darcb die beschrttn-
kong des raumes been^ gewesen zu sein, aber er konnte rautn
gewinnen, wenn er die an? erhlltnismiszige ausdehnnng der jagend-
gesddchte Heids entsprechend begrenite, die mehrftichen «ussüge
ens redseligen recensionen über Heids Schriften wegliess and aof
mitteihmgen, die nicht in den rahmen des lebenslSldes gehören,
yenichtete. was über den Nürnbergs Sprachlehrer Pensenknffer
ersfthlt wird, den man aaszer den onterrichtsstanden nar aof ein-
samen spasiezgBngen sah, wobei aof seinem hate eine zahme taube,
*der PenzenkväersiBhe heilige Geist*, zn sitzen pflegte; femer Über
die enÜassangsgescfaichte des professors Bezzel in Bayreuth wegen
einer ftoszerong über Kotaebues Ermordung, Über manche schal-
yerhsltnisse und politische dastünde ^ das ist zwar interessant,
würde »aber eher in ein zeitbild als in ein lebenslnld sich emfSgen
and hfttte wenigstens gekürzt werden sollen.
Dagegen hat sich der YvrL durch mSglichst ausgedehnte mit-
teilungoi aus dem briefwedisel zwischen Held and Düderlein be*
sonderen dank yerdient, obsdion Held gerade dadurch mehr in den
schatten gestellt wird, das geringste dabei ist es, dasz die yom yerf.
erregte erwartnng in den briefen Heids nicht ganz erfüllt wird, so
wird (H 2, 66) die 'beneideiwwerthe Beigabe yon Humor, die seinen
ümgang so angenehm machte' rühmend heryorgehoben: aber wo
bleibt dieser humor in der yierzig jähre umfassenden oorrespondenz
mit DOderlein? mit DOderlein, der doch wirklich für humor empfibig-
lieh war und selbst den liebenswürdigsten humor in seinen briefen
an Held spielen liesz. Held wird kaum ein mal humoristiach, wenn
er (H 2, 42) erzililt, dasz ihm sein *siel»ehnter Enkel — ist aber
«nkeUn — geboren' worden, und beifügt: *wenn wir beide einmal
mit unserer gesanounten Desoendenz uno loco beisammen wpi konn-
ten, welche Ehrwürdigkeit würde unsere Häupter umstcahlenP —
Wir leinen aas dieser oorrespondenz Heids biederes, reines und auf-
opfernd thstiges wesen achten, aber nnwiderstehlidi fesselt uns
Döderlein. in lange beengt yon dem drocke eines beschrankten ein-
kemmens und yon bnreaukratisoher beyormnndnng scheint Held
troti echten fhmilienglückes und freudiger berufserfiillang doch nie
jeae befiriedigung erreicht zu haben, ctie nur ans dem frohen ge-
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40
K. f^ries: dr. Johann Cliristoph von Held.
fühle und der freien entfaltung aller kraft erblüht, ganz anders
Döderlein : in ihm ist sprudelnde Originalität und genialität. während
Held nach dem semesterschlusz noch lange nicht mit seinen amt-
lichen Schreibereien zu ende ist, predigt ihm sein allzeit fertiger
freund (II 2, 49): 'Wenn ich in irgend etwas Vorbild sein kann, so
ists darin, wie man Leichtsinn ohne Gewissenlosigkeit übt'. treflTend
vergleicht Döderlein seine redeweise mit der seines freundes, indem
er an Held schreibt (II 1, 22): 'mir kommt es vor, als wenn Deine
Klarheit und Bestimmtheit des Gedankens und dessen ernste Ver-
folgung gegen mein Herumspringen und Witzeln und meine Pseudo-
gedankenblitze gewaltig absticht. Mein Stil . . kömmt mir neben
dem Deinen vor wie ein Springbrunnen neben einem Bach. Ich
denke bei diesem Gleichniss mehr, als Du ihm auf den ersten Fleck
ab- und ansiehst, mache mich auch anheischig es auszuführen',
bescheiden vergleicht Held seine Schillerreden mit Döderleins be-
rühmter festrede auf Schiller (II 2, 51): 'Natürlich ist der Kreis, in
welchem ich mich bewege, viel beschränkter, der Ton meiner Stimme
viel schwächer, der Standpunkt, von dem aus ich die Dinge be-
trachte , viel niedriger gestellt ; aber gefreut hat mich's doch , dasz
ich in einem und dem andern, sonst meines Wissens noch nicht aus-
gesprochenen Gedanken doch ziemlich nahe mit Dir zusammen-
getroffen bin', bedeutender und wahrhaft charakteristisch ist die
Parallele, welche Döderlein zwischen sich und Held als redner zieht,
nachdem er die schulreden seines freundes im manuscript gelesen
hatte; sie verdient hier ganz mitgeteilt zu werden. Döderlein
schreibt (II 2, 30): 'Vor Allem mein Erstaunen, dasz Du solche
Beden aus dem Ermel schütteln kannst. Fast nirgend eine Correc-
tnr, alles von Haus aus normal und in seiner Art vollkommen. Da
arbeite«! fiigienta ealamo, ich eluctante, wie ich auch im Reden nioh
dem Vorbild des Kaisers Tiberius eluctantium verbonim bin. Daher
besinne ich mich nach jeder Periode, was nun flir eine komme, wie
sie beginnen, sieh ansdsbnen nnd lauten soll, wShrend Dieb der Ge*
danke fortreisst. Damm sind anob unsere Beden awar gleich vor-
trsfili^, aber grandfenobiedeii, nnd ich wfinaehte sie von einon
geeeheiien Mann parallelisirt zu sehen, etwa so: H. entwickelt den
Gedanken voUstlndig, D. nimmt einen Anlauf nnd wenn man denkt, .
jetzt ktamts, so ist er schon damit fertig nnd geht an etwas anderem
Uber. H. hat plus Incis, D. plos luminom. H. will mehr belehren
nnd Zeugniss geben , D. denkt an den Bffeot nnd sucht besonders
den Halbgebildeten zu gefallen: H. will disertos, D. feeundus heissen.
'Es Beden sind zu limg, D. besitst die Haupttagend, auf das Sitz-
fleisch des Publicums Bttidniofat zu nehmen. Wenige Mensohen
haben die Kraft und Lust, l&nger als Stande zi|znhOren. Doch
ist das BUjzwther] PubHoum Tielleicht durch H. gewOhnt oder Ter-
wOhnt. H. spricht meist ein&di und wenn er sich erhebt, wahrhaft
poetisch ; D. ist womOg^di immer pathetisch, gravitätisch, geht oft
auf Stelzen, und wenn er fliegt, ist es ein rhetorisches Flatteni, kein
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K. Fries: dr. Johann Ounstopli von Heid. 41
po«Ü8clier ilug. H. seheai es nicht, bisweilen in den didactischen Stü
sa verfallen und sogar lateinieche Oitate einsuweben, D. Ittsst sieh das
letstore nie sn Schulden kommen ; er citirt lieber untren de allsntren'.
Wisaenecbaiftliche fragen werden in den briefen nidit eiOrtert.
fttt alle sebreiben sind siemlicb knrs, nur bie und da werden sdinl-
pUiie und ferordnnngen der scbulbebörden ansfllbrlieberbespioebeii.
doeh erbSli man in Döderkins arbeiten «nen klaren einbliek, da
bei ibm stndinm und litterarisebe prodnetion unserirennlicb Ter-
banden enebeinen. wir kOnnen in den briefen dam ersdieinen der
sieben abteilnngen des grossen etjmol<^gisob-fl7non7misehen Werkes
wir bOran von den bandbttidiem der Synonymik und der
etymoiogie, von der ausgäbe des Tacitus« dem dreibbidigen Home*
risofaen grosser, einer ttbersetinng auogewftblter Demostbeniseher
rsden, von der Ubertrsgung der Germania des Tadtns und der
Boraiisshen episteln und sstuen mit erlftnterungen, der bearbeitnng
Ton Heindorft ausgäbe der satiren des Horas und dasn etwa Ton
einem dntwnd gymnasial- und universitfttsprogranunen. inzwisdben
bewegte siöb Heids litterarisebe thiltigkeit in dem oben beseidmeten
famse und umfiuste ausserdem nur noob einige scbulscbrilten.
Die musikaliscben oompositionen, welcbe der für tonkunst bocb-
begabte Held in dieser seit yerOffentliobte, waren niobt sablreieh und
können nicht in eine reibe mit den litterarisohen werken gerückt
werden, allerdings weisen sie auf ein von BOderlein nicht angebautes
fSdd der thtttigkait bin. aber Heids unermttdlieher fleiu ist ja ohne-
bin ftber jeden sweifel erhaben ; Döderlein schreibt einmal (II 2, 38) :
*hk habe Dich im Verdadit, dass Du für unsere Jahre su fiel
arbdtest und Dir su wenig Erholung gOnnst'. offenbar widmete
Held der schule!, fUr die er als lehrer, ak vorstand des gymnasiums
und einer gewerbeschule, endlich als mitglied des kreiaicholarchata
wiri^te, ein grosseres mass von seit und knft sls sein leichter leben»
der freund, aber ihm fthlte auch DOderleins geniale pcoductiyitftt.
denn dass Held gleiche freude am prodncier^ hatte, lehren seine
eigenen worte an Döderlein (II 1, 13) : ^Hamann sagt: *Wa8 für eine
Last ist es, ein Antor su werden, und wie ist es möglich , dass wir
ehugen Ehigeits, Eitelkeit oder Lust darin finden können?^ und hat
doch bis ans Ende seines Lebens die Lust behalten, immer wieder
Autor SU werden. Idi denke, es geht uns Beiden ebenso, ich habe
auch schon wieder Plfine.' die einzige grössere reise, die Held ge-
msdit hat, lieferte gleich den stoff su einem buch: Briefo aus Paris
gesehriebeii in den Monaten Sept. OeL Nov. 1830.
Wie rasch Döderiein prodiiderte und pnbliderte Usst sieh ans
einsm beispiel besonders deutlidi erkennen, am 1 juli 1837 schreibt
er (n 2 , 19) an Held: ^Lass Dir Tadti Dialogum empfohlen sein,
sin MeisteEstack'. man hört aus diesen werten die freude an der
neaen bekanntsohaft Döderleins heraus* iter schon am 28. August
^selben jabres (U 2, 21) schreibt er: *Wenn Du was schönes
Hypereiceronisnisdies lesen willst^ so Ues Tadti Dialogum« Die lat.
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K» Fhes: dr. Johann Chzistoph Ton Held.
Literatur hat nichts schöneres, nil Tacito dignius. Ich denke an eine
Edition.' Döderlein scherzt selbst über seine federfertigkeit; von
vielen briefstellen mag hier nur eine (II 2, 51) stehen: 'Erschrick
nicht! Schon wieder ein opus von mir, die jüngsten Kinder meiner
Laune (um an Kotzebue sei. zum Plagiator zu werden), die zu er-
zeugen leichter sind als zu lesen', freunde Döderleins mochten bis-
weilen Übereilung ftlrchten; so erzählt er selbst (II 2, 45), dasztiber
seine bekannte Interpretation von Hör. sat. II 8, 15 maris expers
'Freund Nägelsbach, homo conservativissimus, die Hände über den
Kopf zusammenschlug und fast eine Wette vorschlug, dasz ich vor
Jahresfrist 100 fl. geben würde, wenn ichs ungeschrieben machen
könnte', auch Held, der im lobe wie im tadel als gleich aufrichtigen
freund sich bewährte, bat manche etymologische combination oder
synonymische distinction oder kritische conjectur Döderleins un-
umwunden abgelehnt, dieser pflegt darüber zu scherzen, einmal sagt
er (II 2, 51) druckfertig liege ^ein griechisches Vocabular, das ich
Deiner Verachtung nicht besonders zu empfehlen brauche', mit
gutem humor klagt er ein ander mal, (II 2, 43) : 'Es ist ein wahrer
Fluch, der mich verfolgt, dasz ich statt immerfort zu lernen, immer-
fort lehren will , auf Kathedern und in Druckereien'. Aber schon
früher hat er dem freunde erklärt (II 1, 18) : 'was ich nicht wieder
lehren muss oder kann, das gelüstet mich auch nicht zu lernen'.
Kritische urteile Über werke der litteratur sind in dem brief-
wechsel nicht gar häufig. Held spricht mehr über neuere bücher ;
doch findet man keine sonderlich tiefen oder schlagenden äusze-
rungen. so bezeichnet er beispielsweise (II 2, 21) Bankes refor-
mationsgeschichte kühl als 'ein ehrliches, inhaltreicbes buch von
grosser bedeutsamkeit auch für unsere zeit'. Döderlein lebt und
webt in den alten; um Montaigne zu charakterisieren, nennt er ihn
(II 1, 15) 'bisweilen naiv-obscön wie die Alten z. B. Plato'. doch
imponiert auch bei Döderlein mehr das lebendige eindringen in
wenige meisterwerke als eine ausgebreitete belesenheit, deren schein
er gar nicht erstrebt, als Held seinem misfSUigwi urteile über
Isokrates entgegentritt, gesteht er (II 1, 17) : *Ich kenne denXBokrates
nur aus dem Panegyrikoa'. indem er Terenz ab einem 'der ungrosa-
artigsten unter den Alten' beseiehnet, seist er hinsn (II 2» 20):
«Oder thu ich ihm nnxeäit, weil ioh nur drei Stücke von ihm ordent-
lich kenne?' eine erheiternde episode ist es, wenn DOderlein (II 1, 19)
ttber eine steUe bei *Gaee.B.0« V,20' auftdiliisz erbittet, der heraua«
geber des Oster aber die betreffenden werte 'nicht finden kann', da
sie ^falsch citirt' sind, worauf BSderlein antwortet: 'Die firagliehe
SteUe steht Caes. B* G. V, 19 extr. also ziemlich nahe an Y, 20'.
Es ist ein ernstes, edles, wirksames leben, dessen bild deryerfl
gezeichnet hat. yemüszt der betiachter in diesen auch naanohan
feinem zug, so kann dies doch die ireude an den vom yerf. vor-
gelegten umrissen und ausführungen nicht stören.
WüBZBüBe. Adam fiuasiiBE.
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Zu Klopetocks biiefireokuel.
43
S.
Zü KLOPSTOCKS BRIEFWECHSEL.
In den 'briefen von und an Klopstock% welche J. M. Lappen-
berg goaammelt und dr. Weiland 1867 herausgegeben hat, dürfte
sich der gesamte für den litterarhistoriker nötige apparat cn einer
Specialforschung Uber Klopstock und seine zeit finden, die Samm-
lung ist besonders werthvoll durch das hinzukommen von 118 bis-
her nngedmckten briefen und durch den abdruck von briefen , die
in nur schwer zugänglidben druckwerken oder teilweise schon ein-
gegangenen Zeitschriften sn finden sind, so ist denn die stattliche
zahl Ton 217 briefen entstanden, welche wir dem sammlerfleisze
Lappenbergs yerdanken. eine sehr dankenswerthe zugäbe sind die
anmerknngen Weilands, welche nnr selten persönliche besiehangen
nnbertthrfe lassen, gerade diese erlSatenmgen haben uns anlass ge-
geben, aof einen brief Wechsel Klopstooks mit Fnnk aufmerksam zu
machen, der swar nidit sehr lebhaft war — es sind nnr drei briefe,
darunter nnr einer yon BUopstock — , aber doch rerdient hfttte, in
die sammlnng aufgenommen zu werden, wenn er auch schon ge-
druckt ist. zu nr, 219 nemlich, einem briefe Klopstooks an Karl
Friedrich Cnuner vom 20 oct 179d, worin es heisst : *Ich sehe jetzt
einen sehr TerdienstToUen Franzosen, der mir und anderen aus mei-
nen Oden sehr gut vorliest. Er macht mir das Vergntigen Funk zu
heiszen. Dieses sind uns beyden liebe Erinnerungen', bemerkt
Wefland s. 588 : 'das vergnügen Klopstooks bestand darin, dasz er
durch diesen namen an einen ehemaligen Kopenhagener fireund,
Gottfried Benedict Funk, erinnert wurde, der einige zeit hauslehrer
bei J. A. Gramer gewesen war und als rector der domschule und
consistorialrath zu Magdeburg 1814 starb.'
Gottfried Benedict Funk, am 29 nov. 1734 zu Hartenstein ge-
boren, gehörte wtthrend seines aufenthalts in Kopenhagen dem krdse
von angesehenen dichtem und litterarisch thfttigen mftnnem an,
welcher sich 1761 gebildet hatte, er war 1756 der einladnng des
ihm befreundeten ho4[»redigers Joh. Andreas Cnmer gefolgt, teils
um als lehrer und erzieher in dessen familie zu wirken, teils um
sdne uuversititsstndien namentlich die theologischen fortzusetzen
ond zu beenden, sehr bald wurde Fnnk in die litterarische be-
w^gong hineingezogen und beteiligte sich an der von Gramer ge-
grltaideten Wochenschrift Mer nordisdie aufseher'. auch ftr die von
H. W. von Gentenberg von 1786 an herausgegebenen 'briefo Uber
sierkwflrdigkeiten der litteratnr*, welche gewöhnlich als *8chle6wig-
Bche litteraturbriefe' bezekhnet werden, lietote Funk einen beach-
tenswerthen au&atz über Gottscheds probe einee deutsch gramnwti-
Uischen wMecbudies. Funks aufbnthalt in (^Mners banse wihrte
bl769, in welchem jähre er als subrector an die domschule zu
Magdeburg berufen wurde. 1772 wurde er rector der domsdinle«
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Zu Kiopstocks bziefwechsel.
1785 ernannte ihn der könig zum consistorialrath. der um die blüte Ij
und das gedeihen des Schulwesens so hochverdiente mann starb mm
18 juni 1814 zu Magdeburg. »
Der briefwechsel zwischen Klopstock und Funk, welcher in l
G. B. Funks schriften (Berlin 1820. 1821) II 231 — 248 abgedruckt i
ist, föUt in das jabr 1758. am 18 nov. war Meta gestorben. Funk Ii;
sandte dem trauernden freunde ein wort des trostes und Klopstock m
dankte ihm. Funk schrieb dann noch einen längeren brief , welcher H
für die Charakteristik Metas wichtig ist. wir glauben, dasz wir uns Ii
den dank der litteraturfreunde erwerben, wenn wir die briefe lul
dieser stelle zvaa abdrock gelangen lassen« V
1. Funk an Klopstock. I
Kopenhagen, den 6. December 1156, 1
Was laam ich schreiben? Ich will nicht Ton Dem, was yoitilMt I
ist. Sie mOssen meinen Antheil wissen. — Aber was ist iSrnm
gegen Sie! Könnte ich nur Ihretwegen mhig sein! Wie bange ist B
mir! Meine Seele schwankt zwischen zwej Oedanken, bald anf
was dahin ist, bald anf Sie, nnd verweilt sich bey Ihnen: Dettl
jenes ist Uber nnsre Sorge erhaben. KOnnte ich nnr einen ]d«m«V
TheU Ihres Knnuners Termindem, damit wOrde ich noch jetst dbt
Wünsche eines Engels erftillen! — Liebster Frennd, wollen 2kw
nicht sn uns kommen? Bleiben Sie ja nicht an einem Orte, wo
alles nm nnd nm an Dinge erinnert, die ohnediesz allzn tief in Bui V
Seele eingegraben sind. W
Gott bemhige Sie! Gott stärke Sie! Gott segne Sie! vieUekMf
ist mein irdischer Geburtstag Ihr himmlischer gewesen, der neaff
nnd zwanzigste November. Sie haben ihn nicht genannt Wie oft»
waren an dem Tage meine Gedanken bey Ihnen ! W
Könnte ich mich nur anf einige Weise um Sie verdient machest I
Denn wer verehrt, wer liebt den S&nger des Messiaa, den Christen, 1
den IVennd — den Verlobten des verklärten Engels mehr als I
Funk. I
2. Klopstock an Funk. I
Hamburg, den 12. December 1768.
Ihr Ausdruck, mein liebster Funk , dasz ich der Verlobte eines
Engels bin (vielleicht meines jetzigen Schutzengels, denn darum bat
ich Sie zuletzt), oder vielmehr dieser stisze Gedanke, hat mich sehr
erfrischt. Mein letzter Brief an Gramer ist auch fttr Sie gewcBen,
und also will ich nichts davon wiederholen. Ich habe Gramer ge-
beten, mir ihn abschreiben zu lassen. Wollten Sie wohl der Al>-
Schreiber sein, nnd mir ihn bald schicken? Danken Sie unserm
lieben Gramer für seinen Brief, und seiner Gharlotte für ihre Tbrä-
nen um meine Meta. — Wenn mein Bruder in die Stadt kömmt, so
sagen Sie ihm , dasz ich mich wohl befinde , und dasz mir meine ob-
gleich ruhigen aber grösztentheils schlaüosen Nttdite fast nichts i
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Zu Klopstoeks biiefweehseL
45
geschadet haben. Gott sey auch dafür gepriesen. Von meinem
Brader, yon Basedow und Ba vielen will ich auch Briefe haben.
Gramem schreibe ich heute nicht, aber ich bitte ihn, nicht zu ver»
gfessen, mir seine Meinung über die Absichten Gottes bej dieser
Prüfung zu sagen. Schreiben Sie mir bald wieder, mein liebster
Funk. Ich bin der Ihrige Klopstock.
3. Fnnk an Klopstock.
Kopenhagen, den 18. December 1758.
Wie gütig ist mein liebster Klopstock« da» er seinem F. das
^ebmtlthige Vergnügen macht, sich mit ihm von seinem Verloste
zu unterhalten 1 Was für einen edlen Werth giebt es seinem
Freunde in seinen eigenen Augen , dasz er durch seinen Brief einen
Stral von Heiterkeit in Klopstocks Seele gebracht hat! Sie wollen,
liebster Klopstock , ich soll bald wieder säureiben. Wie könnte ich
es nur einen Tag auÜBcbieben, ein so süszes Verlangen su erfttllenl
Was ist ein Brief gegen das, was ich für Sie thun wollte, wenn es
in meinem Vermögen stände! Ich preise Gott mit Ihnen, liebster
Freund , für die Babe, mit der er Ihre Seele begnadigt. Aber doch
werde ich Ihretwegen nicht ganz auszer Sorgen seyn , bis ich ver-
sichert bin, dasz sich Ihr Körper der Erquicknng des Schlafes wieder
fiberläszt, die er jetzt verschmäht. Wovon, mein liebster, wovon
soll ich mit Ihnen reden ? Ich kann nur von Einer Sache, wenn ich
ein Recht auf Ihre Aufmerksamkeit haben will ; und diese ist sehr
s&rtlich. Wie soll ich Ihre verwundete Seele sanft genug berühren,
um Ihnen keinen Schmerz zu vemrsachen? Ich will es versadien.
Ich will dtti Anlasz aus Ihrem eigenen Briefe nehmen. Sie erinnern
Oramer, Ihnen seine Gedanken über die Absichten Gottes bey einer
80 auszerordentlichen Prüfung mitsatheilen; und ob es mir gleich
nicht in den Sinn kommen kann zu glauben, ich könnte etwas sagen,
das Sie nicht selbst schon vollkommen wfiszten und empfilnden: so
däucht mir doch, Betrachtungen von dieser Art, müssen Ihrem
Berxen jetat so natürlich und angenehm seyn, dasz ich nichts Be-
quemeres XU wählen weisz. Hier haben Sie einige meiner Gedanken.
Sie war reif zu ihrer Geburt ins Leben der Engel. Schon Ubugst
suchte sie ihre ganae Glückseligkeit in Liebe und Erkenntnis«, den
einzigen Quellen, woraus Engel ihre Wonne schiefen. Die Gnade
ihres himmlischen Vaters, der sie so bald der ünsterbHohkeit wttrdig
achtete, ohne sie erst duidli vieler Jahre Leiden an prüfen, ist sicht-
bar gross gegen sie gewesen. Ohne Zweifel sah Er, dass sie wa
folgsames gehorsames Kind wttre; ein Kind, das sich durdi lauter
Liebe und Qflte von ihm leiten liesz. Denn wie glttoUieh war sie
nicht in den lotsten Jahren ihres Lebens, und ftst bis an die Stunde
Huer Veridlrangt Ihr einziger, bester, liebster Freund, ihr Schutz- >
SBgel auf der iSrde, wie ihn ihr von der sttrtliciisten Liebe gegen
ibn Qberfliessendes Herz noch in ihren lotsten Augenblicken nannte.
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46
Zu Klopstocks briefwechsel.
war ihr alles , was sie hier wünschte. Er empfand es , und machte
sie glücklich. Und ihr Andenken wird seine gröszte irdische Glück-
seligkeit seyn, so lange er noch hinter ihr zurückbleibt. Mitten
unter diesen heitern Tagen, ging sie in die unendlich gröszere Herr-
lichkeit ihres Vaters und ihres Erlösers ein; und ihr Abschied wird
von vielen Edlen beweint, die sie liebten, und sich jetzt mit der
Hofliiung aufrichten, sie einst wieder zu sehen. Nur in den Stunden
der Auflösung fühlte sie das Leos der Sterblichkeit. Aber (der
Gott der Barmherzigkeit sey dafür gelobt) nicht länger, als die
Sonne ihren täglichen Lauf wenige Mal vollendet. — Und diese
kurzen Leiden, in welchen sie durch ihre standhafte Geduld die
letzte Probe ihres Gehorsams gegen ihren himmlischen Vater so
willig und so erhaben ablegte, werden ihren Eintritt in das Land
der Wonne nur um so viel entzückender gemacht haben.
Nach den letzten Augenblicken
De« TodesBchlummers, folgt Entzücken,
Folgt Wonne der Unsterblichkeit 1
So wird die kurze Entfernung von ihrem Freunde seine Wieder-
vereinigung mit ihm um so viel süszer machen. — Er leidet zwar,
der Ueberlebende; aber belohnt ihn nicht daftlr der trOstende Qe-
danke, dasz er gewissermaszen an ihrer Statt leidet? Würde sie die
Kräfte gehabt haben, es sn ttberstehen, wenn das Leos ihres hinter-
lassenen Freondes das ihrige gewesen wftre? Und unter dem SdUage
eines soleben SeMeksels niedersnsinken , w8re «n ihr, welehe aU»
Vollkommenheiten eines weibliclien Heraens besasz, Tagend ge.-
wesen. Er aber ist ein Mann. Lassen Sie mioli nnnmebr, mein
Liebster, einige Betrachtungen Yon einer andern Art madien. Wenn
Sie einen Thell derselben fttr Fhantasieen einer sieb selbst allsn viel
flberlassenen Einbildungskraft halten müssen, so kann ich Ibnen
nichts antworten , als dasz ich sie mit dem Wonsebe anfiMhreibe,.
dass sie Sie einige Ifinaten lang nicht gans nnangenebm bescbSf-
tigen mögen. Sie würden sob(taer und richtiger seyn , wenn sie, in
einer freimdsobaftsyollen ünterredong mit Urnen, entsprungen und
ausgebildet worden wSren. Vielleicht bitte ich anch selbst no<^
einiges daran Terbeesem können, wenn idk nicht eben jetst so spar^
sam mit meinen Standen nrnzogehen genöthigt wSre, dass ich selbst
bej einer so angenehmen, und mir so wichtigen Beschiftignng, al»
diese ist, Beflezion darauf machen muss. Wir beyde, liebster Elop«
stock, sind darin eins, dass das gegenwärtige Leben ein GymnasinnL
ist, wo wir durch mannig<ige üebungen und Kämpfe su höheren
Bestimmungen, sa höheren Vollkommenheiten yorbereitet werden»
Oder ich trill es, meinen jetzigen Ideen gemäszer, mit den erstem
Scenen eines Schauspieles vergleichen, welche das nur veranstalten^
was sich nachher entwickeln soll Aber ich muss Ihnen, das Fol-
gende deutlich zu madien, noch erst mit ein paar Worten wenig-
stens eine halbe Idee von einigen sonderbaren Hypothesen geben,,
die ich zwar selbst für das, was sie wirklich sind, halte, die aber
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Zu Klopstocks briefwechsel. 47
doch meinen gegenwärtigen Gedanken den Ursprung und die Ge-
stalt gegeben haben. Ich bin aus verschiedenen Ursachen geneigt
zu glauben, dasz ein gewisser Unterschied zwischen den Seelen bey-
der Geschlechter auch im zukünftigen Leben statt haben, dasz als-
dann ihre Verbindung von einer weit näheren und vollkommeneren
Art seyn wird , und beyde vielleicht nicht so wohl zwey völlig von
einander getrennte und einander ganz entbehrliche Wesen, als viel-
mehr Ein vollkommenes Ganze ausmachen werden. Man müszte
freylich noch annehmen, dasz die wenigsten Verbindungen unge-
ändert, so wie sie hier getroffen worden sind, fortdauern würden.
Denn wie selten finden sich Seelen, die doch fttr einander geschaffen
Jetzo trennet die Nacht fernerer Himmel sie,
Jetzo lange Jahrliuuderte.
Aus eben diesen Begriffen würde man diejenigen Verbindungen für
die glücklichsten halten müssen, wo beyde Theile, jeder in seiner
eigenthümlichen Sphäre, eine gleich grosze Anlage zor Vollkommen-
heit besitzen, und welche den Grund zu ihrer ewigen Freundschaft
schon in diesem Leben gelegt haben. Was für einen mächtigen
£inflnsz bejdes auf ihre Glückseligkeit haben müsse, Überlasse ich
Ihnen selbst zu denken. Sie können es am besten. Aus diesem
Gesichtspuncte müssen Sie, bester Freund, einer der glückseligsten
Männer werden. Denn war sie nicht, wie Gramer vortrefflich ge-
sagt hat, in weiblicher Schönheit Klopstook? Und davon bin ich
gewies, dasz Ihre Verbindung eine von den wenigen ist, deren
Bauer ewig sein wird. Darum sollten Sie einander noch auf der
Erde finden, und sich so lange besitzen, als nötbig war, den festesten
Grund zu einer ewigen , zu der zärtlichsten und innigsten Freund*
Schaft zu legen. Wie schön haben Sie diesen Zweck erfüllt 1 Allein
damit andere Absichten gleichfalls erhalten werden möchten, muszte
sie eher, als ihr Freund, in die Welt der Geister versetzt werden»
So sollte noch eine Seele seyn , welche von Ihnen entsprossen wttre
und auf welche sich Ihrer beyder Liebe zur Vermehrung Ihrer
Giflokseligkeit vereinigte. Damit auch diese ihre eigenthümlichen
Vollkommenheiten haben möchte, wurde sie hier auf der Erde nur
ans der ersten Hülle ihrer £zistenz entwickelt, und sobald der zarte
Keim genug gebildet war, ans dem mütterlichen Sohoosze hervorzu-
brechen, in ein schöneres Klima verpflanzt, nnd von seiner mit ihm
Terklttrten Mutter nnd den Engeln erzogen. Ohne eine Fertigkeit
zu irren und zu sündigen, kommt dieser junge Engel, welcher viel-
leicht ein Ebenbild der vereinigten Eigenschaften Derjenigen ist,
von denen er entsprang, in den Umgang und Unterricht der VoU-
lEommenen, ist von der sterblichen Hülle frej, und lernt die Gottheit
mit hohem Fertigkeiten, nnd die Welt mit gereinigtem und feinem
Organen kennen. Die z8rtliche Mnttor whrd vielleicht einst Ihren
Armen mit diesem Lieblinge entgegenkommen, das hoffe ich gewisz
BMhher von Ihnen zn erfehren, wofem ioh nicht vielleicht selbst
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48 Zu Klopstocks briefwechfieL
ein Zuschauer dieser himmlischen Scene seyn werde. Alle diese
Phantasieen sind, wie mir deucht, wenigstens der Analogie gemäsz.
Jede Glückseligkeit, welche Geschöpfen aus einander zuflieszt, ent-
springt aus ihrer mannigfaltigen Verschiedenheit in einigen, und
einer groszen Aehnlichkeit oder Sympathie in andern Stücken.
"Wenn uns dergleichen Erdichtungen angenehm sind, ohne uns wahr
zu scheinen, so lassen Sie uns einen andern Schwung mit unsem
Gedanken nehmen. Sind Glückseligkeiten von blosz menschlicher
Schöpfung so schön: wie herrlich werden die nicht seyn, welche
Der, dessen Gedanken und Wege unendlich höher sind, als die
unsrigen. Denen bereitet hat, die ihn lieben; Seligkeiten, die Baeb
seiner eignen Yerheiszung noch in kein menschlich Herz gekommtB
bind! Ich will es nicht wagen, liebster Freond, von den Absichten
zu reden, welche eigentlich auf Sie ganz allein gehen, ob sie gleich
vielleicbt die wichtigsten unter allen sind; hkrOber werden Sie weit
erhabener denken; das werden Sie weit stSrker empfinden, und
Gottes Odst wird Sie es lehren. Allein ich will es Tersaehenr den
Neben-Endsweoken einige Minntea nachznhfagen , welehe es dordi
Sie anf Andre haben kann. Da ich beynahe ttberzengt bin, dasz die
ganze Geisterwelt durch gewisse Grundgesetze mit einander Te^
knüpft ist, welche ebenso allgemein sind, als die Annehnng in der
körperlichen; so musz ich der Meinung seyn , dass w^t kleinere Be-
gebenheiten, dasz beinahe jedes Wort, ja vielleicht jeder Gedankt
seine Folgen auf die ganze Geisterwelt, und nicht nur auf einige
Zeit, son<tom in gewissem Verstände auf die Ewigkeit hat. Freylieh
kann jetzt nur die Bede Ton Dem seyn, was sichtbar ist.
Da ich Ihren Messias weniger als ein Meisterwerk des mensch-
lichen Genies, denn als ein Werk zur Verherrlichung der Beligion
und. zur Ausbreitung der Gottseligkeit und Tugend in mehr als
Einem Menschenalter und unter mehr als Einer Nation ansehe; da
ich ttberzeugt bin, was ittr eine grosse That Der Tollbringt, weldier
nur Einen göttlichen Gedanken in einer menschlichen Seele rege
und wirksam macht (ich weisz, was oftmels eine einzige Stelle in
einem schönen Buche, oder in einer frommen ünterredung viele
Tage und Monate lang auf mich gewirkt hat, und ioh werde es
Allen in Ewigkeit danken, denen ich nur die kleinste Wohlthat von
dieser Art schuldig bin): so halte ich es nicht fftr eine unerhebliche
Kebenabsicht dieses Ihres Schicksals, wenn es Ihnen nur einige
neue Ideen zeugt, nur einige grosse und starke Empfindxmgen, die
Ihnen zuvor fremd waren, in Ihnen rege macht; wenn es Sie nur
wenige Male in die glückliche Begeisterung setzt, feurig zu denken
und zu fühlen; nur Einmal Ihren Gedanken einen Schwung giebt,
der, weil er aus einer Seele kommt , welche in einen auszerordent-
lichen Zustand gesetzt worden ist, auch desto fähiger seyn musz, in
die Herzen Derjenigen einzudringen, welehe sich in einer ähnlichen
Verfassung befinden , ja wenn es auch nur noch entferntere Folgen,
als diese, auf die VoÜkommenheit und den ausgebreiteten Nutzen
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Zu Klopstocks briefweohML
Ihrer Werke hat. Und diese musz es haben. Zu diesen Neben-
absichten zähle ich auch alle die Wirkungen, welche die Naclnicht
Ton dem Heimgange Ihrer nun unsterblichen Geliebten auf alle
Freunde dieses Engels machen wird. Und wie viel edle Freunde
hatte sie ! Die Besten müssen zuweilen erinnert werden , dasz sie
gefallen sind; dasz der Tod eine Strafe ist; so wie sie bisweilen
einen Anlasz haben mflssen , die unendliche Scbätzbarkeit der Er-
lösung Jesu Christi zn empfinden, welcher dieser Strafe ihr Bitter-
stes nimmt, nnd sie selbst zn einem Segen macht, der Gedanke des
Todes, wie man ihn bey einer solchen Veranlassung denkt, ist er-
staanUeh frnditbar« Die Besten haben ihre saumseligen Standen;
imd doch steht der Lauf der Zeiten nicht stille. Dieses Leben, die
Zeit der Aussaat, die mit dem Augenblicke des Todes zu Ende geht,
wird uns durch solche Erwecknngen weit wichtiger; man ftthlt weit
krSitiger die Ermahnungen: Lasset uns Gutes ihun und ni<dit mflde
werden! Denn zu seiner Zeit werden wir ernten ohne AufhOren.
Das Leben scheint uns kürzer, und der Tod ntther, mit Einem
Worte, alle nfltzliche Erkenntnisz, welche oft nur Theorie in uns
ist, wild zu der Zeit Praxis. Sie, Uebster Freund, haben das Ver-
dienst, dasz alle solche Absichten, wenn ich so reden darf, gewisser-
maszen auf Ihre Unkosten erfüllt worden sind. Ich nenne es ein
Verdienst; denn ich weiss, dasz Sie auch die herrlichsten Früchte
davon haben werden. Ich wiederhole es noch einmal, dasz ich es
nicht wage, die Hauptabsichten, welche eigenthttmlich und einzig
und allein auf Sie abzielen, zu berOhren. Denn das kOnnnen ^
selbst am besten denken , fohlen und sagen. Und doch werden Sie
hier auch nur ein kleines Wort davon yemehmen. Erst dort wird
Urnen das volle Licht entgegenstrahlen. Ich weisz, dasz Sie indessen
die Fflgnngen Gottes anbeten.
I Da wijrst ihm dauken mit Deinem Liede.
I Lassen Sie mich einer einzigen erwähnen, welche viel Sttszig-
keit für mich hat Wird Ihnen nidit Ihr Tod einst leichter werden? *
Was ist noch auf der Erde, das Ihr Herz so sehr besitzt! Kommt
Bmen Clanssa in einem Augenblicke grösser vor, als da sie sich
über die schrecklichste Naduicht, die sie bekommen konnte, mit
dem Gedanken erhebt: Qott, der AllmSchtige, wolle mich von kei-
nem als von ihm selbst abhangen lassen! Wir sind zu hohen End-
zwecken berufen. Menschliche Freundschaften sind von geringem
; Werthe, wenn sie nicht dienen, ein Verlangen nach der ünsterbHch-
keit in uns zu entzttnden; und ohne Zweifel sind sie uns auch dazu
gegeben. Denn wann sehnet sich die Seele feuriger darnach, als an
I dem Bosen eines Freundes , den man ewig zu besitzen wünscht !
^Wiaz, mein Geliebter, keine Stunden meines Lebens sind seliger
^^vflossen, als die, welche ich ehedem mit zwey Freunden , deren
; emer nun schon ein Engel ist, mit solchen Empfindungen hin-
I gebfacht habe. Meine ganze Seele wird heiter und entflammt,
H. jtbrb. f. phil. n. päd. U. abl. 187S. hft. 1. 4
I
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50
Bericht über die verhaadlimgeii der 32u Terdammlung
wenn ich das Andenken dieser Stunden zorficknife. Aber ich bin
ihrer nun beraubt gewesen» seitdem ich ans Sachsen bin. Die
Freundschaft musz bis zu einem gewissen Grade einer YÖlligen
Offenherrigkeit und inniger Vertraiüichkeit gereift sein, ehe sie in
solche Blttthen ausbricht, ehe sie diese ilm schönsten Frttchte
durch ihre eigne natürliche Hitze Yon selbst hervortreibt hk
solchen Augenblicken vergiszt man sich und seinen Freund, man
sieht nur höhere Dinge, man fliegt Hand in Hand und in einer Um-
armung dem Himmel zu, und sieht mit unverwandten Augen die
Sonne; man ist niemals durch die Freundschaft glficklidier, ob man
sie gleich zu der Zeit nicht zu f&hlen scheint. Ich machte mir die
Hoffiiung, bald solche Scenen wieder zu genieszen, als Sie Tor
anderthfdb Jahren von uns reisten, und ich, ohne mein Wissen, den
letzten Absdiied von dem Engel nahm, der jetzt schauet und ge-
nieszet, was wir noch hoffen. Gott, der ins Unendliche siebet, hat
auch dieses geordnet. Wollen Sie nicht, mein Geliebtester, wollen
Sie nicht bäd zu uns kommen? Seyn Sie mein Ftthrer auf der
Heise, die wir beyde noch vor uns haben. — Gott, der Allmächtige,
segne den Freund meiner Seele, segne ihn ewig, ewigl p^^^.
Die litteraturhistoriker haben Funk den verdienten platz in
der litteratur angewiesen. Eoberstein berührt seine teilnähme an
den oben genannten Zeitschriften und würdigt seine Yordienste als
kirchenliederdichter, in letzterer beziehung rühmt ihn auch Ger^
vinus , der ihn jedoch als G. F. Funk (statt G. B. Funk) nennt.
H. Kurz hebt Funks praktische Wirksamkeit hervor und führt eine
pSdagogische Schrift 'kleine beschäftigungen für Idnder' (Schles-
wig 1772) an.
Vbrdbn. H. Holstbim.
9.
BEEICHT ÜBER DIE VEEHANDLUNGEN DER ZWEIUND-
DBEISZIGSTEN VEBSAMMLÜNG D£UTSGH£B PHILO-
LÖGEN UND SOHÜLMlNNEB IN WIESBADEN,
Yom 26 bis SS September 1877.
(fortsetzung von Jahrgang 1876 s. 594—607.)
Vierte allgemeine Sitzung, Sonnabend den 29 sept. 1877.
Die heutige Sitzung, in der hr. prof. dr. Usener den Vorsitz führte,
war sowol auf eine frühere stunde (8 uhr 25 min.) anberaumt, als auch
nur ein vortrug für äie angesetzt, um für die auf den nachmittag in
aussieht genommene fahrt auf den Niederwald Mit zu gewisnen. nach-
dem die sitsnng eröffnet war, hält hr. prof. dr. Brieger einen Vortrag
über das wahre und falsche ideal der fibersetsnng antiker dichter, des-
sen gedankengang folgender war.
Seit einem vollen Jahrhundert haben wir Deutsche uns gerühmt,
dau wir allein unter allea nationen im stand« seien antike dichter in
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deatacher pbilologen und gduüinftiuier in WkMbaden.
einer nAohbildniig ihrer metrA und jener anschmiegenden treue za über«
setzen, welche in einer gereimten wiedergäbe nicht möglich ist. von
zeit zu zeit haben »ich allerdings männer gefunden, welche an einer
oachgestaltuug} wie wir kurs sagen können, verzweifelten und eine
gereimte nmgesteltang Tereuebten oder empfahlen, niemand mit
gröscerer Wirkung als vor zehn jähren Bad. Westphal, welcher be-
hauptete, wir könnten nicht nur diejenigen metra nicht nachbilden, in
welchen betonte längen in doppelkürzen aufgelöst und das princip der
syucope zur auwendung gebracht werde, sondern auch tiir die andern
bitten wir modernen, so wie wir sie in unsere spracbe ttbertrügen,
keinen sinn, dies urteil Westpbals, das 100 jabre zu spät kam, fand
beifall, und obfrleich er selbst wenig Verständnis für gereimte lyrik
zeigte, fand seine gereimte Catullübersetzung liebhaber. freie nach-
bUdungen antiker poesie sind nicht an und für sich zu verwerfen, sie
änd nnr keine Qbersetzungen and sollen diese nicbt Terdrftngen. die
sebsU daron, dass man uns snr anfgebanff einer kunst TerleTten will,
die 80 fruchtbar auf unsere geistescuftur eingewirkt und so tiefe spuren
in unserer nationalen poesie hinterlassen hat, liegt vor allem an den
Übersetzern selbst, die frühzeitig verkehrte wege einschlugen, gelockt
von dem Irrlicht eines ideals, das einen Widerspruch in sich trägt und
ans einem inrtnm entstanden ist. die erste ttbersetsnng der Odyssee
von J. H. VosSt obgleich enger dem originale sich anscnlieszend , als
man früher gewagt, wirkte doch durch ihre natürliche, kräftige, lebens-
volle und von schöner Vrärme diirchstrünite sjirache gewaltig auf unser
Volk, sie war eine erobererthat. die zweite, 12 jähre jüngere ausgäbe
betritt scbon, indem sie grössere worttrene und grössere, dem nrbild
sich anschmiegende metrische kunst anstrebt, die falsche babn.
(redner weist dies an einigen stellen des prooemiutns nncli.) daher denn
auch die aufnähme kühler war: Wieland protestierte, auch Fr. v. Schle-
gel, und Schiller spricht sich beinahe bitter über diese 'Zerrüttungen
snserer spraebe' aus, urteile, die ▼ollkommen begründet sind, aber
Voss nicht aufhielten, auf der betretenen bahn weiter sn wandeln und
Damentlich in den Übersetzungen römischer dichter wahre /.crrhilder zu
bieten, (beispiel aus der Übersetzung von Ovids nietamorpüoseu.) wo-
her kommt dies? der alte dichter geht, wie ihm die beine gewachsen
lind, mit gewaltigem gange, wie Achills scbatten auf der Aspbodelos-
iriese; der fibersetser, der kttrsere beine bat, will seine füsze genau in
die spuren jenes setzen und musz n6u übermäszig ausschreiten oder
gnr «pringen, was unscliön, lächerlich oder gar widerwärtig wird. F. A,
Wolf erhob dies nachtreteu zum princip (beispiel aus seinen 100 muster-
▼Wien), so war das falscbe ideal fertig, die wiedergäbe der rbythmen,
gliedenmgen , eonstmetionen , Wortstellungen des fremdsprachigen Ur-
bildes in unserer spraehe, was meist nnr durch {grausame mishandlung
dieser abgezwungen werden konnte, die nächtiger und nachahmer
Uetten denn auch 'die grazien, vua nymphen umfaszt, im wechseltritt
mit anmuth den fuszboden schlagen', und machten das übersetzerdeutscb
Q einem gegenständ des grauens ffir alle mensehen von unyerbildetem
gsichmack.
Der rückschlag blieb nicht aus; dem grösten aller älteren über-
Wizer, Herder, folgt Fr. Jacobs, Knebel, W. v. Humboldt, später Döder-
'•lo, in der praxis weniger frei als in der theorie, Th. Heyse, O. Gruppe,
Broysen, Donner und xuletzt W. Jordan und E. Geibel.
Das ideal der flbersetzungskunst verlangt vor allem genaues
sprachliches und sachliches Verständnis des Originals; sodann
musz der Übersetzer wissen, was er will; er will und kann nicht das
origiual ?on allen selten kennen lehren, sondern nur ersetzen für
^» denen es niobt zugänglicb ist; ersats ffir ein poetiscbes werk gibt
>tir ein poetisches werk, ist poesie die duxob den adel der form über
gemeine emporgehobene, gottgegebene spracbe einer lebhaft be-
4»
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52 Bericht über die verhaudlungen der 32n yersammlung
•
wegteil und doch gehaltenen teele und einer kräftig und farbenreich
nnschanenden phantasie, so ir.iisz die Übersetzung in reiner und edler,
sich in freier liebe anschmiegender spräche das ganze leben des Origi-
nals Husdrückeu, eiuti turderuug, die voll und ganz selten oder nie ver-
wirklieht wird, da man am spröden mannor Immer noch des schweren
ineiselschlages streifen sehen wird; doch kann das ganze dnrdb seine
Sprache wirken, die also vor allem frei, anmntig, schön sein musz, am
uns nicht aus allen himmeln zu reiszen. also kein sklavisches wieder-
geben aller sprachlichen einzelbeiten, das geradezu unverständlich, sprach-
widrig, versenrt, albern oder hSssUeh werden kann, eine besondere
Schwierigkeit entsteht bei dichtem yon altertümlichem colorit, wie bei
Lucrez; eine zweite bereitet die egestas der lateinischen spräche, die
z. b. kein wort für pflanze hat; in philosophischen dingen darf unsere
spräche ferner ein wenig abstracter verfahren, soweit nemlich unser
allgemeines bewnstsein yon Philosophie dorehzogen ist. (redner yerliest
als beispiel eine Übersetzung von Lucr. I 599.) oft musz der Übersetzer,
was der antike dichter durch den zauberschlag seines wertes hervorrief,
durch einen zusatz zu erreichen suchen; beispiele die worte veuuc,
templum, welche den alten das bild des prangenden sänlenhauses mit
seinem giebel und statnen wachriefen, bei denen wir der phantasie irgend-
wie zu hilfe kommen müssen; ebenso die götternamen, die bei nns oft
nur 'das lied zieren*, bei den alten lebensvolle gestalten waren.
Indessen ist es nicht genug, dass der eiudruck im allgemeinen ein
poetischer sei, es bedarf eines ausgeprägten Charakters, wie ihn n. a.
Vossens erste Odyssee und jetst in noch yiel höherem grade dieJordansche
nnd Knebels Lucrez haben.
Aber auch dies genügt nicht, alle poesie enthält etwas undeHnir-
bares; so wird sich eine wahrhaft poetische Übersetzung nur bis zu
einer gewissen grenze yerstandesmSssig begründen lassen, aber gerade
in dem, was darüber hinaus liegt, was i^r dem gefühle faszbar ist,
beruht ihre macht über das gemüth. Donners Aeschyhis und anc h sein
Sophocles besitzen diesen poetischen duft, bei Geibel ist er meistens.
£ine andere Schwierigkeit bieten die sermonisuhen und zum teil die
komistdien dichtungen wegen der yerschiedenheit der seitansebanungen
nnd der messe der Vorbedingungen snm yerständnis; hier kann bei zu
starker modernisirung ein sonderbares Zwischending entstehen, da doch
das altertum nicht ganz herauszubringen ist. hier hat Droysen in
seinem Aristophanes den richtigen weg gefunden; Döderlein war (im
Horas) nicht kühn genug, Hers kommt dem Ideal nahe, hSlt sich nur
SU sehr an der forderung der Vossianer, die verszahl des Originals nicht
zu überschreiten, welche bei aller nichtstrophisclien poesie keinen sinn
hat; es gibt allerdings überall fälle, wo notwendig gedanke und vers
sich decken müssen (sentenzen u. ä.), aber dasz in der epischen erzäh-
lung, im dialog ein bestimmter gedanke eine bestimmte yerszahl bildet,
hängt doch nur von der nator des sprach liehen mnterials ab, das
beim Übersetzer ein anderes ist, als im original, beispiel an den ersten
verseu der metamorphosen nnd Hör. ep. I 14; an letzterer stelle wirft
Döderlein süvarum einlach über bord, um ansmkommeo, yerdirbi aber
damit den sinn; es bedurfte vielmehr snr yoUen wiedergäbe des sinnes
und der pointe eines snsatses, so dass man anderthalb yerse erhält,
etwa folgendes
Vogt meiner sämtlichen wälder und jenes äekerchens, welches
mich mir selber yersöhnt.
Bei der strophischen und elegischen poesie steht die sache
meist anders, hier scheitern oft sonst tüchtige Übersetzer, eine schöne
Übersetzung ist nur möglich, wenn man hier sich nicht zu strenge ge-
setze auferlegt, die wie Altsfesseln jede freie bewegung hemmen, es
gilt das richtige grnndprinqip der neuhochdeutschen metrik in
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dentoeher pliilologeii und «ebabnliiiier in WiMbaden.
&3
seiner anwendnng' auf antike veramaiie SO erkeniiMi.* in die-
ser beziehung^ gelten folgende Ȋtze:
Der deatöche woriton ist seiner natur nach dem ictus des antiken
yeraes wesentlich gleich, «ntser wo der letstere «nf doppelkflnen f ftUt ;
wo mehrere tonsilben sueammen kommen, verliert der «ehwlehere den
ictuscharakter. daraus folgt, dasz die tonsilben, resp. die silben mit
dem stärkeren tun die hebungen, die schwächeren and tonlosen silben
die Senkungen, beide zusammen aber in ihrem gesetzmässigen Wechsel
den rhythmas des deutschen verses bilden, der gereimte vcre knan
eben doreh den reim f8r gewisse mSngel des rhytbmns entschaldignng
finden, der reimlose musz sich streng an den rhythmns binden, ton-
verschiebungen sind unstattiiaft; genügend starke basen reichen
aus, um den vers als solchen aufrecht zu halten, daher ist z. b. ein
yers vrie
Klopstock hat viele trochä*n statt spondeen in seinem Mestins
immer noch ein deutscher hexameter, nicht aber Platens
Borns nrspning, an£iehirnag nnd Torfnll und Terfeinerte staatskonst^
'Ein iweites, dem ersten nicht gleichstehendes gesets ist, dnss ein
stärkerer nebenton im dactylus und anderen vcrsen vermieden werden
musz; seine Übertretung bringt den ver» der prosa um einen schritt
näher; daher iat im hexameter der satire ein so gebauter vers nicht
fehlerhaft, überall aber dürfen Senkungen, weiehe swei kfirten ent-
sprechen, durch gewisse zweisilbige Wörter gebildet worden, d. h. die
zweisilbigen proklitiken und enklitiken (einige pronomina adverbia und
fast alle Präpositionen), natürlich nur da, wo sie wirklich prokUtisch
sind, die aber als spondeen zu gebrauchen unerträglich ist.
Bin drittes geseti fordert eine strenge gliederung durch ein-
schnitte nnd swar fttrs ohr, nicht fürs ange, wie es bei Platea sieh
oft findet.
Die eigentüml ichkeit des Originals im deutscheu wiederzugeben
macht dem Übersetzer oft unüberwindliche Schwierigkeit, doch findet
sich das TOn selbst, wenn er nnr den stil des dichters, so weit es mög-
lich ist, wiedergibt: pathos führt vielfaeh anf snsammengesetsta würter,
die naivität Homers zu einem übergewicht dreisilbiger füsze und zahl-
reicher weiblicher caesnren. metrische eigentümlichkeiten an einzel-
nen, besonders charakteristischen stellen sollen, wenn es ohne grosze
Opfer möglich ist, wenn sie wirklich charakteristisch und dabei wirk-
sam sind, nachgebildet werden; i. b. Verg. Aen. I 108 if. :
Also klagt er — da fährt mit gezisch ihm ein stosz des orkanes
jach ins segel Ton Torn nnd empört sn den stemen die wogen,
fort kracht mder nnd riem, dann legt sich der schnabel, dem flntprall
gibt die flanken er preis, und ein Hutschwall kommt, einem berg gleich,
steil aiifhiiumend heran, hier schweben die einen — der Schiffer
hoch auf dem kämme der Üut, dort zeigt das gewog, auseinander
klaffend, swisehen den wassern den gmnd; wild brandet*s im sande.
Weniger nachzumalen sind jene einzig seböneo verse (Od. v 79 ff.)
mit welchen Tielleicht einst der alte gesang von den Irifahrton des
Odjsseos endete:
Friedlicher Schlummer badeckte dem herlichen beiden die aogSBi
nnerweeklich nnd süss, gans Ihnlich dem ewigen schlafe.
* wegen der kürze der ihm zugemessenen zeit konnte hr. Brieger
die folgraden sitsa in der üflFantlicben sitsnng nicht yollstündig dar*
legen, dnreh die firenndlichkeit des hm. Präsidenten ist leferent im
Stande, aus dem mannscript des redners das dort übergangene hier ein-
stuchalten.
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54 Bericht über die verhiuidlaiigeii der 82n TerBammfang
und wie aaf ebnem gefild vier heng.<ite am rollenden wagen
alle zugleich anspringen, von sausender geisael getrieben,
binlen eieh hoeh aofwerfend, und so dnrehttflrmett die UnfbabD,
also hob sich das hioteiTerdeck, und es folgte dem atener
abendlich glühend die wop^e des laut aufrauschenden meeres.
so flog schneidig der kiel durch nnabsehliche wellen,
welcher den herliohen mann heimführte, den kiihuen, den klagen;
er, der bither so Hei herskrlnkende leiden erduldet ,
streitend mit mäunem im kämpf und ringend mit sehreokliehenwofM«
schlief nun ruhig nod sanft, nnsftgliche leiden Tergeseend.
Endlieh erhebt sich die frage, ob wir, um den tdiwlerigkeiten tind
dem zwang einer Übersetzung im origiriHlinctrum auszuweichen, den
hexameter durch einen deutschen vers ersetzen dürfen, von dem fünf-
füszigen jambus und gereimten versen kann keine rede sein, wol aber
ist der vierhebungsvers, natfirUeh ohne alliteration (man kann flu
den Jordanschen nennent doeh liegt sein Ursprung nicht in dem episciea
verse der alten Oermanen, sondern eher in Goethes freien rhythocn)
ganz geeignet; dem hexameter steht er allerdings darin nach, dasi et
nicht so lang dahin rollt, übertrifft ihn aber an poetischer rerwandlongs-
«Ihigkeit
Zum beweise dieser letzten eigenschalt gibt der Tortragende eiBifi
proben aus einer noch nicht vollendeten übersetanng des gedichtes von
Lucrez 'über das wesen der dinge% die wir iddit Torenthalten aadörfea
glauben.
Lucr. I 62 ff.:
SohmachTolI rings in allen landen
lag im staub das menschenleben,
niedergedrückt von der religion,
die aus wettergewölk ihr furchtbar haupt
heraböcbaun liesz und ohne rast
mit des anblicks graon die sterblichen schreckte.
da faszte zuerst ein Grieche sich muth,
hob trotzig empor den sterblichen blick
zu dem Schreckensgespenst und trat ihm zuerst
aug^ in aug' entgegen zum kämpf.
kein Tolksgerede Ton rXebenden göttera,
kein zuckender blitz, kein grollend dröhnen
des Wetterhimmels brach sein wollen:
nur strenger rafft* er die volle kraft
seines geistes zusammen, voll verlangen
aufkusprengen, als erster der menschen,
des thors der natur festschlieszende riegel.
so brach seines geistes lebendige kraft
sich im siege die bahn und er drang mit gewalt
in der weiten haus, und mit forschendem sinn
das nnendliche all der entdecker durchmasz.
siegreich kehrt er und bringt uns künde
von jeglichen Werdens beding nnd gesetz,
und er lehrt, wie das masz der wirkenden kr&fte
für ein jedes bestimmt, und jeder gewalt
im tiefsten gegründet ein markstein steht.
00 liegt denn Jetst, die uns niedergetreten,
die religion selbst unter den ffisieai
wir ragen im siege mm himmel empor,
I 220 ff.: wehenden windes
rasche gewalt wühlt auf das meer,
dreiruderern kehrt er nach oben den kiel
und er hetzt das gewölk durch den himmel dahin
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deutsoher philologen und sohulinftaiier in Wiesbaden. 55
und es inet oft die windsbraat durch die feldflar mit gesaus' bio
und bedeekt es mit gewalt*gen entworaelten btnmen,
and mit wälderzerbreehendem, wütendem wehen
peitsdit aie die obersten höhn der gebirge.
I 1002 ff.t
So weit tbnt sie sieb auf, die weite,
so bodenlos des raumes abgrnnd,
dasz sie die blendenden blitze nimmer
durchmessen können mit ihrem fing,
wenn sie sneh ewigkeiten hindnron
in flammenspuren zögen,
ja sie vermöchten durch läng^sten lanf
auch nicht zu kürzen jene strecke,
welche noch zu durchlaufen bliebe,
so endlos rings, so grensenlos
öffnet sich von allen selten,
öffnet sich nach allen Seiten
jedem fluge freie bahn.
U 68 ff.:
Alles seh'n seine roasse wir ändern,
erkennen wol, wie in dem Inngen leitlenf
alles flieszt, und dieser fluse
die Torzeit fort trägt aus unserm sehkrets,
während die summe unversehrt bleibt —
deshalb, weil die ursprungskörper,
welche einem körper entschweben,
diesen ▼ermindern, dem dagegen,
zn welchem sie kommen, wai^stam verleih*n;
jenen lassen sie greisenhaft siegen,
diesen in fröhlicher Jugend erblüh'n.
aber auch hier — bleiben sie nicht.
so ernent sich die snmme der dinge
immerdar, es leben auf borg
unter einander die sterblichen alle,
zn nehmen die einen geschlechter,
andere schwinden allmählich dahin;
die generatlonen beseelter wesen
wechseln in kürze und reichen im lanfe
einer dem andern des lebens fackel.
Der Vorsitzende dankte dem redner für seinen mit groszem beifall
aufgenommenen Vortrag und forderte sodann die Vorsteher der einzelnen
sectionen auf, über die in diesen gepflogenen Verhandlungen bericht zu
erstatten, wir ▼erweisen fBr dieselben anf die besonderen refemtOy
welche diese Zeitschrift bringen wird.
Hierauf ergriff der versitzende zweite prftsident, hr. prof. dr. Usener,
das wort und sprach etwa folgendes:
Wir stehen am Schlüsse, und im namen des Präsidiums habe ich
Ar Ihre sahireiche und glftnsende anwesenheit an danken ; insbesondere
nmss ich diesen dank allen leitem der seetionen aussprechen; aaeh
kann ich den ausdruck meiner personlichen freude nicht unterdrücken,
dasz ein weitberühmter mann der einladung folge geleistet, hier über
die in Olympia gemachten entdeckungen einen durch abgüsse und Photo-
graphien erläuterten Vortrag zu halten, die bewegnug der heutigen
^ssosehaft hat sieh in unseren Tortrigen abgespiegelt, keine seit
Itat mehr die Wahrheit des satzes belegt, dass auch das kleinste die
Weitreichendsten ergebnisse zu liefern yermag; es bedarf nur der kunst
des verstehens, des nachdenkens über alles, wa je gewesen, einer der
redner hat theoretisch über das wesen der interpretation gesprochen;
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56
Bericht über die verh^mdlungen der 32ii Tersammlung
der philologö dürfte Tlelleicht der Überzeugung sein, dass es nnr im
interpretatioD, die (^«mmatiscbe, sprachliche, gebe, mit rObrnng btt
mich immer der wünsch des groszeo Scaliger erfüllt: 'atinam eisern
bonns granimaticus!' das ist das A und Q aller philolopfischen und
historischen Interpretation, ich habe dabei nicht die holländische be-
handlung im sinne, welche zwei mühlsteinen gleicht, die sich gegea*
seitig abreiben, das siel der pbilologte ist die volle wiedererkemäsii
des alterturos; dies gilt von der philologie aller zungen. unsere deatsche
Philologie ist ])erafeny überall wahrhafte geistesarbeiten henrorsnbringwi
und zu bcliaffen.
Die 32e versaromlang dentscher philologen und schulmünner erkläre
ieh hiermit für gesehlossen; es lebe die 83 versammlnng in Gera!
Herr prof. dr. Caesar von Harburg, einer der senioren der
Versammlung, sprach hierauf se. maj. dem kaiser und könig für den
schütz, den derselbe als wahrer friedensfnrst allen wissenschaftlichen
bestrebungen angedeihen läszt, sowie für die munihcenz, die er aaeh
dieser 8Se versammlnng erwieseA, femer den behördeo des Staats,
Stadt Wiesbaden, den vereinen, die in so liberaler weise den zwecken
3er Versammlung flrdorlich waren, sodann allen hiesigen einwohneni
und einwohnerinnen , die zum wahren und guten das schone gefügt,
endlich den beiden Präsidenten der Versammlung und allen, die den-
selben unterstützend behilflieh snr seite gestanden, den dank der ve^
Sammlung aus — dem hr. prof. Eckstein ein dreimaliges hoeh auf
die gastliche Stadt Wiesbaden zufügte, in welches alle anwesenden eis*
stimmten.
Hiermit waren die wissensehaftlichen Verhandlungen der diesjUhrigea
Versammlung beendet; es stand noch der gemeins^aftUehe ausflug uach
dem Niederwalde auf dem programm. um llVt °hr führte ein eztrazsg
der Rheinbahn die zahlreichen (etwa 1000) teilnehmer, herren und damen,
nach dem bahnhofc von Mosbach, von wo man unter begleitung mehrerer
musikcorps durch die lange hauptstrasze von Biebrich-Mosbach nach
dem Rheine hinabzog und drei bereit stehende dampf er bestieg, es wsr
ein herrlieber herbsttag; die natur selbst schien feierkleider angelegt
SU haben, um sich im schönsten schmucke zu zeigen : keine wölke ver-
düsterte den himmel, kein lüftchen regte sich, man konnte sich im
heitren Sonnenschein von den rasch dahineilenden dampfern aus an dena
herrlichen anblicke der gesegneten Auren des Rheingaus und der sie im
hinterpmnde einschliessenden berge des Taunus ungestört und im kreise
der noch für kurze zeit vereinten freunde ergötzen, schon in Rüdesbeim
verlieszen manche die festgesellschaft, um die heimreise anzutreten, die
mehrzahl landete erst und zwar wohlltohalten in Assmannshausen; denn
das zusammenstoszen von zwei schififen bei dem anfahren veranlasste
snm glücke keinen weitren Unfall, als geringe beschüdigung derselben,
sofort begann die wandrung auf den berg; denn die leibliche Stärkung
sollte auf dem ersten ruheplatze, dem Jagdschlösse, eingenommen werden,
von da aus besuchten die festfjenossen , in einzelne gruppen aufgelöst,
in traulichem gespräche die andern punkte des Niederwaldes; was aolU^
wir sie einseln aufs&hlen , die jeder kennt oder wenigstens hat nennen
hören? doch nein, den einen dürfen wir nicht übergehen, der demnächst
mit dem nationaldenk mal geschmückt sein wird, der geweiht war durch
das vor kurzem daselbst gefeierte fest der grundsteinlegung, das durch die
teilnähme von se. maj. dem kaiser seinen besondren glänz erhalten
hatte, kein wunder, dass man hier halt machte und die erregtere
Stimmung in begeisterten reden sich äuszerte, zumal das für die sos-
führung des denkmals thätige comit^ durch ein mitglied, hm. gnts-
besitzer Dilthey von Rüdesheim, den ankommenden Wanderern eine
warme und patriotische begrüszung an dieser stelle entgegenbrachte'
hr. Dilthey sprach seine freude darüber ans, dass die deutschen philo- .
logen und schulmiUiner diese stelle sum sielpunkte ihrer festfährt ge-
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' deatidier pbflologen und sehvlmftimer in Wiesbaden. 57
nomtnen 1i)ltten; nnter dem atisdrack des dankes und der anerkennunfif
hob er hervor, dasz die deutsche schule eiuen sehr bedeutenden auteil
an den erfolgen sich zuschreiben dürfe, denen com bleibenden gedäcbtnis
sieh dort dM denkfliAl erheben solle; er schloss mit einem hooh «if den
ffheteD, der Tor kimem dasa den prnndetein felegrt habe, ae. maj. den
kaiser und könig. die versammelten stimmten in dieses hoch krUftig ein.
Herr dir. Paebler (Wiesbaden) antwortete hierauf etwa mit fol*
genden werten:
Dem geehrten Vorredner sage ich fUr die freundliche begrüMnng,
mit der er uns eoeben ttberrasekt, und die anerkennende art und weise,
in weleher er die Wirksamkeit der dentsefaen schale gerühmt hat, den
herzlichsten dank, wenn es, meine herron, wahr ist, dasz die schule
mitgewirkt hat zu der siegreichen, einmüthigen erhebung des deutschen
Volkes in dena von welscher biuterlist und tUcke heraut beschworenen
kämpfe, wenn sie anteil bat an der wiederanfiricbtnnf des deotsehen
reilte, wenn sie also indirect dazu beigetragen, dnsz der gmndstein
tn diesem denkmale gelegt werden konnte, so hat sie nun auch die
pflicht zu helfen, dasz der bau vollendet werde, und namentlich die
jngend darauf hinzuweisen, dasz es ihr wol ansteht beizusteuern, da
die hohe gostalt der Oermania sieh hier erbeben soll, nm das heran*
wachsende geschlecht zu mahnen, dass es sieh stets würdig zeige der
helden des letzten glorreichen krieges. und dasz wir schulmiinner diese
als muster zur nacheiferung un.-eren Zöglingen hinzustellen allen grund
haben, fühlen Sie, verehrte Anwesende, gewisz in diesem augeublicke
lebhaft mit mir.
Schauen 8ie auf die in den letzten strahlen der abendsonne er»
glühenden höhen, hinab in das dampfende thal, auf den herrlichen
Strom, der wie ein silberfaden die reizende landschuft durchzieht, —
wem von Ihnen bebt nicht das herz in stürmischer lost, dasz der
Bhein deutsch ist und deutsch geblieben trots der begehrlicheii blieke^
die man Ton drüben auf ihn gerichtet? freilich hat das Taterland
schwere opfer dafür bringen mfissen. wie mancher seiner söhne hat
Bein blut verspritzt für die gute sachc, wie mancher einst so frische
jüngling wandelt jetzt siech und elend umher in folge der empfangenen
wnnden, wie mancher gatte, wie mancher vater schläft dort auf ferner
an den ewigen schlaf unter dem kSblen rasen? — gross ist die sohnld
der dankbarkoit, m der wir den kriegern verpflichtet sind, die auf des
königs ruf hinauszogen in den heiligen streit, der todten gedenken
wir in stiller wehmuth und weihen ihnen eine warme thräne pietätvoller
erinnerung. den lebenden aber zollen wir deu dank, indem wir durch
ein hoch tie ehren, das obwol ein schwacher ansdmck unserer erkennt-
lichkeit doch mächtig bis zu des Rheines wellen tönen möge, drum
rofcn Sie laut mit mir: das sieggekrönte heer» das deutsche rolk in
Waffen, es lebe hoch!
Es war ein moment edelster patriotischer begeisternng, als die ver-
•tnmelten jubelnd einstimmten in das ausgebrachte hoch und dann
einem plötzlichen gemeinsnmen Impulse folgend daslied: 'es braust ein
mP aus voller bnist erschallen lieszen. ein hoch, welches hr. dir. Classen
(Hamburg) der deutschen jugend widmete, schlosz die feierlichkeit,
welche so kurz sie war doch ihre teiinehmer tief ergriffen und das ge-
Ahl der susammengehörigkelt nnd des berechtigten nationalen stolies
Biehtlich neu belebt hatte.
Der hereinbrechende abend vereinigte noch einmal die übrig ge-
bliebenen festgenossen in den verschiedenen gasthäusern von Rüdesheim,
his die Bcheidestunde schlug, auch wurde noch manches patriotische
^rt geredet; wir erwShnen namenllich die In warmen Worten von hm.
w. Spangenberg an die anwesenden schnlm&nner gerichtete anffordemng»
^me wöchentliche pfennigsammlung in den höheren schulen zum besten
dei nationaldenkmals einsnführen.
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58
Bericht Aber die verhandlmigeii der S2n Tersammlimg
Obgleich nanmebr der für die vers&mmlaiig statutenmäszig fest»
geieUte seitranm tob vier tagen aufgebraucht wer, und genug arbett
fethan, aach. genug gelegenheit zu geselliger Vereinigung gegeben und
enntzt war, so hatte das präsidium gleichsam als anhang und abschlnsz
des ganzen für den 30 sept. einen ausflug nach der Saalburp bei Hom-
burg zur besiclitigung der reste des römercastells vorbereitet; hr. obrist
a. d. von Cohaaeen, der eoneervator am mnseam so Wieshaden und
sngleich der conservator der Saalburg, hatte sich freundlicher weise
erboten, daselbst die fülirung zu übernehmen; und wer hätte besser
führen können, als der ^crlmlter' der ruiaen? an dem aosfluge betei-
ligten sich noch etwa achtzig herreu und damen.
Um ein nbr, nachdem man oben angelangt war nnd sieh doieh
körperliche Stärkung vorbereitet hatte» begann der rundgang dareh das
castell, dessen einzelne Verhältnisse, umfang, theile, besatznng usw.
hr. von Cohausen erläuterte; dann folgte der besuch des benachbarten
pfahlgrabens, des gräberhauses usw. zurückgekehrt nach Homburg be-
siehttgte man noch anter leitnng des hm. banmeisters Jaoobi von Hom-
burg das Saalburgmusenm , um endlich nach dem gemeinsamen, durch
manchen ernsten und heitren trinksprnch gewürzten male sich zu trennen.
So endete die 32 versammlang deutscher philologen und Schulmänner,
die gewiss, was die wissenschaftUche aasbente betriflPt, hinter keiner
frfiheren sorGoksteht, an genüssen andrer art aber, an Unterhaltung
nnd Zerstreuung nach der arbeit in folge der herrlichen läge der Stadt,
der nähe des vielbesungenen Hheinstromes und vor allem der umsich-
tigen anordnungen des präsidiums in aller teilnehmer herzen eine un-
Tergängliche erainening snrfieklassen whrd.
Uns liegt zum Schlüsse noch ob, dem verehrlichen Präsidenten,
hm. dir. Pähler, auch hier unsern d;ink dafür auszusprechen, dasz er
die benutzung der protocolle und der für die 'Verhandlungen' bestimmten
manuscripte für die abfassung dieses berichtes gestattete.
Archäologische section.
Erste sitsong, mittwoch, S6 sept. 1877.
Der Oberlehrer Otto (Wiesbaden), welcher bis dahin die geschäfte
der archäologischen section besorgt hatte, eröffnete die erste Sitzung
der fast 100 mitglieder zählenden section im groszen saale des casinos
und schlug den hm. hofrath dr. Urlich s vou Würzburg zum Vorsitzenden
vor, was angenommen wurde, anf dessen Vorschlag worden die herren
dr. Kohler (Cassel) nnd dr. Widmann (Wiesbaden) sn seeretiren bestellt,
da die zeit schon zu weit vorgerückt war, so begnügte man sich für diesen
tag damit, die tagesordnung für die einzelnen Sitzungen zu bestimmen;
während dessen wurden die begrüszungsschriften des Wiesbadner und
Bonner altertnmsvereins von Benter, Stark nnd Bone (s. den bericht
fiber die allgemeinen Sitzungen) herumgereicht: die letztere begleitete
hr. prof. dr. Stark von Heidelberg mit einigen Worten über die thätigkeit
des rheinischen vereine von alterthumsfreunden. darauf wurde die
Sitzung geschlossen.
Zweite sitsung, donnerstag, 27 septbr., morgens 8 — ^10 nbr.
Der erste gegenständ der Verhandlung sollte die weitre besprechong
der von hm. pro! Cvrtins in der ersten ulgemeinen sitsnng eriänierten
sculpturen und Photographien von Olympia sein« snerst teilte hr. Curtius
auf eine anfrage des versitzenden mit, dasz zu mehreren der aufgestellten
köpfe sich noch andre korperteile gefunden, aber noch nicht angefügt
seien: dann fordert derselbe den anwesenden hm. prof. Kopf auf, einige
bemerknngen fiber das technische der seniptnren sn geben.
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deatseher philologen und Bohnbnanner in Wiesbaden.
Herr prof« Kopf: ich kann nicht 6n'len, dass die haare bei irgend
einem köpfe rernachlässig't sind; der künstler hätte sie hei nllon frleich-
mäszig' ausführen können, wenn er p^ewollt hätte; es kam ihm darauf
an, durch den schatten zu wirken; die hauptHache ist, dasz fleisch und
haar sich deatHch teilt, namentlich dnrch den nntersehatten. die k5pfe
finde ich überhaupt wunderbar sehSn und lehrreich, sie sind des Pbidiai
würdig", die individuelle bildunj^ von ange und mnnd bei dem einen
zeugt von groszem naturgefUhl, die sclavenköpfe sind von einer indi-
vidualisation, die überraschend ist; der künstler wollte offenbar der
natnr möglichst nahe kommen, das material scheint penthelischer marmor
an sein.
Auf weitre fragen einiger roitglieder über die haare bemerkt er
ferner: die fnusgeführten) haare sind viel leichter als bossen herzustellen,
die fraueuköpt'e sind offenbar sorgfältiger gearbeitet als die der sclaven,
doch sind hier die haare herausgearbeitet, je gröszer der schatten,
desto schwXrser erseheinen die haare; der hart des Kentanren eb. Ist
oben weich bearbeitet, was den eindmok von weissgrau macht; an
andrer stelle hat der künstler tief eingehauen, um schwärzeren effect
hervorzubringen, überhaupt war bei den alten das streben nach maleri-
schem effect gröBzer als man meint, das fleisch des Kentauren ist weich
behandelt; das fleisch am Icnoehen tritt mit teltnen Terstindnis herror.
Herr dir. Classen re|^ die frage nach der anfstellung an; erfiraf^
wie das Ttpö des Pausanias verstanden werden müsse, ob im sinne von
vor einander oder in gleicher richtung, ob das giebelfeld einer figur
vor den pf erden räum liesz?
Herr Cnrtins; hierfiber kann erst der Tertneh einer anfstellnng ent-
scheiden, mir scheinen die pferde schräg gestanden zu haben; der
lenker kehrte sich den pferden zu und hielt die zügel in der band, die
köpfe 8in<l scliön erhalten, einige halb in relief, andre ganz ausgearbeitet.
Herr dr. Flasch von Würzburg knüpfte an die auseinandersetzuug
des hm. Cnrtins an, namentlich in betreff der stilistisohen behandlnng
und des wohlbegründeten rathes, noch mit Fermnthnngen inrfieksnhalten.
wie die werke des Paionios, ffChrt er fort, zum Vorschein kamen, war
das erste ein staunen über den unterschied zwischen seinen und den
Parthenonbildern, hier ist das nackte sehr gut behandelt, die haare
sind sehr konstToH auseeführt, die gewandnng seharf markiert, bei
Paionios dagegen fehlt der freie sohwnng, an der gewandnng finden sieh
verdrückungen und Unwahrheiten; einige fignren freilich wie der Zeus
und der wagenlenker im ostgiebel sind freier behandelt, also findet sich
fortschritt an dem giebel selbst, es fragt sich : wie verhält sich Paionios
n Phidias? Brunn, dem wir so viel verdanken, stellte die meinung
auf, Paionias halie einer gani andern schule angehört, einer nord-
griechischen, wir haben jetit gelernt, dass Paionios und Alkamenes
sich 80 nahe standen, dasz, wenn ihre statuen promiscue gefunden wären,
keiner sie unterscheiden köLute. von zwei verscbiednen schulen kann
wol nicht mehr die rede sein.
Herr prof. Hagen ans Bern findet es auffallend« dast auf der seile
dss Pelops der kleinere flusz des landes, der Kladeos, stehen soll{ auf
der Seite des Siegers sollte doch der hauptflusz sich vorfinden, er fragt,
ob in der anfstellung ein fehler gemacht sei, oder ob Pausanias sich
geirrt habe.
Herr Cnrtins: a priori kann man darfiber nieht urteilen. Tiel-
leicht ist proleptisch durch die etellnng die ▼ennKhlnng mit Hippodameia
angedeutet, (heiterkeit.)
Herr prof. Stark aus Heidelberg lenkt die aufmerksamkeit auf
tte deutuug der fignren, insbesondere des grossen kopfes im westgiebel
als Apollo, es ist bedenklich , bemerkt er, Pausanias eines Irrtums sn
teihen, namentlich bei sacralen gegenständen, die deutung des kopfes
als Apollo ist mir nicht recht fisssbar, da der westgiebely wie Tortrefflioh
I
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60 Bericht fiber die Terhandlmigeii der SSn Tenammlaiig
bemerkt ist, hauptsächlich den heroen, der ostgiebel den göttern gehört,
auch hat bis jetzt Apollo keine stelle zu Oljrmpia und auch nicht iu der
smge der Lapithen und Kentanren. baben lich fragmente der gettsen
•tatiie ^fanden? (Cartius: nein!) allerdinfrs ist der köpf gpröszer als
andre, aber nicht gröszer als der des Kentanreu. die deutang desselben
als Apollo ist noch nicht sicher, jedenfalls nimmt Peiritboos eine herror-
rageude Stellung in der sage ein.
Herr Cur tins: die deutung des kopfes ist allerdings nocb problem;
aber die mhe desselben pasat schlecht für einen Peiritboes^ nm dessen
brant der kämpf entbrannt ist.
Herr Ur 1 icbs: ist sieber,' dasi die eine fignr als Uestia genommen
werden musz?
Herr Curtius: ja. wir müssen die Ungleichheit in behandlang der
Sewandnng darauf snrflckfDhren, dass attische und oichtattisebe binde
ier thtttig waren.
Da niemand mehr über diesen gegenständ das wort verlangt, w
ersucht der versitzende hrn. Cortios seine mitteilungen über topograpiii«
des alten Athen zu machen.
Herr prof. Gnrtins len^^ nunmehr eine reibe tou abbildnngen tot,
die er im yorigen winter unter beihilfs eines höheren officiers des kgl
generalstabs angefertigt habe; es seien zwei aut'nalunen von Athen ge-
macht worden, eine im raaszHtab von 12,500, die eben im drucke sei,
eine zweite im maszstab von 4000, fast noch instructiver als jene, ds
sie die spuren des lUtesten Atben zeige, namentlich seien die südwest-
lichen teile der Stadt wichtig und interessant, die aufzonehmen um so
dringender gewesen, als die ganze Stätte in fortwährender zerstörong
wegen der Steinbrüche be^^riffen sei; hier seien die ältesten nieder-
lassungon gewesen und noch wol zu erkennen , straszen , wohnungeD,
altftre u. a. nachdem er die einseinen abbildnngen kurs eriftutert,
sehlieszt er mit der angäbe des inbaits von dem demnltcbst erseheinea-
den atlas.
Herr hofrath Urlichs dankt hrn. Curtius für die interessanten
mitteilungen namens der Versammlung und zeigt sodann das stück einer
marmorstatue, welches in der umgegend der Acropolis gefunden worden
ist und jetst in Wlirtbnrg unter andern fthnlicben resten aufbewahrt
wird; die art der behandlang, der gegenständ (Kentanre) und der mar-
mor lasse die Vermutung begründet erscheinen, dasx das Torgeaeigte stück
einer metope des Parthenon angehört habe.
Um die noch übrige zeit zu benutzen, zeigt hr. prof. dr. Hagen
aus Bern einstweilen eine reihe tou Photographien vor, welche bestiniBit
sind zur erläntemng seines aof die dritte Sitzung angesetiten Tortrsges
über ATenttcum, und ffigt schon jetst einige erklärende werte binsu.
Dritte sitsnng, freitag S8 septbr., 8 uhr.
Zuerst spricht hr. prof. Hagen ttber Aventieum.*
Nachdem der vortragende im namen seiner schweizer collegen tür
den Überaus herzlichen empfang, der ihnen von der deutschen philologeo-
Versammlung zu teil wurde, warm gedankt, erläuterte er zunächst mit
Zugrundelegung einiger karten und pläne, vor allem eines fünf fusi
honen planes der alten Stadt, die geographischen und topographisebes
▼erhiltnisse des heutigen Avenches (swei standen südlich von Marten
gelegen) und des allen V/^ stunden im umkreise hallenden Aventicum.
namentlich wurde auf eine zahl eigentümlich klingender, räthselhafter
namen aufmerksam gemacht, welche bestimmte teile des alten Stadt-
gebiete heute tragen und die som teile als benennungen der alten iiQsr*
ttere oder insulae an betrachten sein dürften.
* den bericht über diesen vertrag verdanken wir der freandlicbea
mitteilung des hrn. prof. Hagen selbst.
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deatacher philologen und ichalmAimer in Wiesbaden. 61
Daran schlosz sich ein kurzer überblick über die g^esdiiehte von
Aventicam, beginnend mit dem Taciteiscben bericht (histor. I, 67) und
mit den borgnndischen leiten abscblieszeod. die zasätze, welche Fre-
degar snr Chronik des Hieronj^mv« Qber die geachichte von Aventienm
gemacht hat, speciell die thätigkeit der Flavier, Vespasian und Titus,
betrcffenfl, führten über zu der besprecbnnpf der noch erhaltenen, meist
auf die Flavier zurückzuführenden altertümer, zunächst der baulichen
(riogmauer, thürme, theater, ampbitheater, schnlae, forum), dann der
künstlerischen (statnen, mosaiks nsw.), littararlaehen (insehriften) nnd
gewerblichen (allerlei gegenstände des täglichen gebrauohs). der vor-
tragende erläuterte diese partie durch eine zahl von 32 groszen Photo-
graphien, die er der giite des hm, pfarrer« Vionnet von Ktoy, kanton
Waadt, verdankte, ferner durch eine auf der Beruer stadtbibiiotbek be-
fiadUche mappe von handieicbnnngen nnd aqnarellen des arehitekten
KlUer, welcher in den 80er jähren des vorigen Jahrhunderts auf befehl
der Bernischen regieruug die ausgegrabenen schätze überwachte und
eine hübsche anzahl von bauten, darunter der herrliche Dionysosraosaik,
noch kannte und abbildete, welche seither durch böswillige Zerstörung
oder ans sonstigen grfiiiden sa gründe gegangen sind, endlich dnron
eine leibhaftige, wohl erhaltene dattel, welche mit etwa 80 vortrefflieb
conservirten stücken vor einipen jähren in einer ans Mauretanien stam-
menden groszbäuchiijen urne (nebenan eine ähnliche urne voller oliven)
gefanden worden war. bei. der besprechung der Inschriften machte der
vortragende darauf anfmerksam, dass ein grosser teil derselben jetzt
aosserhalb Aveuches anfgepflanst ist, so einige in Mnnchenwyler, in
Murten, dann der leugenstein von Sitten und sämtliche Amioldinger
inschriften, welche jetzt zum teil in Thun aufgestellt sind, er zeigte
namentlich hinsichtlich der Sittener inschrift und derer von Amsol-
dingeu (1 stunde von Thun am f nsze des Stockhorns), dasz nicht bloss
innere grttnde (Inhalt der Inschriften, namen, die sonst anf Aveneher
inschriften häutig vorkommen usw.), sondern auch noch ein äusserer,
darchschlagender, nämlich dasz mineralogische hestimmnnfr des materials
die herkunft dieser steine aus Avenches zu unzweifelhafter Sicherheit
erhebe, es ist nämlich weder der Öittener leugenstein, der eine ent-
feraong von 17 lengen (8Vt stunden) von Aventicnm angibt, aus dort
etnbeimischem gestein gehauen, noch der Amsoldinger leugenstein, der
7 lenken (S'/j stunden) von Aventicum aufgestellt gewesen zu sein be-
hauptet, ans Strikhorngestoin gebildet (was beides Mommsen durch ein-
heimische versichert worden war), sondern aus dem sogeuaneten ndo-
eomlen oder gelblich weissen juramarmory wie er bei Neuenburg vor-
kommt und, was die hauptsache ist, fast für sämmtliche bauten nnd
inschriften von Avenches in anwcndnng gekommen ist. die verscbleppunp;'
wurde wahrscheinlich dadurch veranlasst, dasz die im 8 — 9jahrhundert
gebaute propstei von Amsoldingen mit dem früher in Avenches resi-
oirenden bisohof von Lausanne iu Verbindung stand, hier fand nun der
Tortragende die angenehme Veranlassung, der Versammlung kenntnis
von einem neuen (fiinften) inschriftenstein von Amsoldingen zu geben,
welcher vor zwei jähren bei der neubestühlung^ der kirche zum Vorschein
kam und jetzt im garten des hrn. Tscharuer von Amsoldingen aufgestellt
ilt. derselbe, noch nirgends bisher publicirt, enthftlt folgende, vor-
trefflich erhaltene grabschrift:
D M.
POM!'. HOSFITAB
FEMINAE ÖANC
TISSIMAE QVAE
VIXTT ANK. XXXII
GEMIN. VICTVJ
LVS CONIVG
COMPAB. i\ 0.
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62 Bericht über die verhaudliingeu der 32u Versammlung
RQeksiehtliolk der Übrigen Amsoldin^^er insehriften, sowie der be*
reicherung, welche die entfernung derselben aus der früher als keller
des pfarrliauseB dienenden, mit verfaulenden kohlenstiicken usw. an-
gefüllten krypte für die richtige lesung einzelner worte zur folge hatte,
▼erweist der vortragende auf seine im antiquariechen anseiger too
Zürieh seit 1874 erschienenen nitteilanffen.
Nachdem hierauf hr. prof. Wieieler einige mitteilongen über den nM^
tun des schweizeriRchen museum an archUolofrischen g-egen ständen ge
macht hatte, legte hr. prof. dr. Robert aus Berlin farbige copieen einer
reibe pompejanischer Wandgemälde vor, die sich in dem peristjl einet
an der Stabianer atrasse gelegenen hanses befinden und gruppen m
tras^eohen und komischen masken darstellen, auf dem einen derselben
lassen sich die maakcn des Persens, der Andromeda, des Kepheus und
der Kassiopeia sowie der köpf des meerungeheiiers erkennen; es sinil
also diu masken einer bestimmten den Andromedamythus behandelnden
tragSdie, nach der ansieht des Tortragenden der Andromeda des Enripide«,
dargestellt, somit sind auch die masken der übrigen bilder nicht will-
kührlieh zusammengestellt, sondern bestimmten tragödien und comödien
entnommen, die aber unter den uns erhaltenen oder dem titel nach be-
kannten griechischen stücken nachzuweisen bis jetzt nicht gelungen ist.
die bilder werden In der arehSologischen seitung veröffentlicht nnd it»
ffihrlich besprochen werden.^'
Es folgte der Vortrag des hm. prof. dr. Stark aus Heidelberg über
den Apollo von Speier. dieser Apollo ist vor einigen nionaten mit andern
broncealtertümern in Speier gefunden worden und erweckt ein hervor-
ragendes interesse. der Tortragende bespricht snnftchst die Tersehiedneii
Apolloideale der Griechen; die völlige nacktheit des einen, bemerkt er,
ist nicht das resultat langer künstlerischer Umwandlungen älterer be-
kleideter cultusbilder, sondern schon in den schulen von Samos, Kreta
u. a. findet sie sich in höchst bedeutsamer weise bei dem in voller klar-
heit erscheinenden, alle Terhfillung entfernenden jugendlichen lichtgotte
im gegensatse zb. zu dem im nftchtlichen swielieht wandelnden Hermsi;
seine attribnte sind bogen, pfeif, leier, in seiner begleitung die Chariten,
verschieden davon ist der pythische Apollo in langem chiton, feierliclieru
mantel, mit groszer kithara, oder der ebenfalls bekleidete, sühnende,
weissagende mit seinen attnbuten« die älteren künstler haben beide vor-
stellnngen anseinandergehalten, aber namentlich das nackte Apolloideal
mit yorliebe in ers behandelt, in Athen begegneten sie sich und gliches
sich mehr aus; Skopas nnd Praxiteles und ihre schüler haben dann das
Apolloideal umgebildet, wobei sie nacktheit nnd bekleidung nach künst-
lerischen rücksichten benutzten und abstuften, den jonischen Apollo
leicht bekleideten, dem pjthlschen das leichtere himation gi^en. ia
Bom war die sahl ansgeseichneter stataen des Gottes besonders durch
Augustus sehr grosz, und es verbreitete sich von hier aus der cult nnd die
bildliche darstellung nach den provinzen des Westens, auch der Apollo
von äpeier weist nach Rom, wo griechische meister, ein Apollomus,
Pasiteies n. a., an den Slteren tjpus sich anschliessend, altertttmlieh
angehauchte bildwerke schufen, nun ist es interessant, dasx wir eioo
parallele zu diesem Apollo in einem auf Majorku gefundenen raarmor-
bilde mit der inschrift 'AtioXXiOvioc ^7ro(€i besitzen, (redner beschreibt
die beiden figuren näher.) diese raarmorstatue ist nun sicherlich {n&ch
Hübner) weder original, noch ein werk des Apollonlos, sondern naclh
bildong eines bekannten, in Bom von Apollonios angefertigten bronce
bildes, von dem die Speirer bronce gleichfalls eine anch dem Stoffe nacii
entsprechende nachbildung ist.^^
anch hr. prof. Bobert hatte die freundliehkeit, diese skisse Bsuiei
Vortrags auf unsere bitte uns zuzusenden.
auch zu diesem bericht durften wir die gef. mitteilung des vor-
tragenden, hm. prof. dr. Ötark, benutzen.
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deuttcher pliilologeu und «chulm&nuer in Wiesbaden.
es
Vierte sitzang*, freitag 28 septbr., nachm. 47i uhr im museum.
Nachdem die mitglieder der section unter leitungr des lirn. obrist h. d.
V. Cohausen die schätze des miiseums besichtigt hatten, erothiete der
Vorsitzende in dem dazu hergerichteteu Mithrassaale um 4^« uhr die
Sitzung, in welcher hr, t. Cohausen mehrere broneesftataetten , thon-
gefäsze und andre interessante gegenstände des museums zur besprechung
und beurteilung vorlegte; an die einzelnen knüpfte sich eine mehr fa-
miliäre Unterhaltung y die zur klärung der ansichten über dieselben
wesentlich beitrug.
Naohdem die leit abgelaufen war, sehlon der vorsitsenda die sitauug.
Kritisch-exegetische section.
(bericht des hrn. prof. dr. Sigmund Teuf fei in Stuttgart.)
Entsprechend der überaus lebhuften teilnähme an der diesjährigen
pbiloiogenversammlung überhaupt hatte aucli die kritisch-exegetische
section eine sehr grosse zahl von mitglieder n au t zu weisen, nach der
formellen eröffnung durch prof. Ueener hatte die section die f^eude,
dir. Classen aus Hamburg zu ihrem Präsidenten wihlen zu können,
welcher denn auch das amt bereitwilli^j: übernahm und die thätigkeit
der section sofort eröffnete durch einen Vortrag über die grammatik des
Dionysios Thraz, besonders um dadurch auf eine ueuherausgabe dieses
bfichleine hinauwirken. eine solche •teilte er als höchst wfinscbenswcrth
dar, weil die temdnologie der griechischen grammatiker Überhaupt Tiel-
fach auf richtigerem Verständnis beruhe als wie der lateinischen, welche
die griechischen bezeichnunpfen häufig ganz sinnlos übertragen haben,
nachdem Classen und nach ihm prof. Chrii^t aus München noch näher
Uber einzelne dieser beseiohnungen gesprochen hatte, setste dir. Uhlig
aus Heidelberg die eigentämlichen Schwierigkeiten auseinander, welche
mit der Wiederherausgabe des werkchens verbunden seien, dieselben
bestehen namentlich darin, dasz die für die textkritik sehr wichtigen
Scholien unter sich oft einen ganz verschiedenen text voraussetzen ; vor
sUem mfissen also die Scholien auf ihre ▼erschiedenen quellen anrfick-
gefuhrt werden, sodann gibt es eine armenische übersetsung der techne
aus dem 5. jahrh., von der auch festgestellt werden musz, welcher text
ihr zu gründe liegt, erst dann läszt sich die frage nach der autor-
schaft erheben, prof. Kiessling aus Greifswald sprach über die Ho-
rasiseke ode I, 20, worin der dichter den M&ccnas lu einer flasohe
Sabiuer eigenen gewitchses einlSdt. der redner glaubte das gedieht dem
Horaz absprechen und seinen ursprang vielmehr in die Neronischc zeit
setzen zu müssen, weil einerseits auf Horazens Sabinum kein wein
wuchs (vgl. epist I, 14, 23 f.), andererseits an der im gedichte voraus*
gesetsten stelle in Kom damals kein theater stand, wogegen PUnius
(n. b. 87, 19) erwühnt, Nero habe sich In seinen gftrten jenseits des
Tiber eine privatbühne erbaut, wo geklatscht werden muste, dass das
sehe vom Vatikan widerhallte.
Ein groszer teil der Sitzungen wurde in anspruch genommen von
der frage der sceniscben responsion bei den griechischen tragikern und
. Aristophanes, und swar lagen den TerbaniQungen darflber dem in Tü-
Inngen ausgesprochenen wünsche gemäss gedruckte thesen zu gründe
von proflF. Oeri (Schaffhausen), Christ (München) und Prien (Lübeck),
die ansieht Oerie ging dahin, dasz 'die Symmetrie der verszalilen bei
£uripide8 und Aristophaues nicht blosz in ornamentaler weise zu detail-
gUederung von diälogen und reden, sondern hauptsächlich auch in mehr
constructiver weise zur gliederung gröszerer partien der stücke diene,'
und zwar 'entsprechen sich die verszahlen streng mathematisch , nicht
blosz annähernd.' die parallelen partien sind entweder ganze scenen
und epeisodieu oder nur teile von solchen; parallelismus des inhalts findet
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64 Bericht über die yerhandluugen usw. deutscher phüologeiL
tieb Bwar häufig, ist aber dnrcbsua niebt erforderlieb. Oer! ^eb ubri-
gens zu, dasz für diese Verhältnisse, welche er als vorhanden sta-
tistisch nachwies, eine ratio sich nicht finden lasse. Prien dagegen,
welcher speciell für Soph. O. K. Symmetrie der reden und ganzer epie-
sodien behauptete, fand diese ratio in der logischen gliederang des In-
halte und den beim vortrage notwendigen mbepnneten (pausen), im
gegeneatse zu. ihnen war Christ der roeinnng, dasz zwar die ezistens
von symmetrisch gebauten stellen bei den griechischen tragikern und
Aristophanes nicht in zweifei zu ziehen sei, dasz aber an ein gesetz
nicht gedacht werden dürfe, diese erscheinung beruhe lediglich auf
dem bei den Orieeben so hoeh entwieicelten sinne ftlr ebenmasz. dies
bA der grnnd, weshalb im dialoge sich die meisten, und xwar zum teil
ganz augenfällige beispiele von symmetrischem baue finden, soll etwas
ähnliches für ganze scenen nachgewiesen werden, so ist nach iler ansieht
Christes auch ein paralielismus des gedankeninhalcs erforderlich, weil
sonst dem subörer die symmetrische anordnnug gar nicht snm bewnstsein
kommt, eben deshalb sei auch ganz, nnmöglich was Oeri behauptet
hatte, dasz partien einander entsprechen, welche nicht in dem gleichen
metrum gehalten sind, endlich warnte Christ noch vor athetesen und
annähme von Ificken zur künstlichen herstellung einer übereingtimmung
der versaablen.
Im laufe der discussion über diesen gegenständ, an welcher sieh
besonders geh. reg.-rath dr. Pirnhaber von Wiesbaden und dr. Ascherson
aus Berlin beteiligten, wurde einerseits geltend gemacht, dasz eine so
kttnsÜiehe gliederang bis ins einzelne, wie sie Oeri behauptete, für den
dichter äusserst lästig sein mnste, ohne dass er sieh doch einen grossen
erfolg davon versprechen konnte, andererseits aber wurde hingewiesen
auf analogien hei modernen dichtem, auf ganz ausgesprochene responsion
in stücken von Corneille und in Goethe's 'mitschuldigen', wie es jedoch
in der natnr der saehe lag, konnte man sieh niebt su einer definitiven
lösung der frage vereinigen, sondern mnste dieselbe weiterer und ein-
gehender Untersuchung anheimgeben.
Im weiteren verlaufe der Sitzungen sprach dr. Flach aus Tübingen
über das violarium der kaiserin Eudokia und kam zu dem resultate,
dass die unecbtheit der scbrift bis jetst noeh nicht bewiesen sei, so
schwere verdachtsgrtinde auch gegen dieselbe zu sprechen scheinen,
hingegen war gymnasiallehrer Gropius aus Weilhurg der ansieht, die
schritt stamme aus dem ende des 15u oder anfang des 16n Jahrhunderts,
da allem anscheine nach Eustathius und ein druck der Aldina benutzt
sei, was freilich noch genauer nacbsaweisen ist — eine erörterang Über
die bedeutnng von ex eo bei Caes. bell, galt I| 80 führte, da die stelle
nicht vorlag, zu keinem resultate.
Den schlusz der Verhandlungen bildete ein Vortrag von prof. Linker
AUS Prag über die vielberuteue Horazische ode I 34: parcus deorum cultor
et infreqnens; der redner hält sie für seht, zugleich aber aacb für
einiger emendationen höchst bedürftig, er schreibt daher statt des gans
sinnlosen plerumque: utrimqne; sodann scheinen ihm die namen v. 10
sehr verdächtig, und er schlug daher, weil der dichter offenbar ost und
west einander gegenübersetzeu will, die Änderung vor: quo Susa et iu-
visi borrida Aehaemeni (letateres als genet.). einen gans ähnlichen
inhalt wie dieses Horazische gedieht hat Yerg. Catal. XII, und es wäre
interessant, wenn beide dichter dasselbe ereignis besungen hätten.
(der schlusz folgt.)
WiBSBADBN. F. Otto.
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ZWEITE ABTEIIiUNG (U8a BAND),
letU
1. Altes und neues aus der schule, von Fahle in Posen 1 — 17
2. Die ehemalige Karlsschule, von HÖhchcr in Herford . 17 — 22
3. Bemerkungen zur lateinischen grammatik von EUcndt-
Seyffert. von 6'. Venediger in i?pandau 23—30
4. M. Seyfftrl und H. Habenichl: palacstra musaruni. ma-
terialicn zur einiibung der gewöhnlichen mctra und er-
lernung der poetischen spräche der Körner, ersterteil:
der hexamcter und das disticlion. achte aufläge (Halle
1877). angez. von Straumer in Chemnitz 81 — 32
ß. W. Gescnius: hebräisches und chaldäischcs handwürter-
buch über das alte testameut. achte aufläge, neu be-
arbeitet von Mühlau und G. Volck. erste hiilfte
(Leipzig 1877). angez. von G. L, Strack in Herlin . . 33 — 34
6. M. Duncker: aus der zeit Friedrichs des groszen und
Friedrich Wilhelms HI. abhandlungen zur preuszischen
geschichte (Leipzig 1876). angez. von //. Pröhle in Berlin 34 — 37
7. K, Fries: dr. Johann Christoph von Held, ein lebens-
bild. erste und zweite abteilung. angez. von A. Eussner
in Würzburg 37—42
8. Zu Klopstocks briefwechsei. von //. Ifolsiein in Verden 43 — 50
^. Bericht über die Verhandlungen der zweiunddreiszigstcn
Versammlung deutscher philologen und Schulmänner in
Wiesbaden, vom 26 bis 29 September 1877. von F. Otto
in Wiesbaden 50 — 64
)OgIe
*
In meinem Verlage ist eben erschienen nnd ist durch jede Buch
Handlung zu beziehen:
Corpus
inscriptionum Atticarum
consilio et auctoritate
Academiae litterariim regiae Borussicae
editum.
Yolnminis quarti
supplementa complexi
fascicttlus prior
Supplement or um voluminis primi partem priorem
continens.
gr. 4. pag. 1 — 56. Broschirt 5 JL
Berlin, den 12. December 1877. G. Reimer.
Verlag von B. G. Teubner in Leipzig.
EncykloiDudie iiiicl Methodologie
der
philologischen Wissenschaften.
Von
August Boeckh.
Herausgegeben
von
Emst Bratuscheck.
gr. 8. Geheftet. Preis \1 A
Griechiscli - Lateinisches
etymologisches Wörterbuch.
Von
Alois Vanicek,
k. k. Gymnasialdirector zu Neuhaua iu Böhmen.
2 Bände, gr. 8. Geh. Preis 24 A
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ZWEITE ABTEILUNG
rÜE GYMNASULPlDAGOGIK UND DIE ÜBRIGEN
LEHBFiCHEB
KIT AVSSCHLUn DIS OLABSISOBSV FHXLOLOOIB
HERAUSGBGEBEN VON PROF. DR. HeKMANN MaSIüS.
10.
ÜBER RELIGION, OFFENBABUliiG , HEIUGC: SGUAIFT.
ZUR EINLBITÜMG
nr ]>IB BIBLISCHE BELIOION8O680HICBTE TOID RELIQI0N8LEHRB AUF
DER STUFE DES OBEBEN OTHNASIUMS.
Die nachfolgenden blätter möchten , wie dies schon früher in
zwei Programmen: Hiber Ruth in latinum versus perpetuaque inter-
•pretatione illustratus 1856', und 'die biblische geschichte in ihren
ersten anfängen 1876', von mir versucht worden ist, eine weitere
probe geben, wie nach meiner, auf vieljähriger erfahrung beruhen-
den Überzeugung der evangelische religionyunterrieht und die bibel-
lectüre im obergymnasiura zu behandeln sei. dieser Unterricht hat
gerade auf dieser mittelstufe zwischen elementar- und hochschule
seine eigentümlichen, nicht leicht zu bewältigenden Schwierigkeiten,
worin dieselben bestehen und was demgemäsz zu thun und zu lassen
sei, damit einesteils den bedürfuissen der lernenden, andernteils den
aufgaben des lehrers entsprochen werde , sofern dieser die pflicht
hat, ebenso wol durchaus wahrhaftig zu sein, und den berechtigten
forderungen unserer jetzigen bibelforschung gerecht zu werden, als
einen ^^esunden oöenbarungsglauben pietätvoll zu wahren, wurde
seiner zeit in vier artikeln des württemb. correspondenzbl. für gel.-
imd realschulen 1873 s. 18 — 185 auseinandergesetzt, was dort
theoretisch als notwendig oder wenigstens als wünschenswerth auf-
geteigt ist, soll hier in seiner praktischen Verwendung dargelegt
werden, wenn dies mittelst der erörtenmg der drei grundbegriffe
geschieht , welche meines erachtens jeder gründliche religionsunter-
rieht anf dieser stufe notwendig zur einleitung zu behandeln hat,
N. jalurl». f. pUl. a. pU. IL abt 1818. hit S. 5
Diyiiizeü by GoOgle
66
Ueber religiou, Offenbarung, heilige schritt.
des begriffs neralich der religion, der Offenbarung und der
heiligen schrift: so wird jeder sachkundige zugestehen, dasz
diese probe jedenfalls sich nicht am leichtesten, eher wol am schwie-
rigsten gegenstanil dieses Unterrichts versucht, wenn überhaupt
jeder anfang .schwer ist, so besonders der anfang dieses Unterrichts
auf der genannten stufe, mag man nun auf die begriffliche seite oder
auf die concreten anfänge, die Schöpfungsgeschichte nach dem bibh-
schen berichte, das hauptgewicht legen, mit rücksicht daher auf die
in jenen artikeln gegebene begründung, wie mit der nachsiebt,
welche diese stimme aus der schule und für die schule bei dem so
schwierigen stofFe erbitten darf, möchte dieses bruchstück gelesen
und l)eurteilt sein, einiges davon wird freilich manchem zu tief und
mystisch, anderes dagegen allzu keck, gnosticierend, heterodox oder
wie man sonst sagen mag, und deshalb aus beiden gründen ver-
früht für die gymnasialstufe erscheinen, ich musz aber vielmehr
das eine wie das andere für gleich unerläszlich erklären, jede reli-
gion, zumeist die christliche, enthält tiefe mysterien, und zwar
solche, mit denen unsere schüler bereits in kirche und schule, viel-
leicht noch zu frühe, bekannt gemacht worden sind, nicht minder
aber verlangen das alter und die Studien der über die knabenzeit
hinausgeschrittenen und verlangt ebenso dringend der stand der
gegenwärtigen biblischen Wissenschaft eine genauere klarstellung .
und begründung dieser religiösen begriffe, wer zur Wissenschaft,
zumal der theologischen , zu erziehen hat , musz diesem wie jenem
gerecht werden, musz einerseits die tiefen des Christenglaubens
ahnen, andererseits das licht der Wissenschaft leuchten lassen, beidas
natürlich nicht mehr und nicht minder, als es auf dieser Unterrichts-
stufe schlechthin notwendig ist. es versteht sich, dasz die frage evA
offene bleibt, in wie ireit das einzelne von der nun folgenden ein-
leitungsprobe , insbesondere tob den 'erlflntemden bemerknngen',
in den ersten oder erst in den spftteren jähren des schnlcnrsns zur
besprechung sich eignet, oder aber andi als etwas zu betrachten ist»
das nar der lehrer, dieser aber jeden&Us, wissen and reiflich er-
wägen musz. was demnach hier geboten wird, sind stücke eines
handbuchs für religionslehrer an den oberclassen eines
gymnasiums, worin alle wichtigen hergehörigen fragen nach
dem bedür^is nnserer gegenw^ nnd nach dem stand der jetzigen
bibelwissenschaft besprochen werden sollen, ob seiner zeit ein in
diesem geiste abgefaszter Wegweiser in grösserem nmfange, ein die
ganze bibel (geschichte nnd lehre derselben nnd bibelkiinde) um-
fassendes handbuch für den lehrer erwünscht wäre , darüber mag
die an&ahme dieser proben entscheiden.
Vorbemerkung.
Die aufgäbe der biblischen religionsgeschichte und
religionslehre ist für das gymnasium in seinen oberen
classen: kenntnis der geschichte der religion, wie diese einerseits
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Ueber religioo, ofienlMurang, heilige achxilt 67
in den thatsachen, penOnlichkeiten ond Wahrheiten des alten und
neuen teetaments geoffenbart, andererseits in diesen büchem nieder-
gelegt ist, somit einesteils biblische geschichte, mit inbegriif der in
ibr geoffenbarten sittlich-religiösen Wahrheiten', andemteils bibel-
bmde. der gegenständ und Inhalt, mit dem wir es zu thun haben,
ist also keineswegs ein ganz neuer, sondern es soll auch hier, wie bei
unserer beschäFtigung in den alten sprachen, das bisher gelernte yer-
ToUstSndigt, in Ordnung und Zusammenhang gebracht, vornehmlich
aber m klikrer einsieht erhoben und gehörig begründet werden, wie
dieses dem evangelischen Christen 1 Petr. 3, 16 <or pflicht gemacht
ist. diese anfgabe erfordert, da es sich um die geoffenbarte, in
der belügen schrift niedergelegte religion handelt, dasz zu-
yfirderst die drei fragen, nnd zwar durchweg an der band der bibel,
besprochen werden: von gott und religion ttberhanpt, Ton der
offimbarong, Y<m der heiligen achrift.
I. Ton gott nnd rellgton llberlwnpt«
Gott ist ein geistiges, über das sichtbare und alle menschen
erhabenes, allgewaltiges wesen, Job. 4, 24. Jes. 55, 8. 9, das das
leben in sich selber hat und die quelle alles lebens ist, Job. 5, 26.
Jer. 10, 10; darum fort und fort in erhaltung imd regierung der
weit sich wirksam zeigt, act. 17, 27. 28, nicht allein als ein ge-
rechter und heiliger, 5 Mos. 32, 4. Ps. III, 7. 1 Petr. 1, 16, son-
dern als ein gott, der insbesondere dem menschen in liebe zuge-
wandt ist und mit ihm 6in8 werden will und kann, 1 Joh. 4, 8.
Job. 10, 30.
Demgemäsz beschreibt die bibel die religion (anm. 1) als furcht
gottes, d. i. furcht vor ihm und ehrfurcht gegen ihn, Ps. III, 10;
als liebe zu ihm 5 Mos. 6, 5, als wandel vor ihm d. h. als gott-
gefälliges leben (anm. 2), 1 Mos. 17, 1, als einen bund, d. i. eine
gemeinschaft zwischen gott und dem menschen 1 Mos. 18.
Was dabei im menschen vorgeht, die geistige thiitigkeit und
Stimmung, mittelst der er diesen gott in seinem innern empündet
und walten läszt, faszt die bibel zusammen im worte glauben, Hebr.
11, 1 (anm. 3). an der dadurch gewirkten gemütsfetinimung aber
besitzt der mensch den festesten halt und das höchste gut, Ps. 73,
*25. 26 (anm. 4).
Somit ist religion nach der bibel: glaube an gott und
leben in gott, oder: geistige gemeinschaft des men-
schen mit gott mittelst glaubens und lebens (anm. 5).
noch genauer gesagt besteht dieselbe darin, dasz der mensch teils in
allem, was ist nnd geschieht, gott findet, teils in allem, was
* somit soll hier, wenigateas bU auf einen gewiesen ^rad,
bibll:sc]ie glaubens- und Sittenlehre im zusammenhange mit der geschichto
bebandelt werden, warum? darüber s. mein programm über IMos. 1 — 3
vom j. 1876, 8. 2. 16 u. b. 8t.
6*
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68 Ueber leligion, offiBnbarong, heilige schrift. {
zn thun ist, goties willen thut. diese zwei bestandteile letnn
wir als diejenigen, welche das wesen der biblisehen religion ans-
machen , aus dem im Charakter und leben Jesu gegebenen muster*'
bild derselben kennen, in ihm sind diese beiden Seiten von glauben
und leben in gott in vollstem masze verwirklicht worden.
Erläuternde bemerkungen. *
Anm. 1. Das lat. wort religio bedeutet feines gefühl für da:
rechte, anständige, sowol im äuszeren, als besonders im sittlidieB
nnd religiösen , sittliche gewissenhaftigkeit nnd fromme sehen vor
dem geheimnisvollen, göttlichen nnd dien gegenständen heil^^er Ver-
ehrung es kommt her von einem verlorenen verbum rdegere (vgl.
dSUgena) wie Gc. de nat. d. 2, § 72 ausdrücklich sagt: ^ onnm,
guoe ad cuUwm äeorum pertinerent^ düigenter retractarmt et ^
relegerent^ sunt diäi reliffiosi a rdegendo. christliche goite^gelMe
(Lactantins f 325) haben indes rdiffio dem wortMang gemäss m
reUgare abgeleitet, was immerhin dem biblisdien sinn m6hr 6Bt*
spräche, weil es das gebundensein an eine höhere macht, *die
schlechthinige abhängigkeit von gott*, ansdrttckte , aber spnudiUcli
sich nicht rechtfertigen läset* das beste deutsche wort dalBr hi
gottseligkeit, aadi frömmigkeit, wiewol dieses letztere wort froher
fJlgemeinere bedentmig hatte nnd durchgängige brauchbarkeit be-
zeichnete.
Anm. 2. Nicht blosz das neue testament, sondern auch das alte
sagt also, dasz bei allem abstand ein Verhältnis der gemeinsdiaft
der liebe zwischen gott und dem menschen sein könne und solle.
Anm. 3. Was glaube im biblischen sinne bedeute, sagt diese
stelle schon nach Luthers ttbersetzung deutlich, noch klarer aber
wird es durch die genaue tlbersetzung des teztes: *es ist glaube dne
auf festem grund ruhende und stand haltende Zuversicht in be-
Ziehung auf das, das man hofft, eine ttberzeugung von dingen, die
man nicht sieht', mit andern werten: ein ganz zuversiöhtlidies ftt^
wahrhalten zukflnftiger und flbersinnücher dinge, eines über dieser
gegenwart und sichtbaren weit erhabenen gottes und emer höhem
wcdtordnung.
Anm. 4. Hiermit ist gesagt, dasz religion etwas der mensch-
lichen natur wesentliches und notwendiges, ja den menschen be-
seligendes sei, dasz es demnach zu den geistigen gütern und auf-
gaben jedes menschen gehöre, dieser gemeinschaft mit gott sich be-
wust zu werden und sie zu pflegen, d. h. sein fühlen und denken,
wollen und haaddn von stetem hinblick auf den unsichtbaren gott
durchdringen und beherschen zu lassen. ^
Anm* 5. Es ist demnach religion nicht ein bloszes erkemien
gottes, sondern eine auf innerer erfahrung beruhende gemfltsstim-
mung, beides so verschieden, wie es ein anderes ist, wenn einer die
eigenschaften des feuere kennt und weiss, ein anderes, wenn er sie
an sich selbst erfährt, und ebenso wenig wie ein bloszes wissen von
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üebex reiigiou, ofl'eubarimg, heilige sciirUt.
69
religiösen Wahrheiten, kann eine blosz äuszerliche Verehrung mit
Worten , geberden und ceremonien ohne inneres gefühl und ohne
sittlichen einflusz religion im biblischen sinne heiszen. in diesem
betracht ist also die alte definition: religio est modus, deum cogno-
scrtidi et coleridiy nicht ganz befriedigend, weil dabei nur die äusze-
rungen der religion, nicht ihr eigentliches wesen und das, was dem
erklären und verehren zu gründe liegt, ins auge gefaszt ist. den-
noch ist daran das richtig, dasz allerdings sowol das erkennen
(anm. 4) , als das verehren gottes auch zur religion gehört, nur ist
beides nicht, weder dem grad noch der zeit nach, das erste.
Amn. 6. Weil hiemach die religion, welche zunächst etwas im
menschen vorgebendes (subjectives) ist, sich auch ttuszerlich, nicht
blosz im sog. cultus , sondern auch im bekenntnis und leben über-
haopt kandgibt und daher gegenständ (object) der beobaehtnng fUr
andere ist, wird das wort auoh im letstern, also objectiven siim ge-
braucht für die in gewissen formen heraustretende kundgebung der
frömmigkeit« so ist es gemeint» wenn man von christlicher, jüdi-
scher, muhammedanischer religion spricht, die lateinische spräche
bezeichnet diese objectiv in äuszerlichen kundgebungen hervor-
tretende religiosität häufig durch religiones,
NB. Die angeführten bibelsteUen sind sämtlich hier und ebenso
aach bei den folgenden abschnitten su memorieren.
ir. Von der offeniwnuiig*
Die religion oder der glaube an den übersinnlichen gott ent-
steht im geiste des menschen und wird zu einer in ihm wirken»
den kraft und sn einem leben in gott, indem einerseits dieses über-
sinnliche wesen, dieser verborgene gott, in der weit und im men-
sehen sich kundgibt und so ein offenbarer wird, andererseits der
mensch diese kundgebungen zu vernehmen vermag, Joh. 6, 17*
1 Mos. 1 , 26 (anm. 1). demgemäsz ist die Offenbarung gottes eine
gedoppelte, sowol eine kundgebung seines wesens in thatsaehen,
äuszerlichen und innerlichen (numifestatio), als auch ein im mensch-
lichen geist dadurch gewecktes bewustsein von gott und göttlichen
Wahrheiten {inspiratio). es finden also dabei zwei zusanunenhängende
imd zusammenwirkende Vorgänge statt: thatsächliche kundgebungen
von Seiten gottes und , kraft der in den menschlichen geist von gott
gepflanzten anlagen, innere Wahrnehmungen von selten des
menschen.
Die von gott ausgehende und im menschen vor sich gehende
Inudgebung gottes gelangt aber an uns auf zwei wegen, so dasz es
also zwei arten von Offenbarung gibt, welche die hL schrifk
genau unterscheidet.
Gott gibt sidi nämlich kund und wirkt fürs erste durch solche
^tsaohen, welche allen menschen vermöge ihrer anersöhaffenen
Oiior versttndlich sind, diese sind teils äuszerlich wahrnehm-
bare: die schdpiung der weit und die in der natur hervortretenden
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70
Ueber religiou, oöenbarang, heilige schriit.
spuren seines daseins und waltens, Ps. 19, 2. 104, 24. Act. 14, 17.
Böm. 1, 20, sowie die regierung der weit, sein walten in den
führungen der menschen, Ps. 65, 5; teils innerliche: das dem
menschen eingeprägte göttliche ebenbild, das bewustsein von gut und
böse, das gewissen, Röm. 2, 14. 15 (anm. 1 und 2). dies alles heiszt
man die allgemeine, natürliche, mittelbare Offenbarung,
weil sie allen Völkern und zeiten zugehört, auf natürlichem wege
und durch die mittel menschlicher geistesanlagen zu stände kommt,
fürs andere aber hiit sich gott kundgegeben durch eine weitere
(anm. 3) oü'enbarung seines wesens und willens, es ist dies wiederum
geschehen teils auf äuszerlich wahrnehmbare weise, also durch
thatsachen: durch die erwählung (anm. 4) und die auszerordentlichen
führungen (anm. 5) des volkes Israel, von dem das heil kommen
sollte, Joh. 4, 22, insbesondere auch durch die demselben ge-
schenkte gesetzgebung, vor allem aber durch die in seiner mitte
geschehene mensch werdung in der person unsers erlösers, Jesu
Christi, dem ebenbild des unsichtbaren gottes und abglanz seiner
herlichkeit, Col. 1, 15 (anm. 6); teils durch innerliche geistige
Wirkungen, indem gott jederzeit Sprecher und ausleger (anm. 7)
dieser seiner thaten und fahnmgen berufen und mit seinem geiste
erfüllt hat, so dasic sie seine stimme, seine lehren, geböte und yer-
heiszungen in ihrem isnem TernehmeiL und mit der entschiedensten
HhenEeugung, gottes wort, nicht ihre eigene meinung zu vernehmen
und zu reden, dem volke mitteilten (anm. 8)« es ist dies die nadi
2 Tim. 3 , 16. 2 Petr. 1 , 21 benannte, durch gott gewirkte ein-
hanchung , eingebung (i/isjnm^lo im engem sinne), diese zweite art
Ton offimbarung gottes heisst die besondere, ttbernattlrliche,
unmittelbare Offenbarung, weil sie an einem besondem Yolke
sich Yollzogen hat und nicht aus dem natttrlidien Zusammenhang
menschlicher verhlQtnisse, sondern nur durdi ein unmittelbares und
auszerordentliches wirken gottes erklttrbar ist (anm. 9). von der
ersten, allgemeinen art götüicher ofienbarung geben sowol die bibel
nndduristUche kirchenyftter, als auch das auszerbiblische Schrifttum
der Griechen und Bömer zeugnis (anm. 10). beide arten aber, clis
allgemeine wie die besondere, nennt die bibel bildlich wort got-
tes, 1 Mos* 1, 2. Ps. 33, 6. 9. Joh. 1, 1 und 14 (anm. 11).
Erlftuternde bemerkungen.
Anm. 1. Gott, wie ihn die bibel lehrt, der lebendige, die quelle
alles Seins und lebens, kann nach diesen stellen gar nicht anders
gedacht werden, denn als stets wirkend und sich offenbarend, mit
dem ausdruck: *der mensdi ist nach dem bilde gottes gemacht*, ist
Tomehmlich das gemeint: es ist ihm, als zu seinem eigensten wesen
gehdrig, die anläge zur religion anerschaffen und kraft derselben ist
er fiüiig, sowol die allgemeine, mittelbare Offenbarung gottes zu Ter-
nehmen, die in der natur und im gewissen (s. folg. anm.), als die
besondere, unmittelbare.
Digitized by Coogl«
Ueber reiigiou, otieubaruug» heilige achriit. 71
Anm. 2. Diese in Luthers Übersetzung dunkle stelle besagt:
die heiden, d. h. alle menschen, die nicht wie die Juden, ein von
gott gegebenes gesetz haben, werden auch nach einem gesetz ge-
richtet V. 12; denn sie sind v. 14. 15 sich selbst ein gesetz, tragen
in ihrem Innern ein den göttlichen willen kundgebendes gesetz.
dies beweisen sie in allen fällen, wo sie von natur, durch die natür-
liche stimme ihres innern geleitet, das gesetz, d. h. gottes willen
thun. daraus geht nonilich hervor, da^v. in ihrem sittlichen bewust-
sein ein dem mosaischen gesetz ähnliches gesetz vorhanden ist, das
durch ein inneres Zeugnis, durch die unter einander sich verklagen-
den und entschuldigenden gedanken, das urteil des gewisseus sich
äuBzert und vernehmlich macht.
Anm. 3. Wäre keine sünde in der weit, d. h. wenn der mensch
ebenso wie die übrige natur in voller Übereinstimmung mit gott
stünde, so würde durch die Schöpfung und den in dem menschen
auf natürlichem wege gewirkten glauben allein das erreicht, was
gott, weil er die liebe ist , in der weit erreicht wissen will (siehe
1 Tim. 2, 4), und weil er ein heiliger gott ist, wollen musz, es
wäre auch die menschheit ohne weiteres zuthun ein reich gottes
gewesen und geblieben, d. h. sie würde eine gemeinschaft sein und
werden, in der einzig der göttliche wille gilt, der göttliche weltplau
wäre so zu sagen auf ebeneren bahnen vollzogen worden , und es
hätte, natürlich auch von der vollendenden band gottes geleitet,
jene natürliche oflenbarung gentigt, gottes zwecke mit der weit,
auch der menschenweit, zu verwirklichen, nun hat aber der mensch
durch die sünde von gott sich losgerissen, seinen willen von gottes
willen getrennt.* um aber dennoch ein reich gottes auf erden zu
gründen, war eine ergänzung der schatienden und wirkenden gottes-
mitteilung erforderlicb. es muste zu diesem behuf die oüenbarende
kraft gottes, um der macht der sünde ein gegengewicht zu sehafl'en
und sie zu brechen, noch weiter als eine erlösende wirken, dies
konnte nur dadurch geschehen, dasz gott besondere Veranstaltungen
ti'af, um das menschengeschlecht für seine bestimmung, dasz es ein
reich gottes würde, zu erziehen, dazu bedurfte es auszerordent-
licher ofiPenbarung durch thatsachen, persönlichkeiten und Wahr-
heiten, mittelst welcher die wahre religion zu ihrer vollen kraft und
reinheit zu gedeihen vermochte.
Anm. 4. Als mittel, wie diese erlösende erziehung der mensch-
beit für das reich gottes bewerkstelligt werden konnte, ist nicht wol
ein anderes denkbar, als das der erwählung eines besondern Vol-
kes und einzelner Persönlichkeiten innerhalb desselben, deren fähig-
keit, gottes Offenbarung zu empfangen, zu pflegen und fortzupflanzen
ea möglich machte, jenen zweck im lauf der Jahrhunderte zu erreichen.
' wie und waram das geteheheo itt and in foli^e der dem weaen
des mensoben eig^tfimlichen und notwendigen Willensfreiheit so ge*
sehehen mnste, s. mein programm Tom j. 1$76, s. 23 f.
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72
Ueber religion, offonbarung, heilige schrift
denn es ist anerkannte thatsache, daez anch auf anderen gelnetm
des lebenSf z, b. in der kirnst, nnd selbst in der natorwissoischaft,
eine höhere stufe, wodurch ein wesentlicher nnd bleibender fortscbritt
erzielt wird, nur in der weise erstiegen werden kann, dass zu dem
durch TorgBnger geleisteten mittelst durchaus genialer, originaler
und durch besondere umstände auf eine fiberragende hl&e gestdtter
geister etwas hinzukommen musz, das wie eine nensehOpfimg in die
weit herein tritt und in derselben fortwirkt, das ist aiso nur mög-
lich durch einzelne von gott berufene und erwählte persönlichkates.
mehr als irgendwo war dies geboten im gebiet der religion. so wir
also eine solche erwählung des volkes Israel, zuvörderst in der per-
son seines Stammvaters Abraham, eine notwendigkeit, und
schon in diesem betracht durchaus gottes würdig und seinem sonsth
gen wirken und walten entsprechend, somit nichts weniger ib
durch eine befremdliche willkür hervorgerufen, auch ist dieselbe
entfernt keine Parteilichkeit gegen dieses volk und dessen er-
wählte häupter. denn einesteils war ja diese erwählung von anfang
an an gewisse bedingungen, waren die voirecbte an bestimmte
pflichten geknüpft, andernteils ist gleichfalls von jeher ausge-
sprochen, dasz der dem volk Israel geschenkte segen und das ia
seiner mitte ei ^^cheinende heil der ganzen menschheit zugute kom-
men sollte, 1 Mos. 18, 18. 19, wie es denn auch in und durch
Christus sich erfüllt hat.
Anm. 5. Man denke an die nach menschlichem ermessen fast
unbegreifliche erlösung aus der ägyptischen knechtschaft und die
eroberung Kanaans durch ein unkriegerisches hirtenvolk, aber auch
an die weiteren führungen des volkes Israel, insbesondere an die
schweren gerichte , unter welchen dieses volk für seine bestimmung
geläutert, erzogen und erhalten worden ist.
Anm. 6. Indem Jesus Christus, ebenso wie die äuszere natur
in ihrer art, auf dem gebiet des sittlich religiösen lebens ein wider-
strahl und abglanz göttlicher herlichkeit (ööHa) war, ist in ihm die
Selbstmitteilung gottes , und zwar als erlösende Offenbarung, in der
vollkommensten und wirksamsten weise vollzogen, dies ist Job. 1,
14 in dem bildlichen ausdruck zusammengefaszt : *das wort (siehe
anm. 11) ward fleisch', was so viel heiszt, als: gottes wille und
rathschlusz , die Schöpfung durch eine erlösung zu vollenden , ist in
einer menschlichen persönlichkeit und ihrem werk verwirklicht
worden.
Anm. 7. Das sind die propheten gottes im alten und neuen
bunde, von Mose an bis auf die apostel, d. h. die Sprecher und aus-
leger der thatsächlichen Offenbarungen gottes und verkündiger der
von ihnen vernommenen göttlichen Wahrheiten über gottes sein,
wesen und rathschlusz in Vergangenheit, gegen wart und zukunft.
Anm. 8. Wie der apostel Paulus, 1 Kor. 7, 12 und sonst, die
aus eigener meinung geflossenen Wahrheiten mit aller bestimmtheit
unterscheidet von dem, ^was der herr sagt, was er aus gott und vor
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üeber religion, oüienbarung, heilige schrift.
73
gott rede', 1 Kor. 2, 13. 2 Kor. 2, 17; so finden wir ganz dasselbe
bei allen echten propheten auch des alten testaments , dasz sie sich
nemlich ganz gewis waren, dieses und jenes, was sie als gottes
stimme verkündigen, sei ihnen wirklich von oben eingegeben, seien
göttliche, sie selbst überwältigende, ihrem geist vom höchsten wesen
mitgeteilte Wahrheiten, und keineswegs erzeugnisse ihrer eigenen
denkkraft und menschlicher Weisheit, Jcrem. 20, 9. coli. 15, 16. 19.
deshalb gelten die ihnen gewordenen oflfenbarungen mit recht als
übernatürliche, ohne aber deshalb unnatürlicli, widernatürlich oder
wider vernünftig zu sein.
Anm. 9. Als übernatürlich und auszerordentlich erweisen sich
diese Offenbarungen hauptsächlich dadurch, dasz sowol die thatsäch-
liehen kundgebungen gottes, z. b. in der gesetzgebung , der person
und dem werke Moses oder in der menschwerdung gottes in unserm
erlöser, als die daran geknüpften aufschlüsse über gottes wesen und
willen, somit die hier vorliegende göttliche manifestatio wie die in-
spkraüOy nicht aus dem gewöhnlichen gang der dinge, aus der natür-
lich-melischlichen geisteskraft, bildung und entwickluag abgeleitet
werden können, sondern etwas durchaus ursprüngliches, neae^ un-
mittelbar durch gott gewirkte, anfönge und aohtfpfungen sind, fio
steht denn, wie Jesus als wunder gottes im nenm testament, so im
alten das volk Israel mit seiner religion inmitten der zeitgenössi-
schen Völker als auszerordentliche göttliche Schöpfung da. denn
diese xeligion hat sich viele Jahrhunderte lang, gerade im kämpf mit
dem geist des volkes im groszen , in den gottosmännem in seiner
mitte und durch sie nicht blosz erhalten, sondern immer reiner ge-
staltet, deshalb kann weder diese religion noch können die trttger
derselben als natürliches gewächs von unten, vielmehr nur als gäbe
nnd als Sprecher einer Offenbarung von oben erklärt werden, oder
sollte auch nur — um wenige beispiele zu nennen — 'der schlichte
rinderhirte von Thekoa, Amos, sein gedankenvolles, tiefsinniges
prophetenbuch , sollten die ongelehrten, in vielem so kurzsichtigen
fischer des galiläischen meeres ihre brieife voll herlicher Wahrheiten
von gott, von des menschen wesen nnd bestimmung, von dem hcils-
plan für die menschheit ohne höhere beihilfe haben verfassen kön-
nen? wahrlich eher würden wir es denkbar finden^ dasz der nächste
beste hirte oder landmann unserer tage die complicierteste maschine
^eses Jahrhunderts ohne jegliche fremde belehrnng nnd mitwirkong
ZQ Stande brächte.' '
Anm. 10. Dasz gott sich auf die genannte, allgemeine, natür-
liche, mittelbare art in natur, geschichte und gewissen geoffenbart
liabe, bezeugen die oben angeführten stellen der bibel. in der rede,
welche Paulus in Athen gehalten hat, weist aber dieser apostel noch
^ aus meiner abliandlung: 'das göttliche und das menschliche au
^ heiligen Bebrift' in der feetschrift der gymnasien und eeminaiien
nSrttembergs sur vierten siealarfeier der univertitftt Tübingen 1877.
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74
Ueber reUgion, offenbaniiig, heilige schrift.
insbesondere darauf bin, dass diese allgemeine göttliche ofifenbarang
auch Yon anszerbibliseben sehiiftstellem erkannt worden sei und
dasz somit auch hier spuren wahrer gotteserkenn^us gefunden wer-
den, demgemttsz haben filtere kirdienlehrer gans richtig und im
sinn des apostels es ausgesprochen, im heidentum seien gleichfalls
Samenkörner wahrer religion (Xötoc CTrepMamöc) ausgestreut,
Justin apol. 2, 97. 1, 17. Lactant. dir. inst. 7, 6, und Clemens Alex,
sagt Strom. 1 1, 151: Ti T<^p im TTXdruiv 1^ Mujucf)c dTTUcKiDV.
dasz dem so sei, erhellt aus einer menge von stellen griechisi^er
und römischer Schriftsteller, der spmdi bei Homer Odjss. 3, 48
. . irdvTCC hk 66i£rv x^^oOc' &v9pu)irot, klingt in yielen solcher
auszerbiblischen stimmm nach, am bekanntesten sind die ftusze-
rungen über gott und Offenbarung gottes in der natur, in den
menschlichen geschicken und im gewissen aus dem munde des So-
krates in Xenophons memorab. IV 4, 19 und die sätze über gott bei
Cicero de legibus I 8, 24. de nai deor. 1, 16; femer der^ttberall im
dassischen altertum hervortretende glaube an die rachegöttinnen
als die stimmen der gottheit im innem des menschen, und die, na-
mentlich von Herodot so entschieden ausgesprochene ansieht und
lehre yon der göttlicheir Vergeltung ftlr menschlichen Übermut, als
einzelne belege seien noch bemerkt die sprüche.Ton Plato de rep.
10, 613: eic 6cov buvaröv dvSpuiTTip 6jLioiouc9at 6€i]>, von Zeno
(bei Diog. Laert. 7, 1) : coq)Ouc Beiouc elvai, aus einem griechi-
schen gnomendichter : ßpOTOic äiractv f) cuv€ibncic Oeöc, von Cicero
de nat. deor. 2 , 66 : nemo vir nvagniis sine aliquo afjMu divino Ufh
quam fuU^ vgl. de rep. 3, 22, von Seneca epist. 41, 1 : prope est a te
DeuSj tecum esi, inkts est, — Sacer inter nos spmtus sedet^ mälorum
tonorumque nostrorum dhservator et custos, und von demselben in der
schrift von der Vorsehung § 5. der satz: inter bonos viras ac Deutn
amwUiaest^ conciUante virtute, amicitiam dico? itnmo etiam neoeS'
süfido et smiUtiido, wo.ganz, wie in der bibel, die religion als er-
fahnmg einer gemeinschaft zwischen gott und dem menschen be-
schrieben wird.
Anm. 11. Nach den angeführten stellen bezeichnet also die
bibel mit dem ausdruck Vort gottes' zuvörderst das göttliche schaf-
fen sowie seine Offenbarung im gewissen, im gesetz (Ps. 119, 105),
in den propheten (Hesek. 2, 47), welche ja dermund gottes sind,
ganz besonders aber gottes menschwerdung in Jesus Christus, als
dem kern und stem aller göttlichen Offenbarung, deshalb wird fürs
zweite die Verkündigung von Jesus, seiner person und seinem werk,
wort gottes genannt, Luk. 1, 2, und ebenso im laufe der Zeiten fürs
dritte die Urkunden der göttlichen Offenbarung, die Schriften, welche
* wol die vollständigste Bammlang solcher mit den biblischen lehren
BQBftmmenstimmenden sprüche iBt: ^christliche klänge auB den griechi-
schen und römischen classikern' von R. Schneider, prof. am gymo. sn
Meiningen, Gotha 1863, Perthes. LVI u. 376 s.
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Erit notizeu zu den beschiüaBen der Berliner orthogr. conferenz* 76
Ton derselben zeugen, da somit die bibel selbst sich (niobt wort
gottes nennt, sondern dieser ausdruck überall nur in der ersten und
zweiten bedeutung gebraucht wird, ist 68 richtiger, vom wort
gottes in der schrift zu reden, und, um aieh vor Überschätzung
des geschriebenen wertes zu hüten , immer dar^ su denken, dasz
wort gottes zunächst die an die männer gottes gekommene Offen-
barung bedeutet, deren schriftlich o iassung sodann das besondere
werk verschiedener menschen und zeiten gewesen ist und somit da
und dort auch menschliche gebrechlichkeit an sich trägt.
(sehlnss iolgt.)
SOHÖKTHAL. MSZOBR.
11.
KßlTISCHE NOTIZEN ZU DEN BESCHLÜSSEN DEE
BEELINEÄ OliTHOGKAPHISCHKN CONi^EßENZ.
Die Berliner conferenz beginnt ihre 'regeln für die deutsche
Orthographie* mit ausführlichen 'Vorbemerkungen' über die betonung.
es liegt darin mittelbar eine erfreuliche anerkennung der Wichtigkeit
des tons für die deutsche reohtschrmbung. auch liegt die neueste
grosse entdeckung des hochverdienten herm von Baumer auf diesem
gebiete: die beobaohtung, dasz die drei Tocale a, o, u, deren um-
laute ft, 0, ü und die diphüionge [und alle ttbrigen langen vocale vgL
§ 10 der vorläge] stets betont sind, doch erheben sich gegen die
behsndlung der prindpieU so bedeutsamen tonverhttitnisse auch
einige bedenken, es möge verstattet sein denselben nach der vor-
flchrift 'prindpüs obsta' schon gleich hier ausdruck zu geben; um so
leichter und kürzer werden wir uns dann später bei den einzelnen
pnncten verstSndlich machen k(tanen. und was die dehnungszeidien
betrifft, diesen hauptangelpunct jeder orthographischen reform, so
ist sine prindpieUe besprechung der betr« conferenzbeschlttsse nur
hi«r möglich , wo die grundstttze für ihre bclhandlung gelegt sind.
ZunSdist ist die unterschddung von hoch ton und tief ton
m Vorbemerkung 1 für die Orthographie ohne folgen; bdderlei
arten von stftrker betonten silben verlangen gleiche orthographisdie
behsndlung; nur bei den unbetonten silben bldbt die sogenannte
*kQrze' — oder, wie wir in den früheren heften dieser zeitsdirift
(jahrg. 1876)* zu zeigen versucht haben, die fast vollkommene zdt-
ond vocallosigkeit unbeseichnet; in allen betonten, d. b* hoch- und
tieftonigen silben sollte die quantität, d. h. länge und kürze — und
daaut adso auch der accent erkennbar sein, denn nicht nur alle
langen (s. o.), sondern auch alle kurzen vocale sind betont, es
* 'zur conservativeu reform unserer uationalen rechtächreibung.'
inf diese artikel werden wir einige mal verweisen müssen, um Wieder-
holungen und wdtenmgen möglidiit su meiden«
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76
KritiBchü uotüen zu den bebchlüäbeu
könnte deshalb in Vorbemerkung 1 füglich zugesetzt werden, dasz
hoch- und tieftonige silben für die Orthographie
gl eich werthig, beide entweder lang oder kurz sind, dasz da-
gegen die tonlosen silben auch fast zeit- und vocallos sind, damit
von vornherein falschen folgerungen und einer Unterschätzung
des tieftons (in stamm- und nebensilben) vorgebeugt
werde.
Vorbemerkung 2 beginnt mit der für die Orthographie ge-
fftbrlichen etymologischen Scheidung der Stammsilben von den
'bildungselementen' und der besondem hervorhebung des hochtons
der erstem, in den 'erläuterungen' (s. 188) sucht Raumer das
hineinziehen dieses etymologischen princips in unsere vorwiegend
phonetische rechtschreibung als nicht anphonetisch etwa durch fol-
genden schlusz zu begründen, die Stammsilbe ist in den germani-
schen spraoben mit sehr seltenen ausnahmen betont; nnn aber sind
im neohocbdentsehen alle betonten silben lang, von natnr oder darob
Position: also kann man den ansdmck 'Stammsilbe' vom phoneti-
schen gesiohtspunct aus fast überall mit der bezeichnung ^lange
silbe' vertauschen, in diesem Schlüsse enthSlt der obersatz nur die
halbe Wahrheit, die hier in betracht kommt; der Untersatz beruht
auf einer der deutschen spräche mit nnredit ao^gfezwnngenen regel
der olaBsischen granunatik; der sehlnszsatz ist deshalb imriehtig, in-
dem Bubjeot und prKdicat zu enge begriffe enthalten, denn znnftohst
ist es fir den Torliegenden Zusammenhang nOtig zu sagen, dasz
anszer den Stammsilben auch noch sehr viele nebensüb^ betont
sind — und in wirkliehkeit haben gar manche (z. b. ant-, erz-,
ur-, -ei, -ir, -ier n. a.) sogar den hochton, wShrend die betreffende
Stammsilbe tieftonig ist. sodann sind die betonten silben nicht alle
lang! sondern die hSlfte derselben ist kurz; doppelconsonanz be-
wirkt im dentsdien nicht nnr keine poiitionsl&nge wie im lateini-
sohen, sondern ist im gegenteil gerade das zeichen der kOrze, wie
a. a. o. nachgewiesen, deshalb endlich sind anch nicht alle Stamm-
silben lang; sondern alle tonsilben (d. h* die Stammsilben -|- der
httlfte der nebensilben) sind zeitsilben (d. i. lang oder korz). dieser
sehlnszsatz ist keine sog. identische gleich ung; denn im gegensatz
zn den tonsilben und die tonlosen silben (d. h. viele nebenisilben
und im zusammenhange der rede oft einige einsilbige stämme) weder
lang noch auch kurz, sondern fast ganz zeit- und yocallos, sie haben
nur ein unbestimmtes halbes e, wie a. a. o. gezeigt.
Wenn nun silben, deren vocal durch folgende doppelconsonanz
als kurz bezeichnet wird, für *po8itionslang* gehalten werden, so
ist diese anf&ssung zwar ein directer sprachlicher irrtum, aber der-
selbe wird nicht leicht unmittelbar orthographische oder ortho-
epische fehlschlOsse erzeugen, er bleibt mehr in Vorstellung und ge-
danke latent, wenn dagegen die fragliche phonetische besümmung
(sei sie nun die 'Unge', oder vielmehr die quantitSt, oder anch die
betonnng) so fast allein und vorzugsweise bezüglich (des hochtons
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t
der Berliner orthograpluBchett conferens. 77
und) der meist hoobtonigen Stammsilben ausgesagt und behauptet
wird , so ist an der richtigkeit dieser bälfte der Wahrheit zwar kein
zweifei , aber diese einseitige Vorliebe für hochton und Stammsilbe
erzeugt allzu schnell eine zmlicksetzung mid vemaohlftssigimg des
tieftons und der teilweise nur tieftonigen nebensilben , die* nur ety-
mologiseh, nicht aber in Orthoepie und Orthographie den Stamm-
silben nachstehen, da sie grösten teils ebenso gewichtig und betont
— und deshalb lang oder kurz sind wie die Stammsilben ; Tgl. a. a. o.
freiUoh *in jedem einfachen deutschen worte hat mit sehr seltenen
ausnahmen die Stammsilbe den hochton', aber immer so ein-
fache Wörter hat nur die gelehrte etjmologie; in den werten der
lebendigen rede, also in der Orthographie ftb* unser ganzes volk, fin-
den wir in jedem satze Stammsilben mit dem tiefton, z. b. die vier
gesperrten in dem angeführten satze selbst, während andere, oder
die schon genannten nebensilben hochtonig sind.
Durch jenes hervorheben des etymologischen princips der
stanmisilbenÜieorie kommen nun zum groszen nachteil des fiioneti-
sehen Charakters unserer Orthographie die bedeutungsvollen, beton-
ten nnd deshalb langen oder kurzen nebensilben -«- halb unvermerkt
— in gefahr, ihrer qnantiittts- reep. kOrzebezeichnnng (d. h. der
doppeleonsonanz) beraubt zu werden, oder wenigstens vorläufig eine
ungleiche behandlnng betreffs derselben zu erleiden, und so finden
wir denn aneh bei den einen zwar noch stets die doppeleonsonanz,
z. b. miß-, misse- (§ 25), vgl. Eaebitz, Stieglitz, Moritz, Lakritze
(§ 4), Eirmefs (und Kinnes), Cürafs, GommiiB, Gompafs, vgl. g 36,
ApeÜ (dagegen April) u. s. f.; bei anderen ist dieselbe im Singular
geschwunden und im plural geblieben, z. b* -nis plur, -nisse, -in
plur. -innen (§ 3 und 25) ; wieder bei anderen fehlt ebenfalls , trotz
der betonten kflrze, die doppeleonsonanz in einzahl und mehrzahl,
z. b. Pilgiim, Pilgrime, Notiz, Notizen (§ 2) u. s. w. vgl. § 3 a
Walfisch, Damhinch; mitunter endlich stät sie im sing, und fehlt
im plur., z. b. Musehnann plur. (Muselmänner und) Muselmanen.
Es dürfte daher der Vorbemerkung 2 wol znznfttgen sein , dasz
die betonten Stammsilben und die betonten neben-
silben orthoepisch und deshalb orthographisch gleich-
werthig sind (beide bald hoch- bald tieftonig, beide teilweise lang
teilweise kurz, beide der quantitftts- resp. der kflrzebezeiohnung und
dadmch also gleichzeitig der tonbezeichnung bedttrftig), damit von
vornherein einer unterschStz'ung und unrichtigen oder inoonse-
qoenten behandlnng der gewichtigen (hoch- oder tief-
tonigen) nebensilben vorgebeugt wwde. — Nebenbei be-
merkt, Uitte bei der eingehenden behandlnng der tonverhältnisse in
Vorbemerkung 2 betreffs der zusammengesetzten w(Srter genauer ge-
fitgt werden kOnnen, dasz in der regel die erste [statt die 'eine*]
s^uumsilbe den hochton und dasz die andere Stammsilbe den tief-
ion habe [statt *die anderen silben haben entweder den tief ton, oder
Iis sind unbetont'].
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78 Kritische uotizen zu den beschlüssen
Vorbemerkung 3. — Durch die darlegung der schon ge-
nannten schönen Raumerschen entdeckung, dasz a, ä, 0,0,
u, Ii und die diphthonge stets betont sind, wird schon im voraus die
wichtigste neuerung der conferenz vorbereitet und begründet: dasz
also bei. den genannten sechs vocalen jedes dehnungszeichen
fallen könne; denn sie seien als betonte vocale selbstverstUndlich
lang, wenn das zeichen ihrer kürze (folgende consonantverdoppelungi
fehle, anders bei e und i; bei diesen werde umgekehrt (meist) die
quantität, d. h. die kürze und die länge bezeichnet, und dadurch
zugleich der ton. so sei z. b. in 'entehrt' das dehnungszeichen zu-
gleich tonzeichen. — Der Vollständigkeit halber wäre auch ein bei-
spiel erwünscht, bei dem das kürzungszeichen zugleich tonzeichen
ist , etwa 'gebettet', während bei 'gebetet' der ton nicht bezeichnet
ist, Tgl. 'Gebet'.
Diese yorbemerkang führt bis hart an die schwelle der beob-
aohtung, dasz unbetonte silben weder lang noch ^knrz*, sondern last
ganz zeit und vocallos sind^ indem ihr Wocal' ellsionsfittng und lut
stets halb elidiert ist (vgl. a. a. 0.). diese beobachtung dürfte eveni
zuzusetzen sein. Allein schon die folgerung^ dasz bei den stets
betonten sechs Toealen die längenzeichen überflüssig seien, die con-
sequente anwendung der kttrzenzeichen ausreiche , ist eben nur teil-
weise theoretisch' (Baumer s. 189) richtig ; praktisch durchfOhrbai
ist die legel deshalb nicht so leicht, weil die notwendige gegen-
forderung consequenter kürzenbezeichnung, d. h. consonantyerdop-
pelung in unserer Orthographie bis jetzt nicht möglich ist; denn die
doppelbuchstaben werden nie, die consonantgruppen ungern yer-
doppelt u. 8. f., vgl. a. a. 0. wenn also z. b. auf einen der betonten
Yoctde eui ch oder rt u. dgl. m. folgt, so erkennen wir zwar den
ton, weil der betreffende Tocal eben stets betont ist — die quantitit
desselben aber bleibt unbezeichnet und dunkel, z. b. SprSche und
Siehe, Bärt und hM usw.
Dazu kommt, dasz man bei der aufhebung der dehnnngszeidiett
yerttnderlicher (flectierbarer) silben meist nur die einfachsten formen
derselben vor äugen hat. das gibt besonders bei den yerben und
namentlich bei den schwachen veranlassung zu bedenken, man darf
hier nicht vorwiegend an die prima praesentis oder den infinitiv
denken, ist auch wonen von Wonnen, wone von Sonne betreffs der
quanUtät deutlich unterschieden, so ist dies doch bei wonst und
sonst, wonte und bunte, gewont und gewandt, wont und band nicht
der fall, hier können die dehnungszeichen bei a, 0, u, tt, ö, ü schon
nicht mehr *ohne die «.geringste Zweideutigkeit' (Banmer s. 189)
fallen, und wenn sie dennoch fallen, so zeigen aussprachen wie
Hoffart, Wollust, furt, Frankfurt, Hochzeit, gehabt (von haben),
gibt, gibst, sagte, gesigt, Schuster, Schublade, Schwibbogen,
polnisch, Irland, vierzig, siebzehn, vielleicht, ziemlich usw. die
grosze gefahr, in welcher die unbezeichnete iSnge solcher formen
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der Berliner orüiographischeii conferenz.
79
schwebt. Orthographie und Orthoepie sind eben antrennbar, jede
beeinfluszt unmittelbar die andere.
So hatte die spräche trotz der vielen geschwundenen dehnnngs-
zeichen bisher instinotiv kaum bei einem sohwachen zeitwort das-
selbe ohne besondem grund aufgegeben, denn z. b. in lofen n. dgl.
gibt das r das feste zeichen vorausgehender Iftnge (malen hat man
von mahlen unterschieden; besser umgekehrt, weil wenigstens das
partic. gemahlen stark ist, nicht gemalt); rOten n. dgl. haben das
t der schwachen endung dureh e vom stamme getrennt, rötete, ge-
rötet; Überall blieb die qnantit&t ersiehtlich. — Die starken Teä»
allerdings bedürfen der dehnungsseiohen schon weniger, weil in
praet und part. kein consonant an den stamm tritt und dadurch
dessen quantitttt verdunkelt, wenn deshalb die commission (§ 16)
sogar von stehlen im praet. stahl das h beibehalten möchte, so ist
diese rttcksidit auf die ^yerwandtsehafib', vom standpuncte der con-
ferenz, fast zu weit gehend, jedoch nicht falsch, wie wenn ta^ von
sdirecken im praet schrak der Verwandtschaft halber ck schreiben
wollte, wie aber hier das c fehlen mosz, so kann auch dort das h
fallen, wie ee sonst nach a usw. fehlt, ohne dasz diesmal die quanti-
tiit unbezeichnet bliebe, und ohne dasz der wortstamm eine grössere
verBndemng erlitte als bei stecken praet. stak, backen buk, bitten
bat, tre&n traf, oder gleiten glitt, greifen griff, alle diese formen
haben das quantittttszeichen nur da, wo es notwendig ist, ohne dasz
deshalb die Verwandtschaft' derselben irgend verdunkelt wflrde.
dies nebenbei.
Das abwerfen der dehnungsseichen bei den sechs stets betonten
vocalen trotz der Verdunkelung ihrer quantitftt zeigt, dasz die er-
kennbarkeit des tons höher gilt, als die der quantitftt ^ dasz die
'dehnungszeichen' bei e und i nur beibehalten werdra, weil sie zu-
gleich tonzeichen sind, die genannte gefahr der quantitfttsverdunke*
lung aber war der grund, weshalb wir a. a. o. nicht den weg&ll
der dehnungszeichen, sondern den ihrer wiUkflrlichen anwendung
wünschten: die überflüssigen dehnungszeichen und kürzungszeichen
sollten fallen, fehlende dagegen eher sogar neu eingeführt oder
zurückgeführt werden, damit möglichst bei jeder silbe die
quantitftt und damit zugleich der ton erkenntlich sei. wir
verkennen jedoch weder die lüclipi, die ein blosses conservieren des
usus nach den genannten gesichtspuncten immer lassen würde, noch
die Schwierigkeit, die sich einer reformierenden Weiterentwicklung
des Schreibgebrauchs in dieser richtung hin entgegenstellt; wir hal-
ten aber weder erstere für unheilbar noch letztere für bedenklich
und haben deshalb a. a. o. bezüglich aller betonten silben ein prin-
ciplelles und consequentes compromiss zvrischen den beiden arten
der qusntitfttszeichen nach festen und einfachen grundsfttzen ver-
SQcht: entweder werden alle einfachen consonanten nach
kürzen verdoppelt und ISngen vor zusammengesetzten
consonanten (ch, z usw.) gedehnt; oder weicbe Consonan-
Oigitized
80
Kritische uotizea zu den bescblüsBen
ten werden nach kürzen verdoppelt und längen vor
scharfen consonanten gedehnt, nach beiden regeln wäre
bei jeder silbe ton und quantität sofort bezeichnet.
Sollte aber die reform in der andern mehr das schreiben
als das lesen vereinfachenden weise durchdringen, sollen
einmal die sechs dunkeln vocale die dehnungszeichen principiell ver-
lieren — alsdann möchten wir, dasz auf diesem wege auch con-
sequent der letzte schritt zum ziele gethan werde,
dasz auch i und e die dehnzeichen aufgeben, die entgegenstehenden
Schwierigkeiten sind im vergleich zu den auch schon bei den andern
vocalen vorhandenen nicht sehr erheblich und verschwinden geradezu
gegenüber den Vorzügen viel einfacherer regeln und anderer directer
praktischer vorteile, welche, wie wir später sehen werden, die voll-
kommenere consequeiiz im gefolge hat.
Sollen also einmal die dehnungszeichen fast alle (und als
dehnungszeichen grundsätzlich und streng genommen geradezu
alle) fortfallen — - dann auch fort mit dem hinderlichen letzten klei-
nen reste ! können wir bei ante , geant und in tausend ähnlichen
fällen die dehnungszeichen entbehren, so können wir auch bei gebet,
entert und den selteneren ähnlichen Wörtern die tonzeichen missen,
als welche die hier bewahrten dehnungszeichen fungieren sollen.
Mie allgemeine deutsche orthographische regel von dem gleich-
bleiben der quantität beim hinzutritt von flexions- oder bildungs-
Silben' (Baumer in den verh. s. 189) hilft uns zur schnellem Orien-
tierung beim lesen dort (bei a, o, u, ä, ö, ü) ebenso wenig, als die
ebenso 'allgem^e deutsche orthographische regeP von der betont-
heit der Stammsilben hier (bei e imd i). und. ebenso wenig wie wir
bd 'entest* sofort wissen kennen , welohe silbe die Stammsilbe, also
zu betonen ist; ebenso wenig kennen wir dort, wo mehrere oonso-
• ten auf einen dunkeln vocal folgen , sofort wissen ^ ob die letzten
consonanten flezions- oder bfldnngselemente sind, der stamm also
ein&ohsn oder mehr&dhen anstaut hat, also lang oder kurz zu
sprechen ist — noch ganz abgesehen von den einfachen auslauten,
die als doppelbuchstaben geschrieben werden (ch usw.) und die
vorausgehende quäntitttt derselben sechs vocale ebenfalls im dunkeln
lassen u. s. f. ja hier hat offenbar das taktgeftthl des leaenden eine
viel Ittngere reihe von schlttssen, ^nn auch unbewust, zu durdieilen.
Wir sagten oben: falls wir bei a, tt, o, ö, u, tt gar oft auf die
qnantittttsbezeichnung verzichten müssen, so wollen wir alsdann
der gröszem einfacfaheit und consequenz unserer rechtschreibung zn
liebe auch bei i und e auf die lfingen-(ton-)zeichen verzichten; denn
diese werden wir nicht so hfiufig vermissen, als uns die auch selbst
bei i und e wieder nicht r^lmftszige durohbrechung des grund-
satses von der niehtbeseichnung der iSngen stoszen und in weitere
Schwierigkeiten und abweichungen drftngen wfirde. in der that
aber ist der Verzicht' bei i kaum grösser als bei den sechs stets be-
tonten vocalen Baumers. wir mttssen uns wundem, dasz man den
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• der Berliner orthographischeii eonferenz. 81
sechs der dehnungszeicben beraubten vocalen von yielen selten her
das enoch lieber anreihen möchte als das i. und doch ist gerad e
der vocal i immer betont^ sc gut wie jene sechs, mit
alleiniger ausnähme vielleicht der zwischen vorausgehendem hoch-
ton und zugleich nachfolgender tonlosigkeit sehr tieftonigen und
elisionsfiUiigen silbe -ig (und -isch?). die silben -ling, -icht, -lieh
und -isoh haben doppellaute oder doppelbuchstaben, die auch nadi
a usw. nicht verdoppelt werden könnten; eine Verdoppelung des g
in ig wSre allerdings möglich, ist aber Überhaupt äusserst selten
und nur in norddentsöben Wörtern.
Und doch kann selbst diese am leichtesten betonte aller
i^nehensilben' immer noch die tonsilbe eines reimes bilden, sobald
sie (wie die tonsübe jedes reimes es haben musz) eine unbetonte
Silbe Tor sich bat. so^. b. ist wttsserig, untadelig , wttsserige , un-
tadelige usw. ein ebenso untadeliger reimscblusz, wie Hindemisz,
Bürgerin, Finsternisse, Königinnen usw. — Eine reimtonsilbe aber
können selbst die bedeutendsten e-nebensilben niemals bilden, weil
sie allein wirklich ganz unbetont sind, so z. b. würde ein reim mit
der silbe -ster, etwa ergebenster nur zum scherz gebildet werden
künuen, um durch diese fehlerhafte bildung lachen zu erregen 5 ja
noch andere solcher e- silben verlieren sogar, wenn sie in die zum
reira sonst passende Stellung (d. b. binter eine unbetonte) kommen,
dennoch ihren vocal, z. b. scbmeichernd, lächernd, pliitscher'nd.
den i- silben müste in solcher läge eher die vorausgehende unbe-
tonte (also ein e) weichen, z. b. wäss'rig, ek'lich, dicbt'risch; nur
der Kladderadatsch bildet 'diplomat'sch'. ja für das übergewicht
des i über das minder tonreicbe e ist selbst der name unserer deut-
schen reichshauptstadt ein sprechender beweis, die trotz des 'BSr-
lein' und abweichend von der regelmäszigen deutschen betonungsart
den hoch ton auf der letzten silbe, d. h. auf i tragen wird, so lange
die an der sonstigen tonstelle in deutschen Wörtern stehende erste
silbe mit e geschrieben bleibt, vgl. Galeere und Gallerie. es wäre
also das aufgeben des ie und ih nur ein aufgeben des dehnungs-
zeichens wie bei a, 0, u, ä, ö, ü, nicht zugleich des tonzeichens, wie
bei dem e, dem einzigen oft tonlosen vocal.
Principiell also steht nach den grundsätzen der conferenz
nichts im wege den sechs Baumerschen betonten vocalen das i anzu-
flcblieszen. auch ^gegen dieses verfahren wird sich von theoretischer
Seite schwerlich etwas gegründetes einwenden lassen' (Raumer
s. 189); denn wir hoffen nachgewiesen zu haben, dasz i stets be*
tont ist, so gut wie die sechs Kaumerschen vocale.
dasz unter sehr seltenen Verhältnissen einmal ein i elidiert werden
kann, z. b. heilige, vielleicht sogar ein betonteres in Baumer*Bcbe,
dasz, in Nachtigall uns noch ein i als bindevocal geblieben, wird
muerer beobacbtung ebenso wenig abbrucb ibun, wie die von Bau-
msr anm. s. 61 aufzählten abweiobungen von seinen fdgerungen.
(«r wäre ttbxigens noch berechtigt gewesen, seiner beobacbtung ent*
R. jihrb, t phO. a. päd, IL «bt 187S. hft S. 6
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82 Kritiache notizen sn den bescUtlBaeii «
sprechend das a in -sam und Monat fttr lang zu erUSren; vgl. den
plnr.) denn *alle etwa an&atreibenden ausnahmen zusammen ge-
nommen, wird man nidht viele grammatische regeln finden, die im
Terhfiltnis zu ihrem gesamten um&ng so wenige ausnahmen zeigen,
wie unsere obige regel.*
Betrachten wir die praktischen fttUe: scheinbare Schwierig-
keiten und offenbare vorteile. § 7 über dehnzeichen bei i und e fUlt
fort (ttber e spftter).
§ 8 über ie fKUt fori das i ist ja hier offenbar überall limg^
weil betont und mit einfachem auslaut.
§ 9 a über langes i ohne dehnzeiohen wird aus denselben grün-
den überflüssig; die aufgezählten Wörter, bisher ausnahmen mit ein-
fachem i, fallen jetzt unter die regel.
Nebenbei bemerkt wünschen wir 'Isegrim' im wÜrterbuche
betreffs des letzten kurzen i mit doppelconsonanz: Isegrimm ent-
spricht der ausspräche und der Volksetymologie, überhaupt können
wir schon gleich hier die bemerkang nicht unterdrücken, dasz der
fortfall der dehnungszeichen ein grundsfttzliches und
energisches wahren und mehren der notwendigen
doppelconsonanz als gegengewicht zur unabweisbaren
pf licht macht; hier ist jede neue notwendige gemination ein
fortschritt und ein gewinn, man möge nur ja nicht der so oft be-
tonten ^einfachheit' zu liebe das notwendige und zweckmäszige unter-
lassen! so z. b. sind die deutschen Wörter Ruhm und Aas (letzteres
wort fehlt im index und in § 12 und in § 15 ; 'As § 3^ c ' ist das
römische wort), gedehnt wegen des branntweins *Rum' und des
römischen 'As', häszliche entstellende ausnahmen in dem reform-
werke der conferenz. wSren alle vier Wörter lang und die ent-
sprechenden auch gleich, so würden die letztem beiden kein recht
haben die ersten beiden deutschen Wörter, zumal das so häufige und
edle wort Eum {gloria) aus der reihe ihrer genossen zu stoszen. nun
aber ist dazu Bumm (branntwein) kurz und verlangt doppelconso-
nanz ; und Ass (römische münze) ebenso ; selbst die etymologie ver-
langte letztere Schreibung, 'denn wir entnehmen den alten sprachen
den stamm, nicht den nominativ, z. b. Archont, Facultät, Elephant;
auch der plnr. 'die Asse' zeigt sofort die notwendigkeit des doppel-
consonants. während also dehnungen wie 'Aas, Buhm' statt As (Af)
und Bum u. dgl. häszliche unregelmäszigkeiten innerhalb der Berliner
principien sind, wären kürzungen wie Afs und Rumm, Isegrimm
u. dgl. statt As, Bum, Isegrim usw. schöne in sich berechtigte, ja
schon im heutigen sohreibgebrauch geforderte consequenzen der auf-
gestellten, ja der schon im vorhandenen usus liegenden grundsätze
— sogar abgesehen von der durch diese kürzungen (consonant-
verdoppelungen) unmöglich gemachten Verwechslung mit den an-
dern Wörtern von verschiedener ausspräche und bedeutung. dies
nebenbei.
§ 9 a anmerkung über 1 fällt fort, da es kein ie mehr gibt.
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der Berliner ortliographischeu couiereuz.
83
% 9h über ih ist ebenfalls überflüssig; ir, irer, irige, inen wäre
von irr, irrer, irrige, innen geschieden; ebenso wäre es consequenter
ihm und ihn (und der Ahn) ohne h von inn , imm (und ann) zu
scheiden, wenn einmal unterschieden werden soll; denn die dehnung
der langen vocale soll ja (wenigstens nach a usw., also auch in ^der
Än') £Bklleii; dagegen ist die bezeiohnimg der ktixze durch doppel-
consonanz gestattet (also 2iin).
§ 10a föllt; insbesondere ist der böse streit zwischen -ieren
imd -iren grundsätzlich für immer und überall zu gunsten des letz-
tem geschlichtet durch das leichte and feste princip, dasz das stets
betonte i des ton- (dehn-) Zeichens entbehren kSnne, so gut wie die
andern sechs stets betonten Tocale. — Vom Torliegenden stand-
paneto der oonUsrenz (zmn vocal i) aus würden wir wenigstens
übarall -ieren (nirgends -iren) der consequenz und ein&chheit halber -
wUnsohen; denn das i ist betont und lang, und anch die etymologie
(die freilich nichts orthographisches entscheidet) erklfart die endung
als aus der fremden infinitivendung -ier -|- der deutschen -en zu-
sammengesetzt*
§ 10h füli und damit noch einige wOrter auf -ieren; in *ma-
meriit' wftre gar i betonter als ie!
§ 10c, wieder über ie, fällt, bei Prister wird allerdings die
quantität in der schrift verdunkelt; er mag sich in § 6 bei Papst und
Kloster trösten ; doch könnte diese wie viele andere schon unklare
längen durch Unterscheidung von L\ und szt oder fst mit stets vorauf-
gehender länge von st und fst oder sst gesichert werden (vgl. a. a. o.).
Auf diese weise schwindet durch die ttbemahme des i unter die
andern stets betonten vocale eine ganze seite orthographi-
scher regeln über i, ih und ie von dem 20 selten langen büch-
leui. und dies ist zu dem vorzug grösserer einfachheit und conse-
quenz wahrlich auch kein verttchtlicber gewinn.
Und noch ein nutzen kommt dazu, wir haben jetzt ein-
silbige und zweisilbige ie und wflrden der letztem noch eine
Terwirrende legion mehr haben ohne den vom vorliegenden stand-
poncte der conferenz aus mit recht beibehaltenen § 11 , anmerkung
über den plur, -iee und -ieen. aber auch so bleibt uns noch Spanien»
Arkadien, der Spanier und Arkadier und alle die iSnder und alle die
landsleute mit zweisilbiger ie- endung, und dazu noch der Italiener
ün mnem unklar und zwiespältig , neben dem sonst silbenreicheren
Barbier usw. auch dieser streit also wäre beigelegt, ie wären immer
zwei vocale, da i als betonter vocal kein dehnungszeichen erhält.
Es bliebe nur noch als dehnungsbedürftig das e. dieser vocaj
ist es in der that mehr als ein anderer, obschon er weniger anhänger
gefunden als das betontere i, weil man sich nach Raumer mit den
tonverhältnissen weniger befaszte; er kommt in der that allein in
vielen unbetonten silben vor , die also nach unserer meinung weder
lang noch kurz sind, sondern fast zeit- und vocallos; das betreffende
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84
Kritische notisen sa den beschlfisBeii
*e* solcher süben seheint ans nur V4 e oder V4 oin^ ^ hebräi-
schen Schwabs zu sein, dennoch möchten wir, falls einmal bei a, ä,
o, ö, u, ü die dehnnngszeichen fidlen, selbst hier deren ansmerzung
befOorworten, wie wir es bei i geihan haben.
Zunftchst ist der grosse vorteil völliger conseqnenz, einheit
nnd einfachheit unserer rechtschreibung bei gleichmSsziger behand-
lung der quantitftt aller Tocale, beim wegfcdl unbedingt aller
dehnnngszeichen klar: aus dem regelbttchlein fallen aber-
mals einige selten fort, die nicht mehr gelernt zu werden
brauchen.
Sodann ist auch das gerade von uns betonte principielle
bedenken, dasz viele e weder lange e noch kurze e, sondern eigent-
lich bald ganz, bald halb elidieite, e-8hnliche laute sind, prak*
'tisch ni<Ät allzuschwer wiegend; denn dergleichen V finden sich
nur in vor- und nachsilben, können also, da diese leicht bekannt
und ersichtlich, weniger verwirren, z. b. be-, ge-, ver-, zer-» er-, -e,
-er, -es, -en, -end, -chen usw.
Die riohtigkeit dieser ansieht wird endlich thatsSchlich
dwnsh den unbewnsten schreibgebrauch bestätigt, indem die beton-
ten e (trotz jener *e' in den unbetonten vor^ und nachsilben) selbst
noch viel öfter ihre dehnungszeichen abgeworfi^ haben als das ton-
reiehere i. können wir die dehnungszeichen bei diesen nicht mehr
einführen (z. b. geebet oder gehbet und gebeet oder gebeth), so
mögen wir sie auch dort entbehren, wo sie bisher geblieben, z* b.
in nehmen, dehnen, ehren usw. smd wir mit ^Gebet' fertig ge-
worden, so wird uns auch ^entert' nicht zu schwierig sein; abge-
sehen davon, dasz wir hier, wenn wir wollen, Sutern (mit offenem e-
d. b. S-laut und dem ton in der kurzen ersten silbe) von enteren
(mit gesi^lossener, betonter, langer zweiten silbe) und so auch En-
tert von entert unterscheiden können, ohne irgendwie aus den grund-
s&tzen der reform herauszutreten!
Und wie uns oben ie nicht* mehr zweideutigen wertbes geblie-
ben, sondern flberall nur noch zwei wirkliche silben bezeich-
nen soll, so würde auch hier ee (z. b. geert, geebnet usw.) stets
nur noch zweisilbig sein können, da von jetzt ab jede zwei vocal-
buchstab^n auch stets zwei vocallaute bezeichnen würden, in den
diphthongen allerdings zwei fest vereinigte laute.
Wir wünschten freilich, wie gesagt, eine conservative re-
form im gleichmUszigen interesse der leichtigkeit und deutliohkeit
der Orthographie filrs schreiben und lesen, eine consequente
conservierung und entwicklung aller noch im vorhandenen schreib-
gebrauch liegenden mittel, 'welche der rede hülfe thun' (Schottel),
d.h. das lesen ebenso sehr wie das schreiben erleich-
tern, nach festen, einfachen und klaren principien und deshalb
z. b. reform, nicht abschaffung der dehnungszeichen (s. a. a. c).
Oder aber, wenn einmal eine einschneidende reform zur
prindpieUen Vereinfachung der s ch r if t, dann auch hierin möglichst
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der Berliner orthographischen coaferens.
consequentes nmgestalteii, so lange der Terwirklieliimg der prin-
cipien nicht sehr gewichtige bedenken entgegenstehen nnd go lange
ihre durchflihrung die erhofften vorteile verspricht! sollen einem
pudel — man verzeihe den vergleich — nun mal die ohren modern
zugestutzt werden, dann auch beide auf einmal und sofort bis auf
die gewünschte länge! ein fester schnitt heilt schnell und glatt,
ein zaghafter reiszt und schmerzt und die häszlichen narben erin-
nern als ruinen stets an die frühere form und fordern zu einer
zweiten ebenso bösen Operation auf.
Und wenn nun auch bei e die letzten dehnungszeichen fallen,
so erwächst hier (auszer der bei allen vocalen notwendigen strengem
anwendung des kürzungszeichens) wegen der besonders
schwierigen Stellung des e auch noch eine besondere
pf licht, die zu erfüllen aber auch ein besonderes mittel
von der spräche selbst uns an die band gegeben ist. wir hatten
(a. a. 0.) bereits früher gezeigt, dasz ä und e sich dadurch
unterscheiden, dasz ä 1) stets offen und 2) stets betont
sei und 3) als umlaut von a lebendige volksetymologieen klarstelle ;
da nun e bisher, und häufiger noch in Zukunft, betreffs der quanti-
t&t und des accents (mehr als die andern vocale) unklar bleibt für
die rasche Orientierung beim lesen: so bietet uns (abgesehen von
der strengem dnrohführung der gemination nach kurzem e) obige
Scheidung des e und ä auch noch ein besonderes mittel,
diesem ttbelstande abzuhelfen; ein mittel, welches schon der
jetzige usus möglichst auszunutzen antrieb, welches aber
die geringere klarheit und 'ungenügende beetimmtheit' (Wilmanns
s. 119) des künftigen Schreibgebrauchs noch gebiete-
rischer verlangt, wo also das betonte e offen gesprochen
wird und wo es mit einem noch im sprachbewustsein unseres yolkes
vorhandenen a znsammenhSngt oder zusammen gedacht werden
bmn, da können wir überall fttglich das bezfiglich seiner (offenen
oder geschlossenen) ausspräche, bezüglich seines tons und seiner
berstammung unklare e durch klares Ü ersetzen; ja wir
mflssen es hier überall ersetzen, da die pflicht gegen unsere muiter-
spräche die möglichste anpassung ihres schriftiidien gewandes
Tsrlangt.
8o begrtlszen wir nut rückhaltloser fireude und unbedingter
nstinmiung die Yon der conferenz festgestellten ä- Schreibungen in
w&ton mit offenem e-, d. h. mit ft-laut, wie Säckel, Häcksel, Ge-
bilde, Geländer, Schwäher u. dgl. und wünschen noch einige wei-
tere schritte auf diesem richtigen und schönen wege, z. b. behau de
(hochton auf der zweiten und = bei der band). Wildbrät (tiefton
auf der letzten und = wilder braten), bläuen (= blau schlagen,
an das gelehrte rahd. hliuwen denkt kein unbefangener gebildeter
Deutscher mehr), eländ (tiefton auf der letzten, ins Eländ = ins
ausländ, ins exil; welche herliche gedankenreihe legt es nahe!),
Italjäner (ie = jä und hochton auf der vorletzten); vielleicht
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86
Kritische notizen zu den beschlflasen
such ^Sutern', gegensats 'enteren' nsw., allee mit offanem e-, d.k
mit S-lantl wie fremd sehen nicht gegen diese nadi aosspiaelie,
betonung und bedeutung klaren deutschen und deutlichen wört€r
formen aus wie Gelender, Geberde, behende, elende, Italiener, Relief,
Ingredienzien (besonders so lange noch ie = i) u. dgl7, bei denea
man weder die zahl der äilbcn, noch die offene ausspräche des e = l,
noch den ton, noch die bedeutung absieht!
War schon früher möglichste einführung des ä statt e pflicht,
so ist sie es jetzt doppelt und dreifach, ja wäre nicht manches be-
tonte e (und zwar manches lange e) geschlossen zu sprechen, also
nicht == ä, so würde der gedanke nahe liegen, jedes betonte e
durch ä zu ersetzen, z. b. äntert, entärt, gäbet, Gebät, Sämmel-
mäl, ärerbitig, verären. dadurch würde der letzte nicht stets be-
tonte vocal den andern ebenbürtig erhoben, resp. aufgehoben, und
der bleibende rest des e wurde zu einem stets unbetonten
halben vocal zu einem schwa oder kateph gemacht, unter-
scheiden wir doch auch den offenen und geschlossenen o- (und Ö-)
laut in der schrift nicht! weshalb also (betontes) e von ä?
Oder aber, wie wir bei der transcription des deutschen ins
lateinische abc unser eigentümliches vom weichen f unterschiedenes
deutsches ß festhalten müssen (vgl. a. a. c), um keinen rttckschntt
in dem phonetischen Charakter unserer Orthographie zu machen, so
könnten wir yielleicht die gnnst derselben gelegenheit zu einem
phonetischen fortechritt benutzen und zwischen dem betonten
e und dem unserer spräche eigentümlichen unbetonten
'schwa-ähnlichen deutschen halben oder viertel e unter-
scheiden, z. b. entert und entert ^ Gebet und gebet, senunehnel,
ergebenster, ererbitig, vereren nsw. so würde dias ft in seiner be-
sondern eigentOmlicbkeit als betonter offener laut und als nmlint
von a bewiärt bleiben neben eigentlichem geschlossenem betonten e
nnd dem schwa- oder katepbzeichen, dem unbetonten nnd fast zett-
losen viertelsTOcal e.
Nach den conferenzbesehlttssen könnten wir uns zur Unter-
scheidung von e nnd tonlosem V durch acoente hel^an; dieselben
sind freilich der deutschen spräche TöUig fremd nnd nen, ttnssent
henmiende, Ittstige znthaten in druck und sdmfb, -eine selbstftndig
neben der bnehstabenschrift heriaufende tonzeiohenschrift wir
haben an der interpunction völlig genug und an den i-puncten xsaA
u- strichen schon viel zu viel, für Unterscheidungen im einzelnen
notfalle aber mögen accente angehen.
Die von Raumer (s. 67) vorgeschlagene auseinandersetzung
zwischen ä und e hat viel bedenkliches und ist mit recht von der
conferenz nicht (wie seine folgerungen über die tonvocale) aufge-
nommen worden: 1) das kurze (?) e und das kurze ä seien gleiche (?)
laute, also genüge der buchstab e, z. b. Wand plur. Wende = Ende (!).
2) das lange e und das lange ä seien ungleiche laute, also bleibe das
lange ä (und e), z. b. Sal Säle(I) Säge (dehnen). — Zunächst,
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der Berliner orthogiapliiBchen eonÜBreos.
87
glauben wir nachgewiesen su haben, gibts ausser langem und kurzem
noeh das zeit- und tonlose oder halbe, elidierte e; das ^kurse* e
Baumen um&szt dieses tonlose halbe unbewust Init. das tonlose
halbe e ist aber sodann nicht immer offen und also kein mit ft
' gleicher' laut, z. b. geschlossen in ge-, be-, -stc, c (z. b. in Wfinde)
usw. femer verdunkelt e unserm sprachbewustsein die
abstammung von a: 'wende' ist uns das yerbum, nicht der plur.
von Wand, alsdann würde bei a (abweichend von o und u)
der Umlaut wie im mhd. nach der quantitJit verschie-
den: bei a zu e (Wand Wende), bei Ti zu ä (Siil Säle), endlich
tritt das bestreben, wie den umlaut, so jeden langen und kurzen
ä-laut nach der quantität principiell durch verschie-
dene zeichen ä und e auszudrücken (wie bei keinem
andern vocal) noch weit mehr aus der natur der deutschen
spräche heraus als der bisherige übelstand , dasz das e verschiedene
lautschattierungen bedeuten kann; ein übelstaud, der übrigens nun
doch bleiben würde, weil e auch bei Rauuier bald ^kurzes' ä (und
tonloses halbes e und halbes ä !) , bald langes geschlossenes e wäre ;
ausgeschlossen ist also nur die fünfte, auch jetzt seltene möglichkeit:
6 = ä , indem Pfärd , Wärt, Härd u. dgl. mit ft geschrieben werden
müsten. auch hier also kann der nhd. orthograplde nicht durch die
mhd. grammatik geholfen werden.
Um mit den *vorbemerkungen% dem prindpieU wichtigsten und
epochemachenden teile abzuscUieszen, hätten wir noch zu dem
letzten abschnitte: *die bezeichnung des tones durch accente ist zu-
ISasig' und in anbetracht des § 12 d, anm.: *zur bezeichnung der
TocallSnge kann man auch den eironmflez anwenden' einige bei-
spiele gewünscht, etwa gebet und gebet, Entert (und event. entert),
lutherisch oder lutherisch.
Bei den sieben stets betonten vocalen a, ä, o, ö, u, ü und i
wird freilich die accentsetzung wol niemals notwendig werden; bei
e jedoch kann, wenn einmal die notwendigkeit einer Verdeutlichung
einträte, zwischen dem tonlosen halben e, dem betonten kurzen d
und dem betonten langen 6 unterschteden werden, und selbst dann
bringt es die ganz vereinzelte eigentümlichkeit des e mit sich, dasz
die Offenheit oder geschlossenheit dieses lautes meist noch unbe-
zeichnet bleibt, z. b. ge-, be-, -ste, -e haben ein viertel e, zer-, ver-,
-er, -es ein viertel ä. Ehre, dehnen haben ein langes eigentliches e;
Pferd, Wert eigentlicfa ein langes &. nur die kurzen e- Silben wie
bell, Werk habrai wol ausnahmsweise stets einen kurzen ft*laut.
Nur eine einzige auseinandersetzung zwischen e und ä scheint
uns mSglich zu sein und aus der natur unserer muttersprache und
ans dem von der conferenz praktisch durchgeführten Raumerschen
touprincip mit notwendigkeit sich zu ergeben: der ganz einzig
dastehende unbetonte viertelvocal wird e geschrieben,
und den betonten vocal bezeichnen wir mit ä. dieses ä
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BemerkuQgeu zur lat grammatik von Ellendt-Seyffurfl»
würde alsdann, wie ö, bald offen bald geschlossen, bald kurz bald
lang sein, schon jetzt kommt dieser reform der ä- und e-schreibung
die ausspräche der gröszeren städte in gewissem sinne entgegen,
indem man dort sogar das jetzige lange offene ä vielfach fehler-
haft wie geschlossenes e spricht, z. b. Käfer wie Kehfer, thätig wie
theetig usw.
(fortsetzung folgt.)
Mariaweiler bei Düren. P. Didolff.
(3.)
BEMEBKUNGEN ZUB LATEINISCHEN GBAMMATIK
TON ELLENDT-SETFFEBT.
ZWETTEB TEIL,
(seblnss.)
Auch die fragesätze entbehren zunächst des hinweises auf § 304,
wonach wirkliche fragen, die von einem verbum abhängen (in-
directe fragen) im conjunctiv stehen, ebenso ergibt sich sofort aus
§ 290 und § 291 (s. oben), dasz in den fragesätzen, welche be-
hauptungen, aber in frage form eingekleidet, enthalten
(rhetorische fragen), der acc. c. inf. steht (s. a. § 811, 1). daneben
ist die bekannte fassung: fragen, die an die erste oder dritte person
gerichtet sind , stehen im acc. c. inf. , fragen an die zweite im con-
junct., für den scbüler zunächst nicht ungeeignet, (wie steht es aber
mit Caes. b. g. 1, 43 quis jpati posset? und 1 , 40 cur guisquam judi-
carä?)
Ueberhaupt aber musz das in den langen Zusätzen bei Seyffert
zu der oratio obliqua gesagte unmittelbar in die hauptregel ver-
flochten werden, sonst ist das ganze voller Wiederholungen und zu
breit, dies zeigt sich besonders bei den nebensätzen. das von die-
sen in einem zusatze gesagte gehört unmittelbar hinter die frage-
sfttze. es musz also an die stelle des dort befindlichen: 'nebensätze
stehen in oratio recta im indicativ oder im conjunctiv, in oratio ob-
liqua im conjunctiv' gesetzt werden: 'nebensätze, welche einen ge-
danken des regierenden (Seyffert des angeführten) subjectes ent-
halten (Seyffert ausdrücken) , stehen in der oratio obliqua im con-
junctiv; nebensätze dagegen, welche der erzählende als seine eigne
erklärung beifügt, stehen im indicativ.
Aber, könnte man einwenden, aufforderungssätze und frage-
sätze sind ja hauptsätze, deshalb muste in anm. 4 eine besondere
regel für die nebensätze gegeben werden, wir sind anderer mei-
nung. alle genannten kategorieen werden ja abhängig von dem
verbum dicendi, welches die oratio obliqua einleitet, folglich zu
nebensätzen gemacht, dies vorausgeschickt erhalten wir folgende
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Bemerkungen bot lat gnunmatik von EUendtoSeyffert 89
emüiiehe fomel für die ganze oratio obliqna: alle vom regierenden
verbnm abhSngigen sfttse stehen im aoo. c. inl oder im eoignnotiT«
je nachdem sie aussagen oder absiohten des regierenden snbjeets
enthalten (dass etwas gesehieht, gesohehen ist, geschehen wird, oder
dass etwas geschehen möge), die nicht vom regierenden yerbnm
abhängigen sfttze, zns&tse des -Schriftstellers, stden im indicativ.
(für die fragestttze die oben gegebene fassnng yieUeicht in einer an-
merkang.)
Danach ist auch § 279, 8 zu yerbesmn: *relatiYSfttze, die
nicht eine bestimmte thatsache anssagen (besser enthalten) stehen,
wenn sie sich an den gedanken eines abhttngigen , im Infinitiv oder
conjnnctiT ansgedrUckten Satzes ansehlieszen, im coignnctiY*. ob
der satz eine bestimmte thatsache enthält oder nicht, ist ganz gleich-
gültig, auch Sätze, welche bestimmte thatsachen enthalten, stehen
im conjunctiv, wenn sie abhängig gedacht werden sollen vom
regierenden subject. sie stehen nur dann im indicativ, wenn sie
nicht von diesem abhängig gedacht werden sollen , sondern zusiitze
des Schriftstellers sind, dieser Sprachgebrauch ist aber so durch-
greifend, besonders das zuletzt gesagte von dem anschlusz an einen
conjunctiv, dasz neben der zu § 256 vorgeschlagenen, an die spitze
der moduslehre zu stellenden regel auch diese einen platz finden
müste.
Femer hätten wir über die bezeichnung derpersonen in
der oratio obliqua folgendes zu bemerken, unter zusatz 5 finden
wir: *die erste person der oratio recta (ego, nos) wird in der oratio
obliqua, wenn sie im nominativ stehen rausz, immer durch ipsc, ipsi
bezeichnet; die zweite (f?/, vos) gewöhnlich durch i7?c, besonders
wenn sie betont ist, oder auch durch is, wenn sie unbetont ist.'
nehmen wir dies zunächst als richtig an , so vermissen wir eine be-
stimmung über die dritte person und über die erste person, wenn
sie nicht im nominativ steht, beides fehlt; nur eine hinweisung
auf den gebrauch des prönomen reflexivum § 313 und 314 steht
lunter den beispielen. da es aber offenbar auch in der indirecten
rede eine dritte person , von der man spricht , gibt, so fügen wir zu-
nächst, aber der hauptregel (S. o.) hinza: *die dritte person wird
ansgedrttckt durch «5, üüexmdhie in gegensätzen' ; und ferner setzen
wir voran: 'die erste person, die sprechende, wird durch sui^ sihi^ se
ausgedrückt.' das von ipae gesagte musz eine änderung^ erfahren, da
es den schttier irre flihrt nnd nngenan ist. nicht die unbetonte erste
person, diese ist «ut , «tdi, in der oratio obliqua, sondm nur das
betonte effo^ im», in gegensfttzen dem verbum noch hinzugefügt,
inrd dnreh ^»e wiedergegeben (vgl. Gossran s. 662, ^innebensltwn
oft mit ipse durch gegenttbersteUnngen veranlasst*), aber es steht
aneh tpse als zusate su. allen personen, wo es schon in der oratio
reeta steht, man vergleiche nur Caes* b. g. 1 , 34 si quid ipsi {Ariih
vittua respondit) a Oaisare cpm esaeti b. g. 1 , 40 cur <fe sm virMe
de ipsrns {CaemiifimtmMeos) düigeri^ de^erarent? b. g. 5, 27
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90 Bemerkungen zur lat, grammatik Yon EUendt-Seyfferl
(Asnbianx locutus est) ipsorwn esse oonsüium^ velintne dedttcere, wir
fttgen also das toh ^ßse gesagte der ersten person hinzu, führen
dann die für die zweite person gehxauchten pronoi&iiia an und
schlieszen mit der dritten person. die zweite person musz aber fol-
gende fassnng erhalten: die zweite person wird 1) wenn sie nicht
betont ist, im coigunctiT durch die blosze verbalendung bezeichnet,
im acc. c. inf. musz dum, eo8 eintreten ; 2) wenn sie betont ist, durch
tZZe, tZK (direct: tu^ vas beim verbum finitum).
Warum endlich die tempora der indirecten rede in
einer anmerknng abgethan werden, da doch die modi so ausftlhrlidi
in hftnptrogeln vnd snsfttzen behandelt werden, ist nicht einzusehen,
im allgemeinen musz natürlich die § 243 aufgestellte hauptregel
der consecutio temporum genügen, man weise also auf diese Idn,
vergesse aber nicht § 245, 4 , der Tom praesens historicnm die regel
angibt, da w;ol ebenso Tiel reden Ton diesem abhSngen, wie von
einem praeteritum. dann füge man als ansnahmefall hinzu, dasz
nicht selten auch nach letzterem der eonj. praes. und perf. sich fin-
det (nicht blosz in Ittngeren reden, wie SeyfEert angibt), dieser
hat übrigens seinen guten grun^.
Man nehme eine beliebige rede aus Caesar, z. b. b. g. 5, 27 und
sehe sich genauer diesen scheinbar unmotivierten Wechsel der tem-
pora an. da heiszt es locutus est: se dehere^ quod liberatus csset^
qmd consuesset , remissi essent^ tenuissent , 7iequ€ id quod fecerit statt
fecisset, einmalige handlung, ohne rücksicht auf dauer und Voll-
endung, fecisse^ esse, ut haberet^ dauer in der Vergangenheit, fuisse
quod non potuerit vgl. fecerit, se prohare j^osse , quod non sit, dauer,
unvollendung in dergegenwart soll betont werden, ut confidai, desgl.,
esse diäum diem, ne posset, potuisse, cum videretur, auf potuisse, nicht
auf die gegenwart bezogen, qumiiam satisfecerU, vgl. fecerit; habere,
monere ut cotisulat, in der gegenwart, jetzt, so auch velintne, quorum
absit, faciat, levetur, die letzteren drei sich dem futurum in der be-
deutung nähernd, in ähnlicher weise lassen sich alle abweichungen
von der hauptregel erkläröb, vgl. in der kurzen rede 5, 36 respondit:
si velit, quod pertineat. der gebraach von üle und tum für Mc und
nunc steht damit in engster beziehung, und deshalb ist nicht zu
sagen, dasz immer dieser Wechsel eintritt, sondern nur gewöhnlich.
üeberblicken wir das ganze, so zeigt sich; dasz das capitel von
der oratio obliqua viel kürzer^ und mit anknüpf ung an schon
bekanntes, mit hinweisung auf die anome der syntax systema-
ti scher g^eben werden musz.
Zu den fragesfttzen wftre etwa folgendes zu bemerken,
zu § 805, 4 qwm und qwmtibnm (sind in diriecter frage selten , in
indireoter bKufiger) füge man hinzu: cur in diieoten und indirecten.
neben qua re cmrei auszulassen liegt kein grund Tor. femer
zur Übersetzung von mm in directen fragestttzen: *etwa, wol beim
yerbum' empfiehlt sich hinzuzusetzen: rielleicht und (Lattmann
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Bemerkaiigen sar lat grammatik Ton EUendt-S^jrffert 91
8. 285) doch wol nicht, so dasz es lautet: nutn ist das deutsche viel-
leicht (wol), etwa ass doch wol nicht.
Da es ferner nur drei arten der directen dopj)elfrage gibt , so
ist angemessen, diese drei fälle übersichtlich vor den ebenso anzu-
führenden vier fällen der indireclen dopjjelfrage zu geben, mit
anm. 2: *oder nicht in directen doppelfragen heiszt an non^ in in-
directen gewöhnlich ncc /?t ' stimmt dies nun insofern nicht überein,
als auch falle sich finden, wo diesem nc ein utrum entspricht, z. b.
Caes. b. g. 1 , 50, ein fall utrum-nc aber nicht angegeben ist. und
doch ist bekanntlich dies ^oder nicht' nur eine durch weglassung des
Yerbum zu erklärende Verkürzung der zweiten frage (vgl. 5t non
§ 275i); also wtnm ex usu esset ^ nec ne (declararent) ist gleich
uinm ex usu esset , necne ex usu esset, der Terkttrzte fall muss also
Beine besondere regel erhalten/
In der regel von an in einfachen indirecten firagen sind die
werte: *in guter prosa* für die schulgrammatik entbehrlich, die
hinneignng zur bejahung ergibt sich daraus, dasz die beiden nega-
tionen (4ie erste ist entweder offenbar, oder versteckt) eine bejahung
eigeben. also z. b. haud sdo an hoc verum aU ist gleich : hoc vmm
aber haUä sdo an non verum sü gleich: non verum sU (con-
jimctiT der bescheidenen meinungsäuszerung). ebenso Gracchus si
<Mjtf9 vixissä {n€)scio (an) eloquenüa parum hoMsset neminem
gleich: scio eloquentia parem häbuisse neminem, ebenso (anm. 1)
duhUo an turpe ncmini sit gleich turpe nemini sit, es ist nicht zu
bezweifeln, dasz für den schüler diese erklUrung eine grosze erleich-
terung gewährt, und deshalb ist t>ie in der hei mscio an angegebe-
nen weise anschaulich zu machen, (vielleicht auch non — ne = ja?)
In dem § 303, welcher von den abhängigen hauptsätzen
(besser folgerungssätzen, vgl. zu § 272 und zu § 311) zu irrealen
bedingungss ä tz en handelt, vermiszt man ungern ein über-
Mchtlich dem auge sich leicht einprägendes beispiel und eine au-
knüpfung an § 272, 3, anm. 2, die doch so nahe liegt, z. b.
errares j si Heeres
seio te erratwrum esse^ si dkeres
non e^dMum) ^^^-^ errares, si diceres
gu» äubUat J
QBw. för das plusquamperf . act. und das pass. ferner aber empfiehlt
sie kerne hinweisung auf die drei tempora der actio infecta und actio
pwfBcta. der infinitiv der ersteren ist esse^ der der letzteren fuisse,
Wialb für errares '. crraturum esse^ für erravisses : erraUmim fuisse.
dcnigemäsz musz auch verbessert werden: 'für den conj. imperf.
steht der inf. futuri' in: 'für den conj. imi)erf. steht der infinitiv
auf man esse^^ wie für das plusquamperf. richtig bemery ist : 'der
Infinitiv auf urum fuisse\ ferner öiusz durch einen hin weis auf die
banptregel der oratio oblioua erinnert werden, weshalb der be-
amgongssatz unverändert bleibt, der folger ungssatz aber acc. c. inf.
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92 Bemerkungen zur lat grammatik TOn fillendt-Seyffert.
wird, mit diesen wafifen müssen wir dem geftlrchteteii capitel nlilier
rücken, dann wird es bald besiegt werden.
Zumaccusativ cum infinitivo wäre zunftchst. zu bemerken,
dasz das, was erst § 294 von den yerbis affectuum gesagt ist: 'der
acc. c. inf. bezeichnet die thatsache,* welche den affect hervormil,
als gegenständ der Vorstellung, wie nach den yerbis sen-
tiendi und declarandi% an die spitze des ganzen abschnittes als
bauptregel zn stellen war, denn es enthält das wesentlichste, dem
Lateiner war es gegeben, so ungefähr müste es lauten^ nicht blosz
ein einzelnes wort als object von einem yerbum abhfingig zu machen,
sondern einen ganzen satz, d. h. eine yerbindong yon werten, die
wir im deutschen meistens nur durch einen ganzen satz (con-
junctionalsatz oder infiniüvsatz) wiedergeben können, deshalb steht
1) nach den verbis dicendi, 2) declarandi, 3) volo {nolo^ ma2o), cup^o,
duideoy 4) iubeo^ veto^ smOf potior^ 5) statuOy constüuo^ decemot 6) ^
verbis affectuum der gegenständ (das object) der geistigea
thfttigkeit im acc. c. Inf.
Daraus läszt sich nun leicht alles andere erklären« da z. b. die
sämtlichen aufgezählten verba das object im accusativ 'iiach sieh
haben müssen (oder können), also transitiya sind (oder ihnen
gleich stehen können), so müssen sie im passivum persönlich ge-
braucht werden, so vor allem iubeoTy vetor^ sinor, aber auch dtöOf,
nuntior^ was bei den deutschen intransitivis natürlich nicht mögliob.
oder iu&eo, veto, sino te hoc facere für das deutsche ich befehle, ver-
biete, gestatte dir, dies zu thun, wobei auf das im lateinischen
fehlende komma wohl zu achten ist.
Wenn aber im acc. c. inf. der gegenständ des denkens, redens,
fühlens steht, so folgt von selbst, dasz etwas, was geschehen soll,
nicht acc. c. inf. werden kann, deshalb ist als zweite bauptregel
neben die erste zu stellen: nach allen yerben aber, welche die ab-
sieht des regierenden subjectes enthalten, steht das, was geschehen
soll, im conjunctiv. diese beiden regeln also sind zu gründe za
legen, auf sie alle einzelfölle zurückzuführen, so yerkttrzt man, ohne
der wissenschaftlichkeit des buches eintrag zu thun. nun das
einzelne.
Dasz nach den verbis des beschlieszens als object auch ein acc.
c. inf. gerundivi folgen kann, ist nicht so wichtig , dasz es zu einer
bauptregel gemacht werden muste, es gehörte in die anmerkung zu
§ 258, wo das übrige von diesen yerben sich schon vorfindet.
luheOy Veto und sino^ potior, sind deshalb für den schüler her-
yorzuheben, weil sie im deutschen intransitiy, im lateinischen aber,
wie schon gesagt, transitiy sind.
Die verba vcHo^ nölo, malOy cupio, eigentlich nur völo und isujpio,
erhalten folgende regel: ist im regierenden und regierten yerbum
dasselbe subject, so steht der Uosze infinitiv (nach § 287; volo ist '
dann hilfsverbum), oder der acc. c. inf. {volo ist verbum sentiendi,
der folgende acc. o. inf. also gegenständ des woUenis). bei yerschie- '
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Bemerkungen zur lat. grammatik vou Elleudt-Se^ Üert 93
denem subject steht entweder der acc. c. inf. , oderw/, mit dem in
der hauptregel oben angegebenen unterschiede, ist das regierte
verbum ein passivum, so steht auch bei gleichem subject der acc. c.
inf. (vgl. Lattmann s. 197 'wenn die erfüllung des Wunsches nicht
ganz in der macht des subjectes liegt'), auch studco erhUlt hier sei-
nen platz, da es ebenso wol den inf. als den acc. c. inf. nach sich
hat, mit dem zusatz: (bei classikern) nie ^^t oder m (vgl. Gossrau
8. 438). dagegen ist wegzulassen, dasz der acc. c. inf. aucli bei
gleichem subject eintritt, wenn das abhängige verbum csae mit einem
prSdicatsnomen ist. das ist, wie schon die bei.-^pielc bei Sey£fert
beweisen, für die schulgrammatik nicht regelrecht genug.
Basz femer nach den verbis dicendi und declarandi auch ein
indirecter fragesatz, also der conjunctiv stehen kann, war nicht zu
vergessen, ebenso wenig, dasz Wortverbindungen, die in ihrer be-
deattmg den genannten verben gleichstehen, auch dieselben con-
structionen haben.
Wesentlich anders musz femer auch § 289 *wie der blosze
inf. als subject oder object gebraucht wird, so vertritt auch der
acc. C. inf. in einem satze entweder die stelle des subjects oder des
objects' lauten, der acc. c. inf. und der inf. vertreten nicht sub-
ject oder object, sondern sie sind in den fällen subject oder ul>ject
dieses satzes (Gossrau 497). wir haben im deutschen dafür die aub-
ßtantivsätze , oft mit einem einleitenden es; der lehrer wird dies
nicht unberücksichtigt lassen dürfen.
Ebenso wenig darf es in § 290 einer schulgrammatik heiszen :
^als subject steht der acc. c. inf. nach est in Verbindung mit dem
neutrum eines adjectivs, oder mit einem substuntiv*, sondern mit
anknüpfung an das eben gesagte: das priidicat dieses acc. c. inf. ist
1) das neutrum eines adjectivs (ein adjectiv), z. b. acquum, npcrium
esty oder ein Substantiv, z. b. mos^ fas^ laiis est mit der copula cs^^e
(der prädicative genetiv war nicht zu vergessen! vgl. Caeö. b. g. 6,
30 magnae fortunac fuii). 2) die impersonalia (tpiiarcf, consiat usw.
3) die passiva der verba sentiendi und declarandi. (ergibt sich aus
der hauptregel vom acc. c. inf.; das object des activum wird subject
des passivum, wie immer, es genügt also, dies in einer anmerkung
ins gedächtnis zurückzurufen.)
Lassen wir deshalb den dritten teil als überflüssig w^eg, so er-
gibt sich, dasz wir nur eine Wiederholung von § 28ö, der vom
bloszen Infinitiv handelt, erhalten, daraus folgt, dasz wir beide
Paragraphen zusammenfassen und verkürzt sagen müssen: der acc.
c. inf. oder der blosze inf. ist subject eines satzes, dessen prädicat
ist 1) usw., wie oben angegeben, mit möglichst vollständiger auf-
zählung der impersonalia. (dasz diese, mit ausnähme von piuietj
auch im deutschen unpersönlich gebraucht werden und auch als
prädicate eines infinitivs mit zu, ist nicht zu übersehen, während
pudet als beispiel für den nachfolgenden genetiv statt des infinitivs
sehr instructiv ist, da es denselben auch im deutschen verlangt.)
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94 Bemerkangen zur lat. grammfttik yon Elkndt-Seyffert
Ob der acc. c. inf. oder der blosze inf. zu setzen ist, h&ngt, m
lautete es weiter, dayon ab, ob die tbfttigkeit einer bestimmten per-
Bon zugeschrieben wird, oder ni^t. im erstem falle steht der aee.
c. inf. ist die person das nnbestinunte man, oder aus dem zn-
sammenbange unzweideutig zu erkennen, so steht der blosze inf.
(Tgl. Qossrau 498 'ob der blosze inf. oder der aec. e. inf. stehen soll,
b&Dgt nur dayon ab, ob es notwendig ist, den gegenständ hinsozo-
fttgen, in beziehung auf den der inf. gilt'), man ygL Caes. b. g. 2,
17 em negdü hone adoriri mit b« g. 5, 38 esse negotii legumem tMfor-
fki^ imm 5, 33 HMsmifi^iMnoftMfi^e, 5, 34 %us$mmt jimNift^Mfe,
2, 5 kM m/imre usw. daraus folgt f&r den faU, wo der ace. e. int
oder inf. subject eines satzes ist, dessen prttdicat ein Impersonale
oder e^ mit einem prttdioatsnomen, dasz beide constmctionen (also
der inf. actiyi oder passiyi) gleiche bereehtignng haben.
Zu dem oapitel über den imperatiy ist folgendes zu bemer-
ken: wenn die hauptregel yom imp. praes. behauptet, dasz er st^
'wenn etwas, wenn es jetzt schon geschieht, femer geBchehen soll',
so ist dies der grundbedeutung des imp. praes. so widen^rediend
und so geeignet, das yerhBltnis zum imp. fut. zu yerwisohen, daei
die fttUe, wo er scheinbar diese bedeutung hat, für die schulgramma-
tik diesen zusatz nicht nötig machen, es empfiehlt sidi also kurzm
sagen: 1) der imp. praes. sieht, wenn der sprechende sich an eine
bestinmite person richtet und etwas auf der stelle und nur einmal
gethan wissen wiU (ni<dit befiehlt, dasz). der zusatz 'einmal' ist
nOüg, da 2) der imp. fnt. steht, wenn etwas Öfter oder gar fttr alle
künftigen fälle gesdiehen soll, hinzuzufftgen istrzunftchst, dasz nur
seUto und ecOote und memento^ mementote gebraucht ?rarden. flamer
dasz es stets hiesz estOy es mag sein, aber sü ito. endlich, noit hin-
weisung auf die hauptregel, dasz der imp. praes, nur in der zweiten
person, der imp. fut. in der zweiten und dritten person yorkommen
kann.
Eine hinweisung auf § 241 *der imp. oder imp. conj. im hanpt-
satze gilt gleich einem futur* durfte ebenfall» nicht feUen. leider
steht aber die sache gar nicht so fest, und emta ei darmkmt (Gie.
tnsc. 3, 36) nelm aroesse, quos noumavero (Liy. 40, 9) können den
schlüer wohl yerwirren. auch Gossrau s. 490 sagt nur: 'gewöhn-
lich*, konont der erste imp. mit dem fut. nicht zusammen, aus-
nahmen sind selten'. Lattmann s. 222 kommt zu demselben
Schlüsse: 'mit einem nebensatze im reinen &mpus fot. findet sidi ^
meistens die zweite form des imperatiy, jedoch zuweilen auch'
die erste'.
Fassen wir alles zusammen, so ergibt sich für die sohulgramma-
tik folgende regelt nebenstttze eines imp. praes. stehen im praesens;
nebenstttze eines imp. fut. stehen im futur, oder dem dieses yertre-
tenden conjunctiy. ausnahmen kommen yor, haben aber ihren be-
stimmten grund. damit ist auch die regel fttr den imperatiy. con-
junctiy zu yerbinden. aus den musterbeispielen , z. b. mwiges eum
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BemerkuDgen sur lat. grammatik von Kileudt-Se^it'ert. 95
poterit und ut volct quisque^ accipiat und qui volet fxingatur ergibt
sich als regel: nebensätze eines imp. coiy. stehen im futur, event.
dem dieses vertretenden conjunctivT
Nötig scheint es ferner zu sagen, dasz für den imp. praes. auch
der conj. praes. eintreten kann, weil die ansieht, dasz der conj. höf-
licher, milder sei, als der imperativ, noch lange nicht überwunden
ist, wenigstens in den schülerköpfen nicht, wenn diese finden valcas
neben väle^ so können sie leicht in Verwirrung gerathen. statt
anm. 1 schlage ich also vor: zur milderung des imp. praes. steht
velim mit folgendem conjunctiv, nicht aber der blosze conj. praes.
dieser steht hinsichtlich seiner bedeutung dem imperati? gleich,
wird aber in der regel nur dann gebrauchti wenn das subject,
Ton dem etwas gethan werden bo11| das aUgemeine ^man' ist (vgl.
Dies bestätigt aueh der gebrauch des preMbüw. § 282 : *eu&
verbot wird gegeben, und swar die zweite porscm mit dem conj.
perf. (besser: an die sweite person gerichtet), merkwürdiger weise
sieht dann in einer anmerknng 3: 'umschrieben wird derselbe durch
nöli^ noUt^y d..h. doch: fllr den conjunctiv steht auch der impera-
tiv (des n^ereaden verbums). aber d«r gebraneh beider ausdmcks-
weisen ist vielmehr der, dass httnfiger noU^ nolUe^ als der oci\j. perf«
steht (vgl. Lattmaan s. 279).
Da nun efienbar ne mit coiy. perL dem imperativ, ooigunotiv
und noU dem imperativ praes. entspricht, ebenso vrie ne cum imp.
fhi dem bejshten imp. fat, , so hat die schnlgrammatik dies über-
8i«^tlich in folgender form darzustellen: ein yerbot vnrd ausgedrückt
(vgl. imp. praes.) erstens durch noliy notUe oder (vgl. imperat. coig.)
durch «e mit dem conj. perf., zweitens (vgl. imp. fbt.) durch
{nemOi nihit) mit dem in^. fori, mit dem in der hauptregel gegebenen
unterschiede, danach z. b. in der gesetsessprache und in allgemeinen
regeln: ne mit imp. fut. in einer anmerkung kann stehen: ne mit
imp. praes. ist ungebiiKuchlich.
Zur Umschreibung mit noU könnten die dichterischen fuge,
tnUtey parce^ ahsiste gefügt werden, ferner : nach cave steht in diesem
falle der blosze conjunctiv. ferner: in der dritten person steht der
conj. praes. dem imp. gleich.
üeberhaupt dürfte der imp. besser seine stelle unmittelbar
hinter dem unabhängigen conj. finden, mit dem er, wie die in der
hauptregel gegebene fassung ergibt, seiner bedeutung nach nahe
verwandt ist.
Es ergaben sich also vier hauptteile, von denen sich je zwei
entsprachen, nach dem früher bemerkten sind diese übersichtlich
unter einander zu stellen, dann ist auch dieses capitel wesentlich
praktischer gestaltet, verkürzt ohne verflacht w^orden zu sein.
Und das wird überhaupt als das crgobnis aller Untersuchungen
tingeätellt werden können : eine gröszere concentration des
grammatischen lehrstofies ist möglich und im pädagogischen interesse
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96 6. Mezger: dr. Georg Caspar Mezger.
geboten; wie denn überhaupt die concentration des gesamten Unter-
richtsstoffes das einzige mittel ist, der tiberbürdung der schüler ab-
zuhelfen, diese systematische behandlung des lehrstoffes wird ver-
hüten, dasz man an die stelle wissenschaftlicher lehrbücher kurze
auszüge setzt, diese sind allerdings für beschränkte köpfe ein vor-
zügliches erleich terungsmittel. das beweist ihr nicht geringer ab-
satz. haben doch P. Harres hauptregeln der lat. syntax in kurzer
zeit drei auflagen erlebt ! das gymnasium ist nicht in der läge der
elementarschule. rechnen , lesen und schreiben soll in dieser jeder
lernen, latein ist nicht jedermanns sache, und das gymnasium nicht
verpflichtet, jedem dasselbe beizubringen, wol aber berechtigt, jeden
auszuschlieszen , der beweist, dasz seine geistige befähigung für
wissenschaftliche dinge nicht zureicht, die grammatik bildet dafür
ein sehr brauchbares kriterium. deshalb ist sie nicht zu ver-
kürzen in der weise, dasz man alle, auch geistig wenig befähigte
schüler berücksichtigt, sondern so systematisch zu betreiben,
dasz alle schüler, welche das gymnasium nur als Vorschule akade-
mischer bildung besuchen, zu wissenschaftlichem sinn, zum
richtigen denken angeleitet werden, damit nicht dieses endziel
alles Unterrichts in folge der vielen banausischen elemente den
höheren lehranstalten entrissen wird.
B e ri ch ti g-un ^. s. 30 musz es heiszen statt Tolgesätze nur zeit-
sStze, nicht gedanken*: ^folgesätze und zeitflätze nicht gedanken des
regierenden subjects enthalten'.
SpAIIDAU. C. YjBNEDiaEB.
0B. GBOBa CASPAR HBZGEB, WEILAND BEOTOB DES GTHNASIUMS BlI
ST« AXmA IN AUGSBURG. VON DR. GEORG MEZ GEB, GYMMASUL*
PBOFBSSOB. Nördüngen, Beoksche buohh. 1878. 190 b. 8.
Das in obiger schrift uns vorgeführte leben ist ein einfaches,
auf einen verhältnismäszig engen räum beschränktes, wenig wechsel-
fälle darbietendes, demungeachtet ist es nicht ohne interesse. es ist
das leben eines schulmannes , der seine thätigkeit fast ausschliesz-
lich einer einzigen anstalt gewidmet hat, der aber nicht allein durch
seine Verdienste um diese und durch seine persönliche tüchtigkeit,
sondern auch durch seinen eigentümlichen lebensweg unsere beson-
dere beachtung verdient, derselbe ist 1802 in einer kleinen west-
fränkischen, damals noch unter der herschaft der Hohenzollem
stehenden stadt als der söhn eines unbemittelten handwerkers ge-
boren, hat selbst seine laufbahn als handwerkslehrling begonnen, ist
dann um seiner guten handschrift willen von einem beamten als
Schreiber angenommen worden und hat sich als solcher auf eigene
hand und neben seiner schreiberarbeit mit den dürftigsten hülfs-
nütteln in der kenutnis des lateinischen and griechischen und in
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G. Mezger: dr. Georg Caapar Mezger.
97
seiner sonstigen bildung so weit gefördert, dasz er in die oberste
classe des gymnasiuras in Augsburg eintreten und dasselbe in einem
jähre absolvieren konnte, er bat dann in Erlangen tbeologie und
Philologie studiert und ist bald nach bestandenen prüfungen an
demselben gymnasium , dessen schüler er gewesen, angestellt wor-
den, erst als hülfslehrer, dann als professor, endlich 1842 — 1870
als rector; nebenbei hat er die lateinischen schulen des bezirks in-
spiciert und in auszerordentlichem auftrag mehrfach auch an den
ihAologischen und philologischen Staatsprüfungen mitgewirkt; nur
ungern und nach schweren kämpfen hat er sich, durch körperliobee
beiden genötigt, 1872 von seinem amte getrennt und ist 1874 ge-
storben, es leuchtet ein , dasz ein solcher lebensweg nioht ohne ein«
flnsz auf den Charakter und die geiatige richtung des manne« bleihdn
konnte, wer« wie er, sich von jagend auf die grasten opfer und an*
strengungen auferlegt hat, um sieh zur höhe wissenechafUioher und
sittlicher bildung empor au arbeiten, wird dieselbe eneigie, die er
bierbefL angewendet, auch im spStem leben bewtthren, er wird daa,
wayB er mflhsam errungen, um ao höher aohfttsen, er wird der ausien*
weit mit um so krttfygerem selbatgeftthl entgegentreten , seine auf
einsamem wege gewonnenen lebenaansiohten werden leicht von den
hersdienden andchten derer abweichen, welche auf der grossen beer»
Strasse zu ihrem ziele gelangt sind, und so wie ihm die strenge
gegen sich selbst zur gewohnheit geworden ist, so wird er sie auch
gegen andere kehren, während auf der andern seite die von ihm
selbst ttberatandene not ihn geneigt und bereitwillig machen wird,
fremder not und Schwachheit zu btllfe zu kommen, dies sind denn
nim auch alles charakterzügo , die uns bei Mezger entgegentreten,
hierzu kommt aber noch eine aufrichtige christlich -protestantische
frömmigkeit, frei von starrem orthodoxismus und von Intoleranz,
die einen um so wohlthuenderen eindruck macht, weil sie unter dem
damaligen bayerischen regiment nichts weniger als eine empfehlung
zu gunst und beförderung war.
Dies ist in ktlrzestem umrisz das lebensbild , wie es von dem
verf. mit einer wohlthuenden, bei dem söhne vollkommen berechtig-
ten wärme gezeichnet wird, in dem übrigens die eigenttlmlichkeit
des geschilderten keineswegs bis zur Unkenntlichkeit verwischt ist.
es bleibt nun noch übrig, einen blick auf die art und weise zu wer-
fen, wie sieh diese eigentümlichkeit in der leitung des gymnasiums
ausprägte, es entspricht derselben zunächst vollkommen, dasz er
ein besonderes gewicht auf die classischen studien und auf den reli-
gionsunterricbt legte ; jene waren es ja, denen er selbst seine gesamt-
bildung vorzugsweise verdankte ^ und wie hätte er nicht bemUht
sein sollen, seine eigene frömmigkeit auch in die gemüter seiner
schaler zu pflanzen ? für den Unterricht in den alten sprachen führte
er eine analytische, der Jacototschen ähnliche methode ein, indem
er die Sprachkenntnis der schüler ohne systematischen grammati-
schen miterricht sich allmählich an Sätzen und lesestOoken aufbauen
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98
Von der Goldberger lateinischen schule.
liesz: eine methode, die mit energie und consequenz durchgeführt,
allerdings manche vorteile gewährt, die aber eine besondere ge-
schicklichkeit und namentlich ein genaues ineinandergreifen der
einzelnen lehrer voraussetzt, eben dieses letztere war deshalb auch
der besondere gegenständ seines bemühens ; er drang also darauf,
dasz seine lehrer immer nur auf seinen verschlag oder doch nieht
ohne seine Zustimmung angestellt worden, und wüste dann ihre ein-
tracht und ihr vollständiges einvernehmen durch alle ihm zu geböte
stehende mittel , insbesondere auch durch seine eigene collegialisci»
geeinntmg, aufrecht zu erhalten, eine fernere eigonheitvon ihm war
es, da^z er, um teils die überbürdnng der schfller zu verbttten, Uak
den Zusammenhang des gesamten nnterridits za sichern, die slmi'
liehen unterrichtsgegenstände einer dasse, nur mit ausnähme im
maihematik, immer in 6iner band vereinigte; freüicb eine eioridr-
tung, die sieh meist schwer oder doch nicht ohne hintansetznog an-
derer wesentlicher Interessen treffen lassen^wird. im ttbrigm wdln
wir nnr noch hervorheben, dasz er die sogenannte wissensehaftüflie
behandlnng des Unterrichts (also z. b. einen anf spradivergleichasg
bemhenden grammaüsciien anterriehi) entschieden verwarf, dasz er
ein feind aller versndie war, die gymnasien zu nniformieren, und
dasz er in bezog auf die deotschen aofsStze ziemlich radieale, aber
sehr beachtenswerthe ansiehten hegte ond namentlich 'solche steile,
die zu einem oberflächlichen moralisieren oder einem überstiegenen,
unreifen philosophieren veranlassen oder die zu unwahren und heuch-
lerischen herzensergüssen verleiten', aufs sorgfältigste vermieden
wissen wollte (s. 12G). im ganzen wäre in beziehung auf die einzel-
Leiten des Unterrichts wol ein näheres eingehen und eine gröszere
ausftihrlichkeit von Seiten des verf. , der selbst schulmann und ein
Schüler seines vaters ist, zu wünschen gewesen; indessen auch so,
wie sie geboten wird, ist die gäbe sehr dankenswerth.
JeüA, ' P£T£B.
18.
VON D£B GOLDBEBGEE LATEINISCHEN SCHULE.
Mit neujahr 1877 ist eine schule altehrwürdigen rufes, die in
den vier Jahrhunderten ihres bestehens die mannigfachsten Schick-
sale erfahren und ebenso wol tage der höchsten blüte wie zelten des
tiefsten Verfalls erlebt hat, in eine neue periode ihrer thätigkeit ein-
getreten, in der sie, wie zu hoffen steht, eine quelle des segens für
die jagend ihrer stadt und provinz sein ond sogleich, wie ein deni-
mal aere perennios, das gedächtnis an einen schulmann erneuern
wird , mit dessen namen ond rohm sie aof alle zeit innig verknflpft
erscheint.
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Von der Ooldberger lateiniBehen schule. 99
Die Isieinisehe sdinle ia Ooldberg in Sehl. Ist, wie wir hOren,
mit der intention reorganisiert worden, dass sie sich binnen wenigen
jähren zn einem YoUen gymnasinm erweiterow' zngleieh worde eine
waisenanstalt erOifiiet, die mit der schule in yerbindung^ nnd onter
deren leiter steht, es war in der that ein glflcklicher griff der schnl-
Terwaltong, das ihr dnrch die sogenannte ^stiftnng der Sdiwabe-
Priesemnthschen ehelente fttr arme Waisenknaben' snr rarfUgung
gestellte capital von ca. 400,000 mark znm Wiederaufbau der alten
Trotzendoifschen schule zu yerwenden. die dieserhalb extrahierte
königliche cabinetsordre vom 17 october 1863 ordnet an, dasz diese
Waisen- und schulanstalt unverÄnderlich den Charakter einer eyan-
geliscben Stiftung trage , der aufsieht und leitung des Staates unter-
stellt sei und dasz die zur errichtung der anstaltsgebäude erforder-
lichen kosten aus den aufkommenden zinsen des zur zeit vorhandenen
Waisenstiftungsfonds. zu bestreiten seien, dieser selbst aber unange-
tastet zur ausstattung der waisenstiftung bewahrt werde, die stadt
Goldberg hat nicht verfehlt, auch ihrerseits helfend der Stiftung
entgegen zu kommen, sie hat nicht nur die sogenannte bürg , ein
hochgelegenes grundstttck von fast 15 morgen mit der herlichsten
aussieht* nach dem Riesen gebirge , als bauplatz für die schul- und
waisenanstalt unentgeltlich und frei von hypothekarischen abgaben,
lasten und schulden zum unbeschränkten eigentum der schulverwal-
tung abgetreten, sondern sie bat auch die erforderliche Wasser-
leitung in die anstaltsgebäude ohne anspruch auf entschädigung
gelegt, zahlt jährlich 1380 mark zuschusz und überlSszt der neuen
anstalt die zahlreichen legale der alten lateinischen schule, nach-
dem nunmehr der bau auf dem burgberge YoUendeti konnte mit der
«Offhang der schule vorgegangen* werden.
Abgesehen von den äuszerst günstigen bedingungen, die für
^ körperlich und geistig gedeihliche Jugenderziehung in dem so
gesnnden nnd lieblich an den nördlichen abhSngen des Biesen*
gebirges gelegenen goldberg g^ben sind, so ist fftr das empor-
blohen der neuen gymnasialanstalt Ton unschfttzbarem werthe, dasz
ue an die traditionen der lateinisohen schule eines Trotzendorf
anknüpft
Die statte, die ala s^ter mensch betrat,
ist eingeweiht; nach hundert jähren klingt
sein wort und seine that dem eakel wieder.
Es mag im hinbliok auf diese Wiedergeburt der alten sehule
wol gestattet sein, die gesohichte derselben, die uns vielfach ein
Inld der entwicklung des höhem Schulwesens in unserm vaterlande
in engerm rahmen bietet, in wenigen zügen in erinnerung zu
Wagen, der würdige rector Carl Gröhe, welcher mit dem neuen
Stadium, in das die schule nunmehr getreten ist, leider wegen eines
augenübels in den rubestand zu treten sich veranlaszt fand , hat in
Winer am 22 december 1876 gehaltenen abschiedsrede , die uns im
iBtniiBcript vorliegt, in der seitherigen entwicklung der schule mit
7*
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100
YoD der Goldberger latomischen Bohnle.
recht drei perioden imtersGliiedeii. die erste «ithflt die vor
geachidite.
Zwar reicht die Mheste naohridil» vcn mnm Bofaiile za Qeli>
berg 8ch<m' in das jähr 1473 zorttek, in welchem die stadtchremk
Yon einem baocaUureus Weiehermann redet; zwar wird wenige
jähre darauf schon ein College des Schulmeisters genaimt ; aber n
oner Uber die gtensen der Stadt hinausgehendat bedentnng eihebt
sie sich erst unter magister Hieronymus Wüdenberg, auch Gürfler i
genannt, der, nachdem 1491 das schulgeb&nde neu erbaut worden, ,
im jähre 1504 mit seinen schülem aus Kulm in Pr., von wo ihn
theuerung und hungersnot vertrieben , in seine Vaterstadt Goldberg
berufen wurde, es war damals jene berliche zeit , da in deutschen
landen überall der flügelschlag einer neuen epocbe sich hören liesz,
da ein geistesfrtihling erwachte, der Hutten zu dem freudigen ausruf
trieb: 'o jahrhundert, es ist eine lust in dir zu leben.' in den
Städten und selbst im bauernstande pulsierte ein friScbes leben, und
ein bildungsbedürfnis erwachte , so rege und so ideal und uneigen-
nützig, dasz unsere zeit trotz der gründung so vieler höherer lehr-
anstalten, die ja nur dem leidigen borechtigungswesen ihr entstehen
verdanken , nicht entfernt sich mit jener messen kann, (eins der ,
schönsten bilder derselben , an das hier wieder einmal erinnert sei,
entwirft M. Hertz in: Helius Eoban Hesse, ein lehrer- und dichter- '
leben aus der reformationszeit. Berlin 1860.) Wildenberg führte,
nachdem der herzog Friedrich 11 von Lie^itz die erlaubnis zur er-
richtung einer lateinischen schule in Goldherg erteilt hatte, den
titd rector scholae, und so beginnt mit ihm deren geschichte. ein
pastor Schönwttlder vermachte ihr bald darauf den grösten teil sei-
nes Vermögens, und da das schulhaus bald nicht mehr die zahl der
Schüler aufiiehmen konnte, so wurden der anstalt von der stadfc*
gemeinde zwei häuser ^auf dem thurm' eingeräumt, bei deren um-
bau zu schulzwecken der rector mit seinen schülem selbst munter
band anlegte, dieser offenbar höcbst energische mann blieb nur
wenige jafa^ in goldberg, da or sohon 1612 als pbjsikus nach Thon
gieng, wo er im alter von 9S Jahren starb, aodi nach seinem weg-
gange blieb die schule in anfiiahme nnd bald wukten an ihr mehren
coUegen. die rectormi nnd lehrer kamen in der. regel Ton der neu-
gegründeten (im j. 1502) uniTersitSt Wittenberg, und so war es
natttrlich, dass die lateinische schule eine der ersten pflansstKtten
des Protestantismus in Schlesien wnrde. nadiweislieh breitete afib
von hier aus seit 1523 das evangelium in der umgegend aus.
der rector G^org Helmrich, der ebenfalls von Wittenberg herbe-
rufen worden war, consul der stadt wurde, so creirte er 1524 seuieD
freund Valentin Friedland, den söhn eines bauem zu Troitschendorf
(Trotzendorf) hei Görlitz , in das rectorat.^ der sechste in der reäe
^ danach ist zu berichtigen die bezUgl. angäbe bei bchorn, ge*
schichte der pädag. 2e aufl. Leipzig 1873. s. 84.
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Von der Goldberger lateuuichen schale.
101
der rectoren, war er diiu bestimmt, die höchste blüte für die anstalt
herbeiznfflhren. aber noeh w»r seines bleibens nicht in Goldberg,
eine gewisse unmhe, herrorgegaagen ans seinem rastlosen Wissens»
drang 9 liesa ihn Torarst nooh nieiit ra einem aesshaften lehrerleben
komanen* dasn kam noeh folgendea. der 1490 sn Ossig bei Lüben
'geborene Kaapar von Sehwenkfeldt, ein hOchst gelehrter mann nnd
feiner köpf ^ hatte aich anfangs als freund der rSformation bekannt,
dann aber eine anf die leugnnng der swiefiuihen natnr in Christo
gegründete abendmaUslehre aufgestellt, die in Sohlesien , nament-
Ufä in der grafsehalt Qlatz , yielfkohe Zustimmung und begeisterte
gttnlnge fimd. auch unter den lehrem der Goldberger schule be-
kannt^ sich wol einige su seinen dogmen, wie s. b* der bacoalau*
rens Werner als sein anhttnger bezeichnet wird, dieser wurde wegen
seiner Parteinahme ftlr den genannten ^irrlehrer* von der schule in
der form einer beurlaubung entfernt und gieng nach Glatz. in dem-
selben jähre, in dem Schwenkfeld bei Luther und Bugenha^en
frexuidliche aufin^hme fand, 1525, verliesz der Schwenkfeldischen
händel halber auch Trotzendorf die schule, er war als entschiedener
gegner seines schlesischen landsmannes aufgetreten, jetzt zog er
wieder zu Luther nach Wittenberg, während Job. Lange das rector-
amt wahrnahm, aber dies eine jähr seiner Wirksamkeit in Goldberg
hatte genügt, um einen einblick in seine reichbegabto lehrernatur
zu eröffnen, über die sich Melanchthon bezeichnend äuszerte: Svie
Scipio African zum feldherm , so sei Trotzendorf zum Schulmeister
geboren.* der herzog Friedrich II von Liegnitz, der den grösten
anteil an dem gedeihen der Goldborger schule nahm, berief 1531
Trotzendorf an diese zurück, erbaute auf dem klosterplatze das
^gymnasium illustre' und trug sieben achtel der Unterhaltungskosten
der anstalt aus seiner casse , während die stadt nur ein achtel auf-
brachte, hier beginnt nun die zweite periode in der gescbichte der
goldberger schule, die der blüte. die schiUerzahl stieg bis auf 1200.
nenn coUegen standen dem rector zur seite. wie ein Staat im Staate,
80 hatte die Goldberger sohulgemeinde mit ihren sechs classen ihre
besondem obrigkeiten und gesetze, ihre eigene Verfassung, aus
Polen, so beriehtet der biograph Trotzendorfs, Löschke, ausüngani,
Mähren, Böhmen, Kämthen, Litthauen, Sachsen, Franken saszen
sehttler auf seinen bänken. so weit gieng der ruf der schule, dasz
nun kmnen mehr für einen rechten gelehrten hielt, der nicht in
Goldberg auf der schule gewesen war. die schulregimentlichen in*
atitutionen Trotzendoifb sind bek&nnt. welch ein yortrefflicher
disciplinarias er war, wissen wir. ans LOschke. 'mancher bSrtige
I husch hat vor dem Ideinen rector mit den scharfen, hellen äugen
t .gezittert.* nnd wenn wir es nicht wttsten, so brauchten wir nur die
Mhulgesetee der anstalt zu lesen, nm eine Torstellung von dem
strengen geiste zu erhalten, der hier waltete, mit recht findet
Schorn in dem festen ernst und in der kttrae der spräche jener ge-
Mtze etwas TOn dem altrömischen geist wieder, nach der seite des
I
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102
You der Goldberger lateinischen schule.
Unterrichts ist wichtig, dasz die schule als protestantische muster-
schule galt, getreu den grundsätzen der reformatoren nahm Trotzen-
dorf nicht nur das griechische in den kreis der unterrichtsgegen-
stände auf, sondern er wies ihm auch eine angesehene Stellung zu.*
freilich verfolgte der Unterricht in dieser spräche ganz andere ziele
als der im lateinischen, wenn nemlich der bekannte Joh. Sturm bei
seinen schillern sapientem et eloquentem pietatem erreichen wollte,
so schwebte offenbar ein gleiches ziel auch Trotzendorf vor. 'pri-
mura scholasticos nostros pios esse volumus* heiszt es gleich im an-
fange der Schulgesetze, und wenn wir in ihnen weiter lesen, so fin-
den wir auch deutlich den werth ausgesprochen, den der schlesische
Pädagoge gleich seinem collegen vom Rhein auf die gewandtheit im
lateinischen ausdruck legt, die eloquenz also sollte im lateinischen
gewonnen werden, die sapiens pietas aber wurde auf das Studium
des griechischen und hebräischen gegründet, als die humanisten zu
uns über die alpen hemiederstiegen , da gaben sie anstosz und an-
leitung zum Studium des griechischen; aber es isti^bezeichnend für
den deutschen geist, dasz er die kenntnis dieser spräche in erster
linie als ein mittel zum selbständigen forschen in der schrift auf-
faszte. daher erscheint denn auch auf den protestantischen schulen
überall das hebräische im ge folge des griechischen. Luther sprach
jenen gesichtspunct wol am klarsten aus in dem bekannten wort:
'lasset uns das gesagt sein , dasz wir das evangelium nicht wol wer-
den erhalten ohne die sprachen.*' und besonders nennt er die
griechische spräche eine heilige, weil in ihr das neue testament ge-
schrieben ist. so las denn Trotzendorf bei seinem ausgeprägt luthe-
rischen standpunct nicht sowol die griechischen classiker, die Me-
lanchthon empfahl, ala Yielmehr die Paulinischexi briefe mit seinen
schülenu
* Tgl. Radtke, der griech. onterricbt auf dem deutschea gjmnasiam.
Pless 1874. 8. 8.
* mir will es sebeinen, dass dieser grund noch Jetst triftig genug
ist, das hebräische aaf dem gymnasiam beizabehalten. nieht sur Vor-
bereitung auf das theologische Studium, wie viele wähnen, sondern um
die bekanntschaft mit einer spräche zu vermitteln, die zum selbständi-
gen forschen in der schrift nötig ist, treiben die gelehrtenschalen
nebriiseb. und wer wollte leugnen, daez gerade in unserer seit aueb
dem laien, zumal dem gebildeten, die fShigkeit inne wohnen musz, sieh
ebne geistlicbe unterstütsung belehrung aus der bibel su holen?
(schlosz folgt.)
Plbss. Badtke.
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Bericht übeifr die Terhandliuigen usw. deatieto phüologen« 103
(9.)
BERICHT ÜBER DIE VERHANDLUNGEN DER ZWEIUND-
DREISZIGSTEN Y£BSAMMLÜNG D£UTSCfi£B PHILO-
LOGEN UND SCHÜLMÄNNBB IN WIESBADEN,
YOm 26 bis 29 September 1877.
(schlutfx.)
Pädagogisohe seotioiL
(berieht des hrn. dir. Spangeaberg in Wiesbeden.)
Die pftdagogisehe seetion eensiitaierte sieh, neehdem sehen en
Dienst^f den 26 sept., am Vorabend der eröffnung der Versammlung,
die liste zur einzeichnung der teilnehmer aufgelegt war, Mittwoch, den
27 Sept., nach der ersten bauptsitzung gegen 1 uhr mit 272 raitgliedern.
dir. Spangenberg aus Wiesbaden, welcher die vorbereitenden arbeiten
besorgt hatte, schlaff alsbald unter allgemeinem beifall prof. dir. Eck-
stein ans Leipsig, den er als den natQniehen vorsitsenden beseiohnete,
snm ersten Präsidenten ver. er selbst wurde zu dessen steUvertreler
erwählt, da die zeit schon vorgerückt war, beschlosz man nur noch
die tagesordnung für deu nächsten morgen festzustellen, die versamm-
loDg erklärte sich dafür, dasz zunächst die Spangenbergschen thesen
ttber den nnterrieht in der neuesten gesehlehte anf d«i höheren l^ur-
aastalten, dann die Eeksteinschen über lateinisehen elementamnterrieht
snr Verhandlung kommen sollten.
Donnerstag morgen um S'/t "br eröflFnete prof. Eckstein die erste
eigentliche sitzung der seetion. nachdem die Oberlehrer Schmidt,
gjmnasiallehrer dr. Adam, dr. Kohl und dr. Heller zu secretären
ernannt waren, erhielt dir. Spangenberg das wort snr begrOndnng
seiner thesen.
Er bezeichnete zunächst als hauptzweck wenigstens der pädagogi-
schen seetion, dasz die einzelnen erfahrungen, welche die schulen in
ihren besonderen kreisen machten, hier zum ausdruck kommen und dasz
aus denselben eine summe gezogen werden solle, welche eine Versammlung
sls ihre gesamtansieht ausspreche, die so viele pltdagogen von anerkannter
bedeutung aufzuweisen habe, es sei ihm hanptstteUich darum zu thun,
dasz etwas bestimmtes in betreff der von ihm angeregten fragen fixiert
werde, dasz die Versammlung bestimmte thesen annehme, welche viel-
leicht für die vorgesetzten behörden maszgebend sein dürften, dasz sie
Zeugnis davon ablege, wie sie an der anffassnng der neuesten gesehichte
stehe, er habe nicht die absieht rieh äber zweck und methode des
geschichtsunterrichts überhaupt zu verbreiten, die ansichten darüber
seien jetzt so weil geklärt, dasz man saften könne, es bestehen in
dieser beziehung an den meisten anstalten keine wesentlichen Ver-
schiedenheiten mehr, wol aber sei über dine frage noch keine einig-
keit ersielt, über eine frage, die sich mit jedem jahrsehnt erneuern
müsse, nemlich diejenige, wie weit die gesehichte der neuesten zeit in
die schule getragen werden müsse, der Vorschlag, das^die gesehichte
bis in die neueste zeit in den höheren schulen zu lehren sei, habe noch
gar manche gegner, aber viele seien auch nach den erschütternden
ereicnissen der jähre 1870 und 1871 anderen sinnes geworden. — Das
lehrbneb von Herbst s. b., welches er ffir das beste unter allen halte
(hierbei erwähnt redner eine reihe von Vorzügen dieses hülfsbuchs),
habe früher die gesehichte nur bis zum jähre 1815 gegeben, jetzt finde
sich ein bis zum Jahre 1871 gehender anhang darin. — Im allgemeinen
lei gegen die behandlung der neuesten gesehichte in der schule der
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104 Bericht über die Verhandlungen der 82n ▼eraammlnng
grund geltend gemacht wordeu, dasz man noch keinen rechten einblick
in dieselbe habe, dass sie nns noch za nahe liege, nm klar übersehen
sn werden, hinter diesem gründe habe sich aber vielfach der andere
versteckt, dasz man es f&r bedenklich gehalten habe, die jugend in die
Politik nnd in die tagesfrag^en der zeit einzuführen, so sei es in seiner
jügend in Kurhessen brauch gewesen, die geschichte nicht über das
jähr 1789 hinaus zu behandeln, in der zeit des Metternichschen Systems
habe man es nieht gewagt, den sebfilern das gift der franxdsischen re-
volution zu reichen» aber dabei vergessen , dasz es auch eine Yendde
gegeben, nnd dasz gerade aus dieser zeit die schüler lernen könnten,
wie man auch an thron und altar hänge. er und seine mitschüler
bätteu es als etwas ganz besonderes angesehen, als ihnen gegen alle
tradition ihr geeehkhtalehrer noeh vor ihrem abgang sur nniversiUtt
eine Übersicht fiber die ereignisse von 1789^1816 gegeben habe. —
Allmählig sei man jedoch zu der einsieht gekommen, dasz man die ge-
schichte der französischen revolution mit in kauf nehmen müsse, um
den Schülern die erhebenden thaten von 1813—1815 nicht vorzuenthalten,
doeh dabei sei es lange seit geblieben, weiter zu gehen sei als be-
denklieh erschienen, worauf hätte auch der blick der schüler gerichtet
werden sollen? auf die misere des deutschen bundestages, das revo-
lutionäre treiben der turner, die demagogischen regungen auf den uni-
. versitäten usw.? alles das hätte als eine maulwurfsarbeit unter dem
fest anfgerichteten gebftnde des Hetterniehschen Systems dünken müsseo.
~ Zugeben mfisse man allerdings, dasz es eine schwere arbeit für den
geschichtslehrer gewesen sein würde, aus derzeit nach 1815 eine rich-
tige für die schüler geeignete auswahl des Stoffes zu treffen, ein un-
geschickter lehrer hätte hier leicht arge misgriffe thun können, und
ans dem gründe habe man allerdings besser gethan, eine noeh zu gar
keinem absohluss gelangte zeit ganz aus der schule wegzulassen, anders
sei es geworden, als die sturmfluth des jahres.1848 hereingebrochen sei.
da habe auch die schule vielfach versucht, mit der gegenwart fühlnng
zu behalten, und viele geschichtslehrer hätten es für notwendig erachtet,
den sohülem dnrch betrachtnng der seit von 1815—1848 das verstSnd-
nie fttr das bedeutungsvolle jähr zu ersohlieszen. einer der tnehtigsten
directoren in Deutschland habe damals mit seinen primanern regelmässig
eine sog. zeitungsstunde gehalten. — Bald aber sei die zeit der reaction
gekommen und die kolophoniumdünste der romantischen poHtiker hätten
sich über Deutschland gelagert, nun sei wieder, die frühere ansieht
vorhersehend geworden nicht weiter als bis zum jähre 1815 zu geben.
— Nachdem aber in den jähren 1866 nnd 1870 die Weltgeschichte stärker
als je an unsere pforten geklopft, seien auch die anforderungen an den
geschichtsnnterricht ganz andere geworden, jetzt sei eine grosze periode
zn einem festen abschlusz gekommen, jetzt liege die entwicklung vom
jähre 1816 an klar vor nnft und der satz, dass uns diese seit an nahe
Itoge, um richtig verstanden zn werden, habe keine berechtignng mehr.
Es handle sich jetzt nur noch um die frngo, ob die neueste geschichte
ein geeigneter bildungsstoff für die jugend sei. diese frage müsse er
mit einem 'lauten ja' beantworten, man solle ihm nicht mit dem ein-
wand kommen, dasz man die jugend nieht in die tagesfragen der politik
einführen dürfe, jetzt ^ei auch unter den schüIern dns zeitungslesen
ganz allgemein^ geworden, jetzt werde in allen gebildeten familien über
die tagesfragen gesprochen, so dasz es fast lächerlich erscheine, wenn
die schule sich zurückhaltend zuknöpfen wolle, er selbst gehe aber
noeh einen schritt weiter und sage, die sehule dürfe nieht 'nur nicht
surfiekhalten, sondern es sei ihre pflicht, in dieser beziehnng ihre zög*
linge nicht zufälligen einflüssen zu überlassen ^ sondern sie müsse gnr
häufig der tagespresse nnd den häuslichen einflüssen gegenüber rectiü-
ciereu. wie manches gift werde von diesen Seiten der jugend gereicht,
und es sei doch wiJirlieh eine heilige pflicht der schule den möglichea
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deaiwher pbüologen und sdralrnftnner in Wieibaden. 106
Wirkungen einer schamlosen winkelpresse, die s. b., wie es kürzlich
geschehen sei, die erhebende nationale feier auf dem Niederwalde be-
g:eifere, zu paralysieren, aber auch abgesehen davon halte er es für
einen raub und frevel an den scliiileru, wenn man ihnen die kenntnis
der nenesten seit Torenthalten wolle, man mflste die scbflier dabin
führen, dasz sie das histoiisobe verstlndnis für die groszen thaten der
Jetztzeit bekämen, und wenn man einwende, die schule habe bei ihrer
sonstigen reichen anfgabe keine zeit dafür, so sage er, sie habe die
nöthige zeit, wenn sie nur wolle, wenn sie dieselbe nicht mit unnützen
dingen vergeude, und dasz dies geschehe, könne er ans seinen lang-
^mgen wahmehninngen versichem. so habe sb. einmal einer seiner
froheren eollegen die seciindaner ein ganses halbes jähr lang mit byzan-
ünischer geschichte gefüttert aus keinem andern gründe, als weil dies
damals seine lieblingsbeschäftigung gewesen sei. so etwas dürfe ein
director nicht dulden, diese zeit hätte besser verwendet werden können,
md endlich , denke er, solle man den leisten gfesehlehtliehen bliek der
zur nniversität abgehenden eehüler nicht auf der gestaltung^ des uner-
quicklichen bundestags, sondern auf den erhebenden thaten von 1870
—1871 ruhen lassen, alle höheren lehranstalten , denen es darum zu
tbun sei, ihre schiiler zu treuer anhftnglichkeit an kaiser und reich zu
erziehen, müsten die neueste geschichte bis zum Frankfurter frieden
in ihren lehrplan aufnehmen » und sein innigster wünsch sei es, dasa
dies nicht dem ermessen der einzelnen lehranstalten überlassen bleibe,
sondern von oben herab par ordre de monfti bestimmt werde.
Nach diesen einleitenden wurten des thesenstellers erklärte director
Jäger aus Cöln seine Zustimmung zu sämtlichen thesen im wesentlichen
nad machte eine reihe Ton bemerkungen über die einzelnen sätze. ^
In beiug auf these 1;
'die aufnähme der neuesten geschiehte von 1815 bis 1871 in den
lehrplan der höheren lehranstalten ist fortan g-eboten*
erklärte er sich ganz besonders damit einverstanden, dasz 1871, und
nicht die gegenwart als endziel angenommen werde, was vor 1871 liege,
kVnne man mit ruhe betraehten, nicht aber was über diesen termin
hinaosgdlie; denn die aufgäbe der schule könne nicht darin bestehen,
disz sie in die nnmittelbaren tagesfragen einführe, mit these 2:
'sie mnsz sowol am Schlüsse des tertiacureue, als des primacursus
' behandelt werden',
erklärte sich reduer ganz einverstanden, während er zu these 3:
'auf beiden stufen muss die nationale seite betont werden',
die er ebenfalls acceptierte, darauf hinwies, dasz man mit dem worte
'national' etwas behutsamer umgehen möge, als es häufig su gesohehen
pflege, bei these 4;
'in der obertertia soll sie nur als epilog zum jähre 1815 in all-
gemeinster übersiebt am faden der deutschen einheitsbeatrehungen
itol sieh Jäger an dem etwas unbestimmten anedmek 'epilog', und
•nipfahl, um für tertia die geschichte in fruchtbarer natürlicher weise
W behandeln, am schlusso des tertiacursus die politische geographie
des Deutschen Keiches zu nehmen und darauf die geschichte als eine
gtsehiebte der deutschen einhelt su bauen, dann mache sieh die saefae
vogeswungen und vermeide auch das phraseologische, in these 6:
'in prima soll sie ebenso wenig nar dentsche, bezw*. preuszische,
als geschichte der einzelnen Staaten sein, sondern sie rausz aus
der geschichte aller europaischen Staaten diejenigen thatsachen,
welche die jetzige gestalt Europas herbeigeführt haben, auswählen
und unter bestimmten gesichtspnncten susammenfaseen'
find redner sehr firuehtbare gedanken, nur komme es darauf an, was
hinter den 'bestimmten gesichtspnncten' zu verstehen sei. meine man
etwa darunter die verfassungsgeschichte, so würde er dagegen bedenken
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106 Bericht über die Terhandlusgeu der 32n Tersammlimg
haben rnttsseDi und so lauge die schwere aufgäbe nicht g^elöst sei, den
Tertdlten Stoff scholnitai^ in einem lehrbnen sn gruppieren, mtae es
seUiesslieh dabei bleiben, dass man die geschiebte der einseinen stsa*
ten neben einander herführe, mit these 6:
'die Herbstscbe behandluog ist sa knspp, die Jägerscbe gibt sa
viel',
war Jäger gans einverstanden, besonders mit dem tadel (ein tadel sollte
es nicht sein), da8z er zu viel gäbe, nur wies er darauf hin, dass dieser
gegenständ noch weui^^ schulmäszig behandelt sei, seine eigene er-
fahrung" könne er dahin abgeben, dasz er sechs wochcn zur durchnähme
seines bucbes gebraucht habe, das sei das miuimum der nötigen zeit.
— Wenn nun aneh das bneh för die sehfiler so viel enthalte « so gibe
es doch nicht für den lehrer, für den es besonders bestimmt sei, zu.
viel, und sei gewis vielen willkommen, indem es die gmppiening des
noch unverarbeiteten Stoffes erleichtere. — These 7:
'd'iQ für die neueste geschichte erforderliche zeit kann nur durch
yerkfirsnng des mittelalters gewonnen werden',
and these 8:
'der Jägersche Vorschlag, in der Unterprima die geseldchte bis
zum jähre 1648 zu führen, hat kein bedenken',
fanden die volle Zustimmung Jägers, nur, meinte er, könne man these 7
anch so fassen: 'die fiir die geschichte von 1816—1871 erforderliche
seit kann nnr so gewonnen werden, dass man die Torhergehende seit
ungletehmässig behandelt, dabei mnss das mittelalter, dessen geschichte
für die schöler teils zu schwerverständlich, teils zu wenig fruchtbringend
ist, die kosten tragen.' damit werde sich die achte these von selbst
erledigen, nnr möchte er dabei noch aussprechen , dasz die quellen-
leetüre, sowie die regelmKssigen allsn langen repetitionen der alten ge-
schichte in der prima nicht dem sweeke des Unterrichts in dieser cUsse
entsprechend seien.
Nach den Jägerschen uusführungen erbat sich Spangenberg auf
nur wenige aufi^enblicke das wort, um sich gegen die misdeutung des
ansdmcks 'national' sn rerwaliren. er habe yon Jäger den Vorwurf
erwartet, da derselbe in seiner lotsten selffift dieselbe wamung ausge-
sprochen habe, er versichere aber, dasz er keinen roisbrauch mit dem
Worte treibe, er wolle nur den schülern zum bewustsein gebracht wissen,
dasz sie deutsche sind und einem neuen geeinigten starken reiche an-
gehören, in dem sehiilerkateehismus jeder höhem schule mftsse auf der
ersten seite stehen: 'ich liebe kaiser und reiefa, ieh glaube an die kraft
des reiches, ich hoffe auf seine dauer.'
Spangenberg fand auszer Jäger eine zweite autorität für seine
thesen, indem sich auch geh. regierungsrath Schräder aus Königsberg
im gansen mit denselben einTorstanden erklärte, nur wünschte er m
constatieren, dasz an den von ihm beobachteten gymnasien die forde-
rung von these 1 schon vielfach erfüllt sei. allerdings müsse das jähr
1871 der äuszerste termin sein, wenn er die geschichte darüber hinaus
vortragen solle, so wisse er nicht, wie er sich dabei zu verhalten habe.
— BesQglieh der thesen 7 und 8 war er mit der oben erwihnten Kusse«
rung JSgers einverstanden, dasz die geschichte ungleichmäszig vorge« •
tragen werden müsse, der dreiszigjährige krieg z. b. könne viel ge-
drängter behandelt werden, als es zu preschehen ptiege. auch könne
gerade am ende dieses krieges kein ein ciassenziel abschlieszender ein-
schnitt gemacht werden, weil hier die Tom J. 1566 an beginnende aus*
bildnng der furstensonyeränität in vollster entwicklung sei. — These 3
und 5, erklärte er weiter, müsten mit einander in Verbindung gebracht
werden, müsten einander interpretieren; die zeit von 1815—1848 sei
auch jetzt noch wenig klar, darum müste in der neuesten geschichte
doch stets hauptsächlich auf unser Vaterland besug genommen werden,
und in diesem sinne fürchte er auch nicht den ausdruck ^national*. —
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deatecher fihüologtii und aohulmtoiier in Wiesbaden.
I^ie ''bestimmten gesicbtspuncte' müsten nnr aas der allgemeinen geisti-
g:eii beweguog g^ewonoen werden, -der amerikanische secessionskrieg
z. b. masto unter der allgemeinen geäcbichte der colonisation gefasst
werden.
imeranf wurde theee 1 in der Spangenbergtehen fasanng einatimmig
an genommen.
Bezüglich des zweiten teils der tbese 2, zu deren begründung nun
Öpaugenberg übergieng^ erklärte er wol aaf dieselbe Zustimmung der
revaammlnng rechnen an können, wie inr ertten theee. andere itehe
es mit dem ersten teil derselben, man werde ihm, wie er ee schon in
privaten Unterredungen gefunden habe, vielleicht entgegnen, dasz die
zeit für die tertia noch nicht recht verständlich sei. am besten urteile
man hierüber aus eigner erfahrung, und diese habe eher das gegenteil
bestätigt, er habe z. b. eine Vertretungsstunde in obertertia zu erörte-
mngen ftber die neueste geschiehte ▼erwendet in dieser habe er mit
dem jähre 1870 begonnen und sei in der gesehichtsbetraehtnng teils
vortragend, teils fragend rückwärts bis zum Jahre 1848 gegangen, aus
den erhaltenön antworten sei ihm die Überzeugung geworden, dasz bei
den Schülern ein vollkommen ausreichendes Verständnis für die genannte
seil vorhanden gewesen seL die scbüler seien recht wohl bekannt ge-
wesen mit Königgrüta, hätten vom parlament in der Panlskirche, von
dem sdiletwig-&lBteim8chen krieg» von fiobert Blum nsw. eriühlen
können, ganz erstaunt aber sei er gewesen, als üim sogar Hannibal
Fischer genannt worden sei.
Nicht ohne eine gewisse beimischung von ironie gratulierte hierauf
dr. Hartwig ans Cassel dem Vorredner an solchen tertianem, die in
so nngewöhnlichem grade mit den neuesten Zeitereignissen vertraut seien,
rr selbst habe in der regel weniger Verständnis dafür gefunden, in
Wiesbaden stehe es vielleicht deswegen so, weil diese stadt der Pauls-
kirche näher sei als Cassel, wo er das nicht gefunden habe, ihm scheine
es das richtige, auf dieser stufe nur die ereignisse von 1866 und 1870
besonders an berfieksiehtigen.
Spangenberg erklärte hierauf, dasz er weit davon entfernt sei,
die ganze politische geschiehte von 1815 — 1848 in die tertia zu bringen;
aber ein gewisser faden müsse doch festgehalten werden, an dem die
geschiehte von 1815 — 1866 hingeführt werde, sonst blieben die letzten
jähre unverständlich, übrigens danke er dem hrn. Vorredner für das
gemachte eompliment, wolle aber doch noehmali bemerken» dasa die
scbüler aueh Königgrätb gelMunt hätten, und das liege doch nicht etwa
in der nähe von Wiesbaden.
Hierauf erklärte prof. H ö 1 sehe r aus Herford, er habe früher den
gescbichtsunterricht nur bis 181Ö geführt, seit 1870 habe er auch die
neueste leit hinaugenommen. von 1816 bis 1864 sei manches ffir den
sehfiler unverständlich und gehe über seinen standpunct hinaus, wollte
man ihn hier einführen, so würde man ihm ein bild vorführen, das ihn
nar mit mismut erfüllen könne, es empTehle sich deshalb die geschiehte
von 1815 — 1864 in einer stunde durchzunehmen, was recht bequem gehe,
Und von da an alles ausführlicher zu behandeln.
Jäger fand den ansdrock ^epilog' nicht eoneret und gab seine an-
sieht über den in tertia zu behandelnden stoff dahin ab, dasa im ersten
jähre des zweijährigen tertiacnrsus zunächst die physische Geographie,
Qod dann die geschiehte bis 1648 zu behandeln sei. dann solle man in
dea drei ersten vierteln des zweiten jahres die geschiehte bis 1815 füh-
reo, und hierauf lur politischen geographie von Deutschland übergehen
MDd daran eine fibersieht fiber die politische entwicklung knüpfen,
iiierzu genügten etwa vier stunden, da et sich nur um einprägung der
hanptsachen handeln dürfe, ohne weitere reflexionen. dabei nahm Jäger
ein Verständnis der Verfassungsgeschichte für die tertianer in anspnich,
betonte aber die besonders ausführliche darstellung der kriegsgeschichte.
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108 Bericht über die Terhandlmigen der 82ii vewMiinmlmig
Lap schon in den Jäg^erRchen ansföhriinpen eine bekämpfong der
von Hölscher geforderten bescbränkung, so wendete sich nun auch proi.
dir. Qenthe aas Corbach gegen dieselbe und erklärte sich für die tkäe,
da man dadnreh eoneentrische kreiee^rbalte und eine abmndim; in der ,
thei alt wfinschenswerth mid als ein fortsehritt er^^cheine. !
Anch rector Götz aus Neuwied erkannte die these an und frente
sich, dasz kein Widerspruch dagegen geäuszert worden, dasz die neueste
geschichte am ende des tertiacursus vorkomme, notwendig sei dieselbe
an dieser stelle sehen deswegen , weil ein grosser teil der sditOtr ik
prima nieht erreiche nnd er doeh anch fttr die naüenale eriielniiig dis-
ser gesorgt sehen wolle.
Als hierauf dir. Wendt aus Cürlsruhe hiergegen geltend machte,
dasz auf militärberechtiguugen keine rücksicht genommen werden dürfe
und bei der entscheidang der vorliegenden frage nur allgemeiDe gruDd-
sätze massgebend seien, Terteidigte OSta seine behanptang nit ta
satze, dasz die thatsache nun einmal vorhanden sei mid darum neh
berücksichtigt werden müsse, die militürberechtigung selbst wolle er
nicht in die discussion ziehen, wo l aber mit den gegebenen TerhältuMeii
im interesse der schüler rechnen.
Der TorsitMüde der Tersammlung erklärte nun, es seien wol iBe
mit der sweiten these einverstanden , aber besngUeh der TierleSf ik
mit in die discussion gesogen sei, ersäieine es wünsebenswertfa, zn emer
bestimmten fassung zu kommen, namentlich in bezug auf den ansdrack
'epilog', wobei er in bezug auf die worte: * am faden der deutschen
einheitsbestrebnngen' zu constatieren wünschte, dasz die einheitsbestre-
bnngen ron den dentsehen fttrsteo ausgegangen seien, er sddng dann
etwa folgende fassung der these 4 Tor: *in der obertertia soUeo m
der neuesten geschichte die thatsaehen nnr in allgemeiner fibeisifilit
gegeben werden.'
Provinzialschulrath dr. Probst aus Münster sprach sich dagegen
aus, dasz jetzt schon bestimmte normen über die behandlaug dieses
tefles der geschiehte aufgestellt würden, die saehe sei noch n sehr im
flusz, was Jftger selbst «erkläre, man solle nur noch ein jähr darüber
hingehen lassen, dann würden schon büc.her erscheinen nnd man werde
etwas mustergültiges zu stände bringen können: man solle these 4 und
3 streichen, letztere, weil sie ganz selbstverständlich sei.
Dem gegenüber verzichtete Spangenberg auf die ursprüngliclie
form der these 4 nnd adoptierte die Eeksteinsehe eben erwähnte fas-
sung, hielt aber auf grund seiner erfahrungen über die art, wie manche
lehrer den geschichtsunterricht betreiben, die 3e these aufrecht.
Dir. Baerwald aus Frankfurt a. M. fand dagegen die ursprüng-
liche fassung der these 4 mehr treffend , weil der Jägersche vorscblag
in betreff der anknüpfung an den geographischen nnterricht Men ftden
der deutschen einheitsbestrebungen' SU fordern schiene. — Auch Jäger
erklärte sich für diese anffassung, wie er auch these 3 aufrecht er-
halten wünschte, während Werftlt aus Karlsruhe in these 4 sich andern
ausdruck: 'in allgemeinster Übersicht der thatsaehen' stieaz und die-
selbe zu streichen wünschte, dagegen die beibehaltung von these 3
empfahl, damit man sich nicht gegen das nationale sn wenden sehttse.
Nachdem Hartwig nochmius seine ansieht bezüglich der ereignisse
von 1866 und 1870 verteidigt hatte, ergriff dir. Kreyssig aus Frank-
furt das wort und sprach mit seiner bekannten wärme für die dritte
nnd vierte these, indem er hervorhob, dasz es ihm weniger auf einzei-
bestimmungen ankomme, als darauf, dasz die Versammlung nach aussen
hin sengnis davon ablege, in welchem sinne sie die gesehfehte auffand
also im ganzen denselben gedenken, den der thesensteUer in sdsen
einleitenden Worten ganz besonders betont hatte.
Da die Versammlung- sich nun über die ganze frape klar zu sein
schien, schritt man zur abstimmung und nahm these 2 und 3 in der
I
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deatBoher Philologen und schulmAimer in Wienhaden. 109
ursprünglichen, tbese 4 in der yoir Spangenberg selbst adoptierten
Ecksteiuschen fassung an, so dasz sie nun lautete:
* in der obertertia soll sie, in allgemeinster Übersicht der thet-
sachen behandelt werden.'
Damit scblosz mau die discusBion und nach einigen geschäftlichen
mitteilungen die erste Sitzung, die genugsam zeiignis davon ablegte,
welches interesse man dem vorgeschlagenen gegenständ zugewendet
liatte, ein interesse, was sich auch damit darlegte, dass die versamm-
long den antrag eines ?on der kritisch-ezegetiaehen f eetion abgesandten
ndtgliedes, Uure versaninilnngen su nnterbreehen nnd sich mit der kritiseh-
exegetischen section zur finhörung eines Vortrags über Dionysius Thrax
zu vereinigen, fast einstimmig ablehnte. — Für die nächste auf freitag
morgen um 8 uhr anberaumte Sitzung beschlosz mau die ISpangeuberg-
BcÄien theseu su ende an berathen nnd dann an den Eeksteinsehan
Ubsimgehen.
Nach eröffnung der sweiten sitsuQg und erledigang einiger ge-
schäftlicher Sachen wurde zunächst ein antrag, dass die von Oberlehrer
dr. Meyer aus Herford eingebrachte these:
^sind die klagen über die geringen leistungeu der gymuasien be-
grändet nnd eyent. welehe mittel sind geeignet, denselben aban-
helfen ?'
nach besprechuDg der Ecksteinschen thesen, eventuell in einer nach-
mittagssitzung, zur discussion kommen solle, mit groszer majorität an-
genommen, dann fuhr man in der berathung der ISpangenbergächeu
thesen fort.
üeber these 5, besüglieh welcher Spangenberg hervorhob, dass vor
allen dingen der einheitliche faden nicht verloren gehen dürfe, alles
übrige sei sache der methode, entwickelte sich eine besonders lebhafte
debatte. Jäger fand die hauptschwierigkeit in dem ausdruck: ^be-
stimmte gesichtspuncte^ die sich schwer feststellen lieszen, und meinte,
dass der Stoff eluronologisoh geordnet nnd dann mit ahm operiert werden
mSsse. Spangenberg gab diese Schwierigkeit sn nnd erklärte, dasa
er trotz vielen nachdenkens über die gesichtspuncte selbst noch nicht
ganz klar sei, wol aber an der sache selbst festhalte und aus dem kreise
einer an erfahrung so reichen Versammlung winke dafür erwarte,
provinzialschulratb Probst meinte, dasz in dem durch these 3 betonten
werte 'national' sieh die behandlnng der nenesten gesebiohte in prima
von selbst ergebe, auch dir. Friedrich wünsehte these 8 anr geltung
gebracht zu sehen, beanstandete deshalb diewortc: ^'lller europäischen
Völker' und wollte die geschichte der auszerdeutschen Staaten nur in-
sofern behandelt wissen, als dieselben zur entwicklung des deutschen
reiehes beigetragen haben. — Dieser auffassung gegenüber formulierte
J&gsr seine ansieht sn folgendem wortlant:
'in prima mnsz die neneste gesebiohte unter dem europäischen
gesichtspuncte, nicht ausschlieszlich als deutsche, wie in Ober-
tertia, behandelt werden, dasz dabei die vaterländische f^eschichte
vorzugsweise berücksichtigt werden musz, ist für deutsche schulen
sdbst¥erst%ndUeh%
wUirttid geh. regierungsrath Schnlts, sich der Friedrichschen an-
scBauung nähernd, Toi ge nd*e fassnng vorschlug: 'in primasoll die deutsche-
geschichte den mittelpunct des geschichtsnnterriohts bilden, und aus
der geschichte der übrigen Staaten sollen nur diejenigen momento zu
JjUksrsr erörteruug kommen, welche für die gestaltuug der geschicke
peatsehlands mit von bestimmender wirknng gewesen sind.' Jftger
ßielt dem entgegen, dasz es sich nicht mit der art, wie in prima die
geschichte bis 1815 zu behandeln sei, vereinigen lasse; so gut wie bis
<lAhin die europäische geschichte zur geltung f^ekommen sei, müste sie
^ auch für die neueste seit; und als von einigen selten erklärt wurde,
sais man die these 6 sohon durch these 3 als erledigt ansehe und sich
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110
Bericht Aber die TerluuMUiiiigeii der 38s Tersminliiiig
ßtreiclmnfr derselben empfehle, eö bestand Jager auf beibebaltnng der-
selben, abgesehen von dem ausdruck 'allgemeinen ge0ichtspaiicten\
wonMif tbese 5 in der Jägersehen ÜMsnng, die sieh am meistee der «r-
•prftnfflioheti nlherte, angenommeii wurde.
These 6 zog Spangenberg: nnter der erklarunß^, dasz dieselbe
nur die dircctive für die anffassunij; von theso 6 habe geben sollen, und
dasz es ihm nicht um eine discassiou darüber, die er obendrein nicht
einmal für passend halte, zu thun gewesen sei, selbst zarück.
Ctogen die hierauf Tom thesentteller verteidigte theee 7 wandte sich
besonders, wie dies offen gesagt, Ton Spange nborg selbst erwartet wurde,
der betreisterte anhänger des mittelalters, dir. Münscher ans Marburg,
und spraclt, \Yeiin er auch dem theseusteller darin beistimmte, dasx
man es dem tact des eioaelnen lehrers überlassen müsse, was aaszo-
scheiden lei, die hoffnung ans, daes gerade yem mittelalter, *der slor-
reiebsten seit nneers Tolkee* nieht Tiel geopfert werde. — Nnn rr^_
provinzialsebnirath HÖpfner .vor, die theee in allgemeinerer- faieaiig lö
sn fixieren:
'die für die geschu hte der neuesten zeit erforderliche zeit kann
nur durch fortgesetzte sichtung und erhebliche minderung dea
bUher fiberlieferten lehnteffs gewonnen werden',
womit sieh Jä^ger nnter inrttekiiehnng seiner besSgUeh dieser lkSM
am vorhergehenden tage abgegebenen erklärnng einverstanden erklSrte.
nachdem auch der theseusteller selbst, von der ansieht ausgehend, dasi
die Höpfnersche fassung nicht in Widerspruch mit der ursprünglichen
stehe, sondern dieselbe nur verallgemeinere und dem lehrer seine auf-
gäbe in nieht nnbedenteadem grade erleiehtere, sieh fttr dieselbe ain-
gesproehen hatte, wnrde sie einstimmig angenommen. — Darob diese
Fassung von these 7 wurde die 8e these, obwol Spangenberg geltend
machte, dfisz es für viele lehrer, die nicht haushälterisch mit ihrer zeit
umgehen, nötig sei, eine Vorschrift über das in unterprima zu erreichende
ziel sa bekommen, als erledigt angesehen, indem Jäger, dir. Loebaeh
nnd recfiemngsrath Beb rader darauf hinwiesen, dass die grense swiselM
dem in nnter- nnd oberprima zu behandelnden geschichtbeben Stoff nun-
mehr beweglich geworden sei nnd sieh danaeh riehte, was nnd wo der
einzelne lehrer ausscheide.
Hierauf schritt die versammlaog, in der nun dir. Spangenberg deo
▼orrttB fibernahm, snr berathnng der Eeksteinsehen thesen über Ittel*
nisehen elementarunterricht. dieselben lantens
1) der lateinische elementamnterriebt mnsz Ton der menge der
jetzt dabei verwendeten bücber befreit werden.
2) das übersetzen aus dem lateinischen verdient den vorzog
vor dem übersetzen in das lateinische.
8) ersKhlongen sind geeigneter sn der ersten leetfire als ge»
sprftche.
4) die Übersetzungen ans der mnttersprache sind mehr mfind-
lich zu machen, als schriftlich, die bis jetzt dabei gebrauchten
hülfsbücher gehören nicht in die bände des Schülers.
6) mit dem sprechen des latein kann schon aaf dieser stofe
begonnen werden.
Bekstein erklärte es für überflüssig, fiber die thesen im aligemei-
nen zu sprechen, er liabe kein eigentliches sTStem aufstellen, sondern
nur einige fragen anregen wollen; deshalb hätten auch seine thesen nicht
die Überschrift ^über den lateinischen elementarunterricht', sondern 'über
lateinisehen elementamnterrioht*. man sah aneh somit von einer aUie*
meinen disenssion ab und Eckstein gieng sogleich zur erklärnng der
ersten these über, die er dahin präcisierte: ne pueri mnltitndine libromm
onerentur; die unglücklichen knaben müsten sich manchmal mit vier
büchern abplagen, auf eine bemerkung des dir. Steinbart aus Daii'
barg, welcher die these ursprünglich ganz anders verstanden hatte ood
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deaiacher pbüologen und Bchalrnftnner in Wie«baden.
III
Bich eine nähere erklarung derselben ausbat, wies Eckstein auf these
4 hin, aus welcher sich die erklärung ergebe, er wolle nur ein latei-
aisehes Usebaeh und grammatik und iwar beide in einem bnclie rer-
^igt, wilirend die schüler der untersten classe häufig mit lesebuch,
grammatik , yocabularium und Übersetzungsbuch belastet seien, damit
erklÄrte sich Probst unter ^flem ausdrnck seines dankes für einver-
standen, während Schultz es bedenklich fand, wenn die quinta schon
ein neaee lehrbucb bekomme und deshalb schon von sexta an den ge-
braaeb einer grammatik empfabl, wie aneh ein übersetsnngsbneb aus
dem deutschen ins lateinische und riee versa für unbedingt n5tig er-
klärte. Eckstein fand die erklärnng von Schulz sehr be^^rei flieh,
sachte aber die discussion von der frage über die einrichtung von lehr-
bUcbern abzulenken und hob nochmals hervor, dasz er nur die zu grosze
mU derselben beseitigt in seben wfinsebe.
Als nun von einer andern seite darauf anfmerksam gemaobt warde,
dasz sich die discussion nicht innerhalb der gesteckten grenzen halte,
niid man einmal zunächst über these 1 abstimmen solle, fand Stein-
bart vorher eine abstimmung: über these 2 und 4 nötig, ein Vorschlag,
den Eckstein durch die crkläruug ^u entkräften suchte, dasz die
these J« nnr einen allgemeinen gmndiats ansspreebe nnd den* Qbrigen
thesen niebt Torgreife. Wittxcb ans Cassel erklärte dagegen, dass,
wenn man gegen die Überlastang der schüler mit zu vielen büchern
spreche, es auch gewis gerechtfertigt sei danach zu fragen, wie abhülfe
geschafft werde, und empfahl für die unteren classen ein lehrbuch,
welches grammatik mit überaetzungsstoff vereinige, nach dem princip
von Scheeles Torsebnle, wodurch den Probstseben wönseben entsprochen
und die Scbnltsseben bedenken beseitigt würden. — Nach diesem etwas
ausführlichen expose drang man auf schlusz der debatte nnd nabm die
erste these gegen eine geringe minorität an.
These 2 rief, wie man wol erwarten konnte, eine lebhafte discus-
•ioo hervor, besonders waren et die tebnlrithe 8ebr ader nnd Scbnlts,
die sich über dieselbe verbr^teten. ersterer sog gleich these 4 mit in
die discussion und hob hervor, dasz die concrete aaschauung der latei-
nischen spräche verstärkt, dasz der stoff überliefert und die kräfte da-
ran geübt werden müsten. ausgehen müsse man vom lateinischen satze,
daran die regeln knüpfen und sie am übersetzen aus dem deutschen ins
Uteinisebe einüben, wftbrend Sehrader somit die tiiese annahm, be-
schränkte Schultz ihre gültigkeit auf die oberen elaasen, während er
für die unteren gleichmäszigkeit in dem übersetzen aus dem deutschen
ins lateinische und dem aus dem lateinischen ins deutsche verlangte,
damit gelegenheit gegeben werde, die formen recht sicher einzuüben,
hierauf roraeh sieh noeh dir. Meyer aus Parcbim in nnsfahrlieher rede
fdr die these ans, während von anderer seite anstosa an dem ansdrnck
Worzug* genommen und dadurch ein Vorschlag Prob sts zur Umformung
der these in die worte: 'auf das übersetzen aus dem lateiöischen ist
das hauptgewicht zu legen' veranlaszt wurde, die Versammlung erklärte
sich jedoch für die Ecksteinsche fassung.
Hiermit scbloss.die sitinug, und man kam überein, sieh sa einer
dritten Sitzung nachmittags nm 4Vs yereinigen.
Obwol die anstrengungen des morgens und das während der ganzen
Versammlung herschende schöne wetter es anders erwarten liesz, war
die nachmittagssitzung zahlreich besucht und verrieth durchaus keine
sbspannong der Icräfte* nachdem das präsidium einige geschäftliche
Angelegenheiten erledigt hatte, verteidigte Eckstein seine dritte these.
fort, begann er, mit den einzelnen sätzen bei dem ttberaetsen ans dem
lateinischen ins deutsche, dieselben seien erst in der neuen zeit in die
lateinischen Übungsbücher gekommen. Jakobs habe sie ursprünglich
gar nicht gehabt, jetzt reichten die Ostermannschen bUcher bis In die
V^rta. gerade diese* einxelnen sätse seien aber dasu angcthan, die
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112 Bericht über die yerhandlungen der 32u yersammlung
sehfiler in serstrenen, indem sie swaoiig Tenehiedene dinge, aas der
naturgeschichte, geschichte, geographie usw. hinter einander brächten,
diese einzelsatze müsten beseitigt uiid dafür zusammenhängende lese-
stücke, erzählungeu gegeben werden, redner berief sich dabei aaf
frühere praxis, namentlich dasz wir selbst in Deotseblaad ein soleliss
buch gebebt bitten, wie aneb die Fran^sen das ihrige, so existiere
der kleine Livius und Herodot. nachdem Eckstein seine ausführangen
mit den worten: ^also tod den einzelnen Sätzen, dafür historischen latei-
nischen Stoff zur lectüre\ geschlossen hatte, wendete sich Schultz gegen
ihn und gab zu bedenken, dasz es niemand fertig bringe, den verlangten
Stoff für sexta snreebt sn legen, wenn es aneb fttr qnlnta gebe, in der
sezta müsten, damit die formen eingelernt und geübt würden, satze ge-
braucht werden. Eckstein habe bemerkt, dasz die einzelsätze erst in
der ueuzeit eingeführt worden seien, das liege aber nicht in der Sache,
sondern darin, dasz man früher das lateinische nicht im neunten, son-
dern im sw5lfteo jabre begonnen bebe, jetit, da man mit nennjSbrigen
knabeii arbeiten müsse , welche kaam die detttsoben formen kennteo,
da es wesentlich darum aa thuu sei, formengewandtbeit sa enielen, sei
dies nicht möglich.
Dies bestritt Eckstein entschieden, indem er aus der geschiebte
der plidagogik nacbwies, dasa die alte lateinlsebe schale ibre sobfiler
als ABC-sebftler bekommen babe, und doch nie von einzelnen sätzen
die rede gewesen sei; ond wenn man sage, die einzelnen sätze wären
nötig, so behaupte er, dasz gerade durch die einzelnen sätze heatzatsge
die einübuug der formen geschädigt werde.
Scbults reebtfertigte dem gegenüber seine bebanptung damit, dsn
man in seiner jagend im lln jähre das lat^niscbe angefangen habe
nnd deshalb mit sätzen habe beginnen können.
Nachdem noch Steinbart hervorgehoben hatte, dasz bis jetzt kein
buch, wie es sich Eckstein vorstelle, existiere, und es deshalb bei den
einselnen sfttsen bleiben mfisse, and Eckstein noehmals für seine then
gesprooben batte, worde dieselbe mit bedeutender majoiitttt ange-
nommen.
Bezüglich seiner vierton these, zu deren Verteidigung sich nun
Eckstein wendete, erklärte er, auf den meisten widerstand gefaszt zu
sein, sebr bftafig, behauptete er, liege der nnteniobt der untersten
dessen in den bänden jonger lebrer, was anders sein sollte, wenn aadi
manche meinten, man müsse von der pike auf dienen, die Übungs-
beispiele müsse der lehrer selbst bilden, sein lebendiges wort vermöge
weit mehr, als hülfsbücher in den bänden der schüler. wenn die lebrer
die wahre frende an ihrem berufe hätten , so müsten sie sieb aneb die
mühe nehmen, die betspiele za bilden, wenn anch der lebrer ein ge-
drucktes buch zu hause habe, so solle er doch damit nicht vor die
schüler treten, es müsse mehr mündlich als schriftlich übersetzt, we-
niger zu hause, mehr in der schule gelernt werden, wenn man der
Jugend nicht die lost am lernen verleiden wolle, so solle man das meiste
von ihr mündlich machen lassen, wobei ja das scbriltlicbe nicht gaos i
aasgeschlossen sei.
Schultz erklärte sich mit dem ersten teil der these einverstanden
und räumte ein, dasz die mündlichen Übungen fördernder seien, als die
■diriftlicben. das habe er öfters hervorgehoben, wenn dies übrigens
dabin gedentet werden solle, dass die eKtemporsUen nnd exereitien
keinen werth hätten, so müsse er Widerspruch elsl^pm. es sei auch
schon für den sextaner wichtig, dasz er schreibe, und zwar nicht blosz
in der schule, sondern auch zu hause, un^ hier müsse er es auch in
ordentlicher form thun, denn hier habe er zeit zum besinnen, solche
arbeiten wären geeignet sein Selbstgefühl au wecken. — Den tweiten
teil der these dagegen fand redner sehr bedenklich, er beiweifelte,
dass die lebrer» seien es ältere oder jüngerei sofort jederseit geeignete
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dentooher philolog«ii und jchnlminper In Wiesbaden.
IIS
beispiele znr hand hätten, die ebenso put seien, als ein buch sie gehe.
aUerdiogs solle der schUler so wenig als möglich ein buch in den h&n-
den haben, der lehrer aber könne es alebt entbehren.
Meyer ane PareUm nabm bieran anlass, sich fiber die eztempo*
ralien aasEosprechen und auf das mitverhältait swiseben den leistnnfen
in der schule und denen Im hause aufmerksam zu machen, die extem-
poralien schied er in übunps- und prüfungsextemporalien. Sachen, Hie
der Schüler genau kenne, solle er fixieren, und am ende des viertel»
jahres könnten dann extemporallen cur prüfang eintreten, vor allem
aber mfiiae die aogst der schüler Terb&tet werden, die bei manchen oft
die überwiegende Ursache der fehler sei; und es dürfe den schülern
Bichts zugemutet werden, als was sie wirklich fertig bringen könnten.
Darauf sprach sich Steinbart für den ersten teil der these ans,
griff dagegen den zweiten um so schärfer an. er betonte mit Schultz,
dasz es keine lehrer gebe, die den anforderungen Ecksteins entsprächen,
UBSomehr, da der lateinische elenientaninlerriebt meistens den an-
Tängem anvertraut werde, besonders hob er aber hervor, wie notwen-
dijj es sei, dasz die bücher sich auch in den liänden der aohiilor be-
tändeu, weil dadurch auch vorteile für die urthoprraphie erwüchsen,
indem die knaben durch das bnch gelegenheit fänden sich das wortbild
eiozuprägen. endlieh ermüde des enge lange nicht so schnell, als das
ohr. unmSglich sei es, die anteerksamkeit des sebttlers «Ine ganse
stunde lang^ zu fesseln, wenn er nur höre, er müsse auch sehen, was
er übersetzen solle, man möge für den sweiten teil der these eine
mildere form wählen.
Wen dt ergriff nochmals das wort» nm sieh gegen die eztempera-
neasn wenden, die allerdings aar wahren nottesgeissel werden könnten,
wenn man solche schreiben lasse, so solle man dit> forderungen nicht
zu hoch stellen, wenn nicht die meisten schüler die aufgaben richtig
lieferten, so seien eben die aufgaben ungeeignet, ausaerdeai solle
man die kinder nichts sehreiben lassen« was sie nicht auch schön schrei*
ben könnten, damit die handschrift nicht, wie das vielfach vorkomme,
verdorben werde. — Uebri^'ens könne atich der mündliche Unterricht
mechanisch werden, weil bei der frisclie des jugendlichen gedächtnisses
auch nach wocben die übersetsung haften bleibe und dann gedankenlos
hergesagt werde,
Jäger sprach sich nun noch bezüglich des zweiten teils der these
fiir Steinbart aus und wies auf die Schwierigkeit hin, wie man 50 — 60
schüler ohne buch eine stunde in anfmerksamkeit erhalten solle, das
könne kein engel fertig bringen (beifail). man könne die schüler durch
«Itsn viele mündliche fibungen anch aUsnschlagfertlg machen; dann
entstehe aber ein auffallender nntersehied swiMhen mündlichen and
schriftlichen leistnngen.
Probst suchte hierauf noch eine lanze für die jüngeren lehrer zu
brechen und meinte, man dürfe ihnen doch mehr zutrauen, als es von
nanehen selten geschehe, durch Variationen der gelesenen stücke
konnten sich dieselben lei<;lit das nötige satsmaterial verschaffen.
Naclidem endlich nocli Eckstein auf den geringen voriv,.» ^er
lehrbücher für die Orthographie hingewiesen hatte, in welcher beziehnng
die Wandtafel die hauptsache thun müsse, schritt man zur ahstimroong
Tud nahm den ersten -teil der these mit grosser, das Sohnitssebe amen-
dement des sweiten teils s
'den Schülern selbst sind dabei hfilfibtteher mögliehst wenig in
die bände zu geben'
mit sehr zweifelhafter majorittt an. die Ecksteinsche iassung des
zweiten teils fiel somit ganz.
lieber die öe these kam es zu keiner discussion. sie wurde in au-
srkennnng des von Eckstein hervorgehobenen vorteile, dass selbst auf
. 5. jahrb. f. phil. u. päd. II. abt. iblS. bft. 2. 8
k
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I
114 Bericht über die verliandlttiigeii der S2n versammlnng
den untersten stufen die sprechversuche zur belebung des Unterrichts
dienen können, mit majorität snffenommen.
Obwol es sebon anfieng dnnlcel sa werden, beschlosz man, wenn
auch keine eigentliche discussion mehr möglich sei, doch in rücksicht
auf den in der morgensitzuug gefaszten beschlusz Meyer noch für seine
these das wort zu geben, war aber höchst erstaunt zu hören, dasz er
nicht anwesend sei
Naehdem noeh Sehrader dem prlsidinm den dank für seine thfttig-
keit Ausgesprochen hatte, schlosz man die sitzuug.
Wie man auf die gewis von vielen gewünschte begründung der
etwas paradox klingenden Meyerschen these hatte rerzichten müssen, so
hatte die Versammlung auch keine zeit erübrigen können, theaen von
Holsweiesig 'über die Terwerthung der vergleiehenden spraehfonebong
für die elementare darstellnng der gfieehiaehen casnssyntaz' aar be-
sprechung sn bringen.
Hoffen wir, dasz die gesetzgebenden behörden dem, was eine grosse
Versammlung von so vielen anerkannten autoritäten als ihre ansiebt
ausgesprochen, ihre wohlwollende anfinerksamkeit anwenden. j
Mathematisch-natur wissenschaftliche section. |
(bericht des hrn. prof. Unveraagt in Wiesbaden.) |
Die Sitzungen der section waren von ungefähr 70 teilnehmern be-
sucht, die erste Zusammenkunft fand mittwoch den 26 September nach
der ersten Plenarsitzung' statt, man wählte als versitzenden prof. Un- 1
verzagt aus Wiesbaden, stellte die tagesordnung für die folgenden I
tage fest und erklärte ee als durchaus nötig, daes ffir sukünflige Ver-
sammlungen die themata der zu haltenden vortrage und die einzu-
bringenden thesen in den betreffenden fachlättern frühzeitig durch den
jedesmaligen geschäftsführer bekannt gemacht würden.
In der zweiten Sitzung, donnerstag den 27 September, vormittags \
Ton 8—10 Uhr, hielt hr. prof. GUnther aus Ansbach einen längern |
Tortrag. er sprach über ^die pädagogisch verwerthbaren mathematisches j
errungenschaften der neuzeit*. i
Der redner betonte zuerst die notwendigkeit, dasz der lehrer an ,
gymnasien und realschuleu in contact bleibe mit den förderern der :
wissensehaft auf unseren hoehsehulen, nicht um dadurch eine ausdehnnog
des mathematischen lehrpensums in jenen schulen herbeizufuhren, son-
dern nra den bisherigen lehrstoff nm so intensiver bearbeiten zu kön-
nen und um durch ausblicke auf neue Stoffe tind durch andeutungen
über ferner liegende gebiete anregung und lust zu weiteren Studien zu
geben.
Als in diesem sinne geschrieben empfiehlt er besonders die lebr-
büchcr von Frischauf, sowie Matthiesens Schlüssel zur aufgaben-
sammluno- von lleis. der redner p^eht sodann zu den arbeiten aus den
einzelnen zweigen des mathematischen gebietes über, soweit diese in
das bereiehdes lehrpensums fallen, in bezug auf atigemein grund*
legende theorieen erwähnt er die arbeiten von Hankel, Sehwars,
Thomä und Du Bois-Reymond, die sich teilweise mit dem Zusammen-
hang zwischen den functionen und ihren differentialquotienten beschäf-
tigen; für einzelne fälle continuierlicher functionen ist dadurch nach*
gewiesen, dass eine ableitung fehle, eine stetige ourve also ohne be-
rührende gedaeht werden könne, eheneo wird erwähnt, dasz G. Cantor
und Stolz gezeigt, wie gewisse reihen mit einer variabeln, trotz ihrer
Stetigkeit, nicht gleichmäszig convergent seien, redner führt femer als
beacbtens Werth für den lehrer an die arbeiten, welche mit der geo-
metrischen deutung des imaginären ausammenhängen , so Tor allem
die ausdehnungslehre von Grassmann, die reehnnng mit äquipoUenaea '
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deatseker philologen und Bchalmftnner in Wiesbadfln. 115
von Bellavitis, die rechnnng mit geometrischen grossen von Dillner und
die theorie der quaternionen von Unverzagt als Weiterbildung der Ha>
mUtonsclieB qvaternSonen. ala andere hierher gehörige empfehlent-
wertbe arbeiten worden erwähnt Dedekinds schriftchen über Stetigkeit
und irrationalität und E. Schröders operationskreis des logicalcüls.
In bezng auf die arithmetik verlangt redner l)e8chränkung im
lösen von aufgaben, dagegen empfiehlt er die einführung der schüler in
die allgemeinen methoden der tramformatiou , wodurch der grad der
gleichnngen herabgedrfickt wird, ge|[fenfiber einer grossen Isr^^ett in
<knifftologie% d. h. konststfioken im lögen elnselner tehwierigkeiten bei
quadratischen gleichungen nsw, Muithiesens oben genanntes buch wird
auch hier wieder angeführt als vielfach anhaltsponote in dieser be-
ziehung gebend.
In bezug auf die elementare lehre von den reihen wird iümr den
mangel an ^ten werken geklagt, die eine znaammenfassnng denen
gäbeo, was in neuerer zeit hier geleistet wurde; als ersatz wird auf
die mathematischen Zeitschriften und auf Sohrödere monograpliie Uher
allgemeine harmonische reihen hingewiesen.
Das gebiet der eigentlichen combinatorik läszt in unsern schulen
kamn eine erweitemng in. dagegen mnes die lehre von den determi-
nanten immer allgemeiner eingeführt werden, deren Verwendbarkeit
durch neuere arbeiten von Kägelsbach, Lnoas, Glaisher nnd
Diekmann immer mehr hervortritt.'*
In der Wahrscheinlichkeitsrechnung könnte besonders die
TOtt den Engländern gepflegte geometrieehe wahreeheinliehkeit leicht
den natenienteswecken direet anrnpasat werden.
Die neuere geometrie will redner im gegensats zti den ansiohten
Fiedlers und Hancks in den gewöhnlichen cursns der Euklidischen geo-
metrie eingeflochten haben, zug-leich mit beseitigung der herkömmlich
gezogenen schranken zwischen planimetrie und Stereometrie, wie dies
in den lehrbflchem von Hnbert Mttller, Rnd. Wolf nnd Frisch-
anf schon angebahnt sei.
Die fundamentalen entdeckungen und untersuchungfen von Riemanu
und Helmholtz in bezug auf die geometrischen principien empfiehlt
redner ebenfalls der beachtung der lehrer und nennt als besonders ge-
ekoet inr raschen einführung und Orientierung auf diesem gebiete die
kleine sehrift Brdmanna fiber die principien der geometrie.
Dem penaom der etereometrie könnten verbessemnfen dadurch
werden, dasz man die erweiternngen der polyedersätze von Descartes
und Euler beachtet, wie sie sich schon in Beckers dementen der geo-
metrie finden, ebenso durch hereinziehung der sätze von Hess über halb-
regulire kSrper.
Im Unterricht, in der trigonometrie wünscht prof. Günther eine
gröszere berücksichtigung der historischen entwicklung dieser wichtigen
disciplin; ferner ein hereinziehen des Legendreschen satzes über den
zasammenhang des sehnen- und kugeldreiecks in der einfachen gestalt,
die der beweis des satzes durch Neil und Mertens (ISchlömilchs zeit-
Bohiift bd. 18 n. Sl) erhalten hat.
In der mechanik will der vortragende mehr die grundlehren der
kinematik (mechanik ohne rncksicht auf massen und kräfte) und die
lehren der graphostatik um ihrer fruchtbarkeit willen herangezogen
sehen.
In der mathematischen geographie werden als ausgangspunct
die erseheinnngen der tSgliehen beobaehtnng imd nicht das Oopernika*
nisehe System verlangt unter hinwetrang auf die richtigen ansiebten
Pieks in den Zeitschriften Ton Hofmann nnd Kolbe«
das treffliche werk des redners über determinanteu hätte hier
nol andi enrihnnng finden sollen.
8*
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116 Bericht über die Verhandlungen der 32n veiäammlung
Der so inbaltsreiche vertrag wurde mit dem grSstei» interetee vee
der zahlreichen versammlang aufgeDommen.
Ein zweiter vertrag wurde von hrn. prof. dr. Cantor aoB Heidel-
berg gehalten über die lösung der gleichung
—
Der redner gab in geiatreielier weiee eine analytiBebe Ideong, in-
dem er kx annahm; sedaiin eine geemetriselie mit muieiimig einer
bilfflcorve, deren gleiohaug
„ , log {
war, indem er mit Jakobi betonte, dass nnr die Texeinigiing beider wege
zu bedeutenden zielen führe.
Zuletzt sprach prof. Unverzagt über 'die ziele des matbemati-
ecben nnterrfettts in den realsebnlen ereter Ordnung'.
Redner geht davon auf, dasz er die im allgemeinen geringe fre-
quenz der oberclassen der realschulen erster ordnung^ erwähnt; als
g^rund hiervon gibt er vorwiegend an die nicht hinreichende ausnützuog
des normallehrplanes, wie derselbe für Preuszen im Jahre 1859 fest^-
Stellt wurde, durcb olfieielle angaben ist bebannt, das« in Preosseo
die provinz Hessen-Nassau relativ die meisten abitarienten von real-
schulen erster Ordnung hat, und zwar bis jetzt besonders durch das
realgymnasium in Wiesbaden, worin z. b. in diesem jähre in oberprima
22, in Unterprima 35 schüler sind, die anstalt ist eine realschule erster
Ordnung, die von den fibrigen sebulen dieser art dadureb abweiebt, dais
die mathematischen lehrfächer weiter geführt werden, als dies aonstwo
der fall ist. zur feststellung dieser thatsache liegen im saale die mathe-
matischen arbeiten der abiturienten aus den jähren 1874, 1875 und 1876
zur beurteilung auf, anszerdem sechs grosse mappen mit Zeichnungen
ans dem gebiete der darstellenden geometrie, weuiie vor einigen Jahren
in Berlin ausgestellt waren und bä sachkundigen grosse anerkennoiig
landen, die arbeiten der abiturienten, sn deren anfertigung man fünf
stunden zeit gewährt, bezogen sich auf fragen aus der sphärischen tri-
gonometrie und deren anwendungen, auf differential- und Integralrech-
nung und deren benutzung in der analysis, geometrie und mecbanijE.
in der analytisdien meebanik waren vorwiegeiui kinematiscbe probleoe
gelöst; die darstellende geometrie endUeb führte durebdringnngen
krnmmer flächen und schattenconstructionen vor. an diese arbeiten,
die groszen beifall fanden, anknüpfend, zeigt nun redner, dasz, wenn
man in quart« und den beiden tertien in drei wöchentliohen stunden
Planimetrie durebnebme, eine gleiobe stundeniahl in den beiden secuii-
den auf Stereometrie und trigonometrie verwende, feraer die arithmetik
in den beiden tertien und secunden bis zur lösung cubischer gleich ungen
führe, dasz man dann noch vollständig zeit habe, in den zwei primen
die elemente der analytischen geometrie nebst einer reihe wichtiger
lehren aus der differential- und integralreebnung und ibren anwendnngen
in der classe vorsutragen, daneben noob darstellende geometrie aus-
führlich lehren und einüben könne, ebenso die wichtigsten lehren der
kinematik. dies alles sei möglich, ohne dasz eine stunde mehr ver-
wendet werde, als der normalplan von 1859 den realschulen erster ord«
nung fär matbematlk, naturwissensebaft und seiebnen zugesteht nnd
ohne den übrigen fächern durch Überlastung der schüler zu nahe zu
treten, freilich müsse eine weise beschränkung im lösen guter aufgaben
eintreten, das arbeiten müsse vorwiegend in der classe geschehen, den
Schülern aber lust und freude an der sache bereitet werden durch die
fülle neuer ansebauungen und begriffe und dureb die einfttbmng in
grosze Probleme und umfassende tbeorien. damit den realschulen ein •
schärferes und eharakteristisoheres gepittge werde, will der vortragende,
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deutscher plulologen und BchulmSnner in Wiesbaden. 117
dasz die mathematisch-naturwissenschaftlichen Stadien den schwerpnnct
dieser anstalten bilden, Studien, die freilich erst in den höhen, wie sie
hier i^efordert werden, die wirklich grosse formal und, «iras bis jetzt
dorohsoi nicht genug betont worden eei, noch materiell (inhnitlich)
bildende Wirkung haben, wie solches ffir die oberclassen nötig sei. die
diirchführbarkeit des angedeuteten planes sei seit 20 jähren durch die
Wiesbadener anstalt bewiesen, sie suchte die genannten ziele schon
seit 1857 zu erstreben, und erreichte dieselbe im wesentlichen früher
bei nur aehtjShrigem enrae, wie die abitnri«Btenarbeiten ans 1874 aeigen,
bei solcher Vorbildung können die abitnrienten aaf hochschnlen sofort
ihre fachstudien beginnen — könnten namentlich die mediciner, die
früher vielfach ihre Vorbildung auf dem roalgymnasium suchten, auf
der Universität direct an das wissenschaftliche, d. h. auf mathematik ge-
gründete Studium der physiologie und physik gehen, eitern und schüler
wfirden aber bald Interesse an anstalten nehmen , die neben tftchtiger
TorbiMong für den snkänftigen beruf dnreh das herantreten an die
groszen gedanken und ideen der modernen exacten Wissenschaften in
etwas wenigstens ersatz leisten für deu mimfjel der bei ihren Zöglingen
etwa durch die beschränktere einführung in das leben der alten cultur-
Tdlker sn tage treten Jcönnte. neue berechtiguugen , meint der yor-
tiigende, könnten den realsehnlen nnr auf gmnd nener leistnngen
werden.
Freitag den 28 September fand die dritte sitzung am morp^en von
8— 10 nhr statt, man trat sofort in eine discussion über den vorstehend
skizzierten vertrag ein. prof. Unverzagt widerlegte die angrifife und
bedenken, die Ton selten des 'hm. dir. Heilermann ans Essen, des
hm. rector Fischer ans Lennep, des hm. dr. Stoltz aus Rheydt ge>
macht wurden, wegen zu raschen vergebens» wegen Überladung der
Schüler usw., wenn der oben angedeutete lebrplan angenommen würde,
durch hinweisung auf die leistungen und die frequenz der Wiesbadener
snstalt, durch statistischen nachweis der nicbtüberlastung, welch letzte*
res aneh dnreh anwesende firmere schüler, daranter der praktische erst
dr. Koch, bestätigt wurde, yerfocht er seine Vorschläge, auch prof.
dr. Cantor, prof. dr. Gün t h e r und dir. dr. Hildenbrand ans St, Goars-
hausen sprechen sich im sinne der empfohlenen erwciterung und schär-
feren betonung des mathematischen Unterrichts aus, namentlich mit
rQekricht anf die berate enielten resnltate und weil die realgymnasien
Württembergs ebenfalls differential« und Integralrechnung lehrten, bei
1er abstimmnng über die von prof. Unverzagt gestellte thesis, dasz es
wünschenswerth sei, dasz den realschulen erster Ordnung das recht er-
teüt würde, diflFerential- und integralrechnung in ihren lehrplan aufzu-
nehmen, ergab sich eine schwache majorität gegen die resolution, welche
daher zum bedanera nnd staunen des antragstellers als abgelehnt
erschien.
Herr gymnasialoberlehrer Brockraann aus Cleve begründete so-
dann die notwendigkeit, dasz in der prima des gymnasiums sphärische
trigoDometrie als obligatorischer unterrichtsgegenstaud gelehrt werde,
lir. Brockmann seigte, dasz sphärische trigonometrie dnrehans notwendig
sei, HUI eine reihe stereometriseher betrachtnngen sum abschlnss an
bringen, andererseits aber auch dafür, dasz die astronomische geographie
mit einiger aussieht auf günstigen erfolg betrieben werden könne, nach
kurzer discussion, wobei prof. Günther bemerkte, dasz in den süd-
deutschen gymnasien sphärische trigonometrie bereits gelehrt würde,
wurde die fliesis bei der abstimmnng fast einstimmig angenommen.
In der vierten seetionssitzung am nachmittag desselben tages von
^'/j bis gegen 6 ubr sprach hr. Oberlehrer Henrich ans Wiesbaden
über die temperaturbestimmungen im bohrloche zu Sperenberg und über
die aus denselben gezogenen Schlüsse, diese im Steinsalz angelegte
bohraog ist bis zu einer tiefe von 4012 fusz getrieben; die dabei ge*
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118
PersonalnotizeiL
machten temperaturbestunmaQgen haben durch die auf sie banerten
reehmmgeii den sehein eneii|^, alt ob die tempertftar der eide mdi
dem inneni kin abnehme, hr. dr. C. Vogt und hr. prof. Mohr cogtn
hierens die weitgehendsten Schlüsse in beznpf auf die unhaltbarkeit de?
Plutonismus, die aber von hrn. Henrich durch prüfung der rechnungen
und mit aufstellung besserer, den beobachtnngen sich mehr anpassen*
der formehi ab dareheae ttbereilt mid siolit begründe! naehgewioien
wurden.
Zum Bchlusz sprach noch prof. Unverzagt über quaternioneo,
indem er von biquaternionen ausg^ieng-. letztere stellte er als eine
eigne art zahlen dar, die sich als das resuitat der messung einer strecke
dnreh eine lie kreuende ergeben, wenn man bei dieser meseang nSekt
blosz die Hingen beider linien, sondern auch ihre richtung, die stellaog
der dadurch bestimmten schiebt und die läge der anfangspuncte der-
selben berücksichtigt, sind nemlich b und a zwei kreuzende streckeo,
deren anfange in b und a sind, und zieht man durch a den vector
pariül^ und gleich so ist
wobei hi : a eine sogenannte gonioqnatemion (Hamiltonecbe quatenioB)
ist, die sieh anf die form
9 - si (eos (aft,) + i sin («*,))
bringen ISsit, wSbrend die longiqoatemione
QwmeoB (ab) + i Bin (aW
ist, wobei m das absohite aabiverbKltnis von hia darstellt, t dagegea
gleich y — 1, j aber ein eigentümlicher factor ist, den man durch
( — 1)® darstellen kann; cos aB und sin ab aber sind eigentümliche räum-
liche functionen, in bezug auf welche redner auf seine 'theorie der
quaternionen' verweist, der vortragende deutete noch die zerlegang
der qnatemionen in ▼iergliedrige ansdrüeke an md wies dann knrs aaf
die reiche Verwendbarkeit dieses sweigee der matheraatik hin, der Ins
jetzt vorwiegend in England gepflegt worden, der aber noch eine gr08i6
menge zu untersuchender probleme für jüngere kräfte böte.
Die Sitzungen der sectiou wurden von dem vorsitzeuden mit dem
wnnsefae gesehlössen, dass die beteiligung an der Tersamnifamg in Gen
im nächsten jähre von selten der lehrer der mathematik und natorwisseS'
sehaften eine ebenso xahlreiche sein möge wie in Wiesbaden.
14.
PEBSONALNOTIZEN.
(ünteir mitbenntsong des 'centralblattes' Yon Stiehl nnd der *aeit-
sehrift für die österr. gymnasien'.)
Bnennvnf^n« feafSrdervncen« versataaDipen« avsaclciüi«Bfcn»
Baehrens, dr., ao. professor der nniv. Jena, als ord. professor der
lat. spräche und litterator an die nniT. OrÖningen berufen.
Bellermann, dr. Ludw., Oberlehrer am grauen kloster in Berlin, srnn
director des Königsstädt. gymn. daselbst ernannt.
Bengoerel, dr., director des Ijceums zu Ötraszburg, erhielt den preosz.
rothen adlerorden IV cl.
Boessoermenj, oberl. an der realsohnle in Dansig, als ^professor*
prftdioiert.
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Personalnotizen. 119
Bona Mej«r, dr. , ord. prof. d«r naiv. Bonn, erhielt das ritterkreus
des groszh. mecklenb. hwisordens der wendischen kröne.
Benitz, dr., geh reg^iemncmth in Berlin, erhielt den edler der ritter
des hauaordens von Hohenzolleru.
Brüll, dr., ord. lebrer am Matthiasgjmn. in Breslau, als Oberlehrer au
das gynm. in ITeiese berufen.
Bitfen, dr., oid. lelirer am gymn. in Wieebnden, alt 'oberlehnr*
prädiciert.
Cartius, dr. Erntt, ord. prof. der uni?. Berlin, anm geh. regiemnge*
rath ernannt.
Choleyint, dr. prof., Oberlehrer am KneipbdÜMhen gymnaeiom in
Königsberg, erhielt den prevss. rothen adlerorden Iv el.
Do ebner, dr. prof., director des gymn. und der realschule in Planen,
erhielt das ritterkrenz I cl. des kön. sächs. Verdienstordens.
Droysen, dr. J. O., ord. prof. der univ. Herlin, erhielt den k. bayer.
ifaximiliansorden f&r Wissenschaft und kunst.
Engel mann, dr., ord. lebrer am Friedrichs-gymn. in Berlin, snm ober-
lebrer befördert.
Erdmann, dr., ord. prof. der onir. Halle, erhielt den prensa. krönen-
Orden II cl.
Faber, dr., oberl. am gymn. in Laubau, als 'professor' prädicierL
Frieders dorff, dr., oberl. am gymn. in Uniienbnrg, snm direetor des
progymn. in Altenstein ernannt.
Friedländer, dr., oberl. am Fried richs-gymn. in Berlin, snm direetor
des Leibniz-pyrnn. daselbst ernannt.
Fachs, dr., professor am evang. aeminar in Urach, zum ephorus dieser
anstnlt ernannt.
Haag, dr.^, ord. lebrer am stadtgymn. in Stettin, snm Oberlehrer er*
nannt.
Uansel, oberl. am gymn. in Oppeln, in gleicher eigenschaft an das
gymn. zu Sagan berufen.
T. Halm, dr. ord. prof., direetor der staatsbibliotbek in Mttneben, er-
hielt den kön. bayer. Maximiliansorden für iHssensehaft und konst.
Ueidricb, oberl. am Friedr.-Wilh.>g7flui. in Posen, als oberlebrer an
das gymn. in Nakel berufen.
Hirscht'eld, dr. G., zum ao. prof. der class. archäologie an der univ.
Königsberg ernannt.
Holder, dr., zum professor am seminar in Blaubeuem ernannt.
Jobst, ord. lebrer am Marienstiltsgymn. in Stettin, snm Oberlehrer
befördert.
Jüngst, oberl., prof. am gymn. zu Bielefeld! , „ ,/v*v^
Keil, dr. , ord. prof. der univ. Halle, von der kaiserl. russ. akademie
der Wissenschaft in Petersburg zum corresp. mitgliede ernannt.
Kircbboff, dr. Ad., oberl. am gymn. Josephiuum in llildesheim, zum
direetor daselbst ernannt.
Kirchhoff, dr. G., ord. prof. der univ. Berlin, erhielt den kön. bajfl^*
Maximiliauöorden für wissenscliaft und kunst.
Knaut, dr., ord. lehrer am pädagogium U. L. F. in Magdeburg, als
'Oberlehrer' prädiciert.
Kafitgen, ord. lebrer am gymn. In Neisse, als oberlebrer an das gymn.
in Oppeln bemfen.
Kranz, ord. lehrer am Friedr.-Wilb.-gymn. in Posen, snm oberlebrer
befördert.
Kropatschek, dr. , ord. lehrer am gvmn in Wismar, als oberlebrer
an die realsebnle in Brandenbarg berufen.
Lang, dr., zum professor am e?ang. tbeoL-pbU. seminar sn Seböntbal
in Württemberg ernannt.
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*
120 PerßOüalnotizen.
Lannhardt, director der polytecha. sebnle In HannoTer, mm geheimen
rep^ierun^srath ernannt.
Y. Lehmann, ord. lehrer am gyiDii. in Kreoioaehy als Oberlehrer US
gymn. in Barmen berufen.
Lieb mann, dr., ao. prof. an der niiir. Strasibnig, zum ord. prof. da*
selbst ernannt.
Lorenz, dr., ord. lebrer am ^mn. in Kreuzburg^, znm oberl. befördert.
Lettner, dr.» oberl« an der realscbule zvl Lippatadt, als 'profeaaor*
prädiciert.
Martin, dr., ord. lehrer am gjmn. in Wismar, als ord. professor der
geologie an die univ. Leyden berafen.
Mergnet, dr., ord. lehrer am Wilbehns-gymn. in Königsberg» simi
Oberlehrer ernannt.
Münch, dr. , oberl. am gjmu. und an der realscbule in Barmen, zum
director der realscbole in Bnbrort ernannt.
▼.Oppen, dr., ord. lehrer am gymn. in Barmen^ nun Oberlehrer ernannt
Ost hoff, dr., ao. prof. der uniy. Heidelberg, snm ord. professor für
linguistik und sanskrit ernannt.
Peck, dr., ord. lehrer am gymn. in Lauban, als 'Oberlehrer' prädiciert.
Priem, dr., ord. lehrer am Mariengjmn. in Posen, zum Oberlehrer be-
fördert.
▼, Ricbthofen, dr. freiherr, ord. prof. der uniy. Berlin, erhielt den
kaiserl. österr. orden der eisernen kröne II cl.
Sanppe, dr. hofrath, ord. prof. der oniY. Göttingen, zum geheimen
regierungsrath ernannt.
8ehneider, dr. Bieh., reotor des progymn. sn Korden, snm diieetor
des gymnasinms daselbst ernannt.
Schubert, Oberlehrer am gymnasium in Culm Verhielten den pr. rothen
Sorof, dr., director des gymn. in Putbus ) adlerorden IV cl.
Steiner, dr. prof., oberl. am gymn. in Kreuznach, erhielt den preasz.
roihei^ adlerorden III el. mit der schleife.
Vogel, dr., oberl der Lnisenstädt. realschnle in Berlin, als Oberlehrer
an (las Humboldt^vmn. daselbst berufen.
W agier, dr., director des gymo. in Guben, erhielt den preasz. rothen
adlerorden IV cl.
Wegen er, dr., ord. lehrer an der realsohnle in Königsberg, als *obe^
lehrer' prädiciert.
Weier strass, Oberlehrer am gymn. nn Dentsch-Crone, als 'professor*
prädiciert.
Wie sing, dr. , ord. lehrer am gymn. in Nordhauseu, zum director der
realschnle daselbst ernannt.
Zernial, dr., Oberlehrer an der Vietoriaschule in Berlin, in gleicher
eigenschaift an das Hnmboldt-gymn. daselbst bernfen.
Geitorbent
Augustin, prof., Oberlehrer an der Luisenstädt. realscbule in Berlin,
am 4 dec. 1877.
EWck, dr., Oberlehrer an der Friedrichs-realschnle in Bertia.
Berthold, dr. prof., em. director des gymn. in Detmold, am IS Sep-
tember 1877.
Creizenach, dr. prof., Oberlehrer am gymn. zu Frankfurt a. M., am
6 dee. 1877.
Doberens, dr. hofrath, director des gymn. sn Hildbnrghansen, am
20 Januar.
Frese, Ignaz, gymnasiallehrer a, d. za Warendorf, am 26 Januar,
SO Jahre alt.
Fritnsche, dr. Hermann, hofrath, ao. prof. der dass. philologie an
der uniT. Leipaig, 9 febr., 60 jähre alt«
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Uebersicht
der in der zweiten H&lfte des Jahres 1877
von
B. G. TEÜBNER m LEIPZIG
renaadten
neuen Bücher, Fortsetsungen
und neuen Auflagen.
L
Philologie und Alterthnniswisseuschaft.
A. Neuigkeiten.
Analecta Plautina soripseruut Fbidekicub Schobul, Gkokofus Guktz,
OvsTATUS IfOBwa. [924 S.] gr. 8. geh. n.Jl6. —
Bwnardakis , Oregorius N. , Dt. ph., Symbolae crit icae in Strabonem vel
consiira Cohcti fnu'iHlatioiium in StrabDiiom. ['iS S.] ffr. 8. f?oh. n. Jf. 1.00.
Boeckh, August, Kiicyklopiidie und Metiiudologie der |>Iiilo1o^i8c1ien Wissen-
Kchafteu. Ilerausgegebeu vou Ekn8T Bratuscukck. [XI u. 824 S.] gr. 8.
geh. n.JC 18.—
Brandt, Samuel, de varia quao est apud veteres Roniauorum poetas
tMAenieOB genetlTl lingularis pronomiuum forma ao menBura. [71 S.]
gr. 8. geh. ii.UK 1.60.
^iBWeiSBig, Dr. Fr., Oberlehrer am Oyrnnasiinn au Bielefeld, WabrlieH
lind Irrtlinni der localiHtiscIien Casustheorie Kin Beitrav: zur ratiimi llcn
Behandlung der griechischen und lateinischen Casutisyntax auf (iruud
der alcheren Ergebnisae der Tergleiohenden Spraehforachiing. [88 S.]
gr. 8. geh. u. .H. 1.80.
Hug, Arnold, Aenean von Styniplialos. Ein arkadiaoher SohriftateUer ana
claasischtT Zeit. [1(5 S ] 4. i,'oh. n. Jt. 1.20.
Flatonis opora oinnia. lieceu»uit prulcgumeuis et commeutariis iudtruxit
Martini s WoHi.KAB. YoL I. Seotl. Apologia et Grito. [Vm n. 208 S.]
gr. 8. «eh. JC 2.10.
Zur Hibliotlit'ca Gracca cur. Jtroi'js et Ro.^l.
Pöhlig, Dr. Carl, überlehrur am Gymnasium zu Seehausen, der Athener
Theramenes.- Separatahdruck aua dem IX. 8iipi»lMaMiti>aiide der Jahi^
bücber für clasaische Philologie, gr. 8. geb. n. 2.40.
Siebter, Emst Albert, ReitrXge ur Kritik und IrkUraag desDeBostb«!!««.
[31 S.] 4. geh. u. JL 1.20.
t
i
1
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Schmidt, Bernhard, grieeMselie Vlrchen, Sagen aid Volkslieder, ge-
Bamniilt, übersetst und erläutert. [*js:s s ] gr. 8. goh. n.M. 6. —
Kin Auhan? /.n: Schmidt, dM Vollulebeu der Nengrieohen nnd das
ht'lloninche Alterthuui.
Schmidt, Fritz, rntcranehnngen Ober den Mlles glorfMOS des Plaotas.
8(M>arata))ilnick aus dein IX. Su|>])IoiiicntbMide der JalirbQeber fflr
claisini lif IMiili'linjiiv yr. .S. Hvh. u. JC 2.
Schmidt, H.., kritiucher ('«unuifutar zu IMatu'ti TlieJitet. »Separatabdruck
•VI dem IX. Sapplemenibande der Jahrbtteher lOr olastiaohe PbUologle.
Schmitz, Dx. Wilh., Director des Kaiser Wilholm-Oymnasiams su Köln,
BeitrXge znr lateinlselieii Sprach* nfld LHeratarkunde. Mit swei litho-
Kraphirten Tafeln. [X Ii. 3MU S ] gr. 8. geh n.JC 8. —
Usener, Herrn., Anecdoton Hülderi. Ein Beitrag rar Geeoblohte Borns in
ostgothiBcher Zeit. [7!» S ] ^r. 8. geh. n. Ji 1.60.
FeatHcIirift zur Be^i rissung der XXXII. Yersammlwig dentscher Philo-
logen und Schulmänner zu Wiesbaden.
Vani^ek, Alois, k. k Gymuasialdirector 2u,Neuliau8 iu Böhmen, griechisek"
lateiuMliM etymologisehes WSrterlbiieli. 2 Binde, gr.8. geh. n. «AI 24.—
Binxeln: I. Band. [X 8. i .'>.'>;• ] n. Jf, lo.—
IT. „ [S. i2L>i.] n. .Ä:^l.—
Wetzel, Martinua, de conseentione temperum Ciceroiiiaua capita duo.
[49 S.] gr..8. geh. n.JC 1.20.
Zippel, O., die römische Hemebaft Im Ulyrtea bis auf Angnstne. (312 8.]
gr. 8. geh. n. JL 8.—
Jiibliotheca scriptorura- Graecorum et Romanorum Teubneriana.
Anthimi de obncrvationr cibnruni ppi^tola ad Tlieudericnm r^em Francomm.
Itcrum edidit Valkkt. Küsk. IbS S.J 8. güh. M. 1. —
Bogtii, Anleü ManUi Sererini, eMraratarIf In übrniii AristatollB ntqi
foin^Tfn-:. rccciiHuit ('AWoi.rs Mkiskh. l'ars prior, vcrsionem conttnnam
ft ]uiiii:iiii fditioiiciii (■•mtiiM ii'i. X u. 22.'» H.] 8. Kvh. Ji "-'.TO.
Spicorum Graecorum iragmeiita. C'oiiegit di^puauit conimentarium criticum
adieoit G. Kanals. YoL I. [TI n. 828 8.) 8. geh. 8.—
Neuere Sprachen«
Kaiser, Karl, Direktor d<r hiphfn-n TfiehttTHclmlo für Mittel- und Ohor-
Barmeu, englisches LeHebucb in drei Stufen für höhere LehrauBtaUeu.
Dritter Theil: Oberatufe. [X u. 236 S.] gr. 8. geh. n.UK 8.20.
Sehnlansgaben fransOsiBeher Schriftsteller mit Amnerkungeii.
Corneille, le Cid. Fur die oberen Klassen höherer Ijehrauatalien heraus-
gegeben von Dr. K. Bki-xnk.mann , Director .det Bealsohiüe I. Ordnung
zu Milbing. [VI u. 88 S.] Kr. 8. geh. J( 1.—
Horace. Für die oberen Klassen höherer Lehranstaltoii herausgegeben
von Dr. K. Bkunnbmann, Director der Bealachnle I. Ordnung zu Elbing
(XV n 7.' S ] «r. 8. geli. -.!tO.
Mignet, M., Uistoii'e de la revoiutioii fraii^aise dopuis 1789 jusqu'en 1814.
Herausgegeben nnd mit spraobifchen, sachlichen nnd geschicbtlicben An-
nuT^rkunyen v('rt<f])in von Dr, Anoi.f Koijki.t*, Oberlehrer am Thomas-
Gymnasium iu Leipzig. I. Baud : lutroduction et Assembl^e coustituaute.
[Vm n. 119 S ] gr. 8. geh.UK 1.50.
isoliere , le Mfsantbrope. OomMie. Mit einer Einleitung und orklürenden
Anmerkungen herausgegeben von C. Tu. T/Ion, Dr. phil., Rector der
höhercu Bürgerschule zu Langeusalza. [144 S.] gr. 8. goh. ufi 1.80.
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B. Fortsetzungen.
Homerts Ilias. FUr don Schulgobrauch f rkl i rt vrm K. F. Amkik mul
C. Hkntzk. I. Band. 4. Heft. Gesaug X — Xil. \ uu C. Hkxtzk.
C186 8.) gr. 8. geh. Ji I.W.
Bitschelii, Friderici, opuscula phildlcurica. Vol. III.: Ad litteras latinM
spectautia. Priedricb Bitschl's kleiuc philologische ächrifteu. III. Bd.:
Zur rOmiMhen Littentar. [XIX n. 856 8.] gr 8. geh
Jalirbücher für clas$iisc1ie Philologie. Herau^^tTr-:* iion von At.fred Fi ia k-
XiSEN, Professor in Dresden. IX. äupplumuutb»ad. 'J. Uoft. gr. 6.
[8. 227— 5«5.] geh. ii.UK 7.20.
Inhalt: Der Athener TlurauiGnoB. Vun Carl l'öliUy. - Untersnchaugen
Uber den MlloB gloriosus de» l'lautus. Vou tritt Schmidt. — Kritischer
Commentar sn Plato's Theütet. Von U. SdunUlt.
C. Neue Auflagen.
Böhme, I>r Gottfr., Professor mul Proroctor am Gymnasium zu Dortmund,
Aufgiiboii zum leberüeUeii iiin UricchiHcke. Für diu uberuu KUtsseu der
Gymnasien. 6. verbemerte Auflage. [X n. i»19 S.) gr. 8. geh. UK 2.70.
Snripidis IleiTulPs. TUcH-nsuit et conmu'ntarü.s instruxit Ar<.. lui.. Esx.
pFiiUOK. |.Euripidis tragoediao. Vol. II. Sect. III.] Ji^ditio altera quam
cnraTit N. Wjbcxlsxm. [12S 8.) gr. 8. geh. JC 1.80.
Znr Bibliotheoa Graeca cur. Jacobs et Ro$t.
Oftermann, $rof. Dr. C^hrtftiaii , Cbertcfjrer an bem Äßl. 0i)mimrtnm ju Julba,
Soteiitiiii||*>eutfi^ed mit) Druti(^<latetiitf4ed SBorterbHit au dtecmann d latei>
nijd^en Uebung^büc^crn fite 8c£ta unb Quinta alpl)a6etif(^ fcoi^nft 9. »er*
befjcrtc 3Joppel ?lnfiane. [79 ©.] gr. 8. cart. .^f — .7r>.
2>d)<xn\>a€n, %xq\. am (SMamnafium 6u ^ieintngeti, ttBärterbiiA |tt feen ^nhtXti
fted $l)iinie. %iXt ben ®ii)ul0ebtau(^ Ijeraui^gcgeben. 2. becbefferte unb uec*
wehrte «luflofle. [56 S.] gr. 8. %t\t.JL — .tH).
badfeibe mit bem Scst M ^^bntft oon Sucian gtftllet. dt. 8.
ge^. —.im.
ZtoVL, 'l^cofeffoc an bem <Dt)mnartum ju SBeilbucg, Silber ou« bem alt«
römt((brn Veben. t. '^luflai^c mx Stbbitbunflcn. [YIU u. 617 6.J 8. geb.
J(. .'■».TO; elegant ficbinibeii J/l 7.-'(t.
9ßefcn«r, Dr. griefbijibcd ßlemcntorbucb junadjit nac^ ben ©lammatilcn üoii
Kuttfud unb Ko({). CSrftcr Xl^eil: 2)a^ ^J^omen unb ba9 tegelmauige S^erbum
auf (ti nebft einem |t)jlematii(ff geoxbneteti IBocabulariHV. 6. Wu^oge. (»6
flt. 8. gc^. — .uo.
Scholaüflgaben griechischer und lateinischer Klassiker
mit deutscheu Anmerkungen.
Caesaris, C. lulii, coniniontiu'ii de hello (ijillico. Für di u Si Jiul!.re»)rauch
erklärt von Dr. Ai..r.Knf Dohkuk.n/-. Mit eimr Karte vou UalUuu, eiuur
Einleitung und einem geugraphischen , grammatischen und Wort-Begister.
7. Auflage. |XIV n Sli) S.] gr s. gt-h. J^, •-'.25.
Cicero*8 Uedeu für Marcellus, für U. Ligarius uud für den König Deiotarus.
Fflr den Sohnlgebraneh herausgegeben von Fft, Bxchtbb. 2. Auflage,
bearbeitet vou A. Ebbrhard. [83 8.] gr. 8. geh. «AI ».90.
Homer's lliax. Für den Schulpebraucb erkliirt von J. La Rochb, Director
des Uymuasiums iu Linz. Theil II. (.iesaug V — VlU. 2., vielfach ver-
mehrte und verbeeaerte Auflage. [161 8.] gr. 8. geh..^ 1.50.
Vergil*8 Aeneide. Für den Schulgebrauch erlftutert von K. Kaiths. i. Heft.
Aeneis. Buch I— III. 2. Terbeieerte Auflage. IVI u. III S.J gr. 8.
geh. JL 1.20.
8
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n.
Pädagogik. Deutsche Schulbücher.
Jugendschriften.
A. Neuigkeiten.
Jyfi, •♦>. (S'. , Sd)ulrütl). S^irector be« t^rictridjö'öomiiarium« 511 3lltenbiy:g,
:3lvttn)iQ «fQuIrelicn. ^Jtac^ feinem ^obe ^eran^oegeben Don Hr. ^ern^. $o^,
Vel)rcr an bei ^eriogU^cn 8iealf<^ule }u «Uenbutg. LVm u. 240 @.]
gt. 8. fle!). n. 5.—
C*»octbi''«k ®öl} tion ©frlit^tnßtn mit bcjonbcrer Siiicffic^t auf bie Sdjülct ber
oberen Älancn öötjerct Stinten herausgegeben unD erläutert üon Dr. 3.
92a u mann, SDicectpt bet iRealfc^ute L CxbnuRfl iu Cftetobe a. tlY
u. 164 ®.] 8. fleb —m: l.SO.
Äccf, Marl A>cinridi, bie 9}tbe(unern{aQe. 9Ja(b ber erften Uebcrlieferung crsäljlt.
(SI. u. b I.: vlöuno. S^cutidic .pclbeniogen , bera beutfrtien läl^olf unb feiner
3ugenb »iebecexiä^It. ^weiter 3 beü-} 1352 & gei)..AL8.— ; elegant
cartomiitt s.75.
i>r. H. fB., Sc^ulratb unb 6eminaTbirectoc xu IBalbenburg, )inifti{i|e
INteibetir für ei^angelifdir 6eminatc unb £e^ter. Crfle £iefecung. l60.j
gc. 8. geb- n. 2.—
B. Fortsetzung.
Sttd, Marl Mxinri^)« <;)bttnt. Deutfcbe ^elbenfagcn. Sem beutf(^n ^^olfe unb
feiner ;}ugenb iDiebetetaAUt. fitodtet f^^I: Sie 9HbeIiinoenfoge natb bct
etilen ttebetliefetung ccftAvIt [85i6.] 8. ge^.««: 8.— ; clcg. cort .n: 8.76.
G. Neue Auflagen.
Viib«rf«n'«, J^. C^., tudgetoälitte WoribtR für bie dHgenb. SOtit fielen
3Qnfirationen in ^ola geicbnitten bon S. l^celfc^maT. 17. SufUge. [IT
U. 255 ® ] 8. «leg. cort. c/<: 3.—
GlfOleoiiio, T)r. i^rofeffor am .HiieiD!)ofifcöen Stabtfli)mnflnum su S^önigSbcrg
in %x., äfil)etifd)e unb Ijiftoriidje (Einleitung nebft fortlaufenber (Erläuterung
)U 9tet|e'e ^eroMKn.nnb ^«rttbe«. 2. oecbenecte aufläge. [Xix u. 263
8. geb. 8.75.
iJiaumnnii, i>r. 3»ili>io, 1>trector tat fReatfifittfe T. Otbnung ju Cftetobe a. ,
ttieorctiid) - pvattndK Anleitung jnr «bfnfiung beutfdier Äuffä^e in ^Keiitiu,
a)tuftecbeif))ieUn unb St^pofiiioneu im ^nft^lug an bie iieltüce llaifucber
ttette ffti bie ofieccK «(äffen ^öbem 6c^n(en. 8. «uflage. [Xn u. 846 @.J
8. geb. M, 8.—
9(i*gclii unb 3B5rterber}eiifnn(< für bie beutfrfie Crtbogr«>lile, s\m 3d)nl(,cbrau(ih
^etaudgegeben dou bem iBeieui bec äierliuer (^bninafial* unb Siealjc^uUebcer.
9. tfttflage. [32 €.} 8. cart n. M —.85.
9Birtfi^ C9«orfl, Sel^ret an bet böberen 2;öd|tetf(^ule tfubeit, lentiibef Sefeln^
für lioliere X5(bterf(bulen. dritter 7tietl ^ittelftttfe. I. tttttftt«. 8.«ufla8e.
(.YIU u. 2D2 gl. 8. geb- n. i.tK).
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III.
Mathematik. Technisehe i. Natnr-Wissenseliafteii.
A. Neuigkeiten.
IiOrberg, Br H., Oberlebrer »m kaif. Lyoenni sn Strftsibtirff, Mr^oeli 4er
IMivsik für lioliiif Lehranstalteu. Mit zahlreichen Holzschnitten und
einer lithograpliirton Tafel. [XV! u. 3-_'0 S.] gr. 8. «oh. u. JC 1.—
XiOrens, Xi., die Lehre vom Licht. Vorleauugeu in der obersten KlMse der
OfBoienohvle sft KopenliAgen gehAltqn. Aittorisirt« deoAtohe Anigebe.
Mit sftblreiohen Holseohnltten im Text. [803 8.] gr. 8. geh. n. JC 4. —
Schröder, Dr. Smst, onlentlicher Professor der Mathematik an der poly-
techuisobeu Schale zu Karlaiube, der Operatioiiskreis de« Legikkalkllls.
[VI tt. 97 S.] gr. 8. geh. 1.60.
B. Fortsetzung. ■
ttepertoxium der literarisehen Arbeit«"!! aus dem Gebiete der reinen und
angewandten Mathematik. „Ori^jinalheriehte dor Verfasser" (^••^:iinnielt '
und herausgegeben von Dr. Li;«) K< Ni(i>itKi;<iKu, Prüf, der Matliematik au ' i!
der Universität zu Wien und Dr. Gcstav Zei nek, Prof. der Mechanik ^
a. d. Polytechnikum zu Dresdeu. II. Band. 1. Heft. pr. cplt. fttr den - |j
Band tou 3ü Druckbogen, u. ^fC 10. —
G. Neue Auflagen.
Fort, O., und O. Sohlömüoh, Lehrbvek der aBalyttseliea GeoMetrIe.
Zweiter Theil : A ii a 1 y t i h c h e Geometrie dos Raumes. Von (). i
tiCHLiOiiiiiCH, Dr. phii. u. Ueh. Schulrath im Köuigl. äächs. Miuisterium ;
dee Chiltui und <VffentL Cnteniohts. 4. Auflage. Mit in den Text ge-
dradcten HohHKdmlttea. [YIII u. 286 8.] gr. 8. geh. n. 5.—
Heidt, Dr. Friedrich, Oberlehrer am Gymnasium und der höheren l^iirger- I
schule zu Hamm, Saiumluug voa Auteahen uud Beispielen au» der I
TrigonomeMe und Stereometrie. 8. Terbesierte Auflage. Zwei Theilo. : I
1. Thoil: Trigonomotrie. [VIIIu.'ilTS] gr. H. u.JCA.— II. Theil:
Stereometrie. 2. Auflage. [VIII u. 1H3 8.] gr. 8. geh. x\. ,H 3.— ; 1
Kesukaie der Kecimuugaaufgabou iu der Sammluug von Aufgaben i •
und Beispielen aus der Trigonometrie und Stereometrie. 8. Auflage. : |
Zwei Theile. gr. 8. geh. Zusammen xi. JC 2.80. : J
i:io/eln: I. Theil: Trigonometrie. £84 S.j n, JC 1.80. II. Theil:
StereoiiK trit'. [18 .S.] n. J(. 1.—
Wünsche, Otto, Oberlehrer am GyninaHium zu Zwickau, Srhulflora von ij
DOOtMkland* Naoh der analytischen Methode bearbeitet. Die Phauero- :
gamen. 2 verbensertc Auflage. [LX u. 412 S.] 8. geh. n. J&4. — } in !
Leiawand geb. n. JC ^.Üi). ] i
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IV.
T Ii e 0 1 0 g i e,
A. Neuigkeit.
(Zd^ül^c, Dr. ^. SB., ®(^ulrat^ uiib ©eminarbireftot &u fSalbcnburg , liraltifilie
Imcltctif für cDanaeUf4i< 6eiirinafe.niib Se^tev. 9fflc £iefemii0. [6. 1—160.]
B. Fortsetzung.
'UNticfcniaßcl, }St\., bod Urutfi^e iRirdicnlieb Doti brr fitteften Seit BU Vnfang
PC« XVII. 3Qi)röunbert^. unb üiefcvunfl [V. iöanbeä iL urib 15.
£iefecuiia.] (@d)lu6 De» SBerle^O iS. 1249— 1417 u. VI @.] Ue£.'». ge^»
tebe Siefecttttg n,Jt9.—, sufammen ti. 4.—
G. Neue Auflagen.
Q.Mptr9, H., ftirc^enprobft iinb .^aiiptpaftor ^ujum, pnHi\^t ffudlrgung
brr @onn> unb t^efttagätbangelirn. 2. 9lu^flabe. 4.58 (S.i gr. H. flcl). 3. —
3Kcicr, Dr. phil. (S-riift 3uliud, Supevinteiibcnt itnb tSonüftorialratI) in Sterben.
8Bir \atttu feine ^cnrli^feit. ^4'^rebi8ten. (£cfte Sammlung. 2. buvi^e{«|eite
VuPofle. [IX u. 398 ®.] 9r. 8. ge^. .^5.—; eleg. geb. n.«^ 6.—
Litteraturj!;eschiehte.
Archiv flir Litteratorgeseliichte. Herausgegeben von Dr. Fkakz Scukobb
voH 0ABOi«87n<D, Bibliotbekw ra Dresden. YU. Baad. 1 — S. Heft jwo'
compL [4 Hefte.] gr. 8. n.JC 14.—
VI.
Schöne Litteratur.
Dante Alighieri's göttliche Comödie. Motriech übertragen und mit kritischen
und historischen Erliiuteruugen versehen von Philale th es- (König
Johann von Sachsen'. Dritter nnviTündf-rter Alulnuik der berichtigten
Ausgabe von lti65 — 1866, besorgt von J. Pstzuolst. Drei Theile. Mit
einem Fortritt Baate'e, einer Karte und awei Gmndrinen der Hdlle.
[I. TheU XX II 300 8., IL TbeU Ym n. 344 8., m. TbeU X o. 447 8.]
8. ffph. JC 'J. -
iSchmidt, Bernhard, grieclilüclie Märckeu, Sagen und Vulknliedcr. Ge-
sammelt, flbersetst und erlftntort. [S83 8.] gr. 8«. geh. n.JCe. —
Digilized by
Vll.
Forstwissenschaft.
Hess, Dr. Hicliard, o. O. Prufusaur der l^'oratwisseuscliart au d. Urosalierx.
HeBsisehen LndwigaunlTeniat, 41« OrgftllteAtiM 4m ftrstllelira Unter»
vMiU an der rni\ orsitiit (iiesMn. Hit einer gmohiohUioheii Sinleitniig.
[21 ö.] gr. ö. geh. J^; — .Üü.
vin.
Yermischtes.
Oftudeamus! (larmiua rMgntm telaeta Ii miiH Uetltiae. [Vm n. sss s.)
8. geh. u.JC 1.6t).
Mushacke's deutscher Sclmlkalcihler. XXVI. .Tahrffan^? Zweiter Tlieil.
liiätoriüch-statiütische und i'erüuimi-Nachricliteu. Im Oruuk beendigt im
August 1877. [I. XXVIII tt. 888, U. VUI v. 884 8.] 16. geh. n. JC 8.— ;
in lieinwand gtih. tx, Ji 4. —
N
- XXVIJ .Talirgaiif?. 1878. I. Theil: Kalender und Notixbttoh.
Michaelia-Auagabo. Iii. geh. u. JC 1.20, geb. n.M. l-tiO.
Bestellungen auf Bücher meines Verlags hüte ich
nicht an michj sondern an eine Sortnuott.shKcIdiandlmuj
zu richten i da ich midi mit dem Verkauf ans i^uhlikum
nidU befassen kann. ^
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I
ZWEITE ABTEILUNG (U8a BAND).
Seite
0. Ueber religion, oflFenbarung, heilige schrift. zur einleitung
in die biblische religionsgeschichte und religionslehre auf
der stufe des oberen gymnasiums. von -^/ez^er in Schönthal 65 — 75
1, Kritische notizen zu den beschlüssen der Berliner ortho-
graphischen conferenz. von P. Didolff in Mariaweiler bei
Düren 75—88
.) BemerkuDgen zur lateinischen grammatik von Ellendt-
Seyffert. zweiter teil, von C. Venediger in Spandau,
(schlusz) 88—96
2. Cr. Mezger: dr. Georg Caspar Mezger, weiland rector des
g-ymnasiu'mß bei St. Anna in Augsburg (Nördlingen 1878).
ang'ez. von Peter in Jena 96 — 98
3. Von der Goldberger lateinischen schule, von Radtke in
Pless 98—102
.) IBericbt über die Verhandlungen der zweiunddreiszigsten
versammlang deutscher philologen und Schulmänner in
Wiesbaden, vom 26 bis 29 September 1878. (schlusz) . , 103 — 118
4^ Personalnotizen 118—120
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Gef. zu beachten.
Ende März d. J. erscheint:
Grriechisches Lesebuch
für Quarta und Untertertia.
Im Anschluss an Carl Frankels Formenlehre
bearbeitet
von
Dr. Hermann Heiler,
Oberlehrer am Königl. Joachimatharschcn Gymnasium zu Berlin.
ca. 24 Bog. 8. — Preis ca. 2 A SO \.
Das Lesebuch sucht in einer Reihenfolge, welche bei der Ein-
übung der Formenlehre allgemein innegehalten zu werden pflegt, den
Vocabelschatz, der in dem Franke'schon Buche verwerthet ist, in erster
Linie in Anwendung zu bringen und die einzelnen Formen im Zu-
sanunenhange eines Satzes zu befestigen und zu vertiefen. Der Stoff
ist durchweg aus griechischen Schriftstellern selbst geschöpft und auf
drei Kurse vertheilt.
Bei beabsichtigter Einführung stehen Exemplare gratis zu Diensten.
Yerlagsbuchiiaudlung von Julius Springer in Berlin N.,
Monbijouplatz 3.
3m 35crlngc bc» Untcrscic^nctcit crfc^icncn folgcnbc iiad) bcm
bearbeitete Se^rbürf)cr für bcn Iatciniid)cn Glcmentarunterric^t: \
Dr. ©5rar öcrtltno. fiatcinijr^cS ^Icmentorbur^ für Se^ta.
2. ^Tuftage. 1878. $rei^ 1 A 00 \.
Dr. ®Btav ßtxÜxn^. $!atcinif(^eg (ilemcntarBui^ für Duinta
bcfinbet firf) unter ber ^refic
Dr. ©srnr öcrlUnn. ßatcittifi^c Jformcnlc^re. 1877. ^rciiS i
^cr i^cifaifer bietet f)ier auf (^runb erfolgreicher prattifdjer 58erfud)e
einen genau aufgearbeiteten üel}rgang bef l'atetnifc^en für ecjta unb
Ouiuta, burc^ mcldjen ba§ iuiffcnfd)aftlid) ^rvax allgemein anerfann'te, aber
für ben (£Icmcntarnntcrrid)t t)ier unb ba uodj beanftanbete
8tamm|)rinci|i
of)nc Sdjmierigfeit .^nr ^(nnjenbung gebracht rtjerben fann.
5:ic 33crtling'fdjcn üet)rbüd)er finben nic^t nur allerorts unbebingtct
5(nerfcnnung, fonbern auc^ meljr unb me^r (£infüt)rung in ®t)mnafien.
^^en 4)erren 2^irectorcu unb Crbinarien ftetlt ber Unterjeid^netc auf
gef. iöerlangen ^reiejemplare gur Äenntnijjnatimc gern jur 33erfügung. -
^onn. emü Straufj,
SSerlagSbuc^^önbler. ^
ZWEITE ABTEILUNG -
FÜB eYMMAfilALPÄDAeOÖIK UND DIE ÜBSIGEN
L£H&FiGfl£&
MIT ADSSCHLDSB HEB. CLA8S18CUSN PHILOLOQIB
mOUÜSOBGBBBN VON PBOF. DB. HeBMANV MaSIOS«
(10.)
ÜBER BELIQION, OFFENBABUNG, HEILIGE SCÜBIFT.
ZUB BDILSITÜNd-
IN DIB BIBLISCHE RELiaiOMSOESOHIOHTE UND RBLiaiOHBLEHBB AUF
DER STUFE DBS OBEREN GTMMASIUMS.
(schlusz.)
III. Ton der heiligen schrift»
1. Vom namen derselben, wie ans dem griechischen nnd
TÖmisohen nnd sonstigen altertum eine anzahl seiner Schriften > nnd
zwttT mutmaszlich der besten , erhalten worden ist , so wnrde von
dem im lanfe vieler Jahrhunderte geschriebenen büchern, welche
YOn den göttlichen Offenbarungen unter dem volke Israel entweder
unmittelbar künde und zeugnis geben oder aber mehr oder min-
der nnablifingig von denselben bloss menschliche empfindungen
und gedanken aussprachen (anm. 1), eine reihe von Schriften anf-
bewabrt, die Yon einer gewissen zeit an (s. nr. 5) in der jüdischen
gemeinde (vgl. Dan. 9 , 2) und so auch von Jesus und den aposteln
den namen •xpoLq>ai oder tP<x<P<x^ ä-^xai^ kpd tP<^M<ii^Q9 heilige
Schriften, erhielten nnd ids solche yerehrt wurden (Matth. 21, 42.
Job. 5, 39. B8m. 1, 2. 2 Tim. 3, 15). demgemSsz wurden dann
aacb von der chrisflichen kirdie die von den zeugen der Offenbarung
in Christus yerfaszten bttdier so angesehen und benannt, diese sSmt*
liehen Schriften wurden vom vierten jh, v. Chr. an (Chrysostomus)
unter dem namen xd ßißXia, die bücher Kar* ^Hoxr|V, das buch der
bÜcher, zusammengefaszt, woher der name bibel kommt.
2. Vom göttlichen ansehen der heiligen schrift.
der name und die geltung dieser bücher als heiliger Schriften beruht
darauf, dasz sie Zeugnisse und Urkunden des göttlichen wertes, der
N. jahrb. f. phil. u. p&d. IL abt. 1878. hfU 3. 9
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122 Ueber religion, Offenbarung, belüge echrift.
Offenbarung des heiligen gottes (s. II, anra. 11) sind und daher zur
regel (xavujv) des glaubens an gott und eines heiligen lebens in
gott dienen, begründet ist dieses hohe ansehen der hL schnft vor
andern büchern
teils du»cli ihren Ursprung, weil sie nach 2 Tim. 3, 16. 17.
2 Petri 1, 21. Hebr. 1, 1 nicht durch menschliche geisteskraft, son-
dern unter besonderer göttlicher leitung, durch eingebung des hei-
ligen geistes entstanden ist, was auf grund dieser Stellung durch
inspiration (im engeren sinn) oder theopneustie bezeichnet
wird,
teils durch ihren in halt, weil in demselben thatsachen und
Wahrheiten enthalten sind, welche unzweifelhaft den göttlichen rath-
schlusz zu gründung seines reiches auf erden kundthun, Job. 5, 39,
teils durch ihre Wirksamkeit, weil sie sowol im groszenwie
am einzelnen menschen sich als untrügliches Zeugnis des göttlichen
geistes erweist Hebr. 4, 12 (anm. 2).
3. In betreff des menschlichen Ursprungs und der ab -
fassung der biblischen bücher weisz man, dasz die einzelnen
Schriften in einem Zeitraum von etwa sechzehn Jahrhunderten , also
ganz allmählich und durch die verschiedensten Verfasser entstanden
sind, wie sich dies auch durch ihren Inhalt zu erkennen gibt, wann
und von wem jedes buch in seinen ursprünglichen bestandteilen
herrührt, sodann seine zusammenfügung, seinen abschlusz und die
jetzige fassung erhalten hat, läszt sich teils aus andeutungen der
bibel selbst, teils aber nur vermittels eingehender gelehrter Stadien
erkennen.
4. Dasselbe gilt von der Zusammenstellung nnd Samm-
lung der einzelnen bücher zu grOszeren gruppen. auch diese ist
nicht auf einmal erfolgt» sondem zu verschiedenen zelten und unter
verschiedenen Verhältnissen, die man aus der geschieh te kennen
lernt, hinsichtlich des alten testaments bieten Nehem. 8, 1 — 18.
2 Maccab. 2, 13 sichere ausgangs- und anhaltspuncte (anm. 3).
zur zeit Je^u war jedenfalls — wol schon seit 2 jahrh. v. Chr. —
die jetzige Sammlung der 22 in hebräischer spräche geschriebenen
alttestamentlichen s<äiriften abgeschlossen, die bttcher des neuen
testaments wurden zuerst in zwei teilen zusammengestellt: Td
edoTTAi^x Td dTTOCToXtKCt und erst später in die jetzige Ord-
nung gebracht und in drei gruppen abgeteilt (s. nr. 6).
5. Zur beantwortnng der frage, wann und wie unter mancher*
lei Verhandlungen und Schwankungen die öffentliche aner-
kenn ung der bücher des alten und neuen testaments als heiliger
oder kanonischer Schriften (s. oben nr. 1 und unten 6 c) erfolgt ist
— feststellung des kan ons — müssen die Überlieferungen der
Juden und der christlichen kirchenväter zu rathe gezogen werden,
von Seite der kirchen wurde der alttestamentliche kanon gegen ende
des In jahrhunderts n. Chr., der neutestamentliche am ende des
4n jahrhunderts abgeschlossen.
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Ueber religion, offiBnbarang, heilige sdizift.
123
6. Eingeteilt sind im allgemeinen die bücher der bibel
in zwei grosze hauptteile, altes und neues testamentj genauer:
bücher des alten und des neuen bundes. die bezeichnung
testament ist durch misverständnis der lateinischen Übersetzung
Itala (s. nr. 9) entstanden, weil das griechische wort für das hebräi-
sche rr^^ia biaGr|Kr| sowol testamentum als foedus bedeutet und in
folge davon die Itala testamentum statt foedus setzte, da die bibel
die gemeinschaft des menschen mit gott (religion) unter dem bilde
eines bundes darstellt, ist sonach mit dieser einteilung der biblischen
bücher treffend das Verhältnis des alten testaments zum neuen be-
zeichnet; jenes berichtet und zeigt die Vorbereitung zur her-
stellung dieses bundes, d. h. zur gründung der wahren religion oder
des reiches gottes auf erden, durch gesetz und verheiszung, dieses
die erfüllung durch die person und das werk des erlösers, TOrgl.
Matth, 5, 17. Col. 2, 17. im besonderen aber werden sie noch
in weitere teile abgeteilt :
a) nach dem inbalt: in geschichts-, lehr- und prophetische
bacher, wie dies in der griechisehen , lateinischen und deutschen
tthersetzang und im neuen testament durchweg der fall ist.^
Die geschichtsbücher sowol des alten als des neuen bnndes
erzShlen die thatsachen, manifestationen gottes zu grOndung sei-
nesreiches, die lehrbttoher lehren mittda der Inspirationen der
göttlichen Werkzeuge za anfrichtung dieses reiches, wie man gesinnt
sein und leben solle, nm bttrger dieses reiches za werden, die pro-
phetischen Schriften sprechen die ahnnngen, Weissagungen nnd
verheiszungen aus, welche zur zeit der yorbereitung die erflülung
in Christus und sodann zur zeit dieser erfüllung die Vollendung des
reiches gottes in der zukunft in aussieht stellen, indes ist diese
einteilung* nicht so zu verstehen, als ob die einzelnen teile je nur
erztiüten oder lehrten oder vorausverkttndigten , vielmehr enthalten
die mebten geschichtsbücher auch lehre oder Weissagung, z. b.
Matth. 5 — 7 und 24, die lehrbttcher mitunter auch erzählendes oder
Weissagungen , z. b. Hieb und die Psalmen , und auch in den pro-
phetischen Schriften finden sich erzählende und noch mehr lehrende
abschnitte, erstere z. b. in Jesaia und Jeremia, letztere bei allen
Propheten des alten testaments und auch im anfang der Offenbarung
des Johannes cap. 1 — 3.
b) nach der zeit der Sammlung, die hebräische bibel
unterscheidet hiernach drei teile: I. die sog. thora, d. h. gesetz-
buch, die fünf bücher Moses, auch pentateuch, d. h. fünf bände, ge-
nannt; II. dieprophetenbücher, worunter als prophetae priores
die bücher 1) Josua, 2) Richter, 3) 1 und 2 Samuel, 1 und 2 Könige
(auch zusammen vier königsbücher genannt, in der griech. und lat.
Übersetzung sowie in den englischen und französischen bibeln) und
* man lerne das nach dieser Ordnung in reime gebrachte ver*
leiehnis aaswetidtg.
9»
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124 Ueber religion, offenbarong, heilige schrift.
als pro|»li0iie posteriorea die sog. groszen und kleinen propheten,
Ton Jesaia bis Maleachi, jedoch mit ausschlnsz yon Daniel, somit
ftmfsehn an der zahli begriffen sind; m. die sog. hagiograpka,
d« h. die als ergänsungen (supplemente) als weitere heilige bflcber
hinzugefügten schriiten: 1) Psalmen, 2) Hiob, 3) Hohes lied, 4) Bai^
5) Klagelieder, 6) Prediger, 7) Esther, 8) Daniel, 9) Esra, 10) Nehe-
mia, 11) 1 nnd 2 Chronik (s. anm. 4).
c) mit rOcksicht auf die Öffentliche anerkennnng und
den Werth für glauben und leben sind im jetzigen alin
testament nach der Lutherseben ftbersetsung noch weiter unter-
schieden: kanonische Schriften, d.h. solche, welche, von Juden
und Christen als heilige bücher anerkannt, zur regel (Kaviüv) des
glaubens und lebens dienen sollen, und apokryphen, d. h. ver-
borgene oder geheime bücher, so genannt bald wegen ihres dunkeln
Ursprungs, bald weil sie geheim gehalten wurden, bald auch, weil
sie für unterschoben und unecht galten, die letzteren sind nach ab-
schlusz des alttestamentlichen kanons von gelehrten und frommen
Juden vornehmlich in Aegypten teils hebräisch, teils griechisch ge-
schriebene bücher, die jedoch sämtlich nur noch in griechischer
spräche oder auch in lateinischen und syrischen Übersetzungen vor-
handen sind, dem inhalt nach teilen sie sich ebenfalls in geschicht-
liche, lehrende oder poetische Schriften und ein prophetisches buch
(Baruch mit dem brief des Jeremias), in Luthers Übersetzung sind
vierzehn solcher bücher als anhang des alten testaments mit der Be-
merkung beigefügt: 'das sind bücher, so der hl. schrift nicht gleich
gehalten, und doch nützlich und gut zu lesen sind' (anm. 5).
7. Die Originalsprache ist im alten testament in weitaus
den meisten bücher n die althebrttische (mittelsemitische) , nur in
einigen abschnitten des buches Daniel and Esra, auch 1 }S.08. 31,47,
die sog. aramftische (nordsemitische , unrichtig chaldttische), in den
apokryphen, wie wir sie jetzt haben (denn einige waren ursprüng-
lich hebräisch geschrieben) und im neuen testament aber durchweg
die griechische, und zwar in der sog. hellenistischen gestalt,
die aus dem spftteren griechisch (KOtv^ bidXeiCTOc) und dem make*
donisdi-alezandzinischen dialekt, mit beimischung w^terer lateini-
scher und hebräischer bestandteile, entstanden ist, daher in der
formenlehre und syntaz viel eigentümliches an sich trSgt, atmer-
dem aber auch in folge des tieferen inhalts vieler anschaunogen
nicht wenigen ausdrücken eine verSnderte, meist gehaltvollere !)••
deutung verliehen hat.
8. Der text der alttestamentliehen bücher ist uns in band-
schrifton erhalten, deren llteste swaor erst aus dem lln jahrhimdert
n. Chr. stammen, aber selbst wiederum auf uralten mit gritottf
Sorgfalt unverfiüscht erhaltenen texten beruhen, für treue tÜ)*'
lieferung und fortpflanzung des ursprünglichen textes wurde von
Juden jederzeit, wie selbst noch heutzutage, mit gröster pünctlich*
keit gesorgt, ganz besonders durch die gelehrten des 6n jahf
Digitizocl by GoOglc
Ueber religion, offenbttimg', beilige schnft. 125
hunderts n. Cbr. in der schule zu Tiberias, Masoreten genunnt,
von Masora , d. h. Überlieferung, von ihnen erst rühren die vocale
und accente des jetzigen hebräischen textes her. vom neuen testa-
ment gehören die ältesten auf uns gekommenen handschriften erst
dem 4ii Jahrhundert an. die jetzige einteilung in capitel wurde
im 13n Jahrhundert zunächst für die lateinische übersetzuug ge-
macht und dann auch für den hebräischen und griechischen text
angenommen, in noch späterer zeit, 1518, wurde zunäch.-,! lür die
lateinische Übersetzung des alten testunients von Robert Stephanus
die gegenwärtige verseabteilung hergestellt, indes war schon
im altertum (s. Lucas 4, 16. 17. Apostelgesch. 13, 15) das alte
testament zum zweck der Vorlesung an den sabbuLheu in gewisse
perikopen geteilt worden; es sind dies die sog. 54 paraschen (capi-
ruia] des pentateuchs und die haphtaren, d. h. auserlesene abschnitte
aus den propheten. auch die für den sinn oft so wichtigen inter-
punetionen stammen erst aus späteren Zeiten, und selbst die
meisten über- und Unterschriften einzelner bUcher oder ab-
schnitte, z. b. in den Psalmen, gehüreu nicht den Verfassern an. der
erste druck des vollständigen alten testaments stammt aus dem
ende des 15n Jahrhunderts, das neue testament aber wurde zum
ersten mal 15 IG in Basel und 1517 in Alkula, romplutum, in Spa-
nien gedruckt, da hiernach sowol die geschriebenen als die ge-
druckten texte der bibel weit auseinander liegenden Zeiten und län-
dern angehören, ist es ganz natürlich, dasz es im einzelnen auszer-
ordentHch viele verschiedene lesarten gibt, diese zu untersuchen
und zu prüfen ist aufgäbe der kritik (anm. 6).
9. Uebersetzt wurde das alte testament ins griechische
zuerst vollständig in Alexandrien unter Ptoleraäus Philadelphus
(285—247 V. Chr.), angeblich von 72 von Jerusalem zugesandten
dolmetschern in 72 tagen in abgesonderten zellen gefertigt, daher
septuaginta genannt, auszerdem aber später noch von mehreren
anderen (Aquila, Symmachus, Theodotion). eine erklärende und
umsehreibende Übersetzung in das aramäische, die sogen. Tar-
gumim, stammt erst aus der zeit nach Christus, ebenso wurde
wahrscheinlich im 2n jahrhundert n. Chr. das alte und zugleich das
neue testament ins syrische übertragen, der name dieser Über-
setzung ist peschito, d.i. die einfache, treue, nicht umschreibende,
die jetzige lateinische Übersetzung des alten und neuen testa-
ments nebst den apokryphen rührt von Hieronymus her (im anfang
des 5n Jahrhunderts n. Chr.), der die ältere sog. Itala verbesserte
und dessen Übersetzung unter dem namen der vulgata in der
römisch-katholischen kirche seit dem 7n Jahrhundert als die allge-
mein kirchlich anerkannte gilt, wie in der griechischen kirche die
septuaginta für das alte testament. als älteste deutsche Über-
setzung ist die gothische von bischof Ulphilas t 388 zu betrach-
ten, von der in einem fast tausend jähre alten codex (argenteus,
mit sUbcnuan und goldenen buchsUben geschrieben) die uvangelien
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126 Ueber reHgion, Offenbarung, heilige ichxift
fast TolktSndig, und auszerdem brucbstüöke des Esra und Nehenua I
nnd der Panlüiiseben briefe erhalten sind, Übersetzungen in das I
neubochdeutscbe gab es schon vor erfindung der bnchdrnckBr- I
knn&t geschriebene and nach derselben gedruckte in ziemlicher la- I
zahL die erste yoUstSndige deutsche bibel wurde 1467 in Mainz I
gedrudrt. Luther ttbersetzte aber ganz aulb neue das alte und I
neue testament nebst den apokryphen, in siebsehn jähren 1517» I
1534 , und brachte mit groszem fleisz nnd ganz aus dem geist der I
hl. Schrift selbst heraus ein werk zu stände, das auch noch den he- I
sonderen nationalen werth hat, dasz dadurch zum ersten msl ^ I
hochdeutsche, d. h. oberdeutsche spräche als allgemeine schrift- I
spräche geschaffen und damit die einzelnen mundarten als mittel I
für allgemeine schriftliche mitteilung verdrängt wurden, von den 1
neueren deutschen Übersetzungen sind besonders bemerkenswertb 1
die von de Wette, Meyer, Stier, von Bunsen (bibelwerk) und die I
neuestens durch deutsch-evangelische tlieologen revidierte Luther- i
bibel (anm. 7). die katholiken deutscher zunge haben eine amtlich 1
gut gcheibzene Übersetzung von A 1 1 i ol i. als officielle und authen- 1
tische, d. h. der Ursprache gleichbedeutende Übersetzung gilt aber
in der römisch-katholischen kirche nur die auf der kir eben Versamm-
lung in Trient 1545 — 1563 auf päbstliche anorduung revidierte
Yulgata.
Erlftnternde bemerkungen.
Anm. 1. Schon oben II anm. 8 wurde darauf hingewiesen, •
dasz man auch im neuen testament einzelnes als ausdruck eigener,
menschlicher meinimg zu betrachten imd von demjenigen inhalt,
der ein unmittelbares zeugnis göttlicher Offenbarung ist, zu unter- ■
scheiden habe, noch mehr musz diese wichtige Unterscheidung bei '
den büchern des alten testaments beachtet werden, während die
prophetischen bücher überall zu verstehen geben, dasz durch ihren
mund die stimme gottes selbst erschalle und ihr eigenes denken,
wissen und wollen durch die macht des höheren geistes ganz über-
wältigt werde, verhält es sich mit den geschichts- und lebrbüchem
ganz anders, die ersteren sagen oft und viel, und auch im neuen |
testament betont dies der evangelist Lucas in seinem eingang aus- i
drücklich, dasz sie nach art anderer geschichtswerke mit benutzung
dieser und jener mündlicher und schriftlicher Überlieferungen ab-
gefaszt seien, sämtliche lehrbücher des alten testaments aber, die
kanonischen Schriften des psalters, des buchs Hiobs, der sog. Salo-
monischen bücher, und noch in höherem grade die apokryphen er-
heben durchaus keinen andern anspruch, als dasz sie menschliche
gedanken und empfindungen nach dem jeweiligen standpunct ihrer
zeit, ihrer eigenen erkennisstufe und Stimmung aussprechen wollen,
man hat daher mit gutem grund gesagt, dasz in einzelnen dieser
lehrbücher der menschliche factor den göttlichen überwiege, im
buch Hiob und noch mehr im sog. prediger wird lediglich auf dem
Diyiiizeü by GoOgle
Ueber religiou, offeubaruugi heilige schrift.
127
standpunct des gesetzes und mittels des menschlichen nachdenkens
die lösung der dunkeln lebensräthsel versucht, im prediger wird
Miese lösung nicht mehr gefunden, ja fast nicht einmal ernstlich
mehr gesucht, lebensmüde und mit stiller resignation verzweifelt
der auf das gesetz allein gestellte alttestamentliche geist an der-
selben ganz und gar. dieses buch ist der ergreifende ausdruck
davon, wohin das gesetz allein führt, dasz es, wie Paulus sagt, nur
tÖdten kann'.' in diesem betracht sind also viele bücher der bibel
wesentlich verschieden von solchen, in denen gott selbst, ob natür-
lich aach hier doreh menschliche Werkzeuge, sich kundgibt, und es
stehen die ersteren gewissermaszen anf einer und derselben siafe
mit den II anm, 10 besprochenen aosflOasen des XÖTOC cir€p-
^cmKÖc
Anm. 2. Das göttliche ansehen der hl. schrift wurde von alten
Zeiten her in der christlichen kirohe, besonders aber in der evange-
lischen kirobe, fttrs erste begründet durch ihren gött-
lichen Ursprung, weil sie unter eingebung des heiligen geistes
Ter&sstist. da jedoch gerade diese lehre Ton der Inspiration
und die angeführten stellen, worauf dieselbe sich stützt, sehr oft
misrerstanden worden sind, ist es von höchster Wichtigkeit, mittels
der durch die bibel selbst g^benen winke allseitig und daher mit
gröszerer ausführlicbkeit festzustellen, sowol wie diese göttliche ein-
gebung nicht zu verstehen sei, als auch wie und in welcher be-
stimmten art wir uns dagegen den Ursprung der biblischen bttcher
zu denken haben und auflachen gründen der glaube an denselben
beruht.
Die beiden hauptstellen 2 Tim. 3 und 2 Petri 1 sprechen zu-
nächst nur vom alten testament, durchaus nicht von sämtlichen
geschriebenen büchern der heiligen schrift und von der
art, wie sie verfaszt worden sind, ferner wissen wir aus dem anm. 1
gesagten, dasz einzelne bücher des alten und neuen testaments gar
nicht dafür gelten wollen, unter besonderem göttlichen einflusz ver-
faszt zu sein, auszerdem ist in der bibel nirgends auch nur eine
andeutung gegeben, dasz sie in der art, wie z. b. die Muhammedaner
nach der Weisung ihres religionsstifters von ihrem koran es glauben,
ein gleichsam wörtlich vom himmel herab mitgeteiltes, von gott
zugefertigtes lehr- und gesetzbuch sei. vielmehr müssen wir nach
der beschaffenheit der bibel gerade das gegenteil davon annehmen,
das meiste, was die männer gottes des alten testaments gethan
und geredet haben, ist lange nachher, vielfach von ganz andern ver-
lästern niedergeschrieben worden, von Jesus haben wir nicht ein-
mal auch nur 6in von ihm selbst geschriebenes wort, seine lebens-
geschichte wie seine reden wurden ziemlich lange nach seinem tod,
zum teil nicht einmal von äugen- und ohrenzeugen , aufgezeichnet,
alles, was die forschungen Uber entstehung, spräche, text, Sammlung
• aus: 'die gUabwfirdigkeit der bL sehrfft' von Fr. Beiff. 1876.
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128 üeber xeligion, ofiiBiibaniDg, heilige sclixift.
und Öffentliche anerkennnng dieser bttcher uns sagen (s. nr. 3. 4« 5)
weist darauf hin, dasz in der hl. adhrift das wort gottes gans toh
menschen ittr menschen geschrieben, durch nipnsdien an nns ge*
kommen nnd erhalten ist. ja wenn wir die bibel — was wir ihr
doch gewis vor allen dingen schuldig sind — mit derselben genauig-
heit, Wahrheitsliebe und Unbefangenheit, wie andere bücher, lesen
und prüfen, so begegnen uns, vornehmlich in historischen nnd geo-
graphischen dingen , nicht wenige Iftcken, mttngel, anachronismen,
Widerspruche, und selbst irrtflmer, auch ungenaue und unrichtige
dtate , sprachwidrige deutungen alttestamentlicher stellen und ähn-
liches, kurz eine menge beweise menschlicher gebrechlichkeit/ —
Aus dem gesagten folgt unwidersprechlich, dasz die göttliche ein-
gebung der hl. schrift entfernt nicht gedacht werden darf als
mechanisches wirken gottes beim schreiben dieser bücher, so dasz
die Verfasser gedanken- und willenlose Werkzeuge einer höhern
macht gewesen wSren. 'ebenso wenig ist anzunehmen, dasz alle
stellen auch des neuen testaments, z. b. auch 1 Tim. 5, 23. 2 Tim.
4, 13 u. dgl., oder alle bücher, z. b. auch das buch Esther, der Pre-
diger, oder selbst einzelne Psalmen unterschiedslos ebenso, wie ande-
res ihrer bücher, unter dem einflusz des göttlichen geistes geschrie-
ben sind, vielmehr trägt die bibel in diesen und ähnlichen ötiicken
ein echt menschliches gepräge, und zwar in dem masze, dasz wir
gerade darin eine besondere absieht gottes erkennen müssen, diese
absieht dürfen wir im hinblick auf die sonstigen wege gottes, an
denen durchweg Ordnung und gesetzmäszige entwicklung sich er-
kennen läszt, wol richtig also bestimmen: gleichwie uns das tägliche
brot und gaben aller art nicht ganz rein und fertig dargereicht wer-
den, sondern so, dasz der mensch seinerseits arbeit und mühe an-
wenden und den kern von spreu und hülsen reinigen musz, ebenso
sollen die menschen auch das himmelsbrot des göttlichen Wortes
durch geistige arbeit aus diesen Schriften herausschälen und ge-
winnen, und statt mit dem buchstaben götzendienst oder gar aber-
glauben (bibliolatrie) zu treiben, diese Schriften vielmehr mit allen
mittein des geistes und der Wissenschaft (sprach- und geschichts-
wissenschaft und kritik) treulich und sorgfältig zu begreifen und zu
erklären suchen, das göttliche und menschliche darin genau aus-
einanderhalten und so auch an der band der bibel selbst, nicht aber
nach selbst gemachten gedanken und Systemen sich begreiflich
machen, wie es sich mit ihrer göttlichen eingebung verhalte.
Denn all dieser un Vollkommenheiten und menschlichkeiten der
bibel ungeachtet bleibt es dabei, dasz sie, richtig verstanden, unter
^ all dieses und auch das nachfolgende, namentlich über den wider-
spruoh der älteren InspiratiooBlehre nicht allein mit Luthers ansichten
und verfahren, sondern auch mit der bibel selbst ist weiter ausgeführt
in meiner festschrift zum 400jährigen jubilaum der univ. Tübingen 1877s
'das menschliche und göttliche au der hl. schrift' s. 96 — 110.
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Ueber religioD, ofienbaning, heilige sohzifL 129
besonderer göttlicher leitung durch eingebung des heiligen geistee
entstiinden, geschenkt und erhalteli ist.
' Zum verstfindnie dieses satzes gibt gerade die stelle, welche
der ganzen lehre von der Inspiration za gründe liegt, den sichersten
ansgangspnnct und anfschlnsz. Paulos schreibt an Timotheas
2 3, 15: 'bedenke, dasz du Yon deiner kindheit her die hL
Schriften kennst, welche dich mittels des glaabens an Jesus Christas
weiss machen kOnnen zur Seligkeit, d. h. in der erkenntnis des gött-
lichen raihschlusses zu deiner Seligkeit fi^rdem können, (denn
T. 16) alle Schrift, (die) Ton gott eingegeben (ist), ist auch ntttslich
«oxbeldirong, zur stnuPe (um den menschen seines irrtnms und sei-
jutt Bttide zu ttberfUiren), zur besserung, zur erziehung in der ge-
rechtigkeit , um in ihm durch ihre zucht das rechtschaffene , gott-
gefällige leben weiter zu entwickeln, auf dasz (v. 17) der mensch
gottes (der mit gott verwandte und durch seinen geist wieder-
geborene) vollkommen sei , zu allem ^(uten werke ausgerüstet.' mit
diesen werten ist so klar, als man nur wünschen mag, gesagt,
worauf der ganze endzweck der bibel als göttlich eingegebener
Schrift gerichtet sei. dieser endzweck läszt sich genauer so be-
stimmen: die Schrift will uns zeigen, a) was gott zu unserer
Seligkeit (oder nach Röm. 8, 14. 16, um uns kiuder gottes werden
zu lassen, oder nach Matth. 6, 33, um das reich gottes in uns auf-
zurichten) gethan hat und b) was in uns und von uns ge-
schehen musz, um selig zu werden, was also in den btichern
der Vilbel diesem endzweck dient und nur das, was ihm dient, oder
wie (weil ja dieser rathschlusz gottes zu der raensclien Seligkeit in
Christus sich vollendet hat) Luther sagt, 'was Christum treibet',
das ist die summa und das centrum göttlicher Wahrheit in der hl.
Schrift, das ist in ihr unter besonderer leitung gottes, durch ein-
gebung des heiligen geistes entstanden, da aber solche göttliche
Wahrheit keineswegs bloss im neuen, sondern auch im alten testa-
ment, im gesetz wie in den verheiszungen, sich findet, und da Jesus
imd die apostel dies ausdrücklich anerkannt und im alten testament
eine ununterbrochene hinweisung auf die höchste Offenbarung in
Christas bezeugt haben, so gilt in diesem sinne und mit solcher
«OBchrSnkung von allen büchem der bibel , dasz sie von gott ein-
gegeben sind, eben damit ist aber gesagt, dasz alles, was in diesen
büohem diesem centrum nicht angehört und diesem 6inen höchsten
endzweck nicht dient, eben deshalb diese eigenschaft nicht an sich
trftgt, sondern als minder wichtig und untergeordnet anzusehen,
; lind daher lediglich der gelehrten Untersuchung und geschichtlichen
; forBefaang anhdmzugeben ist.
Während so die steUe im Timotheusbrief die frage beantwortet,
was in der hl. schrift von gott eingegeben sei und was somit in
dendben nicht daftbr zu gelten habe, gibt die zweite und dritte
liBuptstelle 2 Petri 1 und Hebr. 1 Aber die art und weise aus-
Inuift, wie solches geschehen ist. einerseits wird hier hinsichtlich
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130 Ueber religion, offenbarong, heilige schrifL
der menschlichen thätigkeit nicht das schreiben , sondern das reden
betont, und wird ferner das, was dabei im menschen vorgeht, ganz
auf gleiche linie gestellt mit dem geistigen zustand der propheten,
dasz nemlich nicht der menschliche wille und das menschliche thun,
sondern ein überwältigender göttlicher einflusz die wirkende kraft
ist. da nun aber ein solcher zustand auch bei andern geisteserzeng-
nissen vorausgesetzt wird , und z. b. die dichter oft und viel in dem
sinne sich vernehmen lassen : 'est deus in nobis, agitante calescimas
illo' ; könnte es scheinen , die inspiration der propheten und der
biblischen Schriftsteller sei nichts anderes als solche höhere be-
geisterung überhaupt, so gewis eine solche ähnlichkeit angenom-
men werden musz und so gewis auch hieraus erhellt, öaaz die bibel
selbst auf den geschriebenen buchstaben keineswegs groszen werth
legt; treten doch andererseits wesentliche unterschiede zwisehen
den biblischen schriften und anderen bUdLem berror. sdion im
allgemeinen bedingt der gegenständ einen groszen nnterscbied,
sofern das , was in der hl. schrift als von gott eingegeben zu gelten
hat, lediglich sittlich -religiöser art ist und sieb dorob eine gans
anszergewöhnliche groszartigkeit (s. II anm« 9) als ansflosz einer
eigentümlichen götÜiohen Offenbarung erweist, anszerdem läszt
sidi aus einem weiteren noch mehr allgemeinen grund nichts anders
annehmen, als dasz diese schriftlichen denkmiller des göttlichen |
Worts ihren Ursprung besonderer fürsorge und veranstaltong gottes j
zu verdanken haben, es ist nemlich zwar bekannt, dasz sowol die j
jüdische gemeinde als die christliebe kircbe sich gebildet und ans- \
gebreitet hat ^sine Charta et atramento', wie der kirchenvater Ire- J
nSus sagt, dasz also anfangs das lebendige wort vollstttndig ge-
nügte, um die thatsächlichen und inspirierten kundgebongen gottes
in den kreisen der gläubigen zn erhalten und fortzupflanzen, allein
ebenso gewis ist auf der andern Seite, dasz mit gleicher notwendig-
keit, wie es zur erzieh ung und zum heil der menschheit einer be- |
sonderen anszerordentlichen Offenbarung bedurfte (II anm. 4 u. 9),
auch noch ein weiteres geschehen muste , um das der menschheit in
den manifestationen und inspirationen der ersten zeit geschenkte |
gut bleibend für die kommenden gesoblechter zu erhalten, nur
dadurch, dasz jene besonderen Offenbarungen, die führungen des |
Yolkes Israel und die gottes worte der propheten, Jesu und der ;
apostel, in schriftlichen Urkunden niedergelegt wurden, ist es mög-
lich gemacht, dasz auch die spätere menschheit des erschienenen
beils teilhaftig werden konnte, das von gott gesäete samenkom
konnte nicht anders als yermöge seiner ewigen kraft sich fort-
. pflanzen; in geordneter weise aber und so, dasz es ftlr alle jahr-
hunderte eine bleibende heilsquelle wurde, war dies nur mittels ge-
Bohriebener Urkunden möglich, ohne dieselben — so müssen wir es
wenigstens denken' — wäre gottes endzweok und rathschlosz für |
das ganze menschengeschlecbt nie und nimmermehr zu erreichen
und zu erfüllen gewesen, aber auch im besonderen fehlt es nioht |
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Ueber religioD, Offenbarung, heilige Bchzift 131
an spuren, dasz nicht nur in den heiligen männern gottes/deran
reden wir in der bibel vernehmen, eine, allerdings allgemem
menschliche, geisteskraft, die für gottes Offenbarung empföngliche
anläge nemlich, durch besondere umstände in ausserordenüicher
irma» gesteigert war, sondern anch über den von ihnen uns ge-
sdienkten Schriften, ihrer ab&ssung wie ihrer erhaltung, gottes
Yorsehung in offenkundiger weise gewaltet hat. die beweise er* .
geben sich bei nachfolgender nSherer besprechung des Inhalts und
der wirksamheit derselben.
Wie der eben besprochene göttliche Ursprung, so wird nemlich
das göttliche ansehen der hl. schrift Überhaupt fttrs andere be-
gründet und bewiesen durch ihren Inhalt«
Wenn man die biblischen bttcher auch nur rein menschlich be-
trachtet und untersucht, so bietet ihr inhalt schon in dieser hinsieht
volle gewähr ihrer glaub Würdigkeit (fides humana). dasz sie, trotz
einzelner Unrichtigkeiten, die sich gar wol erkennen und aussondern
lassen, in hohem grade glaubwürdig sind, bat einer der ersten ge-
schichtskenner , Niebuhr, ausgesprochen, wenn er sagt, die Wahr-
haftigkeit des alten testaments sei das höchste in der geschicht-
schreibung auch für den, der keine inspiration glaube, selbst in
solchen angaben, die man, weil sie anderwärts nicht erwähnt und
beglaubigt oder auch da und dort abweichend von der bibel be-
richtet waren, gern schon für unrichtig gehalten hatte, hat beson-
ders in neuester zeit die gelehrte erforschung des ägyptischen und
assyrischen altertums wiederholt die Wahrheit der alttestamentlichen
darstellung» bis auf unbedeutende kleinigkeiten hinaus in glänzendes
licht gestellt, und in betreff des neuen testaments hat ein ganz un-
befangener und äuszerst bewanderter meister geschichtlicher Wissen-
schaft, Hase, bekannt, für wenige stücke der geschiebte des alter-
tums liege eine so gute beglaubigung und ein so reiches material
TOr, wie für die geschichte Jesu, mit vollem recht hat man daher
in alter und neuer zeit den satz behauptet, die neutestamentliohen
Schriftsteller seien glaubwürdig, weil sie die Wahrheit sagen konn-
ten und wollten, ja, im hinbHck auf die überall lauernden feinde,
sagen musten. und bei den geschichtschreibem des alten wie des
neuen testaments ist schon das ein sprechendes zeugnis für ihre
glaub Würdigkeit, dasz sie, ganz anders, als z. b. die griechischen
imd römisdien autoren, mit der grösten Offenheit gerade auch die
schwSchen und verirrungen ihrer gepriesensten mSnner, eines
Abraham, Jacob, Mose, Petrus unverholen berichten, selbst das
attem und zagen Jesu in (Gethsemane und am kreuze verschweigen
die evangelien nicht.
Doöh viel wichtiger und bedeutsamer ist, dasz der inhalt der
hL sehrift in mehr als 6iner hinsieht ausdrdcklich darauf hinweist, wie
sie in dem oben dargelegten sinne das ansehen und den glauben eines
Ton gott stammenden Imches verdient, so wenig gewidit man sonst
einem zeugnis, das jemand von sich selbst abgibt, beizulegen pflegt.
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132 Ueber religion, Offenbarung, heilige schzifL
Tun so weniger, je höheres er von sich aussagt, verhält es sich doch
anders mit den in einzelnen stellen der bibel vorliegenden selbst-
Zeugnissen. Jesus bekennt sich, als. gefangener vor die höchste
behörde seines landes gestellt, beschworen bei dem lebendigen gott
und angesichts des nahen todes als den söhn dieses gottes Matth.
26, 64 nnd versichert zu wiederholten malen freund und foini
gegenflber, dasz er von gott gesandt, Yom himmel gekommen,
gottes wort rede, als der da sei der weg, die Wahrheit nnd das
leben Joh. 3, 13. 34. 14, 6. er verheiszt aber auch seinen jlingeni:
*so ihr bleiben werdet an meiner rede, so werdet ihr die wahrhdt
erkennen' Job« 8, 31. 33. nnd sie haben diese Wahrheit erkaimt,
zugleich aber bekannt, dasz sie diese lantere Wahrheit an ihrem
meUter gesehen nnd von ihm gehOrt haben und sie verkttnden die
ihnen durch höhere geistesgabe geschenkte oder geschaute wahihat
Joh. 19, 36. 1 Job. 1, 1. 2. Paulus, der zugleich seine eigne menschok-
Weisheit genau davon unterscheidet, versichert aulb bestimmteste,
was er rede, rede er aus gott und vor gott 2 Gor« 2, 17. und ganz
dasselbe vernehmen wir wiederholt von den propheten des alten bon-
des, dasz gott ihnen das wort auf die Uppen lege, wahrlich Schriften,
welche die so bezeugte Wahrheit enthalten und mitteilen, verdienen
doch wol als das anerkannt und geglaubt zu werden, was zu sein
sie aussagen, als Urkunden und denkmäler göttlicher Offenbarung.
Wären aber auch die zweifei an der glaubwürdigkeit dieser
selbstzeugnisse in demselben masze gerechtfertigt, als sie es in der
that nicht sind, und wollte man entgegenhalten, es sei ein zirkel im
beweis, wenn man den glauben an das göttliche ansehen der hl.
Schrift durch Zeugnisse aus dieser schrift selbst begründe : der inhalt
. der bibel im groszen ganzen und in ihren hauptteilen
gibt weitere unzweideutige belege, dasz dieser glaube auf guten
gründen beruhe, wie Israel unter den Völkern der weit, Jesus in
der menschheit dasteht, so steht die bibel, sobald man sie in ihren
grundzügen und nach ihrem ganzen Zusammenhang betrachtet, unter
den büchern da. hier wird in den geschichtsbüchern in grosz-
artiger, tiefer auffassung die geschichte der menschheit und des ihr
durch gottes ftlhrung und erziehung zugewendeten heils erzählt, wie
es schritt für schritt näher rückt und sich in der fülle der zeiten
vollendet, und dieser 6ine grundgedanke, der plan der göttlichen
rathschlttsse durch die weltweiten hindurch , ist der mittelpunct, auf
den nahezu alle diese Schriften, so verschieden sie sind und ob sie
gleich der zeit ihrer abfassnng nach anderthalb tausend jähre aus-
einander liegen , hinblicken und hinzielen, ebenso verhält es sich
mit den lehrschriften. andei'S redet Mose, anders die propheten,
anders Paulas, und doch redet aus allen derselbe geist. in allen
sittUoh-religiOsen hauptanschauungen und hauptlebren, in den Wahr-
heiten über gott, menschennatnr, sfinde und erlösung sind sie alle
einig, und zugleich geben diese Schriften so klare aufsdilüsse über
gott und göttliche dinge, über das menschliche wesen und des men*
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Ueber religion, offeubamog, heilige schrift 138
sehen bestimmnng, und enthalten eine so gewaltige fülle und tiefe
der gedanken, trOstangen, lehren, antriebe und mahnnngen, wie wir
sie in solchem reichtom .und in solcher einheitUchkeit in keinem
andern buch aach nur annfthemd beisammen finden, sind ja doch
hier die flüchte des religiSsen lebens aus mehr als einem Jahrtausend
niedexgel^, wie sie die für gottes Offenbarungen empfänglichsten
geister erschaut, erfohren, an sich und andern bewährt gefunden
haben, und yoUends das wort der Weissagung auch nur im
alten testament, das wir^ als bereits erfllllt, um so deutlieher Ter^
stehen und beurteilen kOnnen! viele andere y(Slker glaubten an ein
goldenes Zeitalter am anfang der dinge, wie dies auch in der bibli-
schen erzählung vom paradies sich findet. Israel dagegen blickte
auszerdem auch auf eine noch herlichere zeit in der zukunft hin.
die Sehnsucht darnach und die zuversichtliche hoffnung darauf wird
von Jahrhundert zu Jahrhundert immer bestimmter und inhalts-
reicher, worin wir abermal den gott der Ordnung erkennen, den wir
ganz ebenso in all seinen Offenbarungen in der natur und geschieh Le
wie im innern des einzelnen menschen jederzeit walten sehen, diese
Sehnsucht spricht sich zuerst in ganz allgemeinen zügen als ahnung
aus, dasz das böse in der weit dem guten und göttlichen den
sieg lassen müsse, sodann in der idee eines reiches gottes
auf erden, das unausbleiblich sich inmitten des volkes Israel ein-
stellen werde, und endlich tritt die person eines über alles masz des
gewöhnlichen und menschlichen hinausragenden geistigen retters in
den sehkreis der propheten, eines Messias, unter dessen friedens-
scepter in der fülle der zeiten dem eigenen volke, aber durch das-
selbe allen nationen eine herliche selige zukunft erblühen werde«
gewis diese hohe und reine idee eines Messiasreiches, wie sie in
einer reihe prophetischer stellen sich findet, und dieses Messias-
bild, wie es am vollständigsten und reinsten Jes. 11 gezeichnet ist,
können unmöglich blosze erzeugnisse menschlichen, naehdenkens
oder menschlicher phantasie sein, gottes geist musz diese seher er-
leuchtet, eine besondere höhere kraft sie wie im leben, so im sprechen -
und sehreiben durchdrungen haben (vgl. II anm. 9). und ausserdem
dringt sich auch hier der weitere gedanke auf, es kOnne nur durch
besondere umstSnde und besonderes walten gottes gestdiehen sein,
dasz gerade diese sowol geschichtlichen als lehrenden und propheti-
schen Schriftwerke, welche sttmtlich ein so einheitliches geordnetes
ganzes bilden, sich fort und fort erhalten und im laufe der selten
das jetzige bibelbuch gebildet haben.
Dieser gedanke wird besonders nahe gelegt durch euie ziem-
liche anzahl eigentümlicher weissagesteilen des alten
testaments, die von jeher yorzugsweise die aQfmerksamkeit und
wertschfttsung der Jüdischen und christlichen weit auf sich gezogen
haben, es sind dies diejenigen Weissagungen in den Propheten und
Psalmen, in denen nicht blosz im allgemeinen das beilsreieh und
der heilbringer geschildert, sondern ganz im einzelnen ein aus-
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134
Ueber religion, offenbamng, beilige scbiift
geprSgteres bild des Messias nach seinen eigensebafien, begegnissen
und nmstftnden geseicbnet exscheint, and zwar gerade in solehea
zflgen, dass wir gesteben mfissen, dieselben seien zom teil bis anfr
wort bin sowol in der person als in den scbicksalen Jesa in leib-
bafker wirkHcbkeit gescbiebtliob geworden, die bekanntesten aV
sehnitte dieser art sind Micha 6, 1. Jes. 7 nnd 63. Sao^iaij* 9f 9.
Ps. 22. die anffassnng dieser Weissagungen, welcbe D. Fr. Stnuui
auf die bahn gebracbt bat, dasz die TeriGuser der evangelien naeb
dem bier vorliegenden programm ihre berichte abgefasst haben , ist
80 abeonderlicfa, dasz sie wol wenig anhloger mehr zfthlen wird
ancb die meinnng, Jesns selbst habe mit rttcksicbt auf diese stellen
des alten testaments dieses und jenes gethan und gesprochen , läszt
' sieb auf keinen fall bei allen stellen festhalten und durchführen,
somit bleibt nur die wähl, entweder anzunehmen, den propheten
selbst sei der weissagebliek so geschärft gewesen, dasz sie viele
Jahrhunderte zuvor alle jene einzelheiten im leben und Schicksal des
kommenden Jesus wirklich geschaut haben, oder aber die ansieht
zu fassen, es sei zwar vielleicht Jes. 53 oder Ps. 22 usw. ursprüng-
lich nicht unmittelbar mit beziehung auf ferne zeiten und die person
des in Jesu erschienenen Messias gedacht und geschrieben wordeii,
dagegen habe unleugbar gottes besondere Vorsehung die umstände
bei Jesu geburt, leiden und sterben so gefügt und zur beglaubigung
Jesu bei seinen Zeitgenossen buchstäblich so eintreten lassen, wie
sie die alten propheten, ob auch nicht mit absieht und nicht einmal
mit bewustsein, sondern in ganz anderem, der nächsten gegenwart
geltendem und verständlichem sinne, seiner zeit geschildert hatten,
mag man sich nun für diese oder jene dieser zwei auffassnngen ent-
scheiden, in beiden fällen ist das 6ine klar und musz als über-
raschender weiterer beweis für das göttliche ansehen der hl. schrift
angesehen werden, dasz gerade auch die weissagebücher unter be-
sonderem walten gottes yerfaszt und erhalten worden sind , sei es,
dasz gott schon bei dem erstmaligen schreiben dieser abschnitte in
' auszerordentlicher weise eingewirkt, oder aber* nur erst in den
Zeiten der erfüllung ein besonderes walten hat eintreten lassen.
Noch nachdrücklicher and so, dasz jeder einzelne leser ohne
sonderliche gelehrsamkeit es yerstehen und sich aneignen kann, be-
weisen das göttliche an der hl. schrift fürs dritte die Wirkungen;
die Ton derselben sowol im grossen ganzen der Weltgeschichte, als
auf einzelne geister und gemttter jederzeit ausgegangen sind und
fort und fort ausgehen.
Es wird mit recht darauf hingewiesen, welch eine ftlle tch
licht, leben und sogen durch den hohen geistesgehalt der bibel in
die mensohheit ausgeströmt ist. sie kennt in ihrer mitte auf dem
litterarischen gelnet keine edlere erscheinung, keine das sitüicbe
und religiöse denken, fühlen nnd bandeln tiefer umgestaHende
macht, als jenen lebensstrom. die culturgeschichte und das Schrift-
tum der nachchristlichen weit ist überall von den goldhaltigen adem
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Ueber rellgion, offenbarang, heilige schrift 135
der biblischen gedanken und selbst der biblischen epraofae dnrob-
xogen. Insbeeondere hat auch die lami in ihren meisterwerken der
muaik, maierei nnd Boulptar, sowie die entwiokliing der spräche,
z. b. aneh der deutschen schriftepraohe, die hl. schrift, und zwar ge-
rade sofern sie in dieser reihe geschriebener denkmftler der ver-
schiedensten art Torliegt, zur gnmdlage. all dieses kann als beweis
angeführt werden, welch wichtiges Werkzeug in der band gottes die
bi. sohrifb gewesen ist, seine zwecke und rathschlttsse zur geistigen
entwioklung und erziehung der menschheit zu yerwirklichen , und
wie es der heilige gottesgeist selbst gewesen sein musz, durch den
in diesen btlchem der erste klare ton höheren geistigen lebens er-
klangen- ist, 'der mit solcher kraft die jahrhonderte hindorch-
gekluDgen und die weit gezwungen bat, nach ihm sich um- und
einzustimmen.'*
Doch stärker, packender und nachhaltiger, auch für jedermann
verständlich ist vollends der beweis, den die hl. schrift selbst abgibt
durch ihre Wirkung auf den einzelnen, auf jedes gemüt, das ihre
kraft an sich erlebt und erfährt, auf jeden geist, der ihrem lichte
sich aufschlieszt. das ist der könig aller beweise, wenn so *die
schrift und der mensch sich gegenseitig ihr innerstes aufthun und
der göttliche funke aus jener in diesen überspringt' (Reiff) , dieses
selbsterleben ist es, was erst einen völligen und bleibenden glauben
an gottes wort in der hl. schrift faszt. man hat diesen beweis von
alten Zeiten her auf grund von Röm. 8, 16 ganz passend das testi-
monium spiritus sancti genannt; tausende haben daran schon
den felsenfesten grund ihres glaubens gefunden; die gründer unserer
evangelischen kirche kennen ; tlben und empfehlen keinen andern
beweis mit stärkerem nachdruck; ja Jesus selbst stellt ihn als
sicherstes zeugnis fUr die göttlichkeit seiner lehre in erste linie,
Job. 7, 17. wie dies im einzelnen geschieht, wenn wir an der hand
dieser heiligen Urkunden in jene von überweltlichen mächten durch-
waltete re^gionswelt uns zurttclmrsetsen, den darin sieb offen-
barenden gottesgeist in uns wirken, unser sittliches wesen dadurch
nmscbaffen, die rftthsel des lebens und die Widersprüche des denkens
m lösen lassen » ist des idüliem dargelegt in der genannten fest-
schrift s. lOS t
Anm. 3. Nach Kehemia 8—10 wurde der wahrscheinlich kurz
Tor dem babylonischen exil in seiner jetzigen gestslt zusammen-
gestellte Pentateuch, etwa 100 jähre nach der rllckkehr, um das
jtihr 444 y. Chr. von Esra dem yolk öffentlich yorgelesen und dieses
feierlich darauf Trerpfiichtet, galt also damals entechieden schon als
beüigeB buch, aus 2 Maccab. 2, 13 aber erhellt^ dasz laut gewisser
toltwttrdigkeiten Nehemia's (nicht unserm jetzigen Nehemiabuch,
^ das hier angedentete findet man näher ausgeführt in dem schon
genannten Vortrag von Fr. Reiff, ferner in Schenkel, 'die biblische
gesehichte des alten testaments in der voikfiscbule', auch in Georg
Gebers Weltgeschichte.
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136
Ueber religion, offenbanmg, heilige schrift.
sondern einer nur angeblichen schrift von ihm) eine öffentliche
Sammlung wichtiger bttcher. angelegt habe, diese scheint jedoch
nicht gerade nnr diejenige Sammlung gewesen zu sein, welche jetzt
den zweiten teil der hebräischen bibel (s. 6 b) bildet und
wol erst später seine jetzige gestalt bekommen bat ; indes ist durch
den ausdruck 'bücher der könige , propheten und Davids' jedenfalls
angedeutet, dasz die nunmehrigen bttdier Samuelis und der Könige,
vielleicht auch die bücber der vorangehenden zeit, Josua, Kicbter,
Buth, femer die scbriften der drei groszen (wahrscheinlich bei Jere-
mia aneh seine Klaglieder) und zwölf kleinen propheten, und eine
psalmensanunlongi ähnlich der jetzigen, also in der haaptsache doch
eben jener zweite teil des kanon zur zeit Nehemias vorhanden ge-
wesen und von ihm als für das volk besonders wichtig zusammen-
gestellt worden sind, die als ^briefe der könige von den opfern',
• d. h. weihgeschenken, angeführte schrift ist watodiMnlioh aafsngs
auch in die sanunhmg aufgenommen gewesen, spftter aber weg-
gelassen worden, weit schwieriger ist dagegen zu sagen, wie es mit
der Sammlung des dritten teils des hebrSischen kanons (Hagio- |
grapha) nach seiAfln einzelnen büchezn sich yerhalte«
Anm. 4. Aus liturgischen gründen , um je an den fünf festsii:
passah, pfingstfest, fest der Zerstörung. Jerusalems, laubhttttenfest
und pui^nfest, vorgelesen zu werden, sind die fllnf als 8 — 7 au^- '
fOhrten bücher unter dem namen Megilloth, d. i. Volumina, za-
sammengestellt worden. |
Anm. 5. Während bei Luther (s. die reihenfolge in seinsr ,
Übersetzung) die Apokryphen lediglid anhangsweise dem alten .
testament beigeordnet smd, aneh das sog« Tierte buch Esra, ein pro-
phetisches buch, ganz weggelassen ist, findet sidi dieses in der tuI-
gata (s. nr. 9), und sind hier noch auszerdem, wie dies schon in der i
griechischen ttbersetzung der fall ist, alle einsehien apdoryphen- I
bUcher zwischen die kanonischen eingereiht, dies hfingt damit sa- |
sammen, dasz in der lateinischen kirche nach dem yorgang des
Augustin auch die Apokiyphen schon auf den kirohenversamm-
langen zu Hippo-Begius 393 und Karthago 397 fCbr kanonisch er-
kUbrt und als solche von der i^ode zu Trident 1546 — 1563, m
gegensatz zur eyangelischen kirche, feierlich beseitigt wurden,
auch die griechisch-katholische kirche, welche früher den alten
alttestamentliohen kanon ohne Apokryphen hatte, hat auf einer
sjnode zu Jerusalem unter Dositheos 1672 diese letzteren gleichMb
den kanonischen Schriften gleichgestellt und die offidelle ausgäbe
der bibel 1821 enthalt sogar eine grössere anzahl Apokryphen, als
die Vulgata. dagegen sind die ebenfidls reidilieh yorhandenen
Apokryphen des neuen testaments in keine kirchlu&e
bibelsammlung angenommen.
Anm. 6. EigrahSndige Schriften yon propheten oder aposteln
gibt es natürlich keine; auch die frühesten auf papyrus gesdiriebe-
nen absehriften derselben sind alle zu gründe gegangen; erst seit-
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Kiit notizen zu den beBchlÜBsen der Berliner orthogr. couferenz. 137
dem man im 4n jahrhnndert auf thierhUute zu schreiben begann,
■war mehr dauer in denselben, es ist daher gar nicht anders zu er-
warten, als dasz der ursprüngliche text durch die abschreiber eine
menge Veränderungen und namentlich viele einschiebsei (glossen)
bekam, eins der auffallendsten beispiele dieser art ist die geschichte
der ehebrecherin (Job. 8), welche in den ältesten handschriften ganz
fehlt, sogar noch in Luthers bibelübersetzung hat man sich solche
einschaltungen erlaubt, indem Luther selbst die unechten Zusätze
1 Job. 5,7.8 mit gutem gründe wegliesz , spätere theologen sie
aber hineinsetzten, darum hat, wie die kritische Untersuchung Über
entstehung und Sammlung der biblischen bücher, so auch die kritik
des textes bei keinem buch so viel und so schwere arbeit , als bei
der bibel, eine arbeit, der sich auch, von den kirchenvätem Origenes
vokd Hieronymus an, seit dem vorigen jahrhundert in beziehung auf
das neue testament besonders deutsche gelehrte (Bengel, Griesbach,
Lachmann, Tischendorf) mit groszem fleisz unterzogen haben.
Anm. 7; Um die Verbreitung der bibel haben sich die bib el-
anstalten, in Deutschland besonders die vom freih. v. Canstein
in Halle zu anfang des 18n Jahrhunderts gegründete, und die bibel-
gesellschaften (Londoner, Berliner, Baseler, Stuttgarter n« a.)
sehr verdient gemacht.
SoHÖNTHAIi. MszaSB.
(11.)
KBITISCHE NOTIZEN ZU DEN BESCHLÜSSEN DER
BERLINER ORTHOGRAPHISCHEN CONFERENZ.
(forUetzung.)
Wir kommen zu den einselneii 'regeln' :
'L Laute und lautzeichen.'
Statt des letztem wortes oder zu demselben wünschen wir das
Wort 'buchst aben', damit sofort scharf die begriffe des gesproche-
nen und gehörten lauts und des (sonst leicht unklar bleibenden) ge>
Bchriebenen und gesehenen buchstabs geschieden werden. — Aus
demselben gründe wünschen wir in anm. 2: 'z und x sind einfache
bnchstaben für die zusammengesetzten laute ts und ks', und zuge-
fügt: 'wie seh, eh und ng zusammengesetzte buchstaben für einfache
'laute sind*.
§1. Fürdievocale (und consonanten) haben wir a. a. o.
'zur cons. reform' zur zeit andere, teils blosz genauere, teils sachlich
abweichende tabellen aufzustellen versucht, für die acht vocale
halten wir deren organische ableitung und entwicklung am dreieck
für sehr zweckinäszig, weil sich das verhiiltnis der grundvocale zu
den gebrocheneu und zu dem umgelauteten aufs einfachste und
«.Jahrb. f. phil. n. pid. II. $hU U7S. hfl. 8. 10
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138
Kritische uotisen su den begcblüseeu
deutlichste zeigt und das übersichtliche bild dieser figur sich leicht
und fest dem gedächtnis einprägt, also je nachdem die sacbe mehr
oder ausschlieszlich der Schulpraxis angepasst oder wissenschaftlicher
dargestellt werden soll, hätte man etwa die auswahi zwischen den
folgenden vier figuren. di^ beiden letzten stellen den der untenchei-
dnng des offisnen ä vom geschlossenen e entsprechenden nnterscbied
des offenen o und ö (z. b. in offen, öffnen) vom geschlossenen o und
ö (z. b. in Ofen, Öfen) dar; sie weisen also sehn Tocale auf«
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der Berliner ortbograpbiichen oonferens.
139
Die 'diphihonge' oder *doppeUaiite' diesem bilde zuznitlgeB
halten wir in einem orUiographieelien regelbnche deshalb fUr be*
dcnhlich, weil dieselben die ttbersichtlichkeit der figur stören nnd
hftuptsScUicli, weil die Schreibung der dentschen diphtfaonge eine
rollkommen historische^ dem phonetischen Charakter unserer ortho*
grsphie widersprechende ist, wie wir a. a. o. glauben nachgewiesen
n haben: an on (ygl. mhd. on nnd s« b. o web! — ■ anl gespr.
onl), ai und ei meist — en nnd tta — Oft (TgL mhd. Oa nnd z. b.
LSwe «-= Len, gespr. LOA). — Die systematische« organische anf* •
stellimg der consonanten verlangt eine entsprecbende berdcksich-
ligung der yocale, die hier sonst nuHckgesetst erscheinen, obscbon
a dnn w, i dem j, a dem b anfii nlKchste yerwandt ist. — Dass das
aDdestsche nnd überflttssige j eingeklammert ist, wird jeder billi-
gen; das französische n nnd dessen aawendong zu on zeigt, dasz
sndi das analoge griechische j unser tt, ein umgelautetes fräieres u
ist, also mindestens auf halbem wege zu L noch besser hfttte man
vielleicht den fremdling ganz aus der reihe der« deutschen vocale
entfernt und in eine anmerkung verwiesen; jedenüüls gebltrt ihm
nieht gleicher rang mit den ebenfalls eingeklammerten diphthongen
ai und äu, die wegen ihrer von ei (und eu?) difierensierten aus-
spräche oder ihrer umlautnatur (a : ft an : äu) mehr berftcksich-
tigung verdienen. *
Von den consonanten halten vrir nur das weiche w für eine
labiale (spirante); f und v sind labiodental oder genauer dentilabial
und gehören eine reihe tiefer; auch ist noch niclit jeglidier unter-
sehied zwischen der schaxfiBn dentUablalen spirans f und der weichen
V verschwunden, so dasz letztere zwischen w und s gehOrt. — Be-
tiefBs des soh sind wir jetzt noch entschiedener der ansieht, dasz es
gar nicht lingual, viel eher labiodental, im wesentlichen aber rein
dental ist; denn die sauge zieht sich zwar aus der sz-stellung zu-
rttek, bleibt aber passiv bei der bildung des durch die nun breiteren
zahnilicken gehenden zisohlautstromes; die Uppen aber schieben sich,
and nicht blosz passiv, vor, indem sie den zischlautstrom brechen
nnd ihm dadurch seine eigentflmliche ftrbung geben ; hftlt man die
Uppen auseinander- und surflckgezogen , so ist der laut kein sch
Bielir , sondern er ntthert sich dem pidatalen ch. man versuche es
nur sz, soh und f nach einander zu sprechen, so wird man sehen und
bffiren, dasz sch zwischen sz und f in der mitte steht.
ünter der colonne der scharÜBn Spiranten wttnschen wir die
boohstaben fund s entfernt nnd event. zu den weichen gestellt, wo
f schon einmal steht, wenn das weiche f im auslaut schSrfer klingt,
so beweist das fOr seine natnr ebenso wenig , als wenn man von der
richtigen edlen spräche abweichend Grapp, des Grapps, das Grafs
scharf und kurz spricht und nun b fftr scharf und das a ftr kurz
halten wollte.
Die laute r und noch mehr 1 sind so eigenartiger natur, dasz
sie weiter von den andern abgetrennt werden mttssen.
10*
Diyiiizeü by GoOgle
140
Kritische uotizeo zu deu beschlüssen
Ch braucht nur einmal und zwar als guttural gesetzt zu wer-
den ; sonst hätten unter den vocalen auch das offene e (o und ö) Ton
dem geschlossenen geschieden and zweimal gesetzt werden müssen
(vgl. a. a. 0.).
Hinter sch kann s und vor dem ng n fehlen , da dadurch die
laute an Übersichtlichkeit gewinnen; oder man klammere die dem
betreffenden laute oft fehlenden buchstaben ein, also s(ch) und nfg).
jedenfalls aber verlangt dies dritte hinter sch eingeklammerte
s und das zweite vor ng nicht eingeklammerte n eine ganz
gleichm'eiszige behandlung. nach demselben gesichtspuncte könnten
die mit recht eingeklammerten zeichen c und q neben dem eigent*
liehen deutschen k laute fehlen.
So ergibt sich folgendes lautschema f ür die 20 c o n s o n a n t e n :
Zeitlose.
1
Dauerlaute.
j «taniiiitt iMte.
hrachteate.
BftMntottte.
slUOThurteu
1. Lippenlaute
Zahnlippenlaute
P
b
f
w
V
m
^^^^^^^^^^^
Lippenzahnlante
2. Zahnlaute
Zungenlaute
t
d
sch
8X
8
n
. r ,
Gaumenlaate
3. KehUaate
k
ch
j
h
Anm. 1. dasz die initialen der umlante Ä, ö, Ü mxkt dnnb
Ewei Yoealzeichen ausgedrückt werden, ist eine forderong des pho-
netischen grundcharakters unserer nationalen orlhognphie. —
Ebenso enthält anm* 3, dasz I nnd J geschieden werden müssen
[wie II und W, wie A und H] , edn aadom der pfaonetik, die für ver-
schiedene laute verschiedene zeichen, für denselben laut denselben
buchstaben verlangt, aber allerdings ist die art der Scheidung in
anm. 3 wie im ganzen satze der 'veihandlungen' misglückt.
Für die schulen würde es aidi wol ausierdem verlohnen , die
Bcbemas durch striche strenger zu scheiden, und oben nnd links
durch über- und nebenschriften den grund der Ordnung anzugeben;
ebenso den einfachen lauten, die das nnglück haben, durch
zusammengesetzte buchstaben geschrieben zu werden, wenigstens
einen einheitlichen namen zu geben, der ihrer natur und der
analogie der andern lautnamen entspricht : also die scharfen Spiran-
ten auslautend 'esoh' und *aeh', wie ef und esz; die weichen an-
lautend W wie we, vau, jot und ha; die nasale (und liquida) 'eng',
wie em und en (er und el). (vgl. a. a. o. besonders die lauttobelkn
und die anmerkungen des letzten teils.) — £s folgt:
II. Von der dehnung und kürzung.
Ein fortschritt ist es, dasz diese beiden zusammengestellt sind,
wie sie von natur offenbar zusammen gehören; dasz nicht der
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der Berliner orthograpiiiflchen conferenz.
141
wissenschaftliche fehl versuch gemacht worden ist, die regel über
'consonantverdoppelung' von der über den 'consonantischen aus-
laut* abzuleiten, jedoch hätten wir hinter 'I. laute und buchstaben*
zunächst den dritten abschnitt 'verschiedene bucbstaben für den*
selben laut' erwartet; doch darüber später.
In abschnitt II wird nun 'A. von dem kürzungszeichen,
der consonantverdoppelung ' gehandelt. die consonant-
verdoppelung gehört also nicht unter die rcgel über den consonan-
tischen auslaut, vgl. a. a. o. VI. im letztern falle wird vielleicht
hier und da ein consonant aus etymologischen gründen weicher be-
zeichnet, als er zu lauten pflegt ; in unserm falle aber bandelt es sich
ganz und gar nicht um den consonanten in phonetischer, son-
dern in graphischer beziehung, und ebenso wenig um etymologie.
gerade umgekehrt wird der vocal in seiner phonetischen dauer
bezeichnet gemäsz der hierfür in unserer spräche feststehenden
orthographischen regel, dasz gesprochene vocalkürze durch
geschriebene consonant Verdoppelung graphisch aus-
gedrückt wird; gesprochen wird blosz ein consonant. nur das
auge und die schrift kennen einen verdoppelten consonanten;
das ohr und die spräche kennen hier nur einen verkürzten vocal.
es handelt sich also, wie Kaumer (s. BG) gegen Wilmauns und Imel-
mann richtig bemerkte, 'nicht um ein etymologisches niotiv' (wie
beim consonantischen auslaut), aber freilich ebenso wenig 'um deh-
liung des consonantischen lauts', wie Raumer meint, sondern
vielmehr im geraden gegenteü: um kUr&ung des vocalificben
lauts!
Wir mttssen bei dieser gelegenheit in anbetracht der hohen
achtong, die den heryorragenden leistungen der conferenz und ins-
besondere des berm von Raumer für unsere nationale Orthographie
mit ToUstem rechte gebührt, um entschuldigung biften, wenn wir
OBS gerade gegen vereinzelte ungenauigkeiten , die wir bei ihm zu
finden glauben, mit besonderer Offenheit und bestimmtheit wenden,
das grosze gewicht seines namens und seiner unerreichten leistungen
vergröszeri die folgen und gefahren seiner etwaigen Irrtümer und
madit eine entschiedene ab wehr derselben zur pflicht : ein verfahren,
das Y. Baomers onvergttngliche Verdienste nimmer verkleinern soll
noch kann, so müssen wir uns denn hier nochmals gegen seine an-
sieht, dasz doppelconsonanz den consonantischen laut dehne, dasz
dadurch die silben trotz kurzen vocals positionslang werden, dasz
alle betonten neuhochdeutschen silben lang seien, dasz es keine neu-
hochdeutschen betonten silben mit kurzem yocal und einfachem auf
den vocal folgenden consonanten gebe usw. — Wir müssen uns
nochmals mit aller entschiedenheit gegen diesen gmndirrtum in den
deutschen grammatiken ausdrücklich erkl&ren. diese ansieht ist ein
ftberbleibsel des alten fehlversucbs unserer deutschen accentuieren-
den i^racfae die antike quantitierende metrik aufzuoctroy leren , der
Verwechslung des tons mit der länge, das hochtoaige ^dal ' in der
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1
I
142 Kritische notizen zu den beschlössen
bedeutung 'nimm!' u. dgl. sind sogar offene silben mit kurzem
vocal ; es folgt nicht einmal ein einziger consonant auf den betonten
kurzen vocal, die silbe ist so kurz wie denkbar; dennoch ist sie be-
tont, eine entschiedene arsis in der deutschen metrik! in der die
Quantität als solche gleichgültig ist, in der der ton allein gemessen
Avird. vgl. alle 'kurzen' nachsilben auf -e usw. — Durch jene an-
tikisierende anschaunng ist gleich die erste seite des lichtvollen und
durch die entdeckung der wichtigsten ständigen tonsilben epoche-
machenden scbriftchen *sur erläuteining' (s. 55) zu einer fortlaufen-
den Verwechslung und vollständigen vermengnng von bncbstab
und laut, von schrift und spräche, sogar von quantität und ton ge-
worden, und doch war es derselbe herr von Baumer, der uns ge-
rade laut und buchstab in seinen ^ges. sprachw. sehr.' so scharf und
klar geschieden hat, dasz er eben in diesem puncte betreffs derge»
setze der lautTerschiebung den ersten schritt über Grimms stsad-
punct hinaus machen konnte: denn er hat zu der thatsache der laut-
yersohiebung die art und weise ihrer entwiddung und die nator,
und die Stellung und rolle der aspiraten bei diesem yorgange nach-
gewiesen, so dasz uns nun noch die Ursache der auf diese (Eaumersehe)
weise erfolgten (Grimmschen) thatsache zu erforschen bleibt.
Es m9ge nun ein beispiel des oben genannten herm t. Baumer
passierten Versehens genügen , welches wir der angezogenen stalle
(*zur begrOndung* zu § 2 — 15 erster abschnitt) entnehmen, unsefs
erachtens wird das wort 'kommen' noch ganz genau so gesprochen,
wie zur zeit der Hohenstaufen , nemlich k , kurzes o , m , e , n. der
unterschied beruht nur in der schrift, in der das mhd. die kürze des
0 hier unbezeichnet gelassen bat (komen), während wir dieselbe da
durch kenntlicb machen, dasz wir das m doppelt schreiben (kum-
men); wir hätten gerade so gut über o den bogen machen können
(körnen) im ftn wie im lOn Jahrhundert, die Orthoepie kennt
ebenso wenig eine doppelconsonanz als die orthogra2)hie kurze
vocale. diese kennt für kurze und lange vocale nur einen und den-
selben einfachen buchstab; jene drückt einfache und doppelconso-
nanten durch denselben einfachen und einmaligen laut aus. ja, wie
die schrift, um einen vocal als kurz zu bezeichnen, mehr tinte und
räum bedarf wegen der zweimaligen Schreibung des folgenden con-
sonanten, so hat umgekehrt die spräche, um einen doppelt ge-
schriebenen consonanten auszudrücken oft sogar weniger luft und
zeit notwendig, wegen der kilrzung und scbärfung der ganzen silbe,
des vocals und auch des doppelt geschriebenen consonannten , falls
dieser ein dauerlaut, also überhaupt verkürzbar ist. vgl. a. a. o.
Kehren wir zur 'bezeichnung der kürze der vocale'
zurück, unsem principiellen standpunct zur consonantverdoppelung
haben wir dargelegt: 1) je mehr die dehnungszeichen schwinden
oder aufgehoben werden sollen , um so mehr sind wir verpflichtet
der bezeichnung von quantität und betonung in der strengern
oder vollständigen durckführung des kürzungs-
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der Berliner orthographischen oonfereni. 143
Zeichens, h. der sog. 'doppelconsonftnz' einen unent-
behrlichen erBats su versohaffen. wer den usus Sndert, weil er ihm
unrichtig Torkommt (dehnieichen), der darf anoh du nnxichtige
(das fehlen der consonantrerdopplang) nicht bestehen lassen, wdl
es nsns ist. was dem einen recht,, ist dem andern billig« wer hier
der sog. ^einflAchheit' zu liebe in einem einsigen ftlle die notwendige
consonantyerdoppelnng aufgibt, der dnrohbricht die conseqnenz des
princips , yerli^ die wirkliche einfaohheit, die dieses bietet, erhält
eomplieierte regeln nnd in sfranzig stellen dennoch reihen Yon aas-
nshmen; so rsäit sich eine inconseqnente reform des *inconseqaen-
ten* usus. — 2) dass wir die etymologische berorsugimg der
Stammsilben fttr unphonetisoh, unoonseqoent nnd glücklicherweise
nndnrchführbar halten, dasz wir die tonsilben für phonetisch und
orthographisch gleichberechtigt halten, haben wir ebenfalls schon
gesagt, dieselbe grundtendenz unserer accentuierenden spräche,
dasselbe grundprincip der Vorbemerkungen über den ton ist uns
auch hier wiederum maszgebend. wenn uns Wörter wie 'capitel'
gegenüber VapitäP den groszen einflusz der vocale für die betonung
zeigen, so lehren uns Wörter wie 'capitel' gegenüber ^capiteir, dasz
die doppelconsonanz auf den ton ebenso entscheidend wirkt, man
vgl. im wörterzeichnis Rundeel und Rundell, Rondeel und Rondell,
wer den Vorbemerkungen über die betonten vokale zustimmt, der
wird auch hier über den ton vor der doppelconsonanz wol nicht
widersprechen dürfen, man vgl. noch Wörter wie Geländer und
Gellender, begehren und baggeren, wie Kindes, Endes, Indus gegen-
über *indefs' ; man vgl. die wegen ihrer unphonetischen Schreibung
so oft undeutsch betonten eigennamen Löbell, von Wedeil usw. und
viele andere Wörter, endlich den § 35 über die deutsche bezeichnung
der tonsilben in fremdwörtern. s. 57 spricht auch v. Raumer von
der quantitätsbezeichnung der 'betonten Silben', nicht der
Stammsilben.
Der wesentliche inhalt des ganzen zwei Seiten langen abschnit-
tes U würde sich demnach bei principieller nnd consequenter
ancrkennung der doppelconsonanz für kurze tonsilben auf die ein-
fache darlegung des grondsatses beschränken können, mit dem § 2
beginnt: *die kürze des yocals wird [in der schrift] be-
zeichnet durch Verdoppelung des folgenden conso-
nanten.' — Hier ist, nebenb^bemerkt, die 'doppelconsonanz' doch
wol als blosses zeichen der Yocalklirze anerbuintt ansdrttcklich
könnte dies geschehen dnrch den eingeklammerten znsatz, ^oder
dnroh die fassnng: ein kurz gesprochener (oder in der ausspräche
Iraner) yocal wird als solcher in der Orthographie dadurdi bezeich-
net, dasz man den folgenden (ein&chen) consonanten zweimal
Mlirmbt. oder man könnte hinznfttgen: man schreibt also zwei con-
sensnilsche bnchstaben, obschon bloss 6in consonantischer laut ge-
spmehon wird, nur zum zeidien, dasz der vorausgehende vocal kiur&
lasten soIL
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144 Kritiaolie notuen ra den beechlilaaeii <
Alsdann fiUlt das lange 1) nnd 2) zu § 2 mit der adiddiiag
von ^Silben, naehsüben und Stammsilben* und der amn. fort diese
complieierteB regeln« insbesondere 2), würden der sdnile doch nui-
mer YerstSndlieh gemadit oder dem sehnlgebraaeh zum auswendig-
lernen nnd anwenden angepasst werden kOnnen. die beLden bestim-
mungen nnter 1) aber, dasz der eonsonantanslaut mnfoch sein mtlflse
und eine minder betonte silbe mit Toealisdiem anlant folge [besser
folgen kOnne] , Ittszfc sich erent. entweder unter die hanptregel anf-
nebmen, oder besser das gegenteil Tor die event. ausnahmen setzen.
— Die erwShnung der naehsilben -innen, »nisse, -isse
würde überflüssig, weil ihre doppelconsonanz selbstyerst&ndlidi
wäre, da sie eben kurz sind und wir alle tonsilben, nicht bloss
die Stammsilben, als orthographisch gleichberechtigt ansehen müssen.
— Die anmerkung würde fortfallen, sobald man die principiell
notwendige anwendung desselben grundsatzes auf die silben
-amm und -imm zugibt, sie auszunehmen ist willkür. hat man
sie hier und da aufgegeben, so führe man sie in ihr recht zurück:
die Silben sind betont, kurz, einfach auslautend und veränderUch
durch abwandlung, also sicher auf alle fälle verdoppelungsbedürftig.
— Das complicierte 2) 'Stammsilben mit einfachem consonantau^-
laut behalten die Verdoppelung, welche vor vocalisch anlautender
nachsilbe eintritt, immer, auch am ende des Wortes sowie vor |
consonantiäch anlautenden endungen und in Zusammensetzungen, i
z. b. fall-en, fäll-t, Fall-tür; schwimm-en, schwamm . . mit seinem |
dutzend entscheidender begriffe würde überflüssig, weil selbst-
verständlich, und weil das gegenteil eine ausnähme von der rege! i
sein würde.
§ 3a mit seinen Werdunkelten Stämmen' würde eben- 1
falls fortfallen, denn die ausspräche (dazu die eben § 2 genannte
^Zusammensetzung' und teilweise die hochtonigen in der lebendigen
Yolksetymologie durchaus klaren, nicht verdunkelten Stämme) ver-
langen Verdoppelung ; ohne diese Verdoppelung ist die quantität und
ausspräche der hoditonigen silben in Damhirsch, Walfisch, |
Herberge usw. unklar; und wenn jemand bei den nach ton imd
quanütftt klargestellten wOrtem Dammhirscb, Wallfiseh, Herrbexigo
an dämme, wallen des meeres, herreui bei Himmbeere vielleicht gar
an himmel (vgl. Erdapfel, Grundbeere) denkt, so ist dadureh im
nhd. der begriff zugleich mit einer lebendigen, volkse^rmologisches,
sinnlichen anschaunng verbunden; jedenüslls besser als wenn man
an Dam', Wal (frtther Wahl), Her (adv. her oder event Heer, hebr),
bei Brombeere an Brom denken mliste.
§ 3^ Aber wOrtchen wie ^von, ab, bis^ hier wäre nach
der regel zu verdoppeln ; oder es sind, wie hier geschehen, dem Ins-
herigen usus gemäss die ersten ausnahmen zu vermerken« sie kdim-
ten in etwa begrOndet werden: die Verdoppelung unterbleibt in den
meist unveränderlichen silben und wörtchen, die im zusanuneB-
hange der rede meist unbetont sind (partikeln, artikel, hälft-
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der Berliner oithographiachen oonferens.
145
Terba). dennoch bat diese ausnabme sofort neue ausnahmen, die
wieder unter die regel fallen, z* b. denn, wenn, antersohieden
?on den, wen, obsdion aneh diese *yot yocaliseh anlag tender nach-
Silbe nicht vorkommen'! im letstem &]le wfinsdien wir dieser
r^gelmSssigen aasnahmen (s. y. v.!) nodi mehr: ann, inn, imm
imterschieden von Ahn, ihn und ihm| die nach den oonfeiens-
principien besser ohne dehnaeiden sein mflsten. — Was die werter
'gen, znm nnd zur' betrifft, so dOrfte deren ^firse' sehr wohl
anfechtbar sein; sind sie aber an soeh lang, so ist bei ihnen auch die
yodoppelang nioht 'unterblieben* nnd sie gehören nicht hierhin. —
Mag in *hat' das t ^nicht zum stamm' gehören, es kOnnte so gut
wie tritt verdoppelt werden, weil es ebenso kurz ist.
§ 3c ^Gewinst' usw. auch diese zweite ausnalime kann, wie
Iiier gelassen und motiviert werden ; sofort aber haben wir am
;chlu:5Sü auch wieder unterausnahmen (Kenntnisz usw.), die nach
der hauptregel gehen ! ausnähme und doppelausnahme fielen fort,
sobald man sich entschlieszen würde, die hauptregel gelten zu lassen
und zu verdoppeln, wer 'überflüssige' oder allenfalls (s. s. ll'J)
'entbehrliche' dehnzeichen nehmen darf, hat dasselbe recht, ja die
pflicht, notwendige und nützliche sperrzeichen einzuführen ; ein- und
dasselbe princip fordert mindestens beide consequenzen : wir sollen
ja die längen ohne dehnungszeichen daran erkennen , dasz eben das
kürzungszeichen (consonantverdoppelung) fehlt; fehlt die doppel-
consonanz aber der 'einfachheit' halber auch wie hier nach kürzen,
so geht uns jedes quantitätskriterium verloren! und welche vor-
teile von wahrhafter einfachheit bietet die strengere consequenz!
die einzige hauptregel wird kurz, einfach, klar; neben- und unter-
regeln sind überflüssig; ausnahmen und unterausnahmen schwinden!
— und, was ebenso wesentlich fOr Wissenschaft und leben, wie jene
vorteile fUr die Schulpraxis — die deutsche Schriftsprache gewinnt
ebenso sehr an deutlichkeit fürs leibliche auge beim lesen, wie fürs
geistige beim verstehen! die doppelconsonanz gibt mir ton nnd
küne der betr. silbe an und die silbe erinnert mich in ihrer ur-
sprünglichem gestalt sofort wieder an die ihr innewohnende grund-
bedeutung. beispiel! Brand, Kunde, Kunst, Gunst; der schüler
und der fremde könnte diese Wörter lang lesen wie Mond , Herde,
Wust, Papst; Brannd, Eunnst, Eunnde, Gönnst wfiren offenbar kurz,
wie brennen, brannte, wie können, konnte, wie gönnen, gönnte;
• nnd wie viel naher rflekt uns hier der deatHche sinn dieser werte!
^gl Qeschwnllst, Gespinnst, GeschSfft. *Zimt, Samt und sttmtlich'
gehen ncch einen unnötigen schritt surfick: ygl. Zimmet, Sammet,
znssounen; und *Eenntnis, kenntlich* wieder einen scluritt yorwSrts.
§ 3d -in, -is, -nis Q>lnr. Terdoppelt) ist eine dureh die ety«
mologische beyorzugung der stSamie statt der tonsilben bewirl^
auüune. sie würde eben£üls fallen, und jetzt steht sie, wie ge-
Mgt« weder mit § 2 anm. (-im, plur. -ime), noch mit § 4 (-itz) und
§ 35 usw. in rechtem einklang. — Die anmerkung fftUt, weil yer-
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146
Eritiflche notizen zu den beachlüssen
doppelung selbstverständUchi in ^ tritt, nimm' (trots nahmeii und
treten) wegen der kürze.
§ 4, aaun. 1« ttber * schrak und traf Mit ebenso fort; wegen
der iSnge bei isni nnd solitak ist nielitrerdoppelnng klar, trots der
kttrsen in treffen nnd sdirecken* beide anm. erlialten keine orttio-
graphisohe, sondern eine grammatisclie oder orthoepisdie tliaisMihe,
deren orthographische folge selbstTerstftndlich. — § 4 hätte sagen
können, dasz ok rein graphisch, tz dagegen phonetisch berechtigt
war, weil s ts. — Anm. 2: z wird nicht yerdoppelt. es
konnte als gnind genannt werden, dass es als feste lantverbindiqg
nur nach kürzen (oder diphihongen) Yorkommt (z mttste sonst a
oder kx yerdoppelt werden)« es ist aber mit yollstem redit m
herm dr. Augnst Sehmits, dem chefiredaetenr der *EOhi. zeitm^^
vorgeschlagen worden z (= ts) ebenso zu behandeln, wie x(=b).
§ öa: sch und ch werden nicht verdoppelt, es könnte
als grund genannt werden, dasz beide schon so zusammengesetzte
bncbstaben für einfache laute seien, es fehlt der dritte dieser
art ng; er kommt wol nie, sch selten, ch etwas ötter nach längen
einfacher vocale vor. ygl. die ähnliche erscheinung bei den ein-
fachen buchstaben fttr zusammengesetzte laute z und z* alle fttni
zusammen yerdunkeln also nur selten eine Iftnge.
§ 6b (vgl. § ^h) *in, hin, mit, des, wes'. die hier ge-
nannten ausiuthmen yerlangen noch mehr nach der yerdoppelung,
kOnnen aber event. oben mit aufgenommen werden, ttber *in' vgl'
die bemerkungen zu § 3 *des und wes' kOnnen oft unbetont bob,
*desz und wesz* würden in der schrift zeigen, dasz sie betont nsd
und nicht yom artikel stammen, so würde in ^indefs und ontodeb'
gegenüber ^Kindes, Indus und unteres, wunderndes' der ton ]da^
gestellt.
§ 5c über dreifache consonanz. das princip verlangt
sie überall, sowol in der Zusammensetzung eines wortes, wie indem
zusammenhange der rede: 'die SchifiYahrt', wie 'das Schiff föhrt';
sonst wird die quantität verdunkelt, z. b. eine Straffahrt usw.; vgl.
Wörter wie Mittag und event. = Miethtag, Schiffart event. = Schief-
fahrt, Bettuch u. dgl. wir führen derartige beispiele nicht zunächst
deshalb an, weil sie die gefahr von Wortverwechslungen bringen,
sondern um die Verdunkelung der phonetik durch die inconsequente
Schreibung zu zeigen, sicherlich bezeichnet aber selbst solche ge- ,
schriebene ^dreifache consonanz' nur einen einzigen müglichst kurzen
laut! allein jeder 'that der rede hülfe', so gut wie wenn sonst im
zusammenhange ein wort zufällig mit demselben oder nftcbst-
yerwandten consonant schlieszt, welcher das folgende wort beginnt,
z. b. ^mit dir', 'in Naumburg' usw., wo auch nur 6in consonsntge*
sprochen wird, zu ändern wären eyent. nur zwei Schreibungen:
dennodi und Mittsg; § 5c will dagegen diese halten und in 'den
yielen andern Wörtern beide Schreibweisen ^zulassen'«
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der Berliner orthographiuchen conterenz.
§ 5canm. hätte es wagen sollen, die (*in einem teile von
Deutschland' bei 'vielen' Stammsilben, wenn sie gerade einmal ^ohne
nachsilbe' stehen) vorkommenden aussprachen: 'dasGrapp, des
Grapps, der Hoff, des Hoffs, das Grafs, das Batt, des Batts' u. dgl.
als das zu bezeichnen, was sie sind: als Provinzialismen, die
der edlen, die schrift richtig und vollkommen wiedergebenden, stets
gleichen und consequenten , der nationalen schreibeinheit ent-
sprechenden spräche widerstreiten, die es Schiller und Goethe zum
Vorwurf machen wollen, wenn sie Grab und gab. Gras und vergasz,
Bad und bat usw. reimen, solche orthoepische bemerkungcu (oder
z. b. dasz rheinisches und Berlinisches 'g = j' falsch sei, dasz 'seh
= s ch' ein misverstfindnis der Schriftsprache, dasz dagegen sp
und st im norden, pf im Süden richtiger gesprochen), sind keines-
wegs nur für die el^mentarscbule räthlich. dasz aber umgekehrt
solche Provinzialismen der ausspräche keinen einflusz auf die Ortho-
graphie haben, dasz also in obigen Wörtern der 'auslautende conso-
nant nicht verdoppelt* werde: dies ausdrücklich hervorheben heiszt
dem Provinzialismus stillschweigend Vorschub leisten, dasz solche
Wörter 'vor vocalisch anlautender nachsilbe einen
langen vocal haben', beweist ebenso, dasz der vocal immer hing
gesprochen werden musz, wie der endconsonant immer weich ge-
schrieben werden musz, weil er sich vor 'vocalisch anlauten-
der nachsilbe' als weich nachweisen l&szt. endlich kommt
dieser hinter der schrift und ihrer Vollkommenheit zurückbleibende
Provinzialismus nur ''in einem teile von Deutschland', auch hier nur
bei 'vielen' Wörtern, und selbst in diesen nur im falle sie 'ohne
nachsilbe' stehen vor; dieses schwanken, dieses sporadische, diese
Unsicherheit und diese inoonsequenz kennzeiohnet Tollends den
Provinzialismus.
§ 6 verbindet zweierlei, 1) 'unbtjzei ebnet bleibt die
kürze des vocals in allen Vorsilben und in den meisten
endsilben'. zunächst ist für alle unbefangene gebildete Deutsche
(die keine gelehrten fachstudien gemacht), also für die ganze ge-
bildete nation einschliesslich "Vioo gelehrten die vorsilbe iiiisz-,
misse- eben eine vorsilbe, so gut wie un- und ver- und von ähnlicher
bedeutung, kein stamm! vgl. Miszgestalt, üngestalt, Miszgunst,
Ungunst, Miszmuth, ünmuth, miszachten und verachten, Misz-
behagen, Unbehagen, miszglücken und verunglücken, Missethat,
Unthat, miszstimmt, verstimmt, und auch die Wörter miszlich und
vermissen machen ebenso wenig etwa die nhd. vorsilbe misz zum
stamm, wie das wort Erz die Vorsilben erz- und ur- zu stämmen
macht, weil etwa Metallerz das Ur- und Erzmetall ist. schon des-
halb allein also bleibt die kürze nicht 'in allen Vorsilben unbezeich-
net'. dasz sodann 'die kürzenbezeichnung in den meisten nach-
8ilben unterbleiben' soll, ist eine zweite lästige Ungleichheit und
ungewisheit der behaBdlung, die durch kein princip geboten oder
gehoben wird«
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l
148 Xzitisohe noiazen, m den besdilOMeD
Ans dem frttlier gesagten folgt für uns dreierlei: 1) die kftne
wird (bei einfoohem consonantischeiii anslaut) immer (diirdi ge*
Bohriebene doppelconsoiuChz) bezeiofanet 2) die ^kttrze* die niidtt
beieiebnet wird — das scheint anoh hier nnbewust yonnsehwebeii
— ist die tonlosigkeit. 3) diese findet sidi (abgesehen vom n*
sammenhange) nur beim Yooale e und aneh bei ihm nur in vor* und
nachsüben. — Wollen wir die silben im zusammenhange der rede
betrachten und auch dem jetzigen usus eine coneession machen, so
kennen wir immer noch ein princip aufstellen , an dem wir (Bhidieh
wie der bezeichnung des eonsonantischen auslauts § 19) eine fssto
richtschnur und siäutz Tor inconsequenz und irrtum haben: nar
derjenige einfache consonant wird verdoppelt, welcher
sich zwischen zwei vocalen als yerdoppelungsbedllrf-
tig nachweisen läszt, d« h. also, welcher alsdanur einen korien i
TO^ vor sich hat. denn wie der einzelne consonant in seiner
sch&rfnng oder Weichheit, so kann auch die einzelne silbe in ihrer i
schSrfnng oder dehnung oft nur dann ganz rein und unvordmikelt ^
erkannt werden, wenn sie rein, d. h. (beim consonanten zwisdien j
zwei vocalen oder bei der sübe) vor einem yocal steht (vgl. 'zur |
conserv. reform').
• Diese einsidirSnkung — aber principielle einschrSnknng des
kOrznngsgesetzes (der doppolconsonanz) enthebt uns der Tcrdoppe- !
lung ausser bei wirklich tonlosen ^silben* noch in drei füllen, a) bd
den durchaus unflectirbaren und ganz unvecflnderlichen Tor- imd
naohsilben, z. b. un- (dagegen mis- und -nis, weil misse- und -nisse),
l) bei den meisten parükän und partikdartigeii.wQrtchen» sotai
nicht etwa eine Unterscheidung eine ausnähme macht, z, b. m,
man, weg (ausnahmen z. b. denn, wenn, zum unterschied yon den,
wen), c) bei doppelconsonanten (doppellauten und doppelbuchstaben)
und bei anderen unlÖsHclfon consonantenyerbindungen, z. b.'Heiei
lachen, hart (dagegen harrt wegen harren). — Die Wörter mit
langem vocal vor den doppelbuchstaben und anderen
unldslichen festen consonantgruppen (auch die sdiwaaken-
den) mtlssen alsdann der Orthoepie wegen anfgeführt werden, z. b.
Sprache, Flöze, Arzt.
Der anfang hierzu ist in § 6 zweite hftlfte gemadit, die auf-
gezShlten Wörter lassen sich schon jetzt nicht unbedeutend Te^
mehren (nicht blosz durch schwankende fUle), z.b. schwert, werden,
Hart, und die aufhebung der dehnungszeichen bringt viele neue
Wörter hinzu , z. b. wert , anden. — Durch obigen einschränkenden
grundsatz sind nun nicht nur in der ersten hälfte von § 6 die durch
die consequenz gebotenen änderungen (kürzebezeichnungen) be-
gründet, sondern es ist auch für die ausnahmsweise nicht bezeich«
neten kürzen in der zweiten hälfte ein leitendes princip aufgestellt.
B. Yon der bezeichnung der länge der yocale.
dieser fast vier Seiten lange abschnitt fUllt durch das zu den Vor-
bemerkungen gesagte grundsätzlich weg, braucht in der schule
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der Berliner orthographiaohen confeieiis.
149
licht besonders gelernt und behalten zu werden, die § 7—10 Uber
, ie und ib haben wir oben auch schon im einzelnen beaprodien.
iehen wir ebenso zu , wie es mit den übrigen einzelnen resten der
gedehnten Wörter steht.
§ 11 achtzehn Wörter mit ee. mit einfachem e geschrie-
ben würden Bere, schel, Sele, Sper, Ter auch in znsammen-
setznngen kanm grosses nnheil stiften« weil nicht leicht doppelooiiso-
nanz auf e folgen oder verwechslnngen eintreten können. Tgl. aas
§ 13a za 'Beere' — 'Lorber, Feme^ Schere*, zu 'scheel, Seele,
Speer, Teer' — 'hel,.helen, Schmer und quer*! an diese fünf
ficUöBsen sich die vier mit e anslantenden einsilbigen: Kle, Sehne ,
8e und das seltene Le; sie würden für die sukunft allenfalls
nicht inoonsequent in § 14 untergebracht werden können, bei Beb,
Vieb, Schub, ja. diedroi: 'Kaneel, Krakeel' und das seltene
^Paneel' würden mit notwendigkeit noch Eameel fordern, und
doch ist das wieder § 12a ohne eel das seltene Gest mag in § 6
schon 'Trost' vorfinden, bleiben fünf: 'Beet, Heer, leer, Meer,
Eeede'. das Bet würde mit dem orthoepisch gleich werthigen und
doch dehnungslosen stamme des verbs ^beten' nicht zu Verwechs-
lungen führen, das seltenere wort Schiffs rede fiele wenig ins ge-
wicht und der Zusammenhang würde den grundverschiedenen sinn
von 'Rede' (orthoepisch ganz gleich und doch auch ohne dehnung)
leicht ergeben. *Heer, leer und Meer' sind die schwierig-
sten, das Her würde als substantivum mit dem adjectivum 'hehr*
kaum verwechselt werden können durch die Stellung im satze;
wünschenswerth aber wäre es dann, das adverbium 'her' mit seinem
offenen vocal auch deutlich so zu schreiben wie es gesprochen wird,
also här, z. b. hierhär wie vorwärts; und 'Herr' hat sein rr. etwas
einfacher schon ist es bei dem subst. 'Meer' und dem comparativ
^mehr'; doch haben wir noch die naehsilbe -mer. die 'Lehre' subst.
und 'leer' adj. würden sich zwar auch wol scheiden aber auch hier
ist die silbe -1er. dagegen die verba leeren und lehren sind trotz
absoluter phonetischer gleichheit ('Meer' ist länger als 'mehr') zu
verschieden, ja entgegengesetzt, um sich zu verdunkeln, wenn ein
Wortspiel dies nicht etwa beabsichtigt, man vgl. die beiden be-
deutungen von wider, Mine, Weide, Heide, Mttre, Star, Wal, Sohar,
war, Mor, Tor, Sole, Ton, Tau, Hut usw. nach den vorliegenden
conferenzbeschlüssen , und man wird auch noch etwa vier fthnliche
mit e in den kauf nehmen können.
§ 11h über eh. auch hier zeigt sich wieder die gröszere
Schwierigkeit bei der behandlung des oft tonlosen e gegenüber dem
stets betonten i. insbesondere schwierig ist der stamm ehr in Ehre
und ehren wegen der silben er- und -er. jedenfalls aber wünschen
^ diejenige einfhchheit und Sicherheit der orthogra|fthie, die uns
OQnaequens nach der einen oder der andern seite hin bringt: ent-
weder mQgen auch hier die e ihr dehnungszeichen verlieren wie
alle indem vokale und die meisten übrigen e; oder sie sollen es
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152
Kritische notizen zu den oeachlüsseu
und ^Rum' ist event. eine andere Unterscheidung An und ann,
Rum und Rumm durchaus innerhalb der reformprincipien und ohne
dehnzeichen angezeigt, wie bei den und denn, wen und wenn. —
'Fahnden' mag mit anden (§ 12) und wert (§ 13) zum 'Monde'
in den § 6 wandern; mit fanden von finden werden wir es weder
im ton (§ 13), noch in der bedeutung verwechseln, ohne dasz des-
halb auch nur ein Tor (§ 13) besonders auf der Hut (§ 13) zu sein
brauchte; und verstehts ein kind im Märchen (§ 12) nicht sofort,
so werden ihm erwachsene nur einmal den Star (§ 12) zu stechen
nötig haben , damit es nie wider (§ 9) anstöszt und ohne eine Mine
(§ 10) zu verziehen richtig liest; hat doch der pflüg der re form, der
den schwarzen Mor-grund (§ 12) des Sprachgartens reinigt, eine
ganze Schar (§ 12) solcher wÖrter gebracht, tiber deren bedeutung
uns der Zusammenhang Wal und Qual (§ 12) erspart. — Das 'Bot'
= Vorladung ist zu selten, um uns das Boot = Nachen auch ohne
00 ins falsche fahrwasser zu steuern ; und hat der Bote neben ersterm
einsilbigen neutrum platz, so würde er event. wol auch nicht leicht
für einen Nachen oder ein Bot angesehen werden können , welches
ihn etwa trägt, wie er ja jetzt auch einmal als gerichtsbote ein 'Bot'
zu tragen haben kann. — Der Ur ist in Deutschland selten und ge-
hört mehr der keltischen 'Urzeit' an, so dasz er heutzutage an
* Uhren' wol wenig unheil stiften würde, wenn man auch letztere
äuszerlicb noch um ein h verkleinerte.
§16: h als — verwandtschaftszeichen! nachdem die
moderne reformgesetzgebung das h zuerst als dehnungszeichen,
event. demnächst auch als ton- und sonderungszeichen in die acht
erklärt hatte, weil es veraltet sei, versucht h nun, nach § 16 des
gesetzbuchs und gemäsz der modernen abstammungstheorie, als
'vererbte familienähnlichkeit' ein wenig deutsches bürgerrecht zu
behaupten, diese Schlauheit mag ihm da zu statten kommen, wo ein
wort, in dem h der silbentrennende überweiche kehlhauchlaut ist,
wirklich dasselbe wort bleibt , trotz der elidierung eines vocals oder
gar eines diphthongs: also in den dreien Bühl, zeh'n und Oh m.
— In allmählich = allgemachlich wird die sache schon schwie-
riger, zumal hier die Volksetymologie der gebildeten beim tagtäg-
lichen gebrauche des Wortes alle mal ein wenig mehr auf allmälig
zutreibt. — Dasz dagegen event. von drehen und nähen Draht und
Naht, von nehmen nahm, von stehlen und befehlen sogar stiehl
und befiehl: letztere im gründe sogar mit zwei bis drei dehnungs-
zeichen ! geschrieben werden sollen : das halten wir denn doch von
Seiten des Darwinschen rudimentären h für eine unerlaubte rechts-
erschleichung. wir haben oben schon ähnliches wachsen oder schwin-
den innerhalb der verbalstämme gezeigt an schrecken, schrak, gehen,
ging, treten, tritt, treffen, traf, backen, buk; wie hier c oder f oder
h usw. fehlen oder zutreten musz , so ist auch oben h (event. auch
noch das ie dazu) überflüssig; erkennen wir, dasz schrak, traf von
treffen und schrecken, ging und stand von gehen und stehen ab-
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der Beiliner ortbographiaciien conferenz.
168
stammt, so werden wir auch in nam und stal (event. stil) nehmen
und stehlen wiedererkennen, wie jetzt schon nehmen in nimm und
genommen, da die sprachliche descendenztheorie unsern blick für
die öhnlichkeit gröszerer Verschiedenheiten geschärft hat. — Nach
demselben grundsatze wie Mahd, Draht und Naht müste auch
Blühte und Glüht wegen blühen und gllihen geschrieben werden;
sind diese (§ 13) gefallen, so müssen jene hier folgen. — Mahlen
endlich dürfte wol auch immer ohne h stehen (*in beiden bedeu-
tungen' vgl. § 12 u. a.), ohne dasz man deshalb den mtiUer am ge-
mälde oder den maier in der mühle und am iiiebl suchen würde;
zumal das eine im particip stark, das andere schwach geht, gemalen
und gemalt. — Eher vielleicht noch als Mehl mit h würde manM&l
mitfi wünschen — wenn der laut nicht geschlossen wäre.
So viel über kürzungs- und dehnungszeichen ! wir wiederholen,
dasz wir selbst die dehnzeichen aus den früher angeführten gründen
nicht grundsätzlich verwerfen, sondern ihre consequente anwen-
dung überall da wünschen, wo sie *der rede hülfe thun', wo ohne
sie die dehnung und betonung unklar und verdunkelt wird, vgl.
Verbandlungen' s. 119. wir können uns aber auch sehr wohl in die
reformprincipien der conferenz , die fiaumer selbst noch nicht prak*
tisch angewandt wissen wollte, hineindenken, soll aber diese radi»
calere, vorwiegend die schrift vereinfachende und erleich-
ternde reform (nicht jene conservativausbauende nnd zugleich
mit der schrift das lesen verdeutlichende und durch gleichmäszigkeit
der behandlung erleichternde reform) statt haben, so möchten wir
auch sie thunlicfast conseqnent durchgeführt wisMn; damiti
wenn wir die deutliohkeit der schrift, wolche die eiiie refocm
anch dem lesen des gesebriebenen verspricht, missen (ygL
verh. s. 119) müssen: wir wenigstens die gleichmttsaigkeit und eiB-
fftchheit der orthcgrapbie erhalten, die beide reformflii dem nieder-
schreiben der spraobe bieten können«
Wir erstreben also :
A. betrefi[d der dehnungszeichen 1) zunächst consequente er-
kennbarkeit der qnantität aller silboi; 2) sollen aber die dehn-
zeichen bei den betonten Toeelen fallen, so möchten wir sie aneh
conseqnent bei keinem andern vocal beibehalten e^en« 3) solkn
sie dagegen bei den 'oft unbetonten' alt aeeent« oder ton-
zeichen beibehalten werden, so mögen sie consequenter weise
wenigstens nur bei e bleiben, wo ne allein wirklich tonzeichen
lind; denn bei i sind dehnseichen ebenso gut und ebenso schleefat
entbehrlich wie bei a, tt, o, 0, n, ü; i ist fast niemals unbetont, so
gut wie die Raumerschen sechs vocale. 4) und sollen nun endlich
<Üe dehntonasioben bei e bleiben , dann wünschen wir als letzte oon-
■^^Sneitt, daae sie «och bei allen betonten e bleiben: auch da, wo
sie noch schwanken; ja dasz sie da, wo sie schon fehlten, wieder
glaubt und hergeetellt werden mögen. — Kurz: dehnzeichen
bei allen vocalen, oder bei keinem vocal notwendig;
M.Jdulk.f.ph».a.pgd. ILabt. ISIS. hu.«. ü
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1
154 Kritiacbe noüsen sa den beschlüBgen
to&zeichen sind höchstens nur bei e, dann aber ml
bei allen e erforderlich!
B. betreffs der phonetisch berechtigten kttmingsseichen aber
wünschen wir auf alle fälle , und um so mehr als gegengevieht, je
mehr die debnseichen schwinden sollen, 1) conseqnenies fest-
halten aller berechtigten doppelconsonanz, also ins- >
besondere 2) entscheidung fttr verdoppeliuig in allen sdiwankendei
ftllen und 8) erlanbnis der rttokülfaning oder einftthning deneliMi
auch da, wo sie nach der ausspraehe und lebendigen Terwsndtecliift
stehen konnte.
C. und ebenIftUs auf alle fUle und um so mehr, je mehr dd»
und tonseiohen auch bei e fortfallen, wUnsehen wir, da das eim^
e in der ihat oft unbetont ist, mOgUchst einflihrung, resp. nvOek-
fllbrang des ft statt jedes betonten e (und äu statt ea), wo
die phonetik (ton und offene ausspräche) und dienlks-
etjmologie (offenbare Verwandtschaft und anlehBug
naeh Shnliohkeit) diesen allseitig und ▼ollkomm»
bestimmten yocal statt des fünffach unbestimmtei
(bald betonten, bald unbetonten, bald offenen, bald
geschlossenen, bald langen, bald kurzen) e nur ebei
gestatten; wie denn auch bei e insbesondere die notwendigkeft
der doppelconsonanz am einleuchtendsten ist.
Ja, wenn wir bedenken, dasz auch o und ö und das betonte
(wie das unbetonte) e bald offen, bald geschlossen gesprochen
werden, ohne dasz diese Verschiedenheit in der schrift ausgedrückt
ist, z. b. offen, Ofen; öffnen, Öfen; wessen, wesen; quer, sehr;
Schwere, Schere (er- und be-, -en und -e); dasz femer umgekehrt
das an sich stets offene ä, besonders in städten, gar häufig wie ge-
schlossenes e gesprochen wird, z. b. thätig wie thetig, schädlich wie
schedlich, Ärmel (sogar bei herrn von Raumer, verh. s. 67 anm. 2)
wie Ermel: so möchte man beim vollständigen wegfall aller
und jeder dehnzeichen auch alles und jedes betonte e
in der schrift durch ä wiedergegeben sehen, alsdann wSre
unbedingt jedes e stets unbetont und stets nur ein halber vocal, ein
auf die tonlosen vor* und nachsilben beschränktes kateph; die sieben
anderen vocale aber a, o, ö, u, ü und i wären immer yoUe, be-
tonte vocale. fttr die einage kleine graphische neuerung, dasz der
buchstab ä nunmehr (wie o und ö) mitunter geschlossen -e sa lesen
wäre (z. b. in entärt statt entehrt) mag es uns entschädigen, dasz
der betonte offene ä-leut nicht mehr wie jetzt verschieden , bald e
bald ä geschrieben zu werden brauchte (z, b. in Pferd und i^hrt^
Herd und nährt, retten und glätten, kämmen und hemmen, Hände
und wende, Wände und sende, 2fänner und Benner, Bälle lod
bellen) , dass femer wir nie mehr in gefahr wäreUf ein tonloses e m
betonen, oder umgekehrt (z. b* in Gebet, entert, erblich, Erblassert
ererbietig, Semmdmel, ergebenster, bescheren, vereren, jedoch, in*
des, Geleise, Italiener, Ingredienzien, behende, eilende, getoa^t
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der Berliner oifhographiBolieii conferani.
gellender, Beschwerde, Oeberde ii8W.)i clas2 endlicb also der letzte
gnind, irgend ein dehntonzeicben beunibehalten, in sich selber voll-
ständig dahinschwindet. — Kurz, die wiedergäbe jedes be-
tonten ä- und e-lautes durch den (= o und ö bald of-
fenen, bald geschlossenen) buchstab ä, die einschrän-
kung des buchstabs e auf den tonlosen ä- und e-laut
(in den fast zeitlosen vor- und nachsilben) erscheint
uns als die letzte consequenz der von der conferenz
in die praxis gesetzten Baumerschen entdeckung
ständiger tonvocale und zugleich als die einzig
mögliche und wtinschenswerthe regulierung 'unseres
jetzigen verworrenen schreibgebr au chs ' der buch-
staben e und ä (vgl. verh. s. 66): eine regulierung, die uns
jeder notwendigkeit, den ton durch accente zu bezeichnen, vollstän-
dig überhebt, auch für den fall, dasz alle dehnzeichen gftnzlioh auf-
gehoben werden«
(fortsetznng folgt.)
MaUAWSIXiBB BSX DÜBBN. P. DiDOLVF*
16*
C.HEXABVB, HOMEBI80HB8 BLBHBNTABBUOH* ZÜB BIMFOBBÜNO IN
DIE HOMERLEGT ORB ZüSAllMENQESTELLT. Berlin, Q, Grote. 1876.
VI o. 80 8.
Derverf. dieses bttehkinsy dessen gittster teil auch ostem 1876
als Programm des gymnasiums zu Hamm ersehienen ist, will davoh
dssMlbe die einftthrnng des sditllers in die Homerlectüre erieiehtera.
M ist aber nidiit» wio das ^griediisohe demeatarbaöh ans fiEomer*
ra H. L. Abrens ftlr den aiifiulgBimteraoht in der griecbiscben
spiMlie ttberhanpt bestimmti 80B»ten es ist für den gebrauch in
obortertia gesduieben, in welcher nach des Tsrf. ansieht um
neiQalir, nach erkniung der gesamten attischen formenlehrey die
HomedecMie entsprechend dem lehigang der secunda abweohsehid
aut dem ersten oder dreisehnten buche der Odyssee beginne&
lolL m dkeem sweoke bietet der rarf • den obertertiniem als ersten
abedmitt die nötigen metrischen und prosodischen Yorbegriffe, so-
duDi ein Tocabular nebst grammatischer präparation zum ersten
mid dreisehnten buch der Odyssee , sowie einen abrisz der epischen
fonaaikhre, welcher 'den nach untersecunda versetzten schüler als
fPWnatisches vademecum begleiten soll, um im laufe des ersten
J*lliJBBCursas der neuen classe zum geistigen eigen tum zu werden'.
W den metrischen und prosodischen vorbegriffen und in dem abrisz
dar formenlehre ist vorwiegend auf buch I rücksicht genommen und
WS diesem die beispiele gewählt, das vocabular bietet bei buch I
^ die ersten 50, bei XIII für die ersten 100 vei-se alle bei einem
11*
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156
0. Beraeoss Homerudiet etemeatarbnch.
ob«rteiiiaiMr als unbelcaimt yoNnssusetaandeik Tooabebi, beaduiidii
ndi äuai aber *auf die angäbe sokber gewählterer aaedr&oke ftr
die übersetKnng, weldie der lehier unabbingig tobh speeialwM»*
bwb als die fttr den nnterriebt featatehende wor&edeoixmg adopiial'
dasselbe aoU im anfimg der HomerleetOre, wo der Idbrer ja dea
aofatQem die eigeatüebe prftparatioii noch abnebmeii und sie ent
dam anleiten mid fiKhig machen mvss, bei dem schüler das auf-
finden und einprägen fiülsoher bedeatongen nnd nadiher das nm-
lemen verbttten nnd den lehm .der mfibe des dietierens enttiebeB
nnd dadordi, dasa der sehttler das yocabnlar nnd die fonnenMi»
fest lemt nnd *al8 eisernen bestand seines wissens' in die seeimda
mitnimmt, die benntcnng Ton sobSdlichen hlll&mitMn Terbttten.
Ohne frage kann man mit solcher absieht im prineip sehr
wohl Unverstanden sem, die praxis allein kann imd mnsz est-
sisheiden, ob der erfolg den erwartmigen entspriobt nnd der mit
diesem elementarbndi voigebildete schäer nicht doch später wieder
zn sehftdliofaen bfilfismittebi greift, jedenfalls spricht allein schon
das erscheinen dieses ans der praxis der schnle berrorgegangeneii
> btlchleins fttr die richtigkeit des principe nnd ref. ist ancfa der mei-
nung, dasz es an gymnasien, deren tertia geteilt ist, mit nnlioi
wird ^gebraucht wenden kOnnen, freilich mit einer einsdirfinknog,
welche sich nodi ans der folgenden erdrtemng ergeben wird.
Anders stellt sich aber nach des ref. ansieht die sache an sol-
chen gymnasien , deren tertia ungeteilt ist in einer solchen tertia
mttssen wol alljährlich etwa von ostem bis nenjahr einige hundert
yerse aus Homers Odyssee gelesen werden, yieUeiiobt in 2 — 3
wOchenflidMn stunden (bei des Yer£ anseisang Ton 4 wöchentlichen
stunden dafttr in obertertia musz dann die pvosaledttre ganz oder
doch &8t ganz fOr das quartal ausii^en?). bei einer aolchen ein-
Hohtnng ^rird man nun ein soldiee btüftbucfa nioht bedttrÜBn, wie
es der verf. geboten: das glaubt ref. ans mehrjähriger erfiahrung
bezeugen zu kSnnen. die Obertertianer, welche also je zum zweiten
mal an den Homer kommen, werden von an&ng an etwa 6 — 6 Tcrse
zu hause präparieren kOnnen; diese werden dami in der stunde wort
flbr wort und genau durchgenommen, wobei skk die Untertertianer
die nötigen netizen zu machen mid diese für die £(>lgende stonde
ehnuprägen haben, somit bat dann jeder tertianer jedenfolls fast
zwei buch er Odyssee gelesen, wenn er nach H kommt, und ist
sofort in der neuen dasse im stände , den in der Homerlectttre an
ihn gestellten anforderongen yOlHg zu genügen, die Obertertianer
werden bei der prftparation ausser der grammatik aUerdings
mdstens ein specialwOrterbuch gebrauchen — das kann reL aber
nidit fttr schttdlieb und Terdecblieh halten, freiladi kommt nnn IBr
die einfilbrung des sefalUers in die HomedeetOre s^ yid auf die
grammatik an, wekhe dem griechischen Unterricht von anikng zu
gründe gelegt ist. an allen den sdiulen, an welchen eine auf grund*
läge der vergldchenden Sprachforschung bearbdtete griedusehe
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CHttMMni: Bomeriidw €i0m»tarlmch> 157
gnanmatik gebraneht wird (namvBÜliflh yod durtins od« lOdltr-
f iftttmiinn), da wird iaxAi der ttbergang Yon deratÜMdien prosalectttrt
warn Homsr Idoht maehett» und £k uiti wi« ref. glaubt behaupten a«
dürfen, der Yom yerf . gegebene abriaa der epiaehen formanlehrä tibep»
flilaaig und aneb daa Toeabolar und die grammatische präparation
entbelirlich. nach diesen grammaüken haben die sohttler, wenn sie
an den Homer herantreten, die entstehting der formen in der
deolination und conjugation kennen gelernt, so dasz gar vieles, was
bei Homer ihnen aufstöszt, nichts befremdliches für sie hat, und es
emer besonderen durchnähme Homerischer oder epischer formen-
lehre nicht bedarf.' formen wie dövxac I 22, vr|)i€pTea I 86, (p\\r\-
ceai 1 123, ve/iecnceai I 158, eipnai I 188, olbac I 337, ^piKub^a
Xm 26, aXtea XIII 90, vu|ii<pdiüv XHI 104, vöoc XUl 202, dvei-
p€ai xm 238 und unzählige andere sind dem schüler aus dem
grammatischen Unterricht als ursprüngliche, eigentliche oder als
durchgangsformen längst bekannt und geläufig und es bedarf mei-
stens nur einfacher hindeutung auf dieses schon bekannte, keiner
weiteren erörterung; während der verf., welcher sein büchlein vor-
nehmlich für solche schüler berechnet hat, die bisher nur attische
formenlehre gelernt haben, es fast jedesmal, wo eine solche form
aufstöszt, für nötig gehalten hat, die form zu erklären, 'offene form
flir — ' oder ^attisch', sogar mehrfach dieselbe form wiederholt,
z. b. vcMecriceai I 1Ö8 und 389, vöoc XIII 202 und 255 u. a.. die
den Schülern noch unbekannten abwaLohungen des epischen Sprach-
gebrauchs vom attischen finden eich in j^en (Grammatiken inuner
an den batreffendaii ataUan Tarsaichnet, ao daaz dar achttlar mit
^er grammatik ganz wobl amikoiiimi»
Doeh allen den lehrern, welche noch aaah alter methode an-
fangs nur die attische formenlehre lernen laaaan, mag das bück*
lein sehr erwünscht sein und wird ihnen gewis nütiaa können —
wom anch sie in IH abwechselnd buch I nnd XHI leaen« ond niohti
wie mit recht YiaUaeb IlUiob iat, abaebnitte aoa der ai^. 'klainan
OdjBsee'.
Betrachten wir mm noeh daa vom verf. gabotane ein wenig
nihar, ao aeheint dem raL daa, waa ala 'matnaäie und proaodiaehe
^erbegritta' gegeben iat, fUr den adhtüer an geaOgen; ja manche
^bitaktttenTiälmehtnoeh weigMLen kOnnan, danaehhar bai jedem
wa dar beidan bttchar, waioher an metriadian bamerkungan anhu»
W^^i mit recht anf den anb^reehanden paragraphen snrttdETarwiB-
Miiai
In dem Yocabiüar mid der grammatiaohan präparation aohaint
^ Terf. dam ref. in mancher beidebnng zu viel geboten zu haben,
^aaehdearef. mainung der Obertertianer aus dem grammatischen
* vergl. die bemerkungen des ref. in der anzeige der dritten anf-
• Aa^^*^ MüUer-Lattmannf grieclu grammatik in diesen Jahrb. 1877
460 f ,
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158
C. H«Ea0ai: HömeriacliM elementerbiioh.
Unterricht (wobei doch vocftbe]ii gelernt werdral) imd besonden
ans der Xenophonlectüre wol etwas melur Tocabeln und phnaen
mitbringen mflste, als der yerf. bei ihm voranssetzt. das ist ja nur
ein subjectives urteil, darum mag es gestattet aein , dasselbe
diirA einige beispiele zu begründen, so gibt der verf. die beden-
tnng von vooc I 3, dXtoc I 4, ical i\\i\y 1 10 (und wieder xai ouroi
I 33. 251. XIII 75 u. a.), TidvTec 6coi I 11, okoi I 12, auTÖv I 39
(und wieder 130), CTfj I 103, oixexai I 242, baic I 26. XIII 23,
IXa^€iV Xm 23, ebp6c Xin 55, jidnap XUI 55, rnpac Xin 59,
und von vielen anderen Worten; selbst von 6c, fj, 5v I 4, 19«
41, 78. XIII 52, 90.* auoh 6tou glaubt der verf. einem ober«
tertianer noch erklttren zu müssen, 1 124 ^d*i, oOtivoc^, desgleichen
Xpi^i und seine bildung 1 124. dasz der verf. Überhaupt wenig b«
dem Obertertianer ▼oranasetitt beweist femer die wortreiche fassung
maneber bemerknngen; so wenn ea an 1 341 heiaat «CTf)d€CO dat. pl.
vom nominaletamm crnOec, nom. CTf|6oc brnat» oder zn XiliBl
«böprroto ep. gen. für böpnou von 56piroc oena abendbrod», za
Xnr 80 cetera • . • von dtxt prope, dccov proprins», Xm 160
cxetättci , . • S pl. zu Y^TOva, t^ovac, t^tovc, t^o^cv, t^cteCi
IfCrÄao» naw. — Dabin gehört auch der nmatand, dass dieselben
erldSrangen aieb mehrfach wiederholen, waa ganx untecbleibea
könnte, oder wofür doeh Verweisungen 'genügen würden, ref. be-
gnügt deh auch hier — wie überall — mit anfiOhrang einiger bei*
apiek, welche sieh mit leichter mühe Terviellhehm lassen, ao ki
idn erklSrt 1 22 nnd SOS, «MMCvm 1 33. 215, 1x^1 ^3. 198, kMoc
I 95. 283, Totoc 1 223. 257, ^tv «attiadi aöidv, aMv» Xm 58.
422, daswiachen «|itv » aÖT^ XTTT 163, o{K5vb€ XTTT 17. 125
nnd dann wieder t(ic€ip5v5€ Xm 116 niw. faat am ausgiebigsten
eeheint der demonatrativisehe gebraudi des artikeh erwiihnt sa
Bon; da findet eich z. b. tö «attiaoh toOto* Xm 159* 339, tf)c
catlaaoh TOiiinict XM 162, rd^ «attisch toöti|j» xm 33. 79, rdv
«attisch toOtov» Xm 3. 139, «attiaeh w&twi» Xni 372. 439,
et «attisch oiSroi» Xm 78. 113, Td «attisch TttOrat Xm 20. 41.
122. 178. 369. 370, TOlav «attisch TOÖTOtc» XUI 171; 6ine ni-
sammenfusende bemerkong hStte da doch gewis graUgt. — Aneh
die aaftthrong der formen nmegdmSssiger verba schdnt dem reC»
an manchen stellen überflüssig, so dte dmr modi des aor. n dpöfn)V
1 5: T|^. 1 125. 136. 138. 141. 188. 278. 391, Xm 170 nnd sonst
ebenso ist wol der getomdi Ton ol für aÖTtli, I für iv{h:5v, wmnf
der verf. z. b. 1 17. 37. 62. 321. 434, Xm 13. 66. 109. 120 hinr
weist, bei jedem tertianer als bekannt yoraossoseteen, zomal da
doch anoh der verf. zu 1 17 den attischen gebraach erwihnt.
An manchen stellen gibt der yerf. £e dentsche, an manchen
die lateinische bedentnng des griechischen wertes, an manchen aber
* za I 4 schreibt der verf. öc, i^, 6v (4öc if\ ^öv), XIII 52 k^t
i6y und de, f), 5v.
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C. Eem&oBt Homeriadbai elementttlmolL
159
anöh, und auch das meheint dem nf. wmötig, die latemieehe und
deotecbe, so 1 11 odinic, praec^s, jäh, 6Xe9poc, penMeSf Terderben»
IISiOEXPnM^voc, indigens, deäämmB^ d^ Yeimisite, Mi sehnte^
XIH 31 Ujpiiec, 00110, abeadlurod, Xm 82 gar: iporpov, amkum^
pflüg n. S. aadersr art und m billigen tat es, wenn bei Tereehie*
denen bedeutnngen eines Wortes das lateiniscbe zur yergleichung
und zur erklärung herangezogen wird, wie z. b. I 14 ^puxeiv
1) retinere, bei sich behalten, nicht fortlassen; 2) inhtbere^ auf-
halten, hemmen; 3) arcere^ abhalten, abwehren, oder I 123 xaxQt
1) z\im Willkomm == salve heil dir; 2) zum abschied = vcde lebe
wohl (= Ippujco) usw.
Gewis wird man nun lieber ein zu viel hinnehmen als ein zu
wenig, da jenes zur repetition immer ja nützen kann , und so will
. denn auch ref . mit der anerkennung nicht zurückhalten , dasz in
bezug auf formen- und worterklärung wol kaum etwas vermiszt
wird, während manchmal die sprachlichen bemerkungen selbst zu
weitergehenden vergleichen, zu sorgfältiger beachtung der formen-
bildung und -ent Wicklung den schüler vielfach auffordern und an-
leiten, bei verschiedenen oder zweifelhaften erklärungen eines
woi*tes finden sich dieselben aufgeführt, so z. b. zu TToXuTpOTTOC I 1,
dpT6i<pövTr|c I 38, TXauKUJTTic I 44, vecpeX^Y^pcia I 63, dipuTeTOC
I 72, eiXiTTobec I 92, eXiKec I 92 (wobei aber die früher von Ameis
gegebene erklärung *sich windend* nicht erwähnt ist), f ouvöc 1 193,
ctvÖTTaia I 320, Kebvri I 335 , dpiiipoc I 346 , dXqpnciric I 349, kou-
piöiocXlII4ö, ^fitoc XIII 73, TpriTÖC XHI 77 usw. — An manchen
stellen ist sclur paseend auf die yoxangegangene Xenophonlectüre
verwieMm, so zu etvai ä 1 33, zu toO bei l^jüievai I 216, Tic
aaneber Xül 167 usw.; anoh citate aus dem lateinischen finden
sich, so aus Oioero I 318, aus YergU XIU 34. 242. 274, ans Horn
JUli 242 usw.
^ooh mOgen einige einzelheiten hervorgehoben werden» in der
bemerkung zu I 3 (und ähnlich XIII 3) 'der gebrauch des augments
ist bei Homer faeoltaiiY für den indicativ der praeterita' dürften
die letzten fünf werte wol ganz fehlen und statt *facultatiy' ein
deutscher amdmek gesetzt werden (Tergl. foimenlehre % 16, !}• —
1 5 war, wenn die tempora Ton dpvii|iai überhaupt angeftthrt wer-
den sollten, hinznsufilgen, dasz dieiBeUien von aIpo|yiot gebildet wer*
den (veigL Krüger § 40). — I 6 wird bemerkt *der hiatus von
i^iam reoht&rtigt sich [durch die nachwirkung des ursprünglich
Mhatenden kehlaspiranten j {at je, der redupliciert j\j€ gibt)
, sowie] durdi die bucoL diftresis' ; mandier tertianer lernt (z.b. nach
Mtlllw-Lattmann) , dasz der stamm T<m Ti||ii eigentlich C€ gewesen,
dann l geworden sei. — Ob die bsmerkung zu 1 8 *die lOsbare
pi^». Kcrrd Tcrbinde adverbial mit ficOiov (tmesis)' einem sclittler
l>ei der prSparation verständlich ist, bezweifelt ref.; wSre da
lucht gleich eine allgemeine bemerkung über diese sprachliche er^
*Aeiuung am platze? und immer noch der alte standpunct der
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160 (XHeneat: Hinneriechet elementubaoli.
tmeais? ein Obertertianer yenteht auch eehon die richtigere ft>
USronff. — Zn I 12 heiszt es «oficoi wie Xen. an. 1 1, 10 ««i demi,
auch oncoOi», zu XIII 42 aber coYkoi ein alter ortseasns (locsli?)
ämi»\ da werden also die beiden jahrgSnge der obertsrtisiier 7s^
schieden behandelt. — Zn drifjvujp I 106 genOgt eine yrwsisuag
auf I 53. — Die erkUbrnngen zn &XXoc I 128 und sn ^Vficr^poiv
1 138 — an beiden stellen bandelt es steh nm dXXoc aosserdem
— sind in tönt gnsairnnensuriehen. — Za dem I 251 ttber den ge-
braneh Ton Td^tt In der prosa bemerkten vergl. diese jabrb. 1877
8. 462. — In den bemerknngen sn XTTI wird meHuüack auf die sa I
verwiesen; das hat doch nnr fttr solche — übersitxende — obov
tetiaaer werth, wel^e schon Odyssee I gelesen haben, wenn sie sa
Xin kommen? — Xm 68 zn l^eco (vnd I 24 sn bucöfievoc)
heisst es 'ein medialer aorist, der das c des aor. I mit dem binde-
Toeal des aor. II Terbindet (mischaorist)*, dagegen wird in dar
fnrmenlebre § 19, 4 gelehrt *manöhe aoristsi meist mediale, vm-
binden das c des aor. I mit dem binderoeal (flexionsyocal) dei
prftsens Stammes'; das ist wol ein widersprach. — Xni 185 m
ol wird yerwiesen sof 182, dort aber findet sich keuie bemerkung
darOber, sondern wieder nnr eine yerwdsnng anf 18 nnd 10, da-
dnrdi wird der sidilller nnr Tedertw
Zn einer ganzen anzahl Tsrse in beiden bticliem sind keine be-
merknngen gegeben, was an sich keinen tadel finden kann; aber
unklar ist dem ref. geblieben, welehe von diesen Tersen der^vev^
nidit mit lesen lassen wül; so findet sieh keine bemeiknng z. b. sn
I 97—101. 186. 844. Xm 248—245. 265. 266. 888—888. 891.
898—401; nnd in dem 'Terseiehnis der abweiehnngen Tom tezte
der Dindorfbchen ansgabe' s. 80 werden 1 97. 98. 185. 186. 844.
Xin 248 — 245. 265 t 888—888. 891. 897—401 beseidhnet als
'znsatz eines jflngeren — spSteren — rhapsoden% wShrend deck
viele andere verse aneh ohne bemeikangen geblieben nnd «ndere^
seits Ton den als 'znsats' bezeichneten sn 1 185 nnd Xm 897 be-
merknngen gemacht sind, nach des ret m«nnng sollten aber aooli
die in den sdMdausgaben eingeklammerten Terse mit gelesen wercha.
— An einigen anderai stelloi finden sieh in den bemerknngen aaeb
andentnngen ans dem gebiete der höheren kritik, so XIH 12 'der
▼ers ist wol ans X 428 hier eingeschoben', Xm 185 C
Unter der Überschrift *foxmenlehre' wird eine flbersidit der
abweiehnngen der episdien von der attischen foimenlehre gegeben;
also werden z. b. g 5 die wbrte der ersten dedination mit ii statt d,
die masenlina anf ö statt anf t|C nsw. an^esShlt. diese znsamnwn-
stellnngen sind, so weit ref. imcbgepraft hat, yoUständig, natCblkdi
dem zwecke des yerf. entspiechend nnr fibr Odyssee I nnd XIIL
sprachgesohiditliche erkttrungen werden aber nicht gegeben, wie
8ies.b. § 5, 1 (Mer gen. masc geht anf <ni statt aitföo ans')} §6| li
§ 7, 1 nnd sonst vieUSsch am platze gewesen wttren nnd jedem ober-
tertianer Yerstftndlioh sind, statt dessen findet man § 12, 2: «epi«
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Von der GokUMKgwr latwiiiliiclien tohole. 161
sehe nebenformen sind: TCÖC neben cöc« Ut Hebende» usw.,
oder § 12, 6 «epische nebenformen des fragepronomtns sind fol-
gende: 8. g. T^o, T€0, d. T^qj, Tq), pL g. t^uiv,hI. T^oict». — § 15, 2
hcuil es, im attischen dialect habe nor der aor. II f^TttTOV redupli-
catkm; danach erklärt der yerf. aleo ^vctkov anden als MtlUer>
Lattmann s. 70, 5 «aus T\v-€VfKOV synoopiert», rem atanim ivcK. —
g 16, ^ stobt S6ev filr ftev. — Die in bndi I nnd Xm yorkommen-
dm eeg. verba anomala smd a. 79 nnd 60 Teneiohnet in alphabeti*
s^MT Mge mit angäbe der betr. stellen.
SeUiesBlioh bh neob bemeriit, dass die anaatattong des in der
Teabnersehen offiein gedmektsn werkcfaene nichts an wünschen Usst»
BaTannimfik Wilulk YoLLnucnr.
(18.)
VON DEB GOLDBEBGEB LATEINISCHEN SCHULE.
(schlnsi.)
Die letzten lebensjahre dieses Schulmannes waren noch voll von
schweren prüfungen. die hungersnot im j. 1552 und die pest im
folgenden jähr nahm ihm manchen lieben schüler, an dem das herz
des hagestolzen gehangen, er selbst wich nicht von seinem posten,
so gefährlich auch der aufenthalt in Goldberg wurde und so viel
ehrenvolle anerbietungen auch von auswärts an ihn ergiengen. mit
der kleinen Schaar treuer schüler, die bei ihm aushielt, flüchtete er
auf das höchste chor der kirche, wo seiner ansieht nach die luft
reiner war, und hielt hier den lectionsplanmäszigen Unterricht, als
aber an die genannten zwei unglücksjahre sich noch unmittelbar
ein drittes reihte, in dem die stadt durch eine verheerende feuere-
bnmst völlig in asche gelegt wurde , da schied er schweren herzens
^on dem ihm so lieb gewordenen Goldberg und siedelte mit seiner
Bchttle nach Liegnitz über , wo er von seinem herzog freundlich auf-
genommen ward, eifrig betrieb er von hier aus den Wiederaufbau
des schulhauses zu Goldberg, trotz seiner jähre wanderte er oft von
liiegnitz nach Goldberg hinüber, um sich persönlich von den fort-
scbritten der bauarbeiten zu überzeugen, aber er sollte die zurück-
Verlegung der anstalt nach Goldberg nicht mehr erleben, als er am
21 april 1556, es war der montag nach misericordias domini, früh
7 uhr in gewohnter weise die wodbe mit einer religionsstunde (kate-
cbase) begann, den 23n psalm auslegjbe nnd bis zu der erklärung
des auadmoks yom finstem thal gekommen war, traf ihn der schlag,
mit den werten: *ego Yero, auditores optimi, avocor in aliam scho-
W brach er zusammen und starb am fünften tage danach, seine
irdische hülle fand auf heraoglichen befehl in der Stiftskirche
Bi Johannis zu Liegnitz die ewige rohe, in der kirche zn Gtoldberg .
d>er wurde zum gedächtnis an ihn sein bildnis in der nfthe der
Baciisteithttre angebracht
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162
Von der Goldberger iBtmnianhwi •cbale.
Noch in seinem todesjahr konnte am 27 october sein würdiger
nachfolger, rector Martin Tabor, die schüler nach Goldberg zurück-
führen, aber der glänz der schule ist dahin, viele umstände wirk-
ten hierzu in ungünstiger weise zusammen, als im j. 1558 Tabor
das richter- und voigtamt der stadt erhielt (Trotzendorf hätte seine
kathedra mit keinem throne der weit vertauscht!), trat an seine
stelle als haupt der schule Heinrich Paxmann, doctor der medicin,
gleich seinen Vorgängern aus Wittenberg, der sich seiner Stellung
in keiner beziehung gewachsen zeigte, der herzog von Liegnitz ver-
mochte ihn deshalb dazu , sein amt niederzulegen und erhöhte hier-
auf die lehrergehälter dergestalt, dasz Tabor von 1563 an wieder
das rectorat übernahm, jetzt brach noch ein kurzer Spätsommer fttr
die schule an , aber im gründe zehrte man nur von der tradiüon.
liesz doch herzog Heinrich XI noch einmal die alte Schulordnung
Trotzendorfs drucken und tiberall eifrig verbreiten, ob er vielleicht
durch den namen des groszen rectors wieder schüler anzöge, aber
schon waren auch in vielen anderen städten Schlesiens gelehrte
schulen entstanden — in Görlitz 1565, in Brieg 1569, zu Freistadt
schon 1547 unter Joh. Qigas — und so liesz sich trotz aller an-
strengungen die schülerfrequenz nicht mehr heben, als gar 1579
Tabor starb, war der verfall der schule nicht mehr au£zuhalten. ein
lehrerwechsel , wie ihn selbst unsere generation nicht gesehen , risz
ein. allein das rectorat sehen wir in den folgenden 43 jähren, d. h.
bis zur schlieszung des gymnasiums, die wegen mangels an schülem
am 4 november 1622 erfolgte^ elf mal in andere bände übergehen,
(die rectoren waren: 1579— 1580 Helnuich, 1680—1582 Cirkler,
der nur zwangsweise das rectorat angenommen, 1582 Kiefert und
Auleander, 1583 Kiefert allein, 1583—1588 Sick, 1588—1589
Brettius, 1589—1593 Cmgems, 1593—1611 Feige, und zwar bis
1699 als rector, von da ab als bürgermeister mit einem prorector
zur Seite, 1611—1618 Güntber, 1618—1621 Melidene [Milde],
1621 — 1622 der sogenaimie oantor Yecbner^ tsas der geschickte
' ihm gebfihrt eigentlich der titel proreetor. Vechner (geboren zu
Goldberg 1672) war nemlich zweimal am gymnasium seiner Vaterstadt
thätig, zuerst als cantor, von 1598—1610, in welchem jähre er einem
ruf« als rector nach Jauer folgte, und dann als prorector von 1618 [er
trat an demaelben tage in sein neues amt wie der rector Jon. Melidevs
8. Melidatfus] bis rar tcblietrang des gyninaBiams. er blieb dann in
Goldberg als Privatmann wohnen, und wie er der söhn eines Ooldberger
bürgermeisters war, so finden wir ihn im j. 1626 in den fasti Gold-
bergensium als Senator et pröconsul aufgeführt, dieses amt hatte er
bis zu seinem im j. 163S in den tbermis Uirsbergensinm (Warmbmiui?)
erfolgten tode inne. Tgl. Jo. Micb. Hensinger In der vita DanieUi
Vechneri in der von ersterem (Gotha, Reyher) veranstalteten ausgal»«
des wohlbekannteu Hellenolexias des letzteren, doch irrt Heusinger,
wenn er Mildes rectorat bis zur schlieszung der anstalt ausdehnt, über
die zahlreichen werke Vechners und über seine Verdienste als pbilo-
, löge und Bcbulmann siehe die Ton Heudnger in dem eitierten buch so:
sammeagestellten urteile.
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Von der OokLbeig«r latwniMhen acluilA
163
Wallensteins bekannt, mit den reohten flines recton.) im j. 15dO
hatten alle lehrer di« sdmle yerlassen und andere eintriglichere
stellangen flbemommen, bis auf den rector, den caiitor und den
katecheten. um die schule wieder in die höhe zu bringen, eeben wir
den henog, die stadt und das lehrercollegium alle anstrengungen
macrhim ' aber es wurden zum teil auch recht absonderliche mittel
ga dsasem zweok gewählt, so hatte der rector Siek den plan , das
gymnaeiiun in eine Universität za yerwandeln; und im j. 1699
machte man den reotor zugleich mm bOrgermeister der stadt , um
ihm zu gamtdn der schale einen desto gröszem einflusz zu yer-
8clia£fen. zu noch grOnerem unheii raffte die pest im j. 1613 einen
thell der schüler hinweg und ein neuer brand legte 1614 das schal-
gebäude abermals in asche.
Als im j. 1622 die schule als gymnaeiam geeehloeson wurde,
errichtete der herzog in Liegnitz ein gjmnasium, während die Gold-
beiger anstalt hinfort nur als lateinisehe schale bezeichnet wird,
hier ist der beginn der dritten periode. an eine gedeihliche thätig-
keit war zunächst nicht zu denken, die stflrme des SCjÜnngen
krieges und die verheerenden krankheiten dieser jähre lieszen es
trotz aller lELrsorge, die auch jetst noch fort und fort die edeln her*
z5ge von Idegnitz der Goldberger schule schenkten, sa keinem auf*
Schwung kommen, war ja einmal ein tüchtiger reotor gewonnen,
wie im j. 1635 Job. Fischer, der sich daroh reorganisation der
schule za Schmiedeberg in Schi, einen namen gemacht hatte, so
muste er doch bald wieder den für jene thenem zelten unzulänglich
dotierten posten aufgeben, an verftigungen der herzoglichen kam-
mer behufs besserer dotierung der lel^erstellen scheint es nicht ge*
fehlt zu haben, auch zeigte sich der herzog selbst im Interesse der
schule zu geldopfem immer wieder bereit, so bestimmte er 1659,
dasz der rath zu Goldberg von den jährlich an das fttrstliche stift
zu Liegnitz zu zahlenden 312 thlr. 20 gr. schulzinsen 150 thlr. znr
bessern besöldang der lehrer behalten mOge. Uber den betrieb des
unterrichte in dieser zeit fehlen ans nadurichten* nur eine ver-
fttgaag des hersogs Ludwig vom 7 febniar 1668 ist bekannt, wel-
* iHusr verordnet, dasz an der latsiniseiieii schale *ein gleichmäsziger
methoduB mit der forstlichen schule (d. i. gymnasiom) in Liegnitz'
inae gehalten werde, damit, wenn bttrger ihre sOhne in letttere
flberipihen Hessen, '^ese schon des methodas gewohnt wären and
beeser fortkommen mOehten.'
Mit dem im j. 1675 erfolgten aassttfben der piasten von Li^g-
iiitz-Bri^*Wolilaa verlor die schale eine tatel, &9 mit eilbr stets
ihr wohl za belBrdem gesocht hatte, von nun an erfolgten die be-
mftmgen des reetors and der lehrer durch die Malteserordensritter,
die, wie beispiele zeigen, bei der austtbong dieses redites nicht im^
mer im einvernehmen mit der stadt und, was schlimmer, nicht ge-
rade im Interesse der schale verfahren, erst unter der preoszischen
herschaft fängt die anstalt wieder an sich langsam zu heben, die
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164 Von der Goldberger lateuuschen Bchole.
Stadt, die nun wieder die lehrer beruft, gewann auch wieder interesse
an ihr und baute 1767 ein neues schulhaiis. nun bleiben rectoren
und lehrer der schule wieder länger erhalten, in der regel wirken
in dieser periode auszer dem rector nur drei lehrer, in den jähren
von 1687 — 1693 jedoch vier, ebenso viele auch in diesem Jahr-
hundert, die namen der rectoren an der schola senatoria, wie sie
jetzt auch genannt wird, waren: Wisaeus 1623 — 1631, Moser bis
1634, Fischer 1635, Klimke bis 1644, Pimer bis 1646, Eeimann
bis 1652, Haidorn bis 1659, Sperer bis 1665, Gottschling bis 1668,
Thilo bis 1778, welcher einen ruf an das Brieger gymnasium erhielt,
Bapist bis 1685, Stiller bis 1687, Hein bis 1695, Schneider bis
1696, Neumann bis 1700, Scheidel, welcher nicht ein volles jähr
dies amt bekleidete, Vogel bis 1701, Reisel bis 1712, Stein bis
1718, Beisel der jüngere bis 1725, Hensel bis 1732, wo er nach
Hirschberg gieng , Zobel , der noch in demselben jähre einem rufe
nach Ghr.-Glogau folgte, Kunze bis 1754, Steinchen bis 1774, Hiller
bis 1775, Steiger bis 1788, Sutorius bis 1812, Grocke bis 1814,
Hoffinann bis 1828, Kaufmann bis 1836, Köhler bis 1839, Deutsch-
mann bis 1847, Gröhe big endo 1876, weleher unter allen rectoren
am Iftngsten amtiert bat.
Nicht nur sämtliche 52 rectoren, sondern auch die übrigen
lehrer, die cantoren und auditoren, bis zum ende des 18n j^r-
hunders waren litteraten und zwar in der regel theologen. einzelne
der rectoren und viele lehrer zogen sich in ihren späteren jähren
vom Schuldienst zurück und wurden pastoren, ein rector wurde
physicus, zwei bürgermeister der stadt Goldberg, einer verzichtete,
da er sich untauglich erwies, freiwillig auf seinen posten, ein anderer
(Melideus) ward wegen erwiesener Vernachlässigung seiner pflichten
mit schänden entlassen, viele giengen in andere schlesische schul-
stellen über, in die vacante rectorstelle wurde bei weitem am häu-
figsten von auswärts vociert, nur bisweilen rückte der cantor oder
der erste auditor in diese stelle auf.
Den mittelpnnct des gesamten nnteniobis bildete auch in der
dritten periode die imterweisong in der religion, und wir glauben
es gern , dasz die schale stete eine treue hüterin des evangeUschen
bekenninisses in jener gegend, «och nnter (teterreichischer berschaft,
gewesen ist. in dieser beziebung ist n. a. ein thema bezeichnend,
das 1729 der rector Hensel seinen scbttlem für den lateinischen
aufsats stellte: 'de reformationis Lutheri canssis*« zweiter gegen-
ständ des Unterrichts ist die lateinische spräche, deren pflege ist
Yom anfang des 18n Jahrhunderts an in stetigem sinken begriffen,
in dieser beziebung ist das album der schule interessant, indem es
eine allmttblicb abwärts führende scala in den kenntnissen der recto-
ren und der lehrer auf dem gebiet dieser spräche wahrnehmen läszt.
der im j. 1718 in das rectorat beförderte Reisel ist noch im stände,
eine voUstttndige gesehichte der schule in lateinischen distichoi su
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Von der Qoldberger lateimaohen schulo. 165
schreiben.^ aber seitdem werden die lateinischen verse immer selte-
ner, bis sie 1774 ganz verschwinden, femer wurden bis zum jähre
1782 die einftihrangs- und antrittsreden, sowie die valedictionen
Ton den lehrem nur lateinisch gehalten; TOn da ab in deutsoher
spiache. dem gebrauche der gymnasien jener zeit entspricht es,
dasz auch in Goldberg alljährlich ^ nnd zwar in der wellinaehtszeiti
lateinische dramen auf dem rathbanse aufgeführt wurden, daran
Stoffe in der regel der biblischen geeohichte entnommen waren,
aber 1746 wurde vom 2 — 5 august von den schülem der lateini-
BduBi sdiule das erste deutsche Schauspiel zur aufführung gebracht :
*^ entfCLhrte, doch wieder erlSste sdhlesisohe Helena*, man sieht
tAfngoiB, dasz sich die Gdldberger sohole von den gesdhmacklosig*
kflüsii dar pidagogik jener tage keineswegs frei hielt
Je mehr xran das lateinische znrttok trat, desto mehr gewann
dsr Unterricht im rechnen an bedentong, was Yon den scUidhten
bflrgem als eine nfttdiehe ftndemng des lehrplanes sehr anerkannt
wurde, im Semler-Heokersohen geiste schuf der rector Sutorius
den bisherigen lehrplan mit geschick um. es unterliegt woL keinem
nr«&l, dasz die schule, wenn sie in dieser bahn geblieben wSre,
eine zweite blttieperiode zu einer seit hätte «reidira können, wo es
an lealsdiulen noch fehlte , während die zahlreichen gymnasien der
Umgegend eine progymnasiale anstalt in dem kleinen Goldberg zu
süier gröszem frequenz nicht mehr gelangen lieszen. aber für die
«ntwicklung der schule fehlte es an klaren zielpuncten, und jeder
rector wies ihr eine andere richtung. Kaufmann legte wieder allen
nacbdnick auf den Unterricht in den sprachen, wie weit er es darin
brachte, bezeugt der rector Gröhe, der unmittelbar nach Kaufmanns
tode ein Vierteljahr den rector vertrat, damals wurde in der ersten
classe mit erfolg Livius und Vergil gelesen, der nächste rector
Köhler bog wieder in die wege von Sutorius ein , gönnte dem latein
nur noch je 3 stunden wöchentlich in den zwei oberen classen, nahm
aber dafür mechanik in den lehrplan auf und vermehrte die stunden
für das zeichnen, die anstalt konnte als vorbereitungsschule für
eine gewerbeakademie gelten. Deiitschmann reorganisierte aber-
mals den lectionsplan und brachte ihn in möglichste übereinstim-
Diung mit dem einer realschule. der letzte rector endlich, Gröhe,
gestaltete aus der schule ein progymnasium mit vier classen , mit
der modification jedoch, dasz er im rechnen und mathematik der
obersten classe die ziele der tertia setzte, in den sprachen, auch im
griechischen, nur die der qaarta, dafar aber der pbyük in der ober-
fiten classe, in den drei andern der natnrkunde zwei standen ein-
'^te, auch geeehiohte nnd geographie in den beiden oberen classen
. * ^ie hoch damals gerade diese fertigkeit im versificieren ge-
WnlUt wurde, zeigt u. a. die erzählung von der prüfung des rector
emzelmaim bei Heidemann, geschiehte des gymnaiiaaiB lam grauen
Ww»«r, Barilii 1874, g. IW.
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166 Philologische programme deutscher höherer lehranstalten.
m Tier stunden wöchentlioh nnterriehten liesz. so wurde ein doppel-
tes erreicht, den knaben die zum stodium bestimmt waren , wurde
eine solche Vorbereitung gegeben, dasz sie nach absolviemng der
ersten dasse mit bestem erfolg in die tertia eines gjmnasiums ein-
treten konnten, denen aber, die mit austritt aus dem schulpflichtigen
alter ins praktische leben tlbergiengen, fehlte es nicht au eijier
gründlichen allgemeinen bildung.
Was endlich noch die frequenz der anstalt in diesem Jahr-
hundert anlangt, so erreichte sie die höchste zahl im j. 1813, ncm-
lich 205. in den letzten dreiszig jähren besuchten sie durchschnitt-
lich jährlich 180 schüler, bei ihrer auflösung hatte sie deren nur
noch 64. unter den 5 lehrem der anstalt waren zuletzt noch drei
litteraten.
So hat denn die letzte lateinische schule in Norddeutschland
ihre Schwestern noch um ein halbes Jahrhundert überlebt (vgl. über
die aufheb ung dieser schulen dr. Mascher, das deutsche schul wesen,
s. 96).
Plebs. Badtke.
16.
PHILOLOGISCHE PROGRAMME DEUTSCHER HUHEBEß
LEHRANSTALTEN.
BxBLn. Sophiengymnasinm. 87 lebrer, 17 classen, 585 schüler im
Sommer, 576 im winter, 5 abitur. — Abb. des oberl. dr. O. Seyffert:
'stndia Plautina*. verf. stellt Asin. I 1, 66 eo für e^o, III 3, 1 aman-
tis für abeuntis her, II 4, 46 werden die wor^e anders unter die per>
Bönen verteilt, III 3, 117 bezweifelt verf., ob die werte amabo — eft
dem Argnrippus mit recht snerteilt weiden, dabei wird über den ge*
brauch von amabo gehandelt und dabei mit Scaliger most. 385 ambo
für amabo hergestellt, die worte amabo — est werden der Philenlum
zugeteilt, das folgende spricht Libanus bis clivom zu derselben und
vor iam ist enim einzufügen, dann v. 119 zu Argnrippus, doch ist da
posted mit phil. ans. 1870 8. 289 sn sehreilien, im ansehlnss dartn
behandelt verf. dann einige stellen, wo ihm die worte nicht richti|
unter die personen verteilt scheinen, wie Aulul. III 2, 9: quae res wird
dem Euclio gegeben, dagegen verteidigt er II 1, 27 die überlieferte
Personenverteilung mit fug. hier wird eingehend über Ita di fazint ge-
redet, weiter wird Gnrc. Y 2, 10 enim vero iraseor der PlaneBiom ge-
nommen und dem Phaedromne gegeben, dagegen Y 2, 29 wird der eitle
teil dem Curculio ab- und der Planesium zugesprochen. Poen. IIIS,
27 ff. sind die worte hic homo usw. dem advocatus zu geben, während
die Überlieferung sie dem Milphius oder Agorastocles zuteilt, in v. Sl
werden die worte qnaeio — immortales mit Brix dem Collybiscns ge-
geben, V. 80 wird geschrieben: abeamus: et voe: satis dictumst, so dasz
abeamus von Agorastocles zu Milphio, et vos sc. abite zu den advocatus
und dem Collybiscus gesagt wird und satis dictumst mit ^wir haben
genug geredet' zu übersetzen ist. Rud. III 4» 62 stellt verf. quin tote
her, im folgenden yene werden die worte id volo dem Lobrax gegeben,
wie im cod. Vet., v. 64 vermutet er iam für nam. Asin. V 2, 90 wird abitis
fiur abis oder hei. abiie geecbrieben nnd dadaroh vermieden , abi ülr i
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Pliüologiacbe Programme dentsoher höherer lehraostalten. 167
tnit Fleckeisen za schreiben, abitis ist von abitei;^ für abire. im fol-
^enäen yene wird hnmo in ibis potiiw gelesen IBr isimo intus potins. f
Pieckeisen liest mit anderem gedanken immo potius intro, wofür verf, <
lieber immo cnbitTim potius lesen möchte. Aul. II 2, 34 wird band für
noQ eingesetzt nnd damit mibi gerettet; eine ähnliche emendation wird
Vul. IV 8, 10 geboten, das genüge, um einen einblick in die fleiszige
and feinsinnige arbeit des yerf. au geben, weilten wir in gleieber
weise mitteiloDgeB ans dem ganien programm geben, so würden wir das
OBS geseteto masz Qbersehreiten. wir beschränken nns hier darauf, die
\veiter vom verf. behandelten stellen aufzuzählen und wollen nur jede
einzelne conjectur unsern Piautaskritikern, Fleckeisen, Studemund u. u.
zur begutachtung empfehlen, verf. bespricht noch Aul. II 2, 84 (hercle
fta edepol), Men. 98. Mil. gl. 1970. Men. 879 (hier edepol fOr hsl. berele),
8lleb.474 (pol Tür hercle), Ba. 595 (ne tibi hercle), Pers. 39 (fiducia
TOgare tu a med), Men. 307 (habes? di illos homines, qui illic habitant,
perduint), Aul. II 4, 18 (ardus), Pers. 296 (ardus), Cure. V 4, 24 (lavit,
Amph. y 1, 50 (lavere), Trucul. II 3, 2 (lavare), Pers. 176 (callo), Aul.
m6, 22 (scalat), Most. 278 (olant), Pseud. 840 (fervont), Poen. V 4, 6
(soffd&re), Btieli« 966 (dates). aveh werden vom ywt. ihm irrig seheinende
conjectnren zurückgewiesen, so Ba. 230 tuUmus für attnlimus, Pseud. 706
tuli für attuli, Aul. III 2, 19 ad te tuli, und Rud. IV 3, 101 tulerit für
adtnli und tetulerit, hier ist vielmehr ein vers ausgefallen, dort huc
oder ad te nach quae einzufügen, weiter wird bebandelt Aul. III 6, 38
(ad te hinter hodie sinsnsehMten) , 84 non qnod p. e. q. b. habeo,
Aal. IV 7, 18 (eam e, m. c.), IV 10^ 1 (i. ew s. et miser et perditus),
IV 10, 66 (q. ego f. e. ted audio), Most. 365. Trin. 1080. Gas. II 3, 13
(manum abi et abstine), Bacch. 161 ff. (hier wird doppelte recension
und Verwirrung in der textüberlief erung angenommen), Men. 1037, 43.
Aul. IV 1 , 1 ff. Cist. I 2. Poen. 121 ff. (hier werden eingedrungene
zweite reeensioaen nnd Tersrnnsteilnngen angenommen), Poen* V 9, 89 ff.
(ebenso), Mil. glor. 986 (auch hier wird spätere recension vermutet),
ßaccb. 552 (et ego), Men. 1097 (et hic n. i.), Mil. glor. 1376 (amiserim),
Trac. V 37 (hunc ne amem), Bacch. 1099 (quod cor peracessit), Bacch.
1192 (Fleckeisens text wird gebilligt}, Bakcb. 1196 (istaec mitte), Bacch.
1149 (ebo, amabo, die. quo), Tme. IV 2, 7 (lubet sttblinere isU os),
Trac. II 6, 28 (loquere. n. q.-n. L q. — quid postea?), Cnre. II 3, 68
—59 (zwischen beiden versen ist einzuschalten: Theraponti^onum, qui
auro erat hic, novistine? — novi et scio), Epid. III 2, 12 ff. (zwischen
lä~14 ist eine lücke), Rud. IV 3, 82 (nach diesem verse eine lücke).
>o weit haben wir noch wenigstens die conjectureu angedeutet, von hier
geben wir nnr die stellen an: Capt. I 9, 1 ff. Poen. III 5, 96. Cist.
i^l, 8. Cirt. 390 Bothe. Cist. IV 2, 23. Epid. I 2, 44. Mil. glor. 88.
977. 1134. 1296. 1324 ff. 1301 ff. 1405 ff. Merc. 891. Men. 143. 292. 821.
Most. 1026. Pseud. 245. 1192. Rud. prol. 8 ff. I 1, 3. Stich. 497. Trin.
227. 230. 1017, Truc. I 1, 76. 2. 16. U 2. 48. 4, 41. 4, 67. 5, 3. 6, 44.
7» tt. IV 8, 43. 4, 1. möchte verf. seine studia Plantina reeht bald fort-
letsen; dasi er damit der wissensebaft, aneb wenn diese oder jene sei-
y eonjeetnren nicht angenommen werden sollte, ^en wesentlichen
üienst leisten würde, brauchen wir nicht erst auszusprechen, dürfen
^ aber einen wünsch iiuszem, so wäre es der, verf. wolle sich bereit
™s6n lassen, seine trefflichen arbeiten noch übersichtlicher für den
'««er, der sieh nnr nnterriehten mdehte, nicht selber Plautnsstndien sn
seiner lebensaufgabe gemacht hat, dadurch zn machen, dasz er sich bei
Behandlung der stellen, für die er eine Verbesserung gefunden zu haben
Daemt, der deutschen spräche bedient, wir sind ja Deutsche, so lasst
auch als gelehrte Deutsche sein und deutsch schreiben.
, ..f^WSGH. realsohule erster Ordnung. 10 classen, 17 lehrer, 386
^cbuier, 3 abitmrienton. — Abbandlang des ordenti. lehrers Soholtse:
vatillnariscbe TerscbwSmng nach Sallnst'. in Rom ward früh der
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168 Pliilologische prognunme deutacher höherer lehranstalten.
brndtoamkelt ein elsi^elieiidM iiitonMe ragiiwaiidt. im aaseliliiss dam
begann fehon früh eine «rt hisknrischer anfseidnumgoii, sie begann
mit den alten Verzeichnissen der priestercollegien und ma^strate, an
diese schlössen sich die annalisten an, trocken und nüchtern, ohne
historischen blick, registerartig die thataachen neben einander stellend,
ibnen gegenüber erbebt lieb Mtlatt siir b5be eiaee w^uren gesebiebti-
Schreibers, verf. gibt nun eine kurze lebenibesehreibung des Sallustias.
er ist der erste kunstmäszige historiker Roms, sein Vorbild Thukydides j
und M. Porcius Cato. verf. führt die Charakteristik der spräche Sal-
Ittsts, die Gerlach gegeben, an und ffeht dann über, die catilinarische
versdiwörang, wie de Sslltiat dsrstelll, in kvrseii sftgen mn erstbles.
wesentlich für schüler bestimmte anmerkung^en begleiten die erzählusg.
nach der inhaltsangabe geht verf. an die kritik. als grund der Ver-
schwörung nennt S. die unglaubliche entsittlichung der zeit, aus ihr
aUeiu ist die beteiligang von Leuten aller stände erklärlich. Cat. allein i
hatte cur eemmaodienmg solcher rotten sUs erforderlicben eigfenschaften. I
dasz sich solche rotten überhaupt fimdea, wklSrt sich aus den sittlicheo ,
zuständen der zeit, alle stände waren von einer tiefen entsittlichong;
durchdrungen, die erwähnung dieser furchtbaren Sittenverderbnis gibt
dem Schriftsteller gelegenheit, auf die besseren zeiten, die vergsogec
sind, snrlicksiisehauen. verf. fügt nnn erlinterangen bei snr erlu&rang
des nns in allgemeinen s&gen von Ssllnst angegebenen verlanfi dir
röm. geschichte, die wol vor allem für schüler berechnet sind, nene
momente werden wenigstens nicht gegeben, dagegen fehlt es nicht an
kleinen Unrichtigkeiten, wie wenn die söllner des neuen testaments mit
den pnblicsniB identifidert werden, wXhiend sie doch nnr unterbeamts
waren, welche den solipachtsgesellschaften einselne gefälle an elnsel-
nen orten abpachteten und sie für eigene rechnung einnahmen, den
ßchlusz macht eine erörterung des Verhältnisses Caesars zur Verschwö-
rung. Sallusts Catilina ist eine im interesse Caesars und der her-
sehenden demokratischen parte! verfasste tendenssebrift. Ton wisMS*
sebaftlichem werthe ist das eben besprochene programm nicht, soll es
auch wol nicht sein, denn gewis wäre es dem verf. ein leichtes ge-
wesen, eigene, selbständige forschungen über den gegenständ niederrn-
legen, denn ohne solche wäre eine populäre darstellung, wie sie hier
Torliegt, nicht sn geben gewesen, mit groszem nntsen wird jeder M-
cnndaner, der Sallosts Catilina liest, die in diesem programme gegebe-
nen erörteriingen als einführung in das buch benntsen können, und es
wäre wünschenswerth, wenn verf. einen vielleicht noch etwas ausge-
ffihrteren abdruck seiner abhandluog zu nntz und frommen derjenigen
leser des Catilina, die sich nicht mit dem in den gewöhnlichen ausgaben
gegebenen andentnngen begnügen mögen, dnreh den bnehbandel ver-
breiten liesze. das programm bleibt soleben dock mehr oder wsnigei
QnsngttngUch.
(fortsetsong folgt.)
Bartensteim. H. K. Benicken.
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ZWEITE ABTEECiUNQ (U8b BAND),
seit«
(10.) Ueber religion, Offenbarung, heilige schrift. zur ein-
leitung* in die biblische religionsgeschichte und religions-
lebre auf der stufe des oberen gymnasiums. von Mezger
in Schönthal, (schlusz) 121—137
(11.) Kritische notizcn zu den beschlUssen der Berliner ortho-
graphischen conferenz. von P, Didolff in Mariaweiler
bei Düren, (fortsetzung) 137—155
16. C, Ueraeus: Homerisches elementarbuch, zur einführung
in die Homerlectüre zusammengestellt (Berlin 1876).
&ngez. von Wilhelm VoUbrecht in Ratzeburg .... 155 — 161
(13.) Von der Goldberger lateinischen schule, von Radtke in
Pless. (schlusz) 161—166
X6. Philologische programme deutscher höherer lehraustalteD.
von JK' Benicken in Bartenstein 166 — 168
)ogle
Erklärung.
Die Serbe'sche Verlagshandlung in Leipzig hat einen „Almanach
der deutschen Unterrichts-Anstalten" veröffentlicht, welcher nach der
Angabe auf dem Titel auf „officiellen Mittheilungen" beruhen soll.
Eine auch nur oberflächliche Vergleichung zeigt jedoch sofort, dass
diese angeblich officiellen Mittheilungen zum weitaus grössten T heile
lediglich aus Mushacke's Schulkalender wörtlich abgedruckt sind,
wobei nicht einmal die seit dessen Drucklegung entstandenen Ver-
änderungen Berücksichtigung gefunden haben. Aenderungen gegen
Mushacke haben — abgesehen von der Aufnahme einiger ausserhalb des
Rahmens von Mushacke's Schulkalender befindlichen Anstalten, der
etwas veränderten Ordnung imd der Weglassung der Namen der
Lehrer, der Klassen- und Schülerzahl und der Besoldungen,
was durch einfaches Ausstreichen zu bewerkstelligen war — nur
bei den verhältnismässig sehr wenigen Schulen stattgefunden,
deren Direktionen sich auf wiederholte Aufforderung herbeigelassen
haben, die in gespaltenen Zeilen abgedruckten specielleren Notizen
einzusenden, wofür sie dann mit 1 Mark Insertionsgebühren
für die halbe Zeile von 20 — 22 Buchstaben von der Serbe'schen
Verlagshandlung in Anspruch genommen worden sind, worüber
mir von den verschiedensten Seiten fortwährend Klagen zugehen.
Gegen eine derartige Ausbeutung von Mushacke's Schulkalender
aber lege ich hierdurch Verwahrung ein, indem ich mir zugleich
weitere Schritte deshalb vorbehalte.
Leipzig im März 1878.
B. G. Teubner.
Digitizcr' ' <'
ZWEITE ABTEILUNG
fOB e¥lDfASIALPÄDAeO«IK UIÜD DI£ ÜB&iaEN
LEHRFiCHEB
MIT AüMOHLVSa DBB OLAteiBOBBB PHILOLOOIB
BSEAUfl0Ea£BBN VO^ PAOF. DU. Hk&MANN MA6IU6.
13.
DIE KUNST IM GTHNASIÜlf ÜND DIE SEEMANNSCHEK
KUNSTHISTOBISCHEN BILDERBOGEN.
Das erscheinen der Seemannschen kunsthiatorischea bilder-
bogen hat die frage über den ästhetischen Unterricht auf dem
gjmnasiuiii, weaigeteiiis insofern es sich um die bildende kiuit
handelt , in ein nente eladinm gerückt, eo dass es uigeinessen er-
•cbeint, dieselbe nooh einmal in erwigiing zu ziehen, zunächst ist
die Vorfrage zu erledigen: bat das gymnaaium überhaupt die pflicht»
sieh um die ästhetische bildung seiner schüler in kümmern ? oder,
tun das tfaema gleich in der beschränkteren faesnng zu geben, in
der ich es behandeln will : hat das gymnatinm die aufgäbe sich am
die werke der bildenden kttnste an kümmern und für dieselben ver-
fitändnis bei seinen schülevn au wedken, nnd wie soll und kann das
geschehen?
Bei der construction des gymnasiallehrplanes ist man gern ge-
neigt ganz abzusehen yon den mit der zeit weehselnden, wenn tngh
zuweilen recht drängenden bedürfhissen der auszenwelt ; man grün*
det ihn gem anf düs wesen des geistes selbst «nd pflegt zu dem
resultate zu kommen , dass das gymnasium einen nnterricht in ge-
währen habe, der eine harmonische bildung enielei indem er in
gleicher weise das streben nach dem guten, wahren nnd schönen
we<^e und fördere, wir wollen davon absehen zu erörtern , wie die
Tarsehiedenen selten des geistes, um mich so auszudrücken, dnroh
den gymnasialoniecxichi aaegebildet werden, jeder gibt sn, dass,
wenn dar sinn fürs sclriSne,. so weit et sichtbar dem auge entgegen-
tritt, nnberOeksielitigt gelassen wird, die harmonische bikhing eine
H. Jfthrb. t phll. pid. H. abt. 1878. hn. 4. 12
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170
Die kunst im gymnasium und die
grosze lücke zeigt, die für die gesamtbildung des mensclien um so
bedeutender ist, als, um dies nur anzudeuten, so auch noch ein
wirksames moment für die erweckung und förderung des sittlichen
und religiösen lebens verloren geht, andere nehmen bei der auf-
stellung des lehrplanes rücksicht aufs praktische leben; sie wollen
die Schüler herangezogen haben zu leuten, die nicht sowol geistig
allseitig geschult, wenn schon gewissermaszen blosz elementar vor-
bereitet sind, sondern die vielmehr eine fürs praktische leben be-
sonders zugerichtete , sofort nützlich verwendbare bildung mitbrin-
gen, diese können einer ästhetischen Vorbildung auf dem gymnasium
erst recht nicht entbehren, wenn ihre zöglinge nicht groszenteils
alsbald im Strudel des lebens untergehen sollen.
Das menschliche leben wechselt ja zwischen arbeit und genusz.
in unserm volke ist jetzt seit langer zeit zum ersten mal wieder die
berechtigung aller menschen auf genusz als dograa und forderung
aufgestellt worden, wir sind nicht gewillt die richtigkeit dieses
Satzes zu bestreiten, nur ist mit eben der nachdrücklichkeit zu
warnen : habt acht, dasz nicht durch den genusz und durch genusz-
sucht die menschheit ihre en'ungenschaften verliert, dasz sie nicht
körperlich und geistig zu gründe geht, die hüter der nation haben
darauf hinzusteuern, durch den genusz noch die menschen zu ver-
edeln, also einerseits edle Vergnügungen zu schaffen, andererseits
aber auch die menschen zu befähigen dieselben zu genieszen. für
die yerschiedenen menschenclassen gibt es verschiedene edle Ver-
gnügungen, die man ihnen gewähren kann — nur andeuten will
ich, wie hier die möglichkeit liegt, die sociale fnge zu mildem und
den elassenhasz zu lindem — für die höchsten stfinde , die wir auf
den gymnasien zu bilden haben, gibt es wol kein edleres vergnflgem
als das, welches die werke der bildenden konst gewähren können,
um abor am anschauen derselben einen genusz zu haben, ist, ab-
gesehen von ganz wenigen bevorzugten naturen, eine Yorbildoag
nötig, die das leben später höchst selten bringt, sage man nichti
dasz liier die universitttt ergänzend eintrete, dasz dieser ihre auf-
gäbe nicht auf der schule vorweggenommen werden dürfe, die rein-
wissenschaftlichen ästhetischen und kunsthistorischen studien ge-
hören ja gewis ausschlieezlich auf die Universität und werden dort
von einer kleinen schaar mit grossem ernste , aber auch in groezer
abgeschlossenheit betrieben, man sehe doch, wie viele von den
hunderten von Studenten sich an den populären Vorlesungen der
ästhetik^ und kunsthistoriker beteiligen! auch kann man nicht
sagen , dasz das spätere leben , reisen , der besuch von museen usw.
diese lüeke ausfüllen, das ist höchst selten der fall, denn am einen
wahren genusz an kunstwerken haben zu können — ich spreche
noch gar nicht von dem vollen Verständnis, das ja wol wenigen
sterblichen überhaupt aufgehen mag — sind eine anzahl elementarer
Vorkenntnisse nötig, die, wenn sie die schule nicht übermittelt hat,
später selten durch glücklichen zufiül oder durch ernste Übungen
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Seemannsclieii konsthiBioriBclieu bilder.
171
erworben werden, so sehen wir denn in ermangelung derselben die
leute auch aus den besten ständen , wenn sie überhaupt die stätten
edler kunst, die museen, aufsuchen, teilnahmlos an den höchsten
werken vorübereilen, auszer wenn sie der katalog darauf aufmerk-
sam macht, dasz dieses oder jenes bild zu denen gehört, die ein
anständiger mensch gesehen haben musz, und nur an den werken
der niederen kunst, des sog. genre, bleiben sie länger haften, sie
können nichts dafür, dasz es so ist, sie haben ja nicht sehen, die
spräche der färbe und der linien, die Symbolik der kunst nicht ver-
stehen gelernt, nur wo der stoff aus dem alltäglichen leben ge-
griffen ist, da haben sie Verständnis — für den stoflf, nicht aber für
die künstlerische gestaltung desselben, an statuen gehen sie vollends
kalt vortlber, denn diese gehören ja meist der idealen weit an, deren
gestalten ihnen fremd geblieben sind.
Und ist es so, erwiesener maszen, in den sogenannten bessern
ständen, so wird es, je weiter wir abwärts steigen, um so schlimmer,
der mangel an Schönheitssinn , an geschmack , der besonders bei
unserer nation in der letzten zeit so oft gerügt worden ist, scheint
sehr tief liegende gründe zu haben, man mache ihn nicht allein
dem handwerker zum vorwarf, ist es auch recht gut, dasz für die
bildung des geschmackes beim Handwerker jetzt mehr geschieht, so
darf doch keinesfalls verkannt werden, dasz hier auch die höhere
schule eine ernste aufgäbe vor sich hat, deren Vernachlässigung dem
gesamten leben der nation unsäglichen schaden bringt; die aufgäbe,
zwar nicht voll ausgebildete ästhetiker heranzuziehen, aber ein war-
mes und verständiges interesse für die werke der kunst zu erwecken.
Von gleichen oder ähnlichen ansichten geleitet haben denn wol
auch fast alle pädagogen, die über gymnasialunterricht geschrieben
haben, sowie die ästhetiker von fach die Wichtigkeit der ästhetik als
erziehungsmittel anerkannt, dr. Stoltz (jahresbericht der höheren
bürgerscbule zu Rheydt) , der mit groszer lebhaftigkeit dafür ein-
tritt, dasz den schülern eine ästhetische erziehung zu teil werde, hat
eine anzahl stimmen bedeutender männer zusammengestellt, die
gleicher ansieht sind, so Deinhardt, Palmer, H. Baur, Fechner,
Bruno Meyer, K. v. Räumer, ich füge hinzu: Stark in Heidelberg,
der das verdienst hat zuerst energisch für die ästhetische erziehung
eingetreten zu sein, H. Blümner, jetzt in Zürich, Schlie in Waren,
Kern in Berlin, ein anonymus in Stoys allgemeiner schulzeitung
(dec. 1877). hierzu kommt W. Schräder in seiner pädagogik, der
zeitlich und sachlich die sonst wohl gezogenen grenzen erweitert,
indem er das mittelalter und die maierei mit hereinzieht, 'besonders
kann der Unterricht in der geschichte' sagt er s. 67 (le aufl.) so wol
des altertums als z. b. auch des mittelalters der belebung durch die
abbildungen gleichzeitiger konstwerke eigentlich gar nicht ent-
behren, falls er sich, wie doch selbstverständlich, nicht auf die
kriegs- und politische gesohichte beschrttnkt, sondern auch die fort-
schritte der gesamten geistesbildiing ins auge &8zt, und es wird
12*
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172
Die kiiiui im gymnammn und die
hier nur darauf aDkommen, dasz der lehrer seine sehlUer nieht
durcli das ttbermasz des dargebotenen Stoffes erdrUckieiiy sondern
nur das notwendigste nnd beste in weise getroffener wähl vorftthre.
was soll den primanem und sccundanem alle wortbesohreibung von
der harlichlceit des Perikleischen Zeitalters, wenn ihnen nicht einige
Zeichnungen von dem Theseion, dem Parthenon nebst den dazu ge-
hörigen werken der seulptor xl dergl. vorgelegt werden , wenn sie
nicht an einigen mustern die piracht des romanischen, die tiefe des
gothischen baustils angeschaut und mit der hoheit und innigkeit
des religiösen gefühls sich wenigstens aus der composition und den
gestalte einzelner gemftlde von Bapbael und Dflrer, von Halbein
und Murillo Tertrant gemacht haböi.' in einer anmerkung anf
8. 68 wird auch ein erlasz des preuszischen unterrichtsminiBters vom
20 dec. 1865 dtiert, weleher sich damit einverstanden ftuszert, 'dasz
bei der erklSrong der classiker, beim Unterricht in dar gesebichte,
in der litterator und in der religion von den anschauungamittdn
gebrauch gemacht wer^i welche die vorhandenen konsimittel dar-
bieten*, mit recht wird hinzugefBgt: *ee wird indes alles darauf
ankommen, dasz die zuhilfenalune der kunst bei solchen gelegen-
heiten in dem rechten masz und in der rechten weise geschieht, was
ebenso viel kenntnis d«r sacfae wie pSdagogisohen tact voraussetzt.'
HUB einem mit L. G. unterzeichneten anfsalse in diesen jahrb. 1876
8. 382 'über die einfohmng der schlfler in das verstSudnis der bil-
denden kilnste' erfahren wir, dasz auf der letzten westfiOiscben
directorenversammlung allgmnein anerkannt wurde, dasz eine dn-
fllhrung der sdittler in das verstSndnis der bildenden kflnste höchst
wUnschenswerth sei, ja *es wurde diese einfOhrung sogar als eine
der höchsten au^boi der erziehung bezeichnet*, endlich habe auch
ich in einem scbriftchen ^gynmasinm und kunst' ^isenach, Bao-
meister 1877) die anfmerksiunkeit der lehrerkreise auf diese wich-
tige frage zu lenken und zugleich die methode dieses Unterrichtes
darzulegen versucht, was bezflglich des anschanungsmaterials nnoines
Wissens vorher noch nicht geschehen ist.
Von stimmen, die siiä gegen berttcksiditigung der kunst im
gymnasiaiuntenricht aussprechen, ist mir nur eine bekannt, nemlich
die des verstorbenen Häzel in den Vorlesungen über gymnasial-
pSdagogik (Tttbingen 1876). denn wenn L..G. a. a. o, meinte dasz
eifrige directoren in den ezcursen über kunst nichts als zeit?
Vergeudung und unfag sehen, so musz ich ihm jmi grundmdner
erfahrung widersprechen, nicht wenige directoren, die ich aSber
kenne, haben sich mit der art, wie ich die kunstgesdüchte betreibe,
einverstanden eiklSrt. Hirz^ aber will in einseitiger wase nur die
spräche als mittel des lehrens verwendet wissen (s. IIB), die kunst
versohmSht er, 'weil sie ihren gebalt, wenn aneh überwältigend,
krftftig, reizend, mit einem worte eindrucksvoll, doch weit nidit so
klar und deutlich darzustellen weiss wie die spräche', ihre werke
sind ihm weniger geeignet zum unterridit, 'bei welchem auf die
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SeemannBchen kunsthistoriBcben büder.
173
klarheit, Deutlichkeit, prScision und bestimmtheit alles ankommt',
gerade entgegengesetzter ansiebt ist freilich Bruno Meyer, welcher
behauptet (vgl. Stoltz s. 9), 'das ganze (eines kunstwerke«) Uber*
trifft in allgemeiiier TerstSadlichkeit jede andere form der geistigeii
mitteilung'.
Mit Hirzel begegnet sich in einigen gedanken Adolf Schöll,
der aber nichts weniger als sein bundesgenosse ist. dieser um kunst
und schule hochverdiente mann hat im anscblusz an die anzeige
meuies oben erwähnten schriftchens eine anzahl geistvoller und an-
regender bemerkungen teils kunsthistorischen , teils pttdagogischea
loihslts niedergelegt in dem in diesen jalirb* 1877 s. 481 iL er-
achienimen *brief an einen freond fiber Sstiraük im gymnasinm*. er
warnt vor dem erstreben eines in der schule unerreichbaren zu viel.
' er betont s. 482, *dass die kunst als process und dasein des schOnen
nicht erlernt und nicht gelehrt werden kann» sondern ihre wahre
Wirklichkeit und erfttUung in einer thtttigkeit und einer Sympathie
findet und behauptet, wdche Ton haus ans genial und in jeder aus-
fllhmng ein imprägnieren des totalmensdien in individuelle an-
scbanung, gestalt und ausdmck ist' und sagt s. 487: *wenn die
gymnasialbüdung an ihrem ende ist, erst dann- sind im Jüngling ^
fondamentalen bedingungen vorhanden , das kunstschOne zu ftthlen,
die geschicfate der kunst als solche und ihre bedeutenden werke
verstehen zu lernen.' er warnt, 'dasz man den bochmut nicht auf-
kommen lasse, als ob die schüler ästhetisch eingeweihte würden.*
dagegen ist Schöll vollständig einverstanden, ^dasz man die Zöglinge
der gymnasien mit dem material der alten kunstgeschichte nach
und nach und in verschiedenen richtungen bekannt zu machen nicht
versäume', 'nur dasz es nicht unter Usthetischen kategorieen, son-
dern im schlicht historischen sinne geschehen soll' (s. 491. 492).
dagegen wird sich nicht wohl etwas einwenden lassen, und in diesem
sinne hatte auch ich auf s. 5 meiner schrift erörtert, dasz wir bei
diesem Unterricht allein auf den weg der kunstgeschichte angewiesen
sind, und s. 7 ausdrücklich erklärt: 'aber auch hier (bei sculptur
und architektur) dürfte ein allzu tiefes eingehen in ästhetische be-
trachtungen doch bedenklich sein', weil, wie weiter ausgeführt wird,
die fassungskraft nicht vorhanden ist. die aufgäbe der schule musz
darauf beschränkt bleiben , dasz gewisse elementare kenntnisse bei-
gebracht und das Interesse erweckt wird, dasz man den hierauf
abzielenden Unterricht 'ästhetischen' nennt, hat sich anscheinend
eingebürgert, wenngleich der name etwas zu umfassend ist
Bei dieser anseinandersetzung haben wir schon den zweiten teil
unserer erörterung mehrfach gestreift: mmlich die frage nach dem
^wie'. es wttre nicht angemessen , die ganze Untersuchung , wie ich
sie in 'gjmnasium und kunst' geföhrt habe, hier zu wiederholen,
ich will daher nur die resultate zusammenfassen: der Unterricht
musz historisch gegeben werden, doch hat auch der Zeichenunter-
richt mitzuwirken, besondere stunden sind in dem lehrplane nicht .
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174
Die kimst im gymmurinm und die
aazosetsen. ein hlwi gelegentlich, planlos anknüpfender Unterricht
iat nicht ausreichend, weil er Tiel yerwirrong anrichten würde (vgl.
auch L. G. a. a. o. s. 383), sondern ein lehrer, und zwar am besten der
geschichtslehrer hat, womöglich mit anlehnnng nnd im Zusammen-
hang mit der Weltgeschichte die hervorragendsten eraeugnisBe der
konst in einer flbeicncht nadi wohl überlegtem plane voixiiftthreii
nnd so gewissermaszen das iachwerk zn geben, in das sidi die be-
merkungen und anschauungen einfügen können, die Yon den lehrem
der übrigen föcher ohne rücksicht anf historische entwicklang ge-
legentlich den Schülern nahe gebracht werden« der geschichtslehrer
soll den ihm zugewiesenen stoff in kleinen teilen zu anfang oder zu
ende der einzelnen geschichtsstunden behandeln, die um so eher
etwas zeit an diesen gegenständ abgeben können , als die geschichte
selbst dadurch an anschaulichkeit, klarheit und eindringlichkeit ge- .
winnt. ' brauchbar sind blosz bilder oder sonstige nachahmungcu
von solchen gegenständen, die hauptsächlich geeignet sind entweder
sehen zu lehren oder den geschmack zu bilden , oder die geschicht-
liche entwicklung der kunst wahrnehmen zu lassen, die schule hat
sich daher zunächst zu beschränken auf kunstwerke , die entweder
noch ganz oder fast ganz erhalten sind , oder von denen brauchbare
bildliche restaunitionen vorhanden sind, oder die das ihnen anhaftende
charakteristische noch deutlich zeigen (z. b. das löwenthor in Mj-
kenae); nur beim Parthenon hat mir eine ausnähme zulässig er-
scheinen wollen, in der darstellung der methode an beispielen habe
ich mich im wesentlichen auf die griechische kunst beschränkt,
vorausgeschickt aber habe ich eine beschreibung der charakteristisch-
sten kunstwerke Aegyptens, die mir gut als einführung zu dienen
schienen, dasz ich hier, wo mir alle autopsie und auch genaue ab-
bildungen abgiengen, mich den in den gebräuchlichen handbtichem
enthaltenen urteilen völlig anschlosz, ist wol natürlich, von den
griechischen kunstwerken habe ich, nach perioden geordnet, etwa
24 herausgehoben, die so gewählt sind, dasz profan- und tem-
pelbauten aus den verschiedenen Ordnungen, götter- und heroen-
bilder, agonistiäche statuen, einzelbilder und gruppen, reliefs usw.
* wenn L. G. a. a. o. meint, dass sieh der gesamte Stoff in 18 stunden
in der prima Terarbelten lasse, und swar Ui drei abschnitten wa je
sechs vorträg^en , die jedesmal za ostern nnd michaelis in der woche
gehalten werden, wo das schriftliche abiturientenexamen stattfindet, so
ist er in einem starken irrtum befangen, dasz solche stunden, wo der
regelmissi^ nnterrieht nicht stattfindet, sondern die schQIer bloss
'zweckmäszig beschilftigt' werden, recht ^t für zosammenfassende
Vorträge über kunstgeschichte verwendet werden können, ist gewis zu-
zugestehen, wenn aber der dann gestreute same auf vollständig un-
vorbereiteten boden fällt, so trägt er nicht nur keine frucht, sondern
dringt in den meisten Allen gar nielit ein; der schüler mnsz allmShlieh*
erst sehen lernen nnd die anschauungen einzeln und klar in sich auf-
nehmen, deshalb musz ihm der stoff in l&leinan brool^en sngeffihrt
werden.
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Seemamuolien kmutluatoriicheii büder. 175
zur anschaaung kommen, eingestreut sind je nach dar Teniilamniig
allgemeinere bemerkungen über material, etellang, omftmente osw»
ttb^rall ist darauf geachtet < dssz nur zur besprechung kommt» was
saeh der sohttler selbst sehen, wo möglich selbst finden kann , be-
sonders im anümig ist alles recht eiiäush gehalten, soloh «aem
plsne wird inan den yorwnrf der Yerstlegsnheit nidit wohl machen
können.
Gerade durch solche beschrSnkang auf ein kleines masz glaube
ich, wird man dem eindringling am leichtesten ein plfttiehen er-
obon können, denn ein eindringling ist nnd bleibt die konst-
geaduehte nodi immer trotz der ttbereinstimmung über ihre not-
irenffigksit. woher kommt das? snm grossen teil, weil es an den
lehnni hierfttr fehlt. L. G. spricht in seinem ebenso scharf wie
iaimig geschriebenen anfisats (s. 889) die harten werte: ^die ab-
lehnende haltung, welche die mehnaU der philologen den bildenden
künsten gegenüber zeigt, entspringt nicht blosz aus gleichgültig-
kdt, sondern mehr noch aus directer abneigung. weil sie in ihrer
gjmnasialzeit keine anregung gehabt haben, darum wissen sie nichts
7on der kunst, und weil sie nichts davon wissen, darum soll auch
kein anderer etwas davon erfahren ; das ist der traurige Sachverhalt,
der sich schlecht hinter schön klingenden werten versteckt!* ich
glaube nicht, dasz er durchaus recht hat. zunächst bestätigt er
meine obige behauptung, dasz auf der Universität nicht einmal die
Philologen immer die gelegenheit wahrnehmen, sich mit der kunst
zu befassen, im übrigen aber glaube ich, dasz die bisherige un-
thätigkeit nicht so sehr in abneigung ihren grund hat, als vor allen
dingen in rathlosigkeit. es ist eben schwer, wenn man als lehrer
mt zu der einsieht kommt, dasz man hier in der eignen bildung
eine grosze lücke hat, diese ausreichend auszufüllen, man musz
viel lesen und vor allen dingen viel sehen, wo möglich im original,
man darf das zeichnen nicht ganz verlernt haben , oder musz sich
entscblieszen diese fertigkeit wieder aufzufrischen, aber es lohnt
sich auch der mUhe. wer aber zunächst nicht in der läge ist, diese
bedingungen za erfüllen nnd doch seine schttler in das reich des
schönen einführen will, für den habe ich, nach meinen erfahmngen
mein btichlein ^gymnasium und kunst' geschrieben, dasz es ihm zur
^cke diene, bis er selbst gehen kann, hoffentlich entschlieszt sich
bald ein meister in der arcbäologie, der nicht fremd ist in der schul-
nietiiode, uns mit einer methodisch bearbeiteten knnstgescfaiohte für
Mibalen zu beschenken.
iiin zweiter grond aber, daas dieser nnterricht nioht recht hat
emgang finden wollen, war der, dass es an dem nötigen büder-
^terial mangelte, teüs fehlte es an öffentlidien mittel bilder zu
beschaffen — ond einkauf ans eignen mittein ist doch dem lehrer
lucht wohl znsnmnten teils waren branchbare bilder flberhaapt
yorhsnden oder wenigstens bei nns nicht bekannt, ich habe
innoiaem schriftchen das bis dahin erschienene material, so weites
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176
Die kailfit im gymnatiom und die
in der schale mit nntKen yerwendat werden kann, meist zoMmmai-
gestellt.
In einer ungleich günstigeren läge sind wir seit kürzester zeit
durch das erscheinen der 'Seemannsohen kunsthistorisohen bikler-
bogen', die eine eingehendere besprechung erheischen, sie sind eine
um so wesentlichere bereicheruug der bezüglichen lehrmittel, aU
der preis und die bezugsbedingungen so gestellt sind , dasz eine an-
atalt sie in mehreren exemplaren schaffen, ja ihren ankanf Yon den
sehülem verlangen kann.
Die erste lieferung^, die mir vorliegt, umfaszt auf 24 bogen in
etwa 300 abbildungen die architektur der Griedien und Börner nebst
einigen bauwerken der Lykier und £trasker, und die griechische
plastik von der ältesten zeit bis auf Alexander d,Gr^ also ÜEwi allfli^
was für die schule in betracht kommt.
Hat der herausgelwr anch die bedürfnisse des gymnasinaiiiNi
seiner TerOffentlichnng im ange gebi^, so hat er dcli doch nidit
anf diesen bm beeebiteken woIImi «nd deshalb vieles gebracht,
was auf dem gynaasium, wenn man nioht «inen gereoktfertigtoi
widerstand g^gen derartige bestrebungen beirvorrufen will, von der
bespreobong ansnischlieszen ist. dankenawertb ist es, dass die
bogen von den architekturweikon nicbt nur grondrisz, aufri»,
durchschnitt usw. enthalten, was man auch sonst zahlreich abge'
bildet findet, sondern aneh Tiele einzelheiten in grösserem ma8^
Stabe, und gewisse, sonst vemachUtssigte dinge, die einem das
wirkliche aussehen antiker banwerke erst klar werden lassen: so
II 2 dorischer fries und kran^geaims, wo die hängeplatte und die
mutuli zur deutlichen anschauung gebracht werden, III 10 ionisches
gebälk mit eierstäben, III 7 innere aasioht eines ionischen eck-
capitäls usw. die reiche auswahl von capitälen und basen ud
ähnlichem geht über das bedürfnis der schale hinaus, der wonieh
anderes berücksichtigt zu sehen taucht selten auf und ^nss an lO
eher nnterdrüekt w«den, als der beransgeber erklärt, dass er mr
ans seinen bereits vorhandoaen vorrttthen die bogen zasammeB-
gestellt hat« aber sollte er nicht einen holsschnitt haben vom
l(5wenthor, von dem er nns XVI 11 bloss das relief gibt? hätte er
nicht das coiosseam mit einer grösseren abbildnng bedenken küh-
nen, die eine äaszere gesamtanskdit nnd eine innenaaBielii des hsoM
böte? wäre odofat stott des vennntlieb für die meisten benuiMr
überflüssigen gnmdrisses von Heliopolis XIV 1 die porta nigra is
Trier viel wünschenswerther gewesen? war nnt^ seinen vo^
rttthen keine rOmisohe wasserleitimg, keine brücke, nicbt die slnle
desTnyan?
* jede lieferungf sn je 24 bogen kostet 2 mark, je 10 bogen gleich-
viel ob von einer nnmmer oder in einer auswahl verschiedener nnmine|^
kosten 1 mark, auf je 100 bogen werden 10 bo^en gratis geliefert, ein
einxelner bogen kostet 20 pf. — £b sind bis jetzt 5 lieferaugen erscUeiiADi
deren letste die architektur and plastik der reaafsssnee bebandelt.
Diyiiizeü by GoOgle
SeenMomsoken kmirthittoriteliea büder.
177
IHe xtilMiifolge ist chronologisch angelegt; nar zuweilen ist
abgewichen, dasz die Lykier hinter den Griechen, die Atrasker
binter den Römern kommen, läszt sich rechtfertigen, aber warum
steht bencli II Ib der doritdi-rOmische fries und nicht erst bei
den Bömem? warum ist vom theater des MarceUua das ttDaaei«
X 2 , der gnmdrin Xn 3 gegeben ohne jegltohe yerweisoBg aof-
einander? wamm ist bei m 3 (ToriitMuncht des Niketempels)
iiicht wenigstens auf VI 1. 2. 3. 10 hingeseigti und nmgekdirt?
ilbrigens ist VI 10 guis Hbsffflflasig, wie anöb IX 1 das eapitifl Tom
lijnäratiedenknial msben demselben aber an^gwfBbrteren bilde X 3.
wol mag die notwendigkeit mit ritamlieh pMsenden gegenstlndeii
d«n bo^ sn fiUlen oft den ansscUag gegeben kaben, nnd so er-
Vlttrt Ml der mangel an ordnnng anf den bUtttens, welebe die letate
grieebisclie nnd die rdnusdie arebikektiir bringen. hOehst lobens*
wmrih ist, dass dsr knrse nad imtsr die einaihMn büder gesetste
tast bei historischen denkmtiem sieht nur den ort, sondern auoh
die mnitmaszliche zeit der entstehung angibt; freilich hat man das
nicht eonsequent genug durchgeführt, auch dasz der maszstab nicht
öft-er daneben gedruckt ist, ist bedauerlich, beim grabmal der Cae-
cilia Metella XllI 7 wird der beschauer die grosze des bauwerks
ebenso wenig ahnen können wie beim Lysikratesdenkmal die klein-
heit. die abbildungen sind meiöt nach der natur gegeben, wo sie
nach restaurationen sind , ist es meist bemerkt, bei den Caracalla-
thermen XIV 6 ist es vergessen, bei den säulen vermiszt man die
andeutung, dasz sie in der regel nicht aus einem stücke, sondern
aus trommeln besteben.
Solche und ahnliche kleine mängel thun dem werth der gäbe
nur wenig eintrag, können aber doch vielleicht bei einer jedenfalls
bald zu erwartenden neuen aufläge abgestellt werden, im ganzen
müssen wir der abteilung, welche die architektur enthält, zumal
wegen der meist vorzüglichen ausfuhrung unser volles lob und dem
herauggeber unsem aufrichtigsten dank spenden.
Nicht ganz so anerkennend lautet, wenn wir die blätter nicht
ils bilderbogen im gewöhnlichen sinne, sondern, was sie auch sind,
sk ein weric von wissenschaftlichem werth betrachten , unser urteil
ttber dia bogen, welche die plastik enthalten; und zwar wegen dar
gsr an ungleichen ausfühmng der einzelnen bilder. neben vielem
gnten, ja teilweise trefflichen, wie Niobe-mutter (brustbüd), Aglau-
ros nnd Herse, Tbeseus, findet sich auch recht mittehnäsziges , ja
geringes, wie die schreitende Artemis XVIII 4, die archaistische
Pallas in Dresden XVUI 5 , der ParthenonfrieB. die gebotene aus-
wahl ist reich : sollte aber der heran^geber nicht vielleicht anch eine
gesamte Niobegruppe, einen Diadnmenos, einen Apollo citharoedns
unter seinen yorrBthen haben ?
Anch hier sind die werke möglichst der Zeitfolge nach ror-
gefthrt, ausser wo, man mOchte sagen pSdagogische gründe eine
andere anoxdnnng erheischten, wie bei dem Jupiter von Otricoli,
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178 Die kunst im gymnasium usw.
den Heraköpfen, der Athene Polias und der Athenebüste auf
bogen XIX. freilich hätte, um irrtümer zu vermeiden, es überall
angegeben werden sollen, wo nachbildungen aus späterer zeit ge-
boten werden, auch hätte wol die Zeitfolge durch die numeriemng
noch besser angedeutet werden können, auf bogen XVI ist doch
nr. 4 sitzendes Athenebild zeitlich später zu setzen als nr. 6 die
Statuen von Müet und umgekehrt früher nr. 11 die löwen von Mj>
kenae.
Der text ist auch hier ganz knapp , bietet kurz die sicheren
resultate und spart bei unsicheren das Vielleicht* nicht, hoffentlicii
entschlieszt sich die Verlagshandlung , wenn das werk vollendet ist,
noch ein inhaltsverzeichnis herauszugeben , damit das auffinden und
somit die brauchbarkeit erleichtert wird, dasz man die archai^iti-
sohen werke bei den archaiscbeii 'suchen musz , ist nicht auf&lieii<j,
aber wer sucht die Aphrodite Ton Melos auf bogen XIX rmta
werken vom Thesenstempel und dem Parthenon? hat man ae
glücklich hier gefunden, so kann man sich wol den grund zu dieser |
anordnung denken, aber wer sucht sie hier? also ein inhalts-
▼erzeichnis, oder noch lieber mehrere, nach yerschiedenen gesiohtB-
pnncten: ort, zeit« gegenständ, kflnste. wenn diese bogen den segen
bringen sollen, den man Ton ihnen sonst ni erwarten beredbÜgt ist,
so mnss die siushe allen. denen, die swar nicht g^gner ttsthetisdur
bestrebnngen und der kunstgesiduohte sind, aber sieh deswegen 1
auch nicht sonderlich bemühen wollen, mOglidist bequem gemadit
werden.
Und wie soU man nun diese bogen für den gymnasialunter ,
rieht nutsbar madien? idi denke mir es so: zunächst darf man
nicht glauben, dasz mit dem anschaffen dieser bogen schon aUes {
gethan sei. man darf sich nicht Terhehlen, dasz sie als einsigas
lehrmittel immer nur ein dürftiger notbdielf sind, wShrend sie ab I
Unterstützung von gröstem belang ja tet unentbehrlieh aai I
für die statuen durchgängig , für die architekturwerke gröstenisflt
sind immer noch grosze photographieen oder abbildungen wie die
Langeschen tafeln oder ähnliches nötig. ^ denn wenn ein wahres
interesse an den kunstwerken bei dem schüler geweckt werden soll,
so genügen bilder in kleinem format und blosze umriszzeichnungen
nicht , sondern da musz sich vor seinen äugen das werk in ansehn-
licher grösze, plastisch wirkerfd, leicht faszbar darsteilen und durch
den lebensvollen schein anziehend und begeisternd auf ihn wirken,
jetzt aber braucht man sich nicht mehr damit zu begnügen, dm
^ übrigens läszt sich ein derartiger bescheidener, aber ausreichen-
der apparat für 300 mark herstellen, die photographieen von kunst- i
werken Italiens sind unglaublich billig, der photograph Robert Rive in '
Neapel bietet mir sog. mezzane (20 -|- 26 ceui) an unaufgezogen, franco,
per pott: M) stfick rar 80 mark und Giorgio Sommer in Neapel luiter |
sonst gleichen bedingungen das dutsend für 6 francs in gold. in *gjBU*'
siom nnd konst' ist «af die nummera ihrer kataloge verwiesea.
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iCnt notizeu zu den beachlüssen der Berliner orthogr. couferenz. 179
ier lehrer an diesem gröszeren bilde seine demonstrationen vor-
limmt, während die mehrzahl der schüler erst nachträglich ihre
ehversuche und beobachtungen anstellen können, sondern es ist
iie möglichkeit gegeben, dasz jeder schüler sofort die bilder mit
len bemerknngen des lehrers oder seiner mitschüler vergleichen
iann. wir glauben in der that verlangen zu sollen, dasz jeder
schüler und zwar von untersecunda an sich im besitz dieser büder-
bogen befinde, da für die zweoke unserer gjmnasien, wo man sich
m wesentlichen doch auf das altertum beschränken wird, anszer
der ersten liefemng höchstens noch 10 tafeln nötig sind, so erwächst
dadurch eine ausgäbe von 3 mark, für ärmere schttler könnte ja
auch die anstalt einige exemplare anschaffen und sie stfindig ver-
leihen, der aufwand ist gegenttber dem fördernden «inflnsf., den
man sich von diesen bildem versprechen darf, ein Snszerst geringer,
v^ie wichtig ist es, dasz sie das durch die werte des lehrers in
der Phantasie erweckte, leicht Terkehrte oder doch fehlerhafte und
mnst BO festhaftende bild sofort in die richtigen formen gieszen und
uuserdem als stütse dienen fOr das gedSchtnisI
Bichtig benutzt können diese Seemannschen kunsÜustoiischen
hilderbogen ein bedeutsames mittel werden für den kunsthistm-
Niien Unterricht im gymnasium. hoffentlidh weisen die lehrerkreise
iie dankenswerthe gäbe nicht spröde von sich, sondern lassen sich
aregen zu dem versuche, die ihnen auTertrauten schttler einzn-
Mhrai in das reich des schönen, die sorge für die zukunft unseres
folkeB heisdil dieses um so dringender, als auch nadi I>u Bois-
Keymonds bemerkung in seinem wie von hoher warte gehaltenen
geigtreiehen vortrage über culturgeschichte und naturwissenschaft,
durch intensive ideale beschäftigungen und bestrebungen ein gegen-
gewicht geschaffen werden musz gegen die mehr und mehr in den
Vordergrund tretenden naturwissenschaftlich-mathema tischen studieu.
EiSfiNAOH. B. Menge.
(11.)
KRITISCHE NOTIZEN ZU DEN BESCHLÜSSEN DER
BfiRLUmi OBTHOGßAPHISCHEN CONEfiBENZ.
(forteetenng.)
OL Kegeln über die wähl unter verschiedenen buefa-
staben^ welche denselben oder einen ähnlichen
laut bezeichnen.
Dasz wir die Stellung dieses abschnittes (über § 19 später!)
init dem Berliner orthographiebttchlein TOn 1871 hinter laute
und bucbstaben' wünschen, sagten wir schon, eine yerbesserung
gegen dieses regelbttchldn aber bilden die zugefügten werte 'oder
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180
Kritiiche notisen su den beechlfli— n
emen ShsHoheB'. tob einer ^wahl' ist im gmnde gar keine rede,
et wSre auch sdüinim nm den phonetischen Charakter unserer Ortho-
graphie bestellt; denn dieser stellt das ideal anf : für jeden laut 6in
xeiohfliil also für jeden bnohstabon l«it! nach diesem ziele mnsz
jede xeform streben« eine conseqnente rsfonn würde jetst schon du
gedSchtaiaatoff der orthographiaehen regehi anf km bktt redudm
kdnnoi; wire jenes ideale xiel emiöht, so wflrde die öine seile ge>
ntigen: für jeden lant das betrsfeide seichen! anch jetzt handelt
es sieh sdhoii mehr ab wol angenommen wird nur dämm | den bt*
treffenden lant klar sn erkennen, der dann sofort nach dem phosB-
tisehen gmndsatse: *sdnreib, wie die spräche lantetP mit einem be-
stiountoa bnbhstaben niedergeschrieben werden mass; md es
handelt sieb nicht so bald nm eine willkOrlicbe wähl nnter m-
sdbiedenen zu geböte stehenden bnchstaben.
A. Toeale § 17 S und e, in und en. dass mindsstsusl
(Tielleidhi anoh in) stets offm lantet, nnd dass i stets betoat
ist, hatten wir schon früher (*znr conserr. reform') gesagt; es has*
delt sieh also nm wesentlich Tersohiedene lante, nicht bloss nm im-
sdiiedeBo bnchstaben. aneh ist i jetst allein nmlant von »; dass im
mhd. e nmlant war, ist fürs nhd. voUkommon gleichgültig, wir 6^
kennen in e den nmlant nicht mehr, sogv bei dem worte die Sltem
denken wir demnaeh niebt so leicht an den eomparatiT; das tSkt-
4pg8 nnsehtae, pietttlose 'die Alten* wire wol sonst nicht besoa-
ders gebildet woiden; nnd wer bei *die Eltern' der jngend nnd dsr
nation etwa die bedentnng des comparatiTS tob dt lebendig im
bewnstsein erhalten machte, der wii^ anoh *die Ältem' sehreibea
wollen, vielleicht aber möchte man lieber gerade in diesem besos-
dem falle die einzige ansnahme znlassen. flhrigens halten wir, nifl
schon bei der frage nach der dehnungsbedOrftigkeit des oft tonlosen
e gesagt, jede nach ansspraehe, betonuug und bedeutung erlaolrte
nnd Torteilhafte ersetznng eines e dnroh i fttr einen offenbaren ge-
winn, da bei blähen blasen, erwinen wan, Färse Farre, G&ren Gare
Ackergare gar, Gebärde gebaren, Geländer längs entlang, krSben
krächzen krachen, Lärm Alarm, mäben Mahd, Sänfte sanft, scbilg
Schrägen, Schw&her Schwager , Räude räuspern rauh usw. dem
YolksetymologischeM sprachbewustsein nahe genug liegen, um sie an
einander anzulehnen, so bitten diese wol ebenso gnt nnter 2) wie
nnter 3) stehen können.
§ 17, 4) trotz a' halten wir fttr einen möglichst wieder
richtig zu stellenden rückschritt unsers schreibgebrauchs, der die
Sprache (betonnng nnd ausspräche) und oft anch die Vorstellung
schidigt so sprachen wir z. b. schon über die nach ausspräche, be-
tonung und bedeutung unklaren Schreibungen behende, Geländer,
Geberde, Wildbret, bleuen usw. , denen man nur die nach ton, aus-
spräche und sinn so durchsichtigen behände, Geländer, Gebärde,
Wildbrät, bläuen einmal gegenüber sn stellen braucht, um jene un-
möglich zn machen, allerdings, wo in tmserer Schriftsprache durch
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der Berliner ortiu^gxtphiftohen coatorenz.
181
den bochstaben aucb der lant fitoh geändert bat, Ia Mehl und edel,
da würde die ä-scbreibung nur «intreten können, wenn aneh der
laut wieder offen werden kann und soll: eine pbonetische, nicbt
blosz orthographische ändemng, die freilich durch die klargestellte
bedeutung des gemalenen nnd geistesadel zeigenden unterstützt und
erleichtert "würde, und in Wörtern, deren e durch ihre ganze gestalt
sich als betont zeigt , bei denen ä doch keine lebendige Volksetymo-
logie wachrufen würde , da ist auch das e minder schlimm , die ein«
führung des ä nicht ganz so dringlich, recht erwünscht aber wäre
es doch schon in üänne wegen Han and in Ante wegen Antvogel
•B Anterich ; vgl. Sutern und enteren.
§18. aiundei sind nicht tiberall gleichgeaprocbeu; also
spricht man sie da richtig, wo man sie spricht, wie überall geschrie-
ben wird, deshalb möchten wir das voller tönende ai (= a -f- i)
insbesondere da belassen, wo ohne dasselbe die ähnlichen Wörter
mit ei (= offenes e, d. h. ä -f" 0 spräche und schrift gleich wür-
den: Bai, Hai, Hain, Laib, Laich, Rain, Saite, Waise usw. auch
hier, wie bei e und ä, bei pf usw. erwächst der schule die pflicht, zur
genauen, edlen ausspräche anzuleiten, damit der gemeinsamen recht-
schreibung in der nhd. schriftspi ache auch die möglichst einheitliche
ausspräche der nation entspreche, vgl. bei der Bai, hei — ein Hai!
Hein auf dem Hain, ein Laib im Leib, der reine Kain, die Mittel-
und die Seitensaite, die weise Waise usw. zu Hain könnte man
noch die ähnlichen Waide und Haide wünschen (letzteres hat mit
Heide, paganus^ nichts mehr zu thun) und vielleicht Alchen. — Die
Schwankungen in schrift und spräche, welche die anmerkungen
lassen, kann man wol billigen. Kissen und Küssen möchte man aber
in wort und begriff unterschieden wissen , dagegen Sprichwort auch
von Spruch ableiten können, gültig auch mit i behalten; endlich bei
liederlich noch eher an Luder wie an Lieder denken; denn 'böse
menschen haben keine lieder', wenigstens keine, die diesen namen
verdienten, entschiedene billigung aber verdient die volksetjmo-
logisch einzig richtige form Sündflut; denn sint ist kein nhd.
B. Consonanten desselben oder ähnlichen lautes,
dieser abschnitt bringt uns zunächst und als hauptsache die nhd.
legel von der bezeichnung des con sonan tische n auslautes.
dieselbe ist aber doch fast zu wichtig und selbständig, um hier unter-
gebracht zu werden, hatten die Berliner 1871 (erörterungen s. 29)
und 1876 (protokoU s. 86) theoretisch sogar die 'doppelconsonanz*
unter die 'regel vom auslaut' subsumieren wollen, so scheint es fast,
tb ob man nun in berechtigter Opposition zu weit gegangen wäre
Bild die 'regel vom auslaut' mit unrecht gar der eigenen selbständig-
ktit beraubt hätte, um ihre übergriffe auf fremdes gebiet zu strafen
md zu hindern, auch hier scheint die anordnung des Berliner regel-
Inushs 7on 1871, welches den ^consonantischen auslaut' als 'III' auf
*IL die verschiedenen buchstaben für denselben laut* folgen Iftsst,
m der praxis das rechte getroffen zu haben (IV und V, consonant*
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182
Xriliiaehe notizen zu den beschlüssen
Verdoppelung und vocallfinge, allerdings sind 1876 mit recht unter
die höhere einheit der quantitätsbezeichnung vereinigt worden).
§ 19 lautet nun: 'im auslaut flectierbarer Wörter und stämme
schreibt man den consonanten, welcher bei vocalisch anlautender
nachsilbe gehört wird, demnach schreibt man z. b. Gang, Kalb,
Tag, Lied, Grab' (vgl. zu § 5c anm.). statt 'auslaut flectierbarer
Wörter und stämme' würden wir nur 'der (veränderlichen) silben'
oder 'im silbenauslaut ' oder 'im auslaut' wünschen; denn z. b. in
Jüngling ist -ling weder wort noch stamm , sondern eine nachsilbe,
und doch ist sie betreffs des auslautes gleich mit 'Gang' ; und miß-
u. dgl. ist nicht 'flectierbar'. auch hier also möchten wir weniger
auf etymologie als auf phonetik gewicht legen, diese 'regel über
den silbenauslaut' ist nun weniger eine besondere neue orthogra-
phische regel, dasz etwas in der schrift so oder so sein solle, als
vielmehr ein orthoepisches kennzeichen, dasz etwas in der spräche
so oder so ist. denn sie gibt ein erkennungsmittel für etwaige un-
genau redende provinzen und ungenau klingende laute an, etwa:
'man bringe den laut in eine reine Stellung (d. h. zwischen zwei
vocale oder wenigstens vor einen vocal — womöglich innerhalb des-
selben 6inen wertes) , und man wird ihn deutlich erkennen und nun
von selbst richtig schreiben können.
Insofern fällt nun diese regel über den silbenauslaut mit der
über die silbenquantität, d.h. kürzung (consonantverdopplung) und
dehnung in einer höhem einheit zusammen, als auch auf diese jenes
phonetische Verdeutlichungsmittel angewandt werden kann, denn
auch die quantität kann für etwaige ungenau redende provinzen
oder undeutlich klingende silben dadurch deutlich, also für aus-
spräche und schrift unzweifelhaft gemacht werden, dasz man die be-
treffende silbe rein stellt, d.h. dadurch, dasz man auf sie einen vocal
möglichst innerhalb desselben wertes folgen läszt. was aber die
veiiüidernngen der consonanten im auslaut (und auch im unreinen
Inlaut, d. h. neben anderen, besonders fremden consonanten) betrifft,
80 hatten wir früher (a. a. o. IV) zu zeigen versucht, dasz nicht nur
weiche consonanten im auslaut etwas erhärten, sondern auch harte
erweichen, z. b. in dem satze 'das Faß ist rund' lautet vielfach der
B-laut nicsht so scharf wie in 'die Fässer' ; also nicht etwa *da8 fu-
Biet nincP. oben hat das ß fast den werth von zwei wlrklieh weidiea
r, d, h. TOB wMm fniit yoransgefaender yocalkttne, wie in dem
mandarilicheii Ffifel, dtffeln; oder in den fremdwOrtem Hnsar, ICn-
ak, Mosaik, Bisico. in ^FttiTer' dagegen wird (wie bei jedem nM. ff)
ßß gesprodien» d. h. scharfes ß mit yoraoogehender kürze, es ye^
hslt sich also hier der andantende scharfe lant (*Faß ist') smo in-
lanienden scharfen (TftiTer') nmgekehrt wie anderswo der aoslan-
tende weiche (*Bad') zum inlantenden weichen ('BBder'). kurz, dar
auslaut ist nidit immer imd flberall, nicht bei jedem worte und ftr
jedernumn deutlich zu erkennen, man bringt ihn deshalb zur
probe einmal in den inlaut, um ihn klar zu stellen.
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der Berliner orthographischeii conferens.
ebenso wie bei ß ist es bei allen andern scharfen lauten, so klingt
'der Rapp ist schön*, 'die Ratt ist böse', 'der stock ist lang' viel-
fach 'der Rabbist schön', 'die Raddist böse', 'der Stoggist lang'
(letzteres natürlich mit richtigem g, nicht mit j), nicht 'Rappist',
'Battist', 'Stokkist', obschon keine pause zwischen den werten im
satze gesprochen wird, dennoch kommt es niemanden bei, jener
ausspräche oder scJureibweise eine bedeatniig oder berechtigung zu-
zuerkennen.
Bringen wir die 'regel über den auslaut', diesen praktischen
wink für solche , die nicht ganz sicheres reines deutsch sprechen —
und wo spricht man alles rein?! — auf die kürzeste form, so heiszt
das ausknnftsmittel für silbenauslaut und zugleich für silbenquanti-
tät, also für die schärfe oder Weichheit des consonanten und zu-
gleich für seine Verdoppelung oder nichtverdoppelung wegen der
vorausgehenden vocalschftrfung oder -dehnung also: 'schreib im
auslaut (veränderlicher silben) den dir etwa zweifelhaften conso-
nanten wie er bei folgendem vocal deutlich gehört wird'; oder: 'ist
dir ein consonant zweifelhaft (bezüglich seiner härte
und Verdoppelungsbedürftigkeit), so lasz einen vocal
auf denselben folgen und du wirst seinen lautlichen
Werth deutlicher erkennen, also auch richtig sprechen
und schreiben können.'
Wir möchten demnach bei der 'vocalisch anlautenden nach-
silbe' § 19 zunächst auch an eine sog. nachsilbe, sodann aber auch
an jede (im Zusammenhang der rede oder bei der Zusammensetzung)
nachfolgende silbe mit vocalischem anlaut denken, denn es wird
wol niemand so leicht aussprachen wie : Grappanlage , Gb*appeinfas-
sung, Grapphügel, dies Grapp ist schön usw. als maszgebende be-
zeichnen wollen, man vgl. noch ^Grab' vor pausen und in reimen:
Grab, vergab.
§ 19 anm.: 'diese regel vereinigt alle Deutschen zu einer
gleichmäszigen Schreibung des auslauts, obschon die ausspräche eine
sehr verschiedene ist. in manciien gegenden spricht man Gang,
6r3b, in anderen Gank, Grapp.' dieselbe anmerkung hätte bereits
zu § 5c anm. (von der Verkürzung langer Stammsilben, z. b. Hof)
gemacht werden können, diese regel vereinigt nicht erst jetzt alle
Deutschen zu gleicher Orthographie, sondern letztere deutsche ein-
heit stand vorher fest, und die regel ist eine abstraction des fest-
stehenden und gemeinsamen, diese regel hat man deshalb für nötig
erachtet, weil manche, die von der gemeinsamen neuhochdeutsohen
aebriftsprache in ihrer provinziellen Sprechweise abwelclieiii yUü-
leiobt doch riebtig zu sprechen Ternuiiieii könnten, dan aber die
beibehaltnng (der yocaldebaimg wie) der ooDScniaiitwekbbeit (vgl.
'zur coBserr. refonD*) i& der fbat der sebriftspnMlie eniapriobt:
dafür ist es ein soblagender beweb, dasz die anm. diese ansqwacbe
'mancher gegenden* einftoh mit dem feataftebenden gemeinsamen
neoboebdratscben scbriflsncben der betr. wOrter wiedergab nnd
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184
wiedergeben konnte, während sie um die abweichende ausspräche
wiederzugeben auch zu abweichenden, undeutschen Schreibweisen
'Qaaky Grapp' greifen muste. wir wünschen also auch hier den
pgOTiMiialiamifl lüs sokhen beseichaet und hinter den wortoi: 'in
manchen gctgendmi ufnM nan' zngeeetat sn sehen: ^die Wörter
richtig aus, wie sie geschri«b6A werden% Gang, Giib,
in anderen 'unriehtag' oder * ungenau' Gank und Gnpp *wäi
scbärfung (des vocals und) des auslautes'.
Wir hatten früher (a. a. o.) nachzuweisen gesucht, dasz phooe-
tisohet lanUidhe orthognq[ihie und graphische, buohftftbUche orti»
epie nairaiBbar mm^ dass dm ^tofaveib, wit mm q^cfat' db
gigeBtodeoniiig wie man aeibnibt' mt tetem baÜ gebe;
dau also dk^eniga Bchmbaag offiwbar die ricibtige ad, die d« f»-
meiiiBamen aoaapradie aller nlid. xedcndea eiitepreeba; dan akr
ebenso imxweifähaft anoh diejenige ansapraehe die riekti-
gere aaif die der gemeinaas&en sehreib weiae aller ge-
bildeten Dentsoben entspreche, also b. das Gcab (ifjL
a. a. 0. L grondsfttse nnd IV. dar consonantisehe aiaslaiit). od
diese richtigere, edlere aoA^m^e ist auch in sieb die Torzfig-
lichere und voll komm emere. denn wenn gesuSsz der phoneti-
schen Orthographie diejenige Schreibweise die vollkommenere
ist, welche mit den vorhandenen mitieln die in der lebenden spräche
feststehenden verschiedenen Schattierungen ähnlicher Wörter in ein-
facher und consequenter weiae schriftlich auszudrücken vermag.
2. b. Knabe und Knappe , Kabe und Rappe : so musz gemäsz der
kehrseite desselben princips, gemäsz der buchstäblichen lesung
diejenige ausspräche die vollkommenere sein, welche in der berge
brachten weise die in der nationallitteratur feststehenden verschie-
denen Schattierungen ähnlich geschriebener Wörter in ebenso ein-
facher und consequenter weise mündlich wiederzugeben im stände
ist; welche Wörter wie Knab und Knapp, Rab und Eapp, Gas und
Gass, Ried und Ritt, rief und Riff, Rad und Ratt, Schmied und
Schmitt, Schmieds und Schmitz usw. nicht mit einander werwech-
seit ; welche reime wie Grab gab , Bad bat , Gras las als reine reime
gelten und erkennen läszt (und solche wie Grab knapp, Bad Bait,
Gras Hals als unreine). — Dazu kommt, dasz die richtige und voU-
konunene schreib- und Sprechweise auch allein consequent ist
und stets richtig und vollkommen ist, die andere dagegen nur Wiele
[nicht alle] Stammsilben' so ttbel behandelt , nur 4n einem teile von
Deutschland' [nicht im ganzen] Torkonunt und endlich die betref-
fenden, nicht bestimmten stämme, nur wenn sie *ohse nachsilbs'
stehen [nicht immer] Terkehrt spricht vgl. § 5 c annou würde man
.nun diese unvollkommene und schwankende Sprechweise auch als
solche bezeichnen, so hUtten wir sofort im ideal und princip und
bald auch durch bücher und schule in wirkiidüceit zur obigen (§ 19
fuun.) dentsoben sehreibeinheit aneh die entspreekende Sfirftok*
einheit: welche nns jene luirlohtige, unvoUkomnisne und inoonst-
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der Berliner ordiographiselien eonferenz.
186
qnenie sprechweite TermOge ihrer nator glücklicher weise nicht
bringen kann.
§ 20 -ig und -lieh, in dem ^historisch' gewordenen 'all-
mählich* erkennen wir jetzt kein -lieh mehr, weil *mäh' nicht
mehr verständlich und durchsichtig ist; allgemachlich und gemäch-
lich wird jeder von selbst schon richtig schreiben; 'allmUlig' aber
verbindet das heute lebendige nationale sprachbowustsein , die un-
gelebrte Volksetymologie, mit natürlichem tactgefühl und mit der
unwiderstehlichkeit eines naturgesetzes immer fester mit 'allemal*
ergänze *ein wenig mehr', im gegensatz zu 'auf einmal*, auch wür-
den wir bei dieser günstigen gelegenheit noch den schein einer in-
consequenz, eines dehnungs-h, los; und der böse schein ist, zumal
unaerm ganzen volke gegenüber zu meiden. — 'Billig' ist ein
etwas verdunkeltes wort, dessen Schreibung zu ändern wenigstens
kein grund vorliegt; möge es also in folge des trägheitsgesetzes be-
harren; vielleicht hilft es dem einen oder andern zeitungsleser, dem
noch kein unrecht unter dem namen unbill im leben widerfuhr, sich
vonustellen, was eine ^bill' ist; und was dem einen recht- und ge-
setzlich, das ist dem andern billig. — Ganz entschieden aber müssen
wir uns gegen ^adlich, eklich' oder 'bucklich, untadlich' u. dgl.
verwahren; das sind 'historische', also veraltete Schreibweisen, die
der im neuhochdeutschen reiche lebendigen nation ihr Sprachgefühl
ertöten würden, mag man, insbesondere der dichter, je nach bedarf
adelig, ad lig oder adlig, zwei- oder dreisilbig sprechen und schrei-
ben, nie wird die Schreibung den adel verleugnen, der in der durch-
sichtigkeit des stammes, in der klarheit des sinnes liegt; aber adlich
wäre gleich eklich unklar, mag man mit demselben rechte wässerig
oder wässerig oder wäszrig sprechen und schreiben, immer bleibt
das Wasser klar im bewustsein dessen , der es liest; wäiarich aber
wäre neuhochdeutsch ebenso wie eklich unberechtigt.
§ 20 ?> über substantiva auf ig und ich. diese möchte
man der einfachheit und Sicherheit unserer rechtschreibung halber
stets gleich gesehrieben wünschen; doch würde dies nicht so einfach
abgehen, -rieh, so weit das r klar zur endung gehört, wie bei Fähn-
rich, mnsz sein eh behalten wie -lieh ; bei den anderen Substantiven
kannte die endung wie bei den adjeetiven geschrieben werden.
§ 20 c die Wörter auf cht mögen ebenfalls oh behalten.
Pndigt ist keine ausnähme; töricht und Kehricht usw. kommen von
Tor und kehren; Predigt dagegen nicht Ton preden und ieht, son-
toi Ton pradigin imd t; ebenso wie GeschiA sieht Ton geen und
-Schaft kommti sondern tou tohaffm und t. flatt also Predigt lur
mnahme in besiehiing auf die eehreibuig der endung -iöht zu siem-
pdn (^nnr Fredigt hat -igt'), möchten wir die erklttrung, daes es
keine Inldnng auf -ioht sei, etwa mit hinweis Eehr-i<dit : Prediget
» Erb-schaft : Ge-schttff-t (vgl. Jagd). — Der lotste satz: *mit g
sdoeibt man Werg, Zwerg; mit di Zwerchüsll und ttberzwereh^
1I.J«lirb. f. phü. a. päd. II. abt. 1878. hfl. 4. 18
Kiitifiohe notisen au den begohlflaegp.
ksnn einfach fortfallen, da unser nhd. seltenes zwerch. » quar mit
den riesen und den zwergen nichts zu schaffen hat.
§21a aher b und p. dasz man unpafs und unpSrslich mit
p schreibt, braucht man nicht zu lernen, da die richtige ausspräche
das anlautende p deutlich erkennen läszt, wie es ja auch den zustand
• bezeichnet, in dem uns nicht alles recht passen will, diese wÖrter
können also fallen, bei den anderen flectierbaren Wörtern wird man
allerdings mit gedächtnishtilfe die einzelnen Schreibweisen behalten
müssen, so lange man nicht der ausspräche phonetisch nachstrebend
den grundsatz aufstellt: scharfe consonantverbindungen
bezeichnen vorausgehende vocalschärfung, weiche
vocaldehnung: also Pabst und eyent. Obst, wegen der vocal-
Ittnge , die anderen mit p.
§ 21 d über d und t. Mägd (und Macht) entspricht dem
genannten princip; Jagd aber von jagen erhält keine feste conso-
nantgruppe; dennoch wäre, trotz des g, t statt d erwünsehtf Tgl.
den plur. und Predigt, Geschäft usw.
§ 22: f, V, ph. grundsätzlich halten wir diese drei buchstaben
nicht für gleiche laute (vgl. a. a. o.). dasz ph ursprünglich eine
echte, alte, stumme aspirata, also nach Raumer p + V2 ^ oder, da
wir w für labialer als f halten, p + V2 ^ gelautet, also jedenfalls
in etwa unserm pf (wie th dem z) ähnlich gelautet haben wird, kön-
nen wir hier auf sich beruhen lassen; einmal lautet ph heute wie
f, und zweitens ist es kein deutscher buchstabe. f und v aber
unterscheiden sich, meinen wir, Ton hause aus ebenso wie ß und f,
wie ch und h oder j, wie p und b, t und d, k und g. im mhd.
wurde ja auch auslautendes v zu f , wie b zu p usw. allerdings sind
die buchstaben und laute etwas durdieinander geratlien ; aber ein-
mal nur im, anlauti und sodaim wird auch jeüil noofa kaum eift
halbes dutsend tnlsufawdiir t schaff klingen, s»b. Yater, Yattor
(YfOdien). kmn eimdges lA« und aiiBlavtondes t, die gaau deuiseh
gewcfdeBOi firtmdwMer eiigesoblosMi, nt selbst sehiaf oder stehfe
MMk gesehiiftsm yooal, b. Vrerok SUsfe, liBfe}$ wBbfOBd
ebenso duvdbgreited aUe timlioheii f sdutsf sb>d uid mebi doppelt
steben missen, weil auch der ToxmusgebeBde Tooal scharf ist. im
den anlautcttdctt f werden aUierdiiigs in muMdien gegenden vide
weich gesprochen, z. b. lAeiniBch: Friedrieh (dagegen Ihrits wieder
sohaxl). wie also f und t als laModentato Ton dem »ein labialem w
geschieden werden mttssen, so ist andi das weiche ▼ mit dem aehar*
üm f nidit sn verwechseln» Wir TerweiM ahm ph gaau unter
die nieht ebigebllxgerten firamdwOiter und hidten gegen § 22 v «id
f fltar TorsdiiedeBe kiite, wie b und p , wie f und
§ 82 bi ph und pf. ph hStten wir hier ganz w^, höchsten»
in amn. erwtthnt gewtlnscht, und Bünl mindestens neben nnd Tor
%heu geiunnt; wort würde uns dann nicht mehr fremder top-
kommen ds Heu, Leu, Streu, Scheu usw. — In der snm.: *pf wird
im anlftut vieler wOrter geschrieben, wekbe in norddeutscher aus-
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der Berliner ortliogn^liiMlieii conftmyk 187
^pndie gew6h]iUdi ihr p Terlieren' ist wiodemm eine einfache, nidit
orthoepische notk, welehe das Mehide wort 'prorimüdiimiiB* oder
'Bimdirik' Termeidet. was wir früher von der nmndartikhen Tocal-
und anelantsohftrfniig (Baü statt Bad) gesagt, gilt aaeh hier
von der entsprechenden anlant er weichung (Fund; Flug statt
Pfand, Pflag). beide Provinzialismen übersehen ganz und gar das
ideal der deutschen ausspräche^ welches die nationale Schriftsprache
uns vorhält, trotz der überall im vaieiiande vorhandenen beispiele
des richtigen! die betr. mundträgheit , welche, von der nationalen,
einheitlichen neuhochdeutschen Schriftsprache abweichend, in einem
allerdings groszen teile Deutschlands, aber doch nur in einem bruch-
teile (nur in teilen des nordens) das pf unter gewissen Verhältnissen
fnemlich wenn es im anlaut steht) gewöhnlich (wenn man sich
gehen läszt) nur halb ausspricht, ist ebenso verkehrt in sich wie
jeder andere Provinzialismus , z. b. das rheinisch-berlinische g == j 5
und er verdient, wenn die rede darauf kommt, ebenso entschieden
tadel und Verurteilung, die mundart schädigt auch hier wieder
auszer der richtigkeit, consequenz und einheit zugleich die deutlich-
keit der edlen nhd. ausspräche, indem verschiedene worte ähnlich
oder gleich werden, z. b. Pferd und f^ihrt, Pfahl und fahl, Pfarre
undFarre, Pfad und fad, Pfalz und falls, Pfand und fand, pfUnden
und fänden, Pfeil und feil, Pflaiiraen und Flaum, Pflicht und flicht,
Pflug und Flug , Pfund und Fund , Pfühl und fühl, auch hier also
wird Wissenschaft und schule die mundart als solche bezeichnen und
als unrichtig oder ungenaa tadeln dürfen und müssen, dieser er-
kenntnis und yerurteilung des Übels wir4 die heilung von selber
leicht und überraschend schnell folgen; denn eine wunderbare sehOn-
heit liegt in der genauen, edlen spräche; und die entstehung unserer
nhd. naüonalsprache ans der Schriftsprache der nationallitteratur,
ffflmer die noch immer gewöhnlichste art ihrer eriemnng in schule
und büehern, endlich der phonetische Charakter unserer Ortho-
graphie, welche lanthehe schreibnng und bnohstttblidies lesen ver^
lADgt, geben dem eyident richtigen auch yollkommene lebenskralt.
In § 28 wflnsehen wir eine begrOndnng des dt; denn das ver-
stttktoe lastet nicht schwer im gedSchtnis; etwa: dt schreibt man
inv da, wo ee ans einer nebenform mit det erldftrt werden kam,
z* b. flSfidte — a sendete, Ittdt -= ladet usw. ob es für die snkonft
1^ 8dn wird ausserdem noch die 'Stadt' yon 'statt' zu scheiden,
obgHeh beide Wörter gleich Stfttte, Stelle, dfirfbe man besweifeln.
— Bie übrigen ttberflflssi^n dt werden wir glflcldich los. — Ob
Ti^eicht die Schreibung Brot, Brote vor Brod, Brede wegen
grosserer ausdehnung der schSrfsm ausspräche den yorzug
Vttdient, yermögen wir nicht zu Überschauen; denn das germanisch»
i konnte doch nur dann für deutsches t entscheiden , wenn das nhd.
wlbet eines entscheidenden momentes völlig entbehrte.
.§ 24: S-laute. es wäre erwünscht, wenn auch hier der name
4n lante (hart und weich, eß und fe) den der buchstaben (lang,
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188
£xitiache noüzen zu den bescMüsaen
rund usw.) verdrängen könnte, statt der beispiele für beide ^salben
und gießen' hätten wir wÖrter gewünscht, die bis auf den in be-
tracht kommenden S-laut ganz gleich gewesen, diese würden den
unterschied, auf den es ankommt, am schärfsten zeigen | es ifit daran
kein mangel, z. b. reifen reißen, weifen weißen.
'Der harte S-laut wird bezeichnet durch ß oder Ü, wenn er ein-
facher auslaut einer Stammsilbe ist und vor vocaüsch anlautender
nachsilbe hart bleibt' usw. usw. bis § 26 ist sehr weitläufig und
stellenweise (z. b, das angeführte) so compliciert und schwierig, dasz
es für die schule nicht leicht angewandt werden kann. — Will man
die früher (a. a. o. IV und oben) besprochenen grundsätze über den
consonantischen auslaut als richtig annehmen, so gentigt im wesent-
lichen das sätzchen: ^der nachweislich harte S-laut wird
durch ß bezeichnet', alles andere ist fast ganz selbstverständ-
liche folgerung; die regel ist einfach, die anwendung leicht und der
schreibgebrauch erweist sich als besser wie man annimmt (vgl.
a. a. 0. II.).
Sehen wir im einzelnen zu! die oben angeführte hauptregel
mit mehr als einem halben dutzend entscheidender hauptbegriffe
wird (vgl. das Schicksal derselben regel von 1871 in den erörte-
rungen von 1871 s. 23 anm., wo wir das ^merkwürdige* ganz natür-
lich finden) — die genannte regel wird kaum ein erwachsener und
an denken gewöhnter gebildeter so schnell überhaupt nur verstehen;
Schüler vollends werden sie niemals vollständig beherschen und mit
leichtigkeit und Sicherheit, die der schulgebrauch verlangt, anwen-
den lernen, dasz man aber nur dasjenige S scharf (ß) schreibt,
welches sich audi swisdien xwei Yocalen (rein stehend) ais wirklich
scharf nachweisen Iftszt, Teratoht sieh nach unserer regel Toa seihet
G^gt werden muss freilich, dass man statt ßa za schreiben
pflegt ü; dies liszt sieh auch in etwa b^prttnden mit der grössem
^ein&chheit^ des Zeichens, da es nhd. kein weiches doppel-8 gibt,
weil weiches S nicht nach kürzen steht die weitm anwendung von
ß und IT ist nun dieselbe wie die jedes andern ein&chen und yer-
doppelungsfUhigen bnchstabs; ebenso, dasz IT sidi zu b wie f zn s
verhalte, ist nnn leicht verstanden und behatten, dasz das eiafische
ß nach langem Tocal, das doppelte IT (event is) nach kurzem stehe,
ist nichts bei den S-lanten besonders zn lemencUs* es ist die selbet-
TerstSndliche anwendung der allgemeinen regel, dasz der koxie
Yocal dnreh Verdoppelung des folgenden einfiEMshoi consonanten ber
zeichnet wird. .
§ 25. hartes 8 als T und s braucht im groszen ganzen ebenfalls
nicht gelernt zu werden: der S-laut ist vielleicht stellenweise
zweifelhaft, kann aber sicher nicht als scharf zwischen vocalen nach-
gewiesen werden! so k5nnen zunttchst fp und ft dreierlei lautlichen.
Werth haben, z. b. fcfat und ßt in stehen, ßt oder fst in List, (mit
vorausgehender Ittnge) in liest (event lift). über d^e *hBrte' des S-
lautes in letzerm werte Hesse sich z. b. noch ebcaiso gut disputieretty
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der Berliner orthographieohen Gonferens.
189
wie über die des b in 'xwibi' u. dgl.; und doch wird, und mit lechti
Uber dergleichen an enteprediender stelle yon den orüiographie-
bttchem keine silbe gesprochen.
Ebenso fällt es selbstYerständlich unter die frühere anslaut-
regel, dass für f &) im auslaut kein ß eintritt (§ 25 a), wie das
b nidit sn p, d nicht am t wird usw. — Und ob (§ 25 h) z. b. das
analantende a in ^was iit das?' wirklieh so scharf klingt, wie in
"Waffer*, also 'wassist das'? wir meinen nicht. — Und ebenso ist
ee (§ Me) mit dem anslant der [nnTerftnderlichen!] endungen
und (§ 26 ä) mit dem *sdehen' der snsammensetsnng [wd genaoer
dem bindeconsonantl] s. — Nicht ^Finsternis und Sandes'
(§ 25 c) stehen sich phonetisch gleioh, sondern etwa Finsterniia nnd
Standebiß, nngewiß, wie Finsteraifle nnd HnndebÜTe, ungewiffe;
dagegen steht gleich ^des Kindes' (§ 25 c) nnd 'Ordnungsliebe'
(§ 25 d), d.lu das genitiT-s (mit oder ohne e) nnd das binde- s oder
znsammensetnmgs-s« nnd soll 'das Eindesalter' wirklich so scharf
gesprodien werden wie 'Kindeiralter'? (das V wird in allen btlchem
als kurz betrachtet) — oder anch 'Eind'ßslter'? ist es wirklich
imsKweifolhaft hart? wir Bheinländer wenigstens sprechen es wol
anders. — s und f zwischen consonanten, und besonders harten,
möchte sich wol kaum rein und klar untersuchen lassen, wie b usw.,
z. b. in Obst u. dgl.
§ 25 an m. 1 : 'der regel gemäsz schreibt man mils- oder miil'e-
als Stammsilbe, -nis [-nifl'e !] als ableitungssilbe', fällt ebenfalls nach
dem schon früher gesagten, mifs- ist unserm nhd. sprachbewustsein
zwar keine Stammsilbe mehr, noch kümmerte es die phonetik, wenn
es eine wäre, noch ob -nis eine ableitungssilbe ist. beide silben aber
sind betont und nachweislich kurz , also beide verdoppelungsbedürf-
tig , wie es auch in der reinen Stellung miÜe- und -niile sich sofort
deutlich zeigt.
§ 25 anm. 1, zweiter absatz, gibt beispiele mit 1* und ß, die
auch nach der phonetischen regel die probe ebenso gut bestehen, wie
nach der etymologisierenden. — Auch die Wörter des dritten ab-
satzes sind nicht gerade 'besonders auswendig zu lernen', gegen
ein paar möchten wir bedenken geltend machen, zunächst gegen
den ^ M e 8 n e r M nach den vorausgehenden regeln müste er ja wol
gar eine lange erste silbe haben, da -ner doch offenbar ^ableitungs-
silbe' ist, also der stamm Mef lang ! man vgl. etwa Zöllner , Glöck-
ner, Kellner, MeTsner mit kurzem und Gegner, Lügner, Bedner
(^Mesner') mit langem stammvocal. und zu der phonetischen rich-
tigkeit kommt die volksetjmologische durch sichtigkeit! was kann
sich ein nhd. gebildeter unter dem worte ^Mesner' denken und vor-
stellen? der 'Mefsner* dagegen hätte sofort die erste silbe kurz be-
zeichnet, und den so klar gestellten Mefs- oder MeiTediener wird
niemand fOr einen MifTethäter ansehen; nnd wenn 'yoran kam der
Meßner geschritten', so hat ihn gewiss noch niemand yerkannt oder
nmicktig an- oder an^gesprochen, noch ihm sein amt Terkannt oder
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Kritische notizen zu den beachlüsseii
verübelt. — Das lateinische wort mansionarius — nebenbei bemerkt
— ist uns nhd. natürlich ganz furchtbar gleichgültig und geht uns
hier gar nichts an. so sicher wie Meßner, Hüfthom, Maulwurf,
Wetterleuchten von mansionarius, hiufan, molt, leichen stammen
und Berlin einst ein slavisches dorf war: so gewis wollen und dür-
fen wir nicht mehr Mesner, Hiefhom, Moltwurf, Wetterleichen
schreiben und sprechen oder Berlin den Slayen einräumen, das
todte gehört der Wissenschaft und ist ihr recht und ihre pflicht; dem
leben aber und der ganzen nation darf keine schOne errungenschaft
langen geistigen strebens und ringens entrifisen oder verkftmmert
werden, denn wer niMite Üglich in pfedilbanten leben oder die
fsinde mit steinwiffBii bekimiifoii? dun abgetha&e md abgetiorbeBe
liegt binter nns und vor uns fUeches leben; nnr lebenaToIke nnd
lebenskrSftigee kann noch sein ledii behaupten.
Fast ganz so steht es mit 'Gleisner', swar kann ei insofern
nicht vie oben *e in seiner qnantittt wfiadert werden, als di-
pbÜionge immer lang sind, dennoch hatten wir früher (a. a. o. Y)
daranf hingewiesen, dasx diphthonge zwar immer lang, aber ebenso
wenig wie andere lange Yocale immer gleichlang seien; s. K ist ei
in nATen und weifen nicht so lang als in reißen nnd weißen. In
'Gleisner* aber ist das ei Oberlang, wie es die diphthonge gewöhn-
lich sind, auf welche scharfe oonsonanten folgen, doch legen wir
auf wiese feinere phonetisofae Schattierung hier weniger gewicht als
auf die Tolksefymologie: -man frage einen gebildsten Neuhooli«
deutschen, was 'Gleisner oder Gleilen' sei; er wird es nieht wiaaen
und nkht Terstehen. man flbedasse ihn sich selbst, ond er wird mit
dem sichern taktgeftlhl des aatürliehen und uttbefingenen 'Gleißner,
g^ßneriseh' schreiben, wie er es sprieht, und er wird, dM
wort an gleißen, glUnsen anlehnend, sieh danmter den fasudiler
denken, der den fidschen schein und fßam sucht, und er wird sieh
an das wort erinnern, nicht alles sei gold, was glinzt und gleißt. —
Mittelhochdeutsches gllzen und mittelhoohdenisches geliohsdnen
machen uns absolut weder kummor noch freude im neuen denisohen
reich, ein römischer Mansionär kann uns kaum kllter lassen, es
.thut fikst weh, wenn ein hochmeister der deutschen spräche vom
ränge Budolf von Baumers hier und da (s. 73) sieh yerlsiten Ittsst,
unsere sdiOne klare neuhochdeutsche mutterspraohe ohne not naoh
fremden masz und abgestorbenen resten bemessen und beurteilen m
wollen, es ist geradezu schrecklich neben nhd. Schreibweisen mlid.
Wörter oder gar fremde zur begründung gedruckt zu sehen, ent*
weder ist der sinn der anh&ngsel noch nhd. lebendig, dann sind sie
überflüssig und bailast; oder ihre bedeutung ist im nhd. todt, dann
sind sie verderblich und gift für das nationale spraohbewnstsein, eun
fremder körper im gesunden fleisohe.
§ 25 anm. 2: des, genetiv von das, ist zu loben (vgl.
§65); aber von deßen und welTen ist auch das betonte deß und
weß idciht zu tadeln; wie einfach und dem ]^ionetisohen ohaiaktsr
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der Berliner orthographisohen conferenz. 191
unserer Orthographie entsprechend dadurch die tonktirze bezeichnet
wird, haben wir schon erwähnt, vgl. Indus, Endes, Kindes und
iadeis ^ munteres, unteres, wunderndes und unterdefs. schreibt man
s * trotz' entsprechendem 11", so ist das zwar ein ^einfacher' buch-
stabe, aber keine einfachere Orthographie; denn jeder ähnliche der
i0gel trotzende fall musz besonders gelernt, behalten und geübt
werte, schreibt man dagegen Ts w eg«n des entsprechmideii IT, ,80
kftben w «durch die «on»qiienz dw regel flOr te Y^rhanrnm Mar-
strich den gewinn einer nicht uox ToUkommenem, soniiem auch
«infftebflm OKtlugi»|fthie; denn das oonaeqnente, regelmäszige, natür-
liche, Tollkommene ist evident, klar imdeiBfikeh umd braucht nickt
besonders geimt «&d «ingeycMgt sa wmhn, weil ea vom saliMit oitt-
Itodatet.
§ 25 aam. 3: 'anlautendes sch Tor p and t wird
dnzob £ beseinlinet, z, b. fpielen, ftelien% flbei^dit die
Vitt yfldbraitele nerddenteeihe ansspraohe, welche m diesem fidle die
gBMnere seitt wttxdSf wllurand die genannte anssprache — - die
adnift war ja emoli hier wieder das- nrsprflngliehe nnd der ganaen
natmi einbsiÜiche — minder hndistftbHch ist die Mer aiät ge-
asante iMspraolie befindel; sieh ehre in einer gfinef^am zeehtelage
tifl etwa die § 6 nnd § 19 wmiigstiBa erwfthnlHi mnndarton. wir
vfinscihen Ako mindestens die r^el den andern genannten ant-
fprsehend nmgefedirt nnd ergänzt: *anlaatendes ip nnd wizd im
Mffden wUnob bndistftblieh (TieUeieht etwaa sehirte ßp und ßt)
anagesproehen, eenift iohp und ttW* letarinre wsqpfaohe ist aber
dieanal vielleikdit nicht ohne weiteres zn verwerfen, denn 1) wie
gesagt ist andi die apitsere vielleicht nicht ganz genau, 2) betrifft
die hieitere nur fest bestimmte, stets gleichbleibende unlösliche
Maonantgruppen, 3) ermöglicht sie genauere ausspräche bei aufein-
mderfolge der laute s und sch, z. b. das Starke (= das Schtarke,
sonst daßtarke), es fteigt, Heeresftärke usw., 4) endlich ist diese in
der «erdehnung des mhd. f zu nhd. fch um eine stufe fortgeschritte-
nere Sprechweise wol die allgemeinere, dennoch schwankt die von
der buchstäblichen lesung abweichende ausspräche auch hier, indem
der Schwabe noch sehr viele ft und Ip breiter zerdehnen möchte, als
andere und, da die Silbentrennung der willktir des expirationsdruckes
ranm verstattet, auch wirklich zerdehnt, vgl. z. b. Donnerftag u. dgl.
und selbst Wörter wie Regensburg, hier zeigt sich die gefahr beim
ersten abweichen vom sonst üblichen genauen lesen, ist aber der
spitzere Zischlaut nach der genauem phonetischen leseregel berech-
tigter, der breitere dagegen der üblichere, so ist es hier vielleicht,
■wenn irgendwo, am platze, den theoretischen und praktischen 'pro-
vinaalismus' als gleich berechtigt und gleich unberechtigt ohne
tadel neben einander bestehen zu lassen, dennoch möchten wir
selbst hier der Wahrheit Zeugnis geben, die spitze ausspräche als die
genauere, feststehendere, die breitere als die yerbreitetere aber
«^wankendere genannt wünschen«
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Kritische notizen zu den bescMüssen
§ 25 anm. 4: s tammhaftes f, IT, ß und endung st «
II, fst^ ßt. es liesze sich der einfachem Übersichtlichkeit halber
sagen: die endung ft (eft) verliert nach einem S-laut das eigne f
und wird zu einfachem t; oder: nach einem (anslautenden) S-lant
wird die endung iüt so z. b« Iftfeft laft, UuTeft Iftfst oder läfTt,
xeißed rmBi.
Wir tragen noeh nach, dasz die annähme der HeysesoliaB
S-8ehreibimg dnreh Banmer und die conferenz ein ent8(^edener
phonetizoiher fortechritt war, halten aber Iz ffir H, auzzer im onzlant,
für unnötig, wezhalb die 8-lante andere behandeln alz andere hmte?
weshalb nieht ich haiTe er hafllb, ich reife er reift, wie iiSk zchnappe
er schnappt, ich zchwimme er zchwimmt, ich ztdk er ztellt nzw»?
— Fügen wir zum zchlnsze hinzu, was die phonetUc noch etwa zn
fordern hfttte, worin etwa die bezondere zchwierigkeit in der be-
handlung der 8-laate gegen andere liegt (vgL a. a. o. HI undH).
bei den muten haben wir auf allen drei hanptorganztafen den harten
und den weichen laut, nichtz mehr nichtz weniger: b p, d t, g k;
bei den nasalen nur einen laut: m, n, ng« wie ganz anders bei den
Spiranten, die gutturalen (und palatalen) zeigen zu dm zcharfen ch
&a allzu weich und fluchtig gewordene h und daz stets nur pzletale
weiche j. Tollkommen umgekehrt haben die labialen (und denti-
labialen) neben d«n weichen w gar keine entsprechende harte labiale
zpirans, die harte dentilabiale f aber ist mit der entsprechenden
weichen y im anlaute teilweise vermengt, einen ähnlichen, aber
doch etwas geringem mangel zeigen die dentalen (und labiodentalen)
Spiranten: zunächst haben wir hier allein vollkommen das, was wir
suchen, das weiche f und das harte ß ; neben dem letztem allerdings
(auf das dentilabiale f zu) das scharfe labiodentale fch. wenn es
aber mit den S «lauten klarer und günstiger steht als mit den an-
dern Spiranten, woher dann die bunte mannigfaltigkeit und ver-
wirrende Willkür mit den S-buchstaben? antwort: wegen der
*einfachheit' der Schreibweise! beweis: weiches £ und alle an-
dere nhd. weichen Spiranten w und y, j und h kommen nicht nach
kürzen vor, sind also nie verdoppelungsbedürftig. während nun von
den meist nach schärfangen stehenden scharfen Spiranten dh (und
ebenso fch) als doppelbuchstab nicht verdc^pelt wird , f dagegen in
der gewöhnlichen weise S (nicht etwa vv) : macht man bei ß leider
eine ausnähme, indem man statt ßß das 'einfachere' (und in
seinem buchstäblichen werthe nicht vorkommende) fl* schreibt,
hier liegt das TTpOuTOV i|/€Öboc! geschieht hier der erste schritt vom
geraden wege, so kehre man auch hier zum richtigen zurück: im
druck mag es dem setzer gleich sein, ob er zwei ß oder zwei f zu
greifen hat; wem im schreiben ßß nicht schnell und einfach genug
von der band will, der bediene sich des runden, ß- ähnlichen buch-
stabens, der ja auch meist für ßß, bez. fl' gemacht wird; nur ver-
meide man es gänzlich zwei weiche s zu schreiben und zu drucken,
wo man doch zwei scharfe ß meint und spricht ; denn schreib, wie
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der Berliner orthographisohen conferenz* 133
da sprichst! mit dieser allzu natürliohen und im grande selbst-
verständliohen einzigen und einüftohen reform wSre uns für immer
geholfen. — Auf dem genannten abwege aber ratsoht man weiter:
langes (weiehee) £ sieht am wortende nicht gut aus, sagt man; die
liebe zur abnmdmig nnd yerschnOrkelnng schreibt statt dessen im
auslaat sohluss-s; das mag noch angehen, obschon das weiche 8 mit
dieser doppelten buchstabenform einzig dasteht nnd ans der reihe
der strengen phonetik und aller andern bnchstaben heraustritt aber
weiter: wo man den scharfen S-lant ß sweimal hfttte sitoiben
ftoUeni sehreibt man 'elnfocher* swei weiche (lange) S-bnch-
staben, also IT. dieser bndistab soll aber nnn am wortende ja
nidit xedit passen, nnd so mfiste er im anslant sn fs werden, daxin
lige, asdhdem die innere oonseqnens der lantliohen, phonetischen
bflseiehnong des lants, ßß, yerlassen ist, mindestens noch eine
iQSierliche consequens der bnchstlblichen graphischen behandlung
des idcheiis. SzCb^Czs* — EndUdh noch der letste fidl: fii ist
mm wieder noch ein nnbeqnemer doppelbnchstabe; wie manchen S
noch nicht ^einfadi' genug ist, und sie dafltr das einfache nrnde,
dem ß flhnHehe zeichen schreiben , so ist es nun auch wiederum be-
quemer und 'einfischer', statt Ts das handlichere ß su setzen ! alles
aBmer 'einfacher' und immer bequemer! — Aber wohin sind wir
diHiit gekommen? wir hatten ursprünglich zwei scharfe S, also ßß
schreiben sollen, wir haben als praktische leute die schrift in weitem
breislauf stets 'einfacher' und bequemer gestaltet, bis wir schliesz-
hdi, als der zirkel ganz durchlaufen war, ein ß ganz profitiert
hatten, kann man mehr *einfachheit* verlangen? aber freilich ist
nun im zirkeltanz, auf der jagd nach buchstäblicher *einfachheit'
der phonetische zweck aus den äugen verloren gegangen , weshalb
man ß hatte verdoppeln wollen: es fehlt jetzt bei ß an der bezeich-
nung der vocalkürze; der Schoß würde jetzt aussehen wie der
J5cb8ß, der innere gehalt und die äuszere gestalt von Röß erscheint
uns dunkel wie Ruß; man liest und spricht (verh. s. 71 und 97)
lange vocale kurz und kurze lang, so z. b. wechseln in einem jüngst
in Oesterreich erschienenen namhaften werke formen wie *am SüH'e-
sten' und 'verstofl'en' mit solchen wie 'faßen' und 'beschießen',
da musz hülfe werden! besinnen wir uns, wo wir wenigstens so
eben noch besser daran waren , oder ersinnen nnd erfinden wir viel-
mehr mit Heyses Scharfsinn aufs neue das fs , welches uns statt des
falschen ß wenigstens wieder vorausgehende kürze kennzeichnet,
aber zu wenige haben lust diesen 6inen schritt rückwärts im kreis-
l^f, oder den abhang hinauf zum alten richtigeu stsndpanot zurück
2u thun nnd dort stets festsusteben ohne zn sinken* nur der eine
|ffld der andere, nicht das ganse Tolk istHeyse zum fs zurück gefolgt,
jetzt werden wir zu einem neuen aolauf aufgefordert diesen letzten
schritt des irrwegs wieder gut zu machen, in der that fs für ß nach
^t^en ist, da der frühere weg ein ingang war, immerhin ein fort-
^tt oder vielmehr ein rücksohritt zum bessern hin. wenn aber
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Kritifiche uotizen zu den beacbltaai
der irrweg ein zirkeltanz war, warum nur einen schritt zurück zu Is
für 8cblu8z-ll\ warum überhaupt zurück, vielleicht die ganze kreis-
runde strecke? warum nicht noch einen kühnen, festen schritt Tor-
wärts zu ßß für IT, und wir stehen wieder wie im anfange auf dem
allein vollkommen richtigen standpunct? und wir verdoppeln nun,
durch unheü gewitzigt , scharfes ß wie alle andern bachstaben ooi-
sequent und principiell auf die höchst einlache weise, dass wir«
zweimal schreiben, merkwürdig einfach naä «inleoohteiMl; weichet f
md echarfes ß, yerdoppelt Bd, geradt wk wodm w vmä w ud
«eharfes f » Tccdoppelt ff, gerada wie weiobes b aad d imd «tete p
und T«Kdoppelt pp und U usw. merkwArdig nstOrlieh md
faolil «nd doob — «rawem wir nasl — wir et luui eiuMd mM
^ma&n6k* genug, und wir erinelt» ao Tie! ^einfiMhma' mtA Mdi
««inÜMshares*, dus wir et kaum rateinaader an halten ▼cnatiifat}
und dach Terfidüteu wir den zwack, dan wir b« fi wit bei aUia «a-
aanantaa aoc^ der Terdoppelnig erreichen wallten, trott oderTid-
2nahr wiegen der ^aiafachan* aunaigfaltigfcaii oder dar mhn m-
fachen S-ieiahen; dean unter te band wwt uaa doppeltet 60 alt
mfiUiab an eiafaclMHn ß gotaameggeaabnimpft und htina fgamA-
tilt ataad Tor ß mehr Itat und aiobar. jettt woUten wir gtm bt-
adieidaaer tain und uaa dat richtigen, deuQiahea und dofäh tiitB
dantüdikait mhitihm und liabem ßß franaa, wenn wir aa marant
hStten.
Wir haben damit die antwi^liiag oder riehftigar die larwick-
lung unterer B«buchttaban, ao wie ihre mgglicha relorm tibecretiscli
constnuert; nidit wie aia nah in ttrang chnmolagiacbar folge tiut-
sSchlioh pnnct für punot ordnet, tondem wia auoL eina dnnddtalBae
reihe rückblickend in gadanhen nach innerer Ordnung poMt an
punat aich folgen läszt nach Verwandtschaft und caussdnexus. wer
die geeduchte der S-Iaute und S-buchttaben kennt, dem brauchen
wir nicht zu bemerken , dasz hier keine naohslUiiang dar geschicht-
lichem antwiakluig und folge beabtichtigt war, sondern aiaa nach-
recfaniing, eiaa Mgarichtige conatmatiian dat gatahahaaea und
wickelten.
Man verzeiht diesen excorti gewitta klare und einfache dinge
können nicht klar und einfach genug gesagt, nicht zu oft bewieset
und^ wiederholt werden, bit sie allgemein aaerkaaat und durcfa-
gaHUirt sind, wann diat gatchieht? einmal wird es geschehen, weil
ea geschehen mnsz ; wann? wer waiat ? worden nicht noch beute
die mit matt und erfolg begonnenen, edlen, sprachreinigenden be-
strebungen unserer höchsten behövdan (a. b. fOr post- und kriegs-
wesen) noch täglich verspottet? sei es durch die ennnerung ^
frühere überspannte fehlversacfae oder durch mutwillige entstell ujig
der berechtigten, ja notwendigen reform? und wie lange haben wir
von der deutschen einheit gesungen und geträumt? und gertde
jetzt, wo diese erreicht, ist die gelegenheit wol für lange unwiedsr-
bringKch günatig und legt uns allen demgemttsae pflichten auf: die
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der fierliuer orthographisohea caaferonz. 185
gunst der zeit besteht darin, dasz eine reform im gange ist; ver-
pflichtet aber ist jeder, der ein herz für seine muttereprache hat, fttr
seinen teil daran mitzulernen und mitzulehren, dasz dem ettigen
Taterlande die gemeinsame muttonpraohe in iDifiglichster reinheit
imd volkstttmliebkeit dM inhalts wie der anaepiaehe und dss aclinft-
liehen form gegeben und erhalten werde.
Und letztere reform ist noch aus besonderem gründe * erleich-
tert, die entsprechende pflicht sei doiefametzen noch beeondeni
dringlich : weil die einfUhrung der sogenannten lateinischen runden
statt der eckigen deutschen schrift duieh die yecinderte form der
einzelnen buchstaben zugleich eine änderoBg in 4em bieherigitt
Mlai gebrauch dieser buäistaben erl^ohtert; weil mÜ dem suräk-
giei&n cu den urq>rttnglidien bnchatabenformen mgleieb die her-
BkUbag der imprOnglidi licktigen anwendnng dieser formen fltar
ihn Mitsprechenden laut erleiolitnrt und geboten ersebeint.
Wir sind damit bei § 26 aiigelsngt, der von der wiedergab«
dsB deutsehen 8 in lateinischen buchstaben handelt
— Auch dayon war bei anderen lauten und buchstaben keine rede,
und mit recht; weQ eine sadh- und «inngemHwe anwendnng der
flbngen lantseichen fttr die beireffenden laute ihre wiedra^be mit
«nti^reohenden lateinischen seidien so eialMh maehte, dass es
•tenso Uberflflssig war mn. wort dailkber sn verlieren.
Itk der besonders sorgfältigen und Vereinfachenden' behandlung
oder ndshandlung der S-laute in der deutschen schrift , in dem vor-
biadensein und der notwendigkeit des § 26 spiegelt sich nun noch-
mals der ganze in- und kreislauf, den wir früher besprochen.
Zwei wege zum ziele scheinen zunächst möglich, entweder wir
gehen von der ausspräche aus und übersetzen unsere beiden
8-laute durch zwei möglichst einfache S-buchstaben etwa weiches
8 und hartes ß (oder weiches f und hartes s) und verdoppeln den
scharfen auch so, wie er ist ßß (oder ss); das wäre der phonetische
einfache weg: zwei laute, zwei buchstaben; und der buchstab wird
Terdoppelt, dessen laut man meint, oder wir gehen von der schrift
aus und übersetzen unsere — S-buchstaben ins lateinische, alle
unsere vielen S-buchstaben ganz genau, buchstaben übersetzen,
der ausdruck macht schon stutzig; — das wäre der 'einfache' buch-
stäbliche weg: langes f wird f, rundes scbIusz-§ wird s, § bleibt
ganz so oder ähnlich ß oder auch wörtlich fz oder sz; doppeltes
langes |f wird Ql\ allenfalls auch ss; schlusz-f^ wird fs. — Wül man
sich einmal an unsere S-schreibung mitsamt der Hejse'schen nach-
besserung anklammem, so ecmfiglidit die buehstttbUeh genaue Über-
setzung der — buchstaben event. auch Scheidung des snsammen-
tceffenden S-sus- vmd snlaats sf fsf, z. b. diesfeitig, Flufsfand u. dgl.
Dasz die erstgenannte phonetische vTiedergabe der S- laute und
8 -buchstaben die beste und wahihafit einfachste ist, dasz sie allein
dieselben wie alle andern laute und zeichen und dem phonetischen
^^Mnikter unserer spräche gemtobehendelti bedarf keines beweises.
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Kritisohe notizen zu den beschlüsBen
b : p : pp = d : t : tt = s : ß : ßß (oder = 1* : s : ss) ist evi-
dent und ein axiom. — Jede mittelstrasze aber zwischen den ge-
nannten beiden wegen kann weder zur phonetisch genauen wieder-
gäbe der deutschen S-laute, noch zur buchstäblich genauen wieder-
gäbe der deutschen lautzeichen führen. — Doch betrachten wir das
einzelne.
§26 erlaubt zunächst für deutsches langes s lateinisches langes f
und rundes s, also laufen und sausen! wol auch saufen undfausen? —
Zwei lateinische zeichen willkürlich für ein deutsches zeichen , wel-
ches schon verschiedenen laut bedeutete, ist ein doppelter überflusz.
sowol mangel als überflusz an buchstaben ist aber ein phonetischer
nachteil. — Für das nachweislich scharfe S (wenn wir uns nach un-
serer obigen vereinfachten weise ausdrücken) soll fs, verdoppelt ss
stehen. — So vereinfacht ausgedrückt (in § 26 nimmt das gesagte,
den §§ 24 nnd 25 entsprechend, nattlrlich viel mehr räum und an-
strengung der aufmerksamkeit in anspmch; vgl. darttber das firOhere)
wOrdt nnsm laielaisohe 8*8elireibuug nodi überHeyBM standpimct
binsiis einen sweiien rllckscliEitl ram bosBini inneHialb des geieieli*
neton kreisweges enthalten, wir hatten firllher (§ 24 nnd 35) 1) wei-
ches f nnd ^, 2) sohacfes % 3) verdoppeltes nnd ff. Mer (§ 26) haben
wir 1) wdohes fnnd s, 2) soharfee is, 3) verdoppeltes ss. — Unter-
suchen wir vor- nnd nadhteile nnd die möglichkeii weitem forfe>
Schritts, ein phonetisoher fortsdiritt liegt in 3) ff nnd f — as.
wir haben ^ doppel-S, fd, das wir mit genauer not dnreh Heyae
▼on % unterschieden und seinit retteten, nnnmdhr vollends mit dem
eigentlieben doppel-S , zu dem es gehört, vereinigt flberflttssi^f ist
fj^ besonders deshalb geworden, weil der graphische mangel des
deutschen langen ff, welches ja am wortende soUechter als ff «os-
sehen soll, bd dem lateinisehen ss fortftUt» — Bin rUckschritt, nnd
zwar ein doppelter, liegt in 2) § Is; einmal ein phonetiscfaer, in-
dem fibr das einÜMhe seichen des einfiM^hen harten S-kmtes {%) im
lateinischen ein doppehEeichea fs eintritt; sodann ein graphischer,
da dieses b bnchstSblich dem dentschen f nnd nicht dem % ent-
spricht. — Kein fortschritt mindestnu li^ endUdi in 1) f imd ^
mm fnnd s; denn es ist einerseits die anwendnng von f nnd s für f
ganz willkttrlich gelassen ; vgl. oben fanlen, sausen, fansen und
saufen ; und doch ist dann wiederum für ^ nur s erlaubt, z. b. Haus,
nicht Häuf, trotz Hansee und HauTes. das verfahren unter 1) ist
also betreffs des auslautes überSagstlich und ultraphonetisch, im
inlaut willkürlich und nicht streng graphisch.
Haben wir oben zu § 24 und 25, als wir nach ÜMt vollendetem
kreislauf dicht vor dem ausgangspunct, dem verlassenen wahren
ziele, standen, den letzten sdiritt zu diesem ziele vorwärts auf der
kreisbahn anempfohlen : so wollen wir hier zu § 26 , wo schon wie-
dei:. mehrere schritte rückwärts auf der kreisbaiin durchlaafen sind,
einmal zusehen, wie weit wir nach dieser richtnng hin vom allein
phonetischen aaiangspunet noch entfernt sind.
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der Berliner ozthograpluBoheii conferenz.
197
1) f neben ^ war eine vom phonetischen standpuncte über-
fillssige, also schädliche zerteüung «ines buchstaben, die bei keinem
andern lanie Torkommt; haben wir mit recht (unter 3) f Ür und
ff nur ssy so Terlangt die conseqneiu (unter 1) entspreohend f Ur f
und ^ auch nur 6in seichen, entweder £ oders, nicht beide.
eins wird entbehrlich.
2) g als einfaches zeichen des einfachen S -lautes war in jeder
beziehung besser als fs, ein doppelbuchstab für einfachen laut«
hatten wir so ebttn ein einfadhee lateinisches zeichen zu yie!, so ist
hier eins zu wenig, entweder nehmen wir oben eins hierher — diee
wllida einen bekannten bndistaben in seinem lautUohen werthe nen
festsetzen und ttndem; oder wir ttbenetzen hier nicht, lassen fttr
iinsem. eigentfimlichen deutschen scharfen S*laut das bestehende
zeieben % so (oder ganz ittmlich ß) fortbestehen — dies wttrde einem
in seinem kntUchen werthe bekannten feststehenden buchstaben des
deatsohen abc in dem lateinischen einen platz anweisen, aber das
lateinische abc soll eben jetzt an die stelle des deutschen treten,
gut, wo es entqvrechende zeichen hat; wo sie fehlen, da bereichern
wir die nmde lateinische schxift, indem wir dieses aus emer geraden
linie und zwei kreisbogen bestehende, also aus den der antiqua ent-
spzedienden bestandteilen gebildete zeichen aufnehmen, event.
kleine eokchen abschleifen.
Wir hätten so im lateinischen abc entweder weiches f, scharfes
ö , doppeltes ss ; oder weiches s , scharfes ß , doppeltes ss. dem er-
stem steht die seltene type i" (die in der bandschrift etwa durch
deutsches b-zeichen oder durch deutsches lang j wiedergegeben, am
wortende 'nicht recht passt') im wege; dem letztern der umstand,
dasz statt ss streng genommen noch ßß eintreten müste; doch
würde SS im lateinischen nicht in die läge kommen können , wie ff
zu fg und 1^ zu werden, da dem ss am wortschlusse keinerlei gra-
phische bedenken ankleben.
Sollte jedoch der früher (zu § 24 und 25) genannte letzte noch
nicht gethane schritt vorwärts zum ziele (ßß statt ff und fy) zu steil
und schwierig, der halbe noch rückwärts zu durchschreitende weg
zu demselben ziele zu weit und ermüdend erscheinen, so wäre wenig-
stens noch das aufgeben des einfachen f oder des einfachen s zu
wünschen, fällt das einfache 1", so sehen wir dem Ts wegen des in
ihm enthaltenen vorragenden f sofort den scharfen einfachen S-laut
an ; fällt einfaches s, so ist das scharflautende doppelte ss nicht mehr
dem zeichen nach doppeltes weiches S, und der fortschritt vom
weichen zum einfachen harten und doppelten harten S-laut spiegelt
sich nicht übel in f zu fs zu SS. freilich springt dann der überflnsz
des r in fs erst recht in die äugen und die schädliche scheinverdop*
pelong des einfachen scharfen S-lautes. denn weiches f, scharfes s»
do|qpeltes ss würde dasselbe einfacher und genauer bezeichnen und
die möglichkeit des s in sp. und st (stigma) u. dgl. gewähren, deren
laat eher dem scharfen ß oder dem verwandten sch gleichti als dem
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KhÜBche Botizeu 2a den beschluMen
weichen f. auch würde der weichere bogen in f / und der schärfere
in 8 dem lautlichen gehalt sinnbildlich entsprechen.
Keine principiellen gegner der eckigen deutschen buchstaben,
möchten wir doch hier noch eine einzelheit für den fall der ein-
fUhrung des lateinischen abc nachtragen, sind doppelte buchstaben
für einfache laute vom tlbel , so ist der dreifache buchstab sch für
den entsprechenden einfachen laut gewis besonders unpassend,
auszerdem mag seine Zusammensetzung wol auch seine bisherige,
wie wir glauben unrichtige lautliche werthschfttzung, so wie seine
münstcrländische ausspräche leider mit beeinfluszt haben, das sch
hat mit eh, mit den gutturalen oder auch nur palatalen oder lingua-
len nichts zu schaffen (s. 0. und a. a. 0.). er ist wesentlich ein rein
dentaler , wo nicht gar labiodentaler scharfer Zischlaut, sein erster
bestandteil s (event. ™ ß) wäre also eher am platze, und da bei
demselben mehr hauch oder athem verbraucht wird als bei dem ge-
wöhnlichen scharfen S, so mag auch sein letzter bestandteil, das h,
allenfalls bleiben, so lange wir kein einheitliches zeichen für den
einheitlichen laut sch haben; das c aber, dessen Mlen man jetzt
schon wünschen möchte, dürfte bei der lateinischen Umsetzung der
Schrift vollends geftchtet werden, sh für sch entfernt sich nicht zu
sehr vom hisherigen aussehen, entspricht dem gebrauche anderer
modemer sprachen, gibt den lautlidien geh^ trefflich wieder und
ist Midlich Yon dem doppellante soh rnttendnadeii, d«r selir oft,
z« b. bei aU«ii TerUanenoigsfoniiai dtr aof 8 wmäMkmdm sttmine,
Torkommt. wir dfabea muA Idar mehr an scfaneUe orioitimuig
beim leeen des betreteden twUum aÜa an di« Btitkmm möglieh-
keit, dass ganze wOrter dadurch ganz ühnlidi wüidoi, z. b. LOs'ohen
und lOscheB. doppeUaniandes ah kommt viel seltaner vor und ist im
lesen deshalb wol ebsMo nnschnldig wie ph.
§ 27 Uber x. sind doppelbnohstaben, zwei oder drei zeiobes
für einen einlachen laut (sch, ch, ng), immer nnd' in jeder beziehnng
Tom flbd, so sind die doppeloonscnaiiteB z nnd x je ein zeichen für
zwei lante (nach kürzen genau genommen fDr drei buchstaben) anch
nidit streng phonettsdi; da jeder laut seinen besondem bnehstabenv
jeder bnehsiab seinen besondem lant ImbeB soll, aieht m^ nnd
nicht weniger, doch sind jene doppelbncfastaben dazu umstSndfidi
imd weitschweifig, diese letztem doppellaute wenigstens nur 'ein-
ftoh*. dennoch oder deshalb sind auch sie vom bOsm, einmal wegeni
der Schwierigkeit ihrer verdoppaluttg nnd trennung, sodann noch
mehr, weil sie entweder das lebendige 8i«aobgefttbl der natiim ver-
dunkeln oder neben den aufgelösten zeichen (z neben ts, x neben ks
usw) einherlaufen müssen: also maanigfidtigkeit und überflusz statt
vemieintlicher Übereinfachheit nnd durch diese *ein&cbheit'. wie
es besser wäre für ck kk zu schreiben, so wSre ks besser als x.
haben wir aber einmal beide und auszerdem noch cks , chs und gs,
so sollte wenigstens jede unlösliche consonantenverbindung der art
durch X bezeichnet werden (wie bei z anszer Lotse), s^kn also die
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der BMliner ortbogxaphiach«a oonfmnz.
199
drei x in den drei wörtem des ersten absatzes Axt, Hexe, Nix und
Nixe, statt Akst, Hekse, Niks und Nikse bleiben — wir sehen, es
sind nur drei bucbstaben gewonnen — so können auch die achtzehn
Wörter des zweiten absatzes ohne Verdunklung lebendiger stimme
chs mit X (statt mit ks) irertauschen (nur drehen und drechseln
möchte mancher vielleicht nicht gern auseinanderreiszen V). denn
chs widerspricht der ausspräche = ks, und kein wort des
ersten oder zweiten abschnittes hat langen einfachen vocal, so dasz
also X (wie z) auch hier stets kurzen einfachen vocal oder einen
diphthong vor sich hätten, und die lautgemäsze Verdoppelung kx
(wie tz) stets tiberflüssig wäre. — Anders mit gs und ks, bez. cks!
hier gehört die gutturale stets zum lebendigen stamm , das s ebenso
zur endung ; vor einfacher gutturale ist der vocal lang : Üugs (im
Flug), nach kurzem vocal tritt Verdoppelung ein: Häeksel (Ge-
haektes).
(lehlttM folgt.)
Masiawsileb bbi Düssn. P. Didolff.
18.
DIE ALTEN LIEDER DES QÜINTUS HORATIUS FLACCUS IM NEUEN
GEWÄNDE VON DR. FELIX KÖSTER ZU NAUMBURG A. D. SAALE.
Würzburg 1877. selbstvctiag von Paul Schulze, debit für den buch-
haadel: Leo Woerl in Würzburg.
Der unteneiGlinete batte im jabro 1876 in der leitadhrift fittr
gjsmaaialweBeB b. 477 — 503 eine raÜM von Homabertn^fiuifen sn
miutern gelegenheit gehabt und sieh in ttberansünunnag mit Su
Siekhoff in diefl«n jahrbttdiem 1871 dabin augeeproctaiy daas
die Ikberaetsrange« des BOmen in gereimten rtrophai den vorzog
verdieneiL vor der nachahmimg der antiken formen , was auch die
nachbildongen eines £manael Geibel nur zu beetfttigen schienen.'
es ist aufs lebhafteste zu bedanem, dasz ein si^raekknndiger und
difikter angleich wie er, es verschmäht hat, uns einen deutschen
Horaz zu schaffen , — leider hat sick auch sonst noch immer kein
congeniake talent an diese aoijgabe gemacht, gute ausätze sind von
Stadelmann, Günther, Bürger gemaekt worden, — dabei ist es aber
geblieben, und nun haben sich eine menge von dilettanten Uber den
nngltloklieken Venusiner, als eine willkommene beute für ikre ym»
Hbnngen, gestürzt; es vergeht kein jähr, in dem nicht von irgend
mm der ^gebildeten' eine misgeburt nicht ohne die jammerreick-
Bten gebortaeckmerzen ans lickt befördert wird, die beides bezeugen,
' bezüglich der Übersetzung von W. Osterwald, welche 1875 unter
dem titel «Boiatias lieder* ersebieB, verweise ieh enf den oben «age-
ftbrtea artlkel der Berliner aeitsckiift IBr gymnaeien.
200 F. Köster: die alten lieder des Quiutus Horatius Flaccus.
dasz der Verfasser eigentlich längst mit seinem latein zu ende ist,
bein geliebtes deutsch aber keineswegs so zu handhaben versteht,
wie man es doch auch von einem ehemaligen gjnmasiasten zu er-
warten hat.
Merkwürdig ist es dabei, dasz diesen elaboraten eine so ge-
schmackvolle ausstattung zu teil wird , wie man sie bei gediegenen
wissenschaftlichen werken vergebens sucht, — so das am angeführ-
ten orte charakterisierte machwerk von R. Minzloff, so die nicht
viel besser gelungene Übersetzung des herm doctors der medicin
* Felix Köster, die uns soeben vorliegt.
Aus der vorrede zu derselben geht hervor, dasz der Übersetzer
anszer allem zusammenhange mit den arbeiten seiner Vorgänger steht,
er kennt sie offenbar gar nicht, gelehrte, denen Mas latein aus-
gegangen', die aber *nach dem verrauschen flüchtiger jngend' noch
einmal zu ihrem alten freunde zurückkehren wollen, aber aaoh wASBÜec
denkt er mch mite seinen lesem, denen er ^duroli eme fliesmide
ttbersetznng mehr gesehmaek an dem lorbeergekrOnten diehter Ter-
sohafibn will% als er edbet demselben unter des at^gm Kirchner
leitung auf der achnlbaak Sehnlpfortas abgewinnen konnte, wir
haben hier das aufrichtige gestttndnis eines Portensere Ober die ge-
schmacklose art der interpretation gewisser phflologen , die die an-
mnt, die lebensfrisdie diehterindiTidualität in einem sehwall Istei«
nisohen notenkrams begraben, das gestttndnis eines Zöglings einer
der ersten deutschen humanistenschnlenv das nns Horasinterprete&
wol zu einer einkehr yeranlassen kann, — vor allmi andern die gegnor
Carl Naacks nnd die yerehrer yon Hermann Schütz!
Wenn der hetr doctor der medicin, der nch eine so schOne auf-
gäbe gestellt hat, nm nachsieht bittet fOr die etwaigen *bOcke, die
er geschossen', so kOnnen wir gestrengen herren philoU^n leider
Ton unserer strenge nichts nachlassen, denn wenn dem herm doctor
sein latein bereits schwankend geworden ist, dann, — ja glanbt er
denn, dasz es nicht doch noch leute geben kSnnte, die von der
Sache mehr rerstehen als er? musz er denn durchaus, was er noch
von der alten knnst profitiert hat, gedruckt unter die leute bringen,
die für ihr schönes geld doch auch etwas rechtes gekauft haben
wollen?
Nun, unter einer bedingnng wollen wir die böeke, wenn ihrer
nicht gar zu viele herumlaufen, und zu gewichtige, nidit zu scharf
unter das messer nehmen, — unter der bedingung, dasz die formalen
Torzüge der Übersetzung einige materiale mBngel mit glSnzend schö*
nem gewande verdecken, nous verrons !
Wir sdblagen die erste beste stelle auf: IH 12 Miaewum est
Köster:
Mädchen, das nicht darf mit Amor spielen,
nteht mit sekt die sorgen nieder spülen,
weil es fürchtet onkeU lorn za Ahlen,
solches mHdohen ist gta Übel dran.
L.iyuizcü Oy Google
F, Köster: die alten lieder des Quintus Uoratiug Flaccus. 201
Der beschwingte knabe, Neobale,
der CMheftt eobBi dir die epiile
siebet toa Lipera den sebönen mann
HebrlM da, mag er den etrom dnrehgleiten
mit geealbten schult«m, oder reiten
"besser als Bellerophon, und streiten
unbenegt im kämpf mit fasz und faust;
Der im freien feld kann birscbe scbieszen
die von aufj^escheucbter heerde lieszen,
oder auch den wilden eher scbieszen,
der versteckt im hoben dickicht huiist.
eine bedenkliche probe von dem dicbtertalent unsers autorä! der
poetische bauch des Originals ist imter diesen derben griffen kläglich
verduftet aber geradezu schaudcr musz jedes deutsche Sprachgefühl
erfassen vor den Wendungen : ^mädcben, das nicht darf, 'solches
mSdcben\ und die ^Neobule mit der spule' ist jedenfalls unüber-
trefflich schön! die reime spielen : spülen lassen nichts zu wttn*
sehen übrig, die hirsche, die von au^escheuohter heerde lieszen,
finden im texte nicht die geringste entschuldigung , die wendnng ist
nur durch die dira necessitas der reimnot entstanden, grobe fehler
finden sich schon in diesem kleinen gedichte mehr als zu ent-
schuldigen ist. Ämori äare Ittdum heiszt nicht 'mit Amor spielen*,
herr dr. med.! jeder tüchtige comraentar hätte Sie eines bessern
belehren können, wenn Sie etwas fleisz auf das studium der ver-
breitetsten exegetischen arbeiten des Horaz verwendet hätten, so
wären Ihnen nicht so viele Ungeheuerlichkeiten passiert, Sie hätten
wenigstens ein erträgliches not- und hilfsbUchlein für schüler ge-
schrieben! ein Horazisches mädcben sekt 'niederspülen' zu lassen,
ist doch etwas bedenklich. Sie dachten wol an die schenke 'Zum
wilden Schweinskopf' in Eastcheap und an Dortchen und ihren dicken
galan? (dieses wort liebt herr Köster sehr. vgl. III 10: o quamvis
neque te mumra nec prcces \ ncc tinctus violapaüar amantium | nec
vir Fieria paeUce satwiiM | curvati
Und wenn dich nieht gesehenk und flehn,
aieht der galane bleich geBioht,
das sie sich schminkten (?!\ wenn dieh Btcht
ombeugt, dasz du verletzt gesehn
von Pioriens buhlin (?) deinen mann.) — -
was hat sieh wol ^ herr flbersetzer unter einem kaonpf *m!t fasz'
gedacht? in der Terbindong *mit ibsz und fanet' kimn der unbe-
&Dgene leeer nnr an toztride denken nad nkht ahnen, daea
Bßgmpeä^ mäm ^nnbeeiegt im Bchnellev wettlanf' heiest falsch kt
toier die bedehitng und tbersetzung ron eatia idem per aperkm
fifgknies agUcAo grege oervas iaeuUm^ da per apertvm fiikntea ^ttber
die Uohtong flielwnde hirache' sneanunengehOrt.
Dieaer prebe entapriebt, dae game. überall platte reimproia
H.Jahrb.&phil.«.pld. ILtVI. im hfl.«. H
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202 F. KOiter: die alten lieder des Quintai äontii» Flacciu.
ohne ein» spiir des diehteriachen genins des Originals, yerleisimg
des gesdumuikes imd des sprachgeftbls , grobe miswstSadnisBe ans
UTilfeimtnis- der spraohe des dichters begangen und ans naVunntnM
des allefgewÖbnUchsten philologiscben erUSrnngsmaterials. die
meisten stroplien sind so kians nnd naklar, dass kein laie sie ver-
stehen kann: man lese einmal folgende stropbe nnd frage sieh, ob
man den sinn derselben verstanden hat nnd yerstehen kum:
Schon des Pacorus und Monäses Schaar
Bohloif Eweimal unsern starm, der so nicht war
vorausgesagt, mit kraft zurück, und grinst,
weil sie la orden fügt des kriege gewinnet.
Selbst mit der dentschen orüiographie nnd grammatik liegt er
in hader, wie, um Ton obigem 'gewinnst' su schweigen, der com-
paratiT s. 72 'klng'rer', die schreibiuig 'pallOste^ beweist er spnM
von einem 'abgesprochenen steUdichein' I 9. er scheid ach
nicht zn schreiben: 'seinen ros'gen hals nnd arme* I den QninetQiiu
hSlt ewiger schlaf — nmwoben? nein, 'umworben* rdmt mit
'nnyerdorben' 1 24. meiuo "Umgaa peminte noetea 'wShrend ich die
langen nftchte hier durchtrete, iäi, der deine!* durchtreten die
nSchte? horr doetor, ich glaube gar Sie haben nicht mehr gewust»
wasjwfjre heiszt, und habon sich so geholfen: Ire gehen, treten, per
'durdi*, perire durchtreten! dasz cUese Zumutung nicht zu stark
ist, mögen folgende in zeit einer Viertelstunde gesammelte fSUe
beweisen, m 6 sagt Horaz:
motus doceri gaudet lonicos
acerba* vkffo ei fingUuir oftibua
• 80 lese ich mit Lucian Müller statt matnra, vgl. praef. s. XXVIII
der ed. Teubner. 1875 'ineptum illud esse ^maiitra^ nemo iam ut puto ne-
gabit post Peerlcaaipium, cum adiectis quae mnl iiam nunci^ et «.de tenero
ungui signißeeturT^ aeta» nondum matura* tmde kaud eimetanier teHpd
€aeerba>y quod iit sensui opiime gatia faHt^ Üa ne a Kiteris quidem ninus
distat. Vay-ro apud Sonium s. v. aoerbim . . maiores nostri virginis acerhae
auris vcneris vocahulis imbui noluerunt. diese conjectur entspricht dem
sinne der stelle evident, gerade weil L. Müller und jeder erklärer des
dichtere mit ihm de tenero tmgid ^ dicoXdkv 6v0xwv nimmt, paset die
maiwa virgo, nn der die berufensten gelehrten anetoes genommen haben,
an unserer stelle nicht, wo die Sittenverderbnis schon der zartesten
Jugend bloszgelegt werden soll; dasz eine matura virgo, iam nubilit anmt
üppige gcdanken hat, wäre für den Zusammenhang dieser etelle viel m
schwach, man erinnere rieh nnr an die freche ecene bei Petron. 26,
ed. Büoheler, wo die kleine Pannychis devirginatury puella saUt bella et,
quae non plus quam Septem annos habere videbatur, und den commentar,
den dazu Quartilla aus ihrem eigenen leben gibt, zur vergleichuQg ist
ans Hör. heranzuziehen II 5, 9 toÜe atpUKnem immUii
Yiilpes sagt in fabnla: nondum matura etl, n&to aeertjfim tumere. II 5, 10
wird die iuvenca Lalage, quae nondum subacta ferre iugum valet Cervice,
nondum munia corporis Aequare nec tmiri inentis in venerem tolerare pondtis
mit einer acerba uva verglichen und dieser vergleich liegt auch dem
snsdrack aeerba virgo zu gründe, so viel zur abwehr gegen Düntier
in Fleckeisens jahrb. 1877 8. 66, der iam nunc falsch 'jetzt schon', lee-
<iit /ofrid eehlecht «weiche tXnse» fiheraetst, nnd L. MüUere 'anglack-
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F. Köster: die alten Ueder des Quintag Horatiae Flacooi. 203
iam nme et incestos amores
de tenero meditatur ungut.
j<m zarter jugend an diroXlS^v' ovi^XU^V denkt dies mädchen schon
an woUttst, das ist der smn der stelle und die übersetzimg der worte
de tenero meditatur ungut, Köater übersetzt es : sie kaut an den
nägelnl eine ähnliche leistung ist z. b. die ttbersetznng von 111,5
fnae (hiem) nunc opposUis debüitat pumkibus mare Tyrrhenum (der
wintersttirm peitscht das tyrrhenische meer gogen die felswand des
ufers): 'der winter, der das Tjrrhener meer an anderer kttste (1)
mm schwächt.' ebenso ferner das folgende:
Sei Uugf, klär* wein und dann beschneid*
der kurzen frist die vielerlei gelüste,
▼orüber rauscht des Deides voll die seit
uns im gespräch.
Lacedaemon pafiens ist ihm: Lakedämon, das geduldig harrte aus!
ob das einen sinn gibt, ist ihm ganz gleichgültig, so geht es in
bunter reihe weiter 1 1 14 nii jpiäia timidus navUa puppibus fidU i
Zaghafter scUlfer traut gemalten
•chiffssternen nimmer doch so recht!
dasn die notizen, dasz 1 18 tnoenia Catüi der gen. des namens des
grflnders von Tibur für einen stadtnamen gehalten worden ist: um
den müden boden Tiburs pflanzen und am Catilns; dasz I 32 t»
terra daimbus negata, ein land, das menschenwohnungen versagt ist,
gegeben wird: bring mich, wo . • kein dach auf einem festen hause
ruht; dasz I 26 das pronomm guis, nemlich rex metuahur^ auf das
vorangehende venH$ bezogen worden ist, wie die Übersetzung: 'den
flftehVgen winden geben, die sogar des nordens könig fürchtet';
dasz er femer die giganten II 12 Tdkiris iuvenes die junge brut des
Tellus nennt; dasz er II 14 Tityangue den Tityon; dasz er II 17
iißpUtcikm Fords 'so gefallen spenden werd' ich den Parzen*
übersetzt, — und wir werden die acten über diesen fall schlieszen
können, der zwar leider nicht unerhört ist, aber immerhin aufsehen
erregen musz. 'Mentula conatur Fimpleum scandere montem : Musae
forcUlis praecipitem eidunt.'
liehe' Vermutung acerha grundlos tadelt, indem er ihm ein misverständ-
Iiis der worte de tenero ungui unterschiebt, wenn C. Nauck sagt:
^natura virgo meint, sobald sie heran wächst', so heistt das in die
worte bbieinle|[;en, was sie nicht bedenten können, die bedeatnng, die
er will, gibt eben acerha. H. Schütz nennt matura auffallend, will es
aber halten durch die bcmerkung, dasz der Unterricht in diesen üppigen
tänzen für erwachsene Jungfrauen schmählicher ist, als für kleine
vidchen, die von der nnsüchtigkeit der tftnze noeh kein bewnstsein
haben, aber dasz dies bewnstsein gerade durch diese tänze geweckt
wird, ist ja das verhängnisvolle, was unser rügelied mit den grellsten
färben malt, gerade die einimpfung des giftes der wollust in die zarten
harzen hebt unser dichter hervor.
MeSSBITZ. WaLTHER G£BHA&DI.
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204 Scbaaenbtug und Hoche: deutscheB leBebuch für die obezdaasen.
1».
DBUTSCBBB LB8SBU0B FÜR DIB OBBR0LA88CH HÖHBBBB 80HDLBK.
VOH 80KAÜBHBUBO ÜBB HOOHB. ZWBX TBILB. ZWEITE TER-
MBHBTB UND TBRBBSSBRTB AÜFLAGB. Esseu, BfidekST. 1874 n. 1877.
Wenn bei der flut von lesebtichern, die zahlreich erscheinen,
einige sich lange genug behaupten, um neue auflagen zu erleben,
80 ist das schon ein beweis für ihre geschickte Zusammenstellung
und gute auswahl. auch die oben genannten bücher verdienen die-
sen rühm, wie ich schon bei der besprechung der ersten aufläge
namentlich auf das richtige princip hingewiesen habe, dasz es fSr
unterlagen zur litteraturgeschichte weit mehr längerer ausführlicher
abschnitte aus den hauptwerken der besten Schriftsteller bedarf, als
kurzer, charakterloser bruchstücke aus einer menge von Schrift-
stellern , welche leider nur zu oft massenhaft in den handbüchern
der litteraturgeschichte aufgeführt werden, aber selbst dieses rich-
tige princip fordert doch eine differente anwendung, je nach den
Zeitabschnitten, bei denen es zur geltung kommen soll, wenn in
dem ersten von Hoche bearbeiteten teile nur proben aus den
Nibelungen- und Gudrunliedern, dem armen Heinrich, dem Parcival,
Tristan, aus Walthers von der Yogelweide mannigfachen lyrischen
liedern, von Tauler, einigen meistergesängen , aus Reinecke Voss,
dem narrenschiflf, ferner abschnitte von Luther, Murner, Sachs und
rischart gegeben werden, so ist diese beschränkung vollständig
empfehlenswerth , wenn man auch ungern abschnitte aus JPreidanks
bescheidenbeit vermiszte, welche erst die neue aufläge s. 145 — 152
hinzufügt, es ist vielleicht nur eine subjective ansieht, wenn ich
schou früher den wünsch aussprach, es möchten dtn mittelhoch-
deutschen lesestücken wenigstens einige für den litteraturgeschicht-
lichen Unterricht in secunda nötige proben der althochdeutschen
sprachstufe vorausgeschickt werden, die Merseburger gedicbte, das
Hildebrandslied, das Wessobrunner gebet, abschnitte aus dem Krist
und Heliand, das Ludwigslied, wollte der Verfasser sie aus pädago-
gischen gründen nicht in der alten spräche geben, so waren sie
mindestens in nenhochdeutscber Übertragung einzureiben, mir ist
es nicbt zweifelhaft, dasz dadurch die benatcimg des buobes mehr
gewonnen hätte als durch die anfiialinie Ton Bzeos gesang von den
wundern Christi, einem didaktbdi-allegorisoiien pftffischeB gedkht
in 28 Strophen, das in form und aulbarang sehr an Otfrids Knst
erinnert, die Verfasser weisen aber in der rotrede za dieser zweiten
aufläge ausdrfleklidi darauf hin, dasz sie sidi nicht haben ent-
sdiliessen kdnnen, trotz mancher aa&chtungen , von den grondr
sStzen, die sie bei bearbeitung der ersten anflage leiteten, abzu-
weichen, und 80 müssen wir uns denn bescheiden mit unseni
wünschen und das gute, wie es hier besonders im ersten teile ge-
boten wird, dankend annehmen, die Vermehrung der Nibeluqgen-
aventiuren um 2, nr. 7 und 26, der Waltherlieder um 5 wird jeder
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Schauenburg und Hoche: deutechet lesebuch für die oberdaseeu. 205
gern willkommen heiszen. so ist auch eigentlich nur von diesem
ersten teil zu behaupten, dasz er in einer vermehrten und ver-
besserten aufläge erschienen sei , denn von den scheu ange deuteten
Vermehrungen des textes abgesehen zeigen sich ganz wesentliche
Verbesserungen in dem glossar, dessen eigenartige anordnung zwar
den Schülern erst zum Verständnis gebracht werden musz, welches
sie aber dann für die dichtungen aus der mittelalterlichen blütezeit
nicht im stiche lliszt. dabei ist es aber zu bedauern, dasz es sich
nicht auf die proben aus dem 15n und lOn Jahrhundert ausdehnt
oder mindestens unter dem text an den betreÜenden stellen bei
Sachs, Murner und Fischart die nötigen deutungen gibt, wesent-
lichü Veränderungen in dem texte der grammatik sind nicht vor-
gekommen, auszer dasz überall eine sorgfältige Unterscheidung des
aus i umgewandelten geschlossenen c durchgeführt ist. warum in
§ 7 die regeln 1 und 4 nicht zusammengefaszt sind, ist mir nicht
erklärlich, wenn endlich der Verfasser in der vorrede s. IV die be-
nutzung dieses Icscbuchs sich so denkt, dasz in secunda neben der
formenlehre die abschnitte s. 5 — 104, das übrige aber in prima ge-
lesen werden soll, passt diese Verteilung Wenigatens auf die real-
schulen im künigreich Sachsen nicht, wo nach dem neuen reglement
nur in obersecunda die ältere litteraturgeschichte bis zur reforma-
tion vorgeführt werden musz. das ändert aber an dem werthe des
buches nichts und ich wünsche, dasz recht viele coUegen gleich mir
diesem ersten teile die aufnähme in ihre anstalten gewähren.
Anders aber musz ich mich zu dem zweiten teile stellen, den
Schauenburg herausgegeben, von dem es auf dem titel auch nur
baust *iweito dnrohgeaehene aufläge', was ioli oben andeutete gilt
Ton diasem sweitoa teile; das princip der beachränkung auf die
haupterschemungen ist für die zeit vor dem 16n jafailuiiidert absolut
xiehtig und emj^blenswerth , genügt aneh nocb lllr das 17e und
arste drittel des 18n jahrbundarts; aber ich halte es fttr unmöglich,
daas ein lahrer die litterator des 18n Jahrhunderts nur an proben
Ton Elopstock, Lessing, Härder, Ooathe, Schiller, Job. Geoig Forster
yorftthren kaim, denn mehr enthielt die erste aufläge nicht, und
diese zweite hat nur durch ein sehr knappes inhaltsTerzeiehnis der
29 abschnitte von Lessings Laokoon und durch 32 stanaen aus dem
Tierten gesang von Widands Ohmn eine karge erweiterung er-
ühmk» wtthrend sonst die teite von sehr sicherem geschmack und
pidagogisehem takt sengen, kann ich dies von der wähl dea Wieland-
sehen abschnittes nicht rühmen, es sei denn, dass absichtlich ein
firagment gewfthlt worde, welches die satirische, höhnische, pietäts-
lose behandlung des romantischen Stoffes yon mUm Wielands dar-
legen sollte, man kann im 18n Jahrhundert nicht Geliert und die
sSohaaschein dichter, Kleist und die Hallesohen, Bttiger und Voss
mit den Göttingenit auf der scheide des Jahrhunderts & romantiker
einfach ignorieren, und neben Platen darf mindestens Immennann
nicht fehlen, so scheint mir also, trota alles guten, das im zweiten
L.iyuizcü Oy Google
206 W« B. Möxmich: aaawabl deutscher aofsätze und reden.
teile geboten wird, die benutzung desselben als unterläge für die
neuere litteraturgeschichte weniger empfehlenswerth zu sein; denn
wenn es auch richtig ist, dasz wir durch billige drucke jetzt viel
leichter den schülern vollständige texte in die bände geben können,
80 würde es sich, denke ich, weit mehr rechtfertigen, in eine solche
Chrestomathie gar nichts von Lessing, Goethe und Schiller aufzu-
nehmen, die billig zu haben sind, und dafür von den kleineren dich-
tem das lesenswerthe zu bringen , weil man nicht verlangen kann,
dasz die schüler sich von diesen relativ unbedeutenderen Schrift-
stellern separatdrucke« anschaffen sollen , da sie doch der kenntnis
derselben nicht ganz entbehren können.
DsEfiDEN. YlETOft.
20.
MÖMMIOH, OB. W. B., AUSWAHL DEÜTSOHEB AUFSATZE UND BEDEN.
EIN BBOiUlZEHDBS BILFSHITTBL F&B DEK DEUT8GBBH 8PBACE-
ÜMTBBBICPBT IN DEN OBBBBN GTMNASIALOLASSEN. ZWEITE AUF-
LAGE. MIT EINEK ABHANG, BNTHALTEND BBLIUTBEUNOBN UND
BEOANZUNOEN Zü DEN HüBTEBStOOKEN. BEABBEITBT VON PB.
A. PLANCK, PBOFSSSOR AM OBEREN OTMNASTUM IN nEILBRONH.
Heilbronn, verlag von A. Scheurien. 1876. XXIV n. 462 s. anhang
11 8. gr. 8.
Die vorliegende von dem s. z. als lehrer des deutschen aner-
kannten herausgeber (derselbe ist 1868 als rector emeritus des
Hei] bronner gymnasiums gestorben) getroffene und im jähre 1862
erstmals erschienene aus wähl ist damals in diesen Jahrbüchern nicht
besprochen worden.
Wenn sie nun 14 jähre später in neuer und, wir dürfen «8
gleich hier sagen , wirklich verbesserter gestalt wieder erscheint, so
ergreifen wir mit vergnügen die gelegenheit, dadurch, dasz wir die
aufmerksamkeii der ooUegen in weiteren kreisen auf dieses gediegene
sdralbndi lenken^ das fräier Tersftnmte, so Tie! an uns liegt, wieder
gut ZQ madiiaiu
Geben wir zuerst in kttrse ein bild des hier gebotenen Inhalts,
es aind 108 stttcke Ton 50 autoren, deren zeihe mit Geliert beginnt
und, der Zeitfolge nach geordnet, mit E. Gurtius sehliesst. von des
früheren namen finden sich in der neuen ausgäbe folgende 7 mdA
wieder: Zollikofer, Reinhard, Steffens, Bumohr, Theremin, List und
Menzel, redudert ist bei folgenden 8 das aus ihren Schriften ans*
gehobene: Geliert, Mendelssohn, Engel, Garre, Herder, Goethe,
Forster und W. t. Humboldt; dag^n treten neu auf folgende 6:
J, Grimm, ühland, Gervinus, Mommsen, Giesebreefat und E. Cortins«
was die zahl der von jedem autor mitgeteilten stfloke betrifft, so hat
Goethe IS, Sehiller 9, Herder 6, Kant und Lessing je 4, Mteer,
Wieland, Job. t. Mflller, Manso, Heeren, Jean Faul, Schleiermadier,
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W. B» ÜÖAiiich: auBwahl deattcher anfgfttse und reden. 207
Hegel und Uhland je 3, Winckelmann, Garve, Forster, Fichte,
Jacobs, Arndt, Schelling, Jahn und Bänke je 2, die übrigen 27 je
ein stück geliefert, unter diesen befinden sich auszer den schon ge-
nannten Sturz, Knebel, Ni^meyer, Hebel, A. v. Humboldt, A. W,
Schlegel, Schlosser u. a. dem inhaltsverzeichnis (XV — XXIV) sind
bei jedem autor kurze biographische und litterarische notizen bei-
gegeben, der vom neuen herausgeber hinzugefügte anhang gibt er-
läuterungen und ergänzungon zu den musterstücken, wir begegnen
hier einer reihe Yon feinen bemerkungen und guten winken, nur
hätten wir die letzteren, sofern sie auf verwerthung der lesestücke
für eigene arbeiten der schÜler gerichtet sind , noch reichlicher ge-
wünscht, und damit kommen wir auf den zweck der ganzen
Sammlung zu reden , wie ihn schon der erste herausgeber (vorrede
8. VIII) ausgesprochen hat: sie soll 'den Übungen in abhandelnden
und rednerischen ausarboitungen zum ergänzenden hilfsmittel die-
nen' und steht vermöge dieses Zweckes den Sammlungen von Hiecke
und Kletke ziemlich nahe, unterscheidet sich von ihnen aber wieder
dadurch, dasz sie mehr als dort geschehen ist, aufsatze moralischen,
religiösen und vaterländischen Inhalts in ihren kreis gezogen hat.
wenn übrigens Mönnich von rednerischen ausarbeitungen des
gyinnasiasten spricht, so denken wir in diesem puncte freilich etwas
nüchterner, die ausarbeitung einer eigentlichen rede wird dem
gymnasiasten wol nur selten und unter ganz bestimmten bedingungen
als aufgäbe zu stellen sein, das ziel, das vom gymnasium in diesem
uüterrichtszweig angestrebt werden soll, hat unseres erachtens
K. A. J. Hoffmann in der zweiten sammlung seiner schulreden
(Clausthal 186G) s. 61 ganz richtig dahin präcisiert, dasz es nicht
darin bestehe, eigentliche redner zu bilden, sondern nur darin, bei
der mehrzahl der schüler klarheit, angemessenheit und einen im
ganzen gefälligen flusz des ausdrucks, d. h. dasjenige zu erreichen,
was zur sog. discussion erforderlich ist. und dazu ist nun eben
nnser buch ein treffliches mittel.
Mit recht verlangt nun aber M. für die behandlung desselben
im Unterricht yom lehrer eine gründliche Vorbereitung, diese ist
schon für ein gutes vorlesen nötig, das der lehrer jedenfoUs bei
sdiwierigeren stüoken selbst sa übemeihmen hat, weü auf den
ersten geaamteindrack aneh für die weeknng des verstSndnisses
sehr viel ankommt, erst vom einheitü^dien hauptgedanken ans ist
dann auf die teile und einielheiten su blicken, das gesamtergebnis
der auf das verstindnis gerichteten gemeinschaftliehen arbeit yon
lehrer und achfllem ist von diesen entweder in form einer susanunen-
hSngenden berichterstattnng oder einer sohematiechen Übersicht
notfiadlich oder schriftlich anzugeben, rein sprachHidie erörterungen
und möglichst zu beschranken, die sachlichen erörterungen werden
dem lehrer oft ungesnoht zur Stellung von geeigneten aufgaben
vennlassung geben, lauter ganz beachtenswertiie andeutongen, die
den erfiBhrenen schnlmann erkennen lassen! indessen glauben wir
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208 W. 3* Mönoich: auswahl deutficher auf^iUiKe und reden.
doch, dasz es sich der lehrer nicht verdrieszen lassen darf, manch-
mal eine halbe stunde auch zur weckung der aufmerksamkeit auf
ganz elementare dinge zu verwenden, hören wir wieder Hoffmann
a. a. 0. s. f.: 'so können wir auch in unserem unterrichte die
alte lehre von den tropen und figuren nicht entbehren, denn die
mebrzahl unserer schüler ist nicht so sprachfähig, dasz sie, ohne
darauf aufmerksam gemacht zu werden, ihrem ausdruck eine frische
und phantasievolle abwechslung zu verleihen im stände wäre, es
sind immer nur wenige aus einer groszen zahl, welche, wenn sie in
einem aufsatze z. b. den groszen Gustav Adolf einmal genannt
haben, nachher statt des namens den tropus 'der siegreiche feld-
herr' oder 'der grosze könig von Schweden' oder 'der Vorkämpfer
des Protestantismus' anzuwenden wüsten; die mehrzahl fährt mit
einem er oder mit den matten fürwörtern dieser, jener, der-
selbe fort, welche der pbantasie kein neues bild geben, es sind
immer nur wenige, welche an richtiger stelle einen vergleich und
ein bild zu bieten oder ein bekanntes Sprichwort in emer nur etwas
neuen form anzuführen verstehen;- nur wenige, die eine belebende
frage an passender stelle statt der einfachen behauptnng auftreten
lassen oder durch scharfe gegensätze und sog. negativdefinitionen
eine Sache in ein klares licht zu setzen wissen, nnd doch sind dies
. nur die einfachsten mittel einer gefälligen darsteUong, neben denoi
ich die kunstyoll«rw arten des ausdrucks nicht einmal erwtimeii
will« nnd endUoli den satzbaa anlangt , so weisz nnr der, wel-
clier lange seit die deutsolMii arbeilfin der oberen dessen sn Idim
gebabi wie tckwer et selbst begabten jOnglingen wird, mm
sata mit nur einiger fOUe nnd dodi rogleidi mit klarer gliedenmg
sn baven. es gibt da reoht viel m lebreiif reoirt yM m lernen mtd
reebt Tiel an Üben.' an diesem lehren, lernen nnd fiben man alwr
gerade auch die lehrstnnde eben vermOge ihrer praktischen tcndani
anf sprach* nnd stütlbnng sieh innerhalb ihres gebietes betefligeD.
Es ist eine sehr bMchtenswertlie bemerkung MOnnidis, dm
niebt bei jedem lesestlUsk alles, sondern bei dem einen derinbalt
als soleber, bei dem andern der pUm, bei dem dritten der aasdraek
SU belenebten sei« so glauben wir a. b. würde der lehrer meht woU
daran thun, in der abhaadlung Yon Herder ttber die frage: 'hsbes
wir noch das yaterland der idten?* (s. 96 — 101) sieh anf viele e^
klftmngen im einzelnen einsnlassen. besser wire hier sM der
eiqfiliderenden die ooncentrierende thStigkeit, indem man den sehfller
aus der bilderreidien, geistreioh bewegten, hie und da auch geütr
reidi spielenden darstellung die kemgedaiücen herausfinden hesn«
daran kdnnten sidi mehr selbständige arbdten unter neuen vom
lehrer gegebenen •gedditspuncten anschliessoi, z. b.: triebfedern
der Vaterlandsliebe bei den Griechen; und in diese ausfüh-
npg könnten dann die gedanken dnes passus aus Wielands abhand-
luug Uber den deutschen Patriotismus s. 60 — 67, nemHch das dort
s. #1—68 Uber die alten Griechen gesagte, yerarbdtet werden, andere
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W. B. M(}imich: aotwabl deutscher aufsitze und reden. 209
themen, die sich hier anknüpfen lieszen, wären: verirrungen des
antiken Patriotismus — pflichten des deutschen Patrio-
tismus nach Herder — u. dgl. Goethes bemerkungen über
zustand und entwicklung der deutschen litteratur um 1770 s. 155
— 162 könnten zu einem referierenden auszug mit der modification
verwendet werden, daj-/ er sich wesentlich an die von G. mit nen-
nung ihres namens hervorgehobenen und besprochenen Vertreter
jener litteraturepoche zu halten hätte, das stück von Jacobs über
die höhe der hellenischen bildung und deren einflusz auf den bil-
dungsgang der übrigen Völker (s. 303 — 311) würden wir den
Schüler zu einer schematisch ausgeführten disposition mit angäbe
des themas, der hauptteile und Unterabteilungen benutzen lassen,
hei der nach inhalt und ausdruck wenig Schwierigkeiten bietenden
rede von Engel über Friedrich den groszen (s. 69 — 75) würden
wir auf die verschiedenen arten des Übergangs aufmerksam machen,
auf die bekannte thatsache rücksicht nehmend, das/, dem angehen-
den Stilisten die Übergänge oft ungemeine Schwierigkeiten bereiten,
mustergiltige stellen sind, so weit es die zeit erlaubt, einfach zu
memorieren zum behuf des mündlichen Vortrags oder der schrift-
lichen wiedergäbe, das angemessene, schöne, treffende des aus-
drücke fühlt der einigermaszen geweckte schUlcr dieser stufe selbst
und braucht keine umständliche beleucbtung, und wer sie etwa
braucht, dem hilft sie doch nichts, den frischen, lebhaft fortschrei-
tenden discurs von Knebel über die kunst zu lesen (s. 167 — 169)
wttrden wir blosz lesen, man mnsz einzelnes anch rasch nehmen,
Biefat alles statarisch iMluadeln; wenn irgendwo, so gilt hier das
Wort: variatio delectat. Jean Paul enthält wie tberall, so auch
a den % Iner misgehobenen nummem (s. 296 — 299) schwer Ter-
sttudUoliM; SB «iner eidlt veniditol te nme bemusgcber gendezn
auf die erkUbmiig. denneeli möohteii wir diese leseitlldie nieht
vitBeaii. dem originellen gebtthrt aach sein plats m eiaer soldien
samniliing, und du mitgeteilte entihiit imnaohehmlicli schOne stellen«
auch mnsz ja nieht alles erklftrt sein, der lehrer möge den grond-
gsdenken sdilieht und Ikr hersasscbtien, nie nnd nirgends aber
hritisiBnai nm des kntisierens willen, noeh eins, so tadellos s. b.
Heerens stil ist, so aiMiten wir doch in einer eammlnng wie die
Terli^gende nieht kater stileke Yon seinem seUage. nur en der
■ann^ffisltigkeit der stilarten lernt der sehttler was stil ist.
Kofs, wir haben in dem Mönmoh-Plsneksehen bnoh eine glflck*
lidie answahl Tor uns; nnd wenn sie den kreis, ans dem sie ihren
Stoff holt, weiter gesogen bat als ehreetomatbieen Ibnlieher art, so
gsreiM ihr dies nur sn einer weiteren empfeblmig. die sohrift ist
gross imd dentlieh (Gieero) nnd der draok oorreei
Soböhthal. EiiAt7T.
210 H. Schmidt: du gxoase königlich preususdie wappeiu
21.
BAB OB08ZB KÖNIQLIOH PBBÜ8ZI80IIB WAPPEN HAOB DBB Al^LSMf
HdOHSTBB 0ABIMBT80BDBB YOU 11 AÜGUBT 187S MIT BIBT0BI8CH-
HBBALDI80BEN ERLÄUTBBUNGEN. VON PBOP. DB. H. 8 OHM IDT.
Breslau, Maruschke n. Berendt. 1877.
Wean yentttndig« leute darüber klage ftthren, dasz heute kaiB
Tiel geleseaes baeh mehr ohne iliustrationeB ersoheineB kaan —
iUnstratiOBeBi die aamentlich bei VDseren deataoheB olasBikem mefar
▼erwineB und yerduBkelB als erleuchteB — , so trifft dies natttrlidi
bei dem voratebeBd geBaBBtea werke Dioht va\ deBB bei ihm Bkachea
gerade die iliustratioBeB deB weseBtlidheB teil der ao^be aoB.
wir habeB yielmehr dem bm. yerf. für die publioatioB desselbeB
erBStlicb zu daBkeB. es ist tob wirklichem aatseB fllr die sdritter,
die meist dem uBterricht iB der yaterläBdiseheB geschichte lebea;-
dige teÜBahme eatgegeBbringen, weBB ilmen gelegentUeh das gros»
wappeB ihres Staates vorgelegt BBd erklttrt wird« das was sie tob
kenntnissen besitceB, besiftt^ uad sichert sieh, BBd sie werdsD
dazu angeregt, diesen besitz zu yervollständigen. der unterzeichnete
hatte vor jähren einmal selbst in sehr unvollkommener form ein
preuszibchcö vvappen ftlr den gebrauch in der schule herstellen
lassen und die genugthuung, dasz ihm die schüler seine bemübung
durch ihr lebhaftes interesse dankten, bei der Scbmidtschen arbeit,
deren illustrationen fast musterhaft zu nennen sind, hat er den-
selben erfreulichen erfolg wahrgenommen.
Wenn wir sonach vollen anlasz haben, dem hm. verf. un-
seren dank dafür auszusprechen, dasz er die nicht gefahrlose Ver-
öffentlichung in die eigene band genommen, sowie dafür, dasz
er sich alle denkbare mühe gegeben hat, sein werk so correet
und vollständig als möglich herzustellen, so wollen wir anderer-
seits für eine zweite aufläge, auf welche wir zu gunsten der
preuszischen schulen rechnen, auch ein paar bemerkuBgen nicht zu-
rückhalten.
Undeutlich ist die läge der ordensketten auf der bildtafeh
steht sie, wie sie dargestellt ist, in dem Stillfriedschen entwürfe, so
war wenigstens in den erläuterungen zu bemerken, dasz die orden
yon auszen nach innen folgen, dasz der stern des rothen adlers auf
der kette des schwancB liegt, wie der stem des kronenordens auf
der des hausordens. aBcb wäre es liebenswürdig gewesen, wenn
hr. Schmidt mit euiem worte im commentar die geschichte der Stif-
tung der einzelnen ordcB berührt htttte. sodsBB wftre bbs eine
erwähnung und klarlegung der kleestengel angCBehm geweseB.
endlich ist die heBBe im 43n Schilde keine henne, sondern eia
hahB, was sich die grafschaft HcBBebeig Bicht wobl gefallen lassen
kann.
Der ranteakraBS im schüde des berzogtoms Sachsen hätte nieh
der Y. Mttlverstedtsdien abhaBdluBg Tielleicht Boch eiB weBig aitf-
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Philologucha piogranune deatscher höherer lehraoitalteii. 211
führiicher behandelt werden können; er ist in der that ein heraldi-
sches problera. neu war uns die bemerkung, dasz die querteilong
zwischen gold und schwarz erst seit 1864 geändert ist.
Hallb. O. NABBiiAinr.
(16.)
PHILOLOGISCHE PROGRAMME DEUTSCHER HÖHERER
LEHRANSTALTEN.
(fortsetzung.) "
BiBLi». Friedrichsgymnasiam. 18 classen, 29 lehrer, 704 schüIer
im Sommer, 707 im winter, 11 abitnrienten. — Abhandlnng des ober!,
dr. Voigt: 'Untersuchung über den Ursprung der Kcbasis captivi*.*
verf. hebt an mit einer klage über die mangelhafte berücksichtigung
der dentsoben thiersage dnrch die heutigen gennaniaten. diese klage
bezieht sich namentÜdi auf die Ecbasis captivi, deren textgestaltang
durch J. Grimm ebenso wenig erschöpfend und abschlieszend sei, wie
<Hi' beilagen. die mängel werden vom verf. dargolee^t und daraus er-
klärt, dasz J. Grimm den grundcharakter des gedichts nicht völlig er-
kannt, nicht entdeckt hat, dasz es ein plagiat, ein cento ist. verf. stellt
sieh die anfgabe, die formale entetehang der Eobnie evl erforschen,
das gedieht selbst aas dem gesichtspnnete der Selbständigkeit zu prüfen,
ah merkmal zur sonderang des eigenen und erborgten im gedichte des
iialchus — so heiszt der Verfasser in der Überlieferung — gibt verf.
zunächst den leonischen reim an, über den er nun eine nicht oberfläch-
liebe ontersnchung anfügt, welche den ^brauch und sein Verhältnis in
der Ecbasis darthnn soll, der dichter bietet alles anf, haaptdtsnr und
ansgang des verses dorch reim zu verbinden, bemüht sich auch, volle
vocalische und consonantische Übereinstimmung beider silben zvi er-
zielen, obwol ungenauigkeiten im einzelnen übrig bleiben, aber nur in
den consonanten. die fälle werden aufgeführt, verf. meint überall,
wo nicht die dritte hebung mit der senknng des deehsten fnszes genau
zusammenklingt, anlasz zum verdacht auf entlebnnng zn haben und
beweist seine berechtigung dazu durch erweis des bestrebens des dich-
ters, den reim möglichst überall zu haben, er sieht es daher für un-
glaublich an, dasz sich in einigen stellen Malchus habe den naheliegen-
den reim entgehen lassen, und will für solche stellen ändeningen vor-
genommen haben, so 76 gregato, 188 sedem, 250 bonf, 288 fatiseent,
412 lassescens, 563 heros gegen Grimms herus, 667 passinc^s, 696 tortat,
800 placirfoTTj, 829 medicum , possis ohne Grimms reimzerstörendes ut,
947 antra, 1071 veniMut, 1079 curtem, das ergebnis wird so zusammen-
gefaszt: wirklich reimlose verse sind erborgt, sei es ganz, sei es unter
w^ahme fremder elemente. verf. sSblt nun die ihm auf grund des
geiichtspunotes des leooinischen reimes als erborgt erschienenen verse
* wir verweisen hier quasi in transoursn auf 0. Bursian, der in den
aitzQDgsberichten der kSsigU bayr. akademie phil.-hist. classe 1873
B. 457—518 beitrage zur geschiebte der classischen Studien im mittel-
alter gibt und im zweiten der dort vereinigten aufsätze die Ecbasis
eaptivi behandelt, auch den von Grimm als klosteruamen des verf. an-
genommenen namen Halehns surfiehweist (vgl. jahresber. über die fort*
•ehritte der dass. altertumsw. Ir jahrg. 1874 s. 8 f.).
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212 Philologische programme deutscher höherer lehrsnalalteiL
auf, es sind ihrer 110. die elliteration, die in einigen Teften eneheiiki
wird als kriterium verworfen, andeutend erwähnt verf. weiter zahl-
reiche prosodische fehler, das vorhersehen des spondeus, die rein dacty-
lischen yerse. ein zweites grandlegendes kriterium für die echtheit der
Tefte, SBgleieh eine hanptwirknng des reimprincips ist die serreisznng
des hexameters in zwei hftlften, die halbzeiligkeit oder zweisatzlichkeit.
es gibt 700 hexameter ungefähr, in denen hinter der Innern reimatelle
ein zweites sätzchen beginnt, einige male tritt das in Grimms ausgäbe
nieht hervor, so 208. 309. 356. 589. 642. 1068. 1075 ; 76& 794. 439. 117.
den etwa 700 fällen reiner sweisätzlichlEeit stehen die sweigliederigen
aufzählungen nahe, nahe an fünfzig-, von einsätzlicheu versen sind
Malchus nur die zuzuschreiben, welche prosaische Wortfolge haben,
verschiedene arten solcher einsatzlichen verse werden erörtert, damit
hat verf. die grenien der yerahaulcnnst des Malehns gesteekt, alles, was
darüber hinausgeht, berechtigt zu zweifeln, dieses wird unter drei ktte*
gorien grupiert. verf. will erörtern die fälle der halbzeiligkeit, wo
satzschlusz und reim auseinanderfallen. die fülle der einsatzlicbkeit mit
meisterhafter wortverüechtung, zumal doppelter Symmetrie, die fälle der
▼ersperioden, wo der dichter oline die oben angegebenen sehranken vai
dem hexameter frei Behaltet bei beepreehung der ersten kategorie
hebt er zuerst hervor, dasz die zerreiazTinp des verses durch halbzeilig-
keit die elision an dieser stelle unmöglich macht. auf grund dieser
entschiedenen Wahrheit ist die echtheit von 1129 ausgeschlossen, GrinUBi
oonjeotaren in 412 und 829 sind unmöglich, 286 muss dureh unns oder
ouin ergänzt und dadurch sowol die elision in der cäsur beseitigt, als
der fünffiiszler aufg-ehoben werden, darauf kehrt er zum faden der
darstellung zurück und behandelt die erste ausnähme mit den einzelnea
nuaneiemngen der art. er behauptet, ee Hege im rage seiner dichter-
weise, wenn die 3e oder 4e arsis gereimt sei und erst nach ihr das neae
sätzchen oder satzteilchen beginne, wenn aber das erste sätzchen über
dio mitte geführt oder das zweite vor der mitte begonnen werde, liege
wol erborgung vor; ebenso sei mau berechtigt, verdacht zu hegen, wo,
wenn der sats hart an der schwelle dee vertee beginne, in freier und
kfihner weise die unzureichende linke hSlfte erginst werde, weiter geht
er auf die fälle der einsatzlicbkeit über, von diesen erklärt verf. alle
die verse für entführt, welche durch die form der doppelten Symmetrie
hervorragen oder andere kühuheiten der wortverflechtuug zeigen,
gleiehes urteil fällt er über versperioden, in denen frei mit dem hezik
meter geschaltet wird, die bisherigen heweismittel nennt verf. feinere,
die man leicht aus mangel an Verständnis als unzureichend beseitigen
könne, und will nun die aus den sachlichen Unmöglichkeiten, Wider-
sprüchen und uuwahrscheinlichkeiten eutuommenen beweise behandeln,
von diesen soll eine menge unscheinbar und, sei es durch bessere Ver-
teilung des gesprächs, sei es durch richtigere interpunction und erklä-
rung, sei es durch leise und schonende besserung, zu beseitigen sein,
einiges derartige wird vorgeführt; wir können es hierher nicht über-
tragen, endli^ geht er dann zur erörterung des sachlich yerdächtigen
über, da behandelt er v. 66. 73. 896. 112. 114 f. 1166 und 122. 119. 141
—149. 153 f. 155. 163. 237. 274. 282. 294. 297 b. 303. 310. 333 f. 328 34i.
347. 354. 365. 387. 390 (363 «). 399. 416. 434. 485. 540. 569. 598. 599. 614.
616. 619. 626. 669. 694. 706. 712. 719. 723. 768. 831. 1224. der letzte
vers bezeichnet sich als der 1170e. Terf. meint mit Grimm, die 64 veise,
um die yerf. sich hier verrechnet, seien später lugesetzt, aber gegen
ihn, der entweder die 54 aus Hör. entlehnten verse oder die teilweise
auch aus Hör. entlehnten verse des prooimious als später zugefügt an-
sah, die später angefügten verse seien 852 — 905 und sucht dies aas
formalen und sachlichen gründen danuthun und sein beweis erseheiat
bündig und zwingend, auf 851 folgte bei Malchus ursprünglich die ant-
wort der naohtigall 906. weiter behandelt verf. in kürze noch eine reihe
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Philologische programme deutscher höherer lehraastftlten. 213
von TtrMn, welche hier nlher la beieiehnen wir niekt ffir nötig haltea.
Terf. erw^st auch von ihnen, dass sie in sachlicher beziehong viudmi
enthalten , derselbe nacliweis den er für die früher aufgezählten verse
durchaus geführt hat. nach behundlung der stellen, in weiche Maichus
durch entlehnung von vcrsen classischer dichter oder kirchlichen un-
rinn gebracht, geht er itater ftbeigehiiBg der nMbweifODg der spreeh-
li^es oBgleichheiteii, dami ttber Ittir die eingelnen Ton dea sls entlehnt
erkannten stellen die quellen nachzuweisen, zum schlasse wird eine
neae ausgäbe der Ecbasis angekündigt, wir meinen, verf. hat sich an-
sprach auf den dank der germanistischeu forscher durch seine nach-
weieniig dee plftgiatorlsebra eharaktere der B^Mie erworben, es iet %
j« mJMm ein gfroeaet, sieh der beschäftigung mit einem so unerqoiek«
liehen gebiete irgend einer litteraturgeschichtfl, wie es die des zehnten
und elften Jahrhunderts ist, hinzugeben» wie viel bedeutender ist«» aber,
auf eolchem gebiete au wirklidien resultaten su gelangen, welche
frühere anaebamuigen beaeitigen. n^tobte auch unsere bariebteretattang
der Verbreitung des programme einen «ruten dienst leisten, ee wäre im
Interesse der wiBsenschaft schwer zu beklagen, wenn die arbeit den
gewöhnlichen frühen tod der programme stürbe, ein solches hat sie
Hiebt Terdieni.
Poaxa. Fl iedr.-Wilbelmf-gjnnnasium. — Abhandlung zur beglück-
wünschung des Mariengymnasiuma in Posen bei seiner 300jtthri;xoii Jubel-
feier, zu^jleich fürs osteiprogramm 1874: dr. A. B ri e ge r : 'beitrüge zur
kiitik eiuiger philoä. Schriften des Cicero\ verf. behandelt zuerst Cat.
mai. § 6, er eebreibt ^ua aabia quoque ingrediuadum ait, daan folgt
C. m. Ii, wo er gegen Monimsen und Sommerbrodt nüt Lahmeyer und
Meissner fugerat in arcem liest, 16, wo et tarnen gerechtfertigt und
durch eine ganz passende ergänzong erklärt wird, 17, wo uelocitate
gegen Halma und audcrur uelocitatibus in schütz genommen wird, 20,
wo pereontaatar illi enpfolilen wird, 88, wo ^nae iam aget e »on posaem
geschrieben und aed — » nita gegen Leid, und Mommsen festgehalten
wird, 44, wo diuine — pisces als zusatz eines antiken lesers gestrichen
wird, 45, wo magnae Matris hinter autem gestellt wird, 46, wo et — hi-
bernus als uneelä ausgestrichen wird, 68, wo mit fionunerbrodt umge«
atelJt wird eniu ^videm non otilita me eolum, «t. a. d., et natura ipeai
sed etiam etc., 65, wo si quaerirons als nicht zam einwürfe des gegnere
gehörend bezeichnet wird, 68, wo coseecutus sit hergestellt wird, 72,
wo iam durch nam ersetzt wird, wie schon cod. £rf. hat, 73, wo Bergks
und Fleckeiaeaa herit^nng dea Snnianiteben diatiob: nemo me daoromia
decoret verworfen wird, freilich ans dem wenig aiehendea gmnde, daea
die form dacruma von den lexicographnn nicht aus Ennius, sondern nur
aus Liu. Andron. citiert werde, 86, wo defatipationem bewalirt und
erklärt wird, darauf werden stellen des Laelius bebandelt, zuerst § 2,
WO dieaidjSret gelesen wird (diasid^e ist ein eompos. von sido, eein perf.
diaaadi bei Suet. Tib. 7), § 68, wo communis nach dem verf. einen men-
schen bezeichnet, der denkt und fühlt wie andere; dann § 5, wo de
amicitia vor loquitur gestrichen wird; § 22. 23, wo eine andere Um-
stellung der Sätze versucht wird, als Muther n. Jahrb. 88 s. 338 vor-
schlug, indem satx 8 liinter 4 gesetat wird; 33, wo Terf. denanafall Ton
alias secundis nach adyersis anninsmt; 9 ^1» wo feaqne für res quae
gesetzt ist und zwischen deinde und resque ein malnm eingefügt, auch
procUuis durch procliui ersetzt wird; § 60, wo vert. se streicht und
. ad rem ullam schreibt; § 61, wo der inf. fieri eingeschaltet wird vor
ngunt; § 54| wo opes geatrieben und weiter nnten awiiehen indulgeri
nouis und qnid autem eine lücke angenommen wird; § 67, wo indigna
in homine für indigna homine vorgeschlagen wird; § 68, wo eluendae
durch soluendae ersetzt wird; § 85, wo mit M advig, Baiter, Lahmeyer
deligendis hergeetelU wird gegen Ualm ; § 79, wo mit dem Benedietonr-
banna deligont für dilegnnt, und de nat. deor. 1 186, wo wieder dieligere
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214 Philologische programme deutscher höherer iehranstalten.
fttr diligtre hergestellt wird, diese stelle bildet den fibergang sor be-
handlnng von stellen aus de deor. nat. hier wird besprochen I 36 ui
diuina ac fatali für ut diuinaro esse adfectam), 39 (quae fiaerent at-
que manarent nt et aqiiam et aera, tum terram , solera, lunam), 40
(zwischen aer und per ist etwas ausgefallen, verf. ergänzt: inter mare
et eaelnm sit interieetns, Innonem esse, qoiqae), 49 (wird sn weit»
Iftnfig erörtert in Verbindung mit § 105, als dasi wir hier darauf ein-
gehen könnten, er bezieht sich dabei auf SchömRnns programm de Epic.
theol. und bekämpft es zum teil), 123 (exilem quendam atque perlaci-
dam wird zwischen soUdo und membris gesetzt); II § 7 (die von Halm
und Baiter naeh Sehdmann op. III 8S6 beliebte streiehnng des qoae
sint der hse. nach ea wird gebilligt und hinter hominibiit das wort di-
uinitus eingeschaltet), 18 (aliam quam für aliquam, und animam für
animum), 47 (tantundem absit otaine extremum , im folgenden wird nihil
eingeklaoraiert Yor eminens), 132 (matnnm für maltum), 143 (atqoi «iid
ala dittographie aus dem sohlnsse Ton inToluti nnd dem begüue tob
quiescercnt erklärt, dann somno nobis conniuentibus aus somno conrn'-
Uentibus geändert); III 14 ('n im fulgoris für sortis), 74 (Latinns — fecit).
es folgen stellen aus de diuinatione, nemlich I 13 (insignibus sigaid-
eatio enentis ffir in si^^iificationa enentnfe), 88 (si quid ex [ea]
in solidum ceciderit), II 41. 87 (sed hoo — explosit: fani nomen,
atque id in vulgus. qui — sortibos« qnod — Fortunam. ceteris —
refrixeruut. ergo — omittamus), 96 (hinter facile est ist eine lücke,
verf. liest: facile [non est, sed per se ipsum, ut opinor, satis perspi-
ennm] est. nnn folgt eine des weitlSnfigen behandelte stelle aus di
fato § S5 f. die worte non — amoris sind von Müller n. jahrb. 89
8. 616 für unverständlich erklärt, Madvig erklärt de fin. 216 f. das ut
dieser stelle befriedigend durch non ita, ut eae res causam adferre
pntarentur. Müller nahm nicht allein an ut anstosz, auch am tempas.
▼erf. nimmt hinter non,- nt — amoris eine Ifioke an, die er doreh sed
qnod sine eis fieri non poterat, nt Medea lasonem nideret et eins amois
incenderetur. weiter wird gegen Christ polemisiert, weil er, obwol
er erkannt, dasz nulla igitur — causa elicitur vor interesse autem —
neeesse sit gehört, diese sätse nicht im texte so gestellt, verf. meist
mit seiner annähme einer lücke wenigstens eine von den beiden vor*
handenen wunden geheilt zu haben, vielleicht ist auch interesse aiant
— sit ein einschliebsel fremder band, in dem folgenden wird fore ein-
geklammert und res hinter proprior eingeschaltet. Farad. VI 44 wird
animns homlns elines non area qnae adpeUari seiet, in einem naehtrs|ft
kehrt er nochmals zu de deor. nat. II 47 zurück und verteidigt seine
lesart gegen Müller, für Lael. 80 entscheidet er sich jetzt umgekehrt
als oben: ad se rem ullam, quam amicitiam similitudo. wir schlleszen
die besprechung der abhaudlung mit dem wünsche, verf. möge «eine
kritischen stndien im Gieero fortsetsen nnd noeh öfter specimina der-
selben geben dureh mitteilung der yerbesserungen des textes, die er
richtig gefunden zu haben meint, zu empfehlen ist die lectüre und
berücksichtigung dieses programms jedem, der sich mit den pbilos. ar-
beiten Ciceros lesend oder schreibend zu beschäftigen hat. ein wessnt-
liehes verdienst hat sieh yerf. aneh dadnreh erworben, dass er sehie
bemerkungen deutsch abgefaszt und nicht in einem latein, dessen dnnkel-
heiten nur zu oft den sweck haben, die selbstonklarheit der verf. la
bemänteln.
(fortsetzung folgt.)
BiJtTEMäTEiN. H. K. Benickeii.^
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PersonalnotiMn.
(14.)
PEBSONALNOTIZEN.
(Unter mitbenutzung des 'centralblattes' von Stiehl uud dur ^Zeit-
schrift für die 9sterr. gymnasien*.)
BraeBBVBgeBf befllftfcrvnyeB, vertetemgVBf •«■MMiBaBfeB«
BSttohor^ dr., re«l8ebaldii«etor in Hamburg, snm direettfr der real*
schnle I o. in Düsseldorf emaimt.
Brieden, dr.» ord. lehrer an gymn. in Arnsberg, snm Oberlehrer be*
fordert.
ColImanQ, dr., gymnasialoberl. in Glückstadt, in gleiuber eigenschaft
an das gymn. zu Wandsbeck versetzt.
Becker, dr., gymnasiallehrer in Bents, als Oberlehrer an das gjmn«
in Trier versetzt.
FJöoker, dr. theol., gymnasiallehrer in Beuthen, ) zu Oberlehrern er-
Francke, dr., gymnasiallehrer in Beuthen, f nannt.
Frey, dr., director des domgymn. in Verden, erhielt den pr. rotben
adlerorden IV el.
Gawlik, dr«, zam proTinsial-sehnlrath an KSnigsherg i. Pr. ernannt
Gevers, dr., oberl. am gymn. in Verden, als 'professor' prädiciert.
flölzl, dr. , ord. lehrer an der renlschule in Haini, als Oberlehrer an
das gymn. zu Neustadt-Dresden berufen.
Haverz, dr., ord. lehrer am gymn. in Coesfeld, zum Oberlehrer ernannt.
Kayser, dr., seminardireetor in Bfiren, als proTinilal-sehnlratii nach
Danzig bemfen.
Keulen, dr. , gymnasiallehrer io Coblens, an das 1
f^ymn. zu Düren l als Oberlehrer
Leckow, gymnasiallehrer in Treptow a« d. £. , an | versetzt.
das gymn. zu Stolp J
Lehmann, stndienlehrer in Landen, snm gymnasialprof. in Kempten
eroannt
Lenz, dr., ord. lehrer an der realschale I o, in Iserlohn, inm ober»
lehrer ernannt.
Momrosen, dr. Th., ord. prof. der univ. Berlin, erhielt das kreuz der
grossofficiere des ital. 8t. Manrittns- nnd Laiamsordens.
Mftn&ieh, dr., gymnasiallehrer in Wittenberg, als Oberlehrer an das
gymn. an Verden bemfen.
Pantke, dr. , director des gymn. in Bozen, zum director des gymn. in
6örz und zum mit^lied des landesschulraths für die grafschaft ernannt.
Pape, dr., prof. an der landwirthschf. akademie zu Proskau, zum ord.
piof. der nniv. Königsberg ernannt.
Peters, dr., Oberlehrer am gymn. zu Benthen, in gleicher eigenschaft
an das Matthias-gymn. in Breslau versetzt.
Pinzger, dr. , oberl. an der realscbule zu Keichenbach in Schlesien,
aU 'Professor' prädiciert.
Polte, dr., provinzial-schulrath in Posen, erhielt den pr. rothen adler*
erden lY cl.
Pott, dr., ord. prof. der nniT. Halle ,^ erhielt den mss* St. Stanislans-
erden I cl.
Bein, dr., ord. prof. der univ. Marburg, erhielt das ritterkreuz II d«
des bad. ordens vom Zähringer löwen.
Benter, gymnasiallehrer in Kiel, an das gymn, an \
GlUckstadt I als Oberlehrer
Schrodt, ord. lehrer an der realsehnle in Nauen, an | rersetat.
das gymn. in Potsdam J
Schütz, prof., dir. emer. des gymn. in Potsdam, erhielt den pr. rothen
tdlerorden IV ol.
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216
Personalnotizeu.
Slawitsky, dr., oberl. am MattliiM-gTinii. in Breslao, lam proTiniial-
schulrath in Breslau ernannt.
Sonne, dr. , rector u. oberi. am damgymn. so Verden, erhieU den pr.
kronenorden IV cl,
Spaengler, direetor der ttamta oberrealselmle in dar Leopoldatadt xn
Wien, erUelt das ritterkreus des österr. Franz -Josephordena.
Thiermann, dr. prof. , direetor der realsehnle I O. in Göttingen, er-
hielt den pr. rotben adlerorden IV cl.
Voigt, dr. £., Oberlehrer am Friedrichagjmn. in Berlin, als 'profesaor'
pradieiert.
AUog, dr., ord. prof. der theol. an der xmiy» an Freibarg i. Br., am
28 febr., 9% jtmte all. (Idrcbenbistoriker.)
Arndts, dr. von Arnesberg^, hofrath, ord. prof. des röm. rechts an der
uuiv. Wien, am 1 märz, 75 jähre alt. (ausgezeichneter romanist.)
Becquerel, Edmund, prof. am naturhistor. maseitni in Paris, starb da-
aelbet Tl^tkAg iit jannar (durch seine atndien Aber eleetrieitit nnd
magnetismus hochverdient).
Bernard, Claude, prof. der allgemeinen physiologfie im museum des
jardin des plante», am 10 febr., 66 jähre alt. (berühmter physiolog.)
Frey, Helnridh, r«elor emer. der realsehnle in Basel, am 25 mSra.
Girard, H., dr. , ord. prof. der nnir. Halt«, direetor des mineralog.
nrasenms daselbert, am 11 april.
TOn Grün eisen, Karl, oberhofprediger, prälat, geb. 1802 zu Stuttgart,
starb daselbst am 1 märz. (lyrischer dichter und kansthistoriker,
*Niool. Mimnels leben md werke'.)
Guerike, H. E. F., dr. o prof. der theologie an der nniv. Hiffle, am
4 febr., 75 Jahre alt. (krrchenhistoriker.)
Hartmann, Gottlob, dr. , conrector em. des gymn. zu Sondershansen.
(laugjähriger mitarbeiter dieser Zeitschrift.)
Her eh er, dr., prof. am Joaebimstbal. gymn. an Berlin, ord. mitglied
der akademie der wiss. daselbst,
von Landerer, Alb., dr., ord. prof. der theol. an der nnlF« Tübingen^
sm 13 april, im alter von 68 Jahren.
Leo, Heinrich, dr. jur. et phil., ord. prof. der geschichte an der nniir.
Halle, geb. am 19 märz 1799 an Budolstadt, gest. am 24 april an
Halle, (geseid^e der itaL Staaten, swölf btteher niederMad. ge-
schichte.)
Müller, ord. lebrer am gymn. zu Thom.
Pesebier, A., dr., ord. prof. der üraaa. spräche und Ittter. an der
uuir. Tübingen, 74 jidiro aH, am 1 februar.
Pfund, dr., bibliotliekar, enstos an der könig^. bibliothek an Berlin,
am 7 april.
Begnault, Henri Victor, directer der porzellaufabrik zu Serres, starb
an Antenil im jannar, 67J ahrig. (als Chemiker nndf physiker be-
ideutend.)
Secchi, Angelo, direetor der Sternwarte u. prof. der physik am collegio
Romano, mitglied des JesuitenordcLs, berühmt durch seine spectral-
analytischen abhandlungen über die sonne und die fizsterne, starb
aan M febr. wä Bom, gob. 29 joni 1618 an Beggio.
Wagner, Gustav, dr. prof., direetor des Friedricb-collegianls an Königs-
berg i. Pr. , im alter von 57 Jahren.
Weber, Ernst Heinr. , dr., geh. mediciualrath, ord. prof. und senior
der nniv. Leipzig, der er seit dem jähre 1818 angehörte, starb am
96 jannar, 88 jabre alt. (epochemaobend durch seine pbjsiol.
forschung^en.)
Wilma uns, dr., ord. prof. der geschichte zn Straszburg, starb im april
zu Baden-Baden.
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ZWEITE ABTErLUNG (U8a BAND).
Seite
17. Die kunst im g-ymnasium und die Seemannschen kunst-
historischen bihlerbogen. von R. Menge in Eisenach . 169 — 179
(11.) Kritische notizen zu den beschlüssen der Berliner ortho-
graphischen conferenz. von Didol/f in Mariaweiler
bei Düren, (fortsetzung) 179—199
18. F. Köster: die alten lieder des Quintus Horatius Flaccus
im neuen gewande (Würzburg 1877). angez. von
W. Gebhardt in Meseritz 199 -203
19. Schauenburg und Ifoc/ie: deutsches lesebuch für die
oberclassen höherer schulen, zwei teile, zweite ver-
mehrte und verbesserte aufläge (Essen 1874). angez.
von Victor in Dresden 204 — 206
20. TV. B. MÖnnirh: auswahl deutscher aufsätze und reden,
ein ergänzendes hilfsmittel für den deutschen Sprach-
unterricht in den oberen gymnasialclassen. zweite
auäage. mit einem anhang, enthaltend erlUuterungen
und ergänzungen zu den musterstücken, bearbeitet von
A. Planck (Heilbronn 1876). angez. von Kraut in
Schönthal 206—209
21. /f. Schmidt: das grosze königlich preuszische Wappen,
nach der allerhöchsten cabinetsordre vom 11 august
1873 mit historisch-heraldischen erläuterungen (Breslau
1877). angez. von 0. Nasemann in Halle 210—211
(16.) Philologische programme deutscher höherer lehranstalten.
von K. H. Benicken in Bartenstein, (fortsetzung) . . 211 — 214
(14.) Personalnotizon 215—216
XXXIII. Yersammliing
deutscher Philologen und Schulmänner.
Nach dem zu Wiesbaden im vorigen Jahre gefassten Be-
schlüsse wird die XXXIII. Versammlung deutscher Philologen
und Schulmänner in Gera stattfinden.
Da Seine Durchlaucht der Fürst die statutengemässe
höchste Genehmigung zur Abhaltung des Gongresses ertheilt
haben, so schreiben wir hierdurch die Versammlung auf die
Zeit vom 30. September bis 3. October 1878 aus und laden ;
die Fach- und Berufsgenossen zu zahlreicher Betheiligung ein J
mit der Bitte, sich wegen Beschaffung guter und billiger .^^
Quartiere möglichst frühzeitig an den mitunterzeichneten Dir.
Dr. Grumme in Gera wenden zu wollen. Vorträge und Thesen \^
sowohl für die Plenarsitzungen wie für die Sectionen bitten *
wir baldigst anzumelden. ' j
Gera,
Director Gramme.
Jena,
Professor Delbrück.
\
^ jdby Google ^
ZWEITE ABTEILUNG
FOB eYMNASIALPÄDAeoeiK UND DI£ ÜBfiI6£N
LEH£FÄCfi£B
MIT AüSfOBLVSZ DBB OLABBtSORBV PHILOLOOTB
U£aAUSG£G£BEN VON PROF. DB. HbBMANN MaSIUS.
ZÜB METHODE DES LATEINISCHEN ELEMENTAR-
TJNTEBBICHT8 AUF DEM GTMNASIÜM.
So eben haben die Jahrbücher ihre ausführlichen berichte über
die Verhandlungen der Wiesbadener Versammlung von philologen
und Schulmännern abgeschlossen, auch wer nicht selbst teilgenom-
men, wird hieraus den eindruck einer frischen, vielseitige anregung
bietenden thätigkeit erhalten haben und darum der Versicherung gern
glauben schenken, dasz die versammelten befriedigt und dankbar
heimgekehrt sind, es ist der ausdruck wohlverdienten dankeS; wenn
ich mir vornehme, den lateinischen elenientarunterricht im anschlusz
an die bezüglichen besprechungen der pädagogischen section zu be-
handeln , denn ich bin in der that durch diese dazu veranlaszt wor-
den, meine gedanken über den gegenständ awU neue zu prüfen und
systematisch zu ordnen.
Herr professor Eckstein hatte folgende thesen aufgestellt :
1) der lateinische elementarunterricht musz von der menge
der jetzt dabei verwendeten bücher befreit werden.
2) das übersetzen aus dem lateinischen verdient den vorzag
vor dem übersetzen in das lateinische.
3) erzählungen sind geeigneter zu der ersten lectüre als ge-
spräche.
4) die Übersetzungen aus der muttersprache sind mehr münd-
lich zu machen als schriftlich, die bis jetzt dabei gebrauch-
ten hfil&bücher gehören nicht in die bände des Schülers.
6) mit dem sprechen des latein kann schon auf dieser stufe
begonnen werden.
H. jahrb. f. phil.u. päd. U. abt. Ibl^. ha. 5 u. 6.
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218 Zur meihode des latemischen elementanmtemohtB
Die betreffenden Sitzungen der pftdagogiscben section waren
sehr zahlreich besucht, und die allgemeine teilnähme der anwesenden
bezeugte es aufis deutlichste, dasz jene theeen zur erOrtening einer
wichtigen, immer wieder von neuem emstlich zu erwftgenden frage
einladen, es erfolgte ein lebhafter und lehrrnoher meinnngsaus-
tausch zwischen erfahrenen kennem des höheren Unterrichts , ohne
jedoch, was bei derartigen auf ein bestimmtes zeitmasz beschränkten
Verhandlungen natürlich ist, eine sichere principielle entscheidong
herbeizufübren. so darf ich hoffen, es werde berufenem urteil auch
der beitrag, den ich im folgenden zu geben gedenke, nicht unnütz
erscheinen ; interessierten freunden der schule , die der sache femer
stehen, dürfte derselbe vielleicht eine willkommene gelegenbeit bie-
ten, sich mit dem gegenwärtigen stand der sache bekannt zu machen.
Meine betrachtung geht von der letzten der oben angeführten
thesen aus, welche bei der vorgerückten zeit nicht eingehend be-
sprochen werden konnte, jedoch nach kurzer empfehlung von Seiten
ihres Urhebers einstimmig gebilligt wurde, wenn ich dieselbe auf-
nehme und ausführlicher bespreche, so ist es unumgänglich, dabei
auch die anderen puncte des lateinischen elementarunterrichts zu be-
rücksichtigen und zu Ecksteins ansichten überhaupt Stellung zu neh-
men. aus dieser art der behandlung ergibt sich zugleich mein stand-
punct von selbst, nämlich: jede einzelne frage des Unterrichts streng
im zusammenhange des ganzen planes zu halten und damit auch den
elementaren teil desselben unter einem wissenschaftlichen gesichts-
punct aufzufassen — eine methode, die zwar in der tbeorie als rich-
tig und notwendig anerkannt ist, in der praxis jedoch nicht streng
genug befolgt zu werden scheint.
Ueberdas lateinsprechen wäre ohne zweifei Eckstein am meisten
berufen gewesen, uns in Wiesbaden zu belehren, gab er uns doch in
jenen tagen durch seine gedächtnisrede auf Ritscbl reiche gelegen-
beit, die gewandtheit seines eigenen lateinischen ausdrucks kennen
• zu lernen, diese mündliche belehrung blieb uns leider ebenso ver-
sagt, wie bis auf den heutigen tag sein artikel über lateinische
spräche in der Scbmidscben encyklopädie.* in ermangelung dessen
also mag es erlaubt und trotz der in pädagogischen werken enthal-
tenen fingerzeige wünschenswert sein, das lateinsprechen als ein
nicht blos berechtigtes und mögliches, sondern auch nützliches und
notwendiges glied in dem gesammtgefüge des lateinischen unterrichtB
auf unseren gymnasien aus der erfahrung heraus nachzuweisen nnd
den coUegen meine ansieht zur prüfung und eventuellen beachtung
vorzulegen, sollte es mir gelingen, auch in weiteren kreisen inte^
esse fOr diesen gegenständ zu wecken , so würde mir dies — ich ge-
stehe es gern — eine besondere genugthuung sein, ohne zweifei ist
ja gerade in unserer zeit die idhiabme aller gebildeten mehr als je
der schule und ihrer methode zugewandt, durch eine betrSohtliobo
* die redact. freut sich hinsuaetzen zu dürfen, dasz das erscheinen
desselben in den nKchsten tagen mit bestimmtheit zu erwarten steht.
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auf dem gynuiMhim.
219
nU grSszerer und kleinerer Bchrifien, in denen m&ogel unseres
gyntDasudwesens zugestanden und TerbessemngsYorschlftge gemacht
sind, hat man die allgemeine erwartang auf das unterrichtsgesetz
in Bpannung erhalten und im pnbUknm, vielleicht auch unter fach-
genossen ein gewisses mistrauen gegen die bestehenden lehreinnch*
tongen erregt und genährt, haben diese Snsiemngen meistens eine
negative tendenz, so mOchte ich eben ihnen gegenüber mit konser-
vativen ansichten hervortreten und auf dem fest begrensten gebiet
des lateinischen gymnasialnnterrichts zu eingehender prflfung, vor-
urteilsloser Würdigung und sorgftltiger ansnntiung der yorhandenen
lebrmittel auffordern.
Man greift meines erachtens heutzutage gar zu leicht zu radi-
calen reformen auch im Schulwesen, man will, wenn sieh hier übel-
stftnde zeigen , zu rasch an den zur bildung der jugend verwendeten
gegenständen ändern, statt die methode, in der sie behandelt wer-
den, für jene mängel yerantworUich zu machen und dieselbe tu Ter»
tisfen und su yerbessem.
Um nnr ein naheliegendes bwqpiil xn erwähnen, erinnere ich
daran, wie verjähren laute stimmen gegen den lateinischen aufsata
sieh vernehmen lieszen , wie eine grpsze zahl von lehrem darin ein-
stimmten und sich in folge davon auch in weiteren kreisen die mei-
nang zu befestigen drohte, derselbe sei fortan unhaltbar und werde
bei eintretender reform aus dem lehrplane des gymnasiums entfernt
werden, auch einsichtige und zum urteil berufene männer leugneten,
damals die oft genug an dieser leistung hervortretende mangelhaftig-
keit nicht ab, allein sie klagten über fehlerhafte methode, für den
gegenständ selbst standen sie mit voller Überzeugung ein und er-
wiesen ihn als einen notwendigen bestandteil des classischen Unter-
richts.' so ergab sich denn aus dieser besprechung eine heilsame
fÖrderung der sache, um die gestritten wurde, und man darf behaup-
ten, dasz nun, seitdem man sich aus allen wohlerwogenen gründen
entschlossen, den lateinischen aufsatz im engsten Zusammenhang mit
der lectüre zu fassen, die schriftliche leistung sich wesentlich ge-
hoben hat, während zugleich die lectüre selbst vertieft wurde, des-
halb fühlt man sich heute etwa wiederholten feindlichen bestrebungen
gegenüber sicherer und hält den in seinem wert aufs neue erkannten
besitz mit gröszerer ruhe und freudigkeit fest.
Aehnlichen angriflfen ist das lateinsprechen ausgesetzt gewesen
und noch ausgesetzt, nur wird es oft in Streitschriften nicht mit er-
wähnt, weil man es für überflüssig hält, darüber ein wort zu ver-
heren; man wendet sich eben gegen den stattlichen angriflfspunct
des lateinischen aufsatzes und beachtet den schwächlichen zweig
nicht, der ja ohnehin, wie man meint, dem absterben verfallen ist.
Fragen wir uns also zunächst: wie steht es augenblicklich mit
dem lateinsprechen auf unseren gjmnasien ?
* 80 vor allen In besonnener und eingehender weise Hirschfelder
in der Zeitschrift für das gjninasialweseD s. 337—356.
15*
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220
Zar methode des lateiniichen elementanmterrichta
Im abiturientenregloment wird eine gewisse gewandtheit im
mündlichen gebrauch der spräche gefordert.^ man Iftsst den abitu-
rienten demgemäsz gewöhnlich im examen über ein aU bekannt
Torauszusetzendes thema aus der griechischen oder römischen ge-
sdiichte ein paar minuten reden , oder man stellt ihm ein thema im
ansohlusz an die lectüre der letzten jähre, sb. die causa Miloniuia,
die causa Sestiana, die attge des Germanicns, Agricola in Britannien,
der Olynthische krieg, gewünscht wird nun im ausdruck des abita«
rienten ein gewisser flusz, grammatikalische und stilistische correct-
heit, Vermeidung auffallender germanismen — also im wesentlichen
dasselbe, was, freilich in verschärftem masze, fttr die beorteilong
des lateinischen aufsatzes kriterium ist.
Wie entsprechen nun die resultate diesen anforderungen ?
Sind die durchschnittsleistungen im lateinischen aufsatz befrie-
digend zu nennen, so stehen diejenigen im sprechen bedeutend tiefer,
doch wie ist es bei der jetzigen praxis überhaupt möglich, auf die-
sem gebiete gute resultate zu erzielen?
Auf vielen gymnasien tritt der schüler in die prima ein , ohne
vorher irgendwie im sprechen geübt worden zu sein, hier stehen
nun dem lehrer des latein zwei wöchentliche stunden für gramma-
tische Wiederholungen, für stilistische Übungen in extemporalien und
exercitien, welche gründlich durchgesprochen werden müssen, wenn
sie anders frucht bringen sollen , endlich für durchnähme der auf-
sätze zur Verfügung j sechs stunden sind zur lectüre bestimmt, welche
stunde soll er also zu Sprechübungen festsetzen? denn will er jetzt
noch befriedigendes erreichen, so wird es sicher nicht genügen, ge-
legentlich eine halbe oder eine ganze stunde dazu zu verwenden, viel-
mehr wird es einer regelmäszigen und andauernden Übung bedürfen,
da von den beiden grammatisch - stilistischen stunden, wie jeder er-
fahrene lehrer zugeben wird, sich kaum minuten erübrigen lassen,
so sieht man sich an die lectüre gewiesen, den dichter wird wol
aber jeder mit solchen anfangsübungen verschonen wollen, und so
musz denn der prosaiker die zeit hergeben, dies ist in der that unter
* bei Wiese, verordnimgen und gesetze, abt. 1 im abschoitt über
die matnritätsprüfung der gymnasien § 21, s. 816 f. helsst es, nachdem
Yon den stellen aus griecb. und lat. autoren geredet ist, die vorgelegt
werden sollen: ^bei der erkliirungj derselben sind geeigneten orts ans der
metrik, mythologie, altertumskunde usw. fra^ren anzuknüpfen; eoenso
ist hei diesem teil der prüfuog den scbülern gelegenheit zu
geben, ihre geübtheit im lat. sprechen su seigen.* §88 s. 819
wird freilich unter den bediognngen fUr die erteilong des Zeugnisses
der reife das lateinsprechen nicht ausdrücklich genannt, iiidessen lesen
wir s. 223 in einer Verordnung vom 5 dec. 1861: ^der zu den höheren
Stadien vorbereitende schalnnterricht schlieszt Übungen im lat. sprechen
ein, und sie werden auf niebt wenigen Gymnasien mit gutem erfolg
trieben. in den Zeugnissen der zum Studium der theologie übergeliendcu
soll ein vermerk über den im mündlichen gebrauch der lat. spräche er-
langten grad von fertigkeit nicht fehlen.' (ich citiere noch nach der
anffage yon 1867.)
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auf dem gymnaaium.
221
solchen Verhältnissen der einzige ausweg, den man einschlagen kann,
ohne sich direct einer pfiicbtyerletsong in seinem gewissen schuldig
m fühlen.
Die Übungen im sprechen gestalten sich dann im wesentlichen
überall folgendermaszen : man läszt bei der lectüre historischer stoffe
(Tacitns) den inhalt des in der jedesmal vorhergehenden stunde ge-
lesenen Abschnitts lateinisch wiedergeben nnd erzielt so zugleich in
wünschenswerter weise ein festhalten des Zusammenhanges; man be-
Butit femer die controle der privatlectüre zu um&ssenderen Über-
sichten über den inhalt, was zb. beim bellum lugnrthinum des Sallust
ohne grosse Schwierigkeit geschieht und sich selbst bei den briefen
Cieeros empfiehlt, allein sehen wir auch davon ab, dasz der lehrer
in gerechtfertigter rücksieht auf stetiges fortschreiten der lectüre
leicht geneigt ist, sich hierin mit dürften leistungen zu begnügen
nnd den lateinisdien ausdruck nicht streng zu urgieren, so liegt doch
schon darin ein groszer übelstand, dass diese Übungen sich nur über
die kleinere hälfte des Schuljahres erstrecken, denn erstlich eignen
sich manche historische abschnitte weniger hierzu, wie diejenigen,
wo der Schriftsteller land und leute schildert, dann aber wird ein
ungleich längerer zdtraum durch die lectüre einer schwi^igeren rede
Cieeros und einer auswahl aus einer rhetorischen oder philosophischen
Schrift desselben in ansprach genommen, es ist demnach einleuch-
tend, dasz man durch solche beschränkte Übungen die scbüler im
mündlichen gebrauch der fremden spräche durchaus nicht irgendwie
sicher zu machen im stände ist. freilich wäre dem ganz anders, wenn
der primaner von vornherein mit der spräche vertrauter uns über-
liefert würde, so aber musz ihm, so zu sagen, erst hier die zunge
gelöst, musz erst hier die befangenheit , die sich anfänglich stets
geltend macht und sich nur allmählich durch Übung und gewöhnung
überwinden läszt, beseitigt werden, hierüber geht eine kostbare zeit
verloren, ja man darf sagen: bei der eben beschriebenen praxis ist
es nicht möglich, die schüler bis zu diesem ziele zu fördern, weil
eben die Übungen nicht nachhaltig genug sind und sein können, ge-
schweige denn dasz gewandtheit des ausdrucks zu erreichen wäre,
so bleibt dem primaner bis zum abschlusz des cursus im latein-
sprechen eine gewisse ängstlichkeit und Unsicherheit anhaften ;
ganz natürlich also, dasz ihm daraus einer der gi-öszten schrecken
seines mündlichen abiturientenezamens wird, dies haben mir wenig-
stens bisher meine abiturienten vor und nach bestandener prüfung
der mehrzahl nach gestanden, nur einzelne fanden ^ch in jedem jahr-
gang, die durch angeborene darstellungsgabe unterstützt ohne mühe
und ohne befangenheit lateinisch zu sprechen vermochten, ebenso
wie sie sidi schriftlich mit leichtigkeit und gewandtheit ausdrückten,
daneben stOsst man wohl auch hin und wieder auf einen examinanden^
der im vertrauen auf glückliche Zungenfertigkeit, wie vorher in der
schule, so jetzt in der prüftmg die aufgäbe des lateinspreehens mit
grosser dreistigkeit unternimmt und in der tbat über jede schwie-
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222
Zur methode des lateüuschen elementax Unterrichts
rigkeit und jeden anstosz binwegzueilen weisz. sein ausdruck wird
flusz vielleicht, correctheit gewisz nie besitzen und kaum passender
beurteilt werden können , als mit dem Ciceronischen wort 'uolabüi-
tas inanis atque irridenda'.
Die mehrzahl, wie gesagt, wird sich ernsthaft bemühen, das
gestellte thema befriedigend zu behandeln, man wird an ihrem tot-
trag jedoch nur hier und da eine passende raniiiiscenz , eine wohl-
gelungene periode zu loben haben; einen guten eindmok macht die
leistang im ganzen deshalb selten, weil freiheit und Sicherheit an
ihr yermiszt wird.
Katttrlich führt der prüfende lehrer diese mangelhaften sprecli-
Yersnche nur mit einem peinlichen, unbehaglichen geftlhle vor, hit
er doch dabei das bewnstsein, seinen schülem hier etwas zornntha
zn mfissen, woza er sie angemessen vorzubereiten nidit in derhge
war. wer mOchte es ihm deshalb allzusehr yeraigm, wenn er, m
das resultat besser zu gestalten, anderen aufgaben seines unten^
zeit entzieht und eine wSchmtliche stunde, wenigstens im wiofar-
Semester, zu mllndlidien Übungen bestimmt?
Allein auch die so erzielte firucht kann, weil nicht im oi^giai-
schen fortging des ganzen gynmasialnnterTidhts natoxgemttss ent-
wickelt} sondern erst gegen das ende desselben kfinstUcb beschleunigt,
nicht reif und nicht gesund sein.
Ferner weise ich nocb einmal nadidrUcklich darauf hin, wii
durch ein solches verfahren die eine oder die andere der wichÜgens
aufgaben des lateinischen Unterrichts beeinträchtigt und das ihnen
vorgeschriebene ziel in frage gestellt wird, ich wenigstens gUnbe
nach meinen bisherigen erfahrungen, von einzelnen durch besondere
Yerhältnisse begünstigten schulen abgesehen, behaupten zu dürfen,
dasz jeder lateinlehrer auch in prima noch Wiederholungen schwieri-
gerer teile der syntax für notwendig erkennen wird , dasz er recht
zahlreicher stilistischer Übungen nicht entbehren kann , dasz er dem
Schüler zuweilen auch in der classe gelegenheit geben musz, ein
leichtes aufsatzthema kurz zu bebandeln, ferner darf die lectüre
nicht karg bemessen sein, zugleich aber wird manches gelesen, was
eine eingehende erklärung erheischt, und auszerdem soll derschüler
doch auf dieser höchsten stufe wenigstens nicht blos mit richtigem
Verständnis, sondern auch mit freiheit und geschmack über&etzen
lernen, endlich ist ja für die lectüre in der prima noch ein höherer
gesichtspunct maszgebend: wir sollen den jüngling zu einer richti-
gen Würdigung sowol des autors als des einzelnen Werkes zu führen
suchen, was ohne einblick in die gesetze der rhetorik nicht geschehen
kann, wir sollen, wie Schräder in seiner erziehungs- und unter-
riehtslehre es ausdrückt, eine einsieht in die eigen tümlichkeit des
autors erstreben nach anläge, sittlichem wert, politischer und wissen-
schaftlicher geltung und künstlerischer ausbildung. — hohe und
schwer zu erfüllende forderungen, aber auch wert der ernstesten
anstrengung des lehrers I denn gewisz bringen wir nur so unsem
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auf dem gymiiaaiuiu.
223
«cliülern, den künftigen Vertretern höherer bildung, das altertum
zu lebendiger anscbauung, nur so erreichen wir das wieder, was dem
-classischen Unterricht früherer zeiten nachgerühmt wird und heute
zumeist verloren scheint, dasz jene einen oder einige liebingsautoren
jkuch im späteren berafälel)en mit dauerhafter neigung umfassen and
und festhalten und sich in ihnen den zagang zu den büdungsqnellen
ihrer jugend stets offen bewahren.
ErsGbeinen demgemäsz die lateinischen Sprechübungen schon
«US diesem gesichtspunct als st^kenMedOi so haben sie meiner an-
ficht nach, falls sie eben in der angegebenen weise betrieben werden,
Tom sittlichen gefühl aus betrachtet etwas bedenkliches, denn nimmt
man dieselben erst in der prima vor, verlegt man sie etwa gar vor-
zilgsweise in das der prüfung vorangehende Vierteljahr, dann tritt
«8 doch deutlich genug zu tage, dass sie der rtlcksidit aaf jene ihre
«zistenz verdanken; sie tn^psn den examenzweck, so zu sagen, an
der stim geschrieben, nnd d^es widerspricht dem geist, in dem aller
Unterricht nnd speciell der nnterricht.in der prima zu erteilen ist»
ich erinnere bei dieser gelegenheit an die schOnen , goldenen worte
ans der die maturitfttsprUfung betreffenden Verfügung vom 24. octo-
ber 18d7|^ von denen ich wttnschte, sie stSnden mahnend an der
thOr unserer prttfungszimmer geschrieben und gewttnnen Wahrheit
und Wirklichkeit im leben unserer schtaer:
*Die BchUler sollen sich, statt durch ein hastig zusammen-
gerafftes wissen verwirrt und erdrUckt zu werden, sicher und
gründlich vorgebildet mit frischer kraft, mit freudi-
gem muth und mit freier umsieht zur letzten prüfung
stellen können.*
Es könnte nach den obigen ausfübrungen bei oberflächlicher
betrachtung scheinen , als sei es das beste und einfachste, unsere
lateinischen Sprechübungen überhaupt aus dem lectionsplan zu ent-
fernen und die betreffende bestimmung des abiturientenreglements
aufzuheben, in dieser radicalen weise pflegen fragen des Unterrichts,
zumal wenn sie das vielfach angefochtene latein angehen, vor einem
gröszeren publicum jetzt gern gelöst zu werden, und so hat man
denn auch das lateinsprechen auf der schule als lächerlich und zopf-
artig genugsam verspottet, ich glaube, bei tieferem eingehen auf
die frage ihrer entbehrlichkeit oder nützlichkeit gelangen wir zu
einer anderen entscheidung. ich erkenne in ihnen eine wertvolle, ja
notwendige ergänzung der schrittlichen Übungen, besonders der
aufsatzübungen. erhält nämlich der schüler nicht blos in bestimm-
ten bald längeren bald kürzeren fristen gelegenheit, seine gedanken
sogleich lateinisch zu fassen , kann vielmehr die fähigkeit und bereit-
schaft dazu in jedem augenbliok vorausgesetzt und von ihm gefordert
werden, so wird er auch dann, wenn er sich zur ausarbeitung seines
lateinischen aufsatzes niedersetzt, nicht erst einer langen zeit be-
* Wiese a. o. abt. I 806.
Digitized by
224 Zur methode des l&tdfiifichen elementarunterriclits
dttrfea , um sieb, ich mliehte sagen, in eine entsprechende gedanken-
yerfassung za Tenetzen, es wird ihm vielmehr ohne solchen gewisser-
maszen erzwungenen Übergang, zu dem er sich jetzt oft genug dnrdi
yerwendnng einiger passender oder anch nicht passender phrasen zu
verhelfen sucht, natürlich und darum leicht sein, seine ^danken
lateinisch auszudrücken.
Jetzt gesteben mir meine sohttler wol , dasz sie am lateinisdm
aufsatz mit vergnügen arbeiten, sobald sie nur mt „recht darin
seien", und die ersten seiten, besonders die einleitnng lassen es ia
der tbat bSufig genug deutlich erkennen, wie sie der sehfller skh
mühsam abgerungen hat. dasz derselbe also sdnen aufsatz gaiz
anders angreift, wenn er im sprechen geübt ist, es darin zur fireäeit
und Unbefangenheit gebracht und somit eine vertrautere stellmig
zur spräche überhaupt gewonnen hat, dies erseheint an und fOrskt
klar, und ich gedenke im verfolg der fortschrmtenden leistongoi von
stufe zu stufe diesen Zusammenhang , diese ganz natürlich und not-
wendig sich ergebende gegenseitige fSrdemng der mündli<toi und
schriftlichen Übungen im einzelnen nachzuweisen.
Schon bei der unter den jetzt obwaltenden verhftltnissen be-
schränkten zeit habe ich die beobachtung gemacht, dasz die fort-
sch ritte und erfolge im sprechen und schreiben band in band gehen,
dasz wer das eine mit einer gewissen Sicherheit und gewandtheit
leistet, auch in dem andern der gefürdertste ist. beide fertigkeiten
vereint geben den beweis, dasz der schtiler mit der spräche in einem
masze vertraut ist, wie es bei der langen beschäftigung mit ihr er-
wartet werden kann, denn allerdings sind die gegner des herrschen-
den Systems im guten rechte, wenn sie auf den der lateinischen
spräche zugestandenen groszen räum hinweisen und entsprechende
leistungen verlangen, so kam mir noch neulich eine kleine schrift
des grafen Pfeil in die band / der ja seinen schlesischen landsleuten
wenigstens durch manche paradox erscheinenden ausführungen be-
kannt ist, jedoch auch oft gedanken ausspricht, die wol zur beachtung
empfohlen werden mögen, er berechnet die gesamtzahl der lateini-
schen Unterrichts- und arbeitsstunden auf 5700, wobei freilich ein
zehnjähriger aufenthalt in der schule vorausgesetzt ist. wer nach-
rechnet, wird mit berücksichtigung dieser letzteren annähme die
zahl durchaus nicht zu hoch gegriffen finden , obwol sie selbst den
in der schule stehenden im ersten augenblick überrascht*
Solche thatsächlichen verh<nisse sich zuweilen zn vergegen-
wärtigen, ist sicherlich von groszem nutzen; gewisz fordert ein so
bedeutender aufwand von zeit und mühe ansehnliche resultate, und
jeder ernste lehrer wird in dieser erwägung einen sporn finden, an
seiner methode zu bessern, falls die leistungen hinter dererwartnng
zurückbleiben, denn an der methode allein liegt es meines ^achtens,
dasz unsere schüler zum groszen teile in diesem ihrem haupt^e,
sehnlwescn nnd nnwesen. Gnadenfrei 1877.
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auf dem gymnaBiam. 225
dem sie so viel zeit und anstrengniig gewidmet haben , nicht sioher-
hmt and damit zugleioh freudigkeit erlangen.
Oder kOnnen wir die nrsaohe hiervon in anderen nmstSnden
suchen? sind wir etwa berechtigt, innerhalb der gegebenen neun-
jährigen Schulzeit unsere anforderungen an die arbeitskraft der
schaler noch hoher zu spannen? kein einsichtiger wird dieser
meinting sein, noeh andernfalls glauben, mit derselben darchdringen
zn können, denn in der that steht die sache so, dasz wir nns mit
dem jetzt üblichen, nach allgemeinem Übereinkommen festgesetzten
zeitmasz begnügen müssen und begnügen können, fassen wir auch
die aufgäbe des schülers noch so streng, dasz er nämlich im stufen-
weisen fortschreiten von classe zu classe beim ablauf gewisser fristen
ein unumgängliches resultat von gewonnener fertigkeit und kraft
aufweisen müsse, und dasz nur der das vorgeschriebene ziel voll-
kommen erreiche, der von unten auf bis zum schlusz seiner laufbahn
die ansprtiche der schule ganz befriedigt und das befohlene bildungs-
T^erk lückenlos an sich vollzogen habe, so sind wir doch auf der
andern seite nicht minder verpflichtet, ihm eine ausreichende musze
zu freier bewegung, teils zur erholung, teils zu anderweitiger aus-
bildung zu sichern, wir dürfen die vielfachen gerade in neuester
zeit wieder sich immer mehr geltung verschaffenden klagen über die
tiberbürdung unserer jugend keinenfalls ohne weiteres von der band
weisen, sind vielmehr ihnen und besonders den gutachten von augen-
ärzten eine unbefangene berücksichtigung schuldig, welche letzteren
in dem überhandnehmen der kurzsichtigkeit eine ernste gefahr für
unser volk erkennen und dieselbe auf den mangel an bewegung im
freien, auf das anhaltende sitzen im schuUocale und im arbeitszimmer
zorttckftthren.
Nur kuj« berühre ich den Vorschlag, den cursus des gjmnasiums
nm ein jähr zu verltfngern und so unserem schulgebUude noch eine
Eelecta aufzusetzen, vor einigen jähren verfocht ein lehrer der prima,
tttohtig als gelehrter und als pttdagoge, mir gegenüber diese ansieht,
ich verstand damals wol seine gründe zn würdigen und habe dann
später selbst bei vielen abiturienten das gefühl gehabt, dasz sie im
dgeiitlidien sinne doch noch nicht reif seien in wissenschaftlicher
beziehung, dasz gerade ein drittes jabr zum Unterricht der prima
hinzugeHlgt ihre bildung zu einem befHedigenden absöhlusz führen
uid sie sicherer und selbetftndigerdenuniversitfttsstudien übergeben
würde» trotzdem halte ich den gedanken nicht für durchführbar und
^m», WUT können uns an einem neunjährigen cursus wol genügen
lassen.
Dagegen musz der Unterricht an intensitSt gewinnen , es musz
mehr leben, einholt und Zusammenhang hineingebracht, mit dem
wiBSsn unmittelbar und aufs nachhaltigste die anwendung verbunden,
das sme durch das andere vertieft und befestigt werden, darum
luibe man schon auf den untersten stufen das ziel des ganzen planes
ii& auge, man verliere sich nicht in ein kurzsichtiges behandcän des
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226 Zur methode des lateiniachen elementar Unterrichts
classenpensums mit allzu peinlicher berücksichtigung jedes, auch
des geringfügigüten punctes, da denn schlieszlich es als höchstes
verdienst erscheint, dem gedächtnis der schüler die grammatik satz
für satz und zeile für zeile überliefert zu haben, dies führt natür-
lich zu einem rein mechanischen einprägen des stoffes, das auf die
dauer für die bildung des Zöglings keinen wert hat.
Aus diesem gesichtspunct wird man es auch nicht gutheiszen,
dasz an einzelnen gymnasien der lateinische Unterricht in sexta oder
quinta elementarlehrern anvertraut ist. denn so gern ich meiner-
seits die Sicherheit und gewandtheit ihrer lehrweise, die ich aus eige-
ner beobachtung an mehreren orten kennen gelernt habe, anerkenne,
so musz ich doch , eben weil sie jenen freieren überblick in einem
fache, wo ihr wissen nicht weit genug hinauf reicht, nicht besitzen,
behaupten, dasz trotz jenes ihrcd unzweifelhaften Vorzuges verjüngen
Philologen auch die einübung der elemente des latein besser in die
bände dieser gelegt wird, es erhebt sich dann nur die naturgemäsze
forderung, dasz der director gerade diese stufe seiner schule mit
besonderer Sorgfalt beachte und es an der nötigen anleitung und
Unterstützung des lehrers nicht fehlen lasse, so dürfte dieser sich
wol bald lebendig dessen bewnst werden, dasz dieser antenidil,
weil er elementarall terrieht heiszt, darum meht etvra onwieh-
tig ist und keine Yorbereitimg erfordert, dasx derselbe Tielinehr
höchst bedentongsToU und schwierig und ohne reiflich fiberdacbte
methode nicht mit erfolg sn erteilen ist» wird schon auf dieser stufe
das richtige verfehlt, das notwendige unterlassen, wie soll dann in
höheren cdassen der Unterricht die verlangten firllohte tragen? das
wissen bleibt Itlchenhaft, und der sehfller ffthlt sich im bewustsein
davon nie sicher und froh, wird dagegen der gmnd fest und dauer-
haft gelegt nach einem plane, der dde ganse anläge mit verstSndnis
erfasst, so wird sich auch der weiterbau sicher und regelmftssig
vollenden.
Und so bin ich denn bei der behauptung angelangt, deren nach-
weis und begrflndung ich mir im folgenden anr aufgäbe gestellt
habe. Es ist diese: zur belebung und Vertiefung des latei-
nischen Unterrichts, zur wahrhaften gewinnnng des
sehttlers für den gegenständ trttgt eine fortgesetzte
flbung im mündlichen gebrauch der spräche und zwar
schon von der untersten stufe anhebend ausserordent-
lich bei. deshalb ist eine methodische betreibung die-
ser Übungen auf unseren gymnasien wünschenswert*
Da ich vermnthe, man werde für die anflSnge des Unterrichts
am wenigsten geneigt sein , mir meinen satz zuzngeboi, dagegen in
betreff der mittleren und oberen dassen kaum bedenken erheben, so
beabsichtige ich für die sexta, quinta und quarta die möglichkeit
und zweckmäszigkeit der lateinischen Sprechübungen ausführlich und
im einzelnen darzulegen, während bezüglich des weiteren fortganges
derselben einige mel^ allgemeine bemerkungeil genügen dürften.
i^iyiii^ud by Googl
auf dem gymnaaiuiu. 221
Sollte sich die vorstehende auseinandersetzung im wesentlichen
der Zustimmung des geneigten lesers erfreuen, so hoffe ich, er be-
gleitet mich nun auf meinem weiteren gange mit interesse und mit
geduld. es ist eine frische, lebensfrohe knabenschaar, zu der ich ihn
führen will, leicht zu fesseln durch einen neuen gegenständ, nicht
80 leicht festzuhalten in treuer und stetiger hingebung an denselben.
Die vorschlage, sie zu ttichtigen lateinem zu machen, zu deren
prüfung ich einlade, gründen sich nicht blos auf theorie, — ich würde
so nicht wagen, sie der öffentlichkeit zu übergeben — , sondern sind
vielmehr eigener erfahrung und praktischen yersuchen entnommen,
in den jähren 1871 — 1874 verwaltete ich nacheinander die Ordina-
riate der drei untersten classen einer höheren lehranstalt Westfalens,
dieselbe war eine combinierte, so dasz sexta und <juinta gemeinsam
für den besuch des gymnasiums und der reali^chule vorbereiteten
und deshalb ziemlich stark besetzt waren, jene zählte ö4, diese
66 Schüler; die gymnasialquarta dagegen war nur mäszig gefüllt,
ich hatte vorher während meines probejahres lateinischen Unterricht
in der quarta, obertertia und secuuda einer realschule 1. o. erteilt
und begann damals die arbeit in meiner neuen Stellung mit groszer
freude und lebhaftem interesse, wie es bei einem philologen natür-
lich ist , der erst an einer realschule gelernt hat , seine erwartungen
und anforderungen auf ein bescheidenes masz einzuschränken und
nun am gymnasium als der eigentlichen lateinschule besseres zu er-
reichen hofft und strebt, es war nicht von vornherein meine absieht,
einen versuch mit dem lateinspreoben zu machen, allmählich im laufe
des jahres legte mir der Unterricht selbst den gedanken nahe, und
ieh ging vorsichtig an seine anslllhniiig. unter solchen umständen
wird kein zweifei darüber bestehen k£iaeii| dasz es möglich sei,
besseres'm endelmif als es mir damals gelang, wenn der versnch an
mm gymnasium y das m^ nnterriebtutonden bietet, gemacht und
glsidi von aafang an ein fester, wohlerwogener plan verfolgt wird.
Aneh stellten sieh sonst die ftusseren verhiltnisse fflr mich nicht
darehsns günstig, die sohfller waren mit nur wenigen ausnahmen
nntlelmissig begabt, sie hatten auf der Yorschule noch keine gram-
mttische Vorbildung erhalten , auoh war ihr dnrchschnittsalter ge-
ringer, als es in den östlichen provinsen zu sein pflegt, hingegen
logiBn sie sieh zum gröszten teil ans eigenem antrieb fleiszig und
fto den neuen gegenständ interessiert, von selten meines erfahrenen
anszerordentlidi thfttigen directors fand ich im fortgange meiner
venndie stets freundliche billigung und ermunterung. in seita und
^ta waren 9 stunden fttr das latein, 8 für das deutsche angesetzt
«odlieh wurden beim lateinischen Unterricht das ttbungsbuch von
Spiess und die schuignmmatik von Siberti- Heiring benutst
Von letzterer sehe ich vorläufig ab, denn ich habe meinen sex-
tanem keine grammatik in die band gegeben und halte auch jetst
Aoeh den gebrauch einer solchen auf dieser stufe fOr überflüssig, ja
^ unsweckmSszig« der schüler möge sich vielmdir beim aiämg
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228
Zar methode des lateiniscben elemeutariinterrichtB
des fremdsprachlichen Unterrichts auf ein buch concentrieren und
zwar natürlich auf ein lesebuch. gerade im anfang ist ja die unmittel-
bare Überlieferung des grammatischen Stoffes durch den lehrer so
wichtig.
Für ein lesebuch stellt man nun gewöhnlich folgende regeln
auf: es soll die vocabeln zweckmäszig auswählen und ebenso anord-
nen, unbekannte äexions- und satzformen vermeiden, Übungssätze
von wirklichem inhalt bringen und hinreichenden stoff bieten, die-
sen anforderungen entspricht Spiesz, wenigstens der für sexta be-
stimm|;e teil, in wesentlichen puncten, und so ist er denn auch in
den westlichen provinzen sehr verbreitet.^ nur was den inhalt be-
trifft, eine frage, die für uns besonders in betracht kommt, kann er
keineswegs genügen, denn die Übungssätze sind zum groszen teil
ohne sinn und unverständlich, so kann der sextaner zb. unmöglich
etwas denken, wenn er liest: 'standhaft igkeit i>t der weg des glücks',
oder 'das glück der einwohner des lande.-s ist die Ursache des stolzes*.
Es ist notwendig hierauf einzugehen , da auch in anderen lese-
bttehern diese seite allzu sehr venaachlässigt wird, so dasz es ein
leichtes wäre, die zahl der angeführten beispiele beliebig zu ver-
mehren, lange nicht genug finden sich sagenhafte und geschicht-
liche Stoffe verwertet, und doch sind diese gerade eine fundgrube
guter und verständlicher und die jugend ansprechender lesestücke,
durch den gebrauch solcher bücher gewöhnt sich nun der schüler
leider an ein gedankenloses lesen ohne irgend eine berücksichtigung
des Inhalts, und daher schreibt sich denn zum guten teile die trau-
rige erfahrung, die wir in mittleren classen oft genug an ihm machen
müssen, dasz er nämlich nun, wo er auf den inhalt hauptsächlich
achten soll , über diese zumuthung fast erstaunen zeigt und es einer
consequent und energisch fortgesetzten hinweisung bedarf, um ihn
zu wirklich geistiger erfassung des Übersetzungsstoffes zu fördern,
wie aber dann, wenn auf dieser stufe die nötige kraft nicht ein-
gesetzt wird? wenn auch hier noch jene wesentliche seite des Unter-
richts im hintergrnnde halb versteckt bleibt? — es liegt wahrhaftig
aahe, eine panUlele xn siehen zwischen der art des ftbersetsens auf
den anterstat stafon des gymnasiums nnd der oberfittcblichen
meikode der leotttre in mittieren imd oberen elassen, wie sie immer
noch an manchen sehnlen besteht trotz der eindringlichsten mab-
nnngen, die es nns znr pflicfat machen, dem schüler seinen antor
wirUich xu erklftren, ihn hinsnweisen auf den snaammenhang des
einzelnen, anf die sweckmSszigkeit der anordnnng aller teile, ihm
die besiehungen anf personen tmd verhttltnisse dixr(^ichtig za
machen durch heranziäiung der geschidite, der altertOmer, der
knnst- nnd literargeschichte.
^ im jähr 1871 erschien das buch in der 32n aufläge. Kssen.
B&deker. des Vergleichs wegen werde ich auch bei den später erwähn-
ten Hbungsbüchem die aufläge angeben.
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auf dem gymnaftinm«
229
Ich darf bei dieser veranlassung wol an ein ernstes wert er-
innern, das Fr. Thiersch in seiner schrift über methode der classi-
8chen Studien in hinsieht einer zu tlUcbtigen lectüre gesprochen hat:
'wird das Studium der alten so betrieben, so kenne ich kein untrüg-
licheres mittel , die jugend vom denken zu entwöhnen , als dieses,
wo man sie gewöhnt, bei den schwierigen und ernsthaften dingen
nichts zu denken, kein sichereres verfahren, um das lernen in ein
ödes werk des gedächtnis zu verwandeln und alle keime und hoä-
nuDgen des gedeihens zu verderben.'
üeberschauen wir auf diese weise den fortgang und zusammen-
bang des ganzen gymnasialunt^rrichts und vergegenwUrtigen wir
uns die nachteiligen folgen eines nicht von vornherein auf denken
und verstehen angelegten planes für das lesen und übersetzen, so
wird die forder ung gerechtfertigt erscheinen , dasz schon dem aex-
taner und quintaner sein Übungsbuch einen angemessenen, anregen-
den inhalt bieten soll.
Ohne solchen inhalt ist das buch nicht geeignet, mittelpunct
und ausgangspunct aller Übungen in der fremden spräche zu sein,
wie wir es doch wünschen und fordern mü;>ien, es bietet für ver-
suche im mündlichen gebrauch derselben keine Unterstützung, denn
aus ihm gewinnt der schüler eben zu wenig gedanken und äätze, die
er eventuell verwenden könnte, wenn er selbst beispiele zu bilden
hat. ihn hierzu anzuleiten trotz dieses mangels wird für den lehrer
eim mühsamere aufgäbe, immer wieder musz er auf den historischen
Stoff des buches aufmerksam machen, das hier nnd da zerstreute zu-
stnmenatellen, wenn gleichartiges sich nicht findet, dieses an das
fübere anluittplBii ItaaeiL ao Btäien zb. im Spiess eine aniahl s&tse
über Alezander den groamiy und als wfllkoiniiMme ergänzung dasu
fiaden wir im dentsohen leeebuoh tob Hopf nnd Panlnek eine reihe
Ton enihlungen auf Aleundm leben, wenn ich aleo immer da,
wo ein derartiger eaU fibersetst wird, wieder auf die früher gelese-
Ben Bitee ilmlichen inhaU» sorüekgreüe und dabei gelegentlich den
Stoff des deutschen leaebncheB heransiehe, so eniele idi einerseits
tum gewina für die gesdiiehtlicheii thatsachen, die sich im ge-
dlDhtiüs des s<dittlers beÜMtigen nnd sosammenhang erhaltene andrer-
seits aber auch zugleich einen wesentlichen Torteil für die fremde
8p»che, indem dnrch diese öftere wiederholnng der beispiele Toca-
Ün nnd redensarten, wie bellnm gerere, proelium committere,
QfltQsiam reportare, castra ponere, pacem &oere, sich nnverlierbar
eiBiffigen.
In folge der «rmaeligkeit des lehrstoffes wird freilich das resnl-
tftt dieses yerfahrens immer dürf^g bleiben, nnd es ist ersichtlich,
wie sehr ein mit grosserer rttcksicht auf den inhalt Ter£ssztes bnch
solchen übnngen zn hülfe kommen würde* aber man blittm die
mehrzahl der noch jetzt auf unseren schulen gebräuchlichen bücher
darch : es ist, als ob die yer&sser den knaben zur gedankenlosigkeit
anleiten wollten. Sätze wie 'die adler haben flfiger, *die adler sind
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280 Zur xnethode dea latemifichen elementaronterrichts
Vögel' enthalten doch wol keine Belehrung. *der landmann hat
geld' kann nicht als allgemein gültige Wahrheit ausgesprochen sein,
durchaus nichts weisz man damit anzufangen, dasz 'die Schwerter
der deutschen hart sind', oder 'die waffen der gallier eine schöne
form haben'.
Man erkennt ja leicht, was bei dem abfassen solcher lesebücher
leitender gesichtspunct gewesen ist: es sollte jede vom schtiler ge-
lernte vocabel in den Übungsstücken mehrere male und in verschie-
denen formen wiederkehren, das ist nun in der that ein einseitiger
und allzu ängstlicher standpunct und entschuldigt den gertigten
mangel keineswegs, denn erstens lassen sich die meisten dieser
vocabeln auch in zusammenhängende historische stoflfe aufnehmen,
und dann hat der lehrer ja noch vollauf gelegenheit, dieselben in
mündlichen Übungen zu verwenden, sei es zur bildung von formen
oder zur bildung kleiner sätze.
Nun läszt sich zwar in neuerer zeit ein fortschritt nach der be-
zeichneten Seite hin nicht verkennen, man prüfe zb. die Übungs-
bücher von Ostermann* oder Hottenrott^ oder Meiring®, man wird
die einzelnen sätze der mehrzahl nach verständig finden; in noch
höherem masze ist dies an dem lesebuche von Perthes zu loben,
welches recht viele passende histori&che sätze enthält, allein von
unserem standpuncte aus wird es trotzdem noch nicht genügen,
ebensowenig wie jedes andere buch, das dem schüler den stoflf ohne
Zusammenhang bietet, das einzelne mag der form nach durchaus
zweckentsprechend, dem Inhalt nach wert und geeignet sein, vom
schüler festgehalten zu werden, nun tritt aber in einem engen um-
fange das verschiedenartigste gleichberechtigt neben einander, und
eines verdrKngt oder verdunkelt das andere.
Ich greife, mn dies an einem bei spiele zu beweisen, stück 64
ans dem buche von Perthes heraus, unter den 12 sftizen, ans denen
es besteht, sind 7 historischen oder sagenhaften inhalts, jeder ftlr
den sweok der fomenemflbung ganz passend and sugleich dem
sohfiler yeratindlieh und aniieiiend. im ersten sate jedocb hOvt der-
selbe Ton der befestigung Athens, im zweiten Ton der woaderbaren
emShmng des Bomiüns imd Bemos, im dritten von der rettong des
Capitoliams dnrch die ginse, im yierten Ton Aristotelee als dem
lelurer des grossen Alezander, im iQnften TOn Goriolaa, im sedisten
▼om tode des Demosthenes nnd iBokrates, im siebenten endlich von
der blendung Polyphems. man wird zugeben, dass der sehlllttr hier»
durch in 6iner lehrstonde ein recht buntes durcheinander yon Tor-
stellungen erhült, ganz abgesehen davon, dass nnn noch sfttse
allgemeinen inhalts zwischen jene zerstreat sind, da ist viel m yer-
schiedenartiges auf einmal geboten, als dasz der lehrer auf das fest-
ß 15e aiifl. Leipzig 1877. Teubner.
7 6e aufl. Berlin 1871. LüderiU.
^ Bonn 1872. Cohen u. söhn.
* Berlin 1874. Weidmann.
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auf dttn gjvatBnwaL
halten de« einselnen redinen und dringen kannte, nnd so bleibt ein
an sieh dankbares material nnbenntzt.
Damm glanbe ich, es mnszaaf dieser babn des fortschritts noch
ein schritt yorwSrts gethan werden, warum wollen wir nicht wenig-
stens dem einzelnen lesestttck einen gemeinsamen Inhalt geben, oder
noch besser eine reihe von stflcken aus demselben Stoffe be.arbeiten?
man wende mir nicht ein, dasz dann die Tocabeln zu wenig eingeübt
wefden könnten, man nnterschfttzt hierbei, wie ich schon oben an-
deutete, den wert der mündliche^ Übungen , und dann bemerke ich
noeh dies, ich bin durchaus dafttr, dasz der schfUer über einen
reichen vocabeWonrath yerfüge, aber die rfieksicht hierauf scheint
mir doch oft übertrieben zu werden, so sind zb. in jenem Perthes-
sehen lesestttck zwei vocabeln nach meiner meinung ftlr den sextaner
überflüssig : mollire findet er selten genug wieder, sopire bietet ihm
in der tertia sein Ovid, aber es ist ganz gewisz, dasz er dies wort
bis dabin vergessen hat und dasselbe pilichtmäszig nachschlägt und
in seine präparation einträgt.
Alle bedenken^ die man gegen eine andere einrichtung unse-
rer lesebücher erheben kann, gründen sich nach meiner Über-
zeugung mehr auf die macht der gewohnheit, als auf rein sachliche
erwägung. gelingt es uns, uns über sie hinwegzusetzen, so wird es
jedem bald wünschenswert und möglich erscheinen, nach analogio
der Wellerschen erzählungen ausHerodot schon für die sexta, wenig-
stens für die zweite hälfte des Schuljahres, gewisz aber für die quinta
zusammenhängende historische Übungsstücke in leichter form zu
schreiben , so dasz die schüler mit einiger anleitung des lehrers die-
selben zu verstehen im stände sind, für die sexta, glaube ich, wür-
den sich vornehmlich stoffe ous der Odyssee empfehlen, die ja
bekanntlich gerade das erste knabenalter so sehr anspricht und ge-
wSbnlich auch in dem entsprechenden deutschen Unterricht su dictaten
und leproductionen verwandt wird.
Wir besitaen em derartiges buch von Henneberger aus-
gearbeitet im zusammenhange mit Wellers Herodot-^^ und Livius-
cntfihliuigen und dasu bestimmt, den sextaner zu der lectüre der«
Mlbea hinttberzuführen. es bietet zuerst Übungen über das verbum
dann tfber jede einzelne Conjugation und endlich vermischte
ftbnngen. in den ersten fünf abschnitten bereiten einzelne sfttze zur
Übersetzung der dann folgenden fabeln und erzählungen vor, im
letzten abschnitt zerföllt der stoff teils in gespräche, teils in sage
geschichte, nnd hier finden wir zb. zwölf stücke über den Troja-
luschen krieg, nnd ebenso viele stellen die abenteuer des Odjsseus
dar. ftr die^brandibarkeit des buches spricht sdion der umstand,
dstt es so oft aufgelegt worden ist, auch hat es wegen der passenden
Henncber^cr, lat. elementarbach. 7e aafl. Hildbarghausen 1876.
Kesselringsche buclihandlimp^.
Weller, lat. lesebnch aus Herodot. 14e aufl. 1877.
^ Weller, lat. lesebueh aus Livins. 9e aafl. 1876.
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232
Zur methode des lateinischen elementaiimterrichU
ausvvahl und zweckmäszigen bearbeitung des Stoffes anerkeiineiide
beurteilung erfahren , indessen wird es dem aufmerksamen leser bei
der oben gegebenen kurzen beschreibung der einrichtung desselben
nicht entgangen sein, wie sehr es in wesentlichen puncten von einem
lesebuche abweicht, wie ich es mir denke.
Krstlich wünsche ich die hiötoribchen stoffe ausführlicher
behandelt, w'odurch zugleich der iuhalt des ganzen buches einheit-
licher wird, allgemeinen erscheint es mir allerdings zur lectüre
längerer abschnitte durch voranstellung kürzerer stücke vorzube-
reiten, einzelne sätze aber können in einem buche fehlen, das sei-
ner ganzen anläge nach dem sextaner erst am beginn des zweiten
Semesters in die band gegeben werden soll, in betreff jener kürze-
ren stücke teile ich die ansiebt des Verfassers nicht, der lateinische
originalstücke verwirft, glaube vielmehr, dasz anekdoten und leichte
erzählungen aus Cicero oder Oellios wol aufnähme finden können,
wenn nur dem sehOler dmdi unter den toxt gesetzte hülfsbemer-
kungen das TerstSndnis yermittelt wird, wie dies sb* ia dem Blume-
sehen lesebuch für qninta^' gescbehen ist. so ariimere ieh mich
heute noch daran, dass ich einst als quintaner im Blume den ein-
gehen bericht Ciceros^über die entdeckung des grabmales des
Archimedes gelesen und denselben als primaner mit vergnügen in
den Tusculaaen wiedergefunden.
Femer — und hiermit beziehe ich mich auf die dritte der Eck-
steinschen thesen — möchte ich gesprftehe überhaupt aus unseren
lateinischen lesebttchem entfernt wissen ; ihr Inhalt ist doch gewöhn-
lich allzu nfichtem, und ich habe darum noch nie gefunden, dass
die jngend sich dafiur erwftrmt.
Ü^dlich arklftre ich Hennebergers buch fOr mangelhaft, weil
es nur lateinische stflcke enthftlt. nicht leicht wird ein lehrer der
unteren dassen die dem llberseteen aus dem lateinischen entgegen-
gesetzte Operation des überseteens aus der muttersprache in die
fremde entbehren wollen, man wird vielmehr diese Übungen mög-
lichst sich gegenseitig enteprechend und erg&nzend vorzunehmen
haben, und zu diesem zweck musz das lesebu<ä ebenfiEdls lusammen-
httngende stücke bieten, die sich am besten in ihrem Inhalt genau
an die voranstehenden lateinischen abschnitte anschliessen. hiermit
befinde ich mich also im gegensatze zu der zweiten these Ecksteins ^\
lat. lescbucb In 8 teilen. I überaetzunoren aus d. lat. ins devUehe.
14o anfl. 1868. II übersetzimgen aus d. deutschen ins lat. hrsg. von
Schmidt. 13e aufl. 1870. III kleino lat. schulgrummatik. Ge aufl. 1871.
— lat. Vorübungen, öe aufl. 1868. Göttingen. Yandenhoeck u. Ruprecht.
ich frene mich am sehlass dieser Setraohtangen darauf hlDweisen
zu können, dass dieselbe idee in beeng auf die deutsche lectüre der
untern cl.issen an der bis vor kurzem unter Kerns leitung stehenden
luisenstädtischen gewerbeschulc in Berlin durchgeführt ist. man hat
dort an stelle eines gewöhnlichen lesebuches einen einheitlichen, gekalt-
Tollen Stoff für die leetUre hearbeitet, und swar lur die sexta aus Homer,
für die qninta ans Herodot, Hir die quarta aus Liviui. an die seile
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auf dem gymnanam. 238
Um also zusammeiisti&sseii, wir bedflrfen ftlr die sexta eines
fibongsbocbes, das dem sohfller fdr die xweite htifte des jabres einen
sQsammenliSngenden, möglichst einheitlichen, seinem geistigen
fltandponefc angemessenen lesestoff in sich entsprechenden lateini-
gehen und deutschen abschnitten bietet. gesprSche sind anszn-
seUieszen. kürzere erzfthlnngen -hOnnen ans Cicero, Oellins, Justin
u. a. direct entnommen werden, als hanptinhalt empfehlen sich für
diese stufe ersShlnngen ans der Odyssee, das Übersetzen der original-
Stücke ist durch bemerkungen unter dem text zu erleichtem, als
sahsng ist ein yocabularium hinzuzuftigen. in den deutschen stttcken
wird der Wortschatz der entsprechenden lateinischen Terwendet.
YieUeicht ist manchem leser diese auseinandersetzung zu lang
geworden, doch bitte ich dieselben zu bedenken, dasz passender und
rnebhaltiger lesestoff fttr die entwickelung des denk- und Susungs-
TcrmOgens überhaupt und ftlr den fortschritt in der fremden spradie
spedell wesentliche Yorbedingnng ist, und dasz er endlich den sprech-
fibmigen entgegenkommt.
Auf ein nach den bezeichneten grundsätzen yerfasztes buch
gestützt, kann der lehrer hin und wieder einzelne zflge aus sage oder
gesokiehte frei reproducieren lassen, kann er selbst mit den schtt*
lern oder diese unter sich die gewonnenen kenntnisse in frage und
sntwort austauschen, aber von noch höherem werte ist folgendes :
der gedankenschatz f den er nun, zum teil auch in einer bestimmten
form, bei seinen schülem als festen besitz voraussetzen darf, bildet
eine yerhältnismSszig breite grundlage , auf der sich die sonstigen
ttbnngen in der fremden spniche, mündliche wie schriftliche| frei
bewegen.
Fürs erste erwähne ich die Wiederholung der vocabeln. die
präzis lehrt uns bald genug, dasz der spruch Vepetitio est mater
studiorum' eine hauptregel für den Unterricht ist, namentlich auch
in beziehung auf den vocabelvorrath. freilich zeigt sich nun gerade
auf diesem gebiete in der befolgung jener regel eine grosze Ver-
schiedenheit, und es gibt lehrer, die sich dieser pflicht nur ungern
erinnern und in kürze zu entledigen suchen , während andere der-
selben mit besonderer freude und reichem erfolge obliegen, die
Übung scheint einfach, will aber doch überlegt und mit einsieht
geordnet sein, unmöglich wird man sich damit begnügen, die voca-
beln in derselben reihenfolge zu wiederholen, wie sie das erste mal
^Mer büeber treten Sammlungen deutscher gedichte in einzelnen heften,
hl leSner anzeige dieser sammlangen (seiiscbr. f. g.-w. s. 288 ff.) spricht
Frick seine Battimmanff nun ganzen plane ans und citiert unter andenn
«ich ein wort von HoUeDberg, das ich nicht unterlassen kann hierher
w setzen: 'einen tüchtigen stoff nehmen, aus ihm die gröste kraft-
^twicklung gewinnen und aus klugheit und* dankbarkeit diesen stoff
baitnlekig festhalten, das ist das richtige didaktische princip. befolgt
man es einmal versnchsweise , so findet man, dasz es nicht allein dem
<lenken selbst eine gröszere consistens nnd Sicherheit gibt, sondern auch
den Charakter merklich stählt.'
N. jahrb. f. phiL n. pid. II. abu mS. hfu 6 n. 6. 16
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234 Zur methode des latemitcheii elementanmtemcbts
gelernt wurden, das wäre höchst mechanisch, für lehrer und schüler
langweilig und würde wenig frucht bringen, grade immer freier
und vielseitiger sollen die schüler das erworbene gut verwerten,
es immer wieder unter neue gesichtspuncte stellen und sich dadurch
zugleich zum ergreifen und festhalten des neuen vorbereiten und be-
fähigen, planvoll und mit bedacht musz sich ein stein an den andern
fügen , ohne innere Verbindung und festigung angehäuftes material
fUUt in kürzerer oder längerer frist auseinander, es wird deshalb
schon auf der untersten stufe die gruppierende repetitionsmethode
anzuwenden sein , von der Perthes in einem aufsatz 'zur reform des
lateinischen Unterrichts' gehandelt hat,^^ und zwar noch in einem,
weiteren umfange, als es Perthes empfiehlt.
Man lasse also den schüler die Wörter das eine mal nach ihrer
endung zusammenstellen und leite ihn dabei an, selbst die bedeutung
der ableitungssilben zu finden, zb. bei den adjectiven auf -ilis und
-bilis. oder wäre es wirklich dem knaben zu viel zugemuthet, wenn
man ihn die gelernten Wörter facilis, fertilis, mirabilis, laudabilis,
mobilis zusammenordnen und aus ihrer bedeutung auf die der ab-
leitungssilben schlieszen läsztV ich kann dies nicht zugeben, es
scheint mir vielmehr ein immerhin noch bescheidener anspruch an
seine denkthätigkeit zu sein, der jedoch für sein ferneres lernen und
verstehen eine lohnende frucht tragen wird, hat man nämlich so
den angehenden lateiner schon in der sexta allmählich daran ge-
wöhnt, auf die ableitung und Wortbildung zu merken und dies in
der quinta fortgesetzt, so wird es später in der quarta von hohem
werte sein und auch nur kurze zeit erfordern , mit ihm methodisch
die lehre von der ableitung der Wörter durchzunehmen, ein capitel
in der grammatik, das jetzt häufig zum groszen nachteii der sprach-
lichen bildung ganz übergangen wird.
Daneben halte ich aber noch eine andere art der gruppierung
für besonders wertvoll und für den zweck der ersten Übung im
lateinsprechen erforderlich, ich meine die Ordnung nach gegen-
ständen, der nutzen dieses Verfahrens ist leicht zu ersehen und
möge hier kurz an einem beispiele gezeigt werden, man frage die
schaler nach yocabeln, die sieh auf den begriff homo beziebAn, und
man wird, falls ee im zweiten oder dritten quartal des sobnUabres
gesehiebt, wie natflrlicb, damit wabrbaft flbeiBcbflttet werden, frei*
Uch geht es zuerst etwas bunt durcbeinander, und es ist interessant
zu beobaebten , wie der von 6inem angeregte vorstellungskreis von
andern begierig ergriffen und ausgebeutet wird, bis selbstftndigeie
kdpfe dem gedenken wieder eine neue seite abgewinnen, so tOnen
uns bei jener frage etwa folgende wSrter entgegen : caput, manos,
pes, oculus, barba, frons, corpus, sanguis ; animns, uirtns, uitinm,
fortitudo, constantia, auaritiai improbitos, probitas; dux, impentor.
IS in der Zeitschrift für gviuo.« Wesen XXVII 8. 81 ff. auch als
separatabdrack eneblenen. Berun 1873. Weidmann.
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auf dem gymuaaium. 235
rex, miles, ciuis; puer, adulescens, iuuenis, senex; senectuSi pueritia,
adalescentia; mors, uita, morbus u. a. gibt man nun den schülem
eine Übersicht der genannten Wörter, oder hat man sie, gleich als sie
genannt wurden, aufschreiben lassen, so empfinden sie sofort selbst
das bedürfiiis nach ordnnng und einteilung, nnd gelingt es ihnen
unter anleitnng des lehrers passende rubriken aufzufinden» so halten
sie dieselben gewiss flir einen Wiederholungsfall fest und füllen dann
die einzelnen elassen desto vollständiger mit ihrem nun sehen ge-
sichteten vorrath aus. 80 würden sieh ihnen, om bei dem angegebe-
nen beispiel zu bleiben, etwa animus, corpus, res militariB, res
nrbanae als leitende gesichtspunete bieten und hierzu leicht die ent-
sprechenden Unterabteilungen bestinunen.
Wer übrigens praktische versuche mit dieser gruppierenden
repetitionsmethode macht, wird wohlthnn, seine mitwirkung bei
der claseifiiBierung mOglidist zurücktreten zu laesen, damit den
knaben die freude daran als an ihrem eignen werke unverkürzt
bkibe; auf streng logische Scheidung kommt es ja vorlftuflg ebenso
wenig an , wie ai^ absolute voUstttndigkeit.
Wie sieh nun beim einüben der vocabeln überhaupt zur be-
lebung des Unterrichts und zur anlehnung dieser Übung an andere
die bildung von sttsen empfiehlt, so ergibt sich dies gerade aus der
bedeutungsmäszigen anordnung der wOrter ganz von selbst, haben
die Schüler zb. unter der rubrik res militaris die substantiva bellum,
dux, exercitus, copiae, auxilia, castru, arma, gladius, hasta, scutum,
uulnus, pax und die verba pugnare, expugnare, defendere, uincere,
necare, munire u. a. genannt, so verbinden sich mit jenen Substan-
tiven dann leicht und natürlich geeignete adjectiva, wie dux fortis,
duxfelix, dux peritus; proelium atrox, proelium crueutura; certamen
singulare; fuga turpis; arma cruenta, arma ferrea, andererseits
stellen sich ebenso unmittelbar subcitantiva mit verben zu redens-
arten zusammen, wie bellum gerere, proelium committere, arma
capere, cladem accipere, uictoriam reportare, pacem facere, castra
ponere, castra mouere. sind diese Vorübungen geglückt, wer möchte
noch zögern, zur bildung von sLLtzen zu schreiten? das kann schon
der Sextaner leisten, wenn er in der beschriebenen weise angeleitet
worden ist, und er soll dann und wird dann nicht blos so allgemeine
Sätze bilden wie dux proelium commisit, post hoc proelium pax facta
^st, bestes pugna cruenta oioti sunt, sondern es bietet sich ihm der
aas dem lesebuch gewonnene historische stoff ganz natürlich zur Ver-
wendung dar, und wir dürfen erwarten, dasz derselbe rasch in die
bezeichnete form gekleidet wird, also hören wir, homerischen sagen-
stoff vorausgesetzt, aus dem munde des sextaners zb. folgendes:
Giaeci cum Troianis per decem annos bellum gesserunt; Hector,
^liami regis filius, ab Achille interfectns est; Troia urbs a Qraeds
expugnata et deleta est; Ulixes per multas terras errauit, nam iram
^eptuni monerat; Minema Ulizem Semper adiuuabat, itaque ex
osmibas periculis seruabatur.
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236 Zur methode des lateinischen elementaxunterhchts
Welchen nutzen solche aus einem gedankeninhalt entsprungene
Sätze vor jenen obigen haben , braucht nach dem frUher über lese*
bücher gesagten nicht mehr erörtert zu werden.
Der ungemeine nutzen der gruppierenden repetitionsmethode,
mag sie nun durch grammatische oder durch gegenständliche ge-
sichtspuncte bestimmt sein, scheint unzweifelhaft, und zumal die
Übungen der letzteren art dürften wesentlich dazu beitragen , das
latein auf den schulen wieder eigentlich lebendig zu machen,
ich kann versichern, dasz lehrstunden, in denen vocabeln in der ge-
schilderten weise repetiert und in zahlreichen beispielen verwertet
werden , sich zu den belebtesten gestalten ; sie befriedigen und er-
freuen lehrer wie schüler und gewähren einen sicheren erfolg.
Neben der vocabelrepetition ist noch ein anderes gebiet zu nen-
nen, auf dem wir für Übungen im lateinsprechen räum und reiche
veranlassung finden, und das zugleich nicht weniger einen ausgiebi-
gen, angemessenen lesestoff zur wesentlichen Voraussetzung hat.
es ist dies die Satzlehre, dieselbe fällt zwar dem deutschen Unter-
richt zu, indessen darf man es als selbstverständlich voraussetzen,
dasz auf den drei unteren stufen des gymnasiums oder doch wenig-
stens in sexta und quinta latein und deutsch in 6iner band liegt,
wie dies von der pädagogik schon längst als berechtigte und unum-
gängliche forderung anerkannt worden ist. der lehrer wird nun
diese Vereinigung dazu benutzen, satzbildungsübungen in beiden
sprachen zugleich vorzunehmen, wenn er also in einer deutschen
stunde, nachdem für ein gegebenes gedankenverhlQtnis deutsche bei-
spiele in genügender sah! gebildet sind , auch lateinische Sätze for-
dert, so wird hkrin kein einaiditiger eine beeintrSchtigung des
deutschen unierricbts erblicken, yielmehr wird man lugeboi mllssen,
dass gerade durch diese ftbertragung auf die fremde spra^ die
form des satzes , der nnieisehied der dnea sateform vor der anderen
um so klarer ans licht tritt.
In sexta beechrSnken sieh diese Übungen im wesentliehen auf
das verhSltais der coordination, und ich mOchte auch nicht rathen,
darttber hinaus su gehen, obwol die lateinischen lesebüoher um des
pronomens willen relativrerbindungen und, um den coi^junctiT vor-
zuftthren, temporal- und causalnebensfttee mit cum, final* und oon*
secutivstttaEe mit ut und ne enthalten mfissen. an dieser stelle kSnnen
eben solche yerbindungen nicht entbehrt werden, und der sehttler
lernt alhnShlich sich hüieinfinden, allein das erfassen dieser art des
ffedankenverhSltnisses bleibt doch bei der mehrzahl, m^ner erfiJi*
rung nach, ein mangelhaftes und gestattet nicht freie, selbstthfttjga
anwendung su fordern, darum erstrebe man auf dieser anfirngsstnle
lieber ein klares durchdringen der coordinierenden BatsTerbinduag^
ein siel, das sich bei allen sdiOlem erreichen Ittsst, sowdt sie nicht
durchaus unb^abt sind, zugleich aber auch ein siel, das dem nicht
geringfügig erscheinen wird, der sich die mannigfrdtigkeit der hier«
durdi gebotenen formen vergegenwBrtigt. innerhalb dieses be-
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auf dem gymnatinm.
237
schränkten kreises soll demnach der schüler su einer solchen ge-
wandtheit geftirdert werden, dasz er einerseita gegebenesätze dieser
art sicherimd g|)ftiifig zn analysieren, andererseits für ein üim durch
ein beispiel oder nur dnrch ein bnchstabenschema^^ bezeichnetes
gedankenverlittltnie deutsche sowol als latemisobe sfitze auf der stelle
zu bilden vermag, dies fortwährende nebeneinanderstellen und ver-
gleichen beider sprachen wird nicht blos za einem klaren verstttnd-
nis der grammatischen Verhältnisse führen, zb. zu einer scharfen
sonderung der copulativen, adversativen und causalen conjunctionen,
sondern auch die vertrantiieit mit der fremden spräche vorzflglich
befördern.
Diese Übungen sind trockner und schwieriger als die früher be- ^
sprcchenen ; wie trefflich also, wenn wir ihnen durch passenden ge-
dankeninhalt frische und leben zu verleihen in den stand gesetzt
sind! die beharrlichkeit des lehrers belohnt sich übrigens auch hier:
bald faszt die bessere hälfte der classe interesse, das Verständnis
wächst, die lust und freudigkeit teilt sich allen mit, und so geht
diese denkarbeit in erwünschter weise vorwärts.
Ich meine, in diesem verfahren arbeiten sich der deutsche und
lateinische Unterricht wahrhaft band in band, wie es ja auf den
unteren stufen der schule geschehen soll und musz, um den knaben
richtiges denken und sprechen zu lehren, während freilich jetzt noch
oft genug deraelbe lebrer beide gegenstände unbewuszt oder gar
mit absieht so getiennt behandelt, als hätten sie keine gemeinsame
auigabe.
Was das grammatische pensum selbst anbetrifft, so genügt es
an dieser stelle kurz darauf hinzuweisen, dasz man sich durchaus
möglichst auf die regelmäszigen formen zu beschränken habe, dies
gilt insbesondere von den declinationen. so sind die griechischen
Wörter der ersten declination erst in der quarta nachzutragen und
bei der dritten declination auszer den drei hauptregeln für das genus
alle übrigen in das quintapensum zu setzen, wenn, wie es ja wol
allgemeiner brauch ist, der schüler bei jedem wort das geschlecht
mit lernt und jedesmal bei nennung desselben mit angibt, wenn
zugleich die Übersetzungsbücher den betreffenden stoff so ordnen,
dasz zuerst die substantiva mit regelmäszigem geschlecht ein-
geübt, dann in besonderen und auch unter sich auseinander gehalte-
nen abschnitten die unregelmäszigen masculina, feminina und neutra
vorgeführt werden, so ist was notwendig erscheint geschehen, und
es bleibt dem lebrer nur noch die aufgäbe, aus den letzterwähnten
abschnitten die vocabeln und natürlich auch die diesen entsprechen-
den Sätze zu stieichen, welche für den sextaner überflüssig sind, so
wUrde ich zb. aus dem neunten capitel des Übungsbuches von Spiesz
folgende Wörter entfernen : calix , cortex , turtur, uultur ; uicissitudo,
eognitio, pecus, teUus; aequor, cadauer.
über derartige sehemata bei besprechang des qnintapensnine ein
näheres.
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238 Zur methode des lateinitchen elementaronterrichtB
Vielleicht halten andere noch mehrere Wörter für entbehrlich,
und in der that kommt ja in der sezta allea darauf an , den lemstoff
zu beschränken und so TereuiiaGlieii| daa was dann^lunit wird, be-
wahren die Schüler um so treuer und verwenden es um so vieboitiger.
Dagegen hat der lateinische elementarunterricht schon in der
Bexta auf zwei puncte gewicht zu legen, die bis jetzt an manchen
schulen entweder gar nicht beachtet werden oder erst auf höheren
classen berücksichtigung finden, der schüler muss gleich von vorn-
herein die lateinischen Wörter in der richtigen Schreibweise an-
schauen und sich einprägen, damit er nicht später — etwa nach
anleitung des band weisers der lateinischen rechtschreibung, eines
niiszuges aus dem hülfsbüchlein für lateinische rechtschreibung von
WBrambach. Leipzig. Teubner 1872. 2. auÜ. 1876 — wieder um-
zulernen braucht, es ist deshalb eine einheitliche Orthographie für
übcrsetzungsbuch und grammatik, ftir die ausgaben der Schriftsteller
und für lexica dringend zu wünschen, und so lange wir dieser Über-
einstimmung entbehren, halte ich den lehrer fUr verpflichtet, die
schüler wenigstens in einem beschränkten masze, also bei häufig
vorkommenden Wörtern, die richtige Schreibung in ihren büchern
selbst herstellen zu lassen.
Noch wichtiger erscheint die richtige ausspräche der Wörter,
zu diesem zwecke ist sowol in der grammatik als in den vocabel-
verzeichnissen die länge und kürze der silben anzugeben , vor allem
aber musz der lehrer deutlich und bestimmt aussprechen und conse*
(^uent daraufhalten, dasz die schüler das gleiche thun.
Somit bin ich am schlusz der betrachtung des sextanerpensums
angelangt, wenn ich hoffen darf, dargelegt zu haben , wie sich an-
fangsübungen im mündlichen gebrauch der lateinischen spräche aus
einer gründlichen methodischen behandlung dieses pensums von
selbst ergeben und sich ungezwungen an die lectüre eines geeigneten
lesebuches, an die vocabelrepetitionen, an die Satzlehre anschlieszen,
80 bedarf es andererseits kaum der Versicherung, dasz eine energische
durchführung dieses Verfahrens in einem bedeutenden, vielleicht
überraschenden erfolge reichen lohn findet, die vielseitige Verwen-
dung des mit dem gedächtnis aufgenommenen Stoffes bringt eine
geistigere durchdringung desselben zu wege und läszt ihn tiefer
wurzeln, der von verschiedenen gesichtspuncten ausgehende münd-
liche gebrauch der spräche führt zu gröszerer freiheit und gewandt-
heit des ausdrucks überhaupt, das freudige bewusztwerden des fort-
sclirütens erregt und erhöht die lust am gegenstände, so wird der
lehrer seine schtüer im positiven wissen fester und für die spräche
lebendiger angeregt der Weiterbildung überliefern, als es auf ge-
wObnlidiem wege möglich ist. denn wie ist in der that darchschnitt-
lioli das resnltit des ontorriehts in der sexta beschaffen? man hört
am jahresschlnss etwa in einer lehrstnnde oder beim öffentlidmi
examen, wo doch der examinierende sein bestes aufenzeigen nicht
nnterlBszt, ein mecbaniscbes flieszendes hersagen des dem gedichtnis
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auf dem gjnmasium.
239
eingeprägten; genusregeln, declinations- und conjugations formen
werden im günstigen fall richtig angegeben, das übersetzen aber,
zu dem der lehrer dann wohl fortschreitet, wenn er mit jenen fragen
die geduld seiner zuhörer auf die probe gestellt hat, geht langsam
und mühsam von statten, oder, was schlimmer ist, es tritt hier das
ein^^elemte hervor.
Eine derartige leistnng ist vielleicht oft resuLtat einer gtmmw'
haften thätigkeit, und ein verhäi^iismässiger wert soll ibr nicht
abgesprochen werden, indessen kann sie den kundigen nicht be*
friedigen, weil sie deutlich beweist, dasz die schüler noch nidit zum
wirklichen Verständnis , zu freier und selbstthätiger anwendung des
lernstoffes gefördert worden sind, man fühlt sich hierbei versucht
zu fragen, wie der betreffende lehrer selbst mit diesem ergebnis der
anstrengimg eines ganzen jahres zufrieden sein, wie er überhaupt
bei dem gewöhnlichen verfahren an diesem nnterricht volle frende
liaben könne, aber freilich ist dies auch gar nicht der fall, gerade
jimge lehrer sehnen sich oft nach anderm nnterricht ; auf der anfangs-
stufe, mmnen de, könne man eben nur mechanisch vorgehen, nur
^edSchtnistldltigkeit in ansprudi nehmen, die rttcksicht auf dniken
xmd vmtehen trete erst spftter in geltung, und deshalb sei es loh-
nender und erfreulicher, in mittleren und oberen dessen zu unter-
richten, die erfahrung wird sie lehren, wie sehr die schaler, wenn
sie nicht von firtth auf zum verstehen und anwenden, zur freiheit der
geistesthätigkeit angeleitet worden sind, auch in höherem alter zu
lein mechanischer, gedäehtnismftsziger aneignung des ihnen geböte*
sen, immer schwieriger werdenden und ohne geflbte denkknft gar
nicht mehr faszbaren materials hinneigen ; wie überaus ungeschickt ^
und zaghaft , zuweilen selbst trotzig widerstrebend sie sich zeigen,
wenn man sich hier damit nicht begnügt, sondern sie consequent
zum denken nötigt.
Wenn es sich dem gegenüber erreichen lüszt, dasz der sextaner
nicht blos die regelmäszige formenlehre sicher beheiTScht, über einen
ausreichenden vocabelvorrath verfügt und in den allgemeinen gram-
matischen kenntnissen, die auf dieser stufe in betracht kommen,
wohl geschult ist, sondern dasz er auch diese einzelnen momente zu
einem wahrhaft lebendigen Zusammenhang verbindet und dieselben
auf der grundlage eines angemessenen historischen Stoffes aufö
mannigfaltigste anzuwenden versteht, wer mochte nicht nach diesem
ziele streben? so bewahrt der schüler sein wissen nicht gewisser-
maszen in getrennten fächern, sondern hat durch nachhaltige Übung
das bewusztsein gewonnen, dasz alle demente seiner bildung eine
enge and fruchtbare beziehung zueinander haben, dasz sie ineinander
greifen und sich ergänzen und beleben sollen und können nun
über diese notwendige wechselbesiehang spricht sich unter andern
Sehrader in seiner eraiehniigt- nnd nnterriobUlebre % 104 mit groizer
«ntschiedenhelt aus. ich eitlere nur einige werte: ^was helfen alle
wiederholangen der nnregelmiszigen verb», was das gehäufte memo-
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240
P. Klaoökes dbuBgsbflclier.
liat er sein ganEes erworbenes gnt stets nur Terwendniig bereit und
behauptet in folge dessen sebon eine yertrantere stellang zn der
fremden spräche.
rieren ron Toeabeln, was die beate tystematik des syntaktischen nnter-
richts, wenn von allen diesen dingen jedes auf seinem besondern platze
bleibt und wenn nun dem schüler die unsägliclie und niemals befrie-
digend verlautende austrenguns; zugemutet wird das todte selbst zu be-
leben, den Tom lebrer ▼ernaeblKssigten snsanunenbanff selbst sn finden
und die zerstreuten glieder, welehe er nicht gelernt hat» ans gemein-
samem und lebendigem mittel puncte zn betrachten, Bnnmehr vu den
gebrauch selbst su sammeln und zu verbinden 1'
(schlosz folgt.)
BARMEN. Wilhelm fries.
23.
AUFGABEN ZUM ÜBERSETZEN AUS DEM DEUTSCHEN INS LATEINISCHE
FÜR SECUNDA IN GENAUEM ANSCHLUSZ AN DIE GRAMMATIK VON
ELLENDT-8EYFFERT UND AN DIE LATEINISCHE LECTÜRE VON PAUL
KLAUCKfi. Berlin, W. Weber. 1875. zweite auflagb ünter
DEM TITEL AUFGABEN ZUM ÜBBE8BTZBN AUS DEM DEUTSCHEN INS
LATBOnSOHE BÜR OBERE 0LAB8EN VON PAULKLAUCKE. Berlin,
W.Weber. 187T.
ÜBUNGSBUOB BUM ÜBBBSBTBBN ▲US DBIf DBOT80HBN IXB I1ATBIHI8CHB
fOb vnvKBSmtmiDA yor f a ui» kl a vckb. Berlin, W. Weber. 1877.
Wenn der recensent der zweiten aufi. der Menzelschen Übungs-
stücke (Hannover 1876) in der zeitschr. f. d. gymnaeialweaeii, 1878,
8. 240 ihnen als einem wahren und echten rüstzeog geistiger gym-
nastik die wärmste teilnähme der fachgenossen wünscht, so musz
leb erklären , mich aus dem gründe nicht in gleichem grade wie der
recensent für sie erwärmen zu können, weil sie der immer mehr
und mehr sich bahnbrechenden, von höchster maszgebeuder seite ge-
stellten forderimg einer concentration des lateinischen unterrichte
durch anschlusz der schriftlichen Übungen an die classenlectüre nicht
gerecht werden, die klagen über die geringen erfolge des lateini-
schen Unterrichts, wie sie zb. bei Menge in seinem repetitorium
zum ausdruck kommen , sind zum groszen teil auf den didaktischen
fehler zurückzuführen, dasz der lateinische aufsatz, der prügeljunge
der modernen pädagogen, die lateinischen Übersetzungsübungen,
die lectüre, der theoretische Unterricht als vollständig getrennte ele-
mente tractiert wurden und sehr häufig, wie die schulnacbrichten
verrathen, noch tractiert werden, trotz der wünsche und Vorschriften
der leiter unseres Schulwesens, von dem 6inen in zähem festhalten
an der tradition, von dem anderen in folge des einflusses der vis
inertiae nach dem Ovidischen video jneliora proboque, deteriora
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P. Klaucke« fiboogtbucher.
241
sequor. es ist mir nicht bekannt; dasz man schon ausführlich für
den lateinischen Unterricht der oberen classen die vorteile erörtert
hStte, welche aus einer straffen concentration der einzelnen teile des-
selben erwachsen, für den lateinischen aufsatz hat W. Hirschfelder
in der zeitschr. f. d. gymn.-w. 1873 s. 337 ff. die neue methodik erörtert,
nichts destoweniger prangen in den Programmen jähr aus jähr ein
die abgedroschenen themata, deren bearbeitung der pseudonyme
Galbula bei Gestewitz in Düsseldorf in usum delpbinorum in einem
zum teil schauderhaften latein sich nicht hat entgehen lassen : quibus
rebus Selon de civitate Atheniensium optime meruerit. (statt Solon
kann nun jeder vir clarissimus des altertums eingesetzt werden.)
quam mobilis sit aura popularis. sehr beliebt ist Romanos bis salutem
debuisse Aspiratibus; fortuna plerumque eos, quos pliirimis bene-
üciis ornavit, ad duriorem casum reservat, ich erinnere mich noch
mit entsetzen der zeit, als ich plötzlich, ohne die geringste an-
ieitung bekommen zu haben, mich in dienotwendigkeit versetzt sah,
eine abhandlung zu schreiben über litterarum radices amarae, fructus
laetiores und virtus negata tentat iter via, bis ich endlich die ein-
sieht bekam, dasz es gar nicht darauf ankomme, was man schreibe,
man brauche sich nur eine Sammlung von loci über Themistocles,
Pericles, Alcibiades, Fabricius, Hannibal, Regulus, Cicero etc. an-
zulegen und mit diesen exempla zu wirtschaften — exemplis com-
probandum est war und ist eine sehr beliebte clausula jener themata.
doch genug von diesem unfug, der es glücklich so weit gebracht
hat, dasz die freien lateinischen ausarbeitungen in einen unverdien-
ten miscredit gekommen sind, so dasz sie zb. jüngst aus den reicbs-
landen Elsasz- Lothringen verbannt wurden ^ zur Vertiefung und
gründlichen aneignung der lateinischen lectüre werden sie kaum ent-
behrt werden können, das flüchtige übersetzen der classiker beför-
dert nur die obei-flächliclikeit, die schriftliche reproductioil nach der
formalen und materialen seite nach den verschiedensten gesichts-
poncten ist zur erreichung der Unterrichtsziele des gymnasiums
gendezu unentbehrlich; die schriftliche durcharbeitung des gelese*
neii fördert den schtOer in jeder beziehuug: der Inhalt wird ihm
klarer und befestigt sich , er gewinnt aus dem mnaterantor seinen
vooabelr und phrasenschatz, er lernt das lexicon, die grammailk ent-
hehren, knrx er lernt anf eignen fttszen stehen* bei der er*
kUmng des dassikeni TergegenwSrtigt er sidi, das» er von allem,
WM in der stunde behandelt wird, anwendmig sn maehen haben
^d| seine anfinerksamkett wird angespannt, er lernt die nntx-
losigkeit desgebrauchs der ttbersetsungen kennen* die
Verbindung der kotnre mit den sehiiftliehen arMten nnd die obli«
^ Tergl, darüber die sehr interesiaaten aasführnngen und erläate-
rnn^en des Bchulraths dr. Baumeister in der gymnasialzeitschrift
diesea jahres im märz - april-heft. über die verbindiing^ der lectüre mit
den scbriftliGhen arbeiten vergl. die einsichtsvollen programme von
Uppeneamp. Konits 18<^ 1869. Pesen 1874.
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242
P. KlauckeB fibangtbücber.
gatorische präparation nach einem dem standpuncte des Schülers
angepassten commentar, — das sind die beiden mittel allein, um
den gebrauch der Versionen in unseren schulen unmöglich zu machen,
solche commentare gibt es leider nur sehr wenige, mit einem Weiszen-
bomschen Livius, einem Classenschen Thukydides läszt sich freilich
in der schule nichts anfangen; eine comraentierte Schulausgabe
musz allgemein eingeführtes lehrbueb werden, wie ein historisches
. hilfsbnch, eine schulgrammatik, die durcbarbeitung des commentars
musz controlliert werden, über dieses thema werde ich bald gelegen-
heit nehmen mich ausführlicher zu verbreiten, die einzigen ilber-
setzungsbücher, die nach meinen obigen auseinandersetzun gen unter
umständen geeignet wären, ihren zweck zu erfüllen, sind die von
dem Oberlehrer am gymnasium zu Landsberg a. W., PaulKlaucke,
ausgearbeiteten , welche ich der berücksichtigung der fachgenossea
mit gutem gewissen empfehlen kann, dasz Herr Klaucke seineA
zweck einigermaszen erreicht hat, lehrt die thatsache dasz vom
december 1874 bis zum märz 1878 eine starke aufläge verkauft iat
von recensionen der ersten pflege ist mir nur eine zu gesiebt ge-
kommen, eine andere scheint, nach den eigenen äuszerungeiiKlaiiclMS,
auch nicht erschienen zu sein, diese einzige beurteilung eines 80
eminent wichtigen buches steht im Jahrgang 1876 8. 719 — 729 der
Zeitschrift für gymnasialwesen und hat den Oberlehrer dr. Mensel
am Friedricbs-Gymnasium zu Berlin zum veifiuser. sie ist, wie das
nicht anders zu erwarten gewesen, ftür die sweite aufläge von be-
stimmendem einflusz gewesen*
Machen wir uns nnn einmal mit dem inbalt, dann mit der
methode der Klanekesolien bUcber bekannt und seilen wir zn, wie
er bessernd bei der zweiten revision zu werke gegangen ist
Das bndi von 1875 ist fttr seonnda im allgemeinen bestimmt
nnd bearMtet Linns XXI mit der Überschrift: nrsachen nnd anfai^
des sweiten pmischen krieges; XXII: der sweite pnnisehe krieg Ins
zur Schlacht bei Oannft, diese wähl musz Jeder gut heissen, denn
diese beiden Li vianischen btteher haben auf unseren gymnasien kano-
nische geltnng bekommen, der lectttre zu gründe legen wird man
jetrt am besten die ausgaben von E. Tücking (Paderborn, Ferd*
Seb(Sningh), die allein den standpunct des sohtQers gehörig wahroi.
von Ciceros Schriften sind bearbeitet die in jeder seennda gelesenen
reden pro Archia *der prozesz des Archias*, pro Deiotaro, pro Liga-
rio, pro Sezto Boscio iänerino, de imperio Cn. Pompei und die Catili-
nariae, 'der prozesz des Deiotarus, des Ligarius, des Sextus Boseins,
der Oberbefehl des Cnejus Pompejus, Cic^os Verdienste um den
römischen staaV. bedenken habe ich nur über die voi*aussetzung
der lectüre sämmtlicher CatUinarischen reden, deren bearbeitung
22 selten einnimmt, ich musz aus eigner erfahrnng bekennen, dasz
mich die lectüre sämmtlicher vier reden ausserordentlich ermüdet
hat, es wird den schülem nicht anders ergehen, das rhetorische
pathos kann unmöglich für den dürftigen iiüialt entsch&digen. ab-
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F. Klaacke* übangtbOober,
343
gesehen davon habe ich gegen die lectüre der zweiten rede auch sitt-
liche bedenken, wie widerlich ist zb. die Schilderung der genossen
des Catilina, qui accubantes in conviviis, complexi mulieres impudi-
cas, vino languidi, conferti cibo, sertis redimiti, unj^uentis obliti,
debilitati stupris, eructant sermonibus suis caedein bonorum
atque urbis incendia und vieles andere, auch die vierte rede kann
den ein druck nach der am meisten fesselnden dritten nur abschwächen,
wir werden an der lectüre der ersten und dritten jedenfalla genug
haben, auch der Lälius ist, und zwar recht ausftihrlich , bearbeitet
worden. Meusel sagte: mancher würde vielleicht statt des Lälius
lieber den Cato maior haben, gegen beide aber haben sich schon
wiederholt gewichtige stimmen ausgesprochen, und ich musz diese
bedenken teilen, ich halte die lectüre des Cato und des Lälius in
untersecunda, wo sie jetzt gewöhnlich gelesen werden, für einen
verfrühten genusz. sie gehören zu den philosophischen schriften,
und diese haben ihre Stellung einzig und allein in der prima, in
untersecunda kann von einem tieferem Verständnis dieser muster
filr die form des lateinischen aufsatzes in der ersten classe gar keine
rede sein'; wo man sie nur zu Übersetzungsübungen benutzt, da mag
man diese perlen ebenso abnutzen, wie irgend eine andere beliebige
Schrift eines alten autors. in secunda ist und bleibt der hauptschrift-
steller Livius, von dem doch jeder schüler mindestens vier bücher ge-
lesen haben musz, zugleich muster für den historischen stil, die eigen-
heiten, versteht sich, abgezogen, wenn aber noch Ciceronische reden
nebenher gehen, so kann man bei einer gründlichen behandiung
nicht mehr als zwei bücher von dem umfange des 21. und 22. be-
liandeln. ich habe es daher sehr vermiszt, dasz Klaucke in seinen
«ofgaben für secunda nur 2 bücher denselben zu gründe gelegt hat.
in einem Übungsbuche für secunda hätte ich gerne den Lälius ver-
mint, die zweite aufläge freilich führt einen ganz anderen titel:
ftr obere classen, als stoff für die exercitien der primaner hftt mir
der abschnitt Won der freundschaft' s. 203—224 treffliche dienste
geleietetw die «rate aufläge enthielt und es enthllt die iweite nooh
die TemhwOmng des cSttilina nach SaUnsfc und die iixsaoheai des
Krieges der rOmer mit Jugurtha nach Ball. Jng. 1—34. diese wähl
bim ich in einem buche, welches schritt für schritt der stuiarischen
ckssenlectflre folgen soll , keine glOckHche nennen, wenn die eohrilt-
liehen flbnngen mit der ketfiie band in band gehen sollen, so ist
milglicliste einbeit der Vorbilder m fordern, ich halte es iHr ver-
hshrt, in gleicher aasdebttung nach einander oder wol gar neben
«hiander eine rede Cioeroe, eine sdixifk von Sallnst, ein bnch Ton
lAvins, eine philosophische schrifk Ciceros lesen tu lassen, dabei
ban weder die geistige dnrehbüdnng, noch der lateinisehe stü ge-
* der locus über die voluptas insbesondere c. 12 ff. spricht zu dem
primaner mit so eherner stimme, daaz ^eiue worte nie ganz verhallen
idSDaen.
244 P. Klaackes übangsbücher.
Winnen; der schüler musz verwirrt und zerstreut werden, meiner
ansieht nach darf man die Sallustlectüre höchstens privatim oder
cursorisch treiben lassen ; in diesem falle aber findet deraltertümelnde
historiker in einem Übungsbuche für secunda keine stelle, die letz-
ten 17 Seiten des alten buches füllen anmerkungen, zum grSsfz-
ten teile Unterscheidungen lateinischer synonymen; unter dem
texte befinden sich kurze anmerkungen , die entweder auf die im an-
hange ausgeführten bemerkungen hinweisen, oder das vocabel- und
phraseologische material an die band geben, so weit es aus der
lectüre nicht geschöpft werden konnte, die stücke selbst sind so
gearbeitet, dasz diejenigen regeln der lateinischen syntax, deren
Überwindung und beherrschung nur durch fortgesetzte mündliche
und schriftliche Übungen erreicht werden kann, durch fortwährende
anwendung in den Vordergrund gestellt werden, ohne dabei das ein-
schlagende stilistische, phraseologische und synonymische material
zu vernachlässigen; in letzterer beziehung ist das buch von Menzel
Vorbild gewesen, dabei ist in jedem abschnitt eine classe von regeln
vorzugsweise vertreten, einen ganz besonderen nachdruck legt der
Verfasser mit recht auf die einübung der fragebätze, den gebrauch
der fut. conj., der hypothetischen sätze in allen formen ihrer erschei-
nung, der formen der directen und indirecten rede, den gebrauch
des abhängigen und unabhängigen conjuQctivs, des infinitivs , des
gerundiums. der schüler hat mit diesen ausdrucksformen fortwährend
zu ringen, bis er sie beherrschen lernt, gewandt, mühelos sie ge-
braucht mit gestählter kraft, immer wieder tritt an ihn die not-
wendigkeit beran, zu nnterscheiden zwischen nancisci, adipisci, con-
sequi, assequi, impetrare^ zwischen potestas, potentia, opes, zwischen
praecipue, inprimis, maxima, potissimnm, cum — tiun, nominatiiiL
denn gutta eavat lapidem saepe eadendo, das ist der riditige päda-
gogische grondsata, der den Torteser leitete, wir haben ein syste-
matiseh angelegtes werk der pSdagogik Tor nna, das die nnsystema-
tlscben SeTflertschen fibungsbUeher in ^eser riohtnng tief in den
schatten steUt. man yeigleiehe nur emmal das tiel gebranchte
ftbnngsbneh Air seennda dieses renommierten latinisten« die meistaL
stttoke sind wörtliche ttbersetxmigen von abschnitten ans den orar
tiones latinae virorum recentioris aetatis diserttssimornm GraevH.
Wyttenbacfaii. Mnreti. Hemsteihnsii. Facciolati Emesti usw. ed.
Antomos Baumstark. Fribnigi 1825| wo bald eriBhlt wird, wie
man sieh gegen Terlenmdungen nnd schmShnngen su verhalten habe,
bald ttber das hazardspiel, Uber Gnstev Adolph von Sdiweden, ttber
Saladin gesprochen wird. natOrlidi sind in sdchen Stoffen &st alle
Wendungen der lateinlsehen dietkm don schlller unbekannt» er wiid
also in zahllosen anmerkungen unter dem texte mit dnem solch«»
Schwall von neuen ausdrucken und constructionen flbogossen, dass
er sich kaum dorchfinden kanUf geschweige dass er sich dieses zer-
streute material de omnibus Latkiae lingnae rebus et quibusdam alüs
2um dauernden besitie machen kOnnte« ein solches systemloses, im-
Digitized by Google
P. Klaucke« Übungsbücher.
245
pädagogisches buch, das mit den anderen unterricht^zweigen in gar
keinem zusammenhange steht, wurde aber, und wird auch noch jetzt,
als das non plus ultra von feinheit und brauchbarkeit gelobt und ge-
braucht, glücklicher weise mehren sich die anzeichen, dasz die zeiten
der herrschaft des Seyffert^chen formalismus ihrem ende entgegen
gehen, die Sejffertschen bOcher kennzeichnen den standpunct der
herrschaft des latinismus um seiner selbst willen, wir treiben aber
jetzt nur noch latein um der ihm innewohnenden stählenden kraft
und des immerhin bedeutenden bildungswertes seiner literatur willen,
ich habe es für nötig gehalten, die Stellung zu charakterisieren, die
Klaucke als Vertreter der neuen richtung einem hauptvertreter der
alten richtung gegenüber einnimmt.
Die grammatik, deren benutzung neben seinem übungsbuche
Klaucke allein voraussetzte, ist die Ellendt- Seyffertsche, die jetzt
entschieden am meisten verbreitete, es wird jetzt schon jeder ande-
ren grammatik schwer, sich noch ein bescheidenes plätzchen zu er-
obern, und diesen groszen Wirkungskreis verdankt sie zumeist dem
umstände, dasz sie mit dem in ihr zur behandlung gekommenen
material dem bedfirfnis der schale am meisten entgegen kommt,
dam ^unsere dickleibigen grammatiken [vor allem Zampt und F.
Schultz] , die aUen alles sein wollen und darum eben keine schul-
grammatiken sind, berllQlDBiöhtigen twar andi die eüberae latinitSt
in ibxen anmerlnmgen und Uem gedraekton paragraphen, haben
aber eben dadurch dem lehrer den praktiadien gebraudi derselben
ftbr die schule unendlich erschwert und sich selbst durch die vor-
nuflchung der grammatischen und rhetorischen elemente der syntaz
den weg zu einer einfiushen und übersichtlichen construciion des
Systems erschwert, der sdiule thut eine grammatik not, welche nur
die allgemeinen und traditionellen typen der classischen prosa CSsars
undCioeros, und nichts weiter, zur anschanung bringt' goldene
Worte Morits Seyiferts aus dem jähre 1846. nach diesen gesidits-
puneten ist die EUendtsche grammatik bearbeitet, in wie unvoU-
kommener weise, das hat erst in unseren tagen sur Uarheit gebracht
Bndolf Marg in seinen bemerkungen zur lateinischen schulgram-
matik. beilage zum Jahresbericht des königlichen gymnasiums zu
Meaeriis 1878, deren anfinerksame berttoksichtignng in rerbindung
xnit dem umstand, dasz zur herausgäbe und bearbeitung der neuen
ausgäbe ein tttchtiger kenner des Ciceronischen spradigebraucbs,
prof. H. Busch, gewonnen ist, dem buche von unendlichem nutzen
sein wird, wenn trotz dieser neuen aussiebten der herr Tcrfasser
der 'bemerkungen' die frage, ob die EUendt-Sejffertsdie grammatik
ansaicht habe, die einheitsgrammatik fttr die deutschen gymnasien
m werden, verneint, weil sie sonst ein ganz neues buch durch Snde-
ningen in der anordnung und darsteUiing des lehrstoffes werden
mflsatCi so musz doch hervorgehoben werdeui dasz die neue ausgäbe
eine grosse anzabl der ausstellungen des verfaszers der bemerkungen
schon vor dem erscheinen derselben hinweggerttumt hat, dasz der
246
P. Klauckes übuugbbücher.
rest sich leicht mit näcLstem hinwegräumen läszt, ihr somit nichts
im wege steht, * einheit><,'rammatik' zu werden, wenn schon der
deutsche nicht sehr für die einheit ist, es aber doch contra naturam
sui generis werden soll.
Es konnte daher nur gebilligt werden, dasz Klancke die EUendt-
Seyffertsche grammatik trotz ihrer formellen mftngel; um ihrer
materiellen Vorzüge willen , seinen übungsstflcken zu gmnde legte,
leider ist er TOn diesem richtigen wege wieder in die irre gegangen
in folge von concessionen an andere granunatikeB und dnceh das
bestreben veranlasst, seinem buch« anch dort eingang zu verseh äffen,
wo andere grammatiken gebrancht wmten. aa ist in anm«r-
knngen der sweiten ausgäbe aneh nc!ch F* Sehnita, Meiring und
Zftmpt citiert worden« mit welchem rechte diese bQcheri deren ge-
brauch in immer kleinere kreise sich yereng en wird ? warum denn
nicht die weit brauchbareren grammatiken tob Berger, Moississtzig-
Gtllhausen, Hadvig-Qenthe? der yer&sser hätte an EUendt - M.
Sejffert - A. Seyffert • Busch festhalten soUsn um des einheitUdien
Charakters seines buches willen, und an dem Wirkungskreise jmer
grammatik I der von tage zu tage ein ausgedehnterer wird, sii^ be-
gnügen sollen, auch die Übrigen wandelungen, die der titel der
zweiten aufläge erfahren hat, l^greife ich nidii Ittr *obere dassen*
ist das buch doch nicht bestinunt, sondern , da der verf. nun ein
Übungsbuch fllr untersecnnda herausgegeben hat^ ftlr obersecaada.
hMistens den abschnitt Aber Liilius wird man auch in prima, falls
man dort diese schrift lesen wird, gebrauchen kOnnen. es ist ferner
kein grund einsusehen, warum die bessic^nng In ggusnem an-
schlusz an die lateinische lectQre weggeblieben ist. das ist ja gerade
das characteristisciie dieses buches.' was den inhalt dieser sweiten
ausgäbe anlangt , so ist derselbe yermehrt worden durch vier Num-
mern, sftmmtlich im anschlusz an die Isctllreyon Caes. de bell. galL:
nr. 12. Unterwerfung der Senonen, Menapier und Nervier (VI 1 —
10). 13. die Sitten und gebrauche der alten Gallier (VI 11—20).
14. die Sitten und gebrauche der alten Deutschen (VI 21 — 23)«
15. Casars räche anAmbiorix (VI 29 — 44). was sollen in einem
buche für obere classen diese abschnitte aus Cäsar? wieder eine
misliche concession! Meusel hatte gewünscht,- dasz der verf. ein
oder einige bücher Cäsars, in ähnlicher weise bearbeitet, der neuen
ausgäbe hinzufügen möchte, weil für den anfang der erste Über-
setzungsstoff zu Liv. XXI nicht ausreichen dürfte, wird denn aber
jeder lehrer immer gerade mit Liv. XXI anfangen? und ist denn
Caes. de bell. gall. statarische lectttre der seeunda, welche von den
Übungsstücken begleitet werden soll? Elaucke hat nun gar durch
die bereitwillige berücksichtigung dieses Meuselschen yerlangens die
* meine ansstelloog besieht «ieh anf den titel des umiehlafi. erat
nachträglich ersah ieb die Terschiedenhelt des' nmscblagtttelt ron dem
titel des titelblatts.
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P« Xlauckes Übungsbücher^ 247
inconsequenz begangen, diese Cäsarstticke, die nach terlia gehören,
seinem buche für obere classen einzuverleiben, ich erlaube mir also
den dringenden Vorschlag zu machen , die dritte ausgäbe, im gegen-
satze zu den aufgaben für untersecunda, direct für die obersecunda
zu bestimmen, im übrigen aber zu dem alten titel 'in genauem an-
achlusz an die grammatik von Ellendt-Seyfiert und die lateinische
lectüre der obersecunda* zurückzukehren, statt des Lälius, Cäsar
und Sallust aber noch Liv. I. II und ein paar Ciceronische reden,
falls der räum es gestattet, zu bearbeiten, etwa die divinatio in
CScilinm, die zweite philippische und die Verrina de signis, letztere
vor allem für diese stufe geeignet, das sind freilich groszo Umgestal-
tungen, deren berecbtigung und möglichkeit der verf. reiflich über-
legen mag. mir erscheinen dieselben , um den character des buches
zu wahren , unumgänglich notwendig, augenblicklich ist die färbe
und haltuug desselben eine unentschiedene und schwankende ge-
worden.
Weitere veittndenuigen der zweiten aufläge beziehen sich auf die
TermehroDg des anhanges, 'damit der schüIer dadurch in den stand
gesetzt wird, ttber alle unter dem texte stehenden bemerkungen und
fngm wfyoTaiUm sa erhalten', com teil anf grund der neuen Stilistik
TonHaacke. Berlin 1876, in der ich rameiat eine etellanaagabe
der beispiele Tenniaee* hinter dem anhang befindet Mn in der neaen
ausgäbe ein yerzeichnis der stücke, wele^ ein bestimmtes gramma-
tisches pensam enthalten, so dasz bei einem sich euistellenden not-
stande sofört auf die beseitigung desselben hingearbeitet werden
kenn, die vermehrang des anhanges ist eine reieUiehe geworden,
ick glaube, dass der verl mit anhtaf ung neoen stoffios nicht fortia-
fahren brandht, yielmehr sein augenmerk auf eine Sichtung und aus-
merzung des Torhand«ien wird richten mflssen* und er wird wohl
thon, wenn er dabei nicht den traditionellen regeln, namentlich
einer spinOsen synonymenrieeherei, ohne eigene prfifüng der be-
reefatigang derselben folgt, sondern seine regeln aufbaut auf grund
eigener beobaebtungen des Sprachgebrauchs der dassiker. ich hebe
das erste beste beispiel heraus. Klaneke adoptiert und lehrt einen
ontersehied zwiachen idoneus ond aptuS| idon. *der durah seine
ejgenschaften und aator (hfttte wol hassen mflssen *seine natur')
tttnglich ist, wosu benutzt zu werden, den man zu seinem zwecke
biaochen kann; aptus, der passend ist ^was zu tbun' (er ist passend
ni arbeiten y dOrfte doch sdiwerlich gesagt werden), dieser unter-
schied ist in sich haltlos und unlogisch; denn ein mensch, der zu
«hier arbeit tauglich ist, ist eben tauglich, zu dieser arbeit benutzt
m werden , und so sagt denn auch Cicero Lael. 1, 4 Gatonem induzi
senem disputantem, quia nuUa videbatur aptior persona, quae de
iUa aetate loqueretur und gleich darauf in ganz demselben sinne
idonea mihi Laelii persona visa est , quae de amicitia dissereret.
ieh meine, diese stellen sind schlagend, wir bedürfen eben einer
ssynon^nik, welche auf einer neuen selbständigen durchforschung
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248
P. Klauckes Übungsbücher.
des Ciceronischen Sprachgebrauchs basiert; wir werden dabei viel
bailast los werden, so rausz ich auch bestreiten, dasz der unter-
schied zwischen 'metuere aus vorsieht, besorgnis, timere aus feig-
heit, schwäche, vereri aus scheu, achtung* zutreffend ist, meine
beobachtungen sprechen durchaus dagegen, zu hosticus, s, 256, ist
hinzuzufügen : dichterisch , mit rticksicht z. b. auf Hör. c. III 2, 7
ex moenibus hosticis. zur erläuterung dürften kurze beispiele durch-
aus nötig sein, zur erkennung des Unterschiedes von disserere und
disputare^ der indes nicht überall zu statuieren ist, ist ein locus
classicus de erat. II 3, 13 dixit permulta de eloquentia eum cum
Antonio disseruisse et tanquam in schola ad Graecorum consuetudi-
nem disputasse. — bei is qui derselbe, welcher wird moniert : 'kein
komma!' das mag Klaucke mit dem herausgeber und erklärer des
Cato maior Julius Sommerbrodt ausmachen, welcher noch in
der siebenten aufl.^ c. IV, 10 schreibt: ego Quintum maximum,
eum, qui Tarentum recepit. Nauck und Lahmeyer haben das
geforderte, nachdem der unterschied zwischen Africus und Africanns
angegeben ist, heiszt es 'ebenso Galliens, Gallicanus; Hispanicus,
Hispaniensis ; Siculus, Siciliensis; Trojanus' (das j dürfte nun end-
lich zu beseitigen sein) mit beziehung zuvörderst auf Seyffert § 127
II. b. 3. 4. das 'ebenso' musz durchaus beanstandet werden, denn
der gebrauch ist gerade in diesem puncte ein sehr willkürlicher, was
bei Seyffert steht, ist ganz ungenügend, wie z. b. der blosze hin-
weis auf Scipio Africanus und Scipio Asiaticus lehrt, der krieg
CSsan und der Römer mit den Galliern heiszt bellum Gallicum, mit
den Spaiiieni aber bellum Hispaniense. der krieg der Griechen vor
Troia heisst bald bellum Troicum , bald bellum Troiannm. jeder
emselne fall ist besonders za ontersuchen. die Schreibung inchoare,
s. 252, entspricht nicht den revidierte Forderungen der lateinisdieii
Orthographie, s. 2$8 steht in beiden an^gaben blandire. a. 268 d«r
zweiten ausgebe ezperire. die zegel flW 'wShle^' ist za erwd-
tem durch die termini tedmid fttr die wähl des interrex, der flami-
nes, des dictator, magister eqnitum, der virgines Yestales, der
sacerdotes usw. — dasz causa nur die absieht bezeichnet, ist un-
richtig. • beweis: Gic. de orat m 58 cum tempestatis causa
opere prohibentur, in folge des wetters. 155 rtacbi translatio insfci-
tuta est inopiae causa, der mangel ist die Teranlassung.
unter Versammlung' s. 268 fehlt die Unterscheidung von ooetnsund
consilium. manus sibi inferre ist Tiel gebrBuchlicher als afferrein
der bed. band an sich legen« silentio braucht keineswegs immer mit
praeterire verbunden zu werden, s. 267 *pater darf nie im bOd-
lichen sinne gebraucht werden'; nidit zutrefifond, vgL Gic. de or.
II 3, 10 Isocrates, pater eloquentiae. im gegenteil Sorof maolrt
zu I 3, 9 darauf aufmerksam, dasz Cicero in den bflcheni de oratore
< diese aufl. ist, beiläufig gesagt, durah viele unangenehme dnick-
fehler entatellt. .
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P. Qaaok«! flbimgsbildier.
laeert den iropus pamu famoht bat, wie das hinzugefügte quad
bewMse. aaaiinm Undetamm artiom procreatrieqn qnandam et qiiaei
paientem, denn ne panlo dnrior tranalatio eise Tideainr, moUienda
«t praepotito saq»e Terbo (de or. HI 165). — cor erlttaterung des
iintenGliiedes swischen dno ambo nterqne ist das charakteristische
beispiel hinsnznseiien ans Menges rep. dno senatores mihi obyiam
pmi &eti^ ambos salntavi, nterqne resalntavit — die ilbersetiinigs-
arten iDr unser s. b. sind zn TervoUstindigen dordi qnidem und
das eiemplom fictnm mit nt si, nicht blos wie Menge angibt, deseen
behauptungen ml&bh mit grosser vorsieht anfronshmen sind , ndt
dem eoai, perf., sondern, wie Berger richtig bemerkti mit dem coig«
ftberhsnpt, vgl. z. b. CÜcero Cato 6, 17 similssqne sont» nt si qni
dieant 'sie gleichen s. h. denen, die da behanpten wUrden.' —
wenn Eland» mit Menge sagt: nt, Teint — ■ als, wie s. b., wenn
ehuetaie gegenstände, nsmen usw. als erfciftrcmg oder eilSnterong
beigefligt werden, so ist diese regel viel znenge gefaszt nnd bezieht
neh mar auf sfttae wie: mnlii gloriose mortui snnt, nt Leonidasi nt
Spuninondas, alii, aber schon nicht mdir anf das letzte Mengesche
beiipid: mniti gloriose mortui sost, nt (Tslnt) fipaminondas sine
gemitu com sangiune Titam effluere sensit. Tgl. dazu de or. II 61,
348 tantmn interist, qnod gravüas honestis in rebus et severis,
locus in turpicnlis et quasi deformibas ponitar, velut iisdem yerbis
et Isndare frag! servuin possumus (so können wir z. b.) et, si est
seqtuan, iocari. hier wird die vorhergehende behauptung durch an-
f&hnmg eines beispiels mit velut begründet, diese erlttaterung gibt
Elaacke aber gerade für den gebrauch von nam, enim. wir sehen
wieder, der untenchied ist haltlos, nicht besser steht es mit der
untencheidung von fateor confiteor. de or. II 87, 366 quare con*
Iteor equidem huius boni naturam esse principem. wo wird hier
*dne schuld oder etwas nachteiliges' eingestanden? confitoor ist
hier nichts anderes, als concedo. — dasz man nur gratiam refem
pro aUqna re sagen dttrfe, stimmt wenigstens nicht zun. Liviani«
sehen qpradigebranoh, denn XXII 32 heiszt es legatis gratiae actae
pro mnnificentia curaque. — 'bewundem, mirari sich wundem oder
▼erwnndem über etwas seltsames, ungewöhnliches ; admirari etwas
groszarüges, TOiireffliches bewundem, anstaunen.' dasz auch admi-
rari wie mirari gebraucht wird, beweist Cic. de or. II 3, 12 quod
ubi audivit, commotus Crassua surrexit omnesque admirati (sich
verwundemd) maiorem aliquam esse causam eorum adventus suspi-
cati sunt; ebenso III 102. 159 hoc in genere persaepe mihi admi-
randum (= mirum, mirabile) videtur, und II 69 hoc loco ne qua
Bit admiratio. — die anmerkimg über ^kleid* ist zu verbessern
nach Wölfflin zu Liv. XXI 4: vestitus tracht, vestimentum con-
cret nie einzelner anzug; vestis das kleid kqt* ^Hox^v auch collectiv
im sing, so viel als garderobe. die anm. über 'in ' wird der general-
regel nicht gerecht , dasz in libro gesagt wird , wenn eine stelle des-
selben, libro wenn das ganze buch gemeint ist. nr. 2 in steht, 'wenn
H. jahib. t pha V. pUL n. »m. ists. iin.6 a. s. 17
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250
F. KUnciket übmgsbfidier.
die dem sehrifteteller eSgeatamliche adiraibweise beseielmefc werden
soll, istVnir nicht reobt -renttndlieh. die amn. über 'glttck* ist to
«nToUstlliidig. — gegen 'conüngit Tom gewtlnschien ziuammflii-
treffidn glfleklicher ereignisse, es gelingt' spricht z. b. Cic. LaeL 2, 0
nec nllo caen erbitror hoc conetanti homini posee contingere, ut
nlla intermiesio fiat offieii (es kairn ihm nipht passieren), aach der
nntersehied iwischen *plurimi die grOsste anzahl yon einem ganzen;
pleriqne sehr TielCi ohne rfieksicht auf em ganzes* llszt sidi nicht
dnrchftthren. das beweist schon der gebranch des gen. plurimonuB,
das beweist aneh Cic. de or. II 73, 296 com Orassos plnrimis TSiliii
("« mit sehr Tiden Worten) eloqnentiam landaret.
Atqtie haec gnidem haetenns. was sich gegen den inhalt der
sjnisktisdien regeln bd EUendt-Seyieii an der band der dassiscben
antoren yorbringen iSszt, mag ein ander mal Torgetragen werdes»
zur vereinfadumg der traditionellen behanptongen lieit sidi nodi
sehr yiel thnn.
Ich komme zu dem letzten ponct meiner besprechnng der beidm
ausgaben der 'aufgaben', last not least, zum capitel Uber die dentwdie
form der stücke. C. Lorenz hat in der bespreehong der zweiten
aufläge der Menzelschen ttbongsstacke (z. f. g. 1878 s. 234 ff.) Men-
zel eine Vorlesung über deutschen stU gehalten und hat den ausdnick
des buches wie einen schüleraufsatz durchcorrigiert« es ist in der
tbat wunderbar, zum teil geradezu haarsträubend mit welcher gleich-
giltigkeit und nachlftssigkeit in Schulbüchern deutsch gescl^iebeD
wird, der lateinische ansdmek haftet vielen in folge der oft ans-
schHessUchen beschäftigung mit dieser spräche so an, dasz man glsor
ben mnss, die fUhigkeit sich in ihrer mnttersprache rein , klar und
schon anszudrttcken, ist den Verfassern mehr und mehr verloren ge-
gangen, wenn die beschäftigung mit dem lateinischen sonnglflckliche
folgen hat, dann wäre sie ein heilloses nnglttck. aber es wird ja im
gegenteil versichert, dasz die erkenntnis der gesetze des uns contrSr
«ii^egengesetzten idioms fördernd nnd klärend wirke auf den be-
WQSzten gebrauch der eignen spradie. dann mnss aber der deutsche
ansdruck des lateinischen lehrers und der seiner schüler ebenso wie
der ansdruck der lehrbücher streng überwacht werden, kein latinis-
mns darf durchgelassen werden, der wert der Übersetningstlbungen;
mündlich und schriftlich , liegt ja gerade in dem ringen der geister,
das antike idiom und seine gedanken in das moderne Idiom in schön-
ster und feinster weise umzukleiden und umzuformen, die Menzel-
schen stücke ebenso wie die Klauckeschen zeigen uns eine er-
schreckende rohheit, ja fehlerhaftigkeit des ausdrucks. zum beweise
dafür setze ich aus den ausgaben der Klauckeschen aufgaben von
1875 und 1878 beliebige ausschnitte her: s. 80 der arzt Phidippuß
war durch belohnungen bestochen worden (praemiis corrumpere ali-
quem heiszt nichts anders , als jemanden bestechen), s. 82 : er kam
zum Pompejus, um mit ihm gegen Caesar zu kämpfen, das thöricht-
ste, das er damals hätte thun können, diese häszliche Wendung für:
P. Elaackes fibong^bücher.
251
es war das tbörichtste, was er than konnte , kehrt häufig wieder um
das quo nihil stultius facere potuit zu erzielen, es ist die gcfahr vor-
handen, dasz durch das fortwährende einprägen solcher Wendungen,
der lateinische stil eine gräulich gezierte fUrbung bekommt. Klaucke
thut in diesem puncte wirklich des guten etwas zu viel , namentlich
häaft er abhängige sätze mit non dubito quin in einer weise, dasz
man sagen musz, die schüler gewöhnen sich dadurch an ein wahres
barbarenlatein. constructionen wie s. 82: 'die Schlacht, von der es
allgemein bekannt ist, wer in ihr über den andern den sieg davon
getragen hat' entstellen auch die neue ausgäbe, gibt es etwas ge-
schmackloseres als folgenden satz in beiden ausgaben : 'sollte aber
jemand fragen, was ihn antrieb dies zu thim, so ist es nicht hinläng-
lich klar, weshalb er sich dazu bewogen fühlte' V das heiszt deutsch ;
die veranlassung oder die beweggründe zu dieser that ist oder sind
nicht aufgeklärt, nur in dieser fassung kann der satz gut lateinisch
werden und in dieser fassung gibt er dem schüler gelegenheit sein
Verständnis für den unterschied des deutschen und lateinischen aus-
drucks zu beweisen, statt: ob er eine bcleidigung rächen wollte,
musz es heiszen: ob er sich wegen einer beleidigung rächen wollte
iniuriam ulcisci, die Klauckesche fassung hat ja nichts merkwürdiges
an sich, eine undeutsche und ebenso unlateinische Wendung ist
s. 83: was nun aber den Charakter des Dejotarus anbetrifft, wie
wenige gab es damals in Rom, die nicht gewuszt hätten, wie beschaf-
fen derselbe war. welcher gebildete mensch spricht so? es ist ja
gerade die aufgäbe für den schüler einen ausdruck wie Mie beschaffen-
heit seines Charakters' gut lateinisch wenden zu lernen, wenn Klaucke
p. VII der 2n ausgäbe sagt, dasz solche ungeschickten sätze 'der
Übung wegen vereinzelt stehen geblieben sind', so musz ich zunächst
das 'vereinzelt' bestreiten, diese schwerfälligen, undeutschen sätze
sind zum gröszten teil stehen geblieben, so dasz ich wenigstens, so
trefFliche seiten das buch hat, wie ich zur genüge auseinandergesetzt
zu haben hoffe, lediglich aus diesem gründe es niemals verantworten
zu können erkläre, ein derartig stilisiertes buch den schülern in die
bände zu geben, für meinen gebrauch musz ich die sätze jedesmal
umformen, also der Übung wegen sind solche sätze stehn geblieben?
nein der Übung wegen müssen sie gerade in geschmackvolles deutsch
umgewandelt werden, seltsam ist es aber dasz Klaucke einzelne sei-
ner Schwerfälligkeiten entschuldigen will durch berufung auf ver-
einzelte stilistische Wendungen derart aus unserer litteratur. wir
sollen doch die gebildete Umgangssprache unserer zeit in ihrer
oomctfn regelinftssigkeit uns zum muster nehmen, und nicht ver-
einielte saloppe odiir iSngst antiquierte xedewendungen unserer
sehrifksteller. wenn Klaucke fBr sich stellen aus Goethe, Schiller,
Geibel, Spielhagen, Scbeffsl, Ebers, Hettner, Jul. Schmidt citiert,
so beweist das eben nur, dasz auch dem besten Schriftsteller nacb-
Ifissigkeiten in die feder lanlen, oder dasz man frflber einmal viel-
leicht so und so bat sagen dürfen, unser spracbgeftlhl strSabt
17»
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252
^P. KUackes Übungsbücher«
sich aber dagegen, was bei jenen mfinnern vereinzelt vorkommt,
das hat Klaucke aber gebSuft und durch diese häufungen wird
sein ausdruck unerträglich, wird Kl. wol den ausdruck die ewige
da 88 elbigkeit als nachahmungswert aufstellen, blosz weil Schil-
ler ihn sich gestattet hat, oder sich in eine stiefgewordene
mutter Goethes verlieben? — wir sehen Klauckes entschuldigun-
gen sind principiell haltlos, was sollen wir aber zu groben fehlem
sagen, wie diese sind, die sämmtlich in der 2n ausgäbe stehenge-
blieben sind :
Was den übrigen teil der anklage anbetrifft, so war es ein
doppelter s. 85.
Was euch anbetrifft, die dies gethan haben würden s. 59.
Ich und andere haben eingesehen, wie thöricht sie gehandelt
haben s. 44.
Für was für ein feldherr Fabius zu halten sei! s. 44.
Hier angelangt, wurde ihm gemeldet s. 44.
Anklagen und beschuldigen wird sehr häuüg verwechselt z. b.
46.
Für 'dem staate nicht zum schaden gereichen' sagt man doch
jedenfalls besser 'keinen i;chaden bringen' s. 44.
Das gepäck zusammenpacken s. 43.
Den wir hätten loben und ihm folgen müssen s. 43.
Wenn man es ihm früher Übertragen hätte, den krieg zu füh-
ren s. 42.
Und während von den übrigen dingen, jeder nnr einem zwecke
dienlich ist! s. 206.
Nachdem anoh nicht der geringste umstand übergangen war,
der sieli auf die angelegenheiten bezogen hätte (statt 'bez^).
Man mnsz daran, zweifeln, ob jemals einer das mit xeeU
freundMliaft genannt hat, wovon ich nidit weiss, man ihm
(dem *dasM) nicht richtiger den namen 'gesdü^tererhindiuig' bei-
legt B. 212,
Er sprach vor ihnen nnier yielen anderen (es wird eui'
tum verlangt) auch fölgendes s. 118. so fi»t regelmftssig.
Wenn so etwas in einer revidierten ansgabe stehen bleiben fcaniii
8|E> wissen wir in der that nicht, was wir von dem vwf. denken sol-
len, ist es naohlBsBigkeit oder mangel an Sprachgefühl? '
Oft gibt Elaneke durch seine nndeutschen Wendungen das sof-
gelöst, was der schfller gerade selbst sn finden hat. so wenn er etgt
(s. 212) das schönste und engste band ftr das schönste, engste band,
beispiels wegen führe ich den Horas an für s. b. Horas I s. 216: ist
um so schwieriger, als niemals einer einen durchsehanen kann
(erinnerten das bekannte Venn einer wttsst wie einem istl*) flr
einer den andern, s. 215 man duf das wohlwollen seiner mitbttigsr
nicht vernachlässigen für ignorieren, der vers iUe, novmn vs-
teri temere qui mutat amicum s. 217, den Klaucke von Seyfet ent-
lehnt hat, enthält nach der S^yfortschen grammatik zwei fehler,
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P. £laacke8 übungsbueher.
nemlicb veteri für yetere und die messung texnere, während er selbst
s. 307 seiner grammatik tem^re aufführt.
Dasz die recognition der zweiten ausgäbe keine recht sorgf<ige
gewesen ist, geht auch daraus hervor, dasz einige namensverwechs-
lungen und falsche namensformen stehen geblieben sind. s. 88 musz
es statt Castor Cäsar, s. 41 statt P. Terentius C, s. 204 statt Lälius
Scävola, s. 57 Canusium für Canusia heiszen u. dergl. m. ich kann
mich bei diesen bUchem nicht länger aufhalten, weitere mitteüangen
stoben dem herm verf. auf wünsch brieflich zur Verfügung.
Bei dem bericht über das Obungsbuch für untersecunda werden
wir kurz sein können, der inhalt dieses 167 Seiten starken buches
ist ganz in derselben weise ausgearbeitet, wie in dem buche für obere
classen; er schlieszt sich eng an die gewählten autoren an. an Caes.
V 1 — 23 Cäsars zweiter krieg mit Britannien s. 1 — 11. an Caes.
V 24 — 37 die niederlage der Römer bei Aduatuka s. 12 — 19. an
Caes. V 38 — 52 die bestürraung der Winterquartiere des Quintus,
Cicero s. 20 — 24. an V 53 — 58 der aufstand der Trevirer s. 24 —
27. an Liv. VIII 1 — 6 die Ursachen des Lalinerkrieges s. 27 — 37.
an VIII 7 Titus Manlius Torquatus s. 38—40. an 9 — 11 der Latiner-
krieg s. 40 — 43. c. 22. 23 ist verarbeitet zu dem abschnitt Ursachen
des zweiten Samniterkrieges s. 43 — 46. c. 24 zu tod des königs Ale-
xander von Epirus s. 47 — 49. c. 25. 26 zu eroberung Neapels s. 50
~52. der abschnitt des zweiten Samniterkriegs folgt Liv. Vm 27
— 40 8. 52 — 71. die ersten 19 capita des IX buches gaben den stoif
zu den abschnitten die niederlage der Börner bei Cail^miit d«r Bö-
rner raohe an den Samnitem und Boms und MaoedonieiiB mnohi sur
zeit Alexanders des grossen. 0. 101 — 140 kbnen sioli m Gioeros
Cato wßmm an; dm Mt im bndm Mkm anmerkungen, die diMmal
sKiwntlich in den aabaag vai'wieteii sind, unter dem texte sind kein»
notan. som •ohlnsa ist ebanftUs «in Taneidknia der sMakt beigefügt,
wekfae aiB beetimmtae pensum der grammatik behandeln, die c*>
|nta seleeta der latoiniMhen grammatik, stüistik und Synonymik sind
la danalben weise in dan einaehian atHoken ▼artroten» wie in dem
ersten buehey nur dasa dia arklirenden onmarkungan in aualttkr-
Uclwrer weise dem noch sobwtteheren sohAkr xn bilfa kommen,
schwierigere partiaen, wie die bebandlnng der irrealen bedingungs-
sfttae sind aas den absehniiten nach OSsar fem gehalten, damit sie
aaeh sehen ia obertortia rerweadet werden kOnnea. dieser nmstaad
se^^ nas sohoa die sehwaakende haltaag dieses aof dem titel ans-
drOckEeh der untevseonnda augewiesenea buches. dieselbe sohwan-
keade haltaag zeigt sich femer darin, dasz der verl die stfteke an
bestinunto tdle der schuUectllre aaschlieszt, deaaoofa 9. IV erklirt,
er hatte dieses buch eiamal (?) so eiageriohtet, dasz es nch aicht
aa die elassealeetttre aaschHeeze, was aar so zu verstohea ist, dasz
er aidit wül, dasz die betreffenden abschnitte aus den dassScera ia
der Bohole gelesea werdeai deshslb bat er die aus dem texte gezoge-
aen Toci^hi und redensarten hiatea ia dea aamerknagea angegebea.
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254
P. Klaackes übungabfioher.
damit schwindet aber ftlr mich die bedeutung des buches, denn
lectüre und schriftliche Übungen müssen band in band geben , wie
ich oben auseinandergesetzt habe/ ich kann weder anerkennen, dasz
die stücke des ersten buches xa sohwierig sind , noch dasz der stoff
desselben nieht axuanküm, für eins grtlndliolie sehrifüiche durch-
arbeitnng ist der lalialt des enten bmelMS mehr als ausreichend,
wenn ich dieses buch dennoch wiUkommen heisio, so geschieht dies
ans dem gründe, weil es mir als eigimung des erstell dient; die
Liviusabsehnitte ersetsen mir den für mich nicht ▼erwekdbaren stoff
aus Sallnst» murngsnabm ist es mir, dasz der Caio ftr die anter-
seeuida verwandet worden ist, der Terf. sagt, um die focm der sh-
handlnng vonofttiiran. das halte ich f&r die nntersecmida ÜDr Ter»
frllht. erst in oberseconda soll mit kleinen historischen refeFttoi
und mit argnmenten über gelesene stoffe begonnen werden, lllr die
abhandlnng ist erst in prima zeit und gelegenheii jede überstflbr-
«zung und Verwirrung ist bei diesen ftbongCQ verderblich, dodi w-
dient hervorgehoben sn werden, dass die formeUen mSngel , welche
dem ersten buche anch noch in seiner sweiten ausgäbe anhaften, ia
diesem viel seltener geworden sind, ungeschickte sfttse, aus dem
nicht sQ billigenden bestreben hervorgegangen, möglichst viek sjU'
tektisehe Schwierigkeiten in einen sate zosammensadiingen, fiadei
sich allerdings auch hier wieder z. b. s. 101 daher war es ihm ui-
zweifellmft, dass anch Atticns von den lasten des alten befreit soa
wArde, wenn er dieses hoch gelesen haben würde, wenn ihn
selbst idoht schon die anibrtigong desselben alle beschwerden des
alters aufgehoben hBtte^ von seinen liebgewonnenen Verbindungen,
wie Won dem wir wissen, dasz eP ond dem ewigen ^nicht sweifehi,
dasz er* kann der ver£ nickt lassen, leteteres kommt s. b. anf s. 103
sechs mal vor. soldi eine stilprobe mnss ja dem schfller anm ekel
werden, ausserdem enthfilt diese seite fiut nichts, wie fragesStee, so
dasz das ganie ins lateinische übersetzt einan Hbmos seltsaaiMieni-
dmek macht was soll das heissen; ja sogar Hannibal selbst boQ
ihm das lob zuerteilt haben, dasz er von ihm gesagt habe s. 104, wo
sich er auf das subjeot des regierenden satses Hannibal bezieht?
stett der Übersetzung von interest mit ihm war gelegen, empfiehlt s»h
die Wendung *es lag in seinem interesse'. unstatthaft ist die Wen-
dung 8. 106 und so begierig wsr er danach sich seiner unterhaltaag
zu erfreuen, als ob er. sagt man *ich ahme dich nach' in der Ver-
bindung darum laszt uns jene menschen nicht nachahmen? s. 106.
und so findet sich vieles, woran man billig anstoez nimmt/ in den
anmerkungen heiszt es s. 141 nr. 6: was — anbetrifft ist nicht
^ die sehüler befindoo sich ja ausserdem im besitse dieser «atorea
nnd können die vucabeln also anf compendiarischem weg« beziehen,
ein desiderat des ersten buches ist eine berUcksichtigang der lehre von
der aatE-wortstellnng und der lehre Tom periodenbau.
* ieh kann et mir nicht venagen noeh eine ttilprobe mltsateileB:
p. 108 fleht: Cioero lüsst dieses gesprfteh vom Calo — halten!
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P. Elauokes übongsbacher.
25^
durch einen satz zu geben, sondern gewöhnlich dadurch, dasz das
betonte wort an den anfang gesetzt wird, dagegen ist zu sagen,
dasz die formel quod attinet ad durchaus nicht so ohne weiteres zu
verbannen ist, wie Liv. VIII 2 quod ad Sidicinos attineat beweist,
femer läszt Klaucke die form mit quod im anschlusz an einen gan-
zen satz unberücksichtigt: quod me Agamemnonera aemulari putas,
falleris. was das anbetrifft, dasz du meinst, oder besser: was deine
meinung anbetrifft, s. 145 steht manum sibi offerre! s. 108 ist für
die Übersetzung von 'und nicht viel mehr' verwiesen auf »Seyffert
§ 343 anm. 4, wo es heiszt: 'und nicht in einem bestimmt und scharf
ausgesprochenen gegensatze heiszt nicht neque'. dagegen spricht Cic.
pro Deiot. 10, 28 quod si saltatorem avum habuissea neque eum
virum, unde. bei gelegenheit des hinweises s. 95, 18 auf Seyffert
281 a. 4 will ich bemerken, dasz nach imperativsUtzen für si in dem
nachsatze nicht nur das fut., sondern auch das praes. steht, vgl. Cic.
pro Ligar. 30 die, te, Caesar, de facto iudicem esse: taceo. zu dem
binweis s. 56, 18 auf Seyff. § 308 a. 2 ist nicht au.szer acht zu las-
sen, dasz die regel in der fassung 'nach voraufgegangener allgemei-
ner frage heiszt an so viel als doch wol?* schief ist. denn Cic. Tusc.
I 7, 13 hat an tu egressus etc. nach einer 'allgemeinen* frage den
sinn 'doch wol nicht*, der Zusammenhang musz jedesmal entschei-
den, zum schlusz noch die bemerkung, dasz Seyffert wie so vieles
grundlos, so auch die behauptung ohne grund aufgestellt hat, dasz
. (§ 344, 2) in der correctio nicht aut potius gesagt werden dürfe, denn
Cic. sagt in demselben briefe an Atticus IV 1, 1 zweimal primis tem-
poribus erroris nostri , aut potius furoris , particeps fuisti und ad
cumulandum gaudium conspectum aut potius complexum mihi tuum
defuisse. vgl. Cat. 35. und auch an die regel von optimus quisque
hat er sich nicht gebunden, denn im Lael. heiszt es 10, 34 in opti-
mis quibusque.
So groszes Interesse ich an dem erscheinen der Klauckeschen
Übungsbücher genommen habe, so treffliche dienste sie auch in
meiner hand meinen schülein geleistet haben, so musz idi doch
mein nrteil dahin abgeben, dasz sie, falls sie schttlem mm ttgllehen
gebranche fibergeben werden sollen, einer grOndliohen dnrchsidit
bmIi ilunr tmmtShm Mite nntenogen werden, dnai aie dem sweoke
einer Terbindnng von leetttre und gramniati8di*stiK8ti8ohen Übungen
doxeh eine reinigung des materiek mtSax ctoiaibar gemaohi werden
mllasen. wenn diee geeohieht, so werden sie auf. die hebnng and
mrbeeaerung des lateiniaoheB nntemektB anf gymnasien Snnent
finusht- nnd segensreidi einwirken.
ManBiTi. Walthbr OaBHanDi.
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2Öß Kritificbe notisen zu den bescblüseen
(11.)
S&ITI8GHS NOTIZEN ZU DEN BESCHLOSSEN DER
BERLINEB OBTHOGBAPHISCHEN CONFEBEI^Z.
(•ehloM.)
IV« Grosse anfangsbachstaben.
Hier mOdiieii wir nur die ihatsftehliche bemerkung maclien,
dass die ansnahme des § 28 die klein geschriebenen banpi-
wdrter so sehr yerdmikelt« die nrsprUnglicbkeit und lebendigkeit
der yorstelliiiig so sehr beeintrSchtigt« dass es fttr die schule sdion
&Bt jetzt nötig ist, z. b. sn ^rings' (im Binge) n. dgL erUftnuigai
za geben; und umgekehrt sn dem grossgescmiebenen eliristli(£BD
*N8ehsten', dass es ursprünglich nur den nahen nachbam bezeidh
nete. — Soll dagegen kölnisä (§ 29, 1) Uein geschrieboi woden,
so mögen es auch die von Ortsnamen abgeleiteten 'wörter* auf -er
(§ 28, 7); sie sind in der that keine snbstantiva im gen. plnr. mflhr;
die kölnische Zeitung ist unserm jetzt lebendigen dentschen sprach-
bewnstsein dasselbe wie die kölner Zeitong; mangelt im letztern
falle — und wie wenige werden sich dessen bewust ! — die flezion,
80 haben wir dagegen Eölnerinnen neben den Kölnern,
Y. Fremdwörter.
üebor diese haben wir uns am Schlüsse der artikel ^zur conser-
vativen reform unserer nationalen rechtschreibnng' principiell dahin
ausgesproclieii, dasz ansh Mer wie überall Orthographie, Ortho-
epie nnd lebendiges spmehbewnatsein, sinnliche anschaulichkeit
nnd Unmittelbarkeit der Tolkaetjmologie untrennbar seien, da
nun die Fremdwörter im ganzen nach allen richtungen ein Übel und
teils ganz, teils minder entbehrHdi sind, so soUian 1) alle entbelir-
UcUen fremdwörlsr als sehidlicher, mmrdanMclnr ballasi dozdi Mit-
sprechende deutsche worte ersetzt werden; z. b. mit unMnn raiolif-
postmeister und generaktab: recommandiert durch eingesohridben,
poete restaate durdi postlagernd, Distanz durch Abstand, Intervsll
durch Zwischenraum, Lisiere durch Sanm, Baad, Posiiioin ämk
Stellung, BaTin dnrdi Schlucht, Hohlweg, Oemieniiig durch Eiiir
schliesEung. 2) die weniger entbehrlidien sollen möglichst genuaii*
siert, zum mindesten in schrift und ausqnraehe möglichst dentsoh
bebaaddt wodsn: Leutnant, Kompanie, Büro, E(»tor; und 3) wo
angftnglich, auch dem stamme und dem sinne nach dem dentsebeB
spracbgeiste angenShert werden, sei es durch aalehnungen worte
Shnlichen klanges, oder sei es durch rückübersetsung und sonstige
Verdeutschung, z. b. BiTouao Beiwacht, Tablette Theebrett, Album
Allbuch, im Wörterverzeichnis aber sollten alle Fremdwörter, wena
unphonetisch geschrieben, mit der deutschen ausspräche versehea,
wenn nicht allgemein bekannt, übersetzt, wenn nicht entbehrheb,
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der Berliner oithographisoben oonferens. 267
möglichst naeh gestalt and gebalt Tordeutaelit, oder, weBO eiiibelu>
üeh, eingeklammert und möglichst verdrttngt werden* ^ Wie die *
cnihograiihie ee nicht Tennetden kann, die reine, richtige deatsobe
ausspreche xn empfahlen, so möge sie — falls den firemdwöriem
eiuMl in der dent sehen er£ographie eingrosies, schwieriges
capitel ToUer regeln und ansnahmen und reidlch die httlfte des
deatschen wSrterTeneiöhnisses eingerSomt werden soll: alsdann
mOge sie es nidit versehmlhen, die remen dentsehen wttrter m
sDipfohlen, vor fremdwOrtenn sn wsrnen wie vor orthographischen
filänn nnd wie Tor proymrialismen in wortediats nnd grammatik,
m aoBspradie nnd ansdmekswelse« demgemlSB können dani^die
mdsteii fremdwOrier mit der beigefügten anstpracfae eingeklammert
und flbersetzt, event mit Terdentschter Schreibung oder in vollstän-
diger Terdentschong wiedergegeben werden, z. b. § 30 (Souper
8np6) Abendessen; (Toast Tost) Trinkspruch; § 33 (Diskurs) Ge-
spiich, Auseinandersetzung; (Kapitän) Hauptmann; (Domäne)
Krongut, Staatsgut; (Fontäne) Springquell, Springbrunnen.
Gegen eine in eingebürgerten fremdwörtern unpbonetiscbe
Schreibweise aber möchten wir noch insbesondere uns erklären, wie
chs für den laut ks oder x eine unphonetische Schreibung ist , so ist
auch (§ 34) cb für den laut k in eingebürgerten fremdwörtern un-
phonetisch. hat sich sonst pelasgisches x zu germanischem g und
deutschem k entwickelt, und sprechen wir die hier gemeinten x auch
k , weshalb sollen wir nicht auch hier in der schrift mit bewustsein
die lautverschiebung nachholen, weshalb sie nicht auch k schreiben,
wie wir es sprechen, zumal gute beispiele uns vorleuchten ? schrieb
doch schon vor tausend jähren Otfried von Weiszenburg im Reichs-
lande seinen 'Kxist' und verleibt noch heute unser kaiserliches und
kfinigliches cabinet flir Verdienste den entsprechenden ^Karakter'.
Wörter wie Vogt^ Veilchen, Sklave und brav § 34 gelten nicht
mehr als fremdwörter; imd wie sollte man sie deutscher schreiben
können? f etwa wäre wenigstens bei den beiden letzten falsch^ weil
zu scharf, vgl. reifen, Strafe gegen brave, Sklave, Fre?eL
§ 35. Trotz der durchgängigen nichtbezeiohnnng der qnanti-
tftt in fremdwörtern hat doch der schreibgebranch instincthr, wenn
g^gen die deutsche anssprache der ton aufs ende des wertes fiÜlt,
denselben durch angäbe der qnantität kenntlich gemacht; nnd xwar
i|idiei£Mjh höchst eharakteristischer weise: d) kein andeeer langer
voeal ward im anslsnl gedehnt ale dee eineige im dentechen
oft (und an der betrdfenden stelle immer) tonlose e, s. b. Allee»
^'inse, TgL ABe, Arme. 5) leigt die game thstsache, wie wichtig
^ sagahe der tonqnantitftt ist, so sdgt der sdir hSnfige fsdl der
™^ betonter enddlbeKi durch doppdooBsonani, dasz gerade
kllrsnngaseichen für die erkennbarkeit der ton-
f naatitftt yon demselben nutsen mid demselben werthe ist, wie
jedes andoe mittel dieselbe m beieiohnen, vgl. Appell, Ballett, Eapi-
^8<gai Apfel, ballet, KapiteL — Haben wir aber der tonkeint-
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258
Kiitische notuen sa den bescblüssen
liebkeit wegen neue doppelconsonanten in fremdwörter eingesetzt,
80 dürfen wir uns sicher die behufs der tonkenntlichkeit berechtigte
doppelconsonanz in deutschen wörtem nicht nehmen lassen ! z. b.
indeß, unterdeß, Hindemiß, Königinn. — § 35 c endlich zeigt, dasz
es auch in fremdwörtern bei der notwendigkeit der quantitätsangabe
nicht darauf ankommt, ob die silbe hoch- oder tieftonig ist, z. b.
'Schatulle, Atlasse'. — üeber die bezeichnung des langen und kur-
zen i in fremdwörtern wird an dieser stelle (V) nicht gehandelt,
sondern unter II B. dort spricht § 16 a, i> und c von fremdwörtern
mit i und ie. hier zeigt sich vielleicht auch äuszerlich die schiefe
stelfung, in welche der tonvocal i durch die ßaumersche ansieht
von seiner tonlosigkeit gerathen ist.
Man kann bei der behandlung der fremdwörter verschiedene
wege gehen; entweder man läszt sie in schriftform und klang
wie sie sind, oder man ändert sie. ersteres empfiehlt sich besonders
für alle entbehrlichen fremdwörter; sie erinnern alsdann in form
und klang an ihren Ursprung, sie sind als solche lästig, und die
deutsche spräche ist gegen die gefahr ihres eindringens geschätzt,
oder aber man ändert die fremdwörter. dem phonetischen Cha-
rakter unserer nationalen Orthographie oder auch dem buchstäb-
lichen Charakter unserer nationalen Orthoepie gemäsz kann nun
diese änderüug der fremden wÖrter zunächst von beiden endpuncten
aus statt haben : entweder läszt man ihre ursprüngliche schriftliche
form und spricht sie nach deutscher Orthoepie, z. b. Toast
(zweisilbig) , Mexiko (x » ks) , Leutenant (nt , nicht »■ ng) , oder
man läszt die ursprüngliche ausspräche und gibt sie in deutscher
Orthographie wieder, z. b. Tost (mit langem o wie Trost),
Meehiko, Kompanie, vieles hieng hier davon ab, ob wir das wort
ans btlchem Torwiegend, oder im lebendigen mfindliohen yerkefar
entlelmten. jedes fremdwort aber, welekes anf latentibehrlichkeit
und bfii^erraobt anaprnoii maeht, wM mik der leifc den mam oder
den -andern weg der deataehen natnnlisslion eiaaehlagen mtoaii.
oder man ftszt das fremde wort von beidoB enden zngleieli
an, nm ihm flbr enge und ohr deataehere geaialt (orthograplüe) und
deutscheren klang (orthoepie) zu geben, z. b. Kontor , LenbiaBi.
endUoh, wenn mOgüeh, ▼ersncht man fremde wSrter naoh deut*
scher Volksetymologie ?SUig zu Terdentadhen und an vei-
dentüchen, ihnen doreh libersetnmg, umdentong and anlehnang
nicht nur deatsebe aaaapcaohe nnd geatalt Ittr auge und ohr, soa^
dem anch für die Toratellang dentlii&n denisdien ainn nnd gehatt
zu geben. letzteres geadiieht z. b. wenn wir weder New (York)
aproohen, noch Nju e(£reiben, sondern Neu adweiben nnd spredm
und — denken; wenn wir statt IGlano Ifaihnd aetzen.
VI. Silbentrennung.
Die alten trennten ni«»ht nach ailben wie wir, aondeni naeli
bnchataben. man kann sich im dentaehen dem im allgemeinea
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der Berliner oxthograpiiuchen oonferenz.
25D
feststehenden schreibgebrauch anschlieszen , oder man stellt ein
princip auf. in letzterem falle aber ist man auch verpflichtet, das-
selbe consequent durchzuführen, wir trennen die schriftsilben pho-
netisch, d. h. nach Sprechsilben, wir sprechen und betonen
aber die silben nach der logischen bedeutung ; wir scheiden die be-
tonten hauptßilben ( Stammsilben und wichtigere vor- und nachsilben)
von den unbetonten nebensilben (mit - e). — So trennen wir in
spräche und also auch in schrift (weil im sinne) Zusammensetzungen
in ihre mehr oder minder selbständigen teile, hier liegt also keine
ab weichung von der sprechsilbentheorie vor, sondern eine conse-
quenz derselben, z. b. ' Kirchen- tür', 'voU-enden'. — An die tren-
nung nach ganz selbständigen Wörtern schlieszt sich zunächst die
nach feststehenden bekannten vorsilben und selbständigen stämmen,
z. b. 'Ob-acht', 'be ob-achten', ^Lang-samkeit', 'Ge-spinnst'. ■—
Schwierigkeit machen nur die nachsilben , und auch diese nur, inso-
fern sie nicht consonantisch anlauten (die trennung von -lieh, -keit
u. dgL ist also noch leicht), denn es zeigt sich bei den Sprechsilben
auch das bestreben, nicht mit einem vocal zu beginnen, insbesondere
bei den nachsilben. — Stehen mehrere (verschiedene) consonanten
zwischen der haupt- und der vocalisch anlautenden nachsilbe, so ist
die teilung noch leicht, z. b. 'Las-ten', 'Wos-pe', ^\ch-sel', *An-ker',
*Monar-chie'. — Steht zwischen haupt- und nachsilbe nur ein (nach
laue und zeichun) einfacher consonant, so wird derselbe einfach der
nachsilbe überlassen: z. b. 'Fa ne', *Bezie-hung', *nä-hen', 'schlie-
szen' ('Mo narchie'). — Und wie einfache consonanten werden auch
die consonantischen doppellaute z und z behandelt (denen pf zwar
verwandt, aber wegen der Schreibung nicht gleich ist), z. b. 'hei-zen',
'He-xe* (dagegen 'klop fen' und wieder wegen der Verwandtschaft
von p und f *6m-pfinden', wo p unorganisch). — Schwieriger aber
wird auch hier die frage erst, wenn zwischen hanpt- und nachsilbe
ein laut steht, der diireh mehrere bnchstaben ausgedrtlckt wird, also
1) eb, sch, ng; 2) th, ph; 3) alle sogenannten swdlf (oder ?ienehn)
doppelocoiBOiiaateB (nftoh ktlnen) bb, pp, ck, tt (tz), mm usw. die
phoMÜk, die spraehsübentlMOrie , seheint fllr volMtaidige über-
laigmig des einfachen lautet an die naehailbe sn sprechen; dae
äuge dagegen, die mehrfaddieii des leichens fBr den einhettlidien
liä, ferner die dmer der famgangehalteiien halliToeale, endlieh der
wiiaenaehaiftliche irrtam, welcher anoh selbst bei den sediB mnten
oder zeitloeen momettiaaeii lanten die doppeleonBOiiaBi fllr swei ge-
sprodiene lante aaseh (s. zur conserr. ref.): knrz, der lonere schein
hat in der jRnads teilweise nnd ohne erkennbares prindp ftr eine
teihmg des zusammengesetsten Zeichens entschieden, dieser bnch-
stabliäen treuMmg mag ja bei den zehn in betraehi kommenden
halbrocalen oder ^neiconsonaaten (1^ sch^ ss, oh, amit im, ng,
IT nnd ph) auch dne lautliche teilung in der spräche gegenflber-
ttshen, insofern diese linte a]9 zeitenttaltende andi so tälbar sind,
dasz jeder teil noch & gaaie qualitftt des lautes entfallt, indes ist
260
Kiitiflcbe notiien xa den beschlüssen
dies bei den sechs zeitlosen muten nicht der fall , ihre exietenz ist
auf eine unteilbare Zeiteinheit beschränkt; man kann sie nur zer-
legen in das lautlich leere, weiches ihnen vorangeht, während der
YoUstfindige schlusz der betreffenden organspalte jeden hauch und
laut abschlieszt — vmd in die bei der Öffnung folgende explosion,
die momentane mute selbst. — Die praxis hat nun bei den beiden
nicht deutschen zeichen der alten aspiraten, bei dem beutzutage
vollständig stummen und momentanen th und bei dem vollständig
zum hauchlaut gewordenen ph, desgleichen bei ch und ebenso bei
sch zu gunsten ihrer Unteilbarkeit entschieden, z. b. *Lo-thar*, Tro-
phet', *Bräu-che', Hö-schen'; bei ng, femer bei pf, sp, st, tz undck,
teils laut-, teils buchstabenverbindungen , schwankt die praxis, vgl.
verh. s. 27 mit s. 151. bei den zwölf (oder vierzehn) doppelzeichen
bb, dd, gg, pp, tt und tz und dt, ck, ff, ss, mm, nn, rr, 11, d. h. bei
den zum zeichen voraufgehender vocalkürze trotz des einfachen con-
sonantischen lauts doppelt geschriebenen consonan tischen bucb»
Stäben, wird bei der trennung das zeichen geteilt, mag nun der eine
laut an sich ein dauerlaut oder ein zeitloser sein, manche nehmen
auch wieder ck und tz aus ; ersteres wegen des ungleichmäszig ver-
doppelten Zeichens, tz aus demselben gründe, obschon der letiii
buchstabe desselben allein zw^i laute enthält und das zeichen des
erst gesprochenen lautes nochmals besonders als kürzungszeicben
vor sich hat. dem z, dieser übervollständigen aspirata wird dann
endlich von manchen auch noch die andere übervollständige aspiiiU
pf zugestellt, obschon letztere, wie aus zwei allerdings eng vflllNllf
deB«n lauten, so auch aus iwei getrennten buchstaben besteht Frie-
der andera «adlkli wwandeln <ä und tz, ersteres mit mehr, lettiem
mit wfliiigir neht bei der treimung in k-k lod s-s*
Wir sehen, die imtioheriieit ist groei, ds« gedlelitiiis wird ohne
•nfitsUung und dnrehfilhrung eines bestimmten pcincips sterk be-
lastet daseinÜMhstewardieelassiseke trennnng naohhnob*
stehen, das dentsche trennt jedodi naeh silben. dahsbei
wir ranMchst (der logischen betmuing entspreehend) die logieoh-
grammatiseken silben; eine reform snf üorar grundlage «m
dnrohans einladi, die Toesliseh anlantenden naelirilben würden ab-
getrennt, so wie sie sindt abweichend vom bisher ftUiohsn, sleo
X. b. niflkt nnr wsr*nm, hin-efai, sondern aiäcth scfaliess-en, prevss-iiot
Sodann haben wir die phonetischen oder sprechsilbsB.
sie weichen nnr im letstgenanntwi Alle Yon den gismmatisch-kgi-
scben ab, nemlich bei Tocsüsch anlantenden la^^fSi^yfft, dennoch
wird eine reform der trennong anf gmndlage der spceohsilben sdMS
schwerer: die daaereonsonantsn gehOren oft sn beiden spraohsilben,
s. b. in Bonnerstag ist das s, welches den expirati<«sdnick hit
(s. erört. zur Berl. orth. von 1871 s. 26), noch eher bei der drittes
silbe; in Handlung tritt die pause Tor der mute d ein. liehen wir
den consonantischen laut in gie-szen zur letzten silbe, so müszten
wiresanchinha-ssennndehernodiinSehni-tter. jene abweichimg
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der Beriineff orchograpliischea coolereiu.
261
von der grammatik (Han-dlung) , diese von dem buchstäblichen
augenschein des geschriebenen usus (ha-ssen, Schnitter) sind uns
wol noch fremder als die logisch grammatische trennung giesz-en,
Schnitt-er. — Endlich haben wir die dem auge anschaulichen
schreibsilben. eine consequente buchstäbliche trennung würde
{von der logischen wie von der phonetischen abweichend) nicht nur
t-Ä, p - f , c - k , sondern auch n-g, p-h, t-h, c-h usw. trennen.
Jetzt haben wir ein gemisch aus allen. 1) zu gründe liegt
(wie der betonung und ausspräche) die logische trennung, nicht
allein bei Zusammensetzungen. 2) bei den vocalisch anlautenden
Dftchailben weicht die phonetische trennung von der logischen
ab, und nun herscht diese. 3) sowol die natur der laute (stumme
und dauernde consonanten, muten und halbvocale) als die natur der
büchstaben (einfach geschriebene doppellaute und einfach lautende
doppelbuchstaben) hindern die consequente durchführung der pho-
netischen trennung und nun tritt hier, wo nach dem klang nicht
getrennt werden kann und nach dem sinn nicht getrennt werden
soll, die buchstäbliche trennung nach dem augenschein er-
gänzend ein. und diese ist endlich 4) nicht einmal conseqnent,
da die doppelbuchstaben ng und ch (und sch) wenigstens gleich-
mäszig behandelt werden müsten, während ph und th, ck und
tz, pf und st usw., jedes nach besonderm grundsatze beurteilt
werden kann. — Was wir zuerst (unter 2) der phonetik gewan-
nen, als wir die streng logische trennung ihr zu liebe verlieszen,
haben wir reichlich der buchstäblichen trennung wieder aufopfern
müssen , als grammatik und schrift die streng phonetische trennung
unmSglich machten, bedenken wir endlich, dasz beim gewöhnlichen,
nicht absichtlich ^langsamen' sprechen die Silbentrennung, ja selbst
die worttrennung keine scharfe ist, dasz u. a. in der rede statt der
achriftpausen zwischen den wörtem sogar von zwei zusammen-
atoszenden gleichen oder ähnlichen consonantischen lauten auch
Bni 4iner gesprochen wird (z. b. bis sieben, aof Füssen, mit Thieren,
mit dir usw.) : so möchte die 'logische' trenniing ebenso der phone-
tik von allen am nächsten kommen, wie die ^etjmologisdM* aniUrat-
btMiebnimg aach ans phonetiaoliem gründe der oüid. «(oalani*
Mhärfong Tonnziehen ist. unsere Orthographie oder schrift will
Mklieh pbonetiioli sein, der spraohe entepreehen; unsere aossprache •
und betonung aber will logisdi soIb. ee kann nun aber hei der un-
▼oHkommenheit aller orihograpbisolisii miitel und dem nattriidien
ieliwaaken und nflanderen jeder spiaefae keine Orthographie die
kwte je Tollkommen wiedergAen. so wird denn der scfareibgebraneh
^ wo er wem nftohstes »el, die spnwhe, doeh nieht erreichen kann,
•m besten nach d^jenigen seite von derselben abweidieni nach
vekber das nel der spraehe selbst liegt : und das ist das logisch-
gnmmatisehe ideal, von dem sieb ja die spuohenur wenig enäamt.
Zeigt sich doch dasselbe bestreben Aber die phonetik
hinaus logisch deutlich zu sein auck bei:
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262 Sritiaclie notisan sa d«n beMhlfiiteD
VII. Bindestrich und apostroph.
Dmb änt bindMtneh nidht nur In goBammenaetmngwi Met
soll, sondem ebenso, wenn eine endimg nur einmel gosetzt isl;
*in froli- nnd Mbsr isit^ würde sine nieht naehalinrangswtrdig»
fireilisit , die sieh der diohter einmal genommen, indirsct empfeiUai
oder doeh gatheissen. man lasse diesen seltenen ftll entweder m*
erwihnt, oder man gebe ihn in anmerkong imd kennidehne üm ib
das, was er ist, als settene nnd nieht loboiswerthe poetisehe Horn,
oder würde man etw» die bekannte seitongsanzeige billigen: %
wird jemand gesneht, der mieh ras-, meine Fraa firia- und wim
kinder amüsieren kmm*? nnd doeh war Imt die abgetrennte sadimg
eine selbstilndigere als oben, und doeh konnte dem masnne Int ^
räum- und gelderspamis erwünscht sein! mindestens also möge
man hinter * ebenso wenn' zufügen 'mitunter bei dichtem' l^gl.
§ 40 rt). denn jede Orthographie ist nur, wenn sie wissenschaftlich
gründe erörtert, eine reine Orthographie ; sobald sie praktisch wird
und regeln aufetellt, ist sie eine angewandte Orthographie und hat
das im auge zu behalten , worauf sie angewandt wird : die deutsche
spräche und ihre grammatik. — Ueberall aber scheint es uns ud-
umgänglich notwendig zu sein, die Orthographie mit der Orthoepie
und Volksetymologie grundsätzlich zu verbinden: eine Verbin-
dung, die ebenso naturnotwendig als der Orthographie insbesondere
förderlich ist. denn nur die Orthoepie gibt der Orthographie einen
festen rückhalt und beide beruhen an tausend puncten im letzten
gründe auf der Volksetymologie.
§ 40. Beim apostroph scheint der gar nicht so seltene fall,
dasz "s* nicht eigentlich 'das pronomen es' sondem vielmehr der
artikel ^das' ist, übersehen zu sein, z. b. 'Und haVs Büblein mitge
nommen'. denn hier ist auch nicht 'die präposition mit dem von
ihr regierten artikel verschmolzen wie in: am, beim, unterm, ans,
ins', freilich liegt zwischen dem vollen Mas Bttblein' und dem
apostrophierten * 's Bttblein' noch die verkfinte form 'es Bfiblein'
in der mitte; allein diese mittelform ist nur mundartlieh, wShrend
jene beiden erstsm in der nhd. schriftspraehe Yollkommen imtade-
lig sind.
Das Wörterverzeichnis
möchten wir cum sdüusz nieht gans Tergessen haben , wenn audi
die folgenden notizen keinen ansptmoh «of vdktSndifj^eit erheben
können, auch liegt es Ja wol nahe, das dass wörtenrens^ehnis bä
der immerhin kni^p banessenen Session, die dem orthogiapbisdwn
reichstage dentscber nation fttr die erste nnd zweite Iwang dar
reformgesetie TetgOnnt war, verhMtnismgssig am wenigsten doidir
gearbeitet werden konnte.
Das wort Gleis fttr Qeleise ist so reeht geeignet nns die sdt^
ton* nnd YOcaUosigkeit der elisionsilMiigen 'e'-silben zn zeigen. "
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«
der Berliner orthograplritchen coaferenz.
26ä
Solche 'e' fügen wir übrigens nicht nur zwischen zwei consonanten
ein z. b. mhd. geborn, nhd. geboren; sondern auch zwischen vocal
und consonant, z. b. angeblich immer zwischen au und r, wie Bauer,
Mauer, mögen wir sie übrigens schreiben oder nicht schreiben, in
der ungebundenen rede ist kaum ein unterschied zwischen Maoerer
und Maurer, zwischen thuen und thun, sehen und sehn.
Die doppelconsonanz in ^falls' vedangte auoh die von der com-
mission hergestellte in 'bifschen*.
In Wörtern wie cirkus und zirkus, koncert und konzert, kon-
cession und konzession ist das c, welches auch so der deutschen
ausspräche entsprechen würde, in k verändert; das andere c, welches
deutsch z lautet, in den einen formen unverändert, es scheint
wtinscbenswerth entweder beide c zu ändern, wie es auch die con-
ferenz bei diesen Wörtern erlaubt , oder beide zu lassen (circus, con-
cert, concession) ; der mittelweg hat etwas sonderbares und unent-
schiedenes, vgl. compagnie und kompanie § 33, 1 anm. 1, nicht
auch etwa companie oder kompagnie. bei anderen Wörtern, z. b.
encjclopädie und enzyklopädie hat die conferenz auch diese beiden
wege, den ganz conservativen und den ganz reformierenden, einge-
schlagen und den den obigen formen entsprechenden mittelweg (en-
cyklopädie) übersprungen, wieder bei anderen , z. b. cyklus ist nun
umgekehrt gerade blosz dieser mittelweg aufgenommen; der den
aufgeführten formen von encyklopädie entsprechende erste und
dritte weg (cyclus und zyklus) fehlt, noch bei anderen endlich, z. b.
klassifiziren, wird der ursprüngliche und der mittelweg (classificiren
und klassificiren) sofort übersprungen und nur der dritte ausschliesz-
lich aus deutschen dementen angeführt usw. — Da c dem k (vgl.
§ 1) ursprünglich gleich ist und erst später und nur teilweise dem
z gleich geworden, so könnte ein ersatz des letztem c durch z man-
chem notwendiger als der des erstem c durch k erscheinen; und
dann hätten wir in obigen wörtera noch den zweiten zwischenweg
drcuB, conzert, conzession, enzyclop&die , zyclns, classifiziren usw.
uid dies um so mehr, als ein bleiben des wie k lautenden c (vor a,
0, Q und consonanten) niemals den leser in Verlegenheit setzt; da-
gegen das wie z lautende c (und t) wenigstens am wortsehlusse
seUediterdings niemals belassen werden kann, s. b. P^yinz, Justiz
m., weil hier die sehieibung c (und t) der deatsohen ansspraohe
Qubedingt widefetreben würde. — Hier wiie nun TieUddit dooh
wol die yier&ehe Wahl und quäl, oinma, zircns, cixlnis und tirkns»
nach strenger eonseqnens za mindem: naeh der aaalogie Ton com-
pagnie imd kompanie wttnaohen wir entweder den fremden bneh*
ttabeftbeBtaiid ToUatfindig gewahrt (ooneert) — so weit er nieht
etira der dantBohan ansspradie bei fiaderang des lantbeatandea dea
tendiin wortea unbedingt widerq;»riebt (z. b. Justiz) oder, wenn
die ^ehreibuBg ohne einen zwang seitens der anaspradie geändert
wird, dann aneh yollstSndige tndemng (konzert, nicht aber auch
conzert oder koncert)!
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264
Kriti&che notizen zu den beschlüseen
Bräutigam mit kurzem und Griesgram mit langem a Mtn
dnrch § 2 anm. uuteräcbiedslos da.
Alarm und April würden durch 11 eine deutschere gestalt an-
nehmen, weil .kürze und be tonung, even.t. anlehnung an lärm deut-
licher wäre.
Neben der römischen münze As, besi-er Afs, fehlt As = Aas
und das Afs der karte. — Ebenso neben malen, Maler, gemälde
mahlen, Müller, Mühle.
Trennungen wie Stereo skop, Atmo-sphäre stehen nicht im ein-
klang mit Mo-narchie § 37. — An letzterer stelle iat, nebenbei be-
merkt, eine klammer zu viel oder zu wenig.
Bouquet(Strausz) und Paket (Pack) möchte man gleichmäsziger
behandelt sehen ; ebenso Budget und Büffet (letzteres hat in § 35 tt).
Femer legt Postillion (vieUeicht genauer mit einem 1 oder Ij)
neben Posiillon eine ähnliche behandlang für Billet nahe, u. a. m. ,
Brezel, Stmpaze, Spaziren, Eapnse, Notizen, Miliz n. dgl ob» '
ts zeigen, dasi jedes ts überflüssig; bez. aber mfiste auch hinr ü dis i
tonkttnM anzeigen.
Bat *Eaft' § SO sdNii dar 'Kaffise' § 35 a sielit adur ob-
gleifili ans.
Ebenso Nnnuner neben Hiun«ro und nunierieren; lebtsM
wort und kannolkrt bitten wol naob § 10 a ibr o oinbllaini mOiaa,
wibrend kopiren Ton Kopie ein e bitte erbalten mllBeen nach § 10 (;
denn es wird ja smehen ieren und iren ontersdneden.
Femer liebt neben Kontrolle und kontrolliren der eonteokiir
gans wildfremd daran — trote Likür, niebt Liqiiear! weshalb abo
nidit naeb beiderseitiger aaalogii ench KontroiUOr vieUaebt
stpiter mit tonTerseizung Kontroüer?
Zwikb, Diilob trots Zwillidi, DrUlicb; Gmmt trotz Gw
met; Taft, Samt trotz Talrt nnd Snnmot; Zimt trots ZimM^
n. äjgi stimmen nicht mit Obm wegen Oheim; zehn wegen sehea;
naekt wegen nackend n. dgL nu
Ebenso stimmt ^ebenMs* (niebt eben&ls) niebt reolt mi
'unterdes' (nicht nnterdels)?
I>ie Fee, pbu. Feeen ni^d Feen« stimmt awar mit § 11 anm.; ,
allein bei der leetüre des letzten kosunt die beiechtigimg der kibr-
Sern form nicht recht snm ansdruck; beispiele filr diese fom i> I
spräche and schrift wttren deshalb in § 11 erwitaischt
Neben sebwindeHg, schwindlig usw. kommen andere werter
zu kurz, bei denen nur die apostrophierte fönn ao^ftthrt ist, z. b. '
atechlig, gleichschenklig usw. ob nnd bez. wie kurz das in frage
kommende halbe 'e' gesprochen wesden soll, mag ja jedem ttber-
lassen bleiben; aber das e ganz yerbannen hiesze den stemm Stachel,
Schenkel usw. und die endung -ig (nicht -lieh) verdunkeln tukI
würde nnsem dichtem und metrikem lumOtiger weise ihre ftM^ |
einschränken.
Was die binweisiugen auf die betrefifenden regeln betrifit» to i
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der Berliner oribographuolien oonfereaz. 265
stehen sie bald, bald stehen sie nicht, wo sie ebenso erwartet werden,
z. b. bei Findling [§18 anm. 2]; bald endlich könnten mehrere
Paragraphen angezogen werden, z. b. bei Fliese steht *§ 22* [über f] ;
«benso gut konnte man den § 8 ttl>er ie und den § 24 ff. Uber f er-
warten.
Wer 'gäh und jäh § 14' liest, wird eher dort eine bestimmung
über g und j suchen als über auslautendes h. — üebrigens würde
iDan nach jenen beiden formen auch neben jählings und jach eine
Schreibung mit g erwarten.
Desgleichen erscheint neben Hoboe und Oboe nur ein Hoboist:
2wei Instrumente und ein musikant ist zu wenig oder zu viel!
Wie unter G gäh vor jäh steht, so finden wir unter F die selte«
jaem formen mit fünf- vor den üblichen mit fünf- genannt.
Ob 'gang und gäbe' die üblichste form ist oder gar ' Tichten
und Trachten' dürfte man bezweifeln, in 'Dichten und Trachten*
ist genügende alliteration und mehr bedeutung; will man bei den
beiden ersten alliterierenden worten auch noch die assouanz, so mag
man ^gang und gäbe' gestatten.
Neben 'geratewoP liegt die andere volkstümliche etjmologie
*geradewol' wol gerade nicht fern, vgl. immer gerade zu.
Wie wir die halbfremde endung -ieren an manche deutsche
Stämme hängen, wie wir bei numerieren zunächst an die deutsch
gewordene nummer denken, so würde der soldat seinen zimmer-
und zeltgenossen wol eher wieder erkennen, wenn er seinen Kame-
raden nicht nur mit K, sondern auch mit mm schriebe; wie er ja
auch das a kurz spricht.
Der theorie über die silbe -nisz hat auch *Homis* seine not-
wendige doppelconsonanz zum opfer bringen müssen trotz des
sing, die Hornisse, trotz des hochtons auf der zweiten silbe,
trotzdem hier die endung -nisz gar nicht vorliegt.
Hotel würde durch 11 zugleich seine ktirzenbezeichnung und
Beinen accent erhalten ; ebenso Lavendel , Gurrende , Kalender usw.
durch ein & zugleich accent und offene ausspräche.
In Wörtern wie Mosaik, Husar, Musik, Bisiko n. dgl. sprechen
wir doppeltes weiches s, d. h. weiches s trots Torausgehender yocal-
kflne, eine lautverbindung also, die wir so lange nicht mit buch-
Btaiben beseichnen kOnnen, ab wir für doppeltes scharfes S das
Mieheu tob doppeltem weiäiem 8 einsehmuggeln.
Wörter wie Kolrabi nnd EoUbri beweisen, dass aneh alle an-
<lem Wörter auf ie ihr e misseii ktaiisn, ohne dass das end-i be-
Mb seiner betonung in die gefahr kime» wie ein end-e erdrückt zu
werden. — Und so gut wie Offism wtürde auch Offistr und jedes
wort anf -ier seinen ton bewahren, wenn anoh e fehlte.
Main fehlt in § 18. Schooner in § 15.
Da m dem plnr. Mnselmanen (ond MnselminBer) nur der eine
ttag. Muselmann angegeben , so hfttten wir hier den sing« mit, den
phv. ohne doppelconsonanz, also sogar den umgekehrten fäll yon
N. Jtlirb. (, phil. tt. pid. n. abt. 1878. hfL 6 n. 6. 18
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366 KritiMhe notiien m den betchUitiai
-nis, plur. -niflse; wlliraid Wie wie Pilgrim PilgriBie, notiz aotim
dam gnraden gegensatz zu der conseqatnten aawendimg der Ter-
dopplimg bilden, wie sie die in diesem puncte etjmoioginflieBde
eonferois nur bei stanmsUben zuläszt; vgl. dagegen aber ndi
wieder Moritz, Stieglitz osw. — Uebrigens batte berr von Banwr,
als er 8. 57 leine banptregel ttber die quautitit formulierte, ridiSg
gesagt *in betonten silben' (nidit in stammsüben!) wird konir
Tooal durdi verdoppelong beseiebnetl bier kann nna in der tiat
nur die entsebiedenste rttekbebr Ton der etymologiaierendea stanm-
silbenibeorie retten nnd Uarbeit und oonaeqoens mid wirkfiebe en-
fsebbeit bringen.
Zn konnte wol ancb Pär erlanbt werden, s. § dl.
Ponellan müste in dentscber sehreibimg das 11 ▼ereiafiidNB
wegen des tonlosen e und des tones anf der letzten (das 11 nfbd»
den ton anf die Torletzte zieben) , und da das wort nicht aas Ponel
nnd lan sasammengesetzt ist, vgL Marzipan.
Ein Bobwieriges wort ist Paqnet, resp. Paket; dem das toUo*
etymologische Packet (Pack) würde allmählich den ton auf die erste
ziehen, während, wenn wir e als betont bezeichnen wollten, im Me
seiner JstU'ze tt (vgl. kokett § 35 &) einzutreten hätte, im falle seiner
länge aber gar ee !
Portugiese könnte gleich Marquise ohne schaden der ausspräche
schon jetzt das e verlieren ; denn f ist (wie auch ß im gegensatz za
fs) ein sicheres zeichen für vorausgehende länge und betonung, we-
nigstens zwischen zwei vocalen.
Statt Nied- und Neidnagel dürfte man vielleicht Nietnagel
wünschen wegen nieten; denn der 'Niednagel (am Finger)' s. 39 ist
seltener notwendig, als der, den der handwerker zum nieten braucht.
Hifthorn! wie die commission mit recht Sündflut und nicht
Sintflut, Maulwurf und nicht Moltwurf feststellt, so möchte man
doch auch gar zu gern Htifthom festhalten, mag es tausendmal
nicht 'historisch' richtig sein; man kann es sich doch im ruhenden
zustande als am riemen über die Schulter bis zu der hüfte herab-
hängend vorstellen. 'Hift' aber hat für uns so wenig sinn und klang
als mhd. hiufan! hatte doch unser reichskanzler und unser cultns-
minister mit vollstem rechte jeden reactionären sog. 'Historiker'
principiell von der teilnähme an der conferenz ausgeschlossen; nur
grundsätzliche anhänger des bis ins nhd. hinein die lebendige pho-
netik vertretenden conseryativen Baumerschen echt historischen
reform princips zugelassen, aber freilich hat auch schon y. Baumer
6.34 Hifthorn! aber wir haben auch sonst (s. 72 f.) schon gefunden,
dasz er dem mhd. ea liebe mitunter leider seinem eigenen bessern
Ich untreu wird, vor allem aber hat auch selbst y. Banmer noch
nicht neben dem lebendigenondvolkstüm liehen phonetischen
Charakter der nhd. Orthographie den ebenso lebendigen und
yolkstümliehen logiseben Charakter der nhd. etjmologie
in ausspräche und betonung und ymteUung mit klarem bewustseiB
Liyiü^ixi by Google
der Berliner orthograpluBclieii ooniiereDS. 267
als princip erkannt und aufgestellt, wie er der phonetischen Ortho-
graphie an tausend puncten zu gründe liegt. — Soll unser wort also
vielleicht doch noch nicht Hüfthom sein, so erfinde man etwa Hülf-
horn oder Hilfhom, welches zu hülfe ruft oder rufen hilft, oder man
ersinne sonst etwas verständliches, mit todtera mhd. aber, das wer-
den wol selbst die pseudo-historiker seit ihrer grundsätzlichen aus-
schlieszung von der Berliner conferenz erkennen, wollen wir uns im
einigen, volkstümlichen neuhochdeutschen kaiserreiche keinen lebens-
kräftigen geistigen besitzstand mindern lassen !
Neben Schlittschuh finden wir auch das altempfohlene Schritt-
schub; aber zum gehen und schreiten dient jeder schuh, nicht zum
schleifen und gleiten, wie der scblitten, für de^ ^Schritten' doch
nicht angeht.
Neben stets finden wir stätig und neben diesem auch statisch
mit der endung -isch. letztere dürfte wol ebenso fallen, wie Ko-
mersch und kommerscbieren, die sich im Baumerschen verzeichnia
noch finden.
Neben dem unbedingt richtigen mittels (vgl. behufs, falls u.a.)
ist mittelst zugelassen und vermittelst sogar allein angeführt: jeden-
falls wäre auch hier die form mit s zuzusetzen und der richtigem
form an beiden stellen auf irgend eine weise der vorzug einzu-
räumen.
Walfisch, Walhalla, Walküre, Walnusz, Walplatz, Walrat, Wal-
rosz, Walstatt mit kurzen und mit langen a, finden sich ununter-
schieden nebeneinander; auch hier zeigt sich wieder seit dem Weg-
fall der dehnungszeichen in Wahl die entschiedene notwendigkeit
der kürzuugszeichen in Wal , also Wall.
-wärts wird nicht unter w gesucht, sondern bei rückwärts, vor-
wärts, seitwärts.
Im index haben wir Weidwerk und in § 18 Waid.
Neben weitläufig finden wir weitläuftig, und bei Zeitläufe ist
die nebenform Zeitläufte sogar vorangestellt; auch hier wird sich
irgend eine weise finden lassen, das bessere zu empfehlen durch
Stellung, klammer oder das wörtchen 'auch' oder 'besser als'*
Aehnlich wäre bei 'Zwetsche, Zwetschke, Zwetidige' der ein-
fftehern, leichter zu sprechenden, wohlklingendem und Yerbreitetem
form der yorzug zu geben.
Wildbret hat kein tonloses e, wie s. b. liebet, ^det, wandert;
doeh ist es weder em fremdwort wie Paket oder Bttfiet, noch ein
Brett wie Tbeebrett die offene ansspradhe des e ft, der ton auf
demselben nnd die 'yolkstttmliohe ansohaulioihkeit des jägerwortes
«wilder braten' — alles drängt zn *WüdbrtttV
Es haben uns nun einsichtsToUe nnd kenntnisreidie fachmän-
ner £Ür die yolle einigung in der deutschen Schriftsprache eine feste,
treffliche gmndlage bereitet; noch harrt das werk des endgiltigen
aosbaaes und letzten abschlusses, cn dem auch wir einige beitrige
L.iyuizcü Oy Google
268 Uebcr Schillers verhiUtuis zum clasaischen alteitiuu.
hofften steuern zu dürfen. — Möge es den Staatsmännern , welche
an der spitze unserer nation stehend die Berliner conferenz berufen
haben, demnächst vergönnt sein, auch auf diesem gebiete für die
vielen millionen Deutschen im reich und auf der ganzen erde das
•werk der einheit und einigkeit vollendet zu sehen, die macht zum
siege ruht in ihren bänden: und wer zum guten ziel die kraft besitzt,
der bat auch das recht und die pflicht sie zu gebrauchen.
MAaiAW£IL£B BEI DÜKEN. P. DiDOLFF.
24.
Ü6£B SCHILLEBS YEBHÄLTNIS ZUM GLASSISCHEN
ALTERTUM.
Vortrag, gehalten im wiiMiiichaftlicheii Yerem «a Nordliansen.
Eine Untersuchung, welche die beschäftigung Schillers mit dem
classischen altertum zum gegenständ hat, kann in verschiedenem
sinne und zu verschiedenem zwecke geführt werden, sie kann ent-
weder auf die methode dieser Studien selbst gerichtet sein, d. h.
den plan derselben , wenn ein solcher überhaupt vorhanden , sowie
seine Verwirklichung darthun. ihre nähere aufgäbe würde es in
diesem falle sein, dem Ursprung und verlauf dieser bildungsarbeit
nachzugehen, die lehrmittel, die dem dichter zu geböte standen, die
art, wie er sich derselben bediente, den aufwand an kraft und zeit,
den er für nötig hielt, endlich seine natürliche begabung auf diesem
gebiete kennen zu lernen, um gestützt auf die summe dieser be-
trachtungen über die tiefe und den umfang seiner kenntnis des
classischen altertums zuverlässigen aufschlusz zu gewähren. — Diese
darstellung würde sich auf rein historischem boden bewegen
und einzig das philologische Interesse befriedigen.* — Einen
anderen standpunct für die Untersuchung bietet der einflusz,
welchen die lectüre der alten und das eindringen in die antike
lebensanschauung auf die künstlerische und wissenschaft-
liche thätigkeit Schillers ausüben muste. denn wie hoch wir
auch von der selbsttbätigkeit und energie seines geistes und von
der eigenart seines Schaffens denken mögen, so werden wir ihn
doch nicht von der bedingtheit der menschlichen natnr lossprechen
können, die in jede geistige Wirksamkeit, anch in die höchste dea
' den hif torisehen gesichtspnnet hebt beionden die dem verf. dieact
Tortragfs erst nach becndigung seiner arbeit bekannt gewordene ab-
handlang von L. Hirzel hervor ('über Schillers beziehungen zum alter-
tom% Aarau 1872), auf welche hier für alles historische detail zu ver-
weisen genügt, doch verdienen auch die in dieser abhandlnng enthaltenen
bemerknngen über den einflnss der elassischen Stadien anf flehillen
bÜdnngsgang dnrdbgehends beaebtnng.
L.iyuizcü Oy Google
üeber Schülers yerhftltnu Emn olaenscheii altertom. 269
schaffenden dichtergeistes fremde eleraente eingehen läszt und der
Spontaneität bevorzugter geister zum trotz selbst das vollkommenste
litterarische product zu einer wie auch immer mit freiheit durch*
läuterten und veredelten Umbildung des von auszen her aufgenom-
menen Stoffes herabsetzt, bei Schiller aber kann die erwartung,
dasz seine classisehen studien auf seine viel verzweigte productiye
thStigkeit einflusz gewonnen haben , auch aus seiner persönlichkeit
gerechtfertigt werden, denn das macht eben seine volle eigentüm-
lichkeit aus, dasz jene höchst energische art zu producieren, die zu-
nächst in dem rastlosen weben seiner unerschöpflichen phantasie,
aber vielleicht noch mehr in dem ringen mit neuen theoremen zum
Vorschein kommt, dasz diese durchaus selbstth&tige, aus dem innern
stammende art der arbeit sich mit der anscheinend entgegengesetz-
ten Fähigkeit, alles, auch das geringste und kleinste in sich auf-
zunehmen, leicht und wahrhaft neidlos verbindet, wir hören es aus
dem munde eines seiner feinsinnigsten freunde, dasz er auch den
'kleinsten vorrath an stoff in sich aufzunehmen nicht verschmähte',
und selbst für die geringsten motive, über die ein anderer gedanken-
los hinwegsah , einen offenen sinn und ein klares auge besasz; aber
wir vernehmen auch aus demselben munde die lösung des räthsels,
das uns in einer solchen Vereinigung heterogener naturgaben ent-
gegentritt. — Passivität war für diese rastlos strebende persön-
lichkeit in keinerlei form möglich, und insoweit als dieselbe mit
jeder reception verbunden ist, ist Schiller allerdings für aufnähme
fremden bildungsstoffes nicht zugänglich gewesen, die receptivität
seines geistes zeigte sich in der ihm verliehenen leicht igkeit, alles,
anch das geringe, zu sehen und in der treue, mit der er es sah; aber
was er immer in sich aufgenommen, wollte er nicht als todten be-
sitz in seinem innern ruhen, sondern nur als stoff für eine neue,
lebendige durcharbeitung gelten lassen, so schlug das receptive
Clement seiner natur sogleich in seinen gegensatz um und ward von
dem angestrengtesten triebe des Schaffens und der glücklichsten
Originalität begleitet, das blosze von keinem anderen unmittel-
baren zwecke als dem des wissens geleitete studiren bat er, wenn
wir jenem freunde glauben dürfen, überhaupt nicht gekannt; das
wissen sei ihm zu stoffartig, die kräfte des geistes zu edel erschienen,
um in dem stoffe mehr als ein material sur bearbeitung zu sehen. —
Sonnten aber alle eindrücke, die er von auszen her ans der land-
tthaftHcben Umgebung, aus den kreisen der geselligkeit und dem
berodieii meiiinngsaustauscli yielBei^ entwickelter naturen, aus den
politischen stürmen und litterarischen etrümungen seiner zeit , vor-
nehmUch aber ans 'der stiUen leetOre empfieng, konnten alle diese
eindrücke mit gleicher lebendigkeit in seiner seele haften, so muste
nch die weit der alten, als er yerbSltniamfiszig spit nnd gereift an
QrteU in sie eintrat, mit besonderer stSrke in sonem geistesleben
. geltend machen, seinem nachdenken begegneten hier anziehende
Probleme, seine poesie wnrde Ton hier ans mit nenen ideen be-
270 Ueber Schillers verhältnia zum classischen altertum.
fruchtet, und sein immer auf das ganze gerichteter sinn muste sich
in dieser Sphäre neuer anschauungen um so leichter befriedigt
fühlen , als sie in der that eine directe ergänzung seiner bisherigen
bildung waren. — Diese bestimmung seiner künstlerischen und
wissenschaftlichen laufbahn durch das Studium der alten Schrift-
steller ist der zweite standpunct, auf den sich unsere Untersuchung
stellen könnte, sie würde, in diesem sinne gefaszt, die anregungen,
die er von den alten empfangen, zu sammeln, die wissenschaftlichen
resultate derselben, an die er bei seinen forschungen anknüpfte,
festzustellen, die ideen, mit denen er sich von dort aus durchdringen
liesz, herauszuheben, vor allem die Schöpfungen seiner muse immer
auf dieses 6ine ziel hin zu zergliedern haben und hierdurch zu einer
auf das antike dement gerichteten analyse seiner gesamten werke
werden, diese arbeit kann dem nicht erlassen bleiben, der ein
volles Verständnis von Schillers dichtungen gewinnen will; um den
künstlerischen werth derselben zu begreifen, musz man sich vor
allem der elemente bewust sein, aus deren Vereinigung sie der dich-
tende genius erschaffen hat. nicht mehr die methode und der
umfang seiner philologischen Studien, sondern die hinterlassen-
schaft des dichters bildet nunmehr den gegenständ der er«
Qrterung. das blosz gelehrte interesse ist dem adlgemein kttnst-
lleriseheu gewichen, in dem wir uns alle begegnen, zumal wenn es
sich an der geliebten Persönlichkeit des diohtors bethfttigen soll, der
nns allen ins herz und aus dem herzen gesungen hat. gleiehwol
reicht zur erschöpfuug des gegenständes auch eine solche wOrdigong
seiner individualitftt nicht aus. den lauf seiner gedanken, den ström
seiner diohtung bis an die quelle zu verfolgen, ist ein gesehttft, das
uns in die mitte seiner kirnst versetzt , und ihn selbsti die ganze
einheitliche persönlichkeit verstehen Ittszt, aber wir sind ihm und
uns noch mehr schuldig. —
In den werken eines dichters spiegelt sich vor allem dje ge-
sammthftit eines nationalen lebens ab, und wol ihm, wenn er in
ein reiches und irisches Volksleben gestellt ist, damit sein genias
eine weit finde, deren Widerschein uns entztU^en kann, aber er
empfängt nicht nur das beste, was seine nation in spräche und
Sitte, in knnst und liUeratur besitzt, sondern erweitert und vertieft
die bildung seines Volkes aus eigenster kraft, das wort des Herodot,
dasz Homer und Hesiod den Griechen ihre gStter g^ben, mm von
jedem wahrhaftigen dichter gelten und ist keineswe^ auf die sphSre
der religion zu begrenzen, jene empfingen von ihrem volke den
gestaltenbildenden trieb , der die natur in ein menschliches dasein
umsetzt, und schufen im schönsten einklang mit dieser volksmSszigen
naturanschauung die weit der olympischen götter, in deren Verehrung
Jahrhunderte gläubig verharrten« sie hatten eine charakteristische
Seite griechischen denkens und fühlens erfaszt, um sie der nation in
unendlich veredelter gestalt zurückzugeben, von jedem dichter, auch
dem modernen, gilt das gleiche, in einem weit höheren sinne, aU
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Ueber Schillers verhältuiä zum cläääischea altertum. 271
wenn wirblos an die einzelnen, wie sehr auch immer vollendeten
kunstwerke denken wollten, kann oder musz er vielmehr den
schätz der nationalen bildung bereichern, das volk gibt ihm das
Organ der äuszerung, die spräche; und er hat die pflicbt , nur auf
ihre reinsten klänge zu lauschen, wo ihn aber die gewalt und eigen-
art des geflihles überkommt, da darf ihm auch der glückliche mo-
ment die zunge lösen, und er hat das recht, die neue empfindung in
ein neues gebilde zu kleiden, das alsbald zu allgemeinem gebrauch
in den bestand der spräche eingeht, diese schöpferische Stellung be-
hauptet er auch in dem reiche der ideen und anschauungen , die die
nation , der er angehört, in allen kreisen des lebens, in der familie,
im Staat , in der religion, in kunst und Wissenschaft ausgeprägt hat.
auch hier gibt er , was er empfangen , geläutert und vertieft zurück,
dichter und philosoph sind hier in gleicher oder doch ähnlicher läge,
aufgezogen in der einheimisohen fadldung dernation, aber bemüht
und gewisz auch, wenn schon in verschiedener art berechtigt, die
Wahrheit des gefühls oder des begriffs zugleich in der fremde zu er-
l^uischeii, suchen sie beide mit der combinatorischen kraft des eigenen
geistes aus der fremden bildung die nationale zu ergänzen and setzen
deutUobere begnlEe nnd richtigere anschanmigenfttr die Wissenschaft,
neue weisöi der empfindung, veredelte gattungen der kunst und
wirksamere formen der äuszenmg in curs , die in ihrer gesammtheit
eine höhere cultur darstellen und das leben der nation oft auf Jahr-
hunderte beherschen. wer wollte nun verkennen, dasz Schiller, der
in der schärfe seines intelleotes und der wttrme seiner phantasie
gleichzeitig den beruf zum dichter und philosopben besasz, in dieser
höchsten weise anf das leben der nation eingewirkt bat? wohin wir
blidken, sehen wir ihn anf ungewohnten Inhnen wandeln: in der
lyrik weisz er einen neuen ton anzuschlagen, der auch noch für die
tiefsten Wahrheiten einen poetischen aosdrupk zu treffen vermag,
9dt erneuten anlfiufen sucht er die aufgäbe der tragödie in immer
hiAiaem einne zu lösen, neue ästhetische tbeorien foiden von ihm
aoagehend eingang in die deutsche litteratnr, in der gescbicbtscfarei*
bmig, für weldie ihm das talent nicht versagt war, stammt von ihm
jene kühne richtong, die dem snbjeot das recht einräumt, den ge-
Biehteten stoff ans sich heraus znr geschichte zu construieren. die
anhabe des niodemen dichtere findet nnd zeichnet er mit ihren vor-
teOen und mSngehi, an ihrem gegensatz, und wo er auftritt, redet
er zu uns in einer neuen spräche , deren adel wir auch in der dtirf-
tigsten nachahmung vernehmen müssen, für diese bereicherung des
geistigen lebens unserer nation ist nun wiederum seine beschäftigung
ndt der alten litteratur ein sehr wichtiger factor geworden, die er-
kenntnis dessen, was an griechischen elementen durch
seine Vermittlung in das geftihls- und gedankenleben
unseres volkes eingedrungen und in demselben sich
festgesetzt hat, ist mithin der dritte und letzte gesichtspunct,
von dem sich unsere betrachtung leiten lassen könnte, zwar nicht
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272 Ueber Schülers Terbältois sum claasischen altertam.
allein, aber doch namentlich auch durch seine Wirksamkeit bat das
deutsche volk eine einsieht gewonnen in das, was man die Wahrheit
griechischen geistes nennen kann, weil es für alle zeit gelebt, gedacht
und empfunden ist, hat dann in dieser Wahrheit sich selbst veredelt
und veijüngt, manche nationale Verschiedenheit und noch mehr ge-
meinsamkeit au^fimden, und ist auf diesem wege zu einem klareren
bewusztsein seiner selbst gelangt, dürfen wir aber unsere bekannt-
Schaft mit den griecben und diese bereicherung unseres eigenen ass
dem hellenischen leben aaeh aof Schillers thätigkeit zorOckfOhrea,
80 wird bei einer darstellung seiner classischen Stadien auch dessen
zu gedenken sein, welche antiken bestandteile unsere nationale cultnr
durch seine mittlerschaft in sich aufgenommen hat. eine soldi»
kritik unserer cnltar — denn diese wird jetzt statt des einzelnen
kunstwerks einer seigliederang unterworfen — richtet sidi ebah
deshalb, weil es unsere cultur ist, an das nationale intoweec
kann doch nttchst der pflicht, sich gegen fremde unterdrtlckung 19
schütsen, eine nation keine würdigere aufgäbe finden, als sidi iknr
selbst bewusxt sn werden, und Sa dasein als ein durch bestinunke
«nflttsse gewordenes zu begreifen. — So sehe ich, wie mich der
gegenstsad dieser betrachtung auf drei Tersohiedenen wegen an drei
venchiedenen sielen fahren würde, aber indem ich die ausdehmog
dieser wege überblicke, darf ich mir Ihre begleitung auch nur fü
einen derselben nicht erbitten, Tielmehr werde ich mit ausdrHA-
lichem yerzicht auf jede wissensdhafUiobs yollstSndigkeit, mich dl^
auf beschrSnken müssen, nach onem kurzen hin weis auf die haupt-
sftchlichsten data aus dem verlaufe von Schillers Studien, den gehalt
antiker ideen in seinem poetischen nachlasz zu ermitteln und ihre in
unserem litteraturleben nachwirkende kraft mit wenigen w<Hrten an-
zudeuten. —
Die sitte der zeit Hess ihn zuerst und zwar wShrend seines auf*
enthaltes zu Ludwigsbnrg und in der akademie &8t ausschlieszliclk
mit den Römern bekannt werden, wenigstens die griechischen
originale blieben ihm beinahe ganz verschlossen, seine kenntnis der
griechischen spräche kann nur gering gewesen sein, kaum dasz einmal
in anerkennender weise seiner griechischen lectüre gedacht wird, ans
dem Plutarch konnte er freilich, da ihm nur die Übersetzung bekannt
ward, weder des fremden idioms noch des antiken geistes herr wer-
den, in dem Studium dieses historikers, der auch der lieblingssehrift-
steller seines ersten tragischen beiden werden muste, klärten und
befestigten sich einzig die anschauungen, die er auf directerem wege
über die römische weit aus römischen Schriftwerken ziehen konnte, der
römischen prosa wird nirgends als eines gegenständes seiner schul-
lectüre gedacht, ohne dasz wir zu der annähme berechtigt wären, sie
habe wirklich nicht dem kanon jener lectüre angehört, zwar behaupte-
ten, wie damals überall, so auch auf der Ludwigsburger lehranstalt
und der schwäbischen fiirstenschule die dichter den ersten platz, aber
es läszt^ich leicht nachweisen, dasz er mit dem besten, was dieröm«
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üeber Schillers yerhältniB zum clABflischen altertnm. 273
litteratur auf dem gebiete der geschichtschreibimg geleistet hat, wol
vertraut geworden ist. im 21. lebensjahre erkannte er dem Sallust die
palme zu und wählte aus ihm das wort, welches uns mit dem hin-
weis auf die kürze des lebens gemahnt, ein dauerndes gedächtnis
unseres namens zu stiften, um es einem Jugendfreunde ins Stamm-
buch zu schreiben, sowie das motto, welches die Mannheimer ausgäbe
des Fiesko in die weit hinaus begleiten sollte, und wie er dem röu-
ber Moor nur die eigene begeisterung für die groszen menschen des
Plutarch andichten konnte, so würden sich auch in den papieren des
Don Carlos schwerlich abgerissene gedanken aus dem Tacitus ge-
funden haben, wenn der dichter den Tacitus nicht aus eigner lectüre
gekannt und geachtet hätte, dasz er den Livius später aus reinem
forminteresse und mit vielem vergnügen las , teilt er Körner selbst
mit; immerhin aber nimmt die lectüre römischer prosa in seinem
späteren loben mehr die stelle für einen bestimmten, zuweilen sogar
höchst praktischen zweck ein. er bedient sich der Schriften des
Caesar, Tacitus, Sueton als notwendiger geographischer und geschicht-
licher Zeugnisse in den Vorbemerkungen zur gescbichte des abfalls
der Niederlande und gedenkt für seinen väterlichen Ijeruf sich eine
direete belehrung aus Quintilian zu erholen, aber die lateinische
schule, welche ihren naraen mit der that führte, hatte ihn von vorn-
herein in einen guten contact mit der römischen litteratur gesetzt, es
bleibt gewis, dasz er auch die römische prosa zu jedem gebrauch für
lebenszeit beherrschte, tiefer noch hat er sich in die römischen
dichter hineingelesen. er ward mit Horaz bekannt, ohne zunächst in
dar Batten Zufriedenheit und dem unstreitigen aber begrenzten talente
dieses dichtere einen vollen zusammenklang mit der eignen , rastlos
strebenden natnr sa finden oder aneh nur die metrisdie techjiik des-
selben in mehr als zwei Tmaeiheii naehsnahmen, doeb ergänzte er
später m derselben seit, ak er aiöh in die komOdie nnd aatire der
BOmer einlebte, die Horadscben Stadien durch die lectüre der briefe,
ftr welche ihm Wieland ein berafener Wegweiser wurde, und schäiat
die Horaasobe oorreetbeit, die er in den güttem Oriedienlands er-
feieht zu haben glanbt. er las femer schon als schtller mit entsehie-
deaer neigung den Ovid, zog ans ihm die erste kenntnis der mytho-
Icgie und verwertete sie in der dramatisierten lyrischen operette
Semele, er fand endlich eine erste wahrhafte belnedigung in der
Aeneide, zu der er später wiederholt ans rein künstlerischem inter-
osse snrttekkehrte, und mit der jene formbildende ttbersetzongs«
arbeit aiihebt, die ihn yon Mhen und kleinen anfingen aus — sie
beginnt mit dem 'stürm auf dem iyrrhener meer' im j. 1780 und
wurde 1789 mit Bürger um die wette geflbt — zuletzt auf die höhe
fener 'wunderbar klaren octaven' stellte, in denen er sich der spräche
und des geistes der fremden di<^tang vollkommen sicher z^^ —
Und hier ist es auch, wo wir uns der geeammten einwirkung, £e die
rGmische litteraturwelt auf Schiller gefibt, am leichtesten bewuszt
werden können, denn in dem stadinm Virgils laufen in der that die
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274 Ueber Schillers Terhältois zum clasBischeii altertam.
beiden durchaus verschiedenen richtungen zusammen, durch welche
seine beschäftigung mit der römischen geschichte und litteratur für
ihn von bedeutung geworden ist. es sind zunächst nur wenige, aber
sehr deutlich heraustretende ideen, die er von hier empfing, auch ist
ihr einflusz nicht sowol eine bereicherung seines inneren lebens zu
nennen; vielmehr wurde das, was durch die anläge der natur und
den geist der zeit bereits zu bestimmten charakterzügen in ihm aus-
gebildet war und sein sinnen und denken erfiillte , durch die an-
schauung der römischen Vergangenheit nur bestärkt, gereinigt und
abgeklärt, wenn gefUhle und ideen, in denen wir getrieben durch
innere impulse oder durch die forderungen unserer zeit mit vorüebe
verweilen, an concentrierter innigkeit alle litterarischen, überhaupt
alle mittelbaren eindrücke überbieten, so ersetzen diese durch die
klarheit der gestaltung und die unbewegte ruhe, mit der sie uns
entgegentreten , was ihnen an inbrunst abgeht, zu dieser macht des
geschehenen tritt aber hier noch die einfachheit und geschlossenheit
antiker Verhältnisse und individualitäten hinzu, die eine ganz andere
bpiache zu unserem herzen reden als die zusammengesetzten Charak-
tere und verwickelten Interessen der modernen zeit. 00 erklärt sich,
dasz die erscheinungen der römischen und heroischen weit, die flir
Schiller zusammenfielen, dem jüngling mit der kraft von idealen
vorschwebten, wenn wir anders diese bezeichnung verwenden wollen,
wo immer ideen sich in personen verkörpert und in bestimmten Zei-
ten verwirklicht haben, weldies die ideen gewesen , die ihn an das
heroisoli-rOimMhe daaein ftsadten, ergibt sioh bei einer analjse
seiner geistigen totalittt die mitgill seiner nator ist hier zu seliei-
dmt Ton den zeitbehersehenden ideen, die er in deh anfiialim ud
seiner Persönlichkeit assimilierte, in seinem naturell tritt nmi so-
gleich die anf hohe siele gerichtete Sinnesart hervor, unkk» Uber
das gewöhnliche sich flberall mit bewnsster kOhnheit empoihebt
ist doch dieser zag snm erhabenen spSter in dem messe der gnmd-
ton seiner diditung geworden» dass er vielleicht gerade ckwwegtti
der besonderen formen entbehren konnte, weide sidi diepoesie
der erhabenheit zu geben pflegt, zu dieser hohen ftthl- imd denkart
tritt, wie Gervinos sich aosdrflckt, der sinn Air das hand^de leben,
die sehnsudit nach aussen, nach kenntnis der wdt, nach sdiaffeiidsr
thfttigkeit. man könnte, glanbe ich, am kürzesten sagen ^diethatsa-
irende% weil sich in diesem begriffo genau so, wie ee bei Sduller
der fidl war, das streben nach eigner thfttigkeit mit dem Bsihtki-
sehen wo^fidlen an fremder handlung zusammen denken Hut
gewis schössen diese beiden triebe in Sdüllers natnr aus demelhiB
wurzd auf y aus dem gelBhle der eignen kraft und tOditigkeit, wel-
ches das Vorrecht groszer mBnner ist. aber sie bleiben darum doeh
verschieden, denn dort ihssen wir das siel seines strebens» Uor
seine lust am streben ins aoge, und wShrend dort' das strebtn
auch als ein bloez ideelles denkbar wäre und allein in empfindongen,
gedanken und entworfen verlanüsn könnte, ist es hier gerade die
Ueber Schillers verhältais zum claaaiBcliea altertum. 275
freude an dem zur that gewordenen eigenen und fremden willen, die
ein kennzeichen seiner begabung bildet, so geartet trat Scbiller in
eine zeit ein, die die rückkehr zur natur und eiufachbeit, den bruch
jeden zwanges , die äuszerste freiheit für alle formen des lebens , für
die entwicklung des einzelnen, die geselligkeit , die religion und
namentlich die politik forderte und gerade da am lautesten forderte,
wo SchUler seine Jugend verlebte, und der druck am meisten empfun-
den wurde, diese freiheitslust stärkte sich an dem widerstände, der
ihr begegnete, und hiesz thatkraft und Charakterstärke überall und
in jeder gestalt willkommen, im einzelnen nahm sie dann den ge-
bieten entsprechend , auf denen sie sich äuszerte , besondere formen
an und tritt bald als religiöse toleranz, bald als republikanischer
trotz, der keinen despoten und keine bevorzugten stände verträgt,
endlich aber, wo sie das joch der menschheit und die fesseln des
jahrbunderts brechen will, als eine art von verjüngtem heroi^^mus
auf, denn den heroen wohnte ja eben diese tüchtigkeit ein, das volk
vom Ungemach zu befreien und eine neue cultur aus eigener kraft
beranfzuführen. — Mit diesem empfindungsinhalt, der teils aus der
eignen brüst quoll, teils von auszen hineinströmte, lernte Schiller
düi «Itea Heroen und die Römer kennen, er fand hier in klarer be-
stimmtheit, was in ihm lehte, zunächst die heldengrOase über-
banpt, die Ittr die hOoIuten gUter der menaebhdt die hOelialeB apfer
briagt de trat ihm in den mnatem des Plntarch entgegen nnd gab
ilun den gedanken an einen dentsehen Plntarch ein, an dem er auch
ia spiteren jaliren mit Torliebe festhielt, als ein soMes von home*
riMliem geiste freilich weitentfemtes heldenideal stellt er Hektor in
den bekannten liede dar« das suerst in die ilnber eiiigeUgt wurde,
er fand sodann bei den BOmem jenen repablicaniscben frei-
beitsdnrst, der, um sich in genügen, anch das band swisdien
nter nnd söhn serschneidet, nnd Yerhexrliohte ihn in dem Bömer-
^og des Bmtns nnd Caesar, an dm sich der rftuber Moor erfrentj
«r iiuite dann die mit soldiem sinne gepaarte tngendstolze
strenge altrOmischen wesens auf nnd schuf ans ihr die ge-
stalt des Yenina, eines zweiten Yurginins, sogar die Inst, nch in
liehen tOnen vernehmen zu lassen, das römisch-rhetorische
Pathos fand eingang in seine spräche, er qn>&F^tiu8ierte überhaupt
mit dem erhabnen Stoffe der römischen gesohichte, die den an-
bhfik einer nngehenien, wd höchste ziele gerichteten kraftanstren-
gung gewährt, daher die fortgesetzten bis in die briefe Uber Don
Carlos und den Wallenstein hineinspielenden reminiscenzen aus der
römischen geschiohta, daher endlich die noch im jähre 1802 mit leiden-
schaCtlicher wttrme gegen Humboldt geäuszerte absieht, in höheren
lebtnigahren, wenn ihn das feuer der dichtkunst verlassen sollte,
«ine gesohichte Roms zu schreiben, freilich mochte damals den drsr
inatischen dichter auf der höhe seiner entwicklung nicht die blosse
erbabenheit des Stoffes, sondern gerade die dramatische kraft dieser
gMchichte ansiehn. gleidiwol dürfen wir auch ans jener jagend-
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276 Ueber Schülers yerbältois sam olaBsiBcben altertum.
bekanntschaft mit den römern einen einflusz auf seine spätere dra-
matische laufbahn herleiten, wohnte ihm auch von natur jene freude
an dem handeln der menschen ein, so muste doch gerade diese rich-
tung seines gemütes sich in der anschauung der römischen volksart
befestigen, hier trat ihm zum ersten male geschichte und zwar die
geschichte des volkes entgegen, das wie kein anderes seinen beruf
im handeln, nicht im erkennen sah und sein dasein mit einer wahr-
haft weltbewegenden thätigkeit ausfüllte, sollte es nicht erlaubt
sein, wenn auch nicht den keim, so doch wenigstens die entwicklung
jenes politisch-historischen Interesses, das wir sobald an ihm wahr-
nehmen, auf dies sein erstes historisches studium zurückzuführen?
zum dramatischen dichter konnte es ihn nicht machen, denn der
dramatische wird wie der dichter überhaupt geboren, aber dazu
konnte es ihn bestimmen , dasz er seine dramatischen stoffe von
Fiesco an mit einer einzigen ausnähme ans den groszen ereignissen
der Weltgeschichte entnahm, er hat damit der deutschen tragödie
ihren weg gezeigt, nicht den einzigen, aber den höchsten, auf dem
sie wandeln kann, mit richtigem gefühl erkannte er seine fundstätte
in den begebenheiten , mit denen ein neuer abschnitt der Welt-
geschichte beginnt, die Vergangenheit ist an sich selbst idealisiert
und gleich dem mythus poetisch zurecht gemacht; das stojBniche
interesse weicht, sobald wir das handeln der menschen in den käm-
pfen entschwundener zeiten betrachten, und so ist es ganz richtig,
dasz wie er selbst sagt, im leben untergeben musz, was im gesange
unsterblich fortleben soll. — Wenn jene neubelebung heroischer
und altrömischer denkart in der litteratur nicht stand gehalten hat,
ja sogar auf abwege fuhren konnte , so liegt in diesem verfahren
Schillers, die tragOdie aus historischem stofif zu bilden, und in der
Stetigkeit, mit der er es übt, thatsSchlich eine förderung unseres
litteratorlebens, der^ wir uns als seines Verdienstes aus nationalem
interesse, nicht bloss aus dankbarkeit gegen den abgeschiedenen be-
wttszt werden müssen. —
Die behauptnng, dasz in der lectüre der Aeneide die beiden
einwirkungen seiner bekanntschaft mit derrümischen üämtor ni-
sammenlaufen, ist aber bis jetst nnr znr hfilfte bewiesen, er ftad
dort eme grosze, folgenreiche begebenheit, er fand die epische gai-
tnng, für die er spftter wenigstens die glfloUiohsten entwtbfe ersum,
et fend endlich einen' beiden, der die römischen stammtogenden in
sich vereinigt, dies macht in der that die gesammtheit ideeller an-
regnng ans, die er aus dem Bömertum zog, aber wir hOren ancfa, dasz
er mit eifer nnd s^Onstem erfolg zwei bücher der Aeneide fibmebt.^
und 80 mag es denn hier gesagt werden, dasz die bildnng seines
sprachlichen augdmcks auch durch die achnlnng der ktc^iiseheii
spräche bewirkt* ist. die anfinerksamkeit, welche die fi!emde form
erfordert, macht die Übung derselben zum wirksamsten büdungs«
mittel für den stil in der mnttersprache. hatte nun Schiller durch
die allseitig bezeugte gewandtfaeit, mit der er latonisch schrieb, und
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Ueber Schülers yerhältius zum claaslichen altertam. 277
durch den erfolgreiehen beirieb lateinischer versification sein dar-
BteUendes talent bereits in entschiedenster weise gefördert, BO liess
er demselben in jener mühevollen übersetzunggarbeit eine neue, noch
(iirectere hilfe angedeihn. Durch sie lernte er mäszigung und gedald,
die seiner überschwftnglichen und unruhigen diktion nicht anders als
höchst förderlieh werden muste. —
£s lüge am nttdiaten, yon hier aus sogleieh seiner ttbersetsungen
griediifldier poesien su gedenken, wenn nicht Tor allem das gestBnd-
ms TorausKusehioken wttre, dasz er in der rdm. geschickte und Utte«
ratnr wol maonichfaohe anregung finden, aber keineswegs des geistes
der antiken diohtkunst inne werden konnte, der antike lebensgehalt
BtoUt fkäi in dem griechisehen yolke dar und konnte darum den Unter-
gang das selbstBndigen griechischen Volkslebens nicht lange über-
dioeni. so bleibt es denn fireillch wahr, dasz er wfthrend desjenigen
lebeosabsdinittes, in welchem der Unterricht für gewöhnlich zum
abscfaliisz gelangt, eine kenntnis der Griechen nicht erlangt hat.
nur das iSszt sidi fragen , ob dies wirldich zu beklagen ist, oder ob
es nicht yielmehr ^e glttckliche fügong. war, die i^ zunAchst aus-
BcUiesilich mit den werken modemer dichter in berOhrung brachte
— denn auch in den BOmem lebt modernes bewusztsein — um ihn
dann desto sicherer den gegensatz zu seiner bisherigen lebensrich-
tuig ae^Ewsen zu lassen, der sich fttr ihn in dem hellenismus auf-
thafc, — Wir werden uns durch den hervorstechenden gebrauch
mythologischer bezeichnungen auch in den gedichten der 1. periode
nicht bestimmen lassen, seine bekanntschaft mit den Griechen frUher
ZQ datieren, als die ausdrücklichen Zeugnisse erlauben, welche den
beginn derselben in die zeit seines aufenthalts in der Lengefeldscben
familie und des ersten Verkehrs mit Wieland setzen, eine äuszer-
liche kenntnis der mytbologie hatte er aus Ovid gezogen ; in der
that aber haftet gerade jener ersten verliebe für mythologische dik-
tion eine gewisse äuszerlichkeit an, die sich sehr deutlich von der
sinnvollen auffassung unterscheidet, mit der er später den gedanken
ffijtliisch einzukleiden versteht, dürfen wir aber hiernach den aus-
gangspunct seiner griechischen studien in das jähr 1787 verlegen, so
üiüisen wir in der that über die Schnelligkeit erstaunen, mit der er
^ter dem fremden himmel und auf dem neuen poetischen boden
feich heimisch fühlte, zumal wenn wir bedenken, dasz er von haus
aus den alten nicht durchaus gleichgeartet war und namentlich die
an Goethe wahrnehmbare antike fähigkeit, die dinge in ruhe auf
sich wirken zu lassen, nicht besessen hat. gestand er doch später
selbst, dasz ihn Homer und Shakspeare gerade deshalb anfangs nicht
befriedigt hätten, weil er sich in ihrer darstellung der personen und
ereigaisse vergeblich nach dem mitgefühl des dichters umgeschaut
habe. >- Aber die Schnelligkeit, mit der er trotzdem diesen poeti-
sehen Umschwung in sich vollzog , ist nicht das einzige phänomen,
^em wir auf dem gebiete seiner griechischen * Studien begegnen,
vuaderharer noch erscheint das Verhältnis, in welches hier die
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278
Ueber Schülers Terhftlims sum dassischen altertom.
geringfÜgigkeit der Diittel zu der gediegenheit seiner erkenntnis
tritt, jene fthigkeit, die ihn auch bei beschränktem stoffe eine sehr
vielseitige weltansicht gewinnen liesz, findet Humboldt gerade in
der art und weise bestätigt, mit der er sich den geist der antiken
dichtung aneignete, seine bekanntschaft stützte sich auf einen
mäszigen umfang der lectüre und vor allem fast ausschlieszlich auf
Übertragungen, die dem Verständnis des Originals gewöhnlich um so
gefährlicher werden, je mehr sie nach eigener künstlerischer Vollen-
dung streben, gleichwol faszte er bald genug das wesen antiken
lebens und Schaffens in immer feineren linien auf und liesz sich auch
über diese wissenschaftliche erkenntnis hinaus in seiner poetischen
thatigkeit von griechischen ideen bestimmen. — Wer gerecht urteilen
-svill, darf Schillers aneignung des alterturas nicht an der wesentlich
verschiedenen Goetheschen reproduction antiker gattnngen messen,
denn was bei Goethe eine folge seiner angeborenen naiven lebens-
anschauung war und sich als ein gleichsam unbewuszter und dämm
müheloser act vollzog, wurde für Schiller allerdings eine arbeit des
geistes, deren schnellen und glücklichen verlauf wir eben bewun-
dern müssen, jener tauchte sich bei der beschäftigung mit den
alten nur in sein eigenes dement, und dichtete aus dem ganzen und
vollen des antiken geistes heraus, dieser muste sich ihn zum besitz
erringen und faszte ihn mehr von auszen her in die mitte vorrückend
mit aller schärfe in seinen einzelnen Seiten und bestimmungen auf.
Die götter Griechenlands, mit denen er seine griechischen studien
seinen lesem ankündigte*, bestätigen alles, was zur Charakteristik
jener studien gesagt werden konnte: zunächst das von Humboldt
bemerkte vermögen , mit geringer hilfe sich in eine fremde Sphäre
hineinzufinden, denn sie entstanden bald nach dem beginn der neuen
lectüre und beweisen dennoch, dasz er die griechische weltaufassung
in einer bestimmten beziehung richtig erfaszt hat, sodann bestätigen
sie auch den zwischen ihm und Goethe auf diesem gebiete bestehen-
den unterschied, denn sie sind durchaus kein eigentlich aus dem
antiken geiste stammendes product, vielmehr bleibt dieser dem ge-
mixte fem und fremd, und es wird ihm eben nur als einem für den
dichter entschwundenen gute nachgesungen, endlich aber ist es doch
auch hier nur eine, allerdings die wichtigste seite dieses geistes, in die
der dichter eingeht, nemlich die äuszerung, die er sich auf dem gebiete
der religion gegeben hat. der dichter feiert die griechische religion
als religion der Schönheit, die vermöge des regsten wechselverhält-
nisses ebenso sehr das leben der menschen künstlerisch zu gestalten
und den menschen zu vergöttlichen vermöge , wie sie selbst umge-
kehrt in der kunst ihr vollkommenstes dasein hatte und die götter
an die menschen heranrückte, dieser preis schlieszt einen angriff auf
die religion der Wahrheit ein, die in der von der vemunft geforderten
* über die erste, etwas voraafliegonde , äuszere Veranlassung de»
gedichtes 8. Hirzel p. 17 — 19.
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Uaber Schillert Terhftltiiis Bmn ckiriichen altertmn.
279
einheit Gottes ausgeprägt ist. eine solche einzig der Wahrheit die-
nende gottesverehrung habe nur die natur entgöttem, und die heiter-
keit des leben s durch düstere Vorstellungen vom tode trüben können,
ohne doch für den Verlust, den gelühl und phantasie erlitten, unsere
Vernunft mit der Wahrheit selbst zu entschädigen , die uns nun ein-
mal im irdischen leben versagt sei. so nimmt die ausftihrung der
Ideen namentlich in der ursprünglichen gestalt der dichtung einen
polemischen Charakter an, während sich aus dem bewustsein, dasz
die polytheistische religion und die mit ihr verbundene poetische
lebensanschauung unwiederbringlich dahin ist, die elegische grund-
Btimmung des gedichtes erklärt, wer könnte verkennen, dasz mit
diesem gesange die christliche religion, wie sie durch confessionelle
anffassung und eine bestimmte zeitrichtung geformt war, in offener
weise bekämpft wird? aber wer möchte auch in dieser poesie über-
haupt eine dogmatische absage und nicht vielmehr die aus dem
munde des überraschten dichters strömende begrUszung der schön-
sten weit erblicken, die je gewesen istV und es ist nicht die blosze
begeisterung , die uns in diesem grusze rührt, er ist wirklich voll
der tiefsten lehren, dasz in unseren religionsgebräuchen unsere
sinne ganz vergessen werden und dasz die bildung der sinne doch
auch eine bildung des menschen als eines vernünftig- sinnlichen
Wesens ist, dasz dort die kunst die würdigste Stellung einnahm,
während sie bei uns gar oft in schmähliche dienste tritt, dasz dort
die ungebundene natur und jeder Vorgang des täglichen lebens die
menschen an die götter gemahnte, während bei uns die strenge
Scheidung von schöpfer und geschöpf auch eine kluft zwischen dem
dienste gottes und der weit befestigt; dasz, wie Hoffmeister sagt,
der Wahrheit, dem verstände und der Vernunft nichts entzogen wird,
wenn wir der Schönheit, der einbildungskraft und dem gefUhle ihr
recht geben, das alles sind Wahrheiten, die wol damals in ihrem poe-
tischen gewande dem misverstande ausgesetzt waren und ein sehr
lebhaftes litterarisches für und wider bewirken konnten, aber darum
doch in voller gültigkeit bestehen und unser volk noch heute zur
pflege der kunst aufrufen, in der es so lange zurückbleibt. —
Reiner noch, weil befreit von aller leidenschaft, und in den grö-
sten umrissen wird die bildungsaufgabe der kunst in den künstlem
dargestellt, einem von Sch. mit unermüdetem fleisze durchgeführten
und durch die treuste mitarbeit Körners ausgefeilten gedichte. die
kunst ist es, die den menschen von dem Wohlgefallen an der bloszen
Symmetrie natürlicher gestalten zur Veredlung seines lebens in der
familie, zum dienste gottes und der höchsten ideen, sowie zu einem
immer planmäszigeren schaffen und zu einer milden totalansicht des
lebens geführt hat. wol ist sie nach ihrer schönsten Wirksamkeit in
einen langen Schlummer versunken, aber von osten hereinziehend
hat sie sich im abendlande verjüngt und wird segen stiften, so lange
ihre jünger beherzigen, dasz die würde der menschheit in ihre bände
gegeben ist. weil die Zeichnung des berufes der kunst im steten
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280 Üeber Schillers Yerhältiii8 sum classuchen altertum.
hinblick auf ihre Verwirklichung bei den griechen entworfen ist, füh-
ren wir auch dies gedieht unbedenklich auf seine bekanntschaft mit
der griechischen dichtung zurück, spiegelte sich doch der ganze ver-
lauf seiner entwicklung in seinen poesion. — Daher konnte Gervinus
mit gutem rechte sagen , dasz wenn Schiller in jenem gedichte die
kunst als den eigentümlichen besitz des menschen besonders darum
preist, dasz sie, ahnend und im symbol, das reich der erkenntnis
und bitte, der Wahrheit und tugend spielend eröffnet, dies gerade
seiner eigenen erfahrung entnommen war, der eben in ein bewusztes
leben erneuter Sittlichkeit und vernunftthätigkeit eingehn wollte
und durch seine dichtung deutlich den weg zur geschichte und Phi-
losophie nahm. —
Nur ganz kurz können wir nunmehr des Verlaufes seiner grie-
chischen lectüre gedenken , die ihn von jetzt an durch das leben be-
gleitet, er begann in dem kreise der Lengefeldschen damen mit der
Vossischen Odyssee und berichtet an Könier, den vertrauten jedes
litterarischen Schrittes, den er thut, am 20 aug. 1788 über den ge-
nusz sowie über den vorteil, den er für die reinigung seines ge-
schmacks aus diesen Studien zu ziehen hofft, die Ilias las er gleich-
zeitig in einer prosaischen Übersetzung und will überhaupt von guten
Übersetzungen zu den originalen fortgehn. auf den Homer kommt
er später immer wieder zurück, es ist aber ganz unmöglich, alle
brieflichen Zeugnisse über die erneuerung dieser lectüre anzuführen,
namentlich die zweite hälfte der correspondenz mit Goethe hallt
förmlich wieder von beiderseitigen andeutungen und mitteilungen
über die homerische dichtung. neben Homer las er schon im verein
mit den Lengefeldschen schwestem den Euripides, und diesen gewis
nicht zufällig, denn seiner damals noch modernen gefühlsart muste
die Sentimentalität dieses modernsten der antiken dichter und das
Übergewicht, das bei ihmrhetorik und reflexion behaupten, freilich am
schnellsten zusagen; und es mag darum buchstäblich wahr sein,
wenn er berichtet, dasz eine scene aus den Phönizierinnen ihm und
seinen freundinnen bald thränen gekostet habe, aus einem briefe an
Körner vom 24. oct. 1791 ergibt sich, dasz auch schon Aeschjlus
in den kreis der Studien gezogen war, wiewol die Übersetzung des
Agamemnon, mit der er sich damals trug, nicht zur ausführung ge-
langte, am 25 aug. 1797 erfolgt in einem briefe an K. eine nach-
richt über die erneuerung der lectüre des Euripides. er las damals
den Orest und Hippolyt und fand einen groszen abstand zu Sopho-
kles, so war er damals auch bereits in die werke des vollendeten
tragikers eingedrungen, und es stimmt damit die an Goethe gerich-
tete mitteilung vom 4 april desselben jahres über das beendete Stu-
dium der Trachinierinnen und des Philoktet, auf den er schon früher
von Kömer aufmerksam gemacht war. im anschlusz an diese mit-
teilung erfolgt eine rühmende Zergliederung der Charaktere , und in
ganz ähnlicherweise bildet könig Oedipus, den er bereits 1790 seinen
akademischen Vorlesungen über die tragödie zu gründe gelegt hatte,
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Ueber Schillers yerhältnia zum cluaiacliexi altertum. 2dl
den gegenständ eines späteren briefes an Goethe vom 2 ocfb. 1797,
während sich ein richtiges urteil über die gesamrate Sophokl. tragödie
in einem briefe an prof. Stivern vom 26 juli 1800 findet. — dieser
innige verkehr mit Homer und den tragikern -wiewol auch Aristo-
phanes ein mal erwähnt wird — sowie der bereits im j. 1789 an K.
gerichtete klagende ausruf 'warum habe ich nicht griechisch genug
gelernt, um den Xenophon und Thukydides zu lesen,' machen es
sehr erklärlich, dasz er im j. 1795 in einem briefe an Humboldt den
festen entschlusz äuszert, die lücken in seiner grammatischen kennt-
nis dieser spräche zu beseitigen, um sich ganz frei in den originalen
bewegen zu können, wir müssen die wahrhaft rührenden methodi-
schen Vorschläge Humboldts übergehen, der am liebsten diese
'griechischen Studien selbst geleitet hätte, und auch auf die Schwierig-
keiten hinzuweisen nicht vergasz, die mit einer solchen autodidakti-
schen beschäftigung verbunden sind, ist doch auch der entschlusz,
obschon er noch im j. 1800 von neuem hervortritt, in der beabsich-
tigten gründlichkeit nicht zur ausführung gelangt, was freilich be-
dauernswert ist, aber noch weit mehr zu beklagen wäre, wenn die
schärfe seiner intuition ihm nicht den geist auch in der fremden
hülle geoffenbart, und so eine gütige natur über jene lücke in seiner
ausbildung hinweggeholfen hätte. — So muste er sich in der prosa,
namentlich in der poetik des Aristoteles, die er früher allein und
später mit Goethe zusammen las , freilich mit einer Übertragung be-
gnügen, bei den dichtem dagegen liesz er auch das original nicht
ungelesen, wie er denn in einem briefe vom 20 oct. 1788 als wissen-
schaftlichen apparat für die beabsichtigte Übersetzung der Eur. Iph.
in Aulis den griech. text an erster stelle, und daneben erst die lat.
Übersetzung des Bamesius und die französische des theütre grec von
Brumoy bezeichnet.* — Jene Übersetzungsarbeit übertrug er nem-
lich auf das neue litteraturgebiet und begann sie mit dem erwähnten
stück, 'diese arbeit, schreibt er an Kömer, übt meine dramatische
feder , führt mich in den geist der Griechen ein , und gibt mir , wie
ich hoffe, unvermerkt ihre manier.' es ist freilich keine treue wieder-
gäbe des Originals und sollte es auch nicht sein, gleichwol ist der
knappe griechische ausdruck wenigstens in den trimetera zuweilen gut
getroffen, und in den chorliedera, wo die antiken versmasze aufge-
geben werden musten , entschädigt der edle ausdruck für jenen un-
vermeidlichen Verlust, der antike geist blickt im verlaufe des ganzen
nach Humboldts ausdruck wie ein schatten durch das ihm geliehene
gewand, aber gleichwol ^yird man nach dem urteil desselben kriti-
kers vom anfang bis zum ende beim antiken festgehalten, dasz der
botenbericht, welcher die rettung der Jungfrau erzählt, von Schiller
weggelassen ist, möchte ich nicht mit Hoffmeister tadeln, das drama,
' in einem briefe an Körner gesteht er allerdings, dasz die latei-
nische Übersetzung des Josua Barnes ala die treueste sein eigentliches
original gewesen, e. Hirzel p. 21.
■N. jihrb. f. phil. n. pftd. II. abt. 1878. hfu 6 tt. 6. Id
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282 lieber ÖchüleiB verbaltiiis zum classuchen altertum.
soweit eB ein allgemein menschliches Interesse erweckt, ist in der
that mit Iphigen. entschlusse zu sterben , an sein ende gelangt, das
rettungswunder konnte nur den griechischen zuhörem wegen ihrer
bekanntschaft mit dem mythus nicht vorenthalten werden, ein
ebenso richtiges urteil wie in diesem puncte zeigt Sch. in der seiner
Übersetzung vorangeschickten Würdigung der ganzen dichtung. bald
nach beendigung dieser arbeit erschienen im achten hefte der Thalia
einige scenen aus den Phönizierinnen tibersetzt, weitere pläne wur-
den durch entwürfe zu eigenen productionen durchkreuzt. — Auch
hier bewährte diese arbeit ihren sprachbildenden einflusz, und hier
zumal, wo der maszvoUe ausdruck zugleich den im reinsten masze
gefaszten gedanken wiedergiebt. dasz er während der Jenenser be-
rufsthätigkeit auch der griechischen geschichte sein interesse nicht
versagte, beweist, um ihrer wenigstens erwähnung zu thun, seine
abhandlung über die gesttzgebung des Lycurg und Solon. — Rei-
chen auch seine historischen quellen für den heutigen standpunct
der Wissenschaft nicht aus, so fesselt doch das kritische verfahren,
das er einschlägt, schon an sich selbst, noch mehr aber der reichtum
der geäuszerten Ideen, und die lichtvolle darstellung, die ihn auch
hier nicht verläszt. —
Wenden wir uns zu dem antiken gehalte seiner poesieen, so lääzt
sich im gebiete der lyrik, die vielleicht am stärksten mit ihm ge-
sättigt ist, der griechische einflusz deutlich nach bestimmten stufen
und Steigerungen, in denen er verläuft, verfolgen. — wenn der
lyrische dichter in noch directerer art, als der dichter überhaupt,
mit der eignen auf die fremde empfindung wirken, und jedes lyrische
erzeugnis nicht mehr aber auch nicht weniger als eine dargestellte
empfindung sein soll, so kann doch die aufgäbe, das gefühl darzu-
stellen, die empfindung zu gestalten, in doppelter weise gelöst wer-
den, denn die allgemeinheit der aufgäbe verbietet nicht, dasz ent-
weder dae empfinden über das gestalten, oder dieses über jenes
Bich emporhebt im letzten falle gewinnen wir die gestalt, die zwar
freilich der empfindung nicht entbehren darf, aber doch eigentlich
für sich selbst die haupteache ist; das daretdlen, veräuszerlichen,
ausmalen ist die hauptsache, das mittel, als weiolieB hier das ftnsier-
liche ersoheintf fllngt an zum selbetsweek zu werden, das gestalten
der empfindung hXLt nne im geschltfte des gestaliene anf. umgekehrt
kann die kunst des dichtere sieh bemühen, alle gestalt in empfindung
anftnlQsen und sich jenem lyrischen Terstnmoien zu nfthem, das
niebte mehr findet, daran es sich iuszem kann, das ttusaere, welches
nicht fehlen kann, gilt nur als träger und bezeichnung des gefüUs.
der letztere standpunct, auf dem die lyrische aufgäbe im strengeran
sinne gelöst wird, ist der der Goetheschen, ttberhaupi der modwaen
Ijrik, auf dem ersteren steht die lyrik, oder da dies urteil auch im
weiteren sinne &8zbar ist, die poesie der alten, zufrieden mit die-
ser weit, die ihnen die hOchste ist, und mit dem ftuszeren, das sie
umgibt, aber ebendarum auch zuMeden in ihrem Innern, und frei
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Ueber Sobillen TerbUtnis mm elnnuwhen altertanL 28S
Ton jeder yerzeliranden, ungestillten empfindang, haben sie aa dem
darstellen als solchem ihre freade und stärke, erbeben das ftiuntere
durch die ideen, die sie darin yerkOipert sehen, und entfidten, weil
ihnen die sinnliche weit mehr gilt als wia, m der zeidmimg derselben
eine knnst, die wir nicht haben oder nur aa ihrer band erlangen
kiSnnen. —
Und hier ist es nun , wo sich die einwirknng der alten auf
Sobillen Ijrik snnttobat und im weitesten umfang geltend machte,
er war« wiewol aus yerschiedenem gründe, darin mit ihnen gleich-
gestimmt, dasz er jenes yersunkene aufgehn im gefühl und also aneh
das lied nicht kennt, den Griechen fehlte meist die für diese Stim-
mung notwendige innerlicbkeit , Sob. aber war fortwährend viel za
sehr auf ideen gerichtet, als dass er eine solche herschaft des ge-
fühis in sich hätte aufkommen kssen. dagegen blieb er in seinem
Verhältnis snr erseheinnagswelt und in der kraft der veranscban-
lichung von ihnen weit entfernt, gleichgültig gegen die erscbeinnng,
in der sie nur die entgeistete materie sab, eriiob sich seine phantasie
sogleich in übersinnliches gebiet; an grenze aber, an kUrheit und
bestimmtheit konnte sie sich nur im reiche der sinne gewöhnen,
und 80 lernte er denn von den Griechen das Interesse für dieäuszore
weit, und mit ihm die treue und Wahrheit der darstellong, sowie die
yielfiMhen mittel, die die erfindsamkeit der alten zum zweck der
Teranschaulichung zu Terwenden pflegt, schlagende bei Wörter, oft-
mals direct aas Homer entlehnt, sinnvoUe metaphem, überraschende
büdoT, onomatopoetische maiereien, wirksame eontraste, steigeran*
gen, Umschreibungen und wortbildnereien, grossartige schilderongen
der Örtlichkeit oder baadlung, sovrie alles, worin sich immer die
plastik bewiüiren kann, geben seinen poesieen ein antikes gepräge.
der Mifmerksame leser kann für diese tecbnik belege in jeder Strophe
finden, von Homerischen rcminiscenzen nenne ich nur 'die unnah-
baren bände des Äaciden' in Hektors abschied, wo die ursprüngliche
lesart dem homerischen ausdruck zu liebe geopfert wurde , die 'pur-
purne finsternis im taucher', der 'rinder breitgestimten schaaren'
in der glocke , 'könig Rudolfs heilige macht' im grafen Yon Habs-
burg , Ajas als 'thurm der Achäer' im siegesfest und jenes epische
Wollenden des geschickes' ans Eassandra. doch sind diese an-
klänge für sich genommen von keiner bedeutung. weit wichtiger
ist, dasz der dichter hier in eine schale plastischer besonnenheit
gieng, die seinem eigenen talente auch neue weisen der veranschau-
lichung öffnete, so weisz er im taucher das entsetzen sehr wirksam
doroh die Unbestimmtheit des neutrums — und schaudernd dacht
iehs, da krochs heran — ; in der bürgschaft die Spannung, in der
uns das herz klopft, darch die gehäufte copula und die flüchtigen
dact jlischen rhythmen ; im ring des Polykrates die Vorstellung des
l^ückes durch die darstellung seines Werdens hervorzubringen, die
Vollendung dieser kunst zeigt sich an den lebensieichen wenn auch
in färbe nnd ton Terschiedenen darstellongen, die ans das griechische
19*
Digitizod by Goüßlc
284
Ueber Schülers TwhältuU som clasaiachen altertom.
theater in den kranichen des Ibjküs , die arbeit in den Schmelzöfen
und die messe im gang nach dem eisenhammer, die erlegnng deB
drachen , den kochenden Strudel der Charjbdis und so viele andere
Situationen vergegenwärtigen, dies plastische geschick, und
diese, man könnte sagen, epische bereicherung seiner lyrik stellt
die erste stufe des griech. einflusses dar. es läszt sich aber darüber
hinaus eine zweite wahrnehmen, hatte Schillers muse schon von
haus aus eine deutliche neigung fQr das didaktische gehabt, so rauste
gerade diese durch die lange poetische pause, die mit 'vemunftthStig-
keit und ideenerzeugung* ausgefüllt war, eine nachdrückliche Ver-
stärkung erfahren, ideen poetisch darzustellen, dazu konnte nun
zwar die dichtung der alten, bei denen die dichter so recht eigent-
lich die weisen und lehrer der menschheit waren, am besten anleiten,
das glcichnis, das symbol, überhaupt jedes reale correlat erhebt
sich jetzt, wie es bei ihnen so oft der fall ist, von dem blosz ver-
anschaulichenden raotiv zum vebikel des gedankens, zum adäquaten
ausdruck der zu gründe liegenden idee. gleichwol ist es auf dieser
stufe nicht sowol die methode der alten, als der von der antiken
Phantasie erzeugte stoff, den Sch. zu verwerten pflegt, die Wirklich-
keit nemlich, die ihm die sinnlichen Substrate der ideen zu liefern hat,
ist entweder die des geschehenen, also die geschichte, oder die des
gedichteten, also der mythus, und gerade in diesem hat er die ur-
sprüngliche Wahrheit mit sicherem blicke wiedergefunden, oder eine
höhere, von dem dichtenden volksganzen nicht geahnte angeschaut,
und zwar wird entweder nur ein einzelner bezug in dieser weise
ausgedrückt, oder die häufung solcher mythologisch gefaszter bezüge
leiht dem gedichte eine durchaus mythol. spräche, oder es geht der
grundgedanke selbst völlig in den mythus ein. zahlreiche beispiele
hat Cholevius für die erste form gesammelt, so wird in dem reiche
der schatten (Humboldts lieblingsgedicht) der gedanke, dasz der
naturgewalt nur der verfallt, der ein 'sinnliches interesse an den
dingen nimmt', in Persephones geschick verbildlicht, die erst durch
den genusz des apfels dem *Orkus unwiderruflich anheimfiel'; wäh-
rend die Wahrheit, dasz der mensch nur durch kämpf geläutert zu
höherer herlichkeit gelangt, durch Herakles loos verbürgt wird, dem
Hebe den pokal erst reichen durfte, als er die bahn der kämpfe
durchmessen. — Für die zweite form ist die elegie 'das glück', für
die dritte das epigramm 'Odysseus' ein beleg, denn der grundgedanke,
dasz das glück, nach welchem wir jähre lang strebten, oft da ist,
wenn wir es am wenigsten glauben, und ein zufall es uns gleichsam
im schlafe gewährt, während uns selbst das organ fehlt, es zu er-
kennen, dies eben sollen wir an Odysseus lernen, der alle gewässer
nach der heimat durchkreuzte, und 'endlich trägt das geschick ihn
schlafend an Ithakas küste, er erwacht und erkennt jammernd das
Vaterland nicht', ganz ähnlich ist es in der klage der Ceres die
^Sehnsucht der menschen nach dem ewigen und der geisterweit* und
die ihnen zum ersatz gegebene Schönheit, die in den klagen der
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Ueber Schiller» Terhältnis zum clasuAcheii altertam. 285
gÖttin widertönt, der nun, da sie des persönlichen Verkehrs mit der
tochter beraubt ist, nur durch die spräche der blumen von der ver-
lorenen eine künde zu teil wird, aber auch in dem eleusi^chen fest
ist das Verhältnis zwischen dem inhalt und dem äuszeren dasselbe,
nur dasz hier die ideen von der bildung des rohen naturmenschen
durch den ackerbau universeller, die auafUhrung aber dramatischer
geworden ist. —
Damit haben wir uns der dritten stufe des antiken einflusses
genähert, bisher wurde die idee, das allgemeine durch das beson-
dere veranschaulicht, als ein solches besonderes verwendete Sch.
zwar keineswegs ausschlieszlich, aber doch mit Vorliebe den mythus.
aber der wert des besonderen stieg in seinem bewustsein. " das be-
sondere wird jetzt selbst gegenständ der darstellung. nur musz ein
solches einzelnes factum einen ideellen gehalt bewahren, diese dar-
stellung des besonderen findet im gebiete der balladen statt, denn
so nannte Sch. meist jene dramatisirten poetischen erzählungen,
welche besonders tief in die nation eingednmgen sind, hierbei ist
entweder nur der äuszere stoff der begebenheit dem alter-
tum entlehnt, die idee aber von allgemein menschlicher geltung, so
in der bürgschaft, wo die freundestreue verherlicht wird, oder es ist
umgekehrt, wie im taucher und im alpenjäger, das äuszere der be-
gebenheit dem altertum fremd, der grundgedanke aber, dasz das
übertreten aus unserer Sphäre ein eingriff in die göttlichen rechte
ist, zwar allgemein verständlich, aber doch insofern wesentlich antik,
als maszhalten in allem die cardinaltugend der Hellenen war. end-
lich kann aber auch begebenheit und idee zugleich in antikem boden
wurzeln , wie im ring des Polykrates , wo man mit dem bloszen ge-
fühl der Unbeständigkeit ungewöhnlichen glUckes nicht auskommt,
und gerade die Vorstellung von dem neide der götter sich nur aus
der griechischen auffassung der gottheit als eines durch die moira
beschränkten wesens erklärt, lösen wir aber die schale jenes natio-
nalen dogmas ab, so erhalten wir freilich, wie in aller echten poesie,
den kern einer Wahrheit von unbeschränkt menschlicher geltung,
denn das bewusztsein der abhängigkeit von einer höheren macht,
deren wir dann am wenigsten versichert sind, wenn wir im vollsten
besitz zu sein wähnen , ist in allen Völkern zu allen Zeiten lebendig
gewesen, in den kranichen des Ibykus ist die begebenheit antik
und die darstellung ein abschnitt aus dem griechischen leben von
breitester ausdehnung und vollkommenster objectivität, aber auch
die idee der gewalt künstlerischer darstellung als einer unsichtbaren
blosz durch den geist geschaffenen kraft über die menschliche brüst
ist zwar allgemein verständlich und von Schiller selbst mit Vorliebe
ausgedacht — man denke nur an die macht des gesanges — , gehört
aber doch anderseits namentlich dem antiken ideenkreise an und
liegt nicht nur dem mythus von Orpheus zu gründe , sondern tritt
auch in den thränen des dulders Odysseus beim gesang vom hölzer-
nen pferde und mancherlei anderen sagenhaften und geschichtlichen
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286 lieber Schillers Terhältnis sum claesuchen altertom.
Zügen heraus, auch die idee in Hero und Leander trägt- antikes ge-
präge, da die alten gern die elementare kraft der natur als gegnerin
des menschenherzens und menschonwillens darstellen, hier unterliegt
die liebe der tückischen see, gewinnt aber in dem tode der Hero
einen moralischen sieg, und wir werden mit der erhebenden gewis-
heit entlassen, dasz nur der leib, nicht die seele der notwendigkeit
verfallen sei. man merkt, dasz der dichter damals mitten in tragi-
schen entwürfen steht, jener groll mit der notwendigkeit ist auch
das antike residuum in dem grundgedanken der Kassandra, dasz nur
der irrtum das leben, das wissen aber der tod sei, eine Wahrheit, die
wir in ähnlicher Situation aus dem munde der Jungfrau von Orleans
hören, ton und tinktur ist in jenem gedichte nicht minder antik,
wie in seiner stofiflichen fortsetzung, dem siegesfest, bei dem Seh.,
wie er selbst sagt, ganz geflissentlich in das volle saatenfeld der
Ilias hineinfallen wollte, die auffassung ist hier lyrisch, die charakter-
zeichnung der auftretenden beiden, wie noch eine neuere Unter-
suchung nachweist. Homerisch treu, die ideen von der Unsterblich-
keit des rubmes , dem tode für das Vaterland , dem lobe des weins,
zu deren trägem die heroen gemacht sind, entstammen dem antiken
geiste, aber auch der von Kassandra verkündete schluszgedanke, dasz
alles irdische wesen rauch sei, klingt oft durch die lebensfreude der
antiken poesie, auch der römischen hindurch, wie denn das am ende
auftretende bild von der sorge, die das rosz des reiters und das schiff
umschwebt, directe nachahmung einer bekannten Horazischen stelle
ist. wenn Cholevius den zauber aller dieser gedichte ebendarin sieht,
dasz wir hier die mächtige und spröde natur des altertums in einer
bewegten und erweichten Stimmung erblicken, dasz sich die Schön-
heit der gestalt mit seelenvollem leben, die kraft der Charaktere mit
dem schmelz eines zarten sinnes verbindet, so ist damit zugleich der
einflusz ausgesprochen , der bis auf unsere tage für die anschauung
der gebildeten aus solcher poesie entströmt, denn in der that hat
diese Vermählung der classischen und romantischen lebensanschauung
nicht nur das pomörium unserer poesie erweitert, sondern auch eine
bereicherung unseres gesammten geistigen lebens herbeigeführt, das
sich in jenem gegensatz fort und fort verjüngen kann, wenn hier
durch die antiken Studien eine poetische gattung oder doch wenig-
stens eine neue art der bestehenden geschaffen wurde, so kann man
die xenienpoesie, zu welcher der erste gedanke nach Palleskes über-
zeugendem nach weis von Schiller ausgegangen ist, als die restauration
einer durchaus antiken form d.h. des epigramms ansehen, schla-
gende kürze und antithetische schärfe erinnern sehr deutlich an die
griechische herkunft, und es sind in der sehr umfangreichen Samm-
lung allerliebste sächelchen und wahrhaft classische kleinigkeiten
enthalten, was zunächst . wie witz und willkür des dichtenden sub-
jects aussieht, ist, genauer gesagt, doch auch ein schönes Zeugnis der
erlangten objectivität, die den dingen und personen ins herz sieht
und ihr wesen mit kühnem griff und in einem moment heraushebt.
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Ueber Sdullen verhlütiiis anm claariichen altertom.
281
Von hier aus treten wir am passendsten auf das dramatische
gebiet über , denn die objective Tollendung , welche sich Sch. in der
freundschaft mit Goethe und namentlich in der wachsenden intimität
mit den alten zueignete, läszt sich zwar schwerer erfassen als andere
griech. einflüsse innerhalb der dramatischen poesie, weil sie wie eine
neue luft und ein neues licht die handlung umfangt und ebendarum,
weil sie überall ist, nirgends zu sein scheint, musz aber gleich wol
als der höchste vorzug angesprochen werden, der für den dichter
noch zurück war und nur durch das zusammentreffen jener beschäf-
tigung mit einer sehr kräftigen willensdirection erreichbar wurde,
diese kunst der objectivität d. h. der fähigkeit mit der eignen
Überzeugung und der schönen aber tendenziösen reflexion zu ver-
stummen und als subject nur in der kunst vorhanden zu sein, mit
der die räumliche und zeitliche bestimmtheit und die eigentümlich-
keit der personen als einheitlicher, unantastbarer Charaktere zur
darsteliung gelangt, war von der wiederaufnähme der dramatischen
entwürfe an für Schiller gegenständ eifrigen bemühens. nur darf
man nicht glauben, dasz er das aufgeben der subjectivität mit dem
aufgeben der kunst, beherschung des Innern mit der herschaft des
äuszeren , treue und natur der darsteliung mit der wiedergäbe der
bloszen, schlechten natürlichkeit verwechselt hat; er besasz eine viel
zu hohe Vorstellung von den aufgaben der kunst, und dieselbe war
in der anschauung der alten nur zu sehr erhöht, als dasz er nicht in
seiner darsteliung den dingen ihre profane, hin- und zufällige Wirk-
lichkeit abgestreift und das masz seiner idealen weit geliehen hatte,
es ist ausdrücklich bezeugt und wird von Gervinus mit recht hervor-
gehoben, wie er in den vorarbeiten zum Wallenstein ganz geflissent-
lich der manier absagte, die personen zu Organen seines herzens, zu
trägem seiner grundsötze und neigungen zu machen, wie er sich
zwang, gegen die beiden der handlung kühl zu bleiben, und wie er
bei diesem und allen folgenden dramen keine mühe scheute, um sich
in die kreise hineinzuleben, in deren mitte die handlung vorläuft,
er studiert das österreichische militär in Karlsbad , besucht in Eger
das rathhaus und das haus, in dem Wallenstein ermordet wurde, er
betrachtet das bild desselben, er liest zu gunsten des kapuziners den
Abrahami a Santa Clara und astrologische Schriften für die figur des
Seni, er versenkt sich in die troubadourpoesie , um die einflüsse am
hofe Karls VII zu überschauen, er excerpierte nicht weniger als
sechs Chronisten, um die alpinische landschaft und die schweizerische
Volksart kennen zu lernen, der speciellen historischen Vorstudien
nicht zu gedenken, die er sich bei keiner seiner spätem dramatischen
arbeiten erliesz. es ist noch ein excerpt erhalten, welches ganz kurze
bemerkungen über die formation der schweizerberge, über die lebens-
weise ihrer bewohner, über die meteorischen und klimatischen eigen-
tümlichkeiten sowie über die fauna und flora dieses landes enthält:
in der that ein zuverlässiges zeugnis der ernsten dem weben seines
genius yoraufgeschickten arbeit, auf die er überall fuszte, auch wo
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28S Ueber Schillers Verhältnis som dassischea altertum.
uns ein gleicher einblick in die Werkstatt seines geistes nicht vet*-
stattet ist. wir vernehmen diesen neuen geist der dichtung, der das
idealisieren nur still aus dem wesen der dinge heraus betrieb , zwar
am lebhaftesten im Wallenstein und Teil, aber es ist nicht wahr,
dasz er sich aus den mittleren stücken zurückgezogen habe, auch
liegt der grund jener grelleren objectivität nicht allein in dem
Charakter von Schillers begabung. freilich waren, wie schon Fiesco
zeigt , die groszen staatsactionen , der lärm der waffen , beiden , her-
scher und Soldaten, sowie ein auf breiter fläche sich abspielendes
Volksleben , überhaupt die weit des willens sein eigenstes bereich,
denn der männlich-kräftige sinn, der aus ihm sprach fand sich hier
und nur hier selbst expliciert; und die, welche die ruhige empfin-
dung für die heimat seines geistes hielten, haben ihm einen schlech-
ten dienst erwiesen und konnten schon durch die maszlose manier
seiner ersten empfindungsergüsse ihres Irrtums inne werden ; gleich-
wol ist es der zusammenklang seiner natur mit dieser materie nicht
allein, sondern die materie selbst, die das hervorkehren der objectiven
darstellung gerade hier verlangte, die breite des öffentlichen daseins,
die fülle realen lebens, welche sich in das äuszere ganz hineinlegt
und für die inneren Vorgänge und kämpfe der seele wenig räum
läszt, erforderte in der that eine wachsame beachtung der Wirklich-
keit, sodann nehmen wir selbst die bestimmte fUrbung in der ört-
lichen und zeitlichen Sphäre um der zuständlichkeit wegen noch
leichter wahr, als in dem gebiete der persönlichkeit , endlich aber
pflegen leser und hörer gerade für jene geschichtlichen und örtlichen
Verhältnisse am besten vorbereitet zu sein, und finden nun ihre auf
anderem wege gewonnenen anschauungen gerade in jenen dramen
am schnellsten bestätigt, thatsächlich aber steht die darstellung des
katholischen rituals in Maria Stuart, des getriebes am englischen
hofe, des abschiedes der Maria von ihren getreuen, der wunder-
gläubigen mittelalterlichen weit in der Jungfrau^ der sicilianischen
landschaft und ihrer südlichen, erregten menschheit in der braut von
Messina an anschaulichkeit und sprechender treue hinter dem lager
Wallensteins , der tafelscene in den Piccolomini , den Vorgängen in
Eger, dem lieblichen eingang des Teil, der Vereinigung auf dem
Bütli, dem apfelschusz uud anderen gerühmten auftritten nicht
zurück, auch die Charaktere sind fast durchgehends aus der Wirk-
lichkeit in die poetische weit hineingedichtet ; die stimmführer im
lager, die generäle in des feldherrn Umgebung und dieser selbst, dsr
biedere schwedische oberst, die intrigante und ehrgeizige, aber
bocbherzige gräfin Terzkj, der sinnlich-glühende fanatische Mortis
mer, das beldenmfidchen von Orleans, die anspruchslosen, aber
ebarakterfestoii landleate von Schwyz, Uri, Unierwaldeniui4 toviele
andere grimdTeriehiede&e ezistenzen werden mit gleiobaii geiehiok
erfaszt und gleichem interesee dnrchgeflührt. — Der grosie hislonMhe
nun und das eigentUdi dxamatisehe talentf weichet die handlang
auf jfther bahn dahinfBhrt, dasa uns du hm Uopft und wir Beiaee
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Ueber Scbillen yerliftltiiis nun clattitchen «Itertaiii« 289
gleichen nicht finden kOnnen, kennzeichnen Schillers dramatisohes
wirken von an&ng an, aber diese hehen naturgaben konnten, aus spe-
calativer thätigkeit herübergerettet^ für eich allein jene reiche, iebene»
yoUe Wirklichkeit nicht erzeugen , die wir in den spfiteren dramen
genieszen. die kunst, in allen Situationen heimisch za sein, und sich
in die fülle menschlichen daseins zu zerschlagen , war nicht durch
historische thätigkeit, noch weniger durch philosophische erreichbar
tmd bleibt, auch wenn wir dem verkdir mit Goethe das seine zollen,
der «msterbliche gewinn, den Sch. aus den Studien der antiken dich«
ter gezogen haL und in der freude Uber diesen gewinn yeigeseen
wir die zahlreichen antiken anklänge und enllehnungen , von denen
Bnaa tragi^en durchdrungen sind, selbst im Teil , wo die Volks-
sprache das antike nicht I cgOnstagte, faod Hoffineistefs genauigkeit
den homerischen ausdruck in vereinzelten Wendungen wieder, Ger-
vinus wollte in Maria Stuart und der Jungfrau von Orleans in viel-
fachen reminisoensen das Studium der alten entdecken« nimmt aber
offenbar diesen ausdruck in weiterem sinne , da er an den biUmen-
gereobten, regelmässigen aufbau denkt« — Die reichste ernte musz
ein Boloher sammelfleisz von vornherein in der braut von Messina
erwarten, gleich wol erstaunt auch der gettbte leser der griechischen
tn^die, wenn er das entlehnte gut in einer geordneten Übersicht,
wie sie die Gerlingersche monographie gewährt, nun wirklich zu«
sammenerblickt. um die rein ideellen demente, die ausnutzung des
mythol. Stoffes und die anschlttsse an bestimmte stellen zu Übergehn,
finden wir nicht blosz bestimmte bühnengebräuche, wie die beschrän-
knng der zahl der handelnden personen, die ankündigung ankommen-
der personen , sondern vor allem jene feierliche spräche wieder , die
sich in den wiederholten klagerufen, den emphatischen Wieder-
holungen und vor allem den bombastischen wortcompositionen alt-
epischen und Aeschyleischen andenkens manifestiert, man denke nur
an ausdrücke wie Wölker wimmelnde stadt, säulengetragenes dach,
gottverfluchte band, götterbegünstigtes haus, himmelumwandelnde
sonne' und so vieles andere, ja selbst die stichomythie, jener Wech-
sel der rede vers um vers, bei welchem oft fragen und antworten,
einwürfe und Widerlegungen wie pfeile hin und her geschnellt wer-
den, ist in diesem stück geflissentlich zur darstellung gelangt, denn
ein sehr glückliches, nur nicht bewusztes beispiei bietet schon der
dialog Leicesters und Mortimers in Maria Stuart dar.
Nächst der objectivität lehnte sich Sch. in der letzten periode
seines schaff'ens auch in der ethopoiie, der Zeichnung der
Charaktere an die alten an. die objective darstellungsweise der
Griechen darf nicht mit dem individualisierenden verfahren moderner
dichter verwechselt werden, die griech. tragödie gibt mit modernen
dichtungen verglichen mehr die gattungen als die individuen. der
hauptsächlichste grund hiervon , den Cholevius unter mehreren an
sich richtigen aber accidentiellen gerade nicht anführt, ergibt sich
aus der Stellung des Individuums in der alten weit, der wert des
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290 Ueber Sohilien TwrhMtoii nun clniritchmi altectom.
emidnflii mnate unendlich Btflig«B durch die christliche reUgion, die
den menschen nur als menadlie»« nicht etwa als freien, gäiüdeten
oder grieohiMben menaehea gdten Ifteit. li^ aber die nneildlißlis
bedeatong des indiTidnnme ak soldien auaMdbelb des aataken gt-
iMhtekreiaee» so ist die grieolnadie tnigOdie gani im reohii ümlraiit
nidit an die darsteUnng dar partieolinii inditidiiBliiBt an aebeD.
dteae dgenttmlidikeit nun, welehe die ohaiakteve mdnr an Idadba
endieinmigen äla eigentflmlidMii indiTidoen madifte — an IdeeOa^
niebt in aabjectiTen, denn die enibaliaamkeit des dichtendes wat/Kk
nnd also die objectiiritBt der griecb. konst bleibt hierbei dudbn
bestehn ^ war Ton Schiller nieht nnbemerirt geblieben, er sduaA
am 4 april 1797 aa Goethe, es sei ihm bei der leelltre des SopL
an%efiüleny dass die Charaktere der griecb. tragddie mriir oder weni-
ger ideale masken, nicht eigentliche individnen seiea, wie er sie bei
Shak. oder Goethe seibat finde, so sei Odyssens im Ajax nnd Fhi-
loktet nnr das ideal der listigen, über ihre mittel nie Terlegenea
engherzigen Ungheit, Kreon im Oedifras und äi der Antigene bloss
die kalte königs würde, man kommt, f&hrt er fort, mit solciien
Charakteren in der tragödie offenbar viel besser aus , sie exponieren
sich geschwinder, ihre züge sind permanenter und fester, die Wahr-
heit leidet dadurch nicht, weil sie bloszen logischen wesen ebenso
entgegengesetzt sind als bloszen individuen. wir hören aus diesen
Worten leicht, dasz Sch. in diesem stück bei den alten das fand, was
ein ausflusz Beiner natur war und sich hier von haus aus mit einer
antiken lebensform berührte. — Es behagte ihm jene feste, geschlos-
sene typische art der persönlichkeit, weil er selbst im menschen nur
das feste und bleibende, die gattung zu suchen und zu achten ge-
wohnt war. der gattung aber haftet jene antike einfachheit an, wenn
man sie mit dem reichtum der individualität vergleicht, in dem sein
hoher sinn mehr das unerschöpfliche spiel des zufalls als die berech-
tigte mannichfaltigkeit der menschlichen natur zu erblicken sich ge-
wöhnt hatte, darum wird man eigentlich auch nur sagen können,
dasz er in seiner Vorliebe für typische Charaktere durch die alten
bestärkt sei. jedenfalls haftet an seinen dramatischen figuren , wie
Humboldt es nennt, ein gewisser glänz, der sie von eigentlichen
naturwesen unterscheidet, nicht als ob die föhigkeit zu individuali-
sieren ihm versaf^t gewesen wäre, er leistet oft mit wenigen strichen
viel; man denke z. b. an den deutschen herrn, den Tiefenbach im
Wallenstein, aber allerdings bricht er die thätigkeit bald ab und
vergönnt uns meist nur einen leichteren umrisz. — Wer könnte ihm
— obschon es geschehen — daraus einen Vorwurf machen, wenn
nur wirklich die treue der natur gewahrt ist? es wird immer in der
modernen kunst der einfache neben dem gebrochenen, complicierten
Stil, die classische neben der charakteristischen Schönheit bestehn,
und wer für diese geneigt ist, der möge jener nicht die bereditigiBig
des daseins bestreiten. —
Ein weiterer pnnct, in welchem Schiller die griediisehe tcsgSdis
üeber SohiUen verliSltiiif snm daasMohen aHertam. 291
zum master wKhlte, liegt in der exposition der handlang, er
Umd, wie erGoefhe am 2 ootober 1797 mitteilt, daas im kömg Oedi-
pus nkht der geringste Torteil der sei, daai man die ausammen-
gesetacteste handlung, welehe der tragiaditti form gana widerstrebe,
dabei zu gründe l^en kdnne, indem diese handlang ja aohon ge-
adielmi sei und mithin ganz jenseits der tragödie fUle. dasu komme,
dasB das geschehene, als anabSnderlieh seiner nator nach viel ftlrch-
terlioher sei als das, was etwa geschehen möchte, der Oedipas, sagt
er, ist gleichsam nor eine tragische analysis, alles ist sehen da, es
• wM nur heraosentwickelt. das kann in der einfachsten handlang
und in einem sehr kleinen zeitmoment geschehn, wenn die begeben-
; heiten auch noch so compliciert und von umständen abhängig waren,
wie begünstigt das den poeten.' in der that hat er sich diesem ver-
fahren, das besonders Euripides aber mehr mit manier als mit ge-
schick anwandte, in Maria Stuart und der braut von Messina ange-
schlossen, ja er überzeugte sich, wie er an Goethe schrieb, gerade
dadurch von der tragischen qualität des ersten Stückes, dasz man die
katastrophe gleich in der ersten scene sähe, und indem die handlung
des Stückes sich davon wegzubewegen scheine, ihr immer näher und
t näher geführt werde. — Doch dürfte es fraglich sein, ob es wirklich,
wie Schiller meint, ein vorteil für den poeten sei, das ende der ge-
schehenen zum anfang der dramatischen handlung zu machen, falls
er anders unter vorteil eine erleichterung verstanden hat. ich glaube,
dasz Schillers geschick von der wähl der ergiebigsten stoffe abge-
sehen in keinem stücke mehr hervortritt, als in der exposition der
handlung. einen persönlichen grund hier nach erleichterung zu
streben, kann er am wenigsten gehabt haben, aber schwerlich dürfte
auch erleichterung heiszen können, dasz man in den schlusz der
historischen den beginn der scenischen handlung verlegt, um nun
durch die kraft der phantasie und etwa mit geschickter berücksich-
tigung des vergangenen eine ganz neue folge von Veränderungen fast
aus dem nichts herauszuschaffen, and wenn ihm nun dies doch ge-
lungen, wenn die spannongi in die uns die ersten acte von Maria
Stuart versetaen, nach meinem gefühl nicht eben geringer ist, als
die, mit der wir Wallenstein nach £ger folgen, so mag denn freilich
in jener tragisdien analjsis ein vorteil des poeten liegen, da sie
ihm den zugaag zu einer höhem kirnst und die möglichkeit einer
neuen bethätigong seines genise erschliesst. — - ObjectiYität der
darstellang, Zeichnung der Charaktere, exposition der
handlung zeigen unverkennbar die spuren seiner beschäftigang
mit der grieohischen tragOdie, and doch ist die kritik an diesen anti-
ken einflössen still rorfibergegangen , um sich desto lauter Uber die
annähme der antiken schicksalsidee vernehmen zu lassen, die
manche beurteiler in allen stfloken vom Wallenstein an, die meisten
nnr eben in diesem and besonders in der braut Yon Messina aus-
gepilgfc luideii. — Der yorwnrf , der frflher g^gen die griechische
tngddie erhoben wurde, dasx das Schicksal in ihr keinen raam für
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292 Ueber Schillers verbaltnis «un olaniichen altertom.
die Freiheit des menschlichen willens lasse, ist nun zwar neuerdings
dorch eine tiefere erforschung des griechischen dramas in seiner
ganzen Verkehrtheit erkannt; aber die anerkenn ung der griechi-
schen tragOdie auch in diesem punct pflegt man nicht auf unseren
dichter auszudehnen, der gerade hier die griechische tragödie nicht
richtig erfaszt, und jener untragischen auffassung des Schicksals, die
man früher in ihr finden wollte, den eingang in seine dramen ver-
stattet habe, die auffallende aporie, die hierdurch entsteht, dasz das
Schicksal als eine blinde den unschuldigen und schuldigen in ein
gleiches verderben hereinziehende macht niemals in der griechischen
knnst vorhanden gewesen, und dasz Schiller doch aus ihr gerade
jene auffassung gezogen habe , ISszt nun aber doch , wie ich glaube,
eine lösung zu. In den griechischen mythen wird zuweilen
der frevel des ahnherrn an dem nachgeborenen geschlechte geahndet,
diese herbe anschauung ist jedoch keineswegs eine eigentümlichkeit
des griechischen volkes sondern das gemeinsame eigentum des ge-
sammten höheren altertums , wie sie denn auch der Vorstellung des
alttestamentlicben, eifrigen gottes zu gründe liegt, der die sünden
der Väter an den kindern heimsucht bis ins 3 und 4 glied. sie ent-
springt aus dem schwachheits- und abhängigkeitsgefühl der men- •
sehen, faszt die gottheit wesentlich als die strafende, heilige gewalt,
den menschen aber als das nichtige auf und gelangt eben deshalb
nicht zur anerkennung der menschlichen Willensfreiheit, sobald nun
diese ihre herkunft und damit ihr wert verkannt, sobald der nacb-
druck auf das unschuldige leiden gelegt war, ftlr welches man keine
anderen als die nächsten äuszerlichen, zufälligen gründe fand, war
der Übergang von dem strengen gott zu jenem düstern fatum voll-
zogen, und der gedanke an eine recht - und zwecklose notwendigkeit
zum durchbruch gelangt, sind antike denker selbst in diesem glau-
ben befangen gewesen, so können wir sie entschuldigen, macht es
doch der Wissenschaft noch heute mühe, die ursprünglichen religiösen
anschauungen der Völker nach ihrem wahren wert zu erkennen, die
tragödie aber hat sich gerade das unsterbliche verdienst um die bil-
dung des volkes erworben, jene alten götter gestürzt, den menschen
befreit und nur für dasjenige schuldig erklärt zu haben, was er
wissentlich begeht, sie bemächtigte sich allerdings jener mjtben,
aber sie machte den rachegeist, der durch jene familien schreitet, zu
einem gerechten gott, der die nachfahren nicht die fremde schuld
der ahnen, sondern nur die neue eigene büszen läszt. und so ist das
böse, welches die böse that fortzeugend zu gebären verflucht ist,
nicht das unverdiente leid, das unverschuldete und daher untragische
Unglück, sondern die neue vergehung und die durch diese neue
schuld verwirkte neue strafe, man kann sagen, dasz ein schwacher
nachhall an jene strenge anschauung zurückbleibt, weil auch die
neuen vergehungen, wie sehr sie an sich die sühne fordern, an die
alten gekettet sind ; und es dürfte hier die quelle des früheren irr-
tums zu suchen sein; aber die tragödie gab mit gutem recht, nach-
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Ueber schülen verhältnia som dassisclieii altertom.
283
dem sie sich von der schuld des nacbgeborencn geschleehtes über-
zeugt, jene mytben nicht auf, da sie die überhebung des menschlicben
geschlecbts gerade hier in den gewaltigsten gestalten T(H!gebildet
fand, wie sie historisch durch die groszaiitige anschauung des ge-
straften fibermutes des persischen königs hervorgebracht wBr, so
beleuchtete sie nun nach Gervinus bemerkung mit dem einen ge-
danken des überhebens der menschlichen natur wie mit einem licht-
vollen blitze eine menge ihrer alten stammsagen, nnr in einigen
dieser motjve weist, wie schon bemerkt, die vorhandene und nach-
weisbare schuld auf eine frühere zurück, wie z. b. im könig Oedipus.
in den meisten steht die tragische that auch in mythischer hinsieht
ganz frei für sich, überall aber hat die kunst, und dies ist vor
allem festzuhalten, die that des beiden als für sich bestehend und
aus dem freien willen erwachsen aufgefaszt, überall also den men-
schen nur in dem kämpf mit der vernünftigen göttlichen macht, der
sittlichen notwendigkeit, nicht mit einer blinden naturgewalt dar-
gestellt. — Von dieser ersten form des tragischen, wo die indivi-
duelle freiheit mit der objectiven Sittlichkeit ringt, ist sie sodann zu
der weiteren, nicht listhetisch höher aber uns modernen näher stehen-
den fortgeschritten, wo die besonderen gestalten des sittlichen
lebens gegen einander auftreten und der held unschuldig als triiger
des einen princips durch die bekämpfung des gleichberechtigten ent-
gegengesetzten in die schuld verstrickt und ebendadurch zum tragi-
schen beiden wird, eine andere auffassung des tragischen ist auch
für unser bewusztsein nicht möglich. — Ganz im einklang mit der
griechischen tragödie hat Seh. selbst in seiner schrift über das tra-
gische unter dem Schicksal nichts anderes als eine teleologische Ver-
knüpfung der dinge, eine gerechte Ordnung und macht der dinge
verstanden, gleichwol wird in zwei tragödien dem Schicksal aller-
dings eine gröszere Selbständigkeit gegönnt. — -Als er den Wallenstein
schrieb, fand er, dasz der eigne fehler des beiden zu viel an seinem
Unglück, das Schicksal zu wenig thue, da doch die steme des Schick-
sals nur eben in der brüst des beiden liegen können, in der braut
von Messina aber kehrt er die radicale natur jener gewalt noch
deutlicher hervor, thatsächlich ist Wallenstein historisch so durch-
aus 'richtig gegriffen' und von so entschieden tragischer kraft, die
braut von Messina aber eine so anziehende restaiiration , dasz wir
über jene neuerung hinwegsehen und es künftig noch mehr werden,
gleichwol fragen wir, wie kam sie zu stände ? ich glaube, dasz hier-
bei die natur des dichters und die art seiner gi*iechischen studien in
gleicher weise zu erwägen sind, zunächst die natur des dichters : ihr
"War nichts mehr zuwider, als das, was man sehr richtig die verwelt-
lichung der tragödie genannt hat. und wie auch nicht? niemand
hat den festen, groszen, freien willen des menschen, den geschlos-
senen, starken charakter in höheren tönen gefeiert als Schiller, die
grösze und freiheit aber kann natürlich nur an der grösze des geg-
^ers sich messen, wie hätte er seine beiden in eine armselige fehde
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294 Ueber Schülers verhSÜtois zum claseischen altertum.
mit Conventionellen Vorschriften, socialen normen, schlimmen nei-
gungen schicken, überhaupt in die plattheit des alltäglichen lebens
stellen können ? um die ganze kraft des beiden zu zeigen, ward die
ganze majestät der göttlichen macht hervorgekehrt, und so am ende
der freiheit des menschlichen willens zu ehren jene starre und strenge
notwendigkeit auf den thron gesetzt, vor der auch der freiste und
stärkste wille zu nichte wird, damit war geschehen, oder konnte
doch geschehen, was eben nicht geschehen sollte, zwar das grosze
gigantische Schicksal, welches den menschen erhebt, wenn es den
menschen zermalmt, hatte sich eingefunden, um den helden zu zer-
malmen , aber ob es in dieser grösze gedacht auch den helden noch
erheben und vor allem uns erheben kann und nicht vielmehr betrü-
ben musz, wenn wir sehen, dasz für diese unnahbare und unfaszbare
gewalt schuld und Unschuld, freiheit und notYi'endigkeit , bewusztes
und unbewusztes thun zusammenfallen? nicht dasz der dichter die-
sem ziele zugestrebt hätte, aber die eigene natur konnte ihn aller-
dings gerade in dieser richtung weiter führen, als die kunst ver-
stattete, zumal wenn sie durch andere äuszere einflüsso verstärkt
wird, und als ein solcher ist hier die lectüre der griechischen tragö-
die zu bezeichnen, seine griechischen studien traten zeitweilig in
das Stadium einer man könnte sagen stofflichen leidenschaftlichkeit
ein, mit der sein sonst so feines Verständnis der form nicht schritt
zu halten vermochte, so war er geneigt, gerade bei den stücken,
wo die ursprüngliche, herbe fassung des Schicksals noch in der
mythischen grundlage erkennbar ist, in diesem mythischen stoffe
haften zu bleiben und sich in jene starre grösze des Schicksals zu
versenken 5 und indem er so den stoff anschaute, ward er eben darum
des Sieges nicht inne, den hier bereits die kunstform über den stoö,
die tragödie über den mythus, die vernünftige gottheit über die
naturgewalt davonträgt, darüber wird sich am wenigsten wundem,
wer da weisz, welche Schwierigkeiten der analysierenden Wissen-
schaft die tiefe axüage mancher griechischen stücke his in unsere
tage bereitet hat. —
In ganz ähnlicher weise dürfte über die einführung des
griechischen chorszu urteilen sein . j enes fast stofinicbe ergreifen
der griechischen tragödie wirkte auch hierbei mit einem znge seines
inneren zusammen, nur dasz er sich dieser richtung vollkommen be-
wuszt geworden ist. die natnrwahre darstellung, die er Tornehmlieh
Ton den alten gelernt, hatte in ihm niemals die Überzeugung fon
der wtlrde der kunst geschwftcht. je Iftnger je mehr arbeitete <r
innerhalb dmelben dim. schlechten natmäismns entgegen, nicht
die natnr vor die sinne , sondern den geist dar nstnr Ter die ein*
bildnngskraft zn bringen, war, wie er selbst sagt, und wurde mehr
und mehr sein bestreben, er schickt sich an, die illusion absichtlich
zu zetstCbcen, sucht in seinem Qn6rsch5|>flichen geiste nach immer
neuen mitteln der Symbolik, um insbesondere der tragOdie ihren
idealoi boden, ihre poetische freiheit zn wahren« er findet, dasz man
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Geber ScbiUer» Teriiftltois siua clMBiBelie& alteKtum. 295
lurch eiiift^hmiig «iiur metrischen spräche der poetiMhen tragödie
schon um emen groszen schritt näher gekommen seL mit solchen
pltee» trug er sich, als die liebe zu der griechischen weit ihn mit
never keftigkeit anfiel, kein wunder, dasz er in der einfährung des
chors den entscheidenden schritt zur Vollendung jener eymboUk sah
und in der braut von Messina mit seinem beispiel vorangieng. das
Torwort, welche» er jenem stttck yoranachiokti enthlüt nidit nur die
denkbar beste poetische apologie seines yerfahrens» acmdem «ach
eine historisch oder philologisch Tollkommen riditige wttrdiginig des
«ntiken ohors. gkidiwol haben sich kxiiisi^e stünmen gegen die
bereohtigang dieses dnmatiugischen mittels und namentlich gegen
die «rt erklfti, in wekher die anhabe» die er skh selbst gesdhaßn,
▼on Schiller gelöst wird, hatte er auf den nachteil des modernen
didhters hingewiesen, der in ermangelung des chors als yertreters der
idealen reflozion und des lyrisdh-episohtti elemsnts» sich im dialog
Tergessen mttsse und der sprechenden person betraditiingen in den
mxmd an legen gezwungen sei, die nur ein kaltcrmsehaoer anstellen
kfinne, wodoreh ein stillstaad in der handlung und also auch in
nnserem afiele entstehe, so wurde hiergegen gesagt, dass die ver-
gröszerte zahl der darstellenden krSfte nnd £ß eompliciertwe be*
wegtheit des modernen dramas einem erfindsamen dichter ttb«r diesen
mangel hinweghelfen könne, hatte er sich auf den absoluten idealis-
mus der kunst berufen, so unterschied man eben diese kunst, wie
dies z. b. Hoffmeister tbut, und glaubte fttr die moderne charakter-
tragüdie, die sich im innersten getriebe der menschlichen loiden-
scbaft abspielen müsse, des chors entbehren zu können, vor allem
aber masz man den cbor der braut von Messina an Schillers eigener
definition. er selbst hatte schon bemerkt, er habe den cbor zwar in
zwei teile geteilt und im streite mit sich selbst dargestellt, aber dies sei
nur dann der fall, wo er als wirkliche person und als blinde menge
mithandle, als chor und als ideale person sei er immer eins mit sich
selbst. — Während die einen hierin nur die unerfüllbare forderung
sahen, sich den cbor zugleich als cbor und als nichtchor zu denken^
nahmen andere, wie Cholevius, zwar an der parteistellung anstosz,
hoben aber den geringen äuszeren umfang hervor, in dem sie er-
scheine, und wiesen gewis mit recht auf die sonstige volle würde der
tragischen erhabenheit hin, die der chor sich im ganzen verlaufe der
handlung bewahre. — Nicht minder ist der grund, der den dichter
bestimmte, abweichend von seiner eigenen theorie den chor in die
handlung eingreifen zu lassen, gegenständ einer verschiedenen be-
urteilung geworden, man fand ihn zunächst in Schillers Überall auf
die that hin drängendem Charakter, aber schon Humboldt hatte über
subjectiven gemütszug hinaus die objective Ursache entdeckt,
er selbst formuliert in einem hriefe an Schiller die Schwierigkeit
ganz richtig, die ebendadurch entsteht, dasz bei uns neueren alles
notiTiert sein müsse nnd man doch den chor nicht motivieren kttnne,
ohne seinem reinen begriff zn schaden, aber während die einen ans
L-iyiü^ü<j by Google
296 Ueber Schülers Terbältois zum claesischen altertamu
diesem resultat voreilig das mislingen der ganzen absieht folgerten,
kam Humboldt selbst durch gröszere consequenz zu einem ganz
anderen ziele, 'der chor, sagt er, ist wie der himmel in einer land>
ßchaft; es versteht sich von selbst, dasz er da ist, denn jede handlang
geht durch das gerücht schneller oder langsamer ins volk und pro-
saisch ausgedrückt ist der chor nur immer das urteilende volk, die
Achiver, die immer leiden, wenn die könige rasen (quicquid delirant
reges, plectuntur Achivi). auch hier noch mehr strenge zu fordern,
scheint mir moderne unart zu sein, die wieder aus dem leidigen
begriff der illusion herstammt.' wer möchte, wenn sich solche stim-
men vernehmen lassen, das letzte wort sprechen, aber wozu auch?
oder ist es nicht der schönste triumph des genies, durch seine kühn-
beit den Scharfsinn der besten aufzubieten und eine reinere erkenntnis
von den mittein und dem wesen der kunst zu wecken ? nnd es ist
ja die kübnheit des genius als solche nicht allein, vor der wir, wie
überall , so auch hier bewundernd stehn. einen eigentümlichen reiz
gewährt, was man auch sagen möge, die auferstehung, die das antike
hier in sitte, gefühl und ausdruck mitten in einer romantischen weit
gefeiert hat; endlich aber begegnen wir einer Vollendung der lyrik,
die an fülle der ideen, an erhabenheit und anmut der bilder, endlich
an würde des ausdrucks sich dicht neben das antike vorbild stellt
und die begeisterung begreiflich macht, mit der dies einzige, poe-
tische gebilde in Deutschland begrtiszt wurde. —
Wie sich die gesammte moderne historische tragödie an Schiller
anschlieszt, der zwei baupterfordernisse gerade für diuse gattung,
den historischen sinn und die objective darstellung, vornehmlich den
alten verdankte, so rief die braut von Messina trotz des gegensatzes,
in den sich die romantiker zu Schiller stellten, vermöge einer merk-
würdigen ironie der thatsachen gerade jene flut romantischer schick-
salstragödien hervor; und die Müllnersche schuld heftete sich, wie
Gervinus sagt, sogar dicht an den letzten vers des Schillerschen
stflckes an. freilich bat sich die stoffliche , unfeine nachahmung in
ihrer Inst am überbieten auch hier nicht verleugnet, und der verruf,
in den das fatnm gekommen, ist ganz besonders den romaatikeni
anf die rechnung zu setzen. ^
Es bleibt noch übrig von dem einflösse zn qmchen, den die
elaanaehaii stndien anf Sdiillers wissenschaftliehe thStigkeit
gehabt liaben. seine selbstbewoBite art der aneignung fremden
etoifes liesz ihn gerade hier su bestimmten, auch fir die forscbung
deatlidi lieraiin^riiigeiideB xetnltaten gelangen. — Oleichwol man
ioh wegen des vmfangs, im andi diese Hbmieht gewinnm wttrde»
davon abselm, das einzelne nllier m betesehtoiu es würde sieli dabei
«ne doppelte Verwertung antiker ideen Mstellen lusen, sie sind
znnSchst fttr ilm andi hier wiedemm das mittel geworden, den
wissensehaftlidien stoff zu Teranschanlieben, er benutzt daber aacb
hier den mjthus, vielleielit nirgends treffUeber ek im eingang dsr
sehrift ^flber anmnt nnd wUrde* nnd in der abhandiong aber das er-
. Digitized by Googl
B. Suphan: Herders sämmtiicbe werke.
297
habene. er exemplificiert mit antiken Institutionen , lebeusnormen,
Charakterzügen, sodann aber bilden jene antiken ideen und for-
schungen auch den zweck, das object seines Studiums, und zwar
geht er nicht nur bei den praktischen künstlem sondern auch bei
den theoretikern und pbilosophen in die schule, um gestützt auf die
beobachtungen , die er an alten kunstvverken selbst machte, und an-
knüpfend an die wissenschaftlichen lehrsätze, namentlich des Aristo-
teles, die ästhetischen grundbegriflfe , das wesen der poetischen gat-
tungen , endlich den unterschied der antiken und modernen bildung
immer tiefer zu ergründen, die resultate, zu denen er hier gelangt
ist, sichern ihm nicht nur in der Wissenschaft vom schönen sondern
auch in der geschichte der griechischen litteratur seine stelle, ein
merkmal aber, das sehen wir, kennzeichnet die gesammtheit seiner
cJassischen studien. überall bat er in der antiken cultur die blei-
benden, allgemein menjjchlich gültigen demente erkannt, von den
nationalen schranken befreit, zu reineren gestalten fortgebildet und
eine ceae Verbreitung derselben vermittelt. — Einer solchen thätig-
keit wird niemand das prädicat der grösze versagen. —
I^OBDHAUSEN. CarL ScHIRLITZ.
25.
HBBDEBB SXlIllTLICHE WERKE. HERAU86B0EBEN VON BERNHARD
B UP HAH. BD. 1. 2. Berlin Weidmannsohe buchhandlung 1877.
Als Lacbmann im jähre 1838 seine kritische ausgäbe der
Schriften Leasings veranstaltete, rief dieses ein allgemeines erstaunen
hervor, hier wurde einem deutschen Schriftsteller dasselbe recht
zugesprochen, dessen man bisher nur die alten classiker gewürdigt
hatte, gesammtausgaben unserer schriftsteiler waren vordem nur
das werk der buchhöndler gewesen, die im günstigen falle noch
einige litterarische freunde des verstorbenen zu hilfe genommen
hatten, um nach eigenem ermessen das zusammenzustellen, was man
ungefähr für den hauptausdruck seines Schaffens erachtete, es kam
nicht darauf an, den Schriftsteller in seinem allmählichen werden
nach den verschiedenen phasen seiner entwickelung hin zu verfolgen,
sondern ein möglichst abgerundetes bild seiner classioitBt zu geben;
nicht für das tiefere Studium unseres geistigen lebens, nur zum
ästhetischen genusse waren jene ausgaben bestimmt, so wurden
denn Jugendarbeiten, polemische Schriften, deren stark individueller
ausdruck dieses bild ruhiger classicität störte, unbedenklich ge-
ändert, verktUrzt oder ganz weggelassen, dazu kam, dasz man den
trat in der sorglosesten weise behandelte: man tlberliesz die revision
desselben meist dem buchdrucker, und so haben sich z. b. bei Ooethe
imd Sobiller eine grosze menge der sinnlosesten druckfebler m»
genistet, deren anfsnchung unserm Heinrieb Dttntzer manche schwere
K. Jahxl). f. phU. o. pftd. U. «bt. 1878. hfl. 5 u. 6. 80
Digitized by Google
29S B. Suphan: Herders sämmtliche werke.
stunde bereitet hat. Lachmanns verdienst bleibt es , zuerst dieser
yersündignng an unsern classikern ein ziel gesetzt zu haben, und
wie sehr die kritisch sorgfältige behandlung der ausgaben dem
Schriftsteller selbst za gute kam , zeigt am deutlichsten das beispiel
Leasings, seit dem erscheinen der Lachmannschen ausgäbe hob sich
das Studium desselben in auffallender weise: man trat mit ganz
anderem gefühl an einen Schriftsteller, den ein philolog ersten ranges
80 achtungsvoll behandelt hatte, besonders auf den schulen wurde
dies sichtbar, selbst alte philologen, die bisher die deutsche lectüre
nur als müszigen Zeitvertreib beachtet hatten, lasen jetzt die Schriften,
welche durch des kritischen meisters Lachmann arbeit ihrer Sphäre
näher gerückt waren, und mit sichtbarem fortschreiten bürgerte sich
die lectüre Lessings im unterrichte der höheren schulen ein. aus
den Schulprogrammen läszt sich nachweisen, wie seit dieser zeit
Lessing einen immer festeren platz in der schule gewonnen bat: er
war gewissermaszen neu erworben für den Unterricht.
Nach Lachraanns vorgange haben wir zunächst die Schiller-
ausgabe Karl Gödekes erhalten; mit Goethe hat Bemays den anfang
gemacht, und aus den wurzeln dieser Studien ist schon eine reiche
zahl litterarhistorischer abhandlungen aufgegangen, die uns viele
punkte im entwickelungsgange jener dichter in ganz neuem Hellte
gezeigt und ein viel eingehenderes und sichereres yerständniä ihrer
Schriften vermittelt haben.
Wenn nun irgend einer unserer groszen classiker einer kriti-
schen ausgäbe bedurfte, so ist dies Herder, freilich haben wir eine
stattliche gesammtausgabe seiner werke, veranstaltet unter den
auspicien seiner gemahlin, der treuen, verständnisvollen gefUhrtin
seines lebens, von männem, die wol berufen schienen zu solcher
aufgäbe, einem Ch. G. Heyne, Joh. v. Müller, J. G. Müller — und
doch, wie wenig entspricht gerade diese Sammlung den anforderun-
gen, die wir an eine gesammtausgabe der Herderschen Schöpfungen
zu stellen haben! die herausgebergingen von dem gedanken aus,
das geistige bild Herders in seiner Vollendung vorzuführen, ihn als
den groszen classiker uns zu zeigen, nicht sein allm&hliches ent-
stehen, seine durchbildung zu demselben darzustellen, der unglück-
lichste gedanke war zunächst der des schematisierens : man risz
Herders werke in drei grosze abteilnngen aus einander und fahrte
somit den leser gleich darauf hin, ihn nnr im bruchteil zu gemessen,
natürlich fand die schönwissenschaftliche abieilung den weitesteü
leserkreis , geschichte und philosopbie schon einen besohritiktereny
und die abteilung *zar tbeologie' blieb nnr fOr fachmltainer aufge-
spart, aber aucb in der anordnung innerhalb der eioE^oi abtolim*
gen wnrde nadh bestimmiem scbema willkflrlich Terfahren: man
stellte ohne rüeksielit auf dironologische Ordnung das Torwandte
2n6ammen, nnd selbst abbaadlnngen, die organiseb zasammenlihi^en
nnd unmittelbar aiif einander hinwiem, wurden anseinandergerisaeii,
weil die eine bier, die andere da dem titel naeb seitenstttdce fand.
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B. Suphan: Herden sftmmtliche werke. 299
endlich die kritik des textes selbst war eine durchaus willkttrlicho.
aUzuherbe Suszernngen und urteile - und wie viele der art finden
sich bei Herder! — oder auch weitere ausführungen wurden gemil-
dert oder gestrichen; was noch lebenden vielleicht anstosz geben
konnte, wurde weggelassen, und so finden wir lücken im texte,
oder manche andeutung bleibt rätselhaft und unverständlich, weil
der text an anderer stelle vorsichtig abgeschwächt ist. einen begriff
von Herders entwickelungsgange , ein volles bild seines geistigen
Wesens zu geben, ist diese" ausgäbe durchaus unzureichend, und
gerade Herder ist ein schriftsteiler, der nur dann wahrhaft gewürdigt
werden kann, wenn wir ihn in seinen schärfsten und bestimmtesten
eigentümlichkeiten erfassen, gleich in seiner ersten bedeutenderen
Schrift, den 'fragmenten' geht er ins feld gegen die abgeschliffene
classicität: die Originalität bestimmt ihm den wahren wert der
spräche, die idiotismen sind der vorzügliche Wegweiser, das genie
derselben zu ergründen, so war auch sein eigener stil wild flutend,
oft kühn und selbstwillig, aber das treue bild seines stürmisch er-
regten geistes. in dieser Urgewalt müssen wir den jugendlichen
Herder kennen lernen, um zu verstehen, wie erschütternd sein erstes
auftreten, wie bewältigend seine persönlichkeit wirkte, der selbst der
junge himmelstürmende Goethe bewundernd sich beugte.
Wenn es das streben unserer zeit ist, durch ein möglichst tiefes
eingehen in die gründe der erscheinungen ein Verständnis für die
gegenwart zu gewinnen, so erschlieszt sich gerade mit der umfassen-
den kenntnis Herders ein reiches feld, in dem viele der bedeutendsten
erscheinungen unseres geistigen lebens ihre wurzel haben, und dies
feld wird uns erschlossen durch die kritische ausgäbe der Schriften
Herders, welche dr. Suphan in Berlin unternommen hat. auf die
notwendigkeit einer solchen ausgäbe war schon seit längerer zeit
dringend hingewiesen; aber die fordeiung wäre ein pium desiderium
geblieben, wenn nicht unser würdiger altmeister prof. Zacher in
Halle den gedanken energisch erfaszt und zur ausführung gefördert
hätte, durch kaiserliche munificenz wurden die mittel zu den um-
fassenden vorarbeiten gewährt und das erscheinen der ausgäbe in
einer ihrer bedeutung würdigen gestalt ermöglicht; in Bernhard
Suphan aber fand Zacher die geeignete kraft, die ebenso mit kriti-
scher schärfe wie mit warmer begeisterung das schwere werk zu
erfassen wüste, denn eine überreiche fülle von material war zu
bewältigen, der handschriftliche nachlasz Herders, welchen das
preuszische ministerium von den erben desselben zum grösten teil
käuflich erwarb , bot nicht nur die manuscripte fast aller werke aus
Herders reiferer periode , sondern auch aus früherer zeit eine grosze
zahl von entwürfen, vorbereitenden Studien, älteren ausarbeitungen,
sowie späteren nachträgen und abänderungen ; daneben ungedruckte
abhandlungen, welche als verbindende glieder zwischen den einzelnen
schon bekannten abhandlungen zum Verständnis derselben von
groszer Wichtigkeit sind, hier war es die schwierige aufgäbe des
20*
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300
B.^Supbaii: Herders sämmtliche werke.
herausgebers zu sichten und zu ordnen, und nur durch ein treues
hineinleben in die Wandlungen von Herders stil und die gestaltung
seiner handschrift ist es ihm möglich geworden vor allem eine
chronologische Sicherheit zu erlangen, die ausbeute dieser Studien
werden uns hauptsächlich die späteren bände bringen; für den ersten
band war es die schwierigste aufgäbe, die ersten schriftstellerischen
arbeiten Herders ausfindig zu machen, die, meist anonym, in den
*Bigi8cben gelehrten beitragen' und den ^Königsberger gelehrten
nnd politischen Zeitungen' erschienen waren, bei der groszen masse
von w&hlbarem, welche dem herausgeber vorlag, ist dieser mit
lobenswerter mäszigung Terfabren« ^nioht was Herder allenfalls
schrieben haben künnte, sondern was er — falls nicht alle kiitischea
merkmale trttgen — wirklich geschrieben hat' wurde aaiJB^ommen.
ein besonders glttcklicher umstand war es dabei, dasz anabbängig
von Suphan einer unserer tüchtigsten forscher auf dem gebiete der
litteraturgeschichte, prof. R. Haym in Halle zumswecke einer bio-
graphie Herders sich die ermittelung von dessen frtthesten drack-
Schriften zur aufgäbe gestellt hatte, in überraschender weise fand
es sieh, dass beide gelehrte bis auf geringe abweichongen in ihrer
auslese völlig flbereinstimmten.
So sind denn bereits die bdden ersten b&nde der neuen Herder-
ansgabe erschienen^ welche die schnften Herders bis sum jähre 1768
umfassen, die sorgfslt und seh&rfe, mit welcher der nrsprting^Uche
tezt ermittelt nnd hergestellt, die flbersichtlichkeit der conoordanz
mit den ongmalausgaben, der feine taot, mit dem nichts wertvolles
ttberaehen nnd wiedemm jede wertlose anh&nfong TOn Yariaaten
yermieden ist, müssen selbst die strengsten ansprttche hefinedigen.
die anmerkongen sind kurz und knapp, aber es bleibt nichts dunloeles
oder dentsames unberücksichtigt
Der erste band bringt uns die Jugendarbeiten. Herders bis zn
seinem ersten epochemachenden werke, den fragmenten über die
neuere deutsdie litteratur. von den seht nummem die hier gegeben
werden, sind mehrere geradezu neu entdeckt und für die litteratur
wiedergewonnen, sind auch diese jugendwerke Herders im ganzen
von geringerer bedeutung, so erregen doch einige von ihnen immer-
hin ein lebhaftes interesse. so die abhandlnng: haben wir noch jetzt
das Vaterland und das publicum der alten? mit hinreiszendem
Schwünge verherrlicht hier der jugendliche Herder den Patriotismus,
die richtung auf das nationale, die späterhin der hauptimpuls seines
Schaffens wurde, ebenso finden sich unter den recensionen bchon
mehrere, in denen die spätere geistesrichtung Herders in höchst
charakteristischer weise vorgezeichnet ist. das hauptinteresse nehmen
aber die fragmente über die neuere deutsche litteratur in anspruch,
welche die zweite hälfte dieses bandes bringt, schon die entstehungs-
geschichte derselben, wie sie Suphan in der einleitung erzählt, ist
im hohen grade fesselnd. Herder selbst hatte mit der ersten Samm-
lung, die 1767 ohne seinen namen erschien, ein ungewöhnliches
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B. Supban: Herden B&nimtHche werke. 801
anfsehn erregt: schon ein jähr später wurde eine nene anflage
nötig , und Herder arbeitete zn diesem zwecke die erste sammliiiig
Tollständig um. diese nmarbeitang war gedruckt, aber noch ehe sie
der Öffentlichkeit übergeben war, erschien eine böswillige kritik der-
selben in der Hallischen deatechen bibliothek: Kioti hatte sieh ein
exemplar der nenen bearbeitnng anf unrecht mäszigem wege zu ver-
schaffen gewQSzt und suchte nun das buch gleich bei seinem er-
scheinen zu yemichten. Herder ttbte eine scharfe räche: er bewog
den Verleger, das buch überhaupt nicht heranssageben, und so hatte
Klotz die lächerlichkeit begangen ein buch zu recensieren, das ttber^
haupt nicht erschien, freilich muste diese raehe schwer gezahlt wer-
" den; die zweite Umarbeitung blieb dem publicum verschlossen, und
erst nach Herders tode veröffentlichte Heyne dieselbe in der ge*
sammtausgabe» zu einer zeit also, wo sie nicht mehr die unmittelbare
Wirkung ftuszem konnte, wie zur zeit ihrer abfassimg. wollen wir
nun den einflusz bemessen , den diese fragmente gehabt haben , ro
dürfen wir immer nur auf jene erste form ihres erscheinens zurück-
gehen, denn nur in dieser fassung war sie in den bänden des publi-
eoms, und diese durfte also nicht unterdrückt werden, wie dies Heyne
in seiner ausgäbe gethan hat. Suphan gibt daher die fragmente in
der form, wie sie zuerst erschienen, und wir erhalten damit erst den
richtigen maszstab zur beurteilung Herders bei seinem ersten auf-
treten, auch den schlnszabsobnitt der dritten Sammlung der frag-
mente: *ein anhang von einigen Streitigkeiten der litteraturbriefe
mit Elopstock und Gramer* finden wir in der neuen ausgäbe wieder;
Heyne, dem alle Streitigkeiten von grund aus zuwider waren, hatte
ihn ohne^ weiteres weggelassen.
Zu dem ersten bände ist jetzt auch schon der zweite getreten,
er bringt zunächst die oben erwähnte Umarbeitung der ersten Samm-
lung der fragmente , nach Herders manusetipt verbessert, und die
bedeutenden Umarbeitungen und Vermehrungen der zweiten und
dritten Sammlung, die sich in dem schriftlichen nachlasse fanden;
dann den torso über Thomas Abbts Schriften aus dem nachlasse ver-
mehrt um ein zweites stück , sowie eine reihe von Zusätzen und aus-
fuhrungen, die ursprünglich für den torso bestimmt waren, während
diese schrift in der Cottaschen gesammtausgabe unter die geschicht-
lichen werke gelegt wurde, findet sie bei Suphan die richtige stelle
gleich nach den fragraenten, denn an diese schlieszt sie sich zunächst
ihrer inneren natur nach an, während sie zugleich, besonders in den
neu veröffentlichten teilen des zweiten stOcks auf die kritischen
Wälder überleitet und so als das richtige bindeglied zwischen den
beiden ersten epochemachenden Schriften Herders erscheint.
Ueberblicken wir den reichen schätz, welchen uns diese beiden
ersten bände bieten, wie anders, wie viel reicher und voller erscheint
•uns jetzt das bild des jugendlichen Herder! dieser feurig bewegte,
nach allen selten des wissens hin ausstrebende geist wird uns jetzt
erst faszbar, und wir verstehen die mächtige Wirkung, die sein erstes
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£• Kueneii: die deatichea daaaiker.
auftreten heryorrief. somit ist einer unserer groszartigsten geister
waia neue in das leben surfickgernfen» nnd das eingehende Studium
seiner Schriften, zu dem diese ausgäbe uns auffordert, wird nicht onr
in viele einzelnei bisher unbekannte beziehungen klarheit bringen,
sondern auch im groesen und ganien eine fdrdemng unseres geistigoi
lebens schaffen«
Nicht der geringäte anteil wird dabei der sehnle anfallen, dena
wie Herder seine lanfbahn als lehrer in fiiga begann und als ephoro«
der sebulen in Weimar endete, so hat er and^ einen grossen M
seiner geistigen thfttigkeit der pftdagogik zugewendet säoainBiga
entwarf er in grosiartigen umrissen das ideal ein«r scbnloi das ei
spiter in gereiften jaluen zu Weimar bei der reoiganisatioB des
gymnasiums in musterhafter weise yerwerten konnte, eine gaan
reihe seiner abhandlungen behandelt geradezu pädagogisdie fragen,
aber auch in alle den anderen Schriften tritt Herder der lehrer uns
immer und immer wieder entgegen, nadi allen selten hin die bOoii*
sten ziele der bildung und zugleich der erziehung uns steckend, so
werden Herders werke nicht bloss dem lehrer der litteratur von In-
teresse sein, sondern jedem strebsamen lehrer überhaupt als eine
'fundgrube pädagogischer Weisheit' Tielfach anregung und fBrdoruog
bringen.
Die rüstige kraft des herausgebers Ittszt uns hoffen, dasz das
vollständige erscheinen des auf 32 bände berechneten Werkes sich
nicht in zu lange zeit verzögern wird.
Scblieszlich müssen wir rühmend anerkennen , dasz die Weid-
mannsche bucbhandlung durch eine höchst saubere und geschmack-
volle äuszere ausstattung der bedeutsamkeit des Unternehmens rech-
nung getragen bat. der preis ist dabei ein verhältnismäszig so geringer,
dasz die beschaffung des Werkes nicht blosz den lehrerbibliotheken
überlassen bleibt, sondern auch privaten leicht ermöglicht wird.
NOHDHAUSEN. FeRSCBMAIIN.
26.
i>nB DBUTSOHmr olassikeb, bblXutbbt inio qbwGbdiot füb gw-
NA8IBR, BBAL- UHD HÖHBBB TÖGHTBB8CHULBN TON BDUASn
KU B MBH, KÖNIOL. BBIUNAB-OIBBOTOB. 1« bIsDABXH: SOHIL-
UARS WILBBLM TBLL. 71 1. 12. — 2. bXndOHBH: BOBIXiLBBS JOHG-
vntv TOH oblbans. 88 s. IS. Terlag von C. Boemke Gie. In
Cöln. 187T u. 78.
Nachdem bei uns Deutschen in den letzten decennien ein neues
nationales leben erwacht ist, macht sich neben anderen lobenswerten
richtungen, namentlich neben der sorgfältigen erforschung der vater-
ländischen geschichte auch ein höheres streben geltend, der studieren-
den jagend das verstttndnis grosserer am&ngreicherer werke der
deutschen litteratnr zu erschlieszen. dasz der Verfasser yorliegeiuter
i^iyui^cd by Google
£. Kaenea: die deatacheu claasiker.
303
-erläuterangen nun von den in den schulen gelesenen dramen Schil-
lers zunächst Teil bearbeitet hat, scheint in der nationalen bedeutung
dieses dramas überhaupt, sowie in der leichtern Verständlichkeit
desselben und in dem das jugendliche gemllt besonders ansprechen-
den Stoffe wol begrtlndet. was nun die behandlungs weise selbst an-
geht, so musz zuerst der standpunct, den der verf. eingenommen
hat, kurz bezeichnet werden, er hat es sich zur aufgäbe gesetzt,
die studierende jugend methodisch in die dichtung einzuführen,
damit diese ein mittel sowol zur intellectuellen und sittlichen, als
auch zur ästhetischen und nationalen bildung werde, eine kurze In-
haltsangabe soll zunächst den schüler über den ideengang des ganzen
dramas orientieren und so sein intere^se für dasselbe von vornherein
wachrufen, sodann wird auf den inhalt der einzelnen acte genauer
eingegangen, der verf. führt uns durch sämmtliche aufzüge des dra-
mas und betont namentlich jedesmal genau das fortrücken der hand-
lang, er schlieszt sich hierbei, so viel als möglich, an die werte des
dichters an, um dieselben für den schüler nutzbar zu machen und so
Schillers vollendete form demselben in leichtester weise zum eigen-
tum zu geben , ohne jedoch in den fehler zu verfallen , eine blosze
Paraphrase des Schillerschen textes zu liefern, hierauf werden die
handelnden personen einzeln besprochen, ihre ursprüngliche Stellung
und äuszeren lebensumstände , ihr empfinden, denken und wollen,
ihre absiebten und pläne, ihre leidenschaften, die inneren conflicte,
wie sie in der Wechselwirkung zur handlung entstehen und sich lösen,
werden genau beschrieben und bieten das material zur Zeichnung
der Charaktere, nachdem diese sowol in ihrer Sonderheit, wie in ihren
heziehungen zum ganzen erkannt und gefaszt sind , entwickelt der
Verfasser die idee des Stückes, entgegen den ansichten namhafter
litterarhistoriker hält er mit recht fest daran, dasz nicht Teil der
eigentliche held des dramas ist, sondern das schweizerische volk.
ausgehend von der widmung*, womit der dichter die überöcndung
eines exemplars seines Wilhelm Teil an Dalberg begleitete, weist er
nach, dasz er vor allen den glücklichen zustand des harmlosen hirten-
volkes zur anschauung bringen wollte, dieses volk wurde aber ge-
nötigt, zur Sicherung seiner Unabhängigkeit zu den waffen zu greifen,
als Sänger der echten, wahren freiheit, welche die heilsame schranke
des gesetzes ehrt und achtet , als einsichtsvoller denker, welcher be-
reits in beredten werten im Spaziergang und in der glocke den da-
mals so laut sich geltend machenden verderblichen misbrauch der
freiheit verurteilt hatte, ergriff er die gelegenheit, *die schützung
angeborener und ererbter rechte, die freiheit, deren schöne frucht
doch wenn ein volk, das fromm dio lieerdeu weidet,
sich selbst g.enng, nicht fremden guts begehrt,
rlen zwang abwirft, den es unwürdig leidet,
doch selbst im zorn die menschlichkeit noch ehrt,
im glücke selbst, im siege sich bescheidet:
das ist unsterblich und des liedes wert.
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£. Kuenea: die deutsclien classiker,
die mäszigung und selbstbeherschung ist, den ausschreitungen der
französischen revolution entgegenzustellen, muste nicht zu einer^
zeit, wo die reichsidee nur noch ein hohler name war und der tag
von Jena bevorstand, wo der fremde eroberer das reich in trümmer
warf und seinen fusz auf das niedergeworfene Vaterland setzte, muste
da nicht der dichter deutscher freiheit zu einer that schreiten, die
wol eine niederlage auswetzen konnte ? er schritt zu dieser that, die
ein sieg war, in der Schöpfung seines Wilhelm Teil, so, und nicht
anders faszte der dichter den gedanken, ein groszes volksschaaspiel
zu dichten, in welchem alle jene angeführten ideen mit der Tellsage
in einklang zu bringen und zu einer festen einheit zu verschmelzen
waren, diesen so überaus schwierigen punct löste der dichter, wenn
auch nicht vollständig nach den hergebrachten begriffen der kunst
(denn dazu war der an sich verschiedenartige stoÜ nicht geeignet],
aber doch in einer herrlichen weise, was nie ein dichter vor ihm ge»
wagt, auch der unsterbliche Britto nicht, das wagte Schiller in küh-
ner gestaltungskraft. nicht der einzelne Teil, sondern ein gan-
zes Volk wird der held des Stückes.* — hierauf verbreitet der verf.
sich über die locale förbung , womit der dichter den Schauplatz der
handlung ausgeschmückt hat. den worten M. Carrieres über diesen
punct wird noch eine stelle aus den novellen Eudolph Toepffers zu-
gefügt, wodurch die vorwürfe, Schiller habe bei der beschreibwig
der Schweiz zu sehr idealisiert, entkräftet werden, es folgt büh
weiter eine kurze geschichte der entstehung des dramas und angäbe
der haupt quelle desselben, dann die eigentliche geschichte, sowie die
sage selbst, ihre entstehung, entwickelung und ausbau. dasz der
verf. diese puncto erst am Schlüsse erörtert, findet unsem ungeteilten
beifall. wir halten es nemlich ftir entschieden verkehrt, die schüler
mit den äuszeren umständen der entstehung eines dramas u. dgl.
bekannt zu machen , bevor sie in das drama selbst eingeführt sind,
in der angäbe der geschichte, sowie bei den mitteilungen über ent-
stehung, entwicklung und ausbau der sage folgt der verf. den neue-
sten forschungen, wie sie namentlich von G. Meyer von Knonauiu-
sammengestellt sind, hier müssen wir jedoch bemerken , dasz der
verf. das märchen vom Teil zu kurz und nur in parenthese behandelt,
wir verweisen deshalb auf Simrocks bandbuch der deutseben mjtho-
logie 8. 247 ff., wo das erste vorkommen der Tellsage genau nachge-
wiesen und ihre bedeutung erschöpfend gewürdigt wird, den anhang
bildet eine blumeniese der schönsten (35) Sentenzen aus dem dranii*
Denselben methodischen gang hat der verf. in seinen erllnto'
rangen zar j an gf ran von Orleans eingeschlagen, einen besOB-
deren abschnitt widmet er dem vaterländischen in diesem dnntt*
mit recht bebt er hervor, wie der dichter hier als prophet sdneB
Volkes auftritt nnd die erbebung von 1813 in ahnungsvollem geiste
Terzeiefanet. er weist weiter darauf hin, wie diese von vaterllndi-
scbem geist getragene dichtung ebenso wie der Teil nach den tagen
Ton Jena und Tilsit sur entfesselung der preuszisehen Tolkekraftund
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£. Kuenen: die deutschen claadker.
ao5
zur natioBalen erhebung beigetragen bat, und scbliesst mit den wer-
ten: *aucb das deutscbe Tolk hatte seine Johaana. der gcist der
liochseligen kSnigin Louise, der hehren dnlderin, wurde dem deut-
aohen volke, was Johanna den Franken gewesen, dieses grosze weltr
geechiohtliehe drama, welches den kämpf des deutech^n idealismns
gegen den materialismus Napoleonischer eroberungspolitik zum
gegenstände hatte, fand jedoch erst seinen scbluszstein 50 jähre spä-
ter in der feierlichen wiedererweoknng des dentsohen kaisertums in
d^ person Wilhelm I von Freuszen. da wurde im saale von Ver--
sailles die dulderin in ihrem sehne yerherlicht, glfinzend wie die yer-
kllnmg der jungfrau von Orleans in Schillers dichtung.'
Ein überblick des baues des dramas veranschaulicht die den
forderungen der Aristotelischen poetik entsprechende technik des-
selben, ob jedoch der verf. die kenntnis dieser Aristotelischen aus-
einandersetzungen bei allen lesem voraussetzen darf, lassen wir
dahingestellt, die auf die Schilderung der Charaktere folgenden be-
merkungen über entstehung, name, zeit, ort, spräche und vers finden
wir ausreichend für den leserkreis, den der verf. zunächst ins auge
gefaszt hat. auch der abschnitt über die historische jungfrau, dem
eine sorgfältige quellenangabe beigefügt ist, bietet unseres eracbtens
das zum Verständnisse notwendige in ausgibiger fülle, es folgt dann
ein abschnitt über Visionen, zwar finden wir nicht, dasz dieser punct
zum verstänbnisse des dramas unmittelbar beitragt , allein das hohe
interesse, welches die frage nach dem wunderbaren in dera leben der
jungfrau von Orleans hat und welches sich namentlich auch heutzu-
tage der erklärung wunderbarer erscheinungen zuwendet, mag diesen
excurs nicht nur entschuldigen, sondern sogar rechtfertigen, auch
wir stimmen den zum schlusz angeführten worten Hirzeis gerne bei,
wonach 'die historische jungfrau eine glücklich organisierte mit den
edelsten anlagen ausgerüstete persönlichkeit, die zwar menschlichen
schwächen unterworfen war, aber sich rein erhalten hat von dem
schmutze der Sinnlichkeit und Selbstsucht, ein gemüt, kindlich ver-
senkt in jene schwärmerische frömmigkeit, für welche der Vorhang
gehoben ist , der die diesseitige und jenseitige weit scheidet, ein ge-
müt, welches ohne nach rechts und links zu schauen, ganz aufgeht
in dem groszen gedanken, das recht des königs und der freiheit ihres
Vaterlandes herzustellen.' den schlusz bilden sachkundige texterläu-
terungen, zunächst für solche leser berechnet, die ohne lehrer zu der
lectüre dieses dramas schreiten.
Wir schlieszen unsere anzeige mit dem aufrichtigen wünsche,
dasz es dem Verfasser nicht an zeit und musze fehlen möge, sein
unternehmen, der studierenden Jugend bei der lectüre der raeisterwerke
unserer nationalen litteratur ein führer zu sein, glücklich zu ende zu
führen, dasz er ein erfahrener führer und seiner aufgäbe in jeder be-
ziehang gewachsen ist, hat er durch die vorliegenden bearbeitungen
der beiden dramen Schillers bewiesen.
K£MP£M A. ftH. Dr. Bulamo.
Digitized by
^06 B. Leuckart und H. l^itssche: zoologische wandtAfelD.
27.
DR. R. LlUOKART, PR0FR88OR IH LRIPZIC^ WSP 1>R- H. HITZBOHI,
PROnaSOR IM TBARAHO, SOOLOOISOHl WAHDTAFELN ZUM OB*
BRAUCHE AN UHiVRRSiTlTRir UMD SGROLBM. Cassel» Tcrlag TOa
Theodor Jilcher. 1877.
Zwei hervorragende fachmänner — die professoren der Zoologie
Leuckart und Nitzsche — sind damit beschäftigt, ein neues lehr-
mittel für den Unterricht in der thierkunde herzustellen : laut pro-
spect 100 bis 110 teils schwarze, teils farbige tafeln gröszten for-
mates (100 ; 140 cm.), auf welchen die wichtigsten thierformen mit
besonderer berücksichtigung der Organisation und entwicklang dar-
gestellt werden sollen, das ist ein unternehmen , welches von Forn-
herein mit hoher freude begrtiszt zu werden verdient, und zwar
ebensowol, weil es einem dringenden bedürfnisse abhelfen wird, als
auch aus dem gründe, dasz es von wissenschaftlichen autoritäten
ausgeht, die bereits erschienenen tafeln* verrathen schon auf den
ersten blick durch stattliches formatund geschmackvolle ausfübrung,
dasz berausgeber und Verleger etwas brauchbares und schönes zu
schaffen sich angelegen sein lieszen. sie enthalten — und das wird
lant prospect auch bei den Übrigen tafelnder fall sein — teils original-
figuren, teils copieen aus anerkannt guten specialwerken, und zwar
bald naturgetreue, bald schematiiche oder halbschematische dar-
Stellungen; überall sieht man, dasz es in erster linie auf veranschau-
lichung der organisations- und entwickelungsverhältnisse, überhaupt
der charakteristischen eigentümlichkeiten ankommt.
Taf. I behandelt die achtstrahligen corallen , gehört also zum
tjpus: eodenterata; taf.n stellt verschiedene rhizopodendar, beiiÜk
daher den typus : protosoa; taf. III bringt reprftsentant^ der cra-
staoeen, also des typus: arihropoda. hieraus erhellt — und es ist
dies im prospect noeh besonden ausgesprochen — dasz die tafeln
nicht in systematisdier reihenfolge er^einen.
Um den inhalt der taföhi etwas weiter sn detaillieren » an tat
m als beispiel gewShlt. auf derselben finden wir in virar Bgma die
gemeine wasserassel (asellns aquations) dargestellt: fig. 1. mlon-
chenk Ton oben gesehen mit eingeseiehnetem centralnerTen^ystem.
fig. 2. Weibchen Yon der Seite gesehen mit sSmmtlidien gliedmasm
und eingeseiehnetem henen. Sg. 3. siemlich weit entwkhelter emr
bryo. fig. 4« querschnitt durch den kitrper eines Weibchens auf der
höhe des 3n hmstringes. zwei weitere figuren bekeffan die rauhe
kellerassel (poreeUio seaber), nemlich fig. 6 ein Ton oben gesehensB
thier mit eingeseiehnetem darmkanal nebst leberschlftaehen, fig. 6
ein von unten gesehenes weibchen mit bmttasdhe.
AUe figuren «ind — das verdient im hinblick auf den dtdakti-
* dem reC sind bis jetst die eitlen drei sagegangen und er bebSlt
sich Tor, Uber die folgenden von seit sn seit an berichten.
\
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A. Dronke: leiifiMlen für den Unterricht in der geographie. 307
gehen zweck der tafeln besonders hervorgehoben zu werden — so
grosz und deutlich , dasz ihre einzelheiten in einem hörsaale oder
einer classe Ton gewöhnlicher grösze noch von dem, letzten sitzen
aus wahrgenommen werden können.
Zur erläuterung ist jeder tafel ein kurzer tezt in deutscher,
französischer und englischer spräche beigegeben.
Der preis soll so geötellt werden, dasz für abnehmer des ganzen
Werkes die tafel je nach der Schwierigkeit der herstellong etwa 80
pfg. bis höchstens 2 m. kosten wird.
Wir wünschen dena dankenswerten unternehmen den gedeih-
lichsten fortgang. Helm.
28.
DB. A. DBOMKB, BSAL80H0LDIRB0T0B IN TRUSB, LBITPADBV fOb DBR
UMTBBBIOHT IN DBB OBOOBAPBIB AM HÖHEBBK LBHBABBTALTBH.
Bonn, Weber. 1877. catm l (sexta) 84 e. enrrai 11 (qninta) 106 i.
COTSOB III (qnarta) 104 «. cnxras lY (uotettertia) 174 s.
Das werk zählt zu den guten geographischen handbüchem.
der stoff ist auf allen stufen geschickt ausgewählt und übersichtlich
gegliedert, überall tritt-das terrainbild als das fundamentale in der
geographie in den Vordergrund; fast durchgängig werden die ursach-
lichen beziehungen der geographischen Verhältnisse erörtert oder
doch wenigstens angedeutet; nur bei den groszen städten vermiszt
man ungern den hinweis auf die physischen factoren, die das empor-
kommen derselben bedingten, wie sich gebührt, sind die stüdte
meistenteils nach physikalischen gesichtspuncten geordnet, zum teil
aber auch — namentlich im IV. cursus — mit etwas zu viel notizen
über allerlei merk Würdigkeiten und dgl. bedacht, die in dieser aus«
dehnung unmöglich didaktische Verwertung finden können, nichts-
destoweniger verdient aber der leitfaden warme empfehlung ina-
besondere für realschulen, für die er in erster linie berechnet ist.
die Verteilung des stofifes ist folgende: der erste cursus, für sexta,
Terdentlicht die allgemeinsten begriffe aus der mathematischen und
physikalischen geographie und bringt auszerdem noch die grundzüge
der oceanographie, sowie die demente der horizontalen, verticalen
und hydrographischen gliederung der fünf erdteile. durch arbeitung
des Stoffes aus der mathematischen geographie verlangt hier der
Verfasser auf alle fälle, das übrige kann gekürzt werden^ da das-
selbe auf den nächsten stufen wiederkehrt, der folgende cursus, für
quinta, ist den auszereuropäischen erdteilen gewidmet, horizontale
ghederung, oro- und hydrographie derselben werden hier ausführ-
Ucher dargestellt; besondere abschnitte über klima, production, be-
wohner, Staaten und städte treten noch hinzu, da nach des Verfassers
Uisicht von quinta ab die zeichnende methode beim geographischen
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308
Ad Popnlom Gennanieiim.
imterTiclite in anwendung gebracht werden soll, so sind schon hier
in den abschnitten über horizontale gliedemng anhaltepuncte für
dieselbe insofern gegeben, als auf die unter gleichen meridianen
und parallelkreisen liegenden puncte vom verf. besonders aufmerksam
gemacht wird, noch mehr tritt dies im dritten cursus, för quarta,
hervor, der sich mit der physischen geographie Europas und mit der
politischen geographie der europäischen Staaten nicht germanischer
bevölkerung beschäftigt, hier werden z. b. zur genauen bezeichnung
der läge Europas nachstehende data angeführt; 'die drei in das
Mittelmeer sich erstreckenden halbinseln Europas — die Pyrenäen-,
Apenninen- und Balkanhalbinsel — liegen ziemlich unter gleicher
breite mit Kleinasien, Turkestan, dem nördlichen Korea, dem japani-
schen meere, Nordcalifornien und den nordöstlichen küstenstaaten
der vereinigten nordamerikanischen freistaaten. das mittlere Deutsch-
land liegt unter gleichem breitengrade mit den quellen des Ob und
des Jenissei im Altai, dem tatarischen sunde, der südspitze Kamt-
schatkas , der insel Vancouver, dem südende der Jamebbai imd der
nordküste der insel New-Foundland. der nördlichste teil Scandi-
naviens, der Obibusen, die mündung des Jenissei, die nördlichsten
teile des nordamerikanischen continents (Barrowspitze) und das mitt-
lere Grönland befinden sich ebenfalls gleichweit vom nordpole ent-
fernt, derselbe meridian geht durch die östliche hälfte Islands und
das cap des grünen Vorgebirges ; es liegen Irland , die Westküste der
PyrenÄenhalbinsel mit dem westlichen Marokko, ebenso die ostküste
Scandinaviens , der golf von Tarent mit der westlichen grenze der
groszen Syrte und dem cap der guten hoffnung je unter gleicher
länge*, die 'geographischen Zeichnungen' Drenkes (3 lieferungen
5 mark 25 pf.) geben näheren aufschlusz darüber, wie Drenke die
construierende methode im erdkundlichen unterrichte gehandbabt
wissen will, noch sei bemerkt, dasz verf. bei der einteilung der
deutschen mittelgebirge von der herkömmlichen weise insofern ab-
weicht, als er vier gruppen derselben unterscheidet: die rheinischen j
mitteldeutschen, die norddeutschen und die östlichen gebirge. diese
einteilung ist aber im vierten cursus nicht festgehalten worden, in
diesem letzten hefte ist die physische und politische geographie vom
germanischen Europa enthalten. 0.
29.
AD POPÜLüM GERMANICÜM.
Menae-ionio a. MDCCCLXXVin.
Galli tmnentis lobora aon tein«!
devieit armis nata Thuiscone
gens flava: quid prosnnt triumphi?
quid tituli memores? quid altae
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Ad Popalum Geimanicunu
Aeris columnae? quid spoliorum onas
insigne? frustra, credite, vicimaSy
nostis subacti dum farentes
moribua obseqnimiir seelestit.
Ab! qniB yaganti frena licentiae
imponet? anri quis reprimet famem^
nunc omnia audentem nec ullo
flagitio Taeaam? quis aestns
Pravae domabit luxuriae impios?
quando nefandis, quae patriam premont,
dissensionibus levatis
eiTibaa una aderit voIuDtas?
Heu! civium amens quo rapuit furor
Mentes dolosis artibus obrutas?
iam patriae augnsti parentis
tela petunt scelerata pectus.
Heu, heu nefaa! qno nil melliia dedit,
nil malus orbi nec generosius
numen benignum, Quilielmum
▼ulneribus lacerat cruenta
Manns latronum, turpiter inquinaiu
olim probatam Teutonibns fidemr
iamiain trinmphat quisquis amplam
invidet Imperio salutem.
8io laadem honestam polluimns patrnm
Ipsiqne nostro crimine labimnr;
ig^ava 81 Virtns seneseitf
turpe viget vitiosa CuJpa.
Pellas nooentam, qua premeris, Inem
nunc, Tentonnm gens, ne moyeas ioeot
dulcesque vicinis cachinnos,
ipsa struens patriae ruinam.
Ergo deeoram quid quid et est bonuni
feeuae gande. carpe iter affperam,
qno dneit incornipta Virtns:
daloe ferent pretinm labores.
Haee Bi lubenti mente peregeris ,
quae nunc agant te , terga dabnnt mala:
mos Int redibit Paxqne Honoiqoe et
aloift Ildes Pietasqne Baaotai.
Et quod faventes dulce ducis caput
tesero divi, gens pia, coneinas:
inviota Caesar, ter qnaierqiie
maete, deeae eolnmenqne nostrnml
Fbidbbious KoLDBwar,
Gkielferbytannf.
310 Philologische prognunme deutscher höherer lehranstalten.
(16.)
PHILOLOGISCHE PBOGBAMME DEUTSCHER HÖHEBBB
LEHRANSTALTEN.
(fortseUaog.)
Fbeienwalde a/0. ttftclt. gymnasium. 11 lehrer, 6 classen, 231
und 216 Schüler, 6 abit. — Dir. dr. Kopp: 'charakteristidcbe stellen
an« rSmisehen dichtem in freier flbertragDiig\ rerf. fibeieetst CM
III. Vergil Georg. II 468— 638. Horat. epi»t. XVI 1 — 14. carm. 1 2.
III 13. I 1. Ovid fast. Y 67—72. U 196—242. trist. I 2, 19—62. lU 1«,
1 — 60. amor. I 16.
KÖaiesBKBO tn NM. Friedrieh-Wilbelms-gymnasiom. 7 clsssen, 12
lehrer, 812 Schüler im sommer, 209 im winter, 8 abitnrieiiten. — AAk
handlung des dir. dr. C. W. Nanck: 'Vergil. Aen. II 1 — 401'. der ge-
lehrte herr verf. , jedem philologen durch seioe zu vielen malen aufge-
legte aasgabe der öden und e|K>deii des Horatius bekannt, gibt in dem
▼orliegesdeB progrAmm ein speeimen einer VergilerUtnuig, die hoffwl-
lieh Bttr der fonrier einer ausgäbe der Aeneis sein soll, die, ansstodisB
nnd nnterricht hervorgegAUgen , sich ebenbürtig an die Seite der aus-
gäbe der lyrischen gediehte des Horatius setzen würde. wenn wir
einige bemerkungen machen, so sollen das Tielmehr fragen als versuche
sein, den bekannten gelehrten sa meistern, ref. setst mm ende fos
Ters 8 ein punctum, warum? Gossran und Ladewig wihlen daseommt.
verf. verschmäht den von Ladewig nach incipiam gemachten absatt,
aber sollte es, wenn auch in medio uersu, nicht angemessen sein? 19
wäre für scbüler caeco lateri zu erklären gewesen. 26 muste der aas-
fall der copula snmns erw&hnt werden. 80 wird dasses Tortrefffieh doreh
Bchiffsgeschwader erklärt. 34 würden wir den äoloM näher erklärt wün-
schen, in 90 war wol pellex zu erläutern, dies sind einzelheiteo,
welche dem ganzen nichts von seinem werthe nehmen, eine ansgabe
der Aeneis in der weise, wie das vorliegende specimen sie ankündigt,
wird gleichen erfolg haben, wie die Horatinsnnsgabo. möge sie oiekt
m lange anf sich warten lassen.
(forteetsnng folgt.)
BABTWBTBni» H. E. Bbhiokd»
(14*)
PERSONALNOTIZEN.
(Unter mitbenutzung des 'centralblattes' von Stiehl und der 'seit-
Schrift ffir die Ssterr. gymnasien*.)
BraMsranteB, befSvieraogen, verMtenafra« nnwielinnBgen»
▼.Bamberg, dr. , Oberlehrer am Joaehlmsthal. gymn. in Berlin, sssi
director des gymn. in Eberswalde ernannt.
Bernd t, dr. prof., studiendirector der cadettenanstalt in Dresden , si^
hielt das ritterkreuz I cl. des sächs. Albrechtordens.
Buchwald, dr. , als director des zum gymn. erweiterten progymu. is
Ffirstenwalde bestätigt.
Becker, dr., ord. gymn.-lehrer. in Nenss, an das gjrmn. an Trier sls
Oberlehrer versetzt.
£llendt, dr., oberl. am FriedricbscoUegiam in Königsberg, als 'p'*^
fessor' prädiciert.
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Penonalnotizeik.
311
Honrath , ord. g7mn..-1ehrer za Qlückstadt, an das gymn. zu Haders-
leben als Oberlehrer verseUt.
'Heid rieh, oberl. am gymn. in Nakd, 'profettor* pridieiert
Haperz, dr., ord. lebf«r am gyimi. bk Coeifald, lam Oberlehrer bo-
fördert.
Häppe« dr. prof. am gyron. in Coesfeld, erhielt den prensz. 'rothen
adlerorden III cl. mit der sehleife.
Kselen, dr., g7mii.-lehror in Coblens, an das gymn. an Düren als
Oberlehrer veraetzt,
Krehl, dr. ord. prof. u. oberbibliothekar der nniy. Leipzig, erhielt das
ritterkreuz I cl. des sächs. Verdienstordens.
dttMesnil, dr., oberl. am gymn. an Qhiesen, in gleicher eigensebmft
an das gymn. tn Frankfurt a. O. versetzt.
Müller, dr., prof., rector der fürsteoschule Orimma, erhielt das ritter-
kreuz 1 cl. des ßächs. Verdienstordens.
Nerrlich, dr., ord. lehrer am Askan. gymn. in Berlin, zum Oberlehrer
befördert.
NSIdecke, dr. , director der höhem t'dchterschnlo In Leiptig, erhielt
das ritterkreuz 1 cl. des sächs. Albrechtordens.
Pappen heim, dr., oberl. am KöUniscbeo gymn. in Berlin, als 'pro-
fessor' prädiciert.
Pseeh , dr., ord. lehrer am gymn. m Cottbus, zum Oberlehrer befördert.
Psniy, Franz, direetor des gymn. In Eger, snm direetor des I real-
gymn. in Graz ernannt.
Peter, dr., prof , rector der flirstenscbnle Meissen, erhielt das ritter-
kreuz I cl. des sächs. Verdienstordens.
Qnade, ord. lebrer am gymn. sn Inowraslaw, als 'Oberlehrer' prädieiort.
Bssmas, dr. , gymnasialoberl. an Frankfurt a. O., snm direetor des
gymn. in Brandenburg ernannt.
Ritter, dr., adjunct am Joacbim8tbal*gymn. in Berlin, zum Oberlehrer
befördert.
Sehlie, dr., ord. lehrer am gymn. in Sohwerin, snm direetor der
groszberzogl. kunstsaronilungen ernannt.
T. Siebold, dr., ord. prof. der nniv. MUnehen, erhielt den pr. krönen*
orden I cl. mit dem stern.
StSssner, dr. prof., director der realscbule I o. zu Döbeln, erhielt
das ritterkrena 1 ol. des iäehs. Albrechtsordens«
Trend elenhurg, dr., ord. lehrer am Askan. gymn. \ Oberlehrern
in Berlin, > v.««j*«4
Wald, dr., ord. lebrer am gymn. in Wandabeck, J
Weddigen, dr., ord. lebrer y. d. groezherzogl. realsehnle In Sohwerin,
am gymn. in Hamm angestellt.
Windscheid, dr., ord. prof. der univ. Leipzig, geheimrath, erhielt
das ritterkreuz I «1. des sächs. Verdienstordens.
Gestorbent
T. Baudissin^ graf Wolf, bekannt als literarhistoriker n. Übersetzer,
87 jähre alt am 6 april in Dresden, ('über Ben Jonson und seine
sehnle.»)
Behn, dr. prof., prUsident der Leopoldo-Carolinlscben akademle, am
16 mai in Dresden.
▼•Bibra, freiherr Ernst, namhafter reiseschriftsteller o. naturforscher,
am 4 Juni in Nürnberg, 72 jähre alt.
Bogen, dr., director des gymn. In Dfiren.
Boenges, director der fortbildungsanstalt fUr jüngere kaaflento in
Leipzig, 4 juni in Plagwitz bei lieipzig, 49jährig.
▼.Etti nghausen, freiherr Andreas, berühmt als pbysiker u. mathe-
matiker, 82 jähre alt in Wien, am 25 mai.
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312
Denkmal für Julius Oäteadorf.
Farbiger, dr. Albert, cooreotor emer. te Leipziger Hikalaiichiile,
80 jähre alt In Dresden am 11 mta. (handboeh der alten gee-
graphie.)
Henry , Joseph, prof., director der Smithsonian-institution i|i Washington,
starb daselbst 80 jähre alt am 13 mai.
Kfihner, dr. Raphael, prof. n. reetor emer., besonders bekannt durch
seine latein. VL grieeh. grammatik, starb in Hannover am 16 aprU
76 jähre alt.
Lohrs, dr. K. , ord. prof. der class. philo!, in Königsberg, starb am
9 juni 76 Jahre alt.
Mahl, stndienlehrer an der lateinsehnle In Lohr a. M.
T. Mayr, 'Julius Robert, der berühmte entdecker and begrUnder der
mechanischen wärmetheorio, starb 64 jahro alt am 20 nirs in
Heilbrunn.
Preller, Friedrich, ein meister historischer landschaftsmalerei, starb
am S8 april in Weimar 78 Jahre alt (die Odysseelandsdiaftin*)
Bossel, John Earl, staatsminister* zu wiederholten malen der leiter
der englischen politik, stflrb 86 jährig am 28 mai.
Senbert, dr. , geh. hofrath, prof. der naturwissenschaften su iüurls-
ruhe, am 8 april.
Stfirmer, dr., oberl., prof. am gjmn. in Bromberg, starb 49jihrig am
21 mai.
Teuf fei, dr. Sigismund, ord. prof. der univ. Tübingen, starb daselbst
67 Jahre alt am 8 märz. (namhafter philolog, arbeiten über Aescbj-
los, Aristophanes, Horas, über röm. litteratorgeschichte n. s. w.)
Wolters, dr. Albreoht, ord. pro£ der theoL an der noir. Halle, 66 jähre
alt am 80 mXrs.
DENKMAL FÜß JULIUS OSTENDOBF.
Im Sommer des vorigen Jahres schied der realschuldlirector Julius
Ostendorf ans dem leben, ein mann, der dnreh die reinbeit nnd selbst-
loeigkeit srtnes wirkens, durch seine nnermüdliohe hingäbe an den be-
ruf, vor allem aber durch sein unablässiges streben, das höhere schal-
wesen den aufgaben und bediirfnissen unserer zeit und unseres Vater-
landes entsprechend gestalten zu helfen, in den weitesten kreisen
Terstlndnis und anerkennung gefunden hmi.
In der Stadt, wo Ostendorf am lüngsten seine Wirksamkeit bat
entfalten können, in Lippstadt, hat sich ans wenicren seiner vielen Ver-
ehrer ein comite' gebildet, das sich die aufgäbe gestellt hat, dem vex-
dienstvoilem schulmanne ein würdiges denkmal zu setzen.
Dnrdidmngen ron der hohen bedentung der von Ostendorf ge-
geb«ien anregnngen richten die unterzeichneten an die gesinnnngs-
g'enosRen in der dentschen lehrerschaft und anszerhalb derselben die
bitte, beizusteuern zu dem beabsichtigten ehrenmale für Ostendorf und
80 der donkespflicht mitzugenügen, welche das deutsche volk einem
seiner bedeutendsten .sehnlmSnner sehnldet. .
Zar entgegennähme Ton beitrSgen erklären sieb die nnteneieh-
neten gern bereit.
dr. Friedländer, director der realscbule des JohaDoeums zu Ham-
burg; Giesel, director der realschule I o. zu Leipzig; F. Kreyssigt
director der W5hlersehale (realscnle I o. nebst bandelsschule) zu Frank-
furt a*M«; Krumme, director der städtischen realschule lU Brami*
schweig; dr. Max Strack, professor, Berlin.
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ZWEITE ABTEILUNG (118a BAND)
sette
22. Zur methode des lateinischen elementarunterrichts auf
i dem g-ymnasium. von H\ Fries in Barmen 217 — 240
23- f. Klaucke: aufgaben zum übersetzen aus dem deutschen
V. ins lateinische für secunda in genauem anschlusz an die
^ g^rammatik von Ellendt-Seyffert und an die lateinische
lectüre (Berlin 1875). zweite aufläge unter dem titel:
^ . aufgaben zum übersetzen aus dem deutschen ins latei-
' nische für obere classen (Berlin 1877). — Uebungen zum
übersetzen aus dem deutschen ins lateinische für unter-
secunda (Berlin 1877). angez. von W. Gebhardi in Mese-
ritz 240—255
(11.) Kritische notizen zu den beschlüssen der Berliner ortho-
• graphischen conferenz. von P. Didolff in Mariaweiler
bei Düren (Schusz.) 256—268
24. Ueber Schillers Verhältnis zum classischen altertum.
Vortrag von C. Sckirlitz in Nordhausen 268—297
26. J5. Supkan: Herders sämtliche werke (Berlin 1877).
a.ng'ez. von Perschmann in Nordhausen 297 — 302
26. JCuenen: die deutschen classikcr, erläutert und ge-
g würdigt für gymnasien, real- und höhere töchterschulen, »
I 1. bändchen: Schillers Wilhelm Teil. 2. bändchen:
ScHillers jungfrau von Orleans (Köln 1877. 1878). angez.
< von liuland in Kempen a. Rh 302—305
27. R. Zteuckart und H. Nitzsche: zoologische Wandtafeln
zum gebrauche an Universitäten und schulen (Cassel
1877). angez. von Helm 306—307
28. y^. Dronke: leitfaden für den Unterricht in der geographie
an höheren lehranstalten. angez. von 0 307 — 308
29. Ad. Populum Germanicum. von F. Koldewey .... 308 — 309
(16.) Philologische programme deutscher höherer lehranstalten
von -K. H. ßenicken in Bartenstein, (fortsetzung) . . 310
(14.) Personalnotizen 310—312
Im Verlage von Riehard Mühlmann in Halle a/S. ist soeben er-
schienen :
Krohll^ A.^ Zur platonischen Frage. Sendschreiben an Herrn*
Prof. Dr. E. Zeller. Gr. 8. Brosch. 3 Jt 60 \
Von demselben Verfasser erschien früher:
Studien zur Sokratisch-Platoniachen Literatur. Band L Der
Platonische Staat. Gr. 8. Brosch. 9
♦
Sokrates und Xenophon. Gr. 8. Bro8ch. 4 JC 50 \ 'i
m
Bei Wilh. En^elmann in Leipzig erschien soeben und ist dorcli
alle Buchhandlungen zu beziehen:
Encyclopädie, Methodologie und Literatur
der Pädagogik
von
K. V. Stoy,
Dr. theol. und phil., ord. Honorarprofessor a. d. UniverMtät Jena.
Zweite umgearbeitete und vermehrte Auflage.
Mit einem vollständigen Sachregister,
gr. 8. Brosch. 8 Jt
Bei S. Hlrzel in Leipzig ist soeben erschienen:
Leipziger Studien
zur
classischen Philologie.
Herausgegeben ^
von
6. Curtius, L. Lange, 0. Ribbeck, H. Lipsius.
Erster Band.
1 . Heft. gr. 8. Preis 5 JC '
Mit dem vorliegenden 1. Hefte beginnt ein Unternehmen, welches
als eine Sammlung kleinerer Schriften aus dem Gesammtgebiete der
classischen Philologie charakterisirt werden kann.
Den Kern der Sammlung sollen ausgewühlte philologische Doctor-
dissertationen der Leipziger Universität bilden, denen sich gelegentlich
Preisschriften, Habilitationsschriften und kleinere Mittheilungen ans
dem philologischen Seminar, wie aus verschiedenen wissenschaftlichen
Gesellschaften Leipzigs anschliessen werden. Ausserdem behalten ^
Herren Herausgeber es sich vor, eigene Beiträge hinzuzufügen.
Die „Leipziger Studien" werden in zwei Heften jährlich erscheinen,
die einen Band bilden. Der Preis des Heftes wird nach dem Ver-
hältniss der Bogenzahl 4 bis 6 betragen.
Subscriptionen werden in allen Buchhandlungen des In- und Aut-
landes angenommen.
ZWEITE ABTEILUNG
FÜB GYMNASIA1PÄDA60GIK UND DIE ÜBBIGEN
LEHRFÄCHER
MIT AU88CHLUSZ DEB CLA88I80HSM PHILOLOa»
aXBAüSOBeBBBN TON PROF. DB. HbBMAHV MAaiUS.
(22.)
ZUR METHODE DES LATEINISCHEN ELEMENTAE-
ÜNTEßßlCHTS AUF DEM GYMNASIUM.
(schloBi.)
Folgen wir nun dem schüler zur zweiten stufe des lateinischen
Unterrichts, in der quinta soll mit repetition der regelmäszigen die
ganze unregelmäszige formenlehre gelernt und eingeübt werden —
gewisz eine sehr umfangreiche und schwierige aufgäbe, die mit Ver-
ständnis gelöst sein will, leicht wird gerade auf dieser stufe der
schüler mit einzelnheiten in einer weise belastet, als gedächte man
systematische Vollständigkeit zu erreichen, so erinnere ich mich
selbst noch, als quintaner nach dem kleinen Zumpt bei den allge-
meinen geschlechtsregeln gelernt zu haben: masculina sind viele
sträucher und kleinere gewächse auf us, i, als amarantus (tausend-
schön), asparagus (spargel), dumus (dornenstrauch), helleborus (nies-
wurz) etc. und dem analog wurde uns damals kaum eine regel und
anmerkung erspart, die in der grammatik stand.
Ein überlegter Unterricht wird vielmehr aus dem reichhaltigen
pensum alles entbehrliche beseitigen, denn das notwendige, was zu
leisten übrig bleibt, stellt dooh noch eine sehr erhebliche menge von
I Wörtern und regeln dar, und gewisz rührt der umstand, dasz schon
' in dieser classe der eifer und das Interesse des knaben so oft er-
lahmt, eben daher, dasz ihm zugemuthet wird, einen so umÜEmg-
reichen und zum teil so schwierigen stoff aufzunehmen, den er sich
auszer stand fühlt, mit seinem gedOohtnis und seinem Terstttndnia
zu bewältigen.
Ohne schaden wird man zb. den Inhalt der gennsregeln noch
N. jtlul». i: pUL v. pM. n. abt. 1878» hft 7. 81
i^iyui^cd by Google
314
Zur methode des lateinischen elemeataiuntemchts
mehr beschränken, als es bei Ellendt>Sejfifert anderen grammatikern
gegenüber schon geschehen ist, ihr inhalt ist wirklich nicht so wert-
voll, dasz sein teilweises darangeben ein verlast zu nennen wäre,
wozu braucht denn der schttler die Wörter fustis, uermis, callis, uectijj
zu lernen? wozu incus oder fornix, calix? alles vocabeln, die in
der Schulpraxis kaum wieder begegnen, und doch verwendet man
noch an vielen gymnasien eine kostbare zeit auf das einprägen und
einüben der genusregeln in alter form ! da es denn scheint, aJs sollte
sich zb. die berühmte regel von den vielen Wörtern auf is durchaus
unverkürzt als heitere erinnerung an die Schulzeit von geschleckt zu
geschlecbt vererben.
Ganz besonders schwierig ist der abschnitt über die eigentüm-
lichkeiten der casus in der dritten declination. man vergleiche unter
anderem im Ellendt-Seyffert § 48 anm. 2. wie vielerlei von ein-
ander abweichendes hat der schüler in diesem kurzen absatz zu mer-
ken! die Wörter auf ans und ens soll er das eine mal als adjectiva,
das andere mal als participia und substantiva unterscheiden, fdr
praesens lernt er verschiedene formen des ablativus je nach der Ver-
bindung des Wortes mit personen oder Sachen, absens und continens
werden ihm besonders vorgeführt.
Aehnlich compliciert ist die lehre vom genetiv pluralis, und
noch auf manche andere puncte könnte ich verweisen, wenn nicht
der besprochene thatbestand allgemein anerkannt und als unange-
messen vielfach empfunden wäre.
Nach meiner erfahrung wenigstens kann man deshalb nur von
wenigen schülern Sicherheit des wissens erwarten , wenn solche
einzelnheiten genau durchgenommen werden, und nehmen wir selbst
an, dasz eine anzahl sich das pensum zur vollen Zufriedenheit des
lehrers aneignete , wie bald gehen dann doch solche besonderheiten
wieder verloren! dazu kommt femer noch die grosze gefahr, dasz
sich durch die anhäufung von ausnahmen die regelmäszigen formen
verdunkeln , eine gefahr, die gar oft Wirklichkeit wird und als solche
in quarta und tertia zu energischen maszregeln auffordert, da man
nun endlich an secundanem gerade in den unregelmässigen formen
zuweilen eine auffallende Unkenntnis beobachtet, so wird der rath
um so mehr berechtigt und heilsam scheinen, in der quinta den lem-
stoff möglichst zu beschränken und die genauere, bis ins einzelnste
gehende aneignung der abweichenden Casusbildungen mehr allmäh-
lich herbeizuführen, sodann dürfte es zweckmäszig sein, in der
untersecunda noch einmal die ganze unregelmäszige formenlehre zu
wiederholen, denn wenn sich in den extemporalien dieser classe
statt plura und plurium , statt memorum und diuitum , statt aequali
und in praesenti, statt nolam etc. fehlerhafte formen finden, so weist
dies doch nachdrücklich und ernst auf die notwendigkeit einer ab-
hülfe hin , und diese ist eben nach meiner Überzeugung teils in der
entlastung des quintapensums , teils in zusammenfassenden und er-
gänzenden repetitionen auf den höheren stufen zu suchen.
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aof dem gymnaginm.
816
Treten diese beschränkungen des Stoffes eiiif so kann, was sonat
aufgäbe der classe ist, um so vollständiger und befriedigender er-
reicht werden, die unregelmäszigen verba , welche man oft im all-
gemeinen das pensum der quinta nennen hört, erfordern keine allza
grosze anstrengung, bringen ja doch die schiüer eine beträchtliche
mahl derselben schon aus der sexta mit. mehr Schwierigkeit macht
die einübung der yerba anomala, die mit vorzüglicher grflndlichkeit
erfolgen musz.
Der vocabelschatz vermehrt sich schon aus der grammatik be
deutend und wird auszerdem durch das lesebuch bereichert, die
Wiederholung der vocabeln ist in derselben weise vorzunehmen, wie
es bei besprechung des sextacursus näher ausgeführt worden, natür-
lich gestalten sich hier diese Übungen immer lohnender und inter-
essanter, und immer reicher bietet äich veranlaäsung und gelegenheit
zu Tersuchen im mündlichen gebrauch der spräche.
Das lesebuch der quinta darf von anfang an zusammenhängende
stücke erhalten, man könnte an die Wellerschen Herodoterzählüngen
denken, wenn man sich nicht eine gröszere mannichfaltigkeit des
inhalts wünschte, auch würde dann noch der man gel an deutschem
flbersetzungsstoff zu ersetzen sein, ich möchte an dieser stelle noch
einmal an lateinische originalstücke erinnern, deren aufnähme ich
schon früher empfahl, es fehlt an derartigen geeigneten abschnitten
wahrlich nicht, um den beweis dafür nicht schuldig zu bleiben,
setze ich ein paar beispiele hierher, auf andere will ich kurz verwei-
sen: Blas cum patriam eins Prienen cepisset hostis ceterique ita fuge-
rent, ut multa de suis rebus secum asportarent, cum esset admoni-
tüsaquodam, ut idem ipse faceret: ego vtro, inquit, facio; nam
onmia mecum porto mea. ille haec lubidria fortunae ne sua quidem
putavit, quae nos appellamus etiam bona. (Cic. Parad. 1, 8 f.)
Manent ingenia senibus nec ea solum in claris viris sed in vita
etiam priuata et quieta. Sophocles ad summam senectutem tragoe-
dias fecit, quod propter Studium cum rem neglegere familiärem
uideretur, a filiis in iudicium vocatus est, ut eum quasi desipientem
a re familiari remouerent iudices. tum senex dicitur eam fabulam,
quam in raanibus habebat et proxime scripserat, Oedipum Coloneum
recitasse iudicibus quaesisseque, nurn illud Carmen desipientis uidere-
tor. quo recitato sententiis iudicum est liberatus. (Cic. Cat. 22 mit
aüslassung einiger worte.)
Ebenso gewinnt man mit wenigen Veränderungen aus Justin
ni2 eine leicht verständliche erzählung über die Vernichtung der
gegen Delphi gesandten persischen heeresabteilung, aus Just. I 7
eine solche über den Untergang des lydischen reiches, aus Gellius
können wir vieles ganz wörtlich entnehmen, zb. die erzählung von
den sibyllinischen büchern (1, 19). Livius 1, 1 läszt sich, in directe
lede übertragen , unter geringen Umänderungen sehr gut benutzen.
Jedenfalls darf der Verfasser eines für quinta bestimmten
Übungsbuches sich schou mit gröszerer freiheit bewegen , denn hier
21*
Digitized by Google
316
Zar methode des lataniachen eidmentarantemchto
werden ja präpositionen und conjanctionen systematisch darctge-
nommen, participialconstructionen , acc. und nom. c. inf. eingeübt
und überhaupt im verlauf des jabres immer mehr ein stetig zuneh-
mendes Verständnis fttr oompliciertere satzformen beim schüler vor-
ausgesetzt.
Der deutsche Unterricht führt nämlich auf dieser stufe in das
Verhältnis der Subordination ein, wobei dann auch wieder das der
coordination zu einer lehrreichen und das denken schärfenden m-
gleichung herangezogen wird, die bezüglichen Übungen wünsche
ich in derselben weise, wie ich es früher aussprach , nicht blos auf
das deutsche beschränkt, sondern zugleich auch auf das latein Über-
tragen ; man wird sich hierdurch wesentlich unterstützt sehen in der
aufgäbe, den schüler zu voller klarheit über das neue Satzgefüge zu
fördern, denn allerdings ist der fortschritt von der coordination znr
Subordination ein äuszerst schwieriger, das ziel aber bedeutend und
eifriger bemühung wert, und wie einerseits das erfassen des neuen
gedankenverhältnisses nur allmählich und durch nachhaltige Übung
sich vollzieht und vertieft, auch eine entsprechende Vorübung im
denken auf der ersten stufe des grammatischen Unterrichts vorans.
setzt, so darf man andererseits von einer genauen Satzanalyse und
einer dieselbe ergänzenden freien bildung von Sätzen wichtige resul-
tate für die geistige entwickelung der knaben mit Zuversicht inauS'
siebt stellen.
Wurde es zb. dem sextaner bei der causalen coordination erst
durch oftmals wiederholte anwendung einleuchtend, wie verschieden
das Verhältnis der gedanken ist, je nachdem ich sie durch 'daher'
oder durch 'denn' verbinde, so ist auch in der quinta das bilden zahl-
reicher beispiele notwendig , wenn man dem schüler die Unterschei-
dung der grund-, absichts- und folgesätze oder der vorangehenden
und nachfolgenden zeit in nebensätzen (nachdem, sobald, als — ehe,
bevor) klar und geläufig machen will.
Eine eingehende und energische Übung dieser art ist in der
quinta durchaus zu fordern und musz in der quarta fortgesetzt wer-
den, wer etwa meint, dies sei zu viel verlangt, oder dieser punct
sei überhaupt zu stark betont, dem gebe ich zu bedenken, dasz wir
noch in oberen classen oft genug auf eine erstaunliche Unklarheit in
beziehung auf die Satzlehre stoszen , woraus dann eben zu schlieszen
ich gebrauchte bei diesen Übungen zur darstellung der satsfo^
men das Bchema, welches Breysig in s^em sehr t&chtiffen ausznge
mns der deutschen grammatik, Posen 1866, vorschlägt. &w erschien
mir praktischer als das von Lehmann in seinem allgemeinen mecha-
nismus des periodenbaues, Danzig 1833, gegebene und von NägeUbach
in seiner lateinischen Stilistik angenommene, es ist folgendes: AB CD
hanptsKtie, a b c d nebensEtie, a' b' e' d> nebensatse sweiten grades,
d; h. solehe. welche selbst schon von nebensfttsen abhängen, a'* c**^*'
nebensätze dritten grades. A-a-A hauptsatz mit Zwischensatz. AA, aa
zusammengezogene baupt- oder nebensätze. (a) (b) (c) (d) verkiirate
nebensätze. die weiteren formen ergeben sich hieraus mit leicbtigkeit
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auf dem gymmrinm.
317
ist, dasz man es zur gegebenen zeit versäumt hat, dieselbe den
scbfilem zum vollen bewusztsein und Verständnis zu bringen, und
dies wird doch jeder einer schule wie dem gjmnasium , die gerade
in der grammatischen bildung ein hauptverdienst für sich bean-
sprucht und diese aufgäbe ja auch mit groszem aufwand an zeit und
mtlhe zu leisten unternimmt, zum schweren Vorwurf machen, ohne
solche frtlhe gewöhnung, einen satz denkend zu betrachten und za
zergliedern, vermag der schüler später nicht die lateinische periode
in ihrer eigentümlichkeit und Verschiedenheit von der deutschen zu
verstehen imd nachzubilden , er wird aber dann auch überhaupt des
ntttigen blickes und sinnes für stil und formvollendung ermangeln.
Man betreibe also diese Übungen mit eifer und Sorgfalt und ver-
wende auch die lateinische spräche zu beispielen. der stoff hierzu
flieszt dem schüler nun schon reichlicher als in sexta , darum dulde
man jetzt durchaus nicht mehr in einer oder der anderen spräche
Sätze aus dem gewöhnlichsten leben, wie sie denkfaulen köpfen wol
zu entspringen pflegen, denn selbst beim gebrauche eines nicht mit
besonderer rücksicht auf den inhalt angelegten lesebuches der latei-
nischen spräche wird doch in quinta jedenfalls die sage vom troja-
nischen kriege vervollständigt, die thaten desCodrus, Themistokles,
Aristides, Alcibiades, des Horatius Codes, Mucius Scävola, der
Decier, des Hannibal und anderer werden teils dort teils durch er-
zählungen des lehrers, teils durch ausführliche darstellungen des
deutschen lesebuches bekannt, diese gestalten sollen nicht flüchtig
am geist der schüler vorüberziehen , nicht ein unbestimmtes , viel-
leicht bald ganz verwischtes bild darin zurücklassen , sondern sollen
sich frisch und lebensvoll erhalten, und hierzu werden ohne zweifei
die besprochenen Übungen wesentlich beitragen , die ja dem schüler
praktisch beweisen, wie wertvoll es ist, solches wissen zu besitzen
nnd zu augenblicklicher Verwendung sicher bereit zu haben.
Es empfiehlt sich femer, sprichwörtliche und sentenzartige sätze
auswendig lernen zu lassen, wie sich solche in den lateinischen lese-
büchem freilich nur in beschränkter anzahl schon jetzt finden, ich
würde vorschlagen, diesen memorierstoflf in einem anhange dem
lesebuch hinzuzufügen und möglichst nach gegenständen anzuordnen,
so könnten wir dem knaben, wenn ihm auch nicht nach der weise
früherer zeiten jeden tag eine sentenz mit nach hause gegeben wird,
doch einen gewissen schätz von Weisheitssprüchen des altertums zum
eigentum machen.
Man wird übrigens schon in der sexta damit beginnen , und so
bietet denn auch das lesebuch von Spiesz für diese stufe folgendes
material :
Sit mens sana in corpore sano.
Fortes fortuna adiuuat,
Manus manum lauat.
Certa pax melior est sperata mctoria.
Uictoriarum omnium prima et optima est se ipsom uincere.
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318 Zur methode des lateinischen elementarunterhchts
Quod sentimus, loquamur, quod loquimur, sentiainas.
Magnos uiros uirtute metimur, non fortuna.
In dem für quinta bestimmten teile fUgt derselbe Verfasser
jedocb nur die heilsame regel hinxa: Septem horas dormiase sst est
iuuenique senique.
Ich habe fUr beide classen folgende denksprüche ausgewählt,
um sie den oben erwähnten hinzusofUgeiLi verteilt sind sie mit zflek*
sieht auf inhalt und form*
Für die sexta.
1^ an longa , uita breoia est.
2) uita sme litteria moiB est et homisk niiii sefiidtara.
3 ) homo doetua in se Semper dinitias habet
4} Auora Musis amica.
b) gutta canat lapidem*
6 ) niilla dies sine linea.
7 ) littera scripta maaei
8) tantnp scimns , quaatom memoria ienemna.
9) feetina lente.
10) quidquid agis, prudenter agas et respioe finem.
11^ errate humaoam est.
12) caiiuma bominia est errare, nnllias nisi iiisqiieiitis in erron
persenerare.
13) quot bomines, tot sententiae.
14) nihil est ab omni parte beatwn«
15) nemo ante mortem beatns dioendus est,
16) ealamitas uirtutis occasio est
17^ innidia gloriae eomes est
18) amicns eertns in re incerta cemitmr»
19) eaelumf non animwm mntsat, qui trans mare eommt
20) tempora mntantmr nos et mntamnr in iUis.
211 morti nihil tam simile est quam somnns«
22) par pari
23) cibi oondimentnm fiunes, potionis ritis* ^
24; bis dat, qui dto dat
"Ffke die quinta.
1) nosce te ipsum.
2) non omnia possumus omnes.
3) ut desint uires , tamen est laudanda uoluntas.
4) non scholae sed uitae discimus.
5) dies diem docet.
6) uos exemplaria graeca
nocturna uersate manu, uersate diuma.
7) memoria minuitur, nisi eam exerceas.
8) quam quisque norit artem , in hac 86 exerceat
9) suae quisque fortunae faber est.
10) sui cuique mores fingunt fortunam*
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Auf dem gymnauanu
11) ut Semen tem feceris, ita metes.
12) potest ex casa uir magnus exire.
13) quoDiam uita nostra breuis est, memoham nostri qaut
maxime longam efücere debemus.
14) contentum anis rebus esse mayiniae sunt oertigaimaague
dittitiae.
15) male parta male dilabuntur.
16) beatus esse sine uirtute nemo potest.
17) gloria uirtutem tamquam umbra sequitor.
18) conscia mens recti famae mendacia ridet.
19) naturam si sequemur ducem , nunquam aberrabimus.
20) est proprium stultitiaealiorumnitiacemere,obliaiaGiaaoraii«
21) incidit in Scyllam, qui uult uitare Cbarjbdim.
22^ medio tutissimus ibis.
23) nitimur in uetitum semper cupimusque negata.
24) uae tibi ridenti , quia mox post gaudQa flebis.
25) solamen miseris socios habuisso malorum.
26) donec eris felix, multos numerabis amicoSi
tempora si fuerint nubila, solus eris.
27) idem uelle et idem noUe ea demum firma amicitia est.
28) Concor dia res paruae cresouat, disoordia maximae dilabuntur«
29) ne quid nimis.
30) esse oportet ut uioas^ non uiuere ut edas.
31) memento mori.
32) uenturae memores iam nunc estote senectae.
Es wären dies also für die sexta 31, für die quinta 33, zusam-
men 63 sprüclie, die der knabe erfiäbrungsmäszig spielend erlernt,
und die docb schon einen ansehnlichen gedankenschatz darstellen.
Im Zusammenhang damit steht das zeitweilige memorieren von
fabeln oder kurzen historischen erzählungen. aus jenen wird die
Auswahl kaum schwer fallen, zeichnen sich doch einige durch ein*
fachheit und klarheit derart aus , dasz sie in allen lesebtichem auf-
nähme gefunden haben, ich nenne zb. lupus et agnus, mulier et
g&llina, boues, cania per flumen carnem portans, uulpes et uua,
grus et pauo, von denen zwei oder drei schon in der sexta memoriert
werden können.
Von kürzeren erzählungen finden sich gewöhnlich folgende ver-
wendet; Codrus, Cleobis et Biton, Dionysius, Alexander ad sepul-
«mn Cyri, Pyrrhus et canis, Romulus et Remus, de libris sibyllinis,
Begulns, de nece Archimedis, excidium Carthaginis, Cimbri et Teuto-
188, Tiberius et scurra. man wird beim übersetzen dieser oder ähn-
licher lesestücke ja leicht erkennen, wo das interesse des schülers
au meisten erregt ist; unterläszt man es dann nicht, dasselbe durch
einige erklärende bemerkungen zu verstärken, '80 kann man das
namorieren einer anzahl leichterer und besonders charakteristisoher
•teflke getrost dem freien willen des einzelnen überlassen, die zahl
Wwegt Bich vielleicht am richtigsten zwischen 6 und 12. ganz vor-
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S20 Zur methode des lateiniBclien elementaruntenichts
ztiglich aber möchte ich für diesen zweck die aufmerksamkeit auf
jene bekannten charakteristischen anekdoten lenken, mit denen unter
anderen Cicero seine darstellung in den philosophischen Schriften
belebt hat. sie illustrieren Sentenzen wie die oben angeführten aufs
wirksamste und eignen sich deshalb am besten zum memorierstoff.
als ein beispiel für viele diene an dieser stelle Cic. Tusc. 1, 102
Lacaena cum filium in proelium misisset et interfectum audisset:
idcirco, inquit, genueram, ut esset, qui pro patria mortem non dubi-
taret occumbere. nur kurz verweise ich noch auf den schon früher
erwähnten Bias (Cic. parad. 1, 8 f.), auf Solons lemeifer (Cic. Cat.26),
auf desXerxes unersättliche begierde (Cic. Tusc. V 20), auf Aleianders
ausepruch am grabmale des Achill (Cic. pro Arch. 24), auf den brief
Philipps an Aristoteles (Gell. IX 3), auf die berühmte äuszerung
der Cornelia (YaL Max. lY 4) und auf das bekannte wort des Titos
(Suet. Tit. 8).
Wir wollen den schtiler nur lernen lassen, was wirklichen und
bedeutenden wert hat , deshalb müssen wir aber auch darauf halten,
dasz das einmal gelernte nicht wieder verloren gehe, man wieder-
hole also oft, auch in den folgenden classen, nur so kann das memo-
rieren seinen zweck vollkommen erfüllen.
Hiermit habe ich den kreis der im lateinischen Unterricht der
quinta auftretenden Übungen abgeschlossen und, wie ich hoffe, überall
genügend darauf hingewiesen, wie vielfach und mit welchem erfolge
auf dieser stufe die lateinische spräche zu mündlicher Verwendung
kommen könne, befolgt man die beschriebene methode, so ist mit
Zuversicht zu erwarten, dasz das Interesse fürs latein, welches in
der sexta bei der neuheit des gegenständes fast ausnahmslos ange-
troffen wird , leider aber oft schon in der folgenden classe einer er-
staunlichen Stumpfheit und einer mechanischen thätigkeit platz
macht, nicht blosz erhalten bleibt, sondern auch eine Stärkung und
Vertiefung erfährt, der schtiler lernt sich allmählich immer mehr in
der fremden spräche heimisch fühlen, da sie ihm ebenso nahe gerückt
wird wie die muttersprache , und geht deshalb mit gröszerem eifer
und freudigerem vertrauen an neue aufgaben heran , so dasz er den
ersten lateinischen autor, der ihm nun in der quarta vorgelegt wird,
ohne zagen in die band nimmt und ohne grosze Schwierigkeit ver-
steht, er hat eben, weil er in freier, selbstthätiger anwendung der
Sprachgesetze geübt ist, weil er mit den verschiedenen gedanken-
und satzformen selbst fortwährend auch in lateinischer spräche ope-
.riert hat, ein unmittelbareres Verhältnis zum Schriftsteller gewonnen.
Zwar wird man auch so vorgebildeten quartanern ihren Nepos
nicht sogleich zur häuslichen Vorbereitung überlassen, vielmehr eine
angemessene zeit lang dieselben in der classe zum Verständnis und
zum übersetzen anleiten, allein man wird ihnen nicht vor präpa-
rieren, sondern, was jetzt gewöhnlich nur ein frommer wünsch
bleibt, wirklich von der ersten stunde an mit ihnen zusammen
präparieren können, d. h. die schÜler werden unter möglichst
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auf dem gymnarinm.
321
jfoiig hervortreteiidw nntorsttttzimg des lehren wetteifernd die be-
katuigBiibekaiiiitBr werte und redensarten snolien, den bau der stttse
mgliedern, den ahm der stelle eich klar maehen und endlioli einen
passenden deotsohen «nadmek wSklen. gerade auf den letaien pnnol
iriid der lelmr sehen in der qnarta ynrt legen können nnd mllssent
km eben hier soldigt die trftge gewohnheit des sehlllers die erste
bsslsbedentimg, die das lesiken bietet, aofrogreiliBn nnd so eine oft
mniehtige, noch Öfter gesehmaddose'ftbersetcung zu liefm ihre er*
stsn wuieln und pflanst sich dann bis in die oberen elassen fort,
und dies geschieht, obwol in den speoialwOrterbfidiem die bedeu*
tmige^ eines jeden Wortes mit genauer angäbe der betreffmden stel-
Isn gesondert aindl . die gew(£nung an solche naehlissigkeit und
gedanhsnlosigkeit kann doeh aber nur daher entstehen, dasz der
Isfarer, Tisületelit in einer gewissen Ungeduld, um nur etwas in der
Iseiflie TOrwärts zu kommen, schlechte deutsehe Wendungen zulSszt
und aal scharfe Unterscheidung verzichtet « wenn nur der sinn un-
geMac getrofiPen ist. ganz gewis ist es teils um der sache selbst teils
um der Wirkung willen, die eine derartige sich fortsetzende flttchtig-
Iteit und ungrtindlichkeit auf die ganze entwicklung des schülers not-
wendig haben mu»z, unsre pflicht mit unerbittlicher strenge und
consequenz eine genaue, richtige und angemessene Übersetzung zu
fordern.
Diese Vorübungen in der classe brauchen übrigens nicht lange
la dauern, man wird dem schüler nach wenigen wochen den schrift-
stÄÜer zu häuslicher präparation anvertrauen dürfen, freilich mit
ansnahme schwieriger stellen, wie sie sich bekanntlich im Nepos
manchmal finden, diese thut man nach meiner Überzeugung gut zu-
vor in der schule periode für periode nach dem geläufigen Schema
xerghedem zu lassen, dazu dann auch andeutungen für das Verständ-
nis des inhaltes zu geben, solche Unterstützung der präparation
empfiehlt sich ja auch noch zunächst bei der lectüre des Cäsar und
später selbst in oberen elassen , natürlich hier immer mehr in rück-
zieht auf den inhalt, so dasz man z. b. wenn eine stelle im Cicero
nicht ohne kenntnis eines capitels der antiquitäten verstanden wer-
ben kann, den secundaner und primaner schon im voraus darüber
unterrichtet, nur so bewahrt man ihn vor fruchtlosem umhertappen
groben misverständnissen. um nur ein beispiel anzuführen,
scheint mir in der prima eine kurze erlänterung der pignoris capio
notwendig, ehe mau eine Übersetzung von Cic. de erat. III c. 1 ver-
langt, der schttler würde sich bei solchen einzelheiten » die überdies
^er interpretation des lehrers so wie so zufallen , lange aufhalten,
oke dodh in ennangehing geeigneter hilfsmittel zu einem yoUen
Verständnis zu gelangen, und so fehlt es ihm dann an seit, um seine
t^bersetenng durchzufeilen.
Kehren wir jedoch zu unserm quartaner zurück, nach den
Srammatischen Übungen i die in sezta und quinta y(»heigegangen
^1 sieht sieh der lehrer nun wirklich im stände, jenem aueh eine
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328
Zur xnethode dea lateinischen dldmentanmterrichtfl
längere und verwickelte lateinische periode klar zu machen, was bei
dem gewöhnlichen verfahren mir wenigstens durchaus eine Unmög-
lichkeit zu sein scheint, femer wird das übersetzen rascher von
statten gehen, man wird sich nicht mit einer uita ein viertel jähr ab-
quälen, sondern im laufe des jahres eine ganze reihe lesen können,
— dem lehrer wie dem schüler zur gröazeren freude. statt nemiich
Verständnis des satzbaues , leichtere auffassung des lateinischen aus-
drucks erst am Schriftsteller üben zu müssen, statt — was nicht un-
erhört ist — die lectüre zum nutzen der grammatik, selbst der
formenlehre zu misbrauchen , kann man diese notwendigen grand-
lagen in einem masze, wie es dem standpunct der classe entspricht,
voraussetzen, und dieselben werden sich durckdie lectttie von seihst
befestigen.
Dagegen versäume man nicht, so oft sich gelegenheit bietet,
schon auf dieser stufe auf Synonyma hinzuweisen, von denen übri-
gens einige sogar schon in quinta erwähnt sein werden z. b. gratias
agere und gratiam referre und gratiam habere, bellum gerere und
bellum ducere. ich glaube, wir dürfen dem quartaner die Unterschei-
dung folgender synonyma zumnten:
1. uidere — cemere, 2. amittere — perdere, 3. optare — de-
siderare — expetere, 4, mirari — admirari, 5, dicere — loqui, 6.
accidit — fit — contingit, 7. rogare — obsecrare — supplicare, 8.
regnare — imperare — regere , 9. obsidere — oppugnare , 10. pii-
uare — orbare — spoliare, 11. interficere — occidere, 12. animus
anima, 13. uitium — error, 14. casus — fortuna, 15. opes — di-
uitiae, 16. cena — epulae — conuiuium, 17. ius — fas, 18. fides
— fiducia, 19. hostis — inimicus, 20. gens — famiüa, 21. quies
— - tranquillitas, 22. industria — diligentia, 23. uia — iter, 24. litus
— ripa, 25. fruges — fructus, 26. animal — besüa, 27. felix — bea-
tus, 28. celeber — clarus} 29. plus — magis, 30. aut — uel, 31.
nam — enim.
Ferner sind bei der lectüre wichtige syntaktische erscheinungen
zu beachten, und es erscheint zweckmäszig hin und wieder aus dem
gelesenen beispiele für bestimmte puncte der casus- oder moduslehre
zusammenzustellen, wenn der schüler so in seiner privatthätigkeit,
etwa in ferienaufgaben zum inductiven verfahren angeleitet wird,
indem er durch das anmerken der einzelnen fälle und ihre verglei-
chung den allgemeinen gesichtspunct d. h. die regel, die jenen «
gründe liegt, gewinnt, so ist dies gewis eine sehr fruchtbare eigäft;
zung der deductiven methode unseres Schulunterrichts.
Uebnngen im retrovertieren werden jetzt gewöhnlieh in ted»
und secunda angestellt, nach allgemeinem urteil mit dem besten
folg. ich sehe keinen grund , warum dieselben nicht schon in der
quarta begonnen werden könnten , und verspreche mir davon den-
selben nut^n wie in oberen classen , nemiich einerseits eine gründ-
lichere erfassnng der betreffenden abschnitte, anderseits eine ge-
wöhnung des Schülers an gutes latein. wenn wir ihm nemiich Öfter
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auf dem gymnaiiiifn
längere stellen entweder wörtlich oder unter teils erleichternden teils
erschwerenden abändemngen znm sofortigen mündlichen rücküber-
setzen vorlegen, so gewinnt er in der that ein eingehenderes Ver-
ständnis fUr den schriftsteiler und eignet sich unvermerkt ein ge-
wisses gefühl fUr riolitigkcit und wolkUog des lateiaisehsii «»•
dracks an.
Demselben zwecke dient es , wenn wir zuweilen ein passendes
capitel zum memorieren auswählen und darauf achten, dasz es ge-
läufig, flicszend und mit angemessener betonung vorgetragen wird.
Ich empfehle auszerdem noch die schriftlichen Übungen an die
lectüre anziischlieszen. ich habe es selbst meiner zeit gethan und
2war so, dasz ich die syntaktischen regeln des wochenpensums in ein
oder zwei Neposcapitel hineinarbeitete und diese den schülem ge-
wöhnlich auch als den stotf des bevorstehenden extemporale bezeich-
nete, dies hatte zugleich den vorteil, dasz jene keiner vocabeln be-
durften und ihre ganze aufmerksamkeit bei der ausarbeitung den
grammatischen Schwierigkeiten zuwenden konnten, man verfährt
bekanntlich an den meisten schulen ähnlich bei den schriftlichen
griechischen Übungen der oberen classen, und ich selbst habe es in
der secunda mit Xenophon und Herodot, in der prima mit Plato,
Demosthenes und Thukydides so gehalten , auch die empfehlenden
Zeugnisse erfahrener Schulmänner durchaus bestätigt gefunden, dem
entsprechend wird also im lateinischen Unterricht die lectüre schon
des Nepos verwertet werden können, man sage nicht, für den quar-
taner sei ein solcher zusammenhängender extemporalestoff noch zu
schwierig; dies ist ein irrtum, den ich schon oben bei besprechung
der einrichtung des lateinischen lesebnches der untersten classen
hoffe widerlegt zu haben, von dem nutzen aber, den derartige
schriftliche Übungen für Vertiefung der lectüre und für weckung und
schfirfung des Sprachgefühls zweifellos haben, müssen , brauche ich
nach den über das retrovertieren soeben gemachten bemerkungen
wol nicht mehr zu reden; ich kann wenigstens versichern, dasz meine
quartaner diese extemporalien mit dem freudigsten eifer anfertigten,
und dasz dieser eifer wiederum der lectüre zu gute kam. zur prü-
fung teile ich hier drei Umarbeitungen von Neposabschnitten mit,
ganz in der fassung wie ich sie damals meinen schülem vorlegte,
nur im vorbeigehen erwähne ich übrigens, dasz ich mich nie ent-
schlieszen konnte ein extemporale durch ein häusliches exercitium
zu ersetzen, und dasz ich auch heute noch der ansieht bin, die letz-
tere Übung habe erst in der tertia 2u beginnen und dann mit der
ersteren sich regelmäszig abzulösen.
Sogleich in einer der ersten wochen des Schuljahres gab ich
auszer zwanzig formen von unregelmäszigen verben, mit deren repe-
tition wir beschäftigt waren, nach Milt. c. 4 folgendes Übersetzungs-
stück : 'als Darius aus Europa nach Asien zurückgekehrt war, schickte
er den Datis und Artaphernes mit einem groszen beere, um die Grie-
chen zu bekriegen, diese führten, nachdem Eretria erobert und die
1
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324 Zar methode des lateinischeii elementaruixterrichts
einwohner in die knechtschaft fortgeschleppt worden waren, ihre
tmppen in die Marathonische ebene, die Athener aber, welche er-
kannten, dasz schnelle hilfe nötig sei , baten die Lakedämomer hilfe
zu leisten und wählten zehn feldherm. obgleich nun einige von die-
sen dazu rieten die mauern zu verteidigen, drang doch die meinnng
des Miltiades durch, welcher sagte, die btirger müsten gegen die
feinde hinausgeführt werden , denn so werde ihr mut yermebrtf der
mut der feinde vermindert werden.'
Nach Hannib. c 12 wurde folgendes ex temporale dictiert: als
die Börner erfahren hatten, Hannibal halte sich im reiche des Frusias
auf, schickten sie an diesen gesandte und verlangten von ihm, er
solle ihnen ihren schlimmsten feind ausliefern, welcher vierzig jähre
vorher Italien mit krieg überzogen hätte, zu dieser zeit wohnt«
Hannibal, der auf der ganzen erde vor den Römern nicht sicher war
(tutus a) und schon im höchsten greisenalter stand, in einem castell,
einem sehr befestigten platz, dorthin reisten also die gesandten ge-
raden wegs und umstellten das haus mit bewaffneten, da Hannibal
gesehen hatte, dasz jeder ausgang besetzt sei (Abi. abs.), und dasz
er nicht entrinnen könne, nahm er gift, welches er bei sich zu tragen
pflegte , um nicht in die gewalt der feinde zn kommen, so schien er
auch sterbend um nichts kleiner als lebend , und die Römer bekann-
ten selbst, dasz er ihnen stets viel furchtbarer gewesen sei als alle
anderen feinde.'
Man wird in dieser Übung gegenüber der früheren leicht einen
bedeutenden fortschritt zum schwierigeren erkennen, so sind z. b. die
Sätze länger und complicierter, das pronomen reflexiuum wirdein
paar mal verwendet, wenn nun hier besonders regeln über den ab-
lativus eingeübt wurden , so sollten die schüler in dem folgenden
extemporale , das als probearbeit für die Versetzung am schlüsz des
Schuljahres angefertigt wurde, gelegenheit erhalten, ihre kenntnis der
gesammten casuslehre an den tag zu legen, es schlosz sich an Pho-
cion c. 3. 4 an, und es waren zur Übersetzung volle sechzig minuten
bewilligt, excl. dictat. 'niemand wird uns überreden zu glauben,
Phocion sei von den Athenern mit unrecht getödtet worden, aber
dennoch empfinden wir schmerz über seinen traurigen ausgang. nach
der Vertreibung Cassanders bemächtigte sich Polysperchon der her-
schaft, und von ihm unterstützt belangte das athenische volk sogleich
die vornehmen wegen verrath und verurteilte sie zum tode. unter
ihnen befand sich Phocion; er floh nach Macedonien, aber Polysper-
chon befahl ihn nach Athen zu führen, als er ankam , strömten die
bürger zusammen: die einen erinnerten sich an seinen früheren rühm
und empfanden milleid mit seinem unglück, die andern schmähten
ihn aus zom nnd hasz. als er nun zum tode geführt wurde, kam ihm
einer seiner freunde, den er zum treuesten (freund) gehabt halt«,
entgegen und rief aus: *das was du duldest ist unwürdig deiner
tugendl* aber jener erwiderte mit fester stimme: 'niemand kann
der misgunst und dem hasz der Athener entgehen j zwanzig jahrd
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auf dem gymnattunu
orher sind mir die höchsten ehren erwiesen worden (affieere), nnd
sh leitete die wichtigsten geschäfte (praeeese. les), jetit gereicht
dir jene würde -selbst zum verderben.' so starb Phodon ftat aehtsig
ihre alt. pflicht der freunde war es ihn zn bestalten, da diese aber
len hasB der menge fttrchteten, so Teiriehteten sUayen diesen dienst
offionun)'«
Wenn dann noch das in der dasse gebranchte flbungsbach som
Qbenetsen ans dem dentschen ins lateiiSsche den Inhalt der lateini-
icben leetOre reicher in snsammenhlngenden abschniiten benntit,
als es jetrt der ML ta sein pflegt, wo selbst sonst treffKche bUeher
wie dss von Meiring^* derartigen Stoff nnr spSrlich bieten» so wird
xua eich nicht melor ta schenen branehen, jener einriditnng der
exteioporaUen entsprechend, yon dem schflier sofarifUiefae imd mtad*
hebe Inhaltsangaben einzelner capitel zu verlangen, besonders bei
gelegenhsit der Wiederholung einer nita. es ist dies schon eine
freiere, selbstttndigere thätigkeit und somit teils eine wertvolle vor-
Weitrmg auf die später folgenden compositionen teils ein sichrer
Prüfstein für den erlangten grad von fertigkeit. eine grosze zahl von
scbülerii mag vielleicht beim beginn dieser Übungen sich damit be-
gnügen den Inhalt ganz einfach in kurzen sätzen mit möglichster
Vermeidung syntaktischer Schwierigkeiten darzustellen, die bessere
hälfte der classe hingegen wird sicherlich eifrig bemüht sein die er-
worbenen kenntnisse thunlichst zu verwerten, sie werden längere
Sätze bilden, sie werden sich in der casuslehre und in participal- und
inBnitivconstructionen als auf einem bekannten gebiet mit freudig-
keit bewegen, sie werden Wendungen und redensarten, die beim
vücabellemen oder bei der lectüre entweder zum einprägen bestimmt
oder doch zur beachtung bezeichnet worden sind , mit Vorliebe ge-
brauchen, erkennt der lehrer also bei jenen gerade durch diese Übun-
gen am unmittelbarsten Unsicherheit des grammatischen wissens so-
wie geistige ungewandtheit , bei einzelnen vielleicht gar geistiges
Unvermögen feinere eindrücke des unterrichte, wie sie auf dieser
stufe schon nicht selten sind , in sich aufzunehmen oder doch zu be-
wahren, so beweisen ihm dagegen die leistungen der andern in an-
regender und ermutigender weise, dasz seine bemühungen nicht ver-
geblich gewesen sind, und für die ganze künftige entwicklang dieser
^filer eröffnet sich ihm eine frohe aussieht.
Zu einem aUgemein befriedigenden resnltate führt natürlich
^uch in diesen ttbnngen nnr trenes beharren, dazu werden wir jedoch
aufgefordert, wenn wir bemerken, eine wie lebhafte gegenseitige an-
regnng der schüler sich ans lehrstunden ergibt, die wir einem sol-
<:bett zwecke bestinmien. auch der schwache nimmt hier allmählich
f^gen anteil, wenn seine ersten versuche in rechter weise unterstützt,
^ine bemühungen frenndlicfa anerkannt werden, nnd dann dürften
gerade diese ttbnngen an ihm einen besonderen sogen haben, denn
^ 2« verb. anfl. 1867. Bonn. Cohen n. Sohn.
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326 Zur methode dea lateixÜBchen elementarnnteniclite
sie bewahren ihn davor in mechanische pflichtthätigkeit zu versinken
und zeigen ihm die freie, selbständige Verwendung seiner kenntnisse
als das einzig würdige ziel , dem er zustreben soll , und das jeder
nach dem Verhältnis seiner kraft firtiher oder spftteri in voUem o<ier
geringerem masze erreichen kann.
Alle bisher beim quartanerpensum erwähnten Übungen zu-
sammengenommen dürften meines erachtens dasjenige erschöpfen,
was aus einer vertieften lectüre für die sprachliche bildung unsres
jugendlichen zöglings zu erreichen ist. überall sehen wir reiche ge-
legenheit zum mündlichen gebrauch der lateinischen spräche unge-
sucht und ganz naturgemäsz sich ergebend, vorzugsweise aber wird
man die Sprechübungen in die zuletzterwähnten Inhaltsangaben ver-
legen^ obwol nun noch kurz zu bemerken ist, dasz, dem verfahren in
den beiden untersten classen entsprechend , neben allen jenen Übun-
gen bei der durchnähme der syntaktischen regeln, bei den vocabel-
repetitionen und bei der Wiederholung und erweiterung der Satzlehre
das bilden eigener beispiele stets einhergehen musz.
Hiermit hätte ich die drei stufen des lateinischen elementar-
unterrichts betrachtet und, wie ich hoffe, nachgewiesen, dasz durch
eine recht innerliche, lebensvolle Verbindung der einzelnen Übungen
und besonders durch eine hieran sich ganz von selbst anschlieszende
fortgesetzte anleitung zum mtLndlichen gebrauch des lateinischen die-
ser Unterricht echt wissenschaftlich behandelt und vertieft , dasz der
Schüler schon innerhalb dieses trienniums zu einem gewissen gefühl
der Sprache , zu einer verhältnismäszigen Vertrautheit mit derselben
gefördert werden kann, es bleibt mir nun noch übrig kurz ausein-
anderzusetzen , wie ich mir jenes verfahren in den folgenden classen
fortgeführt denke, und welchen erfolg ich mir bis zum abschlosz des
gymnasialcursus davon verspreche.
Zunächst ist consequenz und planmSszigkeit notwendiges er-
fordernis. alle lateinlehrer der schule müssen sich über zweckmäszige
methode verständigt und geeinigt haben, damit die teile des ganzen
Organismus wirksam ineinandergreifen, bleibt es bei einem privat-
untemehmen des einzelnen lehrers, dem der director den versuch er-
laubt, so wird was er geschaffen in der Weiterentwicklung unter-
brochen und geht verloren ohne erwünschte frucht zu bringen.
Welchen weg ferner unsere Übungen im lateinsprechen durch
die mittleren und oberen classen hindurch zu nehmen haben, ist schon
bei der erörterung des quartapensums angedeutet worden, wo ich
die lecttlre vornehmlich dazu empfahl, sie bietet ja, an umfang zu-
nehmend, immer mehr gelegenheit, immer reicheren stoff dazu, die
historiker, Cäsar, dann Livius und Sallust, endlich Tucuub, la^ücn
sich dazu trefflich verwerten, aber auch bei der lectüre Ciceronischer
reden wird der secundaner und primaner nach solcher Vorbildung
im stände sein die veranlassung des processes, den gedaiikengang
der Verteidigung mit leicbtigkeit lateinisch zu explicieren. von den
Horazstunden möchte ich das lateinsprechen auch unter diesen gün-
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auf dem gymnauam.
sügen Yorbedingungen ausgeschlossen wissen, dagegen dürfte sich
eine neue anregung dazu ergeben, wenn man Terenz oder Plautus in
den kreis der in prima zu lesenden autoren aufnimmt , wie dies ja
jetzt schon an einzelnen gymnasien geschieht.
Das retro vertieren sowie das memorieren geeigneter absehnitte
m der lectüre ist regelmäszig fortzusetzen.
Bei der durchnähme grammatischer und stilistischer regeln ist
rasches und sicheres bilden von guten Sätzen mit Sicherheit zu er-
warten und ausnahmslos zu fordern.
In derselben weise veranlaszt dazu die Zusammenstellung von
phrasen, die immer mehr hervortretende vergleich ung synonymer
werte und die sjstematisohe behandlung dea lateinischen perioden-
baues.
Man könnte auszerdem wenigstens in der prima, wo die grie-
chische und römische geschichte noch einmal wiederholt wird, über-
sichtlichere Partien in lateinischer spräche erzählen lassen, wenn man
nicht etwa schon in der secunda die besseren schttkr hin und wieder
dazu heranzieht.
Will man endlich noch in den beiden obersten classen eine be-
sondere Sprechstunde einrichten was ich nicht flTr nötig halte , so
wird man in derselben freilich ganz anderes leisten können, als es
jetzt durchschnittlich der fall ist, man wird diesen Übungen eben
einen ganz anderen Inhalt geben können.
Jedenfalls erscheint mir dies erreichbar, dasz die schüler nicht
mehr ängstlich und gezwungen sprechen und womöglich nur ein-
gelerntes wiedergeben, sondern dasz sie einen angemessenen
historischen, meist an die lectüre sich anschlieszen-
den gegenständ leicht und fr«i und flieszend behan-
deln.
Gewis kann doch nach so eingehenden und zusammenhängenden
▼orfibungen von irgend welcher scheu vor dem mündlichen gebrauch
der Sprache in prima nicht mehr die rede sein, aber zugleich — und
dies ist das bei weitem wichtigere — wird die beschriebene methode
eineraeits für die schriftlichen leistungen und besonders den lateini-
schen aufsatz andrerseits füi* das übersetzen der autoren die segens-
reichsten folgen haben.
Man hat ja die schüler früher und leichter in das Verständnis
dessatzbaues eingeführt, sie gründlicher an den rbytbmus der spräche
gewöhnt, so dasz ihr gefühl dem unlateinischen ausdruck wider-
strebt, nach so vielseitigem gebrauch, nach so ununterbrochener
anleitung zur freiheit und Selbständigkeit müssen ihre lateinischen
aufsätze das mechanische und formelhafte, das sie bis jetzt noch nicht
verleugnen, abstreifen und natürlichen flusz und gewandtheit an-
nehmen, damit ist dann auch aller anfeindung die spitze abgebro-
man vergl. darüber Schräder, erxiehnngs- und unterrichtslehre
§ III gegen ende.
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828 Zur metbode des Uteinischen elementarunterhchts
eben, sagen die gegner, der aufsatz sei für die schüler eine plage,
so weisen wir sie daraufhin, dasz dieselben von anfang an gewöknt
worden sind ihre gedanken sogleich lateinisch zu fassen, hierin eben
liegt ja eine wirksame Vorbereitung für die eigene freie darstellung,
und der fortschritt ist nun ein so natürlicher, dasz wir es im namen
unserer primaner versichern dürfen, die ausarbeitung des lateinischen
aufsatzes werde weder als eine durchaus neue noch als eine über-
grosze anforderung empfunden, hierbei ist freilich die angemessene
auswahl der themata Yorausgesetzt, worüber schon früher das iid%e
angedeutet wurde.
Halten sie uns die mangelhaftigkeit der resultate vor, so können
wir schon jetzt ihre klage nicht als durchaus begründet anerkennen
und versprechen ihnen, wie schon gesagt, für die zukunft noch be-
friedigendere leistungen. übrigens glaube ich, es würde zu einer
gerechteren Würdigung unserer sache wesentlich beitragen, wenn die
entsprechenden deutschen aufsätze zur vergleichung herangezogen
und mit derselben schärfe und strenge ihrem werte nach geprüft
würden, unbefangene beurteiler würden auch an ihnen zu einem
nicht geringen teile dürftigkeit des inhalts und uugewandtheit der
form zu rügen haben.**
Zweitens wird sich der nutzen der vorgeschlagenen methode an
der lectüre offenbaren, der Schriftsteller wird schneller verstanden,
geläufiger und mit mehr geschmack übersetzt, es wird auf die rhe-
torik der alten und auf die kunstmittel der darstellung überhaupt
näher eingegangen und so eine bessere Würdigung der einzelnen
Schriftwerke erreicht werden können, die lectüre darf sodann einen
weiteren kreis von Schriften umfassen, und die freude an den reichen
schätzen des altertums überdauert die laufbahn der schule«
" ich darf an dieser stelle denjenigen meiner leser, welche der
Sache femer stehen — fachgenossen wissen schon davon — nicht ver-
schweigen, dasz sich in neuester seit wieder eine einüuszreiche stimme
gegen den lateinlsehen anfuiti erhoben hat. in EliMS-Lothriiigen ist
am 29 dec. 1877 eine neue abitnrientenprüfungserdnong erlassen wor-
den , und herr schulrath Baumeister hat dieselbe im marz-aprilheft der
Zeitschrift für gjmnasialwesen 1878 s. 291 mitgeteilt und kurz erläutert,
demnach wird für die gymnasiülabitarienten der lateinische aufsats,
das grieehisehe vnd das frainöaisehe loriptnm beaeitigt. diese arbeiten
fallen damit zugleich aus dem nnterricht der prima weg. als einziger
ersetz soll die schriftliche Übersetzung ins lateinische sich schwieriger
und länger gestalten, das mündliche examen stellt dieselben anforde-
rungen wie bisher, nur bleibt das lateinische sprechen unerwähnt, über
dies reglement im allgemeinen betraehtnogen aasiiatellen, ist hier nicht
der ort, ich möchte nur die frage aufwerfen, ob es wirklieh richtig and
an der zeit ist, der jagend die ziele ihrer bildung niedriger zu stecken,
in dem was herr schulrath Baumeister in betreff des lateinischen «nf-
satses spedell bemerkt, habe ich etwas neues nicht entdecken können,
aeh verweise deshalb karm aal die aasfahnungen Hiisehfeldeis mwoI
am schon angeführten ort zeitschr. f. g.-w. 1873 s. 887 ff. als ebenda
1875 8. 662 ff. der im auszug mitgeteilte brief eines preuszischen Ober-
lehrers, der nun gern ins reichsland auswandern möchte, um der auf-
satscorreetor an entfliehen, dürfte niemandem maszgebend erscheinen.
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auf dem gymaaaium. 329
Fassen wir also das lateingprechen als mittel den einzelnen
Übungen in diesem Unterricht durch alle classen hindurch Zusammen-
hang zu geben und den schüler gewissermaszen in der spräche
leben zu lassen, wozu es sich, wie mir scheint, ganz ungesucht
darbietet, und wozu es sich als wolgeeignet bewährt, so fällt dadurch
der einwand hin, der gewöhnlich dagegen erhoben zu werden pflegt,
man gibt uns zu bedenken, dasz der gebrauch der lateinischen spräche
aus der gelehrten weit immer mehr verschwinde, dasz den classi-
scben philologen mit seltener ausnähme die Universitätsvorlesungen
nur in deutscher spräche gehalten, dasz wissenschaftliche commentare
und handbücher in eben derselben verfaszt werden , dasz zur erlan-
gung akademischer würden der gebrauch des latein nur noch auf
einen engen kreis beschränkt sei, und dasz diese reform als ein fort-
schritt begrüszt worden, mag diese Veränderung bei ^er bezüglichen
Vorbildung der canditaten, wie sie jetzt durchschnittlich ist, nicht zu
vermeiden gewesen sein, in ihrer ausdehnung halte ich sie für be-
dauerlich, und will man eine durchgreifende rückwirkung davon auf
unser gymnasium geltend machen , so müssen wir uns energisch da-
gegen verwahren, ob der student auf der Universität , der beamte
und gelehrte in seinem beruf der fertigkeit im lateinsprechen bedarf
oder nicht, ist ja für unseren zweck ganz gleichgültig, denn wir trei-
ben diese Übung nicht um ihrer selbst willen , sondern weil wir in
ihr ein zweckmäsziges und wesentliches glied in der kette von Übun-
gen erkennen, die schlieszlich zu dem erstrebten ziele der gymnsial-
bildung führen sollen, wir wünschen aber vor allem, dasz unsere
schüler sich auch im späteren leben ein warmes interesse für die
Sprache bewahren, die hauptgegenstand ihres Unterrichts gewesen
ist, dasz sie das gymnasium mit dem freudigen bewustsein verlassen,
durch langes und angestrengtes bemühen im Verständnis und im
gebrauch der lateinischen spräche Sicherheit und freiheit erlangt
zu haben, dies bewustsein an sich schon scheint von hohem werte
für die entwicklung und bildung des Jünglings zu geistiger Selbstän-
digkeit.
Lassen wir uns dagegen aus dem einheitlichen, aus inneren
gründen so und nicht anders geordneten Organismus unseres latein-
unterrichts allmählich durch äuszerliche erwägungen bestimmt ein
stück nach dem anderen nehmen, so wird das ziel desselben immer
mehr in frage gestellt, dann wankt aber auch das ganze gebäude
des gymuasiums, und die gefahr rückt näher, dasz sich dereinst
an seiner stelle eine moderne schule mit vielfach verzweigtem, eines
festen und beherschenden mittelpunktes entbehrendem lehrplan er-
hebe, wir thun deshalb wol daran die altbewährte grundlage
muerer gelehrtenschule auf ihrer ganzen ausdehnung zu behaupten
imd zu sichern.
Vorstehende betrachiongen wollten hierzu einen kleinen beitrag
liefern, indem sie die ungemeine lebens^ und leistungsfUhigkeit des
bteinischen elementarunterrichts nachzuweisen suchten, ihr zweck.
V. Jahrb. f. phil. n. pid. n. »bt. 1878. hfl. 7. 22
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880
Zur behandlimg des xeligiaiisiuitemGhteB
iit «Exmht, wenn sie in faebgMlOtsaa die freudige zuversiclit zu
ihrem werk erk^ten und eine «nregimg mr yertie^aiig der metbode
aehnleiu
30.
ZUB BEHANDLUNG DSS BSLIOION8ÜNTBBBICHTE8 AUF
DEN OBERSTEN CLASSEN DES GYMNASIUMS.
Obgleieb fBr^die frage naeh der bdhaadltmg des reUgune-
unteniditea bereite eine im eigeniliehe& siniie des wortee imllbcr«
aditee litlerator yoili^t und darum jeder, der in dieser angelegen-
heit aich noeh snm wort meldet, den vorwiixf befUrehten mnsi, das
er eidmi nach Athen trage, ao wiU ich dodi aelbat auf diese gefahr
hin die debatte Aber eine ao ungemein wiohtige frage ans dem ge-
biete der Pädagogik notdi einmal erOftnen nnd einiges, was i^ wih-
rend einer beinahe zehi\jShrigen praxis zur belebung des untemdili
wesentlich beitragen gefunden habe, in diesen blättern den fiieh-
genossen zu geneigter erwägung vorlegen, doch verspreche ich schon
im voraus mich kurz zu fassen.
Was zunächst den 'vortrag der kirchengeschichte' anlangt, so
wird wol nirgends die überaus grosze bedeutung des biographischen
elementes bestritten werden, nicht so allgemein anerkannt aber
dürfte der grundsatz sein, die persönlichkeiten, mit denen sicli die
kirchengeschichte beschäftigt, wenigstens die bedeutendem, einen
Augustinus, einen Bonifacius, einen Huss, einen Luther, einen
Spener, einen Schleiermacher zum teil aus ihren eigenen werken
den schülem bekannt zu machen, und doch acheint mir die berück-
sichtigung dieses grundsatzes durchaus geboten, wie dies auch Guthe
verlangt, wenn er in seiner schrift über nationale erziebung den
keineswegs so ohne weiteres von der band zu weisenden Vorschlag
macht, in den oberen classen ein lesebuch einzuführen, 'durch welchea
die schüler mit den groszen geistern der kirche in unmittelbare be-
kanntschaft gesetzt werden.* in diesem buche, sagt er, mtisten sich
neben proben aus dem nachapostolischen Zeitalter Schriften der
groszen kirchenväter , proben aus dem heliand, hymnen der alt-
christlichen kirche, das köstliche büchlein von der deutschen theo-
logie. Taulers predigten, vor allen dingen eine reiche auswahl aus
den Schriften der reformatoren vor der reformation und Luthers
sowie des ihn umgebenden kreises finden, welcher gewinn für
religiöse erkenntnis z. b. den werdenden Luther aus seinem eige-
nen munde kennen zu lernen! wahrlich eine solche lectüre würde
erbauung, weckung des religiösen sinneSi aufmerksamkeit für reli-
giöse entwicklungen zur folge haben. — Aber auch sonstige ge-
Bauodi«
WhiHBlm Fhibb.
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auf den obersten clasten des gymnaeiums.
331
legentliohe mitteilung der quellen dürfte zui* Belebung des unter-
lidites nicht unerhebliches beitragen, so habe ich z. b. gefunden,
dass primaaer eine Schilderung der sittlichen Verkommenheit des
InidentnmB nacii aussprfichen von Seneca, Juyenal und Plinius mit
groBzem uderesse mit anhOren, nicht minder urteile der beiden
ttbcr die jnden nadi Taeatus, urteile fiber die Christen nach Sueton,
die yeirUddigangen daa ehristentoms seitens seiner bekenner nach
TMiUiaa, Miiwciaa Faliz, Lactantius, die correspondenz zwischen
dem jungem FUniiiB imd Tn^aa (P2in« lib. X ep. 96 und 97) u. dgl. m*
man. wende mir nieht ein, daai itk bloas das lateinische und griechi-
solia aaeh In den rsligionaiinfteaiflkt hmeinmischen will, gegen die»
sen Tinrwiirf hat mich aehon vor baaaalie dieiszig jähren Pabner in
selmtB genommen, wenn er in der Torrede an seinem bliximeh der
. religion und d«r gesdhiiohle der ohristlidien kirobe fttr die oberen
danen erangeliacher gyxnnasien und andeier hlQieren büdnnga-
anstalten (Darmatadt 1848) a. YII sagt : *die Wahrheit ist und bleibt
fieüicli nur 6ine, und darum musz vash die religion nmerea herm
fOa gebildete und nngebüdete, ftlr knaben, jttnglinge mid mflnner
m ikrem innersten gründe dieselbe sein; doch unterliegt es keinem
swexfol, daas sie nur dann wahres eigentnm des einzehMn wird und
Unbt und anf aein gesamtes denken, ftlhlen und wollen einen be-
lebenden und heiligenden emfluaa übt, wenn sie mit der stnfe seiner
Mdung überhaupt in riehtigem TeihHlüiisae, in mdgliehat ToUatSn-
digem einklaage steht. woUte man darum den jtln^ingen, welche
wissenschafUidie Tortrtfge Uber spräche, gesdhkdite, naturwisaen-
Schaft uaw. hOren, einen nur etwaa gesteigerten kateoluamnaunter-
richt erteilen, ao würde ihnen dieaea ala etwaa längst bekanntes,
überflüssiges, anderen nnierriöhtaaweigen glekshaam nieht eben-
bflrtigea erscheinen, gleichgültig werden und in aolohem fidle mehr
Bolia£n als ntttaen.' ebenso wenig aber kann ich dem einwand
berechtigung zugestehen, daaz die seit zu einem derartigen vortrage
der kirchengeschichte nicht ausreiche, man iXazt dann eben man*
dies andere weg, waa doch in den meisten fiülen bald nach dem
abiturientenezamen ab unnützer ballest über bord gewücto wird.
Waa in zweiter Hnie die 'behandlung der gkubenalehre* be-
trifft , so möchte ich dogmatik mehr in der form yon erlftuterungen
aua der dogmengsfiMduclite yorgetragen wissen, um Über die snccesaive
«itwiddung und Ibrtbildung einzelne kirohlidien dogmen die nötige
belehrung zu geben, mit recht macht Fahner a. a. o. darauf aiä>
meiksam, daaz eokhe edäuterungen geradezu bedürfiiis sind, wenn
die Schüler gelehrt werden sollen, die schale Tön dem kem, mid die
art und webe, wie die lehre des hmn au%efis8zt wurde, Yon ihrem
ewig gültigen gehalt, wie er in den heilige Urkunden liegt, unter-
scheiden zu lernen, damit würde aich nicht unpassend ein Überblick
über die yerschiedenen erseheinungsformen der religion yerbinden
lassen, eine art religionsgeschichte, wie ich sie nur ungern in dem
religionsunterricht auf den höheren schulen mbsen möchte, weil
28*
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332 Zur behandlaog det zeligioniiintemehtes
memer aasiclit nach eine solehe bekaoBisehaft mit der gewAidii>
liehen entwicUimg der religion eine etwas grösiere iderans sar
folge haben wtlrde> als wir sie aogenUieldich, wo es sich um dift-
renzen in den religiösen ansdiannngen handelt , bei geistliehen und
laien gewöhnlich antre£EiB(n. bei der bespiechnng winnelnftr MAb
ans der Sittenlehre empfiehlt es sidi verwandte anssprOche ans den
sohziftstellern des dassisohenaltertnmsheransniiehen (tib^B. Schnei-
der christlidie klinge ans den griechisoben nnd rOmisehen classikeni),
damit der schfiler anch von Ider ans gelehrt werde, eineiBeiti über '
der form den inhalt der alten — anch den religiösen — nidit la
vergessen, andererseits an erkennen nnd einzusehen, dasi alles, was
die menschheit vor der erscheinnng des henrn in religiöser nnd sitt-
lidier hinsieht erkannte, doch immer nnr ein schwaehea ablnld
seiner einsieht in die tiefen des göttlichen reiches war, nnd dasi .'
die ideen der ansgeieichnetsten nnd scharfsinnigsten denker vor
ihm erst dnrch ihn ihre Iftnterang, verklSnmg nnd objeetive gel-
tong erhielten (Palmer a. a. o.).
hi rOöksidit anf die ^behandlnng der einleitnngswissenscbsft'
halte andi ich mit dr. 6. L. Schmidt (leit&den som diristliito
religionsonterricht in höheren lehranstalten Jena 1874) daltlr, dan '
dem schaler die resnltate der -Wissenschaft offen nnd frei voigelegt
werden müssen, wenn der Zwiespalt zwischen nnserer modernen
bildnng nnd der kirche wieder «nsgegliehsn nnd nnsere henmter* *
gekommene kircblichkeit wieder gehoben werden soll, auch nach
meiner ansieht darf dem scbüler in der schule nichts geboten wer-
den, was ihm später bei reiferem nrteil und eigenem stndinm not- ,
wendig als falsch erscheinen musz. auch ich meine, es mtlsse in
einer fttr den religiösen glauben der jugend so gefährlichen zeit den
Schülern vor allem gezeigt werden , dasz von der beantwortung die-
ser oder jener kritischen frage keineswegs der bestand des Christen-
tums abhänge, dasz religion im sinne Christi doch noch etwas snde-
res sei , als zu dieser oder jener frage ja oder nein sagen, warum
soll denn ein schüler nicht erfahren, dasz' das vierte eyangelinm
möglicher weise nicht den apostel Johannes zum Verfasser hat? ist
es nicht sicherer, ihm schon in der jugend zu zeigen, dasz der wert
der Schrift derselbe bleibt, auch wenn die negative kritik recht be-
halten sollte? rüstet man ihn so nicht mit den waffen aus, welche
die g^gner dereinst in dem kämpfe g^n seinen glauben zu ge-
brauchen belieben werden? nein, wenn das Christentum keine
festere basis hätte als diese lehrhaften bestimmnngen , als diese
dogmatischen und kritischen Voraussetzungen, dann dürften "wir
umsonst an der christlichen erziehung unserer jugend arbeiten,
dann dürften uns mit leichtigkeit die waflFen entrissen werden, mit
denen wir gegen die feinde zu siegen hofften, das Christentum ist
die religion der liebe: den spuren gehen wir nach, von dieser
quelle aus verfolgen wir den Strom, der in das grosze Weltmeer
mündet, von da aus betrachten wir, was der ström alles mit sich
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aul* den obersten claBsen des gymnasioms. 333
geführt bat. das frommt mehr, als die kirchliche tradition zu stützen
suchen.
Bei der *lectüi*e' der heiligen schrift habe ich des öftem Bansens
bibelwerk in der schule benutzt und zwar, wie ich versichern kann,
ohne eine abnähme des interesses für den gegenständ bei den Schü-
lern zu ben[ierken. wird dadurch Luther zurückgesetzt oder sein
verdienst geschmälert? nimmermehr, die schüler erkennen eben
nur, um ein beispiel anzuführen, desto deutlicher die Vorzüge der
hebräischen poesie, gewinnen nur die desto festere Überzeugung,
dasz auch hier eine dichterische begabung und begeisterung zu finden
ist, die sich jeder andern ebenbürtig an die seite stellen darf.
Für die 'lectüre der neutestamentlichen bücher in der ur-
sclirift' empfiehlt sich durchaus eine streng philologische erklörung.
auch dadurch gelangt der schüler zu der einsieht, dasz das Christen-
tum und dessen Urkunden nicht nur eine echt wissenschaftliche be-
handlung vertragen, sondern zu ihrem richtigen Verständnis geradezu
erfordern, der Inhalt braucht darüber keineswegs vernachlässigt,
ebenso wenig Unklarheit oder Verwirrung, wie einige meinen, durch
diese methode in den köpfen der schüler erzeugt zu werden. —
Wenn ich, wie gerade in den letzten zwei jähren, in der secunda
und prima viele fichttler habe, welche an dem hebräischen Unterricht
teilnehmen , so weise ich auch vielfach auf die beziehuxig des neu-
testamentlichen Sprachidioms zn dem hebräischen hin, namentlich
auf die wörtlichen Übersetzungen hebräischer vedensarten, auf die
blofige Übertragung der abgeleiteten bedeutungen eines hebräischen
Wortes auf das griechische, auf die nach dem vorgange des hebräi-
schen erfolgte neubildung von Wörtern und cönstructionen , sowie
ftberfaanpt auf die dnrch den Zusammenhang mit dem hebräischen
verursachte bereicherung des griechischen spraofaschatzes n. dgl. m.
stets aber gebe ich eine kurze Charakteristik der nentestamentlichen
dietion nach den verschiedenen bestandteilen, ans denen sie zn-
Mmmengesetst ist. doch dehnt sich dieselbe — dies fttge ich aus-
drOcUich hinzu, nm misverstSndnissen vorzubeugen — kaum je
über dne stunde aus*
Üeber die notwendigkeit einer teilweisen Umgestaltung des
Unterrichtes in der biblischen geschichte später I
OuuBSSsm* A. Bieder.
81.
DER RÖMERBRIEF IN DER GYMNASIALPRIMA. EIN EXEGETISCHER VER-
SUCH VON DB. THi£L£. Leipzig, 6. G. Teubuer. 1878. VI u. 95 s.
Sb will fast scheinen, als ob auf dem gebiete des hOhem reli-
8WÄ8unterrichts nach und nach die Überzeugung allgemein herschend
SWorden ist , dasz es vor allem auf einen immer mehr sich vertie-
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334 Thiele: der BOmerbrief in der gymiittnalprima.
•
fendeii bibeliiiiierrieht ankoiiiiBe. fttr die dnrdfafüirang dieser ideo
sieUen nch freilich manohe schwierigkeiteB in den weg* mM eo-
wöl bei derwahl dee Stoffes, die beTonagnag des Mien ieetome&tB
ist aelbstverstfadlicb, imd es ist liiigst ttblioh, die hmptsftehlieTistaa
neatestameiiilidMii edhriften in den oberen ebssen mdgüchet im w-
test m lesen, besonders gilt dies yom Bdmsrbrief , der wol gegen-
wBrtig in jeder eTUgeliadien gymnasiniprims gelesen wird, aber
gerade hier seigen si^ die sehwierigkeitsn eines stehen bibelnntsr-
riehts drailieh. adion die allgemeinen ezigetischan sehwkrigkeihBi
sind gross gong, so dass man nur langsam nnd mit anstrengimg
Yorwfirts kommt, daen kommen mm aber nodi die besondmi
methodiadien» die ezegese dem iweek» der sdmle nnd ^weiell dem
staadpimet der primn angemessen sn machen, eine sishiderUSmag
des BQmeriiriefii mnas dooh wosentlioh anders sein als eine, wie sie
der stndenl on£ der nnivernüt Terlangt. das ist fbeoretledi laicht
angegebeot praktisch aber sich des naterseliasdes bewnst an Umben,
ist weit schwerer, toü einem grammatisch riditigen ventSndniB
mnss natllflich in beiden ftllen ausgegangen werden, ttbnigena aber
pflegte man ürtther den BOmerbrief in der edmle als testimoninm
fOr die kirchliche rechtfartignngslehre sn lesen, wie die behandlnqg
auf den nniyersitftten mdst fihnlieh war. jetit behandelt man den
Inief nicht nnr aof der nniversitit als selbstzwedc, sondern kommt
immer mehr dahin, in der sehnle einen tthnlichen gesichtsponct auf-
anstellen, der briief wird gelesen , weil er das wichtigste denkmal
des panlinisohen geistes nnd damit eine schrift ist» mit deren dogma-
tischer darstellung tief religUtoer gedanken keine wetteifert, des-
halb liegt aber in dieser richtung auch kein principieller onterschiad
zwischen der behandlung des briefes auf der schule und der nuTer-
sität. der unterschied liegt vielmehr in der art und weise der aos-
führungi die auf der Universität gleichmftsiig nnd allseitig sein mnsz,
wlQuraid sie in der sohnle sich an vielen pnncten bedentend besehrKa-
ken kann , oft mehr nur die leitenden grundideen zum Tollen Ver-
ständnis zu bringen strebt, als alle einzelheiten, in den wenigstm
fiülen sich aber auf kritische aaseinaadersetzungen ftinlassen kann
und darf, sondern sich im gansen mit aufsteUn^g einer positivea
erklttrung begnttgt
In diesem sinne ist die in der Überschrift; genannte neue erUft*
rung des Bömerbriefs geschrieben, die sowol des oben gekennzeich-
net^ gesichtspunctes aJs der eigentümlichen durchftthrang sich klar |
bewoszt ist. in bezug auf erstem sagt der verf. im Vorwort: 'nicht
an einer gelehrten kritik der bibel, nicht an dem system einer
confessionellen dogmatik , sondern an der classischen litteratur des
Christentums, den büchem des alten nnd des neuen testaments, in-
dem wir auf derselben positiven basis wie die unteren classen, nun-
mehr aber an der läutern quelle selbst schöpfend, ans ihren ge-
schichten und lehren, was es um die heilsökonomie gottes auf erden
und den weg, der som leben fahrt und einen demütigen ^^bea in
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Thiele : der Eömerbrief in der gjmnasialprima, 335
der friicht der guten werke ist, schriftgemäsz und aus der schrift
überliefern und entwickeln, hat die religionsstunde der oberen gyra-
nasialclassen das ihr eigentümliche gebiet der thätigkeit und das den
gymnasialen zielen entsprechende object der arbeit.* — Der verf.
hält für seine aufgäbe, 'in analoger weise und auf derselben linie
wie die interpretation eines classischen autors die von dem heiligen
schriftsteiler schöpferisch erzeugten ideen nachdenkend zu ergrün-
den und ohne fremdartige Zusätze und nur nachbildend wiederzu-
geben und allmählich als glieder gröszerer umfassender gedanken-
gruppen zu begreifen.* — Die bearbeitung des briefes ist eine ganz
Yerschiedenartige, bald wird sorgfältig dem einzelnen wort nach-
gegangen, bald summarisch tibersichtlich verfahren, bald wird aus
einzelnen bausteinen ein gröszerer bau vor unseren äugen zusammen-
gesetzt, bald in umrissen das fertige gebäude gezeichnet, natürlich
erhebt diese bearbeitung nicht den anspruch , inhaltlich wesentlich
neues zu bieten, der verf. sieht seine aufgäbe in 'der Auswahl des
exegetischen materials, in der unbefangenen schlichten darlegnng
des inhalts in der einem lehrgegenstande der schale entsprechenden
form der darsteUnng'. er httlt sich ftlr berechtigt und verpflichtet
zur freiesten benntzung des gesammten vorhandenen exegetischen
materials bis auf den sachgemftszen ansdraok; besonders senlieszt er
sieh in der erklärung an v. Hofmann an; namentlieh nennt er anazer^
dem Meyer imid Philippi. in der emzelerkttrang der rerf« iiatllv*
Udi manchen widerspmdi Mlen, beeondere maiiebe erkttnmg t. Hol-
aumns, wenn de anoh, wie immer, originell imd geisMeh iet| wird
fflsnoheiBeite nicflii angenommen werden, aber ttber diesen pmet
woUen wir mit dem ywf, niebt reehien, da er ja denilieh genug den
eehwegpmiet seiner aorbeH auf aatees legt, wie er den&Mioli eigenes
durehfbrseben der exegetisoheii lüterainr als selbstrmttliidlM rer-
aoflsetst nnd- lordert man kaom die sobrift direet dem nntenriehl ta
gnmde legen , man kann sie aber auch , und das wird das riditilgere
Sehl f als regulator und beraiber ftr den nnterriebt branehen, jeden-
IsÜs wird sie, ans lebendiger präzis entstanden, jedem, der den
BSmerbrief in der prima za bebandahi bat, Ton nutsen sein.
Der wfl si^ ab Ton einer besondem einlätong in den brief
mit rttcksidit anf die naeh dem lebiplan (auch wol vielerwlrts sonst)
Torangdiende gesehidite des apoatoliseben seitalters. er empfieblt
statt dessen eine erliiilenmg der bedeaisemen werte des briefes, wie
Xdptc, v6^oc, KÖCMOC, cdpS, d]LiapT(o nsw«, ein gewis sn beaebten-
der gedenke. YoUes leben gewinnen diese werte freiliob erst im
lebendigen gnsammeahang, £^eidiwol aber ist eine ToiMuige orim*
tiersag ttber ibren gehalt besonders ancb lllr die prSparstion der
sebttler empfoUenswert. aber die bisfcorisdien Tetbttltnisse des brie*
fts, die ja in einer dnleitang anseinandergeeetat an werden pflegen,
mftssen docb klar nnd eindSinglieh TorgdMbrt sein «nd aneb wtii-
rand des gansen briefes lebendig exfadton werden« in dieser bki*
ridit sdieint dem ref. etwas an wenig geseheben m sein; er bitte
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336 Thiele: der Kömerbrief in der g^mnasialprimai
z. b. bei dem abschnitte c. 9 — 11 ein specielleres herauserklSren aus
den individualitäten des schreibenden und der römischen gemeinde
gewünscht, ebenso im ganzen paränetischen teil, der übrigens sehr
kurz behandelt wird, wie es freilich die praxis wegen des nahen
semesterschlusses häufig fordert, aber welche Schlaglichter können
aus den geschichtlichen Verhältnissen z. b. auf c. 14 und besonders
c. 13, 1—7 fallen!
Das wichtigste bleibt freilich immer der mehr abhandelnde teil
des briefes. im grusz (1, 1 — 7) ist Ton den einzelnen werten aas-
gegangen, während y. 8— 17 nur inbaltBangabe und Zusammenhang
gegeben wird, in 1, 18 — 28 gebt der weg von der einzelerklänmg
zu umschreibender Übersetzung; zu 2, 9 — 3, 4 ist nach kurzer an-
gäbe des Zusammenhangs nur eine etwas ausgeftthrtere flbersetzong
gegeben, erklttmng und Inhaltsangabe und gliadorung werden mit
eüunder yerwoboi o« 8, 5— -31; c* 4. ist wieder küRer und nur
flhenlehtlicli behandalt. und in solehor vetachiadanhtit geht es
weiter.
üm «n Bodi ansehanlioberes bild von der weise des rerf. sa
geben, wihlen wir etwa e. 5 ^Christas und Adam'. 1, v. 1 — 5
^Christos und die heilsgater*. in der nachweisong des snssmniflB*
hangs mit dem bisherigen wird der gedaake gewonnen, dass Christos
es ist, der den weg zu den gütem des nenen testaments erOflhet
dann folgt erklärung einielner werte, besonders biKOiui66nP6C, elpri-
V11V, Kai (v. 2), 4Xic(c und dtairfi toO 6eo0, und endlieh eine Aber-
aetiung. dasselbe Terfshren wiicd eingeschlagen im zweiten ab-
sehnitt v. 6 — 11 ^Christas und sein erlOrangswerk*, wo der grund
fttr diese heüsgttter spendende Wirksamkeit Christi aoseinander-
gesetst wird, (mfiste hier aber nicht 6 mit t. 5 in engen m*
sammenhang gesetzt werden? der ganze abschnitt würde an klar-
hrit gewinnen, die erUirung des prisens cuvkrnci wire fimlish
anfkogebem.) im 3n absofanitt r. 12—14 'CSiristns nnd Adam* wer-
den bei dem bertthmten ix^* 4» irdmc fifiaptov drei der widitigsien
erklürongen angeltthrt (hier feUt die [I^mnssdie], weldie {bM^nov
faszt sls : der gewalt der sOnde nnterworfen. beUftofig sei hier auf
die in schnlkreisen, wie es schont, noch zu wenig bekannte sefaarfo
nnd TieUaoh neue erklärung des Bömerbriefii Yon Idpeios in. der
protestantenbibd aufmerksam gemacht) — es Mg^ v. 15—19 *die
macht der sOnde und der gnade*, dasz ^Beeer abschnitt mit dem
vorigen eng zasammenhängt, wird hervorgehoben, aber es tritt nieht
hervor , dasz der gegensatz : Adam und Christus aubh hier noch
durchgeht. — Endlich v. 20 und 21 Mas Verhältnis dee geseises
zur sttnde und zur gnade', es heiszt da: 'zu diesen w^tgeschicbt*
liehen mächten (sttnde nnd gnade) hat auch das gesetz Mosis —
ein bestimmtes Verhältnis, eine heilsökonomische relation' usw.
würde die behandluug dieser verse nicht gewonnen haben durch w-
rtickgehen auf Paulus und seine juden-christlichen lehrer, denen das
gesetz bisher als das eigentlich epochemachende erschien? — p. 39
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H. Warschauer : Übungsbücher zum übersetzen usw. 337
—41 werden ttbrigens die ersten 5 capitel ihrem gedankengange
iiach noch einmal in tibersichtlicher weise zusammengefaezt.
Mag dies genügen, um eine anschauung von dem buche zu
geben, das wir als einen dankenswerthen beitrag zur förderung des
hShem religionsunterriohts begrüszen und damit allen fachcollegen
empfehlen wollen.
Bemdsburq. Beiuihabd PaM8CH.
82.
DB. H. WABSOBADBB, GbUNOSBUOH ZUM ObBRBBTZBN AÜS DSU
DBUTSCDBBB IH DAS IiATBIBISCHB FÜR QUABTA, Hl AB80BLU8B AN
DZB, OEBr1uOHLIOH8TBB OBAMMATIKBN, BBS0HDBR8 AN DIB YON
BLLBHDT-SBTSVBBT. MIT WÖRTBBTERZEICHNIS. 8. X Und 188
DBSait. fOb tbbtia« XII und 188 Jenai K frommwin, 1876.
Bei der groszen anzafal lateinischer Übungsbücher, welche an
den verschiedenen schulen im gebrauch sind, ist man vielfach und
gewis mit recht geneigt neue derartige erscheinungen etwas mis-
tnmisch anzusehen, zumal gar manche der neu erscheinenden in
oichis wesentlichem von den bereits vorhandenen sich unterscheiden
und gar oft schon die rege gemachten hoflkrangen imd erwartongen
getSoBcht 8 ind. und doch kann es jedem lefarer abt erwttnscht sein,
Biohdem er eine reihe von jähren daaeelbe ülnnigsbBeh snm mtlnd-
Mm tlbereetzen mid vol exeroHieii beamtst hat« za mem andern
gnüm zu kltamen, dm üene sfttet, nenen Inhalt, neue gruppiening
Uetot; dnceh solchen Wechsel allein kann ja anch der nnerkuibten
benntnmg von gsneraiion tu generation sich forterbender Tersionen
wulnam gesteuert werden, daher wird also immer das erscheinen
amr tthnngsbUcher nicht nnr nicht ttberflflssig sondern erwünscht
und notwendig sein, sofern sie «ach .wirklich nenes in form oder in-
halt, oder in beider hinsieht bieten, solches nimmt nun der verfiisser
der oben Tcneicfaneien bttcher Itlr sich -nnd seine werkohen in an-
spnuk nnd referent gesteht dasselbe und damit dieexistensberechti-
gnng der bttcher Ton Tomherein gern nnd willig za. der Terfbsser
hat nicht die absieht, fabrikmftszig für alle oder doch die meisten
dassen des gymnasinms ttbangBbtt«äer zu liefsm, er hat sich auf die
beiden dassen beschrünkt, wdehe in dieser beziehang anerkannter-
nuttsen die bedflrftigsten sind und fttr welche geeigneten ttber-
Bebongsstoff zu bjetwi am schwierigsten ist (vergU Mensel zeitschr.
f. d. gymnasialweien XXVJLU s. 831 und 837). die mfindlichen über-
Befczungen aus dem deutschen ins lateinische nnd die exeroitien oder
Mripta sollen sich in IV und m anschlieszen an die capitel der syn^
tax, welche in diesoi dassen durchgenommen werden, nun hat der
sohlfler, wenn er in die quarta konunt, in quinta meist nnr einzelne
Atze aus dem deutschen ins lateinische ttbersetst, nur selten ganz
einfiiehe zusammenhingende stttckchen. da ist der sprang ein sehr
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338 . H. Wanoliftaflr: fibnugibücher zum übenetzen
groszor und die arbeit fttr ihn sehr schwer, wenn er in IV von ao-
fang an und durchaus nur zusammenhängende übnng^ücke zu über-
setzen hat, wie sie z. b. die aufgabensammlong von F. Schultz
bietet, ein Wechsel zwischen einzelnen sfttzen and zusamm^hängen-
den stücken wird zunächst diesen Übergang eileiehtafii; dazu kommt,
dasz einzelne sfttze fttr jedes einzelne capitel der syntn nicht bloez
in quarta sondern auch noch in tertia dem lehrer sehr erwünscht
sein müssen zu besserer nnd gründlicherer elnflbnng der betr. regeln,
da doch in jedem Mti ein beispiel m denselben gegeben worden
kann,^ wie das bei nisammenbftigenden stilekeii möglich ist
(vgl. die sehr rlebtigen bemerkongen TerfiMsers in der voneAe
zam tortialiefte s. IV). nnd wiedemm nnr oder doeh banptsädiKdk
(wie z. b. Ogtemuam nnd Bpiess) einxelne sitie mag man doch meU
stens — nnd nach des referenten ansieht mit recht -* einem qmn^
taner oder gar einem terdaner nicht mehr bieten, etwas inbaltroUere,
auch sachlich belehrende nnd — interessante sadien müssen aneb
für diesen zweig des nnternohts gegeben warden. demgemSsi bietet
der Tcrf^ weder nur einselne sllse, noch nnr zusammenhängende
atttcke, sondern — * wie es «och Mensel a» a. o. s. 897 fordert — bti-
des; er gibt fttr jedes capitsl der syntaz erst eni ftberseitsnngestück,
das ans einzelnen unter sich nicbi zinaiiiiaenhiiignnden sttaen be-
steht, sodann ein oder einige znsamnwmbtegende atflcke; jene wird
man besonders zmn mündlichen flbennfxen behnft einprägung der
frinzfllnen regeln bennftsen, in der aohnle dnrehnehmen nnd aben,
diese besonders als ezerdiia anfSvligeB lasium, aomit klftHiiB die
bücher als *ttbnngd>tleher* nnd als *an%abensammlni^en* zugleich
dienen.
In bezog anf die anordnnng acbliesafc sieb der verfL an die
Ellendt-Seyfiertsche gramaiattik an, weil *jenes lefarboch in der let^
ten seit ein nidit zn bestreitendes princ^pat unter den htainiasiiiii
söhnlgianuDatiken sich erworben hat' (vorrede z. tertlabeft a. IIQ;
die bücher werden aber andi bei anderen grammatiken gebrauokt
werden künnen. in dem quartahefte bildet dem aaüuig ein abschnitt^
* Wiederholung und ycrübung' überschrieben, welober snnfidist dia
zweck hat, die emprSguig der gsbrinchlichsten sstalbmien za e^
zielen, wie sie dem qusrtaner in seiner leetOre TOikcmmen^ dieser
abschnitt entbllt nur einzelne attae. zn nlherer erilnterung mügea
hier die übersdniften der einzeln« stücke atebsn: I eoninnetioiM
temporales; II participium coniunctem; III abbtmis absolntns; PT
gerundium nnd gernndivom ; V aocosatiTns cum infinitiyojYI ncmi*
natiTUs cnminfinitivo; Yllut finale; ne; Terba timendi; Vulutcon-
seontiyum; non dubito quin; IX fragesStae; Z das pronoHasn per-
sonale und possessiTum der dritten person in unabhSngigen und
abhftngigen Sätzen. ~ daran hat man fttr die eratcn woohen in der
quarta ein ansreiohendes pensum zur Übersetzung, welches anr he-
fostignng und Ordnung des bisher mehr gelegentlich nnd sporadisek
schon eitomten dienen kann und für die in den fdganden stOefcsa
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aus dem deutschen iu das lateiuibclie für quarta uud tertia. 339
vorkommenden satzformen einen guten grund legt, sodann enthält
dieses heft den nötigen tibersetzungsstoff zu dem gemeiniglich der
quarta zugewiesenen teile der syntax, der lehre von der übereinstim-
ntnng der satztdle und von den casus, beispielsweise sei der für den
ablatiy gebotene stoff hier angegeben : a) ablativus causam ; glorior,
(con)£ldo, nitor, acqniescOf contineo, consto ; contentus fretus, 20 ein-
zelne Btttze , zusammenhängende stücke 37/38 'Alexander rächt die .
Bohandtiiat der Branchiden*. h) ablativus instrmnenti ; ablativus limi-
iationis, 20 emselne sätze, zusammenliiiigende stücke 39/40 'kennt-
nisso ntttea mAar als reichtnm*. c) ablatiyus modi ; 20 einzelne sätze,
msammmihängqnd» ttfloke 41/42 ^Ajax'. d) ablatiTos mensurae; ab-
Istivu ooBpttttikiiiis; ablativus pretü, 20 einselne sfttze, znsammen-
hängende sMoks 43/44 IsokratM*. e) verb» der irawmg, 20 ein-
stlne sfttze, zusatnauadA^giBttde siflok» 45/4G *di6 GalH«r JiMelilieaMii
▼on der drOokenden heraohsft der BOmer doh sn befreien*, f) abundo,
esreo, compleo, orbo eta; opus esse, 20 eisMliie iftte, snsattmea-
klageiide stüöke 47/48 ^Atalaats und H^fKNnsnes'. g) dignus ete.;
utor, firnorete. 20 eineehie sStee» mwmimenbangendee etll<^49'eiif
wslehe Seminunis sieb der elleinlieisehaft bemBebiigt hsA\
dsrsnf folgen , wie bei jedem eaeiis, vier sasemmsBbIngeBde stttoke .
m wiederholnngy 'Alenndsr von Pherft wird auf anstülsn seiner
gattin ermordef. — Den seUnss des heftes bilden noch mehr als
vier Seiten einselMr sKtee nnd 21 snssinmenhlngeiide MiAe xor
wiederholnng Aber die gesenunte easnslehre.
In »hnliBher weise bietet das ttbvngsbneh fVür tertie sonidttt
wieder einen anslOhriiohen absehnitfc rar wiederbohmg der oasna-
lehze mit dnsehlass der präposiiionen, dOrasanunenbSagende stieke;
es gibt sodenn flbereetsnngssioff ra der syntaz des verbs, anoh hier
der anordnmig von Ellsndt-SsjxffiBrt feilgend, imd bietet sdiliesilieh
als lotsten absehnitt» rar wiedesliolnng der gssammt^taK, 34 ra-
sammüihlagende stdckie. aneb ans diMem hefts sei es dem ref. ge-
stattet, den übersetrangsstoff ra einem eapitsl anmgeben: Y der
indieativ nnd coiyonctiv in nebenstttsen nadi ein nnd derselben eon«
jnnetion« a) coniunotiones temponies (seitsätse), 20 einselne sfttse»
wie bei jeden der folgenden nummem, znsammenhSngende stOeke
54, $5, 56 'wer ist wnkriuift wolthltig?' 5) eoninnotiones eansales
(begrOndongssitse), 57| 68, 59 'wodnxoh Aleiander versnlasst worde,
den NTslem die freiheit ra lassen*, e) eoainnetionee eondioionales
(bedingongssStse) 1) si, nisi, simodo, dorn, modo, dammodo,nednm,
60, 61, 62, 63 'Xenophon, wegen fibermats angeklagt, reditfertigt
sich', 2) nisi (ni) und si non; nisi qnod, nisi forte, nisi vero, 64, 65
'OiffiiB grttszt seinen Titos aof das berslidiste'. d) conionotiones
coieessivae (einräomende nebenstttse), 66, 67 'Columbus entdeckt
neues land'. e) coniunotiones comparativae (vergleichende nebeop
B&tze), 68, 69 * vergleichung des menschlichen lebens mit einem
flösse'. — Durch die so überall durchgefttbrte teilung der einzelnen
eapitsl in versehiedene kleinere absebnitte wird die feste einttbung
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340 H. WanduHiffir: übangfibflclier com übeneiMB
der einzelnen regeln in mfladUdier und sdunfUicker flbmebimg
sicher bewirkt und dureh die hftnfigen wiederhohmgsanfgaben das
gelernte immer fcsk nenem befotlagt dazu geben &e beiden hefte
guten nnd reieklielieii stoff tum mflndlichen nnd ediziiyielia
Überietien, fttr exerdÜA gewia anereieheiid für mdirere jalire, die
ly. heft fitar S, das IIL heft fttr 3 jähre, was doch aneli u&t wa hiOi»
gen ist»
Auf die answahl und gestaltang des stoffss hat der yerf., wie
maa es allerdings wol verlangen darf, besonders grosse Sorgfalt w
wendet, die oben mitgeteilten flbersehriften der «isammmihingen
den sttteke je einee abschnittes der beiden hefte werden eine hin*
reiehende TorsteUnng geben, Ton weleher art dieselben dordh*^
ganzen bttdier sind, übersetsangen ans lateinisdien antoren hat der
Terf. absiehtlioh aoegesdhlossen mit bemfimg airf das eompetentB
urteil C. y. Jans (seitsohr« f. das gymnasialwesen UYii s. 537 ft),
dessen winken und lordemngen der verf. ttberhaupt TielfiMh gefolgt
ist; auch sind es ja nicht aussehlieszlibh oder auch nur hanptsl^
lieh der alten gesduchte entnommene stoff», man findet Tiebsdir,
und besonders natOrlidi in dem buche fttr m, alle genres der Uber-
Setzung Yertreten, wie sie in n und I vorgelegt werden, naftar-
geschiditliche uMb und Ueine abhandlungen, briefo, reden, ge-
schichten aus alter und neuer seit, dabei braudit kaum nodi herrcr-
gehoben zu werden, dass denstolEnidit etwa anderen tt,bung8btichem
ein&di entnommen ist, sondern finei und selbetSndig vom verf. zs-
sammengetrsgen und verarbeitet, so dass die betr. regeln, zu wdchen
die stttdce gegeben sind, immer hiufig darin vorkommen; m den
wiederholungsstticken finden sich immer alle betr. regeln vieUaeh
und im bunten gemisch aagebradit. die ansdrucksweise hat der
verf. dem standpunct des schfQers angepasst; die spräche ist weder
zu kindlich und ein&di, nodi audi zu schwerftllig oder gar unve^
stBndliohi was man ja an mancHen anderen derartigen bttdum zu
tadeln hat; proben deutschen stUs wird freilich kein verstlndigar in
einem solchen tlbungsbuche suchen.
Der verf. ist bestrebt gewesen, die sdifller in den mittleren
dessen gehörig für die oberen vorzubereiten, ihren verstand zn
BchSrfen und sie in den stand zu setzen, ohne immerfort desdeutseh-
lateinische lexicon zu benutzen , in den oberen dessen ihre exerdtia
und lateinischen anfisfttee anzufertigen, dieser zweck wird nach des
ref. meinnng durch sorgföltige benutzung dieser bücber gewis er-
reicht werden k5nnen. freilich hat der schttler an der bewältigmig
des Stoffes zu arbeiten, da der verf. es ihm nicht leicht macht; es
ist absichtlich vermieden , dem schttler 'überall krücken zu bieten',
es wird vielmehr immerfort an seine denkkraft appelliert, ohne doch
zu viel ihm aofruerlegen. auch der lehrer wird bei der benutzosg
dieser bücher zu arbeiten haben, aber das ist gewis kein nachteil für
die Schüler und kein fehler dieser bttdier. — von wesentlicher be-
deutnng ist das gttnzliche fehlen von erUftrenden bemerknngen nnd
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aoB dem deutsoben in das UieiiiisGbe für qnarta und tertia. 341
lunweianagen imd besonders yob vocabelii unter dem texte; den
nötigen Wortschatz findet der scbüler indem wOrterverseiehnis,
welches zu jedem hefte besonders gearbeitet nnd diesem beigegeben
ist; nad wo sonst noch bemerknngen dem verf. nOtig ersäiienen,
8in4 dieselben hinter dem texte gegeben , aber nnr sehr wenige , 71
in dem quartahefte« 100 in dem tSa Hl, phxasen, sjntaetisehe nnd
stilistisehe andeatu^gen in knaiypster form, aber meist Yerstibidlieh
genug, enthaltend, das wörterVerseichniB, welehes iBr lY Tiel ans
der Phraseologie des Kepos nnd Ittr m besonders viel material ans
Caesar enthalt, gibt nicht alle in den betr. heften yorkommenden
wOrier, der yerf» yerlangt mit recht, dasz der schtller nach IV schon
dnen yocabelschats mitbringe nnd diesen in yerwerten suche, nnd
in dem für III bestimmten wird wieder yieles nicht alles —
roranegesetst yon dem, was in dem qnartahefte sieh findet, indem
so nadi des verfl absidit das ttbersetsen ans dem deutschen ms latei-
nisdie mit der lectOre gewissermassen band in band geht nnd das
Yocabolar gerade die wOrter enthSlt, mit welchen der sdilller in den
betr. beiden dessen und nachher auch in II und I am meisten zu
operieren hat, wird die wflnschenswerte genauere einprflgung dieser
wOrter durdi ihr hftufiges yorkommen im lateinischen und deutschen
flbersetsungsstoff gewis besser und grttndlidier erreicht werden, als
es durch systematisohe yocabularien geschehen kann. — jene anord-
nung aber hat den grossen yorteil, dasz der scbüler beim mtlndlicben
übersetsen nidit die äugen zwischen dem texte und 'der unterweit
der noten' bin- und herschweifen lassen kann, was ihn in verwirrang
bringt und in steter unrahe hält, was auch, wie der yer£ mit recht
bemerkt, *den lebendigen yerkehr zwischen lehrer und schtller
henmit' (vergl. Meusel a. a. o. s. 833). und hat man, wie das doch
oft geschehen wird, für die mündliche Übersetzung d&e priparation
auf ein oder mehrere stücke aufgegeben, so wird, wo diese büdier
eingeführt sind , der schüler sich auch wirklich präparieren müssen;
er kann sich nicht auf das verlassen, was 'unten' steht, alle seine
hilfe findet er *hinten% und da musser zu hause nachgesehen haben. ^
— £8 wird nach dem gesagten kaum noch der bemerkung bedürfen,
dasz auf eine grammatik an keiner stelle des buches verwiesen wird.
So empfehlen sich nach des ref. meinung diese bücher sehr zur
einführung und zum gebrauch auf unseren gymnasien, mehr als viele
andere Übungsbücher und au^bensammlungen ; der schüler wird
aus ihnen etwas tüchtiges lernen und durch sie gehörig für die obe-
ren dassen vorbereitet werden und ihr Inhalt wird weder lehrem
noch Schülern langeweile und überdrusz erregen.
Selbstverstttndlich finden sich einzelheiten, gegen welche man
«nsstellungen und einwendungen erheben mag, und auch ref. will
^ man vergl. auch die richtigen bemerkungen über die 'noten-
Stilistik' in der überhaapt an trefiflichen aasführangen reichen und sehr
gediegenen schrift von J. Bothfaehs: 'syntazis ornata, extemporieren,
-eonstrnieren, praeparieren^ Harburg 1875, a. 14 ff. s. 28.
442 * H. Wanehaner: fibnugibficber mm übenetiett
dflnrtiges nun folgen lassen, einiges davon beruht ja auf subjecti-
vcm urteil , anderes aber wird hoffentlieh auch der verf. bei silier
neuen aufläge der bertlckaiohtigung fttr wert halten.
Zunächst ist in besQg amf die Schreibung der griechischen und
römischen eigennamen gröszere g^siehiattszigkeit sa empfehlen; der
▼sir£ schreibt die grieolüseheii Ortsnamen meist auf cSf Sestos« lol-
kos etc. , aber Epidauru^ m s. 51 , die griechischen personennamea
teils auf os^ Lasos, Ischilaos, teils «af uSy Patroklus, Klitus, Cadmas;
IV 8. 83 : 'Ptolemäu^ des Lagof söhn', gar vielfach schwankt in
griechischen und römischen namen k und c: Calydon, Carthsgo«
Colchis, Corsica, Cadmus, Cato, neben Elnpea, Kroton, Krassus,
Elitus, Elazomenä; Africa neben .EAnomns; III s. d steht ^kaiser
Klaudiuä\ s. 44 ^Appius CIoimUiis'. — In dem wfirtenrerzeichnis fttr
IV £ahlt die weitaus gröszere menge der eigeimamen, nicht blosz
solche, imsm form im deutschen und lateinischen gleich ist und dsrai
genitiY Tom schtüer richtig gebildet werden kann, sondern auch
solche, welche im dentsoben in anderer form erscheinen als im latei-
nischen, oder über deren dedination die schttler auf dieser stufe noch
unsicher sind und bei denen sie eE&hrungsgemSsz viel fehlen, der
verf. scheint in dieser beziehung dem schüler doch wol etwas zu viel
zuzumuten und ist dabei nicht consequent. so fehlen z. b. Ovid, Ae-
sop (doch Admet . . . Admetus), Alexander, Ceres, Oedipus, Ver-
cingetorix, Orgetorix (doch Dumnoriz angegeben), Horaz^ Terenz,
Salamis^ Colchis (doch Osiris, Tyndaris), Bubicon, Agamemnon,
Xenophon, Ki*eon, Calydon (doch lason, Laocoon), Messenier,
Sidonier, Saguntiner, Uneller (doch Sicyonier,Arverner,Agri-
gentiner, Vej enter sind angegeben), Neapel, Venedig (letzteres
findet sich dagegen im Wörterverzeichnis für III) usw. in dem für
III sind fast gar keine eigennamen mehr angegeben, der verf. setzt
sie nun als bekannt voraus; da hätten aber auch Britannia und
Mediolanum fehlen sollen, zumal sie sich schon in dem wörter-
verz. für IV finden, dem referenten würde es richtiger erscheinen^
wenn in dem buche für IV alle vorkommenden eigennamen mit
hinzufügung der genitivendung in einem besonderen Verzeichnis
gegeben würden, nach art von P. Schultz oder R. Möller, in dem fiii'
III müsten dann ebenso alle in IV nicht vorgekommenen in dersel-
ben weise aufgeführt werden.
Vermiszt hat ref. und notiert deshalb hier als fehlend (mit weg-
lassung des schon von anderen recensenten angeführten') im wörter-
verz. für IV: wieder aufblühen (s. 3), vorschnell (s. 3), oheim (s. 10),
von Silber (s. 17), nicht verdienen (s. 19), untergeschoben (s. 24),
auf seinen betrieb (s. 42; unter ^betreiben' ist studcre gegeben,
was aber an der stelle nicht passt), entwaffnen (s. 47), patriot s.
98). noch viele andere Wörter stehen nicht da, aber diese wird man
nach des ref. ansieht am wenigsten bei einem quartaner voraussetzen
^ z. b. Jenaer litteratnneitmur 1876 nr. 40. pftdagog. afehiv 187i
8. Ö93 f.
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aas dem deutflchen in das lateiniache für qiuurta und tertia. 343
dürfen, und der verf. wird dem um so weniger widersprechen kön-
nen, als mehrere der angegebenen worte (oheim, vorschnell, nicht
verdienen, patriot) im wörterverz. für III angegeben sind, in diesem
fehlen noch ausdrücke für 'der ämter entsetzen' (s. 30; unter 'ab-
setzen' steht nur removei'e)^ 'münzen prögen' s. 35, Verhältnis' s. 52.
In dem Übungsbuche für lY ist die zu dem satze 'welches die
gesinnung derselben gegen das Vaterland wäre' (s. 1) gegebene be-
merkung: 'welches bezieht sich auf gesinnung' für einen angehenden
quartaner nicht verständlich genug ; derselbe kann daraus nicht ent-
nehmen , dasz das pronomen im genus mit dem Substantiv überein-
stimmen musz. ebenso ist es für einen angehenden quartaner nicht
genügend, wenn zur Übersetzung von 'allzuviel arbeiten* (s. 4) das
wörterverz. nur bietet 'allzuviel nimis* ] dasz dabei der genit. partit.
stehen soll, muste hinzugefügt werden, irre führen kann den quar-
taner die bemerkung 18 inquit zu 'sprach man' ; besser wäre inquam
zu setzen. — Unter 'niederlegen' findet sich für IV nur dqyonerey
für 'er legte die dictatur nieder' (s. 1) wird unter 'dictatur' auch
noch ahdicare gegeben , aber die construction dieses verbs ist nicht
hinzugefügt ; ebenso fehlt die construction von cetiloreni facere unter
'benachrichtigen', überhaupt findet sich bei vielen verben, deren
construction im lateinischen vom deutschen abweicht, diese nicht
angegeben, besonders im tertiahefte, der tortianer mag sich ja rath
holen können in einem lateinisch -deutschen lexicon; aber der quar-
taner? — Für 'in die flucht schlagen' wird nur geboten fugare^ in
fugm coniicere] weshalb nicht auch dare und converterc? auch f lin-
dere in diesem sinne und fmidcre atque fugare für 'völlig besiegen*
neben deuincere^ welches der verf. allein bietet, musz der schüler,
wenigstens doch in III, lernen, während unter 'macht' angegeben
sind (IV) potestaSy opes, facultaies, steht unter 'brechen* : 'macht opes,
vires\ unter 'verderben* enthält das wörterverz. für IV '= zu schän-
den werden perire'] daraus kann der quartaner nicht entnehmen,
wie er übersetzen soll 'dasz alle feldfrüchte verderben werden*. —
rV^ 8. 124 steht lautuwiac, III s. 178 richtig lautuwiiae; andere
druckfehler sind IV s. 13 peneiw^usz, IV s. 22 Megarder (s. 118
richtig Megarcer), III s. 151 bem. 32 praetero. die bezeichnung
ftnperat. futur, III s. 161 bem. 16 ist wenig üblich, auch nicht in
Ellendt-Seyfferts grammatik. endlich mag noch als äuszerlichkeit
moniert werden, dasz im Wörterverzeichnis für III alle mit / an-
Isotenden Wörter in einem artikel verzeichnet sind, während das
wörterverz. für IV sie nach Jvocal und Jconsonant sondert, ist
diese ungleichmäszigkeit beabsichtigt?
Doch diese und andere derartige mängel beeinträchtigen die
brauchbarkeit der bücher wenig oder gar nicht, die äuszere aus-
stattung derselben ist angemessen, der druck gut und correct, der
preis billig, so dasz auch in dieser hinsieht die bücher sich zur ein-
flUming sehr empfehlen.
Batzeburo. Wilbhlm Yollbrecht.
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344 G. Stier; Material fttr den mittelhochdeatecheD Unterricht
SS.
8TIBB, a., DIB. DX8 BBRSOOL. FBAH0I80B1IM8 VSD DBB pIdAOO-
GIOMB SU 2BBBBT, KATBBIAL FÜB DBB XITTBLHOOBDBUTSOBBK
UNTBBBIOBT AUF HÖHBBBB LBBBAB8TALTBM. BBTHALTBBD: 6E-
8OHI0BTUOH-OBOORÄPHI80HB BINIAITUBa, FOBMBBLBHBB , WÖR-
TERBUCH, ANHANG ÜBER NBUHOCHOEUTSCHE ORTHOQBAPBH.
▼ierto anfl. Ldpng, B. G. Teubner. 1877. 8. YiU, 100 a.
Wenn es im allgemeinen als überflüssig erscheinen kann, neue
auflagen bereits früher bewährter und in mehreren Wiederholungen
erschienener bücher einer besprechung zu unterziehen , so ist dieser
grundsatz für das oben angezeigte werk keineswegs zutreffend, ein-
mal ist dasselbe, nachdem es bereits in der 3n aufl. aus anderm ye^
läge in den besitz der B.G. Teubnerschen Verlagsbuchhandlung über-
gegangen war, nunmehr seit einem jähre auch in der der genannten
officin eigentümlichen soliden und eleganten ausstattung erschienen;
und sodann, was die hauptsache ist, es ist in der that ein teilweise
anderes geworden, referent, welcher die 4e aufl. seit ihrem erschei-
nen beim Unterricht in der secunda des hiesigen gymnasiums benutzt
hat, kann versichern, dasz dieselbe, ohne die Vorzüge der früheren
auflagen aufzugeben, sich durch mancherlei änderungen, selten ktir-
zung, häufiger Vermehrung des Stoffes aus einer zum studium des
altdeutschen mehr anregenden als anleitenden skizze zu einem für
Unterrichtszwecke vollständig ausreichenden leitfaden ergänzt bat.
Zu den Vorzügen der früheren bearbeitungen rechnet referent
namentlich zweierlei: einmal die mit sicherem tact getroffene aus-
wahl und sichtung des Stoffes, wobei die neue aufl. durch verschie-
dene erweiterungen (so in der lehre von der lautverschiebung, der
flexion des schw. verbums, der unregelmäszigen comparation, dem
Bnmenile u. a.) manche lücke ergänzt, in anderen fällen eine prä-
cisere fassung des schon frtther gebotenen herbeigef&hrt hat. viel-
leicht hätte dabei hier und da noch mehr geschehen können, um,
ohne den lemstoff eigentlich zu vermehren, dem lernenden dieses
oder jenes sprachliche gesetz noch mehr zn verdeutlichen, so hätte
ref. gewünscht, bei der IsatTersehiebung auch die behandlung der
labialen und gnttnralen in derselben weise wie die allerdings r^^
mftszigere fenchiebnng der dentalen durch beispiele illustriert n
sehen, n&d die der letstmn am liebsten mit gesonderter berOeksü^
tigung der stellimg das wwHmmisa^ ob im an-, in- oder anslant
«nch bei der l^bre vom mnbnt nad der hvechnng würde das bei-
bringen je eines beispiels fttr jeden nmlaatenden oder gebrocihMMB
Yoeal (es fehlen belege fttr ^ 0, fi — iu , ou — On, no — tle; in
— ie) erwünscht gewesen seiiu ein etwa ergänzendes dietat des leh-
rers ¥rird leieht misTerstaaden,
Die zweite eigentttmlichkeit des Stiersc^eii.^materials', die ref-
in dieser weise in keinem Ähnlichen leitfbdm gefünden zu haben sid
erinnert, besteht darin, dasz zwischen der dem adilller fremden
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H. Stier: material für den mittelliochdeutscbeu Unterricht 345
mittelhoclideutscben und der ihm geläufigen neuhochdeutschen sprach-
stufe durch berücksichtigung von Spracherscheinungen aus den da-
zwischenliegenden Jahrhunderten gewissermaszen eine brücke des
Terständnisses gebaut wird, das aus der i. g. sehr conservativ
überlieferten bibelsprache dem schüler vertraute idiom Luthers , die
vielfach altertümlichen Wendungen des kircbenliedes, ebenso die bei
neueren dichtem, namentlich Uhland, vorkommenden und besonders
im reim erhaltenen Archaismen, endlich so mancher nicht immer
beachtete ältere ausdruck unserer modernen spräche, der durch
formelhaften gebrauch oder durch frühzeitige fixierung in zu-
sammengesetzten Worten sein dasein gefristet hat, dienen als
willkommene mittel, dem lernenden den geschichtlichen Zusammen-
hang zwischen altem und neuem zu zeigen und manche wortbilder
und Wortbedeutungen, die ihm im mittelhochdeutschen auf den
ersten blick fremdartig entgegentreten , als etwas bekanntes , wenn
auch nur geahntes, erscheinen zu lassen, auch das englische wird in
dieser weise mannigfach verwertet, wobei freilich, wie die Sachen
einmal stehen, zu fürchten ist, dasz dieses analogen nur einem gerin-
gen bruchteil der schüler, etwa den realschttlem, zu gute kommen
wird. — Auch diese seite des leitfadens, auf die ref. als ein vorzüg-
liches mittel, ein reges interesse für die sache hervorzurufen — nach
Herbart das erste didaktische erfordernis — ein ganz besonderes
gewicht legt, hat in der neuen aufläge eine wiederholte prüfung,
resp, Verbesserung und ergänzung erfahren.
Hochwillkommen wird es lehrenden wie lernenden sein, dasz
der nie teil der 3n. aufläge, welcher eine auswahl von lexikalisch
besonders bemerkenswerten mittelhochdeutschen Worten enthielt,
namentlich solchen, die seit jener periode ihre bedeutung gewechselt
haben, nunmehr zu einem vollständigen Wörterbuch für das nibe-
iangenlied und Walther erweitert ist. zwar bieten die meisten mittel-
hochdeutschen Chrestomathien, deren eine ja dem altdeutschen Unter-
richt zu gründe gelegt zu werden pflegt, ein leidliches glossar; indes
ist es wünschenswert, dasz der schüler zu einer vollständigen
textausgabe jener beiden classischen werke ein ausreichendes lexika-
lisches hilfsmittel in bänden hat, schon um etwaiger privatlectüre
willen, und sodann bietet des verf. Wörterbuch eine selbständige,
stels zuverlässige arbeit, die in maszv oller weise zugleich etymolo-
g-isch- linguistisches material beibringt, gewünscht hätte ref., dasz
TTorte, welche unverändert in das neuhochdeutsche übergegangen
sind, wenigstens dann mit aufgenommen wären, wenn sie ihre flexion
verändert haben, z. b. helt (stm.) u. dgl. — Der ^anhangüber Ortho-
graphie' hat eine durch die Berliner conferenz gebotene Umgestal-
tung erfahren, deren regeln zum teil auch auf die Schreibung des
bacbes selbst von einflusz waren, da indes die betreffenden ver-
bandlungen während der drucklegung nur erst ungenügend bekannt
geworden waren (s. vorrede s. VII), so war hier eine Vollständigkeit
zu erreichen nicht möglich.
N. Jahrb. f. phil. a. päd. II. abt. 1878. hfU 7. 88
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846 Yainluigeii: eyitem. Tendchnlt Ton programmabliaBdlimgen uiw.
Die aassiattong des bvcbes ist eise yorzügliche, der dmok
anssercnrdeiiflieli comct an dnidkfeUem sind dem usf. ansier doi
beiden in der Torrede namhaft gemaehten fdgende aufgestoswn:
8« 19 8. 13 T. Q. ist zn lesen os statt As, s. 35 s. 6 n. praet» statt
pxaes., im wdrterbnolie s. 60, 6, s. 1 t. o. stf. statt swfL Fem«
hfttte im wOrterbnohe s* 77 aufgenommen werden sollen ioerkme nd
s* 57 nnter *hexse swn.' erwihnt werden sollen, dass einaelne cssss
des wortee anch stark gebildet encbeinen, s. b. se berse Nib. 1174^ 3.
Zbbbst. H. ZuRBoae*
34.
SYSTEMATISCHES VERZEICHNIS DER AUF DIE NEUEREN SPRACHE»,
HAUPTSÄCHLICH DIE FRANZÖSISCHE UND ENGLISCHE, SOWIE DIE
SPRACHWISSENSCHAFT ÜBERHAUPT BEZÜGLICHEN PROGRAMM-
ABHANDLUNGEN, DISSERTATIONEN UND HABILITATIONSSCHRIFTEN.
NEBST EINER EINLEITUNG. VON HERMANN VARNHA GEN. AK-
HANG ZUR ENCYCLOPÄDIE DES PHILOLOGISCHEN STUDIUMS DER
NEUEREN SPRACHEN, HAUPTSÄCHLICH DER FRANZÖSISCHEN UND
ENGLISCHEN VON B. SCHMITZ, gr. 8. XYIII Und 100 8. Leipzig
1877. C. A. Kochfi verlagBliandlung.
Während fttr die alte pbilologie schon seit geraumer seit in den
betreffenden werken W. Engelmanns und C. H. Hemnanns die oft
sdiwer sn erlangenden sehnlprogramme, dissertationennnd Ihnlielw
Schriften an&ahme geftanden beben, fehlte ein yeneicfanis der auf
die neueren sprachen besflgliöhen sehriften so gut wie gans, da in
der bekannten encyidopttdie Ton prof . Schmita nur die akadoniscfaen
Programme, dissertationen ond habilitationsschrifiMi einen plaia ge-
fanden habem es lag somit der gedenke nahSt ein mOgUchst v^-
stibidiges yerseiehnis aller programmabbaadlmigen anch fttr die
neneren sprachen abzufassen, dr. H. Yamhsgen hai sich dieser eben
so m11he?ollen als dankenswerten arbeit nntersogen und swar so,
dasz seine arbeit einen anhang zu dem ebengenannten werke von B.
Schmitz bildet, in einer vierzehn seiten fttllenden einleitung gibt
nns der Verfasser einen gehmgenen abrisz der geschickte des Pro-
gramms und der dissertation sowie eine systematiscbe flbersidit der
bibliographie der programmlitteratur. letztere scheint nahezu voll-
stündig verzeichnet sn sein; referent yermisst nm* auf s. XIV den
Zusatz 9 dasz die österreichischen programme von 1872/3 durch
H. Ficker, die von 1873/4 durch J. Gutscher in der Zeitschrift fttr
die österreichischen gymnasienXXy (1874) s. 375—390 resp. XIVI
(1875) s. 795 — 802 zusanmiengestel» worden sind, ond dasz neuere
dings die österreichische regierang selbst fttr die veröffantlichiuig
der im kaiserreicbe erschienenen programme sorge trSgt: vgl. Ö8t6c<-
reichisches Verordnungsblatt 1876 stttck YHL — Die anordnoag^
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Yambagen: System. Terzeichnis von programmabhandlungeu usw. 347
stoifes war dem ref. in den grundztigen durch die encyclopädie vor-
gezeichnet, wenngleich er auch im einzelnen hie und da davon ab-
gewichen ist. für einen glücklichen gedanken halten wir es, dasz
aach die litteratnr der übrigen in der encyclopädie nicht behandelten
sprachen verzeichnet wird, die titel der abhandlungen sind , soweit
referent nachgeprüft hat , meist genau und vollständig bis auf die
seiienzahl wiedergegeben, dasz einzelne versehen untergelaufen sind,
wer wollte das dem Verfasser zu hoch anrechnen ! so lesen wir s. 6 :
Penka, Carl, ein beitrag zur vergleichenden casuslehre. Wien? 1874.
das fragezeichen nicht nur — die abhandlung wurde ausgegeben als
Programm des real- und obergymnasiums im 9n bezirk — , sondern
der ganze ütel wird bei einer neuen aufläge zu tilgen sein , denn er
lautet *über die entstehung der synkretischen casus im lateinischen,
griechischen und deutschen, ein beitrag zur vergleichenden casus-
lehre\ s. 10 (Kaufmann, semitische bestandtteile cett.) war DiZlin-
gen zu schreiben, s. 11 ist Windischs schrift über die relativprono-
mixia nicht dissertation^ sondern habilitationsschrift, s. 13 A. ?on
Qnerickes diasertation de linguae vulgaris reliquiis apud Petroninm
nicht eine solche Yon Leipzig, sondern von Königsberg, s. 26 ist bei
*Krtlg«niiaan, welche Veränderungen er£Eduren die lütesten lateini-
schen huchstaben im französischen' das wort 'ältesten' zn tilgen,
eine ttbersetsnng von Oomeilles Cid verfaszte Franito nidit Frandto.
Dnbois vergleichung der Iphigenien des Euripides ond Racine ist
1869 nicht 1670 erschienen. Bonterwek nicht Bonterwedt — so
wiederholt s. 69 nnd 60 — lautet dar aame des Terstorbenen direc-
ioxB des gymnasiums zu Elberfeld. YittorioAIfieris Ägide ftbersetiie
A. S^taoasU nicht Sdhmidl^ (s. 77).
Doch das sind kleinigkeiten, TerBefaeiiy die in einem werke, wie
es das yorliegende ist, fast unausbleiblich sind* für eine neue auf-
läge dürfte es sich gewis empfehlen, bd sdbriflen, die spftter in er^
Weiterter gestalt dem buchhsndel übergeben oder in einer Zeitschrift
yerüffantlicht worden sind, dies ausdrücklich anzugeben; leider scheint
dies nur zweimal bei Löwe (s. 57) und Callenberg (s. 60) geschehen
zu sein, sind doch sMisduiften oder im buchhandel befindliche
Schriften im allgemeinen bei weitem zugänglicher als schulschriften
und dissertationen. so sind beispielsweise Wilhelms programm de
infinitiYi vi et natura (s. 6) zu einem stattlichen budie erweitert,
Autenrieths syntazis comparatiTae partionla terminus in quem (s. 7)
über das doppelte yermehrt, Baithels dissertation (s. 37) über den
gebrauch und die begriffliche entwicklang der altfranzüsisdien prae-
positionen unter etwas yeründertem titel 76 selten stark dem handel
llbergeben worden. Windischs Untersuchungen über den ursprong des
xelativpronomens in den indogermanischen sprachen (s. 11) sind nur
ein brnditeil einer grOsnren in Curtius Studien zur griechischen und
lateinischen grammatik II (1669) s. 303 — 241 erschienenen abhand-
lung. allerctiugs ist Wackemagels programm über die dramatische
poesie (s. 19) in seinen klemen Schriften nicht wiedergedmckt, wol
28*
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348 Wünsche eines bibliothekan.
aber Th. Meyers längst vergriffene, treffliche programme Uber Eari-
pides, Racine und Goethe in den unlängst von E. Frohwein herauK-
gegebenen Studien (Gera 1874 s. 215 — 412).
Dasz eine absolute Vollständigkeit in aufzeichnung von Schriften
dieser art geradezu unmöglich ist, weisz jeder^ der sich in ähnlichen
Zusammenstellungen versucht hat. indes müssen wir es dankbar an-
erkennen, dasz Vamhagen alles mögliche geleistet hat, besonders
wenn man in betracht zieht, dasz ein versuch wie der vorhegende
zum ersten male unternommen ist. der Verfasser hofft f&r daBfiu-
zösische und englische eine wenigstens annähernde ToUstRndigkeit
erzielt zu haben, eine neue aufläge wird gewis das werk einer üuner
gröszeren Vollkommenheit entgegenftOuren. Termiszt habe idi i. b.
K. Foth, die Verschiebung der lateinischen tempora in den romani-
sehen sprachen. Straszburg 1876. 8. (aneh im 2n bände der nma-
niachen stadian); Lindner, lobgedieht anf die zusammenkimft
Franz I mit Karl Y In Aignea mortos. naeh dem originale sof dir
Bostoeker nniverntitsbibliotiiek henusgegeben. 8. (295.) Boatoek
1875. Programm der grossen stadtsehnle war b^früszmig dar 30s
Terhandhmg dentsdier philologen nnd sdialmSnner; J. Frank., Uber
J. B. Loois de Gresset und sdnen *M6ehant' 8. (s. :35— 58.) Kilob*
bnig 1876. gjmn. - progr.; Ahn , John Ifiltons leben imd poetiscl»
werke. Enpen 1862. progr. der höheren bUrgorschole. von Oeoir
majn Stadien zu Shake^eares Jnlins Caesar ist 1876 dne lbrfc>
Setzung in 8 nnd 36 s. eriduenen. Aug. Fritz, die Menieebmi d«
Plantos nnd die eomedj of errors des Shakespeare in ihrem verittit-
nisse als original nnd nachahmende hearbeitung. 8. (31 s.) Pisiiio
(Mitterburg) 1874. gymn.-programm, endlich Jos. Cnlot, le vieende
della poesia italiena nd secolo XVUI. 8. (29 s.) GOrz 1871. gynn.-
programm.
Ein treffliches antorenregister, das jedoch durch hinznftgoig
der T(ffnamen an ttbersichtUdikeit gewonnen hfttte, scÜiesztdssbadi,
dem wir ans Toller Überzeugung £e weiteste Tcrbreitnng wünsdien.
GvBA. Bin>OLF Kluszuahh.
85.
WÜNSCHE EINES BIBLIOTHEKAES.
Der entsetzlidie baDast, welchen die programme fiOr diebiblio-
theken bilden, hat schon so oft Teranlassung zu klagen gegeben, da»
es sdieinen mnsz, als könne kanm noch etwas neues daräer gesagt
werden, indes die Inderungen , wdche in der jüngsten zeit mit d«r
Zurichtung yoigenommen worden sind, habni £e sache fttr des
bibliottiekiff nicht yerbessert, sondern nodi yersdilimmert, so dasi
es nch wol der mUhe lohnt, die angelegenheit einer nBhem bespff*
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Wüngohe eineB bibliothekaanu
349
cfanng zu miteiziehen. betrachten wir znnSohst die ganze einrichtong
äw Programme, wie sie jetzt ist» mit allem, was darum und daran
hingt.
Die zahl der programme, welche jetzt eingeliefert werden, ist
eine viel grössere als früher, weil nidit blos preuszische, sondern
auch anszerprenszische eingesandt werden, indes, in diese yermeh-
nuig der arbeit als in etwas nnTormeidliehes wollen wir bibliotbekare
uns schon mit wttrde fügen, aber wir glauben verlangen zu können,
dasz bei der einriditong der programme auf uns auch ein wenig
rOeksicht genommen werde, inwiefern dies mit leicbtigkeit ge-
flehehen könne, davon zu reden ist der zweck der folgenden Zeilen.
Dasz das format aller von Tenbner ausgegebenen programme
gkioh ist, das ist schon ein fortsdhritt dasz die wissenschaftlidien ab-
handlungenabsr in separatdruck erscheinen können, ist für den biblio-
tiiekar ftuszerst iSstig, und für ihn wünschenswert, düs^z diese neuerang
wieder ans der weit geschafft werde, man denke sich beispielsweise
einen bibliothekar unter hunderten von Programmen, die, dem eben
angekommenen packet entquollen, des ezp^erens harren, da nun
nicht zu verlangen ist, dasz bei der Verpackung aUe programme
nach einem bestimmten principe geordnet gelegt werden, cUes viel-
mehr nachher sacke des bibliotiiekars ist» so wird es diesem sehr oft
begegnen, dasz er beim sortieren jetzt den amtlichen teil, eine viertel-
stimde spfiter vielleicht den wissenschaftlichen teil in die bände be-
kommt, noch ftrger aber wird die sache, wenn, wie es factisch vor-
kommt, wissenschaftliche abhandlungen ohne irgendwelche an-
gäbe von zeit und ort in die weit gesandt werden, solcher ab-
handlungen liegen mir vor: hjmenopterologische beobachtnngen aus
der mark Brandenburg von dr. F. Rudow; die innere gliederung des
platonischen dialogs vom Staate, vom ordentlichen gymnasiallehrer
dr. Eutzner; der wissenschaftliche unterriebt auf gymnasien vom
Oberlehrer dr. Wenzel, letztere scbrift hat auf dem titel die num-
mer 171. was soll man damit? endlich: die romantische schule in
Frankreich und ihr hauptvertreter Victor Hugo, am ende steht
der name des Verfassers, über sie soll wahrscheinlich das orakel
Mushacke befragt werden, für den Verfasser einer abhandlung ist
es freilich ohne zweifei höchst angenehm, von dem amtlichen teile
des Programms ganz unabhängig zu sein, aber, wenn djan herren
verfiassem von abhandlungen diese concession gemacht werden soll,
dann erfordert die billige rücksioht gegen den bibliothekar, dasz auf
dem titelblatt der abhandlung ebenso wie auf dem des amtlichen
teües die Zusammengehörigkeit beider teile sofort erkannt werden
kann, auch die sonstige einiichtung des titelblattes läszt manches
zu wünschen übrig, nur wenige orte und anstalten sind es , welche
(wie: Wehlau, realschule, Wittstock, gynmasium, Clausthal, gym-
nasium) ort und zeit an einer sofort in die äugen springenden stelle
anbringen« bei dem einen programme stehen diese angaben hier,
bei dem andern da, bei dem einen ist der druck so, bei dem andern
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860
WUnache eines Mbliotiiekai«.
so« es und dies swsr seheiikVsr ftnsserliche, Udnlidie dinge, fOr des
bibliothekar aber sind sie es dnrebaiis i^t. ihm ist es durebaiu
nicht gleichgflltig, ob er jene angaben bald findet, oder ob er erst
das ganse titelbSitt In seiner oft söfanMcelhaften Ter&ssung dnich-
soeben mnss. biofig steht auf dem titelblatt: ^scfanlnaehrichten yom'
director.' nach dem namen des mannes kann man ja im programm
hermnblättem. oft wird ancfa ein nnbedmokter bimter ninschlag
dem Programm zur nerde gegeben; das ist das unpraktischste, was
man sich denken kann« so wie jeder suchende das gewünschte miter
den andern gegenständen gewöhnlich soletst findet, oder jemand,
der in den sipfeln eines tasäentaches den namenszag sucht, diesen
in der regel erst im yierten sipfel entdeckt, so gebt es einem bei
einem programm mit unbedmcktem Umschlag, man bekommt es In
der regel von der verkehrten seite in die band und mnss es erst
etliche male hin- und herdrehen , ehe man die richtige entdeckung
des woher? was? wer? gemacht hat. bedenkt man, dasz sich diese
procedor so ziemlich jedesmal, wenn das programm in die band ge-
nommen wird, wiederholt, so wird jeder zugeben, dasz eine menge
zeit durch solche dinge ganz nnnOtigerweise dem bibliothekar ent-
zogen wird.
Was nun die Verwertung der programme anbetrifft, so wird sieb
die einrichtung; dasz jede einzelne anstalt bestimmen kann, welche
Programme sie ttberhaupt jedesmal haben will, auf die dauer wol
nicht bewähren, wenn schon die frühere Verteilung der programme
an die einzelnen anstalten der mftngel nicht entbehrte , so wird der
nutzen dieser geistesprodncte jetzt schwerlich ein gröszerer sein,
bisher sollten alle programme der monarcbie an jede einzelne anstalt
gelangen; tbatsächlich war dies aber nicht der fall, man kann
ÜBtctisch als bibliothekar yon keiner anstalt mit bestimmtheit Torher-
sagen , ihr programm von diesem oder jenem jähre sei vorhanden,
sondern die antwort auf eine eventuelle frage wird immer seim
müssen : ich werde sehen, obs da ist. ist also der bezweckte nutzen
nach altem brauche schon beschränkt, so wird das jetzt noch schlim-
mer werden, es kann schwerlich vorausgesehen werden, welche Pro-
gramme man einmal zu brauchen gedenkt, und welche nicht, ist
aber ein programm nicht bestellt, dann bekommt man es einfach
nicht, bekommt es im falle eines Wunsches wahrscbeinlidi Überhaupt
nicht, und man wird, glaube ich, sehr oft hören müssen: ja das haben
wir nicht.
Fassen wir nun das in betreff der einrichtung der programme
wünschenswerte zusammen, so hätten wir folgendes auf dem herzen :
1) Es werden alle programme der monarcbie event. deutsch-
lands für jede anstalt bestellt imd derselben zugesandt. 2) die
wissenschaftliche abhandlung sei in demselben bände mit den schul-
nachrichten; wenn aber getrennt, nicht ohne jede angäbe von ort
und zeit wie die oben citierten. 3) ort und zeit seien an einer so-
gleich in die äugen springenden stelle, und zwar bei allen pro-
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ZvL Shaketpearee Macbeth.
351
grammen an derselben^ gedruckt, (in der stKdtiscfaen bibliotbek ta
Brealaa werden , so viel erinnerlich , folgende yermerke auf die Pro-
gramme geschrieben: links oben in die eckename der anstalt, ort,
jähr; rechts in die ecke der name des yerfassers der abhandlang, in
dieser weise alle programme einzurichten, würde sich als sehr zweck-
m&szig empfehlen.) 4) verbannt seien alle unbedmekten, bunten
Umschläge, ausgenommen höchstens die dedicationsexemplare. 5) auf
dem ütcdblatte stehe stets der name des directors. um Irrtümer
imd Terwechslangen zu vermeiden, ist es oft notwendig, den betr.
Damen zu wissen, wozu also erst snohen lassen ? endlich 6) empfiehlt
et sieh, dasz, wie das von vielen anstalten auch bereits beobachtet
wird, z. b. den Berliner, durchweg dies durchgeftlhrt werde, dasz
jede anstalt dem rücken ihrer programme eine bestimmte färbe gebe
ond lasse, diese kleinigkeit hilft dem bibliothekar auch.
'Dies die wünsche eines bibliothekars, die unmittelbar aus der
er&bnmg entsprungen sind. v.
86.
Zü SHAKESPEARES MACBETH.
Vor jähren haben wir in diesen blättern (bd. 96, 393 — 397) auf
einen harten chronologischen Widerspruch aufmerksam gemacht, der
sich im dritten acte von Shakespeares Macbeth findet, wo in scene 1
und übereinstimmend in scene 3 , sowie im anfang von scene 4 die
zeit abends 7 uhr ausdrücklich genannt, bezeichnet und voraus-
gesetzt wird, während unmittelbar darauf am ende von scene 4 ohne
irgend welche Zwischenhandlung ebenso unzweideutig eine sehr
späte nachtstunde — eine stunde, bei der man streiten kann, ob
sie schon morgen oder noch nacht ist — bezeichnet wird, wir
haben versucht, das poetische motiv nachzuweisen, welches in den
äugen des dichters und des unkritischen zuhörers oder lesers die
widersprechenden Zeitbestimmungen je an ihrem ort so vollkommen
gerechtfertigt erscheinen läszt, dasz sie die discrepanz übersehen :
und wir glaubten daraus schlieszen zu dürfen , dasz der dichter wol
überhaupt in beziehung auf solche Widersprüche sorgloser zu sein
pflege, als vielfach z. b. bei behandlung der sog. Homerischen frage
vorausgesetzt wird, unsere darlegung ist denn auch kurze zeit
darauf, wenn auch ohne nennung der bezugsquelle von A. Weidner
in seinem commentar zu den zwei ersten büchem der Aeneis bei
besprechung der Widersprüche im Vergilius benutzt worden.
Indem wir das stück zum dritten male mit einer realprima
lesen, stoszen wir im zweiten acte auf einen ganz ebenso schroffen
^derspruch in der Zeitbestimmung, der uns seither entgangen ist,
und auf den, so viel uns bekannt, noch niemand aufmerksam ge*
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362
Zu Shakespeares Macbeth.
macht hat. in den ersten worten der ersten scene , Banquo und
Cleance, wird die zeit ziemlich genau bestimmt: der mond ist unter,
es ist 12 uhr, wol etwas später: Macbeth tritt ein, nach kurzem ge-
spräeh mit Banquo bleibt er zurück, und der berühmte dolchmonolog,
welcher nun folgt , setzt vollkommen deutlich die tiefe mittemacht,
zwischen 12 und 1 uhr etwa, voraus, der mord geschieht und das
gespräch der gatten unmittelbar nach der that wird durch ein
klopfen von auszen unterbrochen, das sie in ihr zimmer zurück-
scheucht, aber das klopfen wiederholt sich und der pförtner er-
scheint: als er geöffnet, gibt er dem eintretenden Macduff sehr
genau die zeit an: *wir haben gezecht bis zum zweiten hahnen-
schrei' — 3 uhr morgens nach Komeo und Julie act IV scene 4
(Delius) — darnach hat er wol einen kurzen schlaf gethan, aus
welchem ihn das klopfen — dasselbe klopfen, das Macbeth und die '
Lady verscheucht — aufweckt: denn Macduflf und Lenox sind er-
schienen, um den könig zu wecken, was nicht wohl vor 4 oder 5 uhr
morgens zu denken ist.
Es verhält sich demnach genau so wie mit dem widersprucli
in dem folgenden act, und wir haben somit in dem tief durchdachten,
80 fein in allen einzelheiten motivierten stücke auf mäszigem räume
zwei chronologische Unmöglichkeiten: und dies bei einem dichter,
der, wie bei dieser gelegenheit bemerkt werden mag, unter aJlen
dramatikern die hautigsten und die genauesten Zeitbestimmungen
gibt, diese Unmöglichkeiten erklären sich sehr einfach aus poeti-
schen gründen: der dichter brauchte beide male an zweiter stelle
eine andere zeit als an der ersten, und er machte sich, wenn er es
ja selbst bemerkt hat, nicht das geringste gewissen daraus, dem Zu-
schauer diesen salto mortale zuzumuten, vielleicht hätte er, Aristo-
teles und allen Professoren der ästhetik zum trotz geglaubt, dasz
dergleichen zu den ersten und notwendigsten Privilegien der poesie
gehöre, wir wiederholen, dasz jede in Homer nachweisbare chro- i
nologische Unmöglichkeit mit diesen Shakespearischen verglichen
geringfügig ist: und dasz eine solche bei einem dramatischen dichter
verzeihlicher, erklärlicher, möglicher sei als bei einem epischen,
leuchtet nicht ein. im gegenteil: dem hörer entschwinden natur-
gemäsz dergleichen einzelheiten rascher und lassen im gemüt einen
minder lebhaften eindruck zurück als dem zuschauen
Köln. 0. Jä^euu
37.
Zü ZWEI STEUiEN AÜ8 GOETHES WEHKEN.
In 'dichtung und Wahrheit' teil 3 s. 66 (ausgäbe letzter band)
lesen wir folgende worte: 'es stellte sich nemlich dem Schauspieler
Le Cain, der seine beiden mit besonderem theatralischen anstand,
mit erhol ung, erhebung und kraft spielte, und sich vom natttr-
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Zu zwei tteUeD aot Goethes werken
363
lieben und gewöhnlichen entfernt hielt, ein mann gegenüber' U8W.
ich bekenne überhaupt nicht zu Terstehen, wie ein Schauspieler seine
helden mit erholung spielen kann, aach ist das mir sehr wunder-
bar, dasz bei einem Schauspieler, der besonderen theatralischen an-
stand entwickelt und in seinem spiel zu einer auszerordentlioheii
kraft der darstellung sich erhebt, doch gleichzeitig von einer er-
holung die rede sein soll, endlich scheint mir der rhythmische
baa der stelle gegen ein drittes hauptwort neben erholung and
kraft zu sprechen, es ist mir deshalb aoszer allem zweifei, dass in
dem Worte erholung ein fehler verborgen liegt, die ausgäbe TOn
K. Goedeke aus dem j. 1874 bringt die stelle in der alten fassong.
entweder, dürfen wir nun annehmen, ist erholung verhört, ver-
schrieben oder verdruckt, und es gilt nun das ursprüngliche wort
wieder zu finden , oder das wort ist auf eine falsche art in den text
gekommen, in den es nie und nimmer gehört hat. so viel ich mich
umgesehen und nachgedacht habe , so habe ich doch kein wort ent-
decken können, welches als lautlich einigennaszen fthnlich durch
erholung hätte verdrängt werden können, als das nachfolgende
unzweifelhaft richtige erhebung selbst, daher scheint mir auch
an dieser stelle gar kein wort verdrängt, sondern umgekehrt eins
zu viel in den text gekommen zu sein, ich bin daher der meinung,
dasz erholung gestrichen werden müsse, die art, wie es in den
text kommen konnte, ist nicht allzu schwer zu entdecken, der
Schreiber hatte durch falsches hören oder abschreiben erholung in
den text gebracht; später setzte er das richtige erhebung über
erholung und der setzer stellte nun aus gedankenlosigkeit , oder
weil das falsche wort erholung nicht deutlich oder gar nicht aus-
gestrichen war, beide worte neben einander in den text ein, ohne
dasz ein coiTector oder kritikev den irrtum gewahrte.
In der 'neuen deutschen dichterhalle', welche von Rud. Fasten-
rath in Herisau redigiert wird, habe ich vor einigen wochen (bd. 1
nr. 20 s. 271 f.) einen fehler am endo des ersten absatzes vom
12n capitel des 3n buches der ^ wanderjahre ' (bd. 23 s. 156 der
ausgäbe letzter band) nachgewiesen, dort sagt Odoardo: 'die natur
ist durch emsigkeit der menschen, durch gewalt oder Überredung
zu nötigen.' so viel leuchtet doch jedem auf den ersten blick ein,
dasz die n a t u r nicht durch Überredung genötigt werden kann,
durch gewalt und Überredung werden nur menschen genötigt
(vergl. Plutarch im Themist. c. 21, Plato in den gesetzen s. 722 B).
man könnte nun meinen, dasz nach den werten der menschen die
ähnlichen der mensch durch ein leicht erklärliches versehen aus-
gelassen worden seien, dagegen spricht aber, dasz sowol der natur
als den menschen gegenüber hier der mensch als handelnd gedacht
ist, d. h. es handelt sich hier um die herschaft des menschen sowol
über die natur als über seines gleichen, der zusatz der menschen
zu emsigkeit erscheint hiemach gänzlich überflüssig, ja unpassend,
unter berufong auf das, was Goethe selbst s. 15S des 6n bandes der
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354 Phiiologitohe prognunme deatecher höhmr lehranstalieiL
nachgelassenen werke (Stuttgart und Tübingen 1833) über hör-,
schreib- und druckfehler, mit specieller rücksicht auf seine
eigenen werke, sagt, nehme ich daher an, dasz sein Schreiber für
der mensch fälschlich der menschen hörte, und weil Goethe die
Worte vielleicht bis zu diesem genitiv in einem zuge vorgesprocben
hatte, ohne sie nachher zu wiederholen, derselbe auf eigene band
hinter der menschen ein komma setzte und so durch zwei fehler,
den falschen genitiv und das unrichtige komma, die ganze stelle in
Unordnung brachte, die ursprünglich offenbar also lautete: 'die
natür ist durch emsigkeit, der mensch durch gewiUt oder Über-
redung zu nötigen.*
ElSBMACH. F. SbHBWALD.
(16.)
PHILOLOGISCHE PROGRAMME DEÜTSCHEE HÖHEEEß
LEHRANSTALTEN,
(fortoetsonsr.)
CtöauTz. gymnMinm. 9 eUssen, 18 lebrer, 279 und 877 schfUer,
2 abiturienten. — Dr. Otto Bucbwald: 'Horner in Lukians Behriften*.
Lukians Vorliebe für dicbtercitate hänpt mit der bestimmung seiner
Schriften zu öffentlicher Vorlesung eng zusammen, bei solchen wurden
derartige citate äuszerst beifällig aufgenommen. am meisten citiert
Loldsn den Homer, dabei iet anlfilhg der grelle weehsel des nrteilf
des L. fiber H. verf. will diese eigentümliche stellmig näher beleoeh-
ten. er fuhrt zunächst die citate decoratirer natur auf, deren zweck
es ist, einen gedanken Lukians in annehmlicher form wiederzugeben,
danach bespricht er die parodieen Horn, verse und bezeichnet sie als
«HS der naehabmitng des Afistophanes hervorgegangen; sie sind pro-
dacte einer übermütigen laune. die nariae bistoriae sind teilweise pa-
rodieen des Homer, die parodierten verse verteilen sich auf den fischer,
Charon, tragischen Zeus und die entlaufenen, diese Schriften, mit aus-
nähme der leisten, die als anecht gilt, werden in beziehong auf ihre
parodieen eharakterisiert. weiter wird im allgemeinen Lnldans stellang
snm alten götterglanben erörtert nnd dabei anf einige bedeutende Schrif-
ten verwiesen, auch auf die frage nach der Stellung der obrigkeit za
Lukians Spöttereien wird weiter eingegangen und vermutet, dasz er um
seiner stellang zum heidnischen götterdienste willen in Ungnade ge-
fallen sei. hierfür beruft sieh verC anf *die ▼erlenmdang' eap. 14^ die
feindliche Stellung Lukians gegen den alten götterglauben ist der grund
mancher ausfälle auf Homer; es fehlte ihm der rechte sinn für die
naiven Verhältnisse der Hom. götterweit, die götter- und todten-
gespräche sind wesentlich ein angriff auf Homer, obschon sie ihn selten
erwähnen, in ähnlicher sehirfe des nrteils hält sieh der Menippos.
hier wird gegen K. F. Hermann gestritten und geleugnet, dasz L. bei
den götter- und todtengesprächen ein so harmloses ziel vor äugen ge-
habt, wie es H. annimmt, die Schriften sollen vielmehr dazu gedient
haben, dem verifasser mit dem gleicbeesinnten pnblicnm fühlung gewin-
nen sn lassen vor dem eigentlichen Kampfe gegen die gotterwelt ein
hauptangriffspunct ist das unklare Verhältnis zwischen parzen, Schick-
sal, Terhttngnis und Vorsehung in den Hom. gedichten. dies greift er
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Philologische {yrogramme deutscher höherer lehnmstaUen. 355
in dem überführten Zeus an, aber anch sonst noch kommt er auf das
Verhältnis der gotter zum Schicksal zurück. Lukian will die ohnmacht
der götter dartun. diese absiebt tritt besonders im tragischen Zeus
henor. ab nrheber der Terkehrten snsiehten Aber die götter wird von
LukiiD, wie einst von Xenophanes , Homeros angesehen, ebenso wird
Homeros verspottet, wo Lukian die landläufipren ansichten von der
Unterwelt lächerlich macht, in gleicher weise greift Lukian die orakel
und Opfer an und wo er letztere verspottet, muäz Homeros wieder her-
lislten. tarn der Opposition gegen die althergebrachten anschannngen
erklären sieh einige sehr harte äoszerungen, die Lnhian tibcr die dichter
von sich gibt, harmloser sind die Spötteleien über wunderbare erzSh-
hngen uud übertriebene ausdrücke Homers, so im träum oder haushahn,
im Charon; auch die vielberühmte blindheit Homers sowie die Hom.
fragea der gleiehEcitigen Hom. kritilcer werden rerhöhnt; andererseits
iit Lakian voll lobes der dichterischen bedeutang Homers, besonders
anerkennend spricht er sich über die gleichnisse aus, auch die sittliche
und erziehliche bedeutung Homers erkennt Lukianos preisend an.
Landsbebg a. d. W. gymnasium mit realclassen. 20 classen, 716
Schiller isi sommer, 701 im winter. ansahl der lehrer nnd abitnrienten
nicht angegeben). — Abhandlung des prorector Christian Haupt:
'Igesilaos in Asien.' verf. beginnt mit Umgrenzung des themas. als
wesentlichste quelle gelten ihm die Hellenica, sie sind allein mass-
gebend, die Tita des Agcs., die Xenoph. namen trägt, ist untergescho-
ben, die spätem berichte über Ag., sind für das leben des königs ohne
bedeutung. seide gründe für unechtheit der vita gibt H. an. doch er-
klärt er ihr zeugnis für nicht ganz unwichtig, da sie die Zweitälteste
Schrift über das leben des Ag. sei, von ihr hängen Nepos, Plutarch,
Psnssnias mehr ab als ron den Hellenicis. die nachrichten dieser drei
autoren werden charakterisiert, dann bespricht TCrf. die nachrichten
bei Diodoros, der aus verlorenen quellen, Ephoros und Theopompos,
Xenoph. Hellen, ergänze. doch sei vor leichtfertigem gebrauche des
Diodoros zu warnen, es fügt sich ein urteil an über den echten Xeno-
pbon, worin er sich für die berichte über 896—894 nnd die person des
Agfls. dem urteile von Breitenbach anschlieszt. er will unter Zugrunde-
legung von Xen. zeigen, dasz A. für das jähr 394 nicht hochstrebende plane
gehegt, nicht an eineu eroberungszug nach Susa gedacht hat. er be-
ginnt mit Vorlegung der Verhältnisse, in weiche Ag. eingriff, diese ent-
wiekelung Iftsst sieh natürlich nicht hierher übertragen, sie ist aber
durchaus sachgemäsz gehalten und gibt in kurzen zügen den denkbar
trefflichsten überblick über die geschichte der ionischen colonien in
Asien, zu Agesilaos kommt verf. wieder bei besprechung der bericht-
erstattung von der rüstung der Perser zur see, welche nach Sparta ge-
Isngte. er behandelt Lysanders nnd Ages. auftreten bei dieser nach-
liwt und Spartas TCrhandlungen über dieselben, besonders sind die
beweggründe zu dem entschlnsz und vorschlage des Agesilaos ge^ren-
Btand seiner behandlnng. erörtert wird besonders die scene in Aulls
und die benrteilung derselben bei den alten autoren. Ag. wollte zum
▼ollbesitae der königlichen macht kommen, die er nur im felde hatte,
wollte Ibmer des einflusses des Lysandros ledig werden, und hoffte end-
lich groszes gegen die Perser auszurichten, gründe des Staatsinteresses
oder besonderes gefühl für Griechenlands ehre oder die absieht Spartas
darch preisgebung der loner erworbene schände wieder got zu machen,
haben den Ag. nicht geleitet. Tcrf. widerspricht diesen Ton rielen ge-
teilten meinnngen entschieden. Lvsanders Interesse an einem kriege
mit den Persem wird dargethan und die nichtübereinstimmnng desselben
mit dem spartanischen hervorgehoben, nur nach einer seite hin diente
des Ag. Vorschlag dem Interesse Spartas, die öfioiot wurden eineii teil
^r ö«0|ieiovec los. Ag. schlag vor, ihn selbst mit 200 neodamoden, 6000
Peloponnesiem und 80 Spartiaten sur fortsetsnng des kampfes gegen
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356 PhüologiAche Programme deatocher höherer lehranatalten.
die Perser auszusenden, und auf den Vorschlag wurde eingegangen, in
Asien zog Ag. gleich Derkyllidas an sich, er brachte seine tmppenmacht
«Qf etwa 16000. Terf. föhrl nun die politisch-mUitftriBche läge Tor,
welche Ag. vorfand. Tisaaphernes verhandelt mit Ag. und es kommt
ein vertrag zu stände, wonach Tiss. anfragen will, ob der könig die
autonomie der HellenenstaHten in Griechenland zugeben wilL so lange,
bis antwort eingelaufen, soll Waffenstillstand sein, während desselben
entfernt Ag. den Ljsendros. Tissapb. erfüllt die bedingangen nieht,
sondern erklärt den krieg. Ag. beginnt militärische massnabmen, die
verf. nicht zu verstehen erklärt, das thatsuchliche wird entwickelt.
Ag. zog gegen Karieu. was ihn dazu veranlaszte, ist nicht klar, viel*
leicht einige äuszere momente. die erfolge des zages waren onbedeiK
tend. im winter wurde für eine reiterei gesorgt nnd das beer in krie-
gerischen stand gesetzt verf. macht hier eine art excurs über die be-
deutung der beute im alten kriege und besonders bei den Spartanern,
weiter sacht er klarzustellen, wie sich die nachrichten aas Asien be-
wahrheitet« welche anlass zur sendang des Ag. gegeben, hier wirddis
unglenbwiirdigkeit der berichte des Isohr. nnd Com. Nep. berührt, da-
gegen dem Diodoros glauben beigemessen, verf. stellt dar, wie er sich
nach Diodoros und Xenoph. Hellen, den Zusammenhang denkt, die dar-
legung zeichnet sich durch klarheit aus und ist daher der eingehenden
Prüfung der gelehrten anf dae wärmste sn empfehlen. Agesilaee wird
in folge der nachrichteu fiber fortschritte der Perser, welche Kooon
unterstützte, zugleich vaOapxoc. verf. berichtet nun weiter von des Ag'.
auftreten zu lande, er täuschte die Perser, indem er in das Hermoa-
thal zog« am Paktolos kam es zur Schlacht, in welcher Ag. siegte und
das feindliche lager nahm. Terf. spricht ein urteil über die schlaebt
und ihr ergebnis. Tissaph. ward ermordet und durch Titliranstes e^
setzt, er begann mit Verhandlungen auf anderer basis, es wurde auto-
nomie der städte gegen abzug des Ag. anfreboteu. Ag. wies Tithraustes
nach Sparta, wo seine vorschlage verworfen wurden, zum nachteil für
die kleinasiat. Griechen, wie verf. darlegt. Tithraustes verwies den A^r.
aus Lydien nach Phrygien und er gieng auf den gemachten verschlag
ein, dafür mit einer kleinen summe bezahlt, sein auftreten in Phrygien
wird geschildert, es kam zu Verhandlungen mit dem konige der Paphla-
gonen, die zu einem büuduiäse führten, das sich jedoch, dank der h&b-
sucht der grieehisehen grossen, bald wieder löste. Ag. empfand dies
als harten schlag, im gleichen winter Verhandlungen mit Pharnabazos
über Vertragsverhältnis zwischen Griechenland und der satrapie des
Pharnabazos. das auftreten des Pharn. bei dieser gelegenheit wird
beurteilt, dann auf darstellong der Verhältnisse in Griechenland einge-
gangen., hier loderte jetzt die kriegsflamme gegen Sparta empor, vert
sucht zu erklären, wie Korinth und Theben jetzt dazu gekommen, gegea
Sparta fechten zu wollen, wie in Theben nnd Korinth gegen Sparts,
so war in Sparta die Stimmung gegen die früheren bundesgenossen. es
kam zum kriege, für den Theben auch Athen gewann. Lysandros, mit
den bundesgenossen gegen Hellas, gegen Thebens beer gesandt, fiel bei
Haliatos, Pausanias, mit den Peloponnesiern nachrückend, trat in Ver-
handlung, von der diplomatischen thätigkeit, welche sich an Pausanias
abzug aus Büotien schlosz, findet sich keine nachricht bei Xenophoo»
wol aber bei Diodor, nach welchem verf. bericht erstattet, daram er-
örtert er das auftreten der Lakedaimonier gegenfiber diesem umsehwonge
der dinge, sucht zu erforschen, ob Agesilaos von den Vorgängen in der
heimat gewust, worüber sich nirgends bestimmte nachrichten tinden, wir
vielmehr auf combinationen angewiesen sind. verf. bejaht obige frage
und macht auf die von Ag. ergilffenen maszregeln, welche sowol weitere
Operationen gegen Persien als sehnelles eingreifen in die enropäbchen
angelegenheiten ermöglichten, aufmerksam, darnach wendet er sich
zur erörterung der frage, was wol Agesilaos für das jähr 394 in Aaiea
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Philologische programme deutscher höherer lehraustalten. 357
so tbnn beabsichtigte, wenn die earopHiscben yerbSltnisse einen dritten
Iddsiig gestattet hätten, zuerst legt er die mannigfachen antworten iJter
Tind nener Schriftsteller auf diese frag^e vor, er selbst billigt im ganzen
Xenophons anffassuiig. Xen. berichtet, Ag. habe 394 so weit als mög-
lieh nach Osten marschieren wollen, für dies unternehmen muste er
aidi allein auf sein beer yerlassen. das vorgefundene beer hatte Ag.
srSndlich reorganisiert, im asiatischen kämpfe auch dreimal mit ihm
aem feinde gegenübergestanden und zum teil schlappen bekommen, am
ernsthaftesten war die siegreiche Paktalosschlacht gewesen, nach des
Tsrf. ' meinnng konnte der weitere krieg nur ein raubkrieg werden,
militärische erfolge waren sehr sweifelhaft. als siel des hrieges blieb
nur Mysien übrig, verf. beseichnet hier in knrsen sttgen das ziel der
asiatischen politik Spartas, des Ag. plan gegen Mysien kam in folge
der Abberufung nicht zur ausführung. es werden am schlusz noch die
letiten matsregeln des Ag. in Asien erörtert, er Hess unter Eaxenos
4000 mann, wahrscheinlich Peloponnesier, snrüek. verf. bertthrt auch
noch den Widerspruch in dem benehmen der Städte Sparta gegenüber
nnd macht den versuch, den abfall zu erklären, die eingehenden unter-
sachangen des verf. verdienen wärmste anerkennung und ref. darf
wimseb nnd hoffoung aussprechen, dass die historische Wissenschaft
aach diese untersuchong, ob sie schon in einer schulgelegenheitsschrift
enthalten ist, in ihrem nutzen verwenden werde, darin wird verf. ge-
wis hinreichenden lohn für den fleisz und die mühe, die er aufgewandt,
findeo, mag ihm auch vielleicht in manchen, ja in vielen puncten auf
grand neuer eotdechnngen, tieferer forschungen in znknnft widersprochen
werden.
Marburq. (ind. lect. aest.) Julius Caesar schickt voraus die abh.
von C. Fr. Weber: 'de M. Valeri Messallae qui dicitur libello de pro-
genie August! pars II.' im ersten teile zeigt verf., dasz das büchiein
im 15b jahrh. entstanden, stur bestätigung dieser ansieht werden im
zweiten teile die qnellen des autora nnd die codd. der schrift gepräft«
dann die inneren gründe der Verweisung der schrift in die späte zeit
gegeben, der verf. der schrift de progenie Augusti bezieht sich mehr-
fach im allgemeinen auf quellen, namentlich nennt er den Vergi-
Htti, avsserdem den Liuins. ans beiden namen ist anf die seit sn
schlieszen, VergUins war zwar ein stets gelesener schriftsteiler, aber nicht
m Italien bis zur zeit von Dante, ebenso war Livius im ganzen mittel-
tlter ein verschlossenes buch, erst seit Petrarcha eingehender bekannt.
Mis beiden umständen ist auf späte entstehung des hier behandelten
Iniehes sn sehliessen. 'an einer andern stelle besieht sich der yerf.
tinserer schrift auf etwas, das nur Dionys. Halic. II 34, Flut. Romnl. 16
lind C. Jul. Solinus I 20 erzählen. Weber meint, hier sei SoHnus seine
quelle gewesen, da die beiden anderen Schriftsteller in latein. ausgaben
Qfit später entstanden, auch der verf. vielfach von Dionys. Halic. ab-
weicht Solinus war in jener seit bekannt, nnd er gibt Bomi geburts-
jthr an wie der pseudonymus. derselbe bezieht sich femer um Darea
Fhrygius und auf Sextus Rufus. als quelle ist für ihn femer zu ver-
zeichnen Franz. Petrarcha. ihn weist als quelle für die schrift de pro-
genie Augusti verf. durch schlagrende Zusammenstellungen aus Petrarcbas
uitae viromm inlustrium, pseudo-MessaUa nnd LiTins. beide Petrarcha
und der von Petrarcha selbst benutzte Livius sind quelle des Messalla
de progenie Augusti. der möglichen auffassung, als habe Petrarcha
den Messalla benutzt, tritt verf. mit stichhaltigen gründen entgegen.
Heudo-Messalla hat den Sextus Bufus nachgeahmt, das wird wieder
wurch gegenBberstellnog der betreffenden stellen dargethan. die £&!•
Behling ergibt sich auch daraus, dasz ps.-Messalla nach Rufus that>
Bachen erwähnt, welche über das Augusteische Zeitalter hinausliegen,
weiter sucht Weber aus den manuscripten etwas für die zeit der ent-
>tehuog des buches zu gewinnen, im 14 — 15n säculum keine spur von
*
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368 PhflologiBche prognunme dentiolier hObmr lehrrnnstalten.
der auffindung eines codex des Messalla de progenie. wir haben sieben
codd. diese werden in zwei classen geschieden, jede derselben hat
einen andern index über der Bchrift. besonders wird der codex Meoe-
oatimniit behandelt an gewiaaen glaubt Weber etwas au dem, wti
die einzelnen codd. ansfier dem pseudo- Messalla bieteo, und zählt dies
auf. darauf wird zu den innern gründen übergegangen, aus denen das
15e jahrh. als die zeit der entstehung der Schrift hervorgeht, zuerst
erörtert Weber plan und zweck der arbeit des pseudo-Messaila. der
▼on ihm selbst angegebene sweek Ist ein fingierter, er will Yielnelir
einen abrisz röm. gescbichte geben, dieser wahre zweck weist das bach
ins 15e jahrb. weiter bespricht Weber den inhalt des buches and zu-
erst die geographischen dinge, die darin berührt sind, die geo^rspbie
war in Italien stark vernachlässigt, erst seit dem 13n jahrh. begann
mao sieh wieder mit ihr sa besehlftigen, erst seit dem I6n jalukwu-
den die griech. geographen in lat. Übersetzungen in Italien gelesen, aof
die zeit dieser beschäftigung weist pseudo-Messalla hin, in ihr ist sein
•werkchen entstanden, das rerrathen manche von den gebrauchten aus-
drücken, die von p8.>M. als von den Römern erobert anfgefdhrten
iSnder sind von ihm aiu Seztns Bolhs entlehnt, die angaben aoi dam
p^ebiete der geographie widersprechen der setznng des ps.-liL ins 15e
jahrb. nicht. W^eber geht über zur besprechung der cbronologiscben
dinge beim verf. jenes buchs. Roms gründung setzt er nach äoUnos
fest, in manchen datierungen schiieszt er sich an Livius an. wo er
mit Livins stimmt, kommt er aneh mit Bolinns Qberein, wo er m
jenem abweicht, weicht er auch roa diesem ab. die meisten zeitbestim-
mnngen stammen aus Sextus Rufns; an zwei stellen, 28, 3. 29, 3, kommt
er mit Hieronymus chron. Ens. II 271 and canon II 338. 340. aus die-
ser abhängigkeit dos psendonymos folgt gleichzeitigkeit . oder spätere
entstehnngsseit des bnches de progenie AngasU. noch sicherer ergibt
sich die seit der entstebang aas dem besondem eifer für heraldik, den
der verf. zeigt und ebenso bei seinen lesem voraassetzt und der ganz
dentlich auf die zeit der ritterlichen tourniere hinweist, nut denen die
heraldik in snsammenhang steht, gewöhnlich sind die heraldiacheB
seichen in Deutschland im 12n jahrh., in Italien im 13n nnd 14n jabrh.
geworden, auch in den erzählten thatsachen findet Weber einige be-
lege für die von ihm angenommene späte entstehung des schriftchens,
die wenigstens die aus anderen gründen gewonnene ansieht bestätigen,
bei der gelegenheit ttnssert sieh Weber eingehend über die geschicht-
lichen Studien der Italiener nach dem Wiederaufleben der wissensehsfteo.
die blüte derselben konnte wol den yerf. zu seiner Schrift anregen,
zum teil stimmt er mit Vergilius, Livius, Rufus, in anderen weicht er
von der allgemeinen Überlieferung ab, anderes erscheint als ganz neu,
aber teils falsch, teils wenigstens nnglanbwfirdi^. die belege dafür
werden angegeben, weitere spuren nachaugnsteiseher entstdinng dei
büchleins erkennt Weber in der ursprünglichen, erst von einem spaten
oorrector geänderten lesart gentilium in 1,2, im gebrauche das chroni-
con Hieronjmi, in der niedrigen Schmeichelei gegen Angustas, in der
erwähnnng der italienisehen spräche, auf spätere seit weisen aneh dii
Worte des index orator disertissime, welche ein hervorragendes anssiMS
der redekunst und der redner in der geburtszeit der schrift bezeugen,
ebenso ausdrücke wie rem tot saeculis remotissimam scrutaturus, anti-
quitus morem fuisse susp ender e arma in templis post exactam militiam,
sowie was SS, 6 steht Bomnlnm ^ eomplectator. hiernach geht WeUr
zur belenchtnng der form über, um anzuzeigen, das etwa un Tocsbel'
schätz, in den formulis dicendi, im stil sich finde, das auf spätere zeit
als die Augusteische weise, was mit der diction des 14n und 15n jabrh.
Stimme, zuerst sammelt Weber vocabnla inusitata, darauf worte, die
der gewohnheit der gnten zeit zuwider gebraneht nnd mit nenei ba-
dentong Tersehen sind, dann einzelnstehende formein, In deren ge-
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PhOologiscbe programme deutscher höherer lehnukttalten. 359
brtnche Terf. yom gemeingiltigen latein abweicht, fenier grammatisehe
besonderheiten, sowol formeller als syntaktischer art, schlieszlich weist
er die mängel im stile und in der darstellang nach, das endergebnis
Webers können wir nar unterschreiben und demselben das sugeständ-
Bis BUieheiiy da» er g«iii riditig dM leitalter des toh ihm behandelten
blcheSi an dessen Ursprung aus der zeit des Augustus schon lange mit
recht gezweifelt wurde und das seit langer zeit niemand , der über M.
Valerias Messalla Coruinas gearbeitet, mehr fUr echt gehalten, abge-
lten von dem heransgeber Raphaele Meeenate, sicher bestimmt hat.
die witseneehaft wird ee Julius Caesar gewie Ton hersen danken, data
er eine derartige schrift veröffentlicht hat, statt sie in den papieren
des yerf. einen unverdienten tod finden zu lassen, wir bedauern nur,
diu uns der erste teil der arbeit nicht zugänglich war. gewis wäre es
vislen leeem dieser zeittehrift angenehm gewesen , aach Aber ihn ein
nferat sa lesen.
MzssRiTz. konigl. gymnasium. 7 classen, 13 lehrer, 181 Schüler im
Sommer, 180 im winter, 9 abiturienten. — Abhandlung des Oberlehrer
dr. Schäfer: 'de locis quibus perfectum coniooctiui pro plusquamper-
feeto eoninnetivi eoninnotione enm praeeedeate seriptiim est*, ein-
Isitang geht aus von dem festen und sichern gebrandie der coniunction
cam bei den alten, der selten ein bedenken zulasse, die stellen, in
welchen sich eine abweichung ünde von der gewöhnlichen ausdrucks-
weise, sind selten, eine classe derselben, die nemlich. wo coni. perf.
für oonL plusquamperf. naeh enm sn stehen seheiat, wiU verl erörtern,
zuerst wird Justinus genannt als einer, der perf. eoni. fiir ploiq. ooni.
gebraucht, zuerst bespricht verf. 6,6: tanta — uictoriam. hier sind
zwei facta als solche neben einander gestellt ohne rücksicht auf den
historischen fortgang. es folgt 6, 2 quibus — seruauit; 11, 13 cum ad pug-
um — ^nisissent; 12, 16 qtiam enm Aeaeidamm et q. seo.; 14, 4 tanto
~ superanerit; 14, 5 tantum — laterent; 82 ausg. : moderationis —
temptassent; 37, 1 Mithridates — redderetur; 44, 2: cuius ea — uide-
retur. verf. wendet sich zu Vell. Paterc. und behandelt II 122 qui
foerit. dann folgen iTIorus 3, 20 bellum — calamitatem; 1, 14 quo
spsriret; 3, 2 ntnnsqae — nestris; 8, 5 inde — eonsnmeretnr; 8, 19
•0 BS — - nenerit Liv. 21, 13 cum ille — neni. endlich Cic. ad fam.
9, 14 nam — ardentius; ad Attic; 17, 7 perspici — postulauerit; ad
Attic. 12, 8 nee uero — subuenturus esset; ad Qu. fr. 1, 1 factum est
adducere; Brut. 26 sed uec est — elinguis; de fin. 1, 7 quod uero
leeaii — imperli; de deor. nat. 1, S5 idem faeit — neeessaiiom; 1, d8>
stomachabatur senez — aeeeperit; de legg. 2, 3 nee enfm — peedm;
pro Flacc. 12 licuisse — decesserit; in Pison. 24 cum uero non modo
— rapiebat; in Verrem I extr. : dicimus C. Verrem — abstulisse; in
Verrem II 5 quae cum — miserit; HI 80 tu magno — datum; I 2 equi-
don — indioio; IV 68 qved antem — sematwn est; 69 mihi eredite-~
oppidorum; pro BoBC Am. 45 ego haec — scripta sit; |Hro Claent 16
quid unquam — possent. derartige erörterungen über einzelne puncto
der grammatik und belegung der gewonnenen ansichten über einzelne
eiieheinaogen durch beispiele aus den verschiedensten gebieten der
litteratur ist gewinnbringend und man kann nnr wQnsehen» dassi verf,,
der sich besonders begabt erweist sur aaffassung und erörterung gram»
matischer dinge, in dieser richtung seine Studien fortsetzt; nur möch-
ten wir ihn bitten, bei abermaliger Veröffentlichung gewonnener gram-
nttiseher ergebnisse vom gebrauch der lateinischen spräche abzusehen,
von den mitgeteilten stellen ans Gieero sttdit das latein des verC in
wenig erfreulicher weise ab. und wozu denn überhaupt heute noch so
viel latein schreiben, wir sind ja Deutsche, so laszt uns auch hierin
deutsch sein, wirklich wissenschaftliche ergebnisse nehmen sich im
Msade der deutschen spräche sehr gut aus, aber allerdings gewährt
«SIS nieht die mSgliehkeit, gedankenamnt doroh wortreiohtom an ver-
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360 Phüologisohe piogramine d«iitieli6r liOlmr lehrauBtalten.
d«eken. diese g^slir liegt aber bei» gebrauohe einer todten tpradie
überaus nahe.
pATSCHKAü. städt. kath. gymn. Schuljahr 1873 — 74. 6 classen,
10 lebrer, 226 Schüler. — Abb. des Oberlehrer dr. Lariscb: 'ein beitrag
wm Mtik dei ereteii bnebet der nataralee ^puieetfoBes dee Seneck*, ils
seblnss des Saganer prof^ramms von 1870. die Siteele ]M.t die Hüi-
bergensis, ist stark interpoliert, es sind daher für die n. qn. vor allem
£ und W nebst L zu berücksichtigen; nur vro sinn und Sprachgebrauch
gegen diese mss. streiten, darf yon ihnen abgewichen werden. Terf.
beliebt eieb auf die avegabeit vob Haaee and Fiebert tewie aef 9^
diss.: de Sen. n. qn. codice Leid. Voss, et locis ttlofiim ab Yinoentio
Bellovacensi excerptis. Breslau 1865. prol, § 2: inter duas tantnin
interest WL , tantnm fehlt £, steht in W über der zeile, in L am raode,
bat also im arcbetypns Tor interest über der seile oder am rande g««
standen und ist in £ Tergessen. altera mnItMei sopra liane eelifiMB
excedit geben EWL für das an sich mögliche mul/o. et ex tenebris
erutos EW. verf. bespricht hier die bedeutnng von ernere und den ge-
brauch des Wortes, um die richtigkeit der lesart von KW zu begrüudeo.
§ 8 totos In se tendat nacb EWL tendere bier in der bedeatung 'riolitai
eder sieb riebten anf etwas* sss animo et eogitatione in se ipsum fe€0-
yerti. an et ad nos nach EWBL. liber est et potens nach EW. ipse
est enim unter beziehung auf andere stellen und F. Schultz lat. sprach!.
§ 442, 2. § 4. peritnrum , nisi subjnde impleretor nach EWL. für im-
pleatnr, weleber eonionetiTns potentialis nur sebr geewnngen eiUirt
werden konnte, während der snbianctivas conditionalis völlig sinngemlsf
ist, durch ähnliche stellen hinreichend bestätigt und durch die mss.
empfohlen wird. § 6. qui robustior est ualitudinario für in ualit. § 6.
quae, omnibus qnidqoid ab stallt, sibi ipsi neget nach £W. nec ambitio
W, nen in E nnr sebreibMIer. lazat et praeparat naeh BWL. S 7.
despiciens et angnstam BW. verf. rermutet auch hinter apertum msii
noch ein et. § 11. observat, ubi quaeque Stella primum terris Inmen
ostendat, ubi culmeu summum eius cursus sit, quousque descendat nach
£W. diese lesung wird begründet. § 12. qaantum est enim nach
EWL. inplebit wird naeb BWL gestrieben , an paneis sunmanB dii-
nun spatinm wird est ergänzt, das eindringen von inplebit durch ein
ausfallen von ferat erklärt, dies genüge als probe des Verfahrens des
Verfassers und zuf^Ieich um alle diejenigen, die sich mit Senecastudien
beschäftigen, auf die arbeiten des verf. aufmerksam zu machen, ein
aussog ans einesi Programme dieses inbalts ISsst sieb Hiebt gsbss,
wenn man niebt etwa nur die herstellungen an wichtigen stellen
registrieren will, womit aber das verfahren des verf. wenig gezeichnet,
anch denen, welche sich mit ähnlichen Studien abgeben, nicht gedient
wäre, jenem musz man, wenn man nutzen haben will, auf seinem
gansen wege folgen, diese kOnnea davon nichts haben« dass ihaen för
diese und jene stelle die lesart eines oder mehrer bester cod. mitgeteilt
wird, möchte verf. bald zeit gewinnen, nach Haase und Fickert eine
neue, sich an die haiipthss. in der von ihm bisher befolgten weise an-
Bchlieszende ausgäbe des nat. quaest. oder des ganzen Seneca tn
liefern.
(fortsattvag folgt.)
Babtekbtein. H. K. Bbnioibn*
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ZWEITE ABTEILirNG (U8a BAND).
seitä
(22.) Zar methode des lateinischen elementarunterrichts auf
dem gymnasium. von H'. Fries in Barmen, (schlusz) . 313—330
30. Zur behandlung des religionsunterrichtcA auf den ober*
8ten classen des gymnasiuras. von A. Rieder in Gum-
binnen 330—333
31. Thiele: der Römerbrief in der gymnasialprima. ein exe-
getischer versuch (Leipzig 1878). angez. von ß. Pansch
» in Rendsburg 333—337
82. ff. Warschauer: Übungsbuch zum übersetzen aus dem
deutschen in das lateinische für quarta, im anschlusz an
die gebräuchlichsten grammatiken, besonders an die von
EUendt- SeyfFert. mit Wörterverzeichnis. — Desgl. für
tertia (Jena 1876). angez. von ff*. FoUbrecht in Ratze-
burg 337—343
33. G. Stier: material für den mittelhochdeutschen Unter-
richt auf höheren leliranstalten. enthaltend: geschicht-
lich-geographische einleitung, formenlelire, Wörterbuch;
anhang über neuhochdeutsche Orthographie, vierte auf-
läge (Leipzig 1877). angez. von H. Zurhorg in Zerbst. 344 — 846
84. ff. Varnhagen: systematisches Verzeichnis der auf die
neueren sprachen, hauptsächlich die französische und
englische, sowie die Sprachwissenschaft übeihaupt be-
züglichen Programm -abhandlungen , dissertationen und
habilitntionsschriften. nebst einer einleitung. anhang
zur encyclopädie des philologischen Studiums der neueren
sprachen, hauptsächlich der französischen und englischen
von B. Schmitz (Leipzig 1877). angez. von R. Klussmann
in Gera 34(^348
36. Wünsche eines bibliothekars. von N 3*8 — 351
36. Zu Shakespeares Macbeth, von 0. Jäger in Köln . . 351 — 362
87, Zu zwei stellen aus Goethes werken, von F. Sehrwald
in Eisenach 352—354
(16.) Philologische programme deutscher höherer lehranstalten.
von H. K. Benicken in Bartenstein, (fortsetzung) . . 364—360
XXXIII. Versammlung
deutscher Philologen und Schulmänner.
Nach dem zu Wiesbaden im vorigen Jahre gefassten Be-
schhisse wird die XXXIII. Versammlung deutscher Philologen
und Schulmänner in Gera stattfinden.
Da Seine Durchlaucht der Fürst die Statuten gemässe
höchste Genehmigung zur Abhaltimg des Congresses ertheilt
haben, so schreiben wir hierdurch die Versammlung auf die
Zeit vom 30. September bis 3. October 1878 aus und laden
die Fach- und Berufsgenossen zu zahlreicher Betheiligung ein
mit der Bitte, sich wegen Beschaffung guter und bilhger
Quartiere möglichst frühzeitig an den mitunterzeichneten Dir.
Dr. Grumme in Gera wenden zu wollen. Vorträge und Thesen
sowohl für die Plenarsitzungen wie für die Sectionen bitten
wir baldigst anzumelden.
Gera, Jena,
Director Grumme* Professor Delbrück«
Im Verlage des Unterzeichneten erschienen folgende nach dem
Stammprincip
bearbeitete Lehrbücher für den lateinischen Elementarunterricht:
Dr. Oscar Bertling, Lateinisches Elementarbuch für Sexta,
Zweite Auflage. 1878. Preis JL 1.60.
Dr. Oscar Bertling, Lateinisches Elementarbuch für Quinta.
1878. Preis 1.60.
Dr. Oscar Bertling, Lateinische Formenlehre.
. 1877. Preis Ji. 1.—.
Der Verfasser bietet hier auf Grund erfolgreicher praktischer
Versuche einen genau ausgearbeiteten Lehrgang des Lateinischen für
Sexta und Quinta, durch welchen das wissenschaftlich zwar allgemein
anerkannte, aber für den Elementarunterricht hier und da noch be-
anstandete •
Stammprincip
ohne Schwierigkeit zur Anwendung gebracht werden kann. Die Bert-
ling'schen Lehrbücher finden nicht nur allerorts unbedingte Anerken-
nung, sondern auch mehr und mehr Einführung in Gymnasien. Den
Herren Directoren und Lehrern des Lateinischen stellt der Unter-
zeichnete auf gefl. Verlangen Freiexemplare zur Kenntnissnahme
gern zur Verfügung,
Bonn.
Emil StrauSS, Verlagsbuchhändler.
Digitize. JOgle
ZWEITE ABTEILUNG
FÜB GYMNASIALPÄDAGOGIK üiSD DIE ÜBfilGEN
LEHRFlGHEB
MIT AUSSCHLC8Z DBB CLAB8ISCHBH PUlLOLOaiB
HEBAUSOEGEBRN VOK PBOP. DB. HeBMANN MaSIUS.
88.
NOCTES SCHOLASTICA£.
Die bildung des jungen philologen.
Es war ziemlich spät geworden, als wir von tische aa&tandenf
und die henren anstalt machten , sich in des Taten stnbe surflckzn-
aiehen nnd dort das abgehrochene gesprioh fortiusetzen.
Was haben wir nnn, sagte die junge fran prediger, den lieben
langen tag Ton Ihnen g^bt, nnd was werden wir nun noch von
Ihnen haben? da haben Sie, hOre ich, bei hennetisch geschlossenen
thllren gesessen nnd Ihren hochwohlweisen ratii gepflogen; bei
tis^e haben Sie dann nna armen nnglflckliehen wesen kanm eines
hlickes , geschweige denn «Ines wertes gewürdigt, und nns nur ein-
aelne broäen von Ihrem gespr&che kosten lassen, ans denen ein an-
derer als ich klug werden mag; und jetst wollen Sie sich wieder ab-
sondern nnd nns nnserm Schicksal ttberlassen« ich denke, das darf
Hiebt geschehen, nnd ich, obgleich die jüngste von nns dreien, lege
dagegen feierlichen protest ein. wir sind vielleicht nicht im stände,
Ihnen schritt für schritt anf dem dnnklen pfade Ihrer forsdiungen
zu folgen, aber es ist nns doch nichts von dem gleicfagflltig, was Sie
80 selv beschftftigt, nnd wir werden doch im allgemeinen gegenständ,
aweek nnd zeit fiirer debatten zn verstehen im stände sein, nnd nns
freuen, wenn wir verstehen, was Sie meinen, nnd wenn es nns leicht
wird zn folgen, denn dasz Sie noch lange nicht fertig sind, sondern
noch mit grossen dingen nmgehen, war Ihnen mit halbem auge ab-
znselien.
Es geschah so, wie die junge, schöne nnd entschlossene fran
wollte, indes der tisch abgeräumt wnrde, begaben wir uns in die
N. iahrb. f. phil. u. pä J. II. 1878. hK 8. 24
Oigitized
362
Noctes Bcholasticae,
grosze , helle und warme stube meines vaters , und saszen dort bald
um den runden tische bereit, das grosze und gute zu empfangen, was
da kommen sollte, nur die mutter war leise hinausgegangen und
kam bald mit zwei flaschen des edelsten rheinweins zurück , die von
dem Jubiläum meines vaters übrig waren, triumphierend, dasz sie
solche schätze unter ihrem verschlusz habe , setzte sie die flaschen
Tor die herren und befahl mir die gläser zu bringen, so, sagte sie,
nun ist alles bereit: nun kann das gespräch beginnen.
Was war es also, nahm die frau prediger wieder das w(»i, was
die herren so interessierte und fesselte, dasz sie darüber bans nnd
hof, frau nnd kind vergaszen?
Sie haben wol schon von meiner frau gehört, erwiderte ior
onkel , was uns zn dieser ungewöhnlichen zeit hierher geführt hat
unser Georg ist urplötzlich, ohne dasz wir darauf vorbereitet waren,
der jurispradeni ungetrsu geworden und nnter die philologen ge-
gangen, daran ist nun, wie ich den Georg kenne, nidiis an lidttn,
nnd ich möchte au«^ nidits daran Andern; er mnaa nun aräien vag
gehen, wenn ioih ea nnr erlebe, daaa er ein in amnem Ibdie solider
und tttchtiger —
und ein guter und fronuner, ergänzte die mutter Georgs —
menach wird, wir wOnscben nnr, dauss er den rechten weg gehe, und
data er ihn recht gehe, d. h. daai er ein eehter philologe worde. oder
yielmdir ein tttchtiger, philologisch gebildeter lehrer. denn das ist
doch wol daa swl, auf das er loaarbeitet ao kamen wir daiaof in
fragen, waa zu einem tttehtigen lehrer gehOre, und waa er stodieres
mOsse, um ein solcher zu werden, da haben Sie, liebe frau, des
gegenständ unserer debatte. wir gerieten dabei, ganz gegen unser«
absidit, immer tiefer und tiefer hinein, so daaa wir durttber alles
Tergassen und selbst Ihre ankunft nicht bemerkten.
Ach lassen Sie doch den spott, sagte die junge fran Srgorlieb,
und sagen Sie uns lieber, waa Sie bei Ihrem tiefim ainnen und brt-
ten herausgebracht haben , d. h. durch was fibr Studien Sie Ora
Georg und jeden andern philologen zu seinem amt und berufe tot-
zubereiten gedachten, ich habe mir die sache nicht so schwer vor-
gestellt, wer ein festes ziel hat, bildete i(^ mir ein, werde auch seliea
den weg zu finden wissen, wenn er das ziel stetig im auge behalte,
und man könne einem jungen, tüchtigen manne den weg zu finden
selbst ftberlassen. es sind, sagt man, viele wege, die nach Born ftk-
ren; die hanptsache ist, daaz man nach Bom konunt.
Die Sache ist doch nicht so leicht, sagte der onkel, als Sie glau-
ben; wir giengen dabei etwas langsamer zu werke: es war doch
nötig, die frage schirfer zu feasen imd zu fixieren, wir machten da*
her einen unterschied zwischen der reinen, ungemischten und as-
geteilten philologie, wie sie etwa der treiben könnte oder mttste, der
ein akademisches lehramt im auge bitte, und deijenigen, welche der
zukfinftige gymnasiallehrer zu treiben bitte, die erstere interessierte
uns weniger; wir beschrinkten uns auf das letztere, mein söhn ni
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Koetes acholasticae.
368
in 9mm absiebten sehr besobeiden. er ist, scbreibt er mir in seinem
lebten briefe, mit der ganzen seelepbilologe, aber nur in der yorans-
Setzung, dass er in einem sebnlamte diese seine wissensobaft fttr eine
empföngliche, strebende Jugend verwerten kOnnte; ermOdite aber
imih nicht lehrer sein, wenn es nicht der kreis des philologischen
wSre, in dem er seine lehrthätigkeit ttben könnte* er mOchte weder
die Philologie ohne ein schnlamt, noch ein schnlamt ohne die Philo-
logie, in der Terbindnng dieser beiden, des philologen nnd des leh-
ren, lag die grosse Schwierigkeit unserer frage, mit dem philologen
allem witien wir schon fertig geworden, die grosse schwieri^^roit lag
in dem philologen als lehrer.
Fahren Sie nur fort, sagte meine matter; Sie haben einen in-
teiMsanten und zugleich wichtigen gegenständ der besprecbuug
gehabt.
Hier nun Überzeugten wir un.s ])alcl, dasz allerdings jeder lehrer
von kernhaftigkeit einen mittelpunct für seine geistige thätigkeit,
für sein wissen und streben haben müsse, wie z. b. die philologie
oder die geschichte oder die mathematik, dasz es aber nicht aus-
reiche, in einem dieser fächer ganz gediegen und solide zu sein, son-
dern dasz für ihn eben als lehrer gewisse andere Wissenschaften,
ich sage nicht kenntnisse, iinerläszlich seien, ohne die seine bil-
dung als lehrer und erzieher nur eine mangelhafte und geradezu ver-
stümmelte sein würde.
Wie meinten Sie das, sagte meine mutter, Wissenschaften und
nicht kenntnisse?
Nun ich denke, dasz man viele kenntnisse besitzen könnte ebne
Wissenschaft, und ebenso Wissenschaft ohne gerade eine ausgebreitete
fölle von kenntnissen. kenntnisse sind eine vielheit» Wissenschaft
ist eine einbeit; kenntnisse liegen ausgebreitet neben einander, die
Wissenschaft wächst wie ans einer einfachen wurzel hervor; kennt-
nisse erwerben sich bei einem offenen geist durch nmgang, lectüre
hbw. leicht, Wissenschaft ist die frucbt eines intensiven und anhalten-
den Studiums; kenntnisse erregen oft staunen und bewunderung,
Wissenschaft wird immer acbtung erwerben. Sie sehen, dasz es mir
als vater vielmehr um Wissenschaft als um kenntnisse zu thun ist.
natürlich können sich auch kenntnisse, wie dies in den exacten Wissen-
schaften zum teil der fall ist, zusammenscblieszen und verdichten,
und so zur Wissenschaft werden, wie jene umgekehrt nach allen Seiten
hin ihre fühlhömer ausstrecken, sich erweitem und mit einer kröne
?on kenntnissen umgeben kann.
Ich habe immer geglaubt« sagte meine mutter, dasz die Wissen-
schaft aneh nur in einem schon etwas hohes und seltenes sei, und
oftmals von meinem manne die klage gehOrt, dasz die zahl derer, die
eme einzige Wissenschaft besitzen nicht groBz , ja in einem stetigen
abnehmen begrijßen sei, und nnn wollen Sie, wie ich vermute, zu der
einen fachwissenschalt aene Wissenschaften hinzufflgen? hmszt das
24*
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o64
Noctes scholasticae.
nicht einen jungen mann überbürden? und werden Sie nicht dordi
diese erweiterung des Studiums seine Vertiefung und Samm-
lung in seiner eigentlichen fach Wissenschaft yermindem?
Ich fürchte nicht , sagte der onkeL aber halten Sie zunächst
fest, dasz unsere absieht war, den idealen und seiner idee ent-
sprechenden lehrer zu construieren, etwa wie im alterimn Cicero
nnd Quintilian den idealen redner constmierl haben, sie fragten
nicht, wo ist nun der redner , den wir sndien? ist es DemoBthflnes?
ist es Cicero? sondern sie faszten den redner in seinem begriff nnd
in seiner Vollendung ins auge , wie er in ihrer idealen snacimaiig
lebte, nnd maszen nach diesem bilde die wirUiehen redner. sie stie-
gen nicht von den vorhandenen rednem, fiüheren oder noeh leben-
den, zur idee des redners anf, sondern von dieser idee desselben
ZQ den einzelnen and wirldii^en rednem hernieder, so wellen
auch wir nicht den verUltmssen nnd zustSnden der jetzigen Idirer-
weit za nahe treten; im gegenteil wissen wir, dass nachahmung
glSnzender Vorbilder und bdapiele, lange präzis nnd erfohrung, auf
vergleichung und nachdenken mhend, ein natllrlicher, im einzelnen
das rechte treffimder taot, anch da, wo die vollendete lehrerbildnng
fehlt, das fehlende ergSnsen nnd das mangelnde verdecken kann, so
dasz der einzelne lehrer oft viel besser ist, als er nach seiner wiasesr
schaltlichen bildung erseheinen würde, aber wenn anch hier, wie
überall y der edle mensch in seinem dunklen dränge sich des rechten
weges wol bewuszt ist, so sind doch alle jene mittel^ als da sind praxis,
erfahrung, nachahmung usw. nur snbsidiftre, die einen gelegentlich
auch wol im sticfae laraen, und meist gerade da, wo man ihrer am
meisten bedarf. jeden&Us entbinden sie uns nicht von der Verpflich-
tung, den idealen lehrer anfinisnchen. wenn nun zur ansbildung des
idealen lehrers gewisse Wissenschaften gehören, die meinetwegen
wenige wirkliche lehrer in sich vereinigen, so ist das nebensadw,
was etwa der philologie dadurch f&r eine minderung widerMrt; wir
suchen zunSchst nur das begrifflich. notwendige festzustellen, und
werden dann, wenn dies erkannt ist^ auch mittel und wege finden,
die einzelnen Wissenschaften mit dieser absoluten forderung in ein*
klang zu setzen, unsere sorge wird es dann sein, zu überlegen, was
z. b. aus der pMologie werden wird, wenn dem jungen lehrer noch
die und die Wissenschaft zugemutet wird, denn fi:eilich wird sich
auch die philologie gewisse modificationen gefidlen lassen müssen,
wenn sie genötigt ist, in der seele eines jungen mannes anderen
disdplinen neben sich räum zu gestatten.
Weiter, weiter drSngte meine mutter.
Wir meinten also, dasz der philologische lehrer sich als lehrer
erweisen mllsse durch eine theologische und eine philologische bil-
dung: ich verstehe immer wissensäiaftliehe; wir erkannten dies als
einen hanptfehler des Wieseschen reglements, wür wollen es koiz so
nennen, dasz in diesem nicht die absolute notwendigkeit dieser
doppelten bildung anerkannt, sondern beiden disciplinen fSr ge-
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Noctes scholasidcae.
366
wisse tßüe der platz unter denen angewieaen ist, fOr die nur eine
allgemeine bildnng erforderlich ist.
Ich Ternrate, dasz Sie an der allgemeinen bildong anstosz
nehmen, sagte meine mntter. ist es nicht schon erfreulich, dass es
wenigstens jetzt gesetzlich mü^lich ist, diejenigen vom schnlamte
fern zu halten, wdche in diesen dingen völlig unwissend oder ihnen
geiadezn feincUich sind?
Nein, erwiderte der onkel. was ist denn allgemeine bildong?
wollen Sie mir das erklttren? es ist ein so nichtssagendes wort, ein
so dehnbarer begriff, der je nach belieben bald ins unendliche auf-
geblasen, bald bis auf wenige allgemeinheiten zusammengedrttckt
weiden kann: ich weisz von jungen leuten, die eine allgemeine bil-
dong in der xeligion zu besitzen glaubten, und nach entstehung, bil-
dong und abschlusz des alttestamentlichen kanon befragt wurden,
imd von andern, die ihre allgemeine bildung in der philosophie durch
eine eingehende prttfung über CSartesius, Baoo, Hobbes und Locke dar*
legen sollten : und wenn nur dies zur allgemeinen bildung gehörige
ein so festes und faszbares wttre , wie es etwa der Jurist im römischen
recht vor sich hat, wenn nur nicht den subjectivsten meinungen, phan-
tasieen und bypothesen dabei thflr und thor geöffnet wUre ! ich sage
Ibnen, es ist etwas völlig wertloses : ein nebelgebilde ohne kern, ein
qnantum von kenntnissen ohne innem zusanunenhang, ohne einbeit,
ohne beziehung auf ein princip, ohne zweck und ziel, ich halte es für
leichter, sidi auf beiden gebieten eine wissenschaftliche kenntnis als
diese allgemeine bildung zu erwerben, das musz auch der urheber
des reglements eingesehen haben, wie wir: er hat sich, da er daran
verzweifelte die solide Wissenschaft durchzubringen, mit diesem
schatten der Wissenschaft begnttgt.
Sie wollen also , nahm meine mutter wieder das wort, dasz der
jnnge lehrer nicht ein gewisses gröszeres oder geringeres quantum
von kenntnissen , nicht eine allgemeine bildung in religion und phi-
losophie , sondern eine wissenschaftliche einsieht und kenntnis mit-
bringe : wissen Sie auch wol, was Sie da fordern?
Qewis> verehrte frau, erwiderte der onkel; aber ich bedenke,
dasz es in der Wissenschaft gewisse grade und abstufungen gibt, auf
denen der, welcher sie treibt, mehr oder minder hoch emporsteigfcy
und die man durchaus alle erstiegen haben müste, um in der Wissen-
schaft als ein mann der Wissenschaft gelten zu können, die Wissen-
schaft ist sowol an und fOr sich eine im fortschreiten begriffene als
auch in jedem einzelnen, der sich ihr widmet, eine sich allmählich
vollendende, es ist also z. b. nicht meine ansieht, dasz jemand etwa
eine hohe theologische bildung besitzen müsse, um zu einem schul-
amte thätig zu werden, wol aber, dasz er des wissenschaftlichen
Sinnes und geistes teilhaftig sei , der ihn von innen heraus zu höhe-
rem Wachstum in die Wissenschaft hinein befähige.
Es ist mir neu, was Sie sagen, entgegnete die mutter; ich
habe immer geglaubt, dasz die Wissenschaft, jede Wissenschaft ein
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366
Noctes teholMticae.
ganses sei, das man als ganses fiwseB, als ganzes an sich zielieii
mfisie.
Ohne sweifel, nur dasz dies ganze kein absolotes, sondern ein
relaÜTes ist. zunlehst denken wir ans die Wissenschaft als eine
lebende, d. h. als eine entweder von innen heraus sidii entwickelnde
oder Ton aossen in ihrer entwioklong gefilrderte. die fortsdiritte in
einer Wissenschaft sind bald rascher und rapider, bald langsamer,
bald scheinen sie ganz ao&ahören und die Wissenschaft im absterben
begriffisn. es ist gesagt worden, dasz, wenn ein in einer Wissenschaft
darchans tttohtigw mann etwa flinf jähre fem von Europa und ohne
jeden connez mit Europa bliebe, er bei seiner rOckkehr oft gar nicht
mehr die technische spräche dieser Wissenschaft yerstehen würde,
so drttngt die wissensdiaft hier Yorwirts, wihrend sie auf etnem
andern gebiete wie erstorben scheint, genug es gibt keine absdute
Wissenschaft, sondern nur die Wissenschaft, wie sie in einer bestimm-
ten zeit sich gestaltet hat. wer diese wissensdiaft nun so beheischte,
dasz er auf ihre bisherige entwieklung zurftckbHck^ und im vorwis
ihre weitere entwicUung divinimnd erkennen kOnnte, von dem
würde ich sagen, dasz er auf der hOhe seiner Wissenschaft stflnde.
wie wenigen ist nun dies vergönnt! selbst die heroen in einer
Wissenschaft ergreifen eine der vielen disciplinen, welche diese
Wissenschaft umfeszt, und ftlhren die Wissenschaft weiter, indem sie
diese bestimmte disciplin weiter führen. fCLr uns , die wir nicht zu
diesen heroen ztthlen, ist es genug, wenn wir das princip einer Wissen-
schaft, die specielle art ihrer entwieklung und die von innen ha^
aus treibenden krfifte, das ziel, auf das sie zustrebt, ihren umfang
und ihre wesentlichen zweige kennen , und zwar nicht als BusEerlich
gelernte, sondern als innerlich ergrififene, in unser ganzes wesen ver-
arbeitete und durchlebte, es sind nicht die kenntnisse , welche den
theologen ausmachen, sondern der sinn und geist der theologie, den
er in sich trägt, und dieser sinn und geist kann sehr wol derselbe
sein in dem gelehrten professor der theologie und in dem einfachen
und einsamen dorfpfarrer, der an allen den fortschritten seiner
Wissenschaft wenig oder gar keinen teil genommen hat. so wollen
wir auch, dasz der junge philologe, den wir zum lehr er erziehen,
nicht ein vollendeter pldlosoph oder theologe sei, wol aber, dasz er
von dem geiste dieser Wissenschaften durchdrungen und beseelt sei.
dieser geist kann mehr oder weniger kraftigkeit, lebendigkeit haben;
es ist aber derselbe geist, der in den ersten auffingen der Wissen-
schaft wie in ihrer späteren ausbildung vorhanden sein mnsz. es ist
derselbe geist, der die Wissenschaft aus sich hervortreibt und die
personen, welche der Wissenschaft dienen, durchdringt, derselbe
geist, der die einbeit der Wissenschaft bildet und die jfinger der
Wissenschaft vom höchsten bis zum kleinsten zu einer lebendigen Ge-
meinschaft und einheit verbindet.
Das ist alles recht schön, sagte meine mutter; dadurch wird
aber die last nicht vermindert, die sie den armen jungen leuien auf-
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Noctes scholaaticae.
367
legen, wie viel zeit, wie viel arbeit, um diesen geist kennen zu lernen
und zu gewinnen !
Als ich jung war, sagte der professor, bin ich jähre lanp- in die-
ser und jener Wissenschaft umhergegangen als ein fremder, ich
lernte in der geschichte zahlen und namen und glaubte wol, dasz dies
geschichte wäre, zufällig bekam ich Rankes fUrsten und Völker von
Südeuropa in die bände: von diesem augenblicke an wüste ich, was
geschichte sei. es ist mir mit Ritter ebenso gegangen, manche an-
dern werden sich so Schleiermachers und Neanders erinnern, darin
sind die geister verschieden: den einen packt es mit augenblicklicher
gewalt, der andere ringt sich aus nacht und nebel mühsam empor.
Sie müssen wenigstens die möglichkeit zugeben, dasz es für den
empfänglichen und fähigen geist keines erdrückenden Studiums be-
darf, um zu wissen, was religiöser sinn und philosophische ged&nken-
form sei.
Ich gebe das zu, sagte meine mutier, aber ich kann den rechten
nutzen noch nicht erkennen.
Nehmen Sie, liebe freundin, irgend eine Wissenschaft , und stel-
len Sie den mann von allgemeiner bildung und den von dem geist
der Wissenschaft durchdrungenen neben einander, es sei die ge-
schichte. keine Wissenschaft ist mehr geeignet, sich liebhaber und
dilettanten zu gewinnen, sie bietet eine fülle des interessanten und
pikanten , sie gibt febselnde , oft hochromantische erzählungen von
ereignissen; sie überrascht durch jähe contraste, sie läsztuns an den
Schicksalen von porsonen teil nehmen, indem sie uns reizt, uns mit
ihnen zu identificieren, sie hält auch das ethische und religiöse inter-
esae lebendig, indem sie, gegen wart und Vergangenheit verknüpfend,
uns ein höheres walten in denselben erkennen läszt. treten wir mit
wissenschaftlichem sinn an die geschichte. unsere neugier ist nicht
gespannt, ereignisse und personen haben keinen poetischen reiz ; wir
wollen, was uns von den dingen erzählt wird, prüfen, ehe wir aus
ihnen Schlüsse ziehen, wir prüfen die erzählungen auf die glaub-
würdigkeit der erzähler, auf die innere Wahrscheinlichkeit, die
Wissenschaft ist vor allem kritisch, sie will nicht bewundern , son-
dern verstehen, verstehen aber heiszt die wirkenden kräfte kennen,
welche ein ereignis oder eine reihe von ereignissen hervorgetrieben '
haben, und die^r wirkenden kräfte sind unzählige, aus der tiefe, aus
der Verborgenheit arbeitende, zum teil solche, die wir nur divinieren
können, nach diesen kräften forscht der historiker. Droysen
hat den treffenden ausdruck forschend verstehen hiefür ge-
braucht. Sie können unmöglich noch fragen, was uns die wissen-
schaftliche bildung leistet im gegensatz zu der allgemeinen bildung.
sie stellt uns auf einen andern standpunct, gibt uns ein anderes auge
um zu sehen, gibt uns andere kriterien, um zu urteilen ; sie lehrt uns
vergleichen und entscheiden, combinieren und auseinanderhalten; sie
Weist uns in die tiefen, aus denen die erscheinungen emporsteigen,
und erhebt uns zu den höhen, von denen wir eine weit überblicken.
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368
Noctet tdbolABÜcae.
Sie setzen hierbei immer den gelehrten lorscher voraus, sagte
meine mutter.
Nein, ich meine vielmehr, dasz, wer nur einmal die Wissenschaft
gekostet, nur ein einziges problem derselben hat lösen helfen, nie in
seinem leben den sinn und geschmack dafür verlieren wird, er ist
darum noch nicht der wissenschaftlich durchgebildete mann gewor-
den, aber er hat die richtung des gei>t«s erhalten, die zur wissen-
schaftlichkeit führt, ich sagte vorher, eine seite von Ranke, von
Ritter habe hingereicht, mir eine ahnung davon zu geben, was ge-
schichte, was geographie als Wissenschaft sei; damit bin ich kein
historiker, kein geograph geworden; aber ich hatte eine richtung
erhalten , die ich nie verloren habe, es war der keim zu dem , was
später aus mir f,'e worden ist oder hätte werden können, dasz dieser
keim sich entwickle zu einem bäume, erfordert freilich viele mühe
und arbeit ; es geschieht nicht von selbst, dasz das wissenschaftliche
denken erstarke , dasz die Vorstellungen sich verdichten , dasz eine
geläufigkeit entstehe in diesen denkoperationen, dasz eine fülle ana-
loger erscheinungen zu geböte stehe und zur band sei; aber das müs-
sen Sie doch sagen , dasz man auch bei dem , der in den anfangen
stehen geblieben ist, bleiben wir bei dem dorfparrrer, und wenn er nur
den mund aufthut, sofort erkennen kann, ob er die wissenschaftliche
weihe erhalten hat. der quantitative unterschied zwischen ihm
und dem professor ist ohne zweifei ein unendlich groszer, qualita-
tiv aber sind sie gleich, aus 6inem mutterleibe geboren, von ^iner
milch genährt, von einer band erzogen, was wir verlangen , ist also
nicht, dasz der junge lehrer, den wir erziehen, eine volle theologische
oder philosophische bildung, so weit man dabei von voll reden
kann, mit zum schulamte bringe, wol aber, dasz er einer wissen-
schaftlichen auffassung und behandlung dieser gegenstände fähig- sei,
und fragen Über erziehung, zucht, regierung, strafe, methode, kurz
das ganze öflentliche und private schulleben nicht als routinier aus
roher empirie und praxis oder in blinder leidenschaftlichkeit, sondern
als ein durch diese Wissenschaften gebildeter und geschulter mann
beurteile, wie sehr uns aber männer in diesem geiste not thun und
wie sehr sie uns fehlen, wie sehr ich sie vermisse, darüber ist hier
doch wol nicht der ort zu sprechen.
Wie so? sagte meine gute mutter, die den onk^ nicht loslassen
wollte.
Erstens ist es, abgesehen von aller berufsthätigkeit, etwas hohes
und erhebendes, einen menschen, jung oder alt, vornehm oder gering,
zu sehen, wie er einfach in der furcht des herm steht und schlecht
und recht so seinen weg durch das leben geht; ich wenigstens beuge
und demütige mich vor jedem mütterchen, das in der sonntagsfrühe
zur kirche schleicht, vornehmlich aber freue ich mich von herzen,
wenn ein junger mann nicht blosz eine feine kunst und Wissenschaft
besitzt, sondern daneben sich ein kindlich frommes gemüt bewahrt
hat. es ist das aber kaum anders möglich, als dadurch, dasz er sich
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Noetes 8cholaBtioa&
in besag aaf sein religiöses sem und leben erhebt Uber dnmpliBS mei-
nen nnd sporadische Torstelliuigeii sa einem wohlbegründeten« in
sieb soflfliiunenhftngenden und fest geschlossenen bewustsein und
wissen, des ist, wie gesagt, für mich der schOnste anblick, ein ge-
bildeter geist und ein kindHohes gemüt. dies wünsche ich dem jun-
ticn mann nnd meinem Georg um seiner selbst willen, sodann aber
wird er als ein mann , der sich nicht von wind und weiter treiben
läszt, sondern einen festen sinn und eine stetige unwandelbare rich-
tuDg bat, die auf gott, auch seinen beruf auffassen als einen dienst,
den er einem hohen herm leistet, und für den er dermaleinst rede und
antwort stehen soll, auch seine schüler werden ihm, wenn sie sehen,
dasz ihn eine grosze und starke Überzeugung beherscht, und dasz er
in seinem denken , urteilen und handeln kein kind des augenblicks,
der laune und willkür preisgegeben, sondern ein in gott gegründeter
und befestigter mensch ist, mit achtung und vertrauen betrachten
und seine Wirksamkeit gern annehmen, erleichtem und fördern«
aacb sein Unterricht, nioht etwa blosz der in der religion, wird von
dieeem geist durchdrangen sein, der ohne viele oder wenige finonune
redensarten, doch der jugend, die dafür recht wol ein feines Ver-
ständnis bat, eine ahnung gibt, dasz alle Wissenschaft und knnst
doch niebt das höchste sei, ja ein eitler und thörichter besitz, wenn
einleistes und hödistee fehlt, auf welches all unser sein und streben
beugen wird, daher halten wir drei mftnner denn einen wissen-
iduälichen geist in der religion und ebenso in der Philosophie fttr
«Bimerlassliohee erfördemis eines jungen philolcigischen, wiettber-
iiaupt Jedee lehren.
Idi sdie, sagte meine mutier, dasz mein herr und gemahl mir
winkt es nnn zu lassen. Sie haben Termutlich noch einen weiten
weg vor, auf dem wir Sie nicht hemmen wollen, aber wenn wir
wieder in der stadt sind , werden Sie mir ein und das andere tröst-
liche wort auch über die-philosophie sagen müssen: jetzt aber dür-
fen wir doch bei Ihnen bleiben, dafür könnte ich Ihnen, wenn je
lür etwas gut sagen , dasz wir aufmerksame und dankbare zuhöre-
rinnen sein werden.
Wir haben, nahm der prediger das gespräch auf, den jungen
mann, den wir erziehen wollen, doch immerhin schwer belastet, in-
dem wir ihn zu einer so mannichfaltigen wissenschaftlichen bildung
verpflichtet haben, wie sollen wir es nun anfangen, dasz wir den
jungen mann vor überbürdung schützen? wir wollen doch kein ab-
gearbeitetes und erschöpftes geschlecht von lehrem in die schulen
bringen, die menschliche kraft ist einer hohen Steigerung fUhig,
^ochnur bis zu bestimmten grenzen; wer diese überschreiten wollte,
würde sieh selbst yemichten. nun ist der beruf eines lehrers, wie
ja besser wissen als ich, ein beruf, der mehr als irgend ein an-
derer arbeitskraft, energie und ausdaner, Mache und lebhafligkeit,
körperliche und geistige gesundheit fordert, und die theologie, so
viel ich davon verstehe , eine so ins unendliche sieh ausd^nende
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370
Koctat ■oholaaticae.
Wissenschaft, dasz ich begierig bin zu hören, wie Sie die kunst des
jungen lehrers bei dieser dreifachen belastung schonen, und die
philologische bildang Tor schwerer euibuBze und beeinfcräcbtigttiig
sebützen wollen.
Wenn ich nicht irre, sagte hierauf der professor, so hat S vbel
in einer kleinen schrift über die deutschen Universitäten die forde-
rung aufgestellt, dasz überhaupt das akademische Studium etwa auf
zehn semeater erweitert werde, um die studierenden sowol durch
kenntnisse und fertigkeiten für ihren beruf ftihig zu machen, als auch
über die blosze dressur zu erheben, und zu freien und selbständigen,
im denken, urteilen, wollen unabhängigen jungen männem zu bilden,
wie es ja die deutschen hochschulen im gegensatze zu den französi-
schen und englischen immer als ihre aufgäbe betrachtet haben.
Es ist das, sagte mein vater, eine der vielen gutgemeinten phan-
tasieen, gegen die ich mich, wie gegen jede abhilfe der art erklären
würde, erstens gehen die lehrer an den gjmnasien aus einem ziem-
lich unbemittelten stände hervor; für diese gehört eine fünfjährige
Studienzeit zu den Unmöglichkeiten, aber auch wenn der Staat die
mittel zu dieser ausdehnung der Studienzeit verschaffte, so gibt es
auch für diese ein bestimmtes masz, das nicht wol tiberschritten wird,
der tüchtige junge mann fühlt, so wie er eine gewisse stufe erreicht
hat, ein bedürfnis von dem gewonnenen mitzuteilen, und eine aver-
sion vor längerem besuch von Vorlesungen, mögen diese auch interes-
sant und für ihn wichtig sein, wenn diese zeit gekommen ist , musz
man den jungen mann los - und freigeben, und das weitere ihm selbst
überlassen, er wird sich dann schon selbst helfen, und sich ohne
grosze mühe auf gebieten, die er noch nicht kennt, zurecht finden,
es genügt oft wenig zeit dazu, um einem von der schule wohl vor-
bereiteten, geistig frischen, lebhaften und energischen jungen mann
eine solche befUhigung zu geben, die für die bedeutendste Wirksam-
keit im amte und in der Wissenschaft ausreicht, ja es ist erstaunlich,
wie junge leute, die später das höchste geleistet haben, ihre univer-
sitätszeit mehr dazu benutzt haben , sich überall in der Wissenschaft
umzusehen und ihrem geiste anregung und interesse zu verschaffen,
als sich mit energie auf ihr eigentliches fach zu werfen und hierin
zu concentrieren. die länge der zeit thut es nicht, es wäre vielleicht
etwas anderes, wenn junge leute, die sich in der prüfung bewährt
hätten, nach einer zwei-, dreijährigen Schulzeit, die mittel zu einem
erneuten Studium gewährt werden könnten, um sie zu höheren schul-
stellen zu qualificieren. indes auch dies ist bedenklich, da nicht jeder
die neigung hat, sich auf diese weise in seinen Studien weiter zu
bilden und zu vervollkommnen, unsere hilfe musz, wenn eine hilfe
wünschenswert ist, anders woher kommen, aus der art und weise,
wie die philologischen studien betrieben werden.
Sie denken einen neuen weg einzuschlagen, :>agte der predi^er,
ich bin begierig ihn zu hören.
E«s ist kein neuer weg, sagte mein vater, sondern der, den wir
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Noetes seholaaticae,
371
selbst, der professor and ieh, gigangen sind, als ich noch jung war,
war 68 niobts seltenes, dasz ein junger mensoh, wenn er gefragt
wurde, was er studieren woUte, unverzagt antworte: theologie und
Philologie (denn das war die rangfolge der beiden, theol(^e und
Philologie, nicht umgekehrt); das dritte, die Philosophie, Torstand
sich Ton selbst, und das waren keine leeren werte, denn niemand
wollte die philologie Aber bord werfen, wenn er die Schulbank hinter
sich liedz, und die theologie liesz uns vollständig zeit und räum, um
der alten freundin von der schule her die band zu reichen, so habe
ich erst theologie und daneben ein wenig philologie getrieben , und
dann später, als ich mich in meinem berufe entschieden hatte, philo-
logie und daneben die noch rflckständigen theologischen Stadien, wie
katechetik, pastoraUehre usw. ich wollte das wenige , was mir noch
fehlte^ nicht liegen lassen, mit freuden denke ich noch bis jetzt an
diese geschickte combination. sie ist mir wolthuend gewesen für
nein ganzes leben.
Wie war das möglich? fragte die frau prediger.
Das war, sagte mein vater, sehr wol möglich, die theologischen
hauptwissen Schäften waren kurz und knapp gehalten; den Studenten
WDrde in Halle eine anweisnng snr regdang ihrer theologischen Stu-
dien in die hände gegeben, der wir ans gern anvertrauten, die phi-
lologie aber war damals noch jung und frisch, munter and leicht
geschürzt , und hüpfte wie ein junges mädchen mitten umher zwi-
ahen den theologischen collegien , wShrend sie jetzt wie ein altes
«ckwerbekdenes mütterchen keucht, es ist nicht sa verwundern,
wenn die schlanke dirne auch aaszer dem hause viele und was für
eifrige Verehrer fand.
Sie scherzen, sagte die junge frau, mehr als ich sonst von Ihnen
gewohnt bin.
Das kommt daher, weil ich mich wieder jung and leichtiierzig
fühle, wenn ich an jene goldene zeit zurückdenke, es war in der
that so, wie ich sage, seitdem nun hat sich nicht blosz der äaszere
umfang der philologie erweitert, sondern es sind auch im Innern der
Philologie Wissenschaft auf Wissenschaft entstanden oder doch ent>
wickelt , so dasz ganze strecken landes, welche früher unbebaut und
unbeachtet lagen, jetzt die vollsten und üppigsten saaten tragen,
endlich ist in diese philologie , wenn man sie noch so nennen kann,
gleichsam ein neuer geist gekommen, gegenüber den alten unbefan-
genen und harmlosen anschauungen neue gesichtopuncte, neue auf-
fassungen, neue Ideen, neue kriterien, so dasz man das alte liebe haus
iu dem man vor jähren so glücklich, so zufrieden gewesen ist, nicht
mehr wiedererkennt.
Ich kann mich in ihre Stimmung recht wol hineindenken, sagte
die junge frau, aber Sie sollten in der ausbreitung und dem Wachs-
tum Ihrer Wissenschaft nur ein zeichen von gesundheit und lebens-
kraftigkeit sehen, es hat, habe ich mir sagen lassen, Wissenschaften
und kttnste gegeben , welche nach hoher blttte allmählich zu welken
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372
Nootes Boholasticae.
begannen und dann erloscben, was kann man nun einer Wissenschaft
schöneres wttnschen, als dass sie sich so yeijflngt. alt werden und
veralten ist ein übel ding, wie ftlr uns menschen, so überall, doch
heben Sie einmal den schleier von Ihrer bühne , damit wir die ent-
Wicklung ihrer Wissenschaft nfther sehen, die Sie als ein onglOck be-
klagen , wie es scheint.
Ohne zweifei, erwiderte mein vater, ist die spräche ein haupt-
bestandteil der philologie, mag man sie als einen teil des geistigen
lebens der alten oder als mittel um dies geistige leben kennen zu
lernen fassen; philologie ohne auf die ^pracbe gerichtetes Studium
ist nicht donkbar, von welcher philologie auch ii-gend die rede ist.
diese spräche nun wurde von den alten selbst als etwas gegebenes
hingenommen, über dessen Ursprünge, bildung, ahnlichkeiten , Ver-
schiedenheiten, Verwandtschaften usw. die Ki>mer ein wenig, die
Griechen gar nicht nachgedacht und nachgeforscht haben, alle spä-
teren sind ihnen darin gefolgt, denn alles , was etwa die humani-
sten oder später die hoUänder darin versucht haben, ist sowol unbe-
deutend als auch völlig verfehlt, da gieng vor etwa 100 jähren durch
die entdeckung des sanskrit auch für die alten sprachen ein neues
licht auf. die lautlehre , die flexion , die composition erhielten eine
neue auffassung und eigentliches Verständnis; auch die syntax, welche
anfangs zurücktrat, fieng an, sich umzugestalten, die casuslehre ist
eine neue geworden; auch die lehre von den modis, z. b. conjunctiv,
Optativ , infinitiv ist von neuen gesichtspuncten aus behandelt wor-
den, vieles liegt noch in der Zukunft; noch ist alles im werden; wer
will sagen, ob und wo die sache zu einem stillstand kommen und
festes von problematischem scheiden wird, diese vergleichende
betrachtung der sprachen ist nun eine ungeheuoue erweiterung der
philologischen aufgäbe. Curtius und Delbrück empfehlen nun,
dasz in den ersten semestem sanskrit gelernt werde, natürlich wie
der anfänger latein und griechisch lernt, nicht um die formen zu er-
kennen, zu verstehen, sondern um sie bis zur geläufigkeit zu bil-
den , um eine mechanische fertigkeit darin einzuüben, daran sollen
sich interpretationsübungen schlieszen , bei denen auf das veda ein
gi'össeres gewicht gelegt werden soll, als auf das classische sanskrit —
Homer und Plate ! mit der vergleichenden grammatik, die den schlusz
bildet, kehren diese Studien zu den classischen sprachen zurück, vie-
les andere wird sich daran setzen, wie eine vergleichende mythologie,
zu der längst ausätze gemacht sind, ich denke mir einen wanderer,
der eine letzte höhe noch vorsieh zu haben glaubte, und, nun er diese
erstiegen hat, eine neue unabsehliche weite vor sich erblickt, so
etwa ist mir zu mute, ich will gar nicht erwähnen, dasz diese Stu-
dien mächtig in die classischen Studien eingreifen, wir können den
Homer nicht mehr lesen, wie früher; die homerische grammatik,
sonst eine rumpelkammer von willkürlichkeiten, tritt hell und klar
hervor und erleichtert uns und den Schülern das Verständnis der
formen; aber dies alles setzt Studien voraus, vor denen ich, wenn
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Noctes scholasticae,
373
ich noch einmal jung werden und meine bildung neu ansetzen wollte,
zurückweichen würde, rechnen Sie nun dazu, dasz die jungen leute
in diese neue weit eintreten mit einem interesse, gegen das das alt-
classische an bedeutung verliert und verlieren musz. wer sanskrit
erlernt hat, glaubt ein philologe erster qualität zu sein, und blickt
mitleidig herab auf die , welche in alter weise ihren weg gehen und
ihre arbeit thun. gott mag wissen , was aus uns werden soll.
Eben dieselbe erscheinung, das anwachsen und anschwellen der
Wissenschaft treffen wir an, wenn wir das innere der Wissenschaft
betrachten.
Friedrich August Wolf hat in seiner schönen schrift über
die altertumswissenschaft eine reihe von disciplinen aufgezählt,
welche jene umfaszt. es sind ihrer 24. man kann nicht sagen, dasz
in diesem Verzeichnis eine wesentliche disciplin fehle , aber die vor-
handenen haben sich teils immens erweitert, teils seitenäste aus sich
herausgetrieben, die wieder zu eigenen, selbständigen disciplinen ge-
worden sind, man erwartet, dasz der ausgebildete junge philologe
iü jeder dieser disciplinen einigermaszen bekannt sei.
Als ich in Berlin studierte, hörte ich bei Zumpt eine Vorlesung
über römische geschichte und antiquitäten, er faszte diese beiden als
eins, das werden in der geschichte, das gewordene und bleibende in
den antiquitäten; er setzte die antiquitäten da ein, wo sich eine In-
stitution zu fixieren anfieng oder angefangen hatte, es war eine
höchst geschickte, für die Studien höchst nützliche anordnung. ich
wüste nicht, warum ein gleiches verfahren nicht in der griechischen
geschichte t^tattiindeu könnte, die idee, dasz ich so sage, jener in-
sütuiej ihr Zusammenhang mit der innern geschichte der Staaten,
der verlauf der bisherigen Untersuchungen , der momentane stand-
punct, auf dem diese Untersuchungen jetzt stehen usw. liesze sich
vortrefiflich in 6ine Vorlesung zusammenziehen, wenn man in der ge-
flcliiohte alle die gegenstände fallen liesze, welche den studierenden
von der schule her bekannt sind, denn das kann doch nur allein der
xweok dieser Vorlesungen sein, den jungen mann auf den punct zu
stellen , und durch hinweis auf das geschehene dasa sa be&higen,
dasz er den fernem gang der farsehung verstehen, mid sich, activ
oder passiv, an demselhen heteiligen kaim. C. F. Hermann üi QOt*
tingen hat wol einmal oder Sfker das ganae Offentliehe leben eines
Volkes so zusammengelunct statt desaen sind nidit bloss die aati-
qnitSten zu einer besondmn Wissenschaft geworden, sondern diese
hat sich in die poUtisdien, socialen nnd privataltertlüner gesondert,
es ISsst sich dies bestreben, die Wissenschaft su spedaUsieren
und za gliedern weiter und weiter yerfolgen, und wer wollte mxk
dieses fortscbrittes nicht erfreuen, nur dasz dabei leicht die idee der
eiaheit und des ganzen yerloren geht, und der junge mann dieser
Vielheit gegenfibcor rathlos ist, wo er mit seinem Studium ansetaen
soll, wir können noch hinzunehmen die unendliche extension, in
der die disciplinen behandelt werden, die griechische, die rOmische
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374
Noctes Bcholabticae.
litteraturgcschichte erfordern jetzt je 2 beniester. Boeckh trug zn
meiner zeit die ganze griechische litteraturgeschichte bis auf den
letzten rhetor, grammatiker und scholiasten in einem sommerseme-
ster, allerdings sechsstündig, und bis in die ersten tage des Septem-
ber hinein, vor. auch die 10 Semester Sybels würden nicht ausreichen,
um den Studenten Verständnis und urteil, Selbständigkeit und Sicher-
heit des Wissens zu geben, inzwischen wächst uns so viel nenea
heran, die griechischen, die römischen Inschriften, und was sich daran
schlieszt, dasz ich , offen gestanden , nicht sehe, wie der junge phüO'
löge zeit finden und kraft gewinnen soll , allem gerecht zu werden,
es scheint ja selbst von oben her beachtong zu finden, wenn jemand
sich in der kunstgeschichte und in der antiken technik nicht iinbe>
kannt zeigt, doch ich ermüde Sie, liebe freundin, schon jetzt, wo
ich nur die ttuszerlichsten hindemisse und möglichkeiten miaerer
philologischen «nsbildang erwfthne.
Bie ermtlden mich nicht, sagte die taute; aber 8ie ersehreeken
und hettobeE mii^, sieht bkies, indtm ich fllr meiiieii Georg sorge,
Bondorn indem ieh denke, was ane den viden jungen lenten werden
soll, die, mflde und abgearbeitet, wie sie sind, wau sie es vedUdi
meinen, die sehnlen mit ihrem geiste erflülen imd mit ihrem wiUsn
behersohen sollen, wie eng geflossen oad gedrungen ist dagegen
die jurispmdenz, der Qeoig so leichtsiimig den rftflken zugekdut
hat; wie sicher in ihrem baa die medicin mid die theologie, and wid
leicht nnd ISoet sa nmfiMsen« sagen Sie mir nnr, nm gottse willen,
wie Sie selbst nnd mein gntsr mann es nur angefimgen haben, so
leidlidie pbilologen sn werden.
' Daranf kommen wir vielleicht noch, sagte mein vater iSohelnd ;
denn daraof that er sich besonders viel zu gnte, dass er vor einem
oensor wie Tiaehmann spielend das schtaste eiamen gemacht hatte,
aber, wenn Sie, meine liebe fimmdin, vor der aufgäbe des jungen
Philologen bangen, so bleibt nns finsilieh nidits flbrig, als dass wir
sehen, wie wir der philologie anf anderm wege beikommen kOnnmii,
als dmroh dies monstmm von Wissenschaft. nndgelSngees nns nieht
aof dieser seite i^id beim ersten male, so lassen wir niokt ab, wie
wir in die nihe des edelwiUs — denn die philologie ist kein mon»
strum — herankonunen. erlauben Sie mir nur, dass ich in meiner
weise ihm nahe su kommen versnobe.
Der name philologie ist nicht neu; aber er hat nicht immer
das bedeutet, was wir dmnter verstehen, der erste, welcher skk
Philologe nannte, war der Alexandriner Eratosthenes, naeh ihm
Atej n 8. sie nannten sich so wegen der viel&chen und mannig£al*
tigen 'gelehrsamkeit, die sie besMsen, nieht wegen der besonderen
richtong auf das sprachlidie und das verstSndnis der alten antoren*
in jenem sinne ist das wort auch ferner gebraucht ein gewieaer
Martianus Capeila hat ein geschmaokloses buch ttber die hochseitdee
Herour und der philologie geschrieben, welches eine art encyklopftdie
ist sn den damaligen diadplinen des Schulunterrichtes« düM bock
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l^octes scholasticae.
37Ö
hat sich dann und weit verbreitet in geltung erhalten, und mit ihm
ohne zweifei der name der philologie in dieser bedeutung als be-
schäftigung mit der erudition , mit gelehrtem wissen und dem das-
selbe vermittelnden Schulunterrichte, diese gelehrsamkeit bezog sich
auf Worte wie auf sachen : mythologisches , antiquarisches , histori-
sches usw. ; alles was des erklärens und bemerkens wert war in einer
so sehr auf curiositäten gerichteten zeit, fiel der philologie zu. mit
dieser beschöftigung verband sich die kritik, welche sich auf die
Schriftwerke einer vergangenen zeit bezog, und auch diese bald in
einem groszen und hohen sinn, bald ins kleinlichste sich verlierend,
wesentlich war das, was wir philologie nennen, aufgäbe des gram-
maticus, im unterschiede von dem elementarlehrer , grammati-
ita, der im lesen und schreiben u. dgl. unterrichtet, man unter-
schied auch den grammaticus von dem philologus, nicht gerade zum
vorteil des letzteren, dann tritt der name in einer andern bedeutung
hervor, welche sich mehr dem jetzigen begrifte nähert. Wolf wüste
sehr wol, was er wollte, indem er darauf bestand in Göttingen als
Studiosus der philologie eingeschrieben zu werden; er wollte da-
mit aussprechen, dasz er sich das Studium des griechischen und römi-
schen alter tums als beruf seines lebens erwählt habe.
Es ist nun nicht unders zu erwarten, als dasz dieses studium
bei den verschiedenen nationen, bei denen es tiefer eindrang, und in
den verschiedenen Zeitaltern sich eigentümlich gestaltete, bald be-
schränkte es sich völlig auf die werke der alten , und begnügte sich
diese zu entdecken, lesbar zu machen, nachzuahmen und nachzubil-
den, kritisch und exegetisch zu behandeln usw. bald verband es sich
mit den verschiedensten gegenständen, und wurde nicht nur als selb-
^'i'tiidiger gegenständ in zahlreichen adversarien getrieben , sondern
tiklete als eigentliche gelehrtensprache das mittel zur mitteilung von
jttristischen, historischen, mathematischen, philosophischen usw. for-
sebimgen und erörterongen, wie wir dies z. b. bei den fürsten der
fiuusSsischen philologen, bei Josef Scaliger, Isaak Caean-
boiiQs und Clandius Salmasias erblicken, was Scaliger für die
olasfiiker gethan hat, hat er doeh nur beilftufig gethan; er hatte das
glück, wohin er seinen blick richtete, sofort das rechte und bedeu-
tende sa sehen imd zn trefifon, nad in raeeh gefurtigten arbeilen das
mnster lllr alle folgenden Zeiten aufimstettin. seine haiqvtarbeit lag
auf einer andern seiie; das hanj^erdienst war firaiUeh die, dass er
Rof lange Zeiten den philologisciien stndien sehier neuen hehmat eine
bestunmte riehtong gab^ die dori; auch im groszen und ganzen inne
a^ehalten ist. ein ihm verwandter gcist war B entle j, der phüologe
Mr alle aettai, so lange es eine fäflologie geben wird; denn er hat
ÜBr htSkeaee wie Ar niedere kritä die hOehsten mnster aufgestellt;
VOLT dasz er, wie er von natnr war, keine schule am sidi versam-
nelt hat.
Es wttre nun Interessent nnd lehrreich zu sehen, wie die philo-
ogie sich im laufe von Jahrhunderten thfttig bewiesen hat. professor
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376
Nocies scholasticae.
Lucian Müller hat eine geschichte der philologischen bestrebun-
bungen in Holland gegeben , wo uns eine reihe groszer namen von
Scaliger an, wie Johann Friedrich Gronov, Hemsterhusius, Buhnken,
Peerlcamp und Cobet sowol das zeitweise sinken als die wieder-
erhebung und den neuen schwang der philologischen Studien er-
kennen läszt, die diese ausgezeichneten männer bewirkt haben, es
war eine gute sitte, dasz die studierenden, ehe sie zu ihren fach-
studien schritten, lüngere zeit einen propädeutischen Unterricht hat-
ten, der sich hauptsächlich im philologischen bewegte, dies hatte
den vorteil, dasz einerseits auch bei Juristen, medicinern u. a. ein
tüchtiges philologisches wissen und ein lebendiges Interesse an der
Philologie und den werken der alten sich fand, anderseits aber auch
die Philologen yeranlaszt wurden, über die engen grenzen ihrer
Wissenschaft hinauszugehen. Hemsterhusias hatte als jonger mana
au^gezeiohnete mathematische Studien unter Bemouilly gosiacht,
Bnjoiken sich dazu bereitet, das römische recht Tonntragen ; nur &
systematische theologie mied man^ tun nicht in die wideriiehen stxei-
tigkeiten zwischen Arminianem und Gomaristen hineingezogen n
werden. Sie sehen schon hieraus, wie die phüologie proteosarÜg mk
den Verhältnissen angepaszt hat, im kern wesentlich dieselbe und im
gleichen geiste thätig und schaffend , nach aussen hin dagegen ver»
schieden gestaltet und oingestaltet , stets foxh erneuernd und ihre
lebenskraft beweisend, namentlich sobald ausgezeichnete persönlieb'
keiten, einsefai oder verbundeiiy sie aus der etwaigen lethargie zu er-
wecken und neu zu beleben Terstanden. Dacier beklagte sichia
seiner denkschrift an Napoleon I, dasz die philologie im abnehmen
und verschwinden sei, und dass nin die jeist kbendw gMatm nur
eine allzukleine sahl vorhanden sei, wdehe jene einst eisetsen klSnnew
in wie glftnsender weise haben sidi seHdem diese Stadien in Frank-
reich veijflngt!
Aber wnsthnt das alles, sagte die tmte nngediildig, nrnmeinem
Qeorg einen weg sn zeigen, wie er mit siehttheit sieb su einem eMim
phildogen Inlden könne«
Ich denke, wir sehen sn, wie tOehüge philologen in alter nnd
neuer seit sich gebildet haboi, nicht um es so sn maehen wie sie,
sondern um zu sehen, dasz es möglich sei, auch auf aaderm wege nb
dem jetzigen sich emporzuarbeiten, sollten wir nicht bei gatem
talente, unermfldetem fleisze, des sieles uns stets bewnsst, eben dahin
gdsngen kOnnen, wohin jene?
Das gebe gott, sagte die tsnte.
Wir besitzen eine grosse sshl von lebensbeschreibnngeii deut-
scher und auswärtiger gelehrten, in denen auch ihres bildungsganges
erwtthttung gesdneht bei &st idkn sehen wir, dasz sie si«^ auf der
universitAt entweder gar nkht mit specifisch philologischen Stadien
abgegeben , oder diese wenigstens nicht systematisch mit rOdcsicht
etwa auf eine Wissenschaft der philologie getrieben haben, als iier-
vonagendstes beispiel kann uns Friedrich August Wolf dienen, der
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Noctes Bcholasticae.
377
sptttere begrttiider der philologie als einer altertums Wissenschaft,
sein erster gang war nach der bibliothek, deren schätse ihm mit
liberalem vertrauen ssu dienaten gestellt wurden; der Vorlesungen,
wekhe er besuchte , waren wenige und nicht gerade philologische,
er hiSrte philosophisches bei Feder und Meiners, naturgeschichte bei
ffinmeiibach , ältere kirchengeaohichte bei Walch , mit besonderem
iBtereese bei Michaelis alttestamentlichee. die philologischen colle*
giflD, die er bei Heyne und andern b($rte, waren für ihn wertlos,
seine ganze bildnng war mif eigenes Studium begründet, es blieb in
Güttingen andh anter den professoren nicht nnbekannt, in welcher
weite Sdv junge autodidakt arbeite, rem den Yorleeongon interessier-
ten ihn eben di»v welohe sich durch gelehrsamkeit oder doroh fbin-
hat und scbSrfe der nntersnchnng empfiüilen; nirgends ist eine spur
m einem methodischen, noch weniger von einem systematischen
stadinm; dies verhehlte er weder sieh noch andern; ja es war viel-
leieht ein anlasz ftr ihn, sobald er in Halle als docent auftrat, vor.
aUen darauf zu denken, dass er seme suhdrer zu einer voUstfindigen
keimtnis der Wissenschaft anleitete; er wollte sie gegen die Ifidcen*
baftigkeit und das sporadische schtttzen, welche er selbst durch*
gemtusht hatte, es war dies aber die weise, wie alle froheren, welche
spSter eine bedeutnng erlangten, ihre bildung betrieben hatten.
Johann Matthias Gesner, der Vorgänger Heynes auf dem GOt-
tmger l^stohl, hatte in Jena studiert was er dort trieb, iraren
orioitaliflcfae sprachen, philosophie, mathemstik, geschiehte; vor allem
flefalosz er ukk an den theologen Buddeus an; Ton seinen phüologi-
sdben Studien ist wenig die rede, er war« ab ob sich diese sdte der
büdüng von selbst finden werde Iftr einen jungen mann, dessen
interesse j geschmack und arbeitsfUngkeit durch allgemeine kennt-
nisse erweckt wären, eben dasselbe hören wir von Ernesti. er
hatte auf der pforte, besonders durch benutzung der schulbibliothek,
eine gründliche Vorbildung erhalten, dann auf den Universitäten
Wittenberg und Leipzig setzte er die philologiachen Studien unter
Borger fort , daneben aber trieb er mit eifer tbeologie unter Werna-
dorf, Philosophie unter dem Wolfianer Schlosser, mathematik unter
Hase und später unter Hansen in Leij^zig. von der Vielseitigkeit
und gediegenheit dieser allgemeinen bildung zeugt ein buch , initia
doctrinae solidioris, das lange zeit als encyklopädisches lehrbuch ge-
dient hat. so ist er zwar kein philol og, wie ihn Wolf gefordert
haben würde, wol aber ein zweiter praeceptor Germaniae ge-
worden, der als lehrer die alten autoren, namentlich das lateinische,
mit lebendigem sinne aufgefaszt, geschmackvoll erklärt und ihren
geist in die seelen seiner schüler eingepflanzt, die eleganz im ge-
brauch der lateinischen spräche , welche die sächsischen schulen bis
in unsere zeit auszeichnete, ist Ernestis verdienst.
Da warf Friedrich August Wolf die bisherige weise der
Philologie um, indem er ihren begritf als altertumswissenschaft
iaszte. diese idee hat ihn schon in der ersten zeit seiner akademi-
M. Jahrb. i: phil. u. pfid. II. 9hU 1S78. hft. S. 26
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Koctes gcholasticae.
sehen Wirksamkeit beseelt, 20 jähre später hat er sie in der Goethe
gewidmeten ' darstellung der altertumswissenschaft einer unver-
gleichlichen Schrift auch für diejenigen, die in der hauptsache nicht
mit ihm tibereinstimmen , niedergelegt, indem er diese idee unab-
lässig ausbildete, hat er vor allen die pbilologie als eine Wissenschaft
ftlr sich hingestellt, und von ihrer bisherigen dienstbarkeit und ihrer
propädeutischen geltung für immer, wie es scheint, emancipiert. aUe
späteren haben diesen standpunct festgehalten, hier und da die aus-
drucke schärfer gefasst, die teile der altertums Wissenschaft anders
geordnet und gruppiert, nach meinem dafürhalten ein leichtes spiel
im Bidimii hafcn, wähemd Wolf sich in die stürmende see hiiMir
wagte, imd das gefiUirdete «ohiff mit fester mid külmer band bineim-
braebte.
£& sobeint, sagte der predigttr, Sie betrachten dies als das
eigeiurte Terdienst Wolfs, dass er die philologie ans ihrem sporadi-
.sehen zustande beimas ta einer Wissenschaft erhoben bat.
Das ist es auch, sagte mein Tater. es ist nichts, was nicht n»tar
seineil httnden sich belebt und neu gestaltet hätte, seine comncientare
cn den aotofen, welche er behandelt hat, leigen die feinste behend-
Inng, das besonnenste masshalten in den anmerkungen; seine Über-
setzungen sowol die ins deutsche als die ins lateinisobe sind imitber-
trefflich; jede seiner wissenschaftlichen Vorlesungen ist, auch wo die
f<«8chung iSngst Aber sie hinansgegaagen ist, anregend und beleh-
rend* aber in dem allen sind ihm aadoro glek^ gewesen oder nahe
gekommen; was ihn ttber alle eibebt» iet, dan er die phüolqgie als
Wissenschaft gefaszt hat es war dies keine kleine that, sa einer leit,
wo der phibmthropismns in soner bUlte stand, und in seiner un-
mittelbaren nihe cinflusirBiehe Tertreter hatte, er hat eine gaase
reihe von TiMrlesungcn darauf verwandt, diese idee an verarMtsB
und fortsubilden; keine seiner apStersn yotleaungen war der
heren gleidi. er hat diesen gegenständ oifonbar zum centmm saiaer
thätigkeit gemachte er legte um diese Vorlesung eine anaaU grOsie-
rer und kleinerer wisaenschaftUdien Vorlesungen, die sich in einem
dreyHirigen cnrsns so siemlidi wiederholten; was er nieht in aol-
eben speciellen coUegien vortrug, behandelte er in der encyklopBdie.
von seinen eigenen verworrenen autodidaktiscAien Stadien her be-
trachtete er ea als erstes , die philologie ab ein ganses lu faaeen.
wer diesen dreijährigen cursns bei ihm durdimadite, durfte als ein
durchgebildeter philologe gelten, er selbst gab etwas darauf, dam.
man alle seine Vorlesungen hMe, daas man tkk ihm gans hingab,
dass, wer philologe sei, dies ganz sei und werde, aus dar aaU dieser
bildete er sich einen engem kreis, den er in sein seminar zog. was
diese ihm zu verdanken sieb bewust waren , haben alle bis an ihren
tod offen bekannt, der teuerste unter meinen lebrem war einer die-
ser sdifiler Wolfs ; ich sasz gerade neben ihm bei tische als er tief
erschttttert sagte: Wolf ist todt.
Sie sagten eben, sagte der prediger, Wolf habe die philologie
u'ijui^cd by GüOgl
Noctes scholasticae.
zur wissent=chaft erhoben, und er habe sie als ganzes gefaszt; wel-
ches war denn die emheitliche idee, aus welcher ihm diese wiasen-
gcbaflt entsprang?
Er faszte das classische altertnm, wie es sich in seinen ttnfiSngen
und seinen ausläufem gegen das orientalische und gegen das moderne
seharf abschlosz, als eine weit ftlr sich; die erkenntnis dieser weit
Bnn nach allen selten des natürlichen und nationalen, des histori-
schen und politischen, des religiösen, künstlerischen nnd wissen-
schaftlichen lehens erkannte er als die aufgäbe der philologie; gram-
matik, hermeneutik und kritik waren gleichsam das organon, mit
welchem diese erkenntnis bewirkt wurde, diese idee haben dann
alle, die später die philologie als Wissenschaft behandelt haben,
verfolgt und weiter entwickelt. Wolf hatte in der schon erwähnten
sciirift die altertumswissensehaft im nmrisse dargestellt, nnd am
schlusz derselben unter 24 nummem die teile derselben aufgezählt
80 lose und wie auf einen bindfiiden gesogen hat er sieh diese teile
natürlich nicht gedacht; aber er bat es anten überlassen, diese teile
zu ordnen nnd sn gruppieren, diese gliedenmg nnd organisiemng
der Philologie ist niobt so s^diwierig, nachdem der erste glflddiofae
warf gethan war; sie ist in mannioh&chster weise Ton Boeäb, Bem-
liardj, Bitsdil nnd andern versnebt worden, es macht wenig ans,
ob man die grammatik in das organon einfügt, oder als eine sttte
des geistigen lebens des altertums betrachtet, wie es auch nnwesent-
lieh ist, ob man dieses leben mitBoeckh nnier die mbriken des poli-
tischen, privaten, religiösen nnd wiasenschafÜiöhen lehens bringt,
oder mit Bitsehl nach den 4 Sphären des guten, des heiligen,
des schönen nnd des wahren ordnet, es ist dodi sehlieezlich
Wolf nnd nnr Wölf, der durch wort nnd that die philologie befestigt,
erhoben und ihr ihr« aufgäbe angewiesen hat.
Mein vater hielt ein wenig inne. was hilfk uns das aber, sagte
der Prediger, snr lösung unserer sorgen und sweifel? wir wollten
aichi wissen, wie sich die philologie zur Wissenschaft gestaltet hat,
und wie wir sie als wisaensdiaft fimen soDen, sondern wie wir den
jungen philologen endehen sollen, ohne jene Wissenschaft und trota
jener Wissenschaft, wir erkennen ja (ich spreche nemlich für die
lieben und verehrten frauen hier) die Wissenschaft gern an, diese
Wissenschaft aber führt uns nicht zu unserem ziele; sie stellt viel-
mehr dem jungen manne eine kaum zu lösende aufgäbe, und ich bin
überzeugt, Sie selbst, verehrter herr director, kennen einen richtweg,
der kürzer und sicherer uns dies ziel erreichen löszt.
Nun denn, so müssen wir es schon versuchen, dem edlen wilde
von einer andern seite beizukommen, auch ich habe meine bedenken
gegen die aliertumswissenschaft, und ich will sie Ihnen nicht ver-
hehlen, sagte mein vater.
So lassen Sie hören, sagte die tante.
Erstens also setzt dieselbe eine in sich abgeschlossene weit vor-
aus; eine solche schien die antike weit zu seinj Boeckh hat diese an-
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380
l^octes acholaaticae.
tike weligeibtvoll und treffend gegen das orientalische und gegen das
moderne abgehoben und in diesem gegensatse charakterisiert, auoh
andere, z. b. Otfried M filier haben die griechische weit in dieser
ureignen indiTidualitftt vor äugen gehabt, seitdem aber ist uns der
Orient immer nSher nnd näher gerückt and in die altertomsstudien
ein Tergleichendes dement gekommen, das wir gar nicht m^ir
abweisen können, die lateinisehe und die griechische spräche können
wir nicht mehr bloss als organon für die reproducierende erkenntnis
des altertoms noch als einen teil des rein geistigen lebens der alten
betrachten; sie müssen, nm verstanden sn werden, unter das licht
der sprachvergleidumg gestellt werden, es wird nicht mehr lange
danem, so steht auch eine vergleichende mythologie vor ans; die
gestalten der homerischen götterweit haben ans Iftngst über sidi
hinansgewiesen in eine noch freilich in donkel nnd nebel g^Hllta
weit, die sich aber bald lichten nnd aofldiren wird, ebenso ist
es mit der kons t der grieehen bestellt; nach den neaesten ans-
grabangen Schliemanns in Mycenae kann es doch nicht zwdfel-
haft sein, dasz ein grosser zosammenhang zwischen der Torderasia-
tischen and den anfitaigen der griediischen kanst stattfimd, wenn wir
aach die Tcrbindenden gliader dieser kette noch nicht mit sieheriieit
nachweisen können, so wird sich die klaft zwischen diesen beidea
bei forts<direitender kenntnis mehr and mehr aasgleichen, mid die
griechische bildang nicht mehr als eine isolierte erscheinen, nos
weiss ich in der tibat nicht, wie man noch diese Teigleichende be-
traohtnng in einem noch so sorgfältigen sjstem der altertamswissen-
sdiaft anterzabringen gedenkt
Zweitens aber sind doch gewisse teile der altertomswissensohaft
vorhanden, welche sich in irgend ein sjstem nicht einreihen lassen,
besonnene mBnnor haben sie daher in eine fimdamentaldisciplin ge-
bracht, für die Inldong des philologen ist es nemlich wünschenswert,
dasz er sowol die fundstStten der denkmale (im weitesten um-
fange) kenne, mit denen er sich beschäftigen soll, wozu aucb die
Schicksale gehören, welche diese denkmale, namentlich derlitteratur
im laufe der Jahrhunderte erlitten haben, ich sehe, dasz man seit !
längerer zeit in den Vorlesungen über encyklopädie der philologie
dieser lehre von den fundstfitten die gebührende beacbtung gewährt,
aber ich sehe nicht, wo sie in der altertumswissensehaft ihren platz
finden soll, noch wichtiger als diese ist die geschieh te der philo- ,
logie, von den Alexandrineni oder gar von Aristoteles au bis auf die '
gegenwart herunter, so dasz wir jetzt lebenden erscheinen als das
letzte glied in einer langen kette, und zugleich als solche, denn die
aufgäbe ist, das überlieferte treu und gewissenhaft denen, die nach
uns sein werden, zu überliefem. eine solche geschichte der philo-
logie ist von vielen lehrem der philologie als ein wesentlicher teil
der encyklopädie betrachtet und gegen die anderweitigen disciplinen
sehr bevorzugt worden, ein philologe, der glaubte, dieser rücksicht
auf frühere Zeiten entbehren zu können, würde mit all seinem mühen
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Nocte» scholaitieae.
381
wie in der luft schweben, dinge, die längst abgethan sind, als wich-
tige entdeckungen mitteilen, das längst erkannt- richtige ignorieren,
den groszen Verdiensten anderer nicht rechnung tragen , wie man es
heutzutage von allen Seiten her Gebet inLejden nicht ohne griind
zum Vorwurf gemacht hat.
Drittens, und dies ist das wichtigste, ist nicht zu vermeiden,
dasz bei dieser auffassung der philologie die sogenannten realien wie
geschichte, antiquitäten, mythologie, litteratur, kunst, privatleben,
grosze bedeutung gewinnen, und dagegen die spräche, das ursprüng-
liche hauptobject der philologie, und die Verwendung der spräche in
rbetorik und poetik zurücktreten, professor Leutsck hat sich neu-
lich nicht mit unrecht hierüber beklagt, auch die hemeneutik und
knük kommen nicht zu voller anerkennung, wenn sie nur als orga-
Don gefaszt werden; das mittel zur erkenntnis steht immer niedriger
als der zweck, die erkenntnis selber.
Ans diesen gründen nun yerwerfe ich diese auffassung der
pbflologie um so mehr, wenn ich erwSge, dasz diese auffassung,
wie scheint, hftnfig bei den prüfungen der philologen als masz-
gbb dient, d. h. dasz bei ihnen vielmehr ihr wissen in den realien
als flure sprachliche bildung, ihre gründliche kenninis der gram*
BUkÜk, ihre föhigkeit einen autor schnell und sicher zu erfassen, ihre
ibetorische und metrische kenntnis, ihre gewandte handhabung des
lateinischen ausdrucks im mündlichen und schriftlichen gebrauche
insauge gefaszt wird, wer in dieser beziehimg tüchtig wäre, wer
dnrch eine sichere Schulung und durch eigene anhaltende und un-
unterbrochene Übung in der hermeneutik und kritik fest wäre und
mit bewusztsein verführe, wer einen gewissen kreis der alten littera-
tur, natürlich nicht alles, darchgearbeitet und sich zu eigen gemacht
hätte, den würde ich viel eher als guten philologen anerkennen, als
wenn er in den vielgelobten disciplinen , die jetzt den kern seiner
Studien bilden, gründlich unterrichtet wäre, die philologie sitzt nicht
im wissen, sondern im können, daher sind, namentlich aus
Hermanns schule^ bei verhältnismässig geringen kenntnissen viele
<ier ausgezeichnetsten philologen hervorgegangen, sie haben allmäh-
Hch nachgeholt, was nachgeholt werden kann , und sich die nötigen
Kenntnisse erworben; die sprachliche Schulung Iftszt sich, einmal ver-
säumt, nicht nachholen, die wurzel fehlt, aus der die philologie
emporwachsen soll, das preüszische reglement ist verständig und
i^voU gehalten.
Sie erwähnten kurz vorher Hermanns, sagte der prediger;
glaube, Sie wollten auf ihn hinweisen als den, der in Ihrem sinne
seine sdiüler durch lehre und Vorbild zu echten philologen ge-
bildet habe.
Gewis wollte ich das, und er ist es, von dem ich die züge eines
philologen, die ich eben zeichnete, entnommen habe; ich
■dhst Irfn leider nicht sein schüler gewesen; es fehlt uns jedoch nicht
BUtteilungen, aus denen wir über seine grundsätze und seine praxis
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382
Noetei Bcholutioae.
urteilen kOnnen. HenBum las jähr aus jähr ein ein eoUeg Uber exBen
autor, vorzüglich einen griechischen; von den rOmischen antoreii
hat er nur Plautus, Terenz und Lucrez erklärt, unter den griedd-
sehen waren Pindar uud Aeschylus die bevorzugten; dieser inter-
pretation reihten sich gewi>se systematische Vorlesungen an, welch«
f^ich hauptsächlich auf kritik und griechische und lateinische gram-
raatik bezogen, die wenigen realen disciplinen, welche er vortrug,
waren solche, welche mit den interpretationen in näherer Verbindung
standen, über hermeneutik und kritik hat er weniger oft gelesen,
als man gerade von ihm erwarten sollte, eine ganz besondere sorge
richtete er auf den vorgerückteren kreis von zuhöreiii, den er in der
societas graeca um sich sammelte; in dieser societas wurden die
mitglieder zur 8treng^ten philologischen thätigkeit angeleitet, doch
ich spreche von dingen, die Sie besser bei Köchlj, einem der ge-
treuen Hermanns nachlesen können.
Was war es nun also, was Hermann als seine aufgäbe be-
trachtete ?
Es war erstens ein können, nicht ein wissen. Hermann war
namentlich, wie tiberall dem schein, dem durch vielwisserei erzeugten
schein von gelehrsamkeit feind; gegen diesen schein hat er sich un-
unterbrochen mit groszer cnergie ausgesprochen, die wahre gelehr-
samkeit ist nicht eine üuszcrlich erlernte oder gesammelte, sondern
eine mit urteil verbundene, in den eigenen geist aufgenommene,
zu einem stück von uns selbst gewordene, eine solche gelehrsamkeit,
da sie nicht ohne gründliches Studium, nicht ohne ein sicheres be-
wusztsein der gründe der Überzeugung sein kann, ist nur in einem
beschränkten kreise zu erwerben. Hermann hielt daher seine zu-
hörer in einem eng begrenzten räume fest, und nötigte sie, hier
die geistige kraft zusammenzunehmen, zu üben und zu bilden, das
erste, was er von dem tüchtigen jungen manne forderte, war die
Wahrheit seines Wissens , die mit lauterkeit der gesinnnng eins war.
es hat zu allen zeiten leute gegeben ; welche sich dieser pflicht des
strengen und mühsamen snchens nach der Wahrheit sn entziehen
suchten: gegen diese äusserte Hermann rücksichtslos seine Feind-
schaft und Verachtung, er verschmShte auch den kleinen wohl er-
worbenen gewinn nicht; er war überzeugt, dasz auch in diesem
kleinen ein suwachs der geistigen kraft und der gesinnung liege.
80 hat er eine grosze zahl geistig tüchtiger, im leben überall brauch-
barer, in der gesinnung fester, ernster und freier münner gebildet,
die, wie er selbst, der geistes- und willensstarke mann, die Wahrheit
und Solidität ihres wissens in wort und that bekundet haben.
Wir sind aber, sagte der prediger, noch immer nicht zu dem
wesen der philologie Hermanns gekommen.
Qut denn, sägte mein vater, das eigenste, was ein volk besitzt,
ist seine spräche, es äuszert sich der geist des volks auch in den p/ra-
miden und tempeln, die es baut, auch in den bildem der gStter, die
es schafft, aber nirgends tritt seine Individualität so hervor, niigends
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Nootet aoholaaticae.
383
eneheint aeine entwkklmig so Uar und hell, aU in der apnehe,
welche es Ton seinem nrspnmg an bis ro seinem yerMl und vnter-
gang b^leitet; die geisteseigentHmliehkeit und die spnchgestaltnng
eines ?olkes, sagt Wilhelm yon Humboldt, sind so innig in
«inender verschmolzen, dass, wenn nnr die eine gegeben wftre, die
andere ans ihr mit notwendigkeit mttste erkannt werden können,
die erkenntnis der spräche eines Volkes ist also mehr als irgend etwas
anderes dor würdige gegenständ unserer angestrengtesten arbeit,
wenn volk und spräche, beide eins und innig verbunden, vor andern
SU ihrer erkenntnis auffordern, dies letztere ist bei den Ghnecfaen und
Römern der fall, auf deren gmndlagen die büdung Europas ruht,
wenn wir also durch eine emenerung dieses nusammenhanges mit
dem dassischen altertum eine stetige enieuerung unserer cnltur
eoehen, so ist für die philologie offenbar die spräche das wichtigste
und nächste object, wie sie das auch su allen aeitm ins auge gefasst
bat, nicht die tempel, die werke der knnst usw., welche olme die
spnehe stumm sein würden, wie denn auch die banwerke von
Aegypten und Assyrien stamm sein würden, wenn es nicht der
genialsten forschung gelungen wäre, die Inschriften , welche sie tra-
gen, lesbar und verständlich zu machen.
Nun ist aber die spräche eine doppelte, erstens die natürliche,
bewusztlos in der flexion, in der Wortbildung und Wortzusammen-
setzung und syntaktisch weiter entwickelte, und zweitens die zu
werken der litteratur kunstvoll verwandte und zu diebcm zwecke frei
und bewuszt gestaltete: die litteratursprache. iu dieser künstlerisch
gebildeten spräche sind die Schriftwerke der alten abgefaszt. diese
Schriftwerke, deren gesammtheit die litteratur heiszt, sind das höchste
geistige erzeugnis des aliertums , welches wir besitzen , das höchste,
wichtigste und uns verständlichste, sie bilden den mittelpunct der
plülologie , ihre erklärung ist die eigentliche aufgäbe der philologie.
Zu dem Verständnis dieser werke sind nun gewisse disciplinen
erforderlich, zunächst eine kenntnis der sprachen des altertums,
welche uns beftlhigt, selbst den zutritt zu diesen werken zu ge-
winnen, sodann eine doctrin, welche uns die kunstformen dieser
sprachen erkennen lehrt, diese doctrin enthalt zwei teile: für die
prosa die rhetorik und die lehre vom stil, für die poesie die metrik.
lüit diesen hilfsmitteln ist es nun möglich, zu den alten zu gelangen
und sich ihrer zu bemächtigen, dies Verständnis ist nun entweder
fin natürliches, oder es ist ein auf wissenschaftlicher basis ruhendes
und mit bewusztsein betriebenes, von dem pbilologen erwartet man
<ias letztere; eine hauptdisciplin ist also für ihn hermeneutik und
kritik, für den dilettanten ist das erstere genügend.
An die erklärung des alten legen sich natürlich gewisse kleine
Wissenschaften, das drama fordert eine kenntnis des theaten aumes
und der bühne, der zeit der aufführungen usw, ein anderes dichter-
werk wird man durch ein colleg über die gattungen der poesie be-
gleitet sein lassen; denn jenes dichterwerk ist vielleicht eins aus
NoetM acbolaitieae.
einer gronen gattoBg von gediebten, nad mosz Ton der kenntiiis
dieser gattung ans erkannt werden« Sie kOnnen das weiter verfolgen.
8ie bemerken zugleich , welche stellang jetit diese dieeiplinen ein-
nehmen, sie sind nicht mehr um ihrer selbst willen da, sondern dt
haben den zweck, das veratlndnis der Schriftwerke an nnteratHtm,
nnd damit sogleich das masi, innerhalb dessen sie betneben weirdcn*
ja erst in dieser Terknl^fQng erhalten diese diseiplinen eine lebendig-
keit und fasdichkeit, wie ich mir a. b. eine gmhichte der griechi-
schen iiistoriographie nicht denken könnte olme anschhisi an flero-
dot, immerhin als anhang ra dem sehe« erkannten Herodot, eine ge-
schichte der redner nidit ohne beiiehnng anf Demosthenes. es ist
diese lebendige Yerbindnng des antors nnd der discq»lin, weldie
dieser das todt gedftehtnismipzige nimmt, und ihr bedeotoDg ge-
wfthrt
Sie sehen nnn leicht, dasi es b<*i nnserer anffassnng der Philo-
logie möglich ist, in kflneeter zeit in den geist nnd j^e methode
philologisdier Stadien eingeftthrt sa werden; wer an Einern objedie
diese methode nnd das wesen der philologie recht ei^annt hfttie»
wflrde auf gleichem wege sich weiter bilden können, die sebtier
Hermanns waren, aach die wlirdigen and bemoosten hftapterr, weit
davon entfernt, mit der aniversitftt sich als fertige philologen za be-
trachten ; sie hatten nur die richtung empfangen , in der sie selbst
weiter zu gehen hatten, diese richtung und die kraft eigenen wol*
lens und strebens zu gewinnen, genügten z. b. bei Meineke wenige
Semester, der keim war in ihn gelegt, aus dem sein ganzes weiteres
wissenschaftliches leben sich entwickeln sollte. Herniann selbst hielt
ihn für so fest gegründet, dasz er ihm unbedingt rieth, die ihm an-
gebotene Professur in Jenkau anzunehmen.
Meine meinung ist also, dasz die philologie keine altertums-
wissenschaft, ja überhaupt keine Wissenschaft sei, sondern
dasz sie eine thätigkeit sei, und zwar eine auf gesetzen ruhende
und nach gesetzen geübte, nennen wir es künstlerische thStig-
keit, welche den zweck hat, durch eigene arbeit den geist des alter-
tums in seinen hervorragendsten erzeugnissen , der spräche und den
werken der litteratur, kennen zu lernen, sie ist nicht anderes als die
künstlerische thätigkeit des maiers, des musikers, des bildbauers.
die Studienzeit ist dazu bestimmt, zu dieser kunst eine anleitung und
in derselben die notwendige technische Übung zu geben, den jungen
mann geist, methode und ziel seiner thätigkeit kennen zu lehren, ihn
in eine bestimmte richtung einzuweisen, und vor falschen wegen zu
hüten, da hierzu nicht blosz belehrung nötig ist, sondern auch Vor-
bilder, so wird die anleitung ihm solche Vorbilder aufstellen, oder
ihn auf dieselben hinweisen und überhaupt den geist des eigenen,
freien, selbständigen arbeitens in ihm erwecken, und da die alten
sprachen sich der seele nicht besser einpflanzen als durch den leben-
digen gebrauch ihrer, so wird es gut sein, wenigstens eine dieser
sprachen bis zum freiesten gebrauch einzuprägen.
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Tb. Eajaer: des Q. Hoxatius FlaccoB oden und epoden. 385
Sie dürfen also ohne sorge um Geozg sein, liebe frenndin. er
hat ein auge zu sehen und die kraft zu wollen, wenn diese beiden
da sind, ist die philologie ein einfaches, leichtes, heiteres Studium,
beglückend, weil der sauren arbeit der reelle und sichere erfolg nicht
fehlen whrd.
39.
I»8 Q» HOBATIUS FLACCUS ODBH VKD BPODEN. TEXT üKD 6bBB-
8BZU1IO MMT ERLÄUTSRUNOSN VON THEODOR KAT8BB, PRO-
FESSOB AM GYMNASIUM ZU TÜBIMGBN. Tübingen, Franz Fues.
1S77.
^Der universitkt Tübingen, der treuen pflegerin emster Wissen-
schaft zur yierhundertjährigen Stiftungsfeier in dankbarer liebe und
Terehrung gewidmet' erscheint ein neuer artikel zur rubrik Hora-
tiana. wer hat nicht mit vergnügen die Goetheschen verslein ge-
lesen, die der alte professor Kegimontanus sich für seinen fall zu-
recht gemacht :
"Wer hUtte auf .alle Horatiana acht
morgens, mittafi:, abend und mltternacbt,
der wKr* um alle seine seit gebracht,
hlltte weder atande noch tag noeli nacht,
und wär' nms ganie Jahr gebracbt:
daa hätt* ich ihm gar aehr Terdacbtl
>
indes eine gäbe zur Tttbinger universität^nbelfeier yerdient schon
einige aufnaerksamkeit, und wenn sie auch zur classe Horatiana
zShlt. was ist es denn, das der Ttlj^inger schulmann auf den ge-
weihten tisch seiner alma mater niedergelegt hat? eine ausgäbe der
lyrischen gedichte des Horaz! wir haben aber doch schon eine end-
lose reihe davon in allen fa9on8 und nach allen denkbaren methoden
bearbeitet, kritische und unkritische, commentierte und nicht com-
mentierte, conservative und fortschrittliche, en rainiature mit gold-
schnitt a la Moritz Haupt und Lucian Müller mit ameisendruck und
dickleibige Orelli und Dillenburger mit corpusschrift. aber der neue
Spender hängt auch erläuterungen an ! die stim des kritikers ent-
wölkt sich schon, auch eine Übersetzung, doch nein! eine über-
sezung müssen wir mit dem herausgeber schreiben, der das tz aus
der deutschen schrift verbannt hat, also auch eine übersezung ist
beigegeben, der Verfasser hat also nach dem princip gearbeitet:
wer vieles bringt, wird jedem etwas bringen, er hofft, eine solche
ausgäbe wird den zahlreichen freunden des dichters nicht unwill-
kommen sein, ob wol dem herrn collegen einmal die arbeiten von
Strödt mann (Leipzig, Engelmann) und von Obbarius (Pader-
born, Schöningh) in die bände gekommen sind? seine empfehlung
klingt mir gerade so, als ob er glaubt etwas neues geschaffen zu
haben: links der text, rechts eine Übersetzung ^im versmasze der
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386 Th. Kayier: dm Q. Hcwatiaft Flaoeot öden und ^oden.
Urschrift' , dahinter eine tabellarieche ttbersiisht tther das leben des
Horas und die in dasselbe fallenden ereigmisse, eine ftbersicht Uber
die composition der oden und epoden, Schemata, ditrre striche uid
haken, welche die verskunst des Hoiaz venmschantichcn solhSi
eine ttbersicht der inhaltsüberschriften und der Tersrnssze der ein-
zelnen lieder wie bei Nauck, ein alphabetisches yerzeichnis dv
versanftnge wie bei Nanok, — das ist ja schon alles dageweses!
bei wem soll sieh nun wol diese neue insammenstellung einhlb^
gern, ich fSrehte sie wird not haben, sidh unter ihren zahlreiclMs
Schwestern bahn zn sehaflinu doch wir lesen, dass die arbeit nÜ
ernst und liebe gepflegt ist, sie will anch weiteren (?) kreiaea
wenigstens einen teil des genusses gewShren, den die beschSftiguiig
mit dem dichter in steigendem masse dem antor selbst bereitet hat
dass derscilbe mit Toller liebe seinen dichter gepflegt hat, ist eis
wohlthuendes gefühl, das den leser das ganze baeh hindon^ nu*
gend Terlisst, wenn er nur nicht in seiner alles entsdiuldigeiidea
und natürlich findenden bewundenmg etwas zn sehr nach reohls
gegangen ist. man kann ein treaer fieeond des alten Hbratius sein
und ilm recht lieb gewonnen haben, ohne sein assentatnr sn werdoi,
oder vielmehr ist das treue, wahre freundschaft, wenn man alles an
dem freunde schön, tadellos findet, ganz abgesehen dsTon, dasz du
wflrdigen pergamene doch nicht so ganz intakt geblieben sind
durch die reihe der Jahrhunderte? auch Nauck ist ein anhfinger der
conservativen richtung, aber was ist der conservatismus Naucks
gegen Kajsers text! unter seinem auf den linken seiten formirten
texte findet sich ein 'delectus variae lectionis'. aber alles ist stell
Terschmftht bis auf fQnf, sage fQnf conjecturen: ep. 9, 17 at ho€
(Bentley) mit Schutz und Naqck u. a. , selbstverständlich II 17, 14
GyaSy III 16, 41 AJyattei^ was man wol kaum eine conjectur wird
nennen können, III 5, 15 irahenti mit Keller u. a., und gott s^i
dank III 14 , 11 haud virum expertae für iam. für diese kühnheit
erteilen wir dem textesconstituenten bereitwilligst indemnität, be-
dauern es im gegenteil, besonders im hinblick auf 'die weiteren
kreise', dasz er so viele andere flecken, häszliche rostflecken,
nicht weggeputzt hat, weil er dafür kein auge hat. dabei kommt er
mit sich selbst in Widerspruch, s. VIII betont er mit recht die
charakteristischen metrischen abweichungen der Horazischen Askle-
piadeischen, Sapphischen und Alcäischen verse von den griechi-
schen : 'in den Asklepiadeischen die gewichtvolle spondeische basis'.
nichtsdestoweniger schreibt er I 15, 36 ignis Iliams domos mit
trochäischem auftakt (also J, J^S^^JJ)» obgleich doch sogar
Nauck jetst die vulgata verurteilt nun Utszt sich ja die Lscb»
mannsche entschuldignng hOren, dann hfttte der herausgeber jenes
metrische gesetz aber nidit als ein ausnahmsloses hinsteUen sollen;
es kommt aber noch schlimmer^ s. DC lesen wir folgendes: 'in den
drei ersten seilen der Alettischen strophe hat Horas auf die anakm-
sis statt einer trochsischen dipodie stets trochSus-spondeus folgen
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Th. EajBer: des Q. Uoratins Flacona oden ond epoden. 387
lassen', die alten nannteii diese Terbindung bekannÜieh epiiritus
secundus (J^ ^^J J). das ist eine allbekannte, wenn auch von
allen nicht anerkannte sache. daher lesen H au pt u. a. III 5 , 17
si fion perires^ 6, 9 iam bis Monaeses, Kayser aber stellt jene regel
fUr Horaz als ausnahmslos auf und schreibt non pcriret und Monae-
sis ( J^). was die worte auf derselben seite 'fürs zweite
die nicht minder charakteristisöhe dnrdi das msanuneniallen eines
wortsehlnsses mit dem ende des versfosses entstehende dilKresis'
fligentlidi bedeuten soUen, habe ich nicht yerstehen kOnaen, beson*
dws weil er gleich darauf Ton der cäsnr des Sapphisehen yersee
spricht, nennt der TerfL eine Verbindung wie « ^ . w einen yersfuss?
and ein wortscUnsi sollte bei Horas immer mit dem ende des (wel-
dies?) venfuszes susammenfidlen? aus einer bemerkung s. 381 er*
adien wir, dasz der Tcrf. z. b. dae erste motiv dee Sappidaohen Ter-
ses - w — einen versfüss nennt, denn dahinter befindet sich ein
perpendikulSrar strich, und diesen setzt hinter 'yereftsze*. nun
soll aber nach s« IX das ende des Tersfusaes bei Hör* mit einem
wortschlusz zusammenfallen, darnach kdnnte er also einen yers wie
1
mteger wiae 8celeri8gfi$ pun» mtki gebildet haben, denn hier ftUt
seUnsz des ^versfnnes' und des wortes nicht zusammen, an der-
selben stelle spricht er von einer cttsur des Sapphisehen verses,
w&hrend in der metrischen Übersicht nur von düLresen die rede ist,
welche er durch | anzeigt er schematisiert also den anfang der
Alcttbchen Strophe ^1-^ — |^ww|.wm. was ist da nun
diSrese, was ist cftsur? den Sapphisehen vers gibt er in der form
-w.^.|^w%^|.w.o; da erdie difirese mit | bezeichnen zu
wollen erklSrt, so hat der Kayserscfae Sappbiscbe veie weder diSrese,
noch cftsur. eine heillose confusion in so einfochen, elementaren
dingen, da, wie Lahrs in den epimetris seines Aristarch gezeigt
hat, die dsur durdiaua nicht von dem wortende bedingt ist, so ist
an Horazischen stellen wie IV 14, 17 sjpeäa^idm m eerkmuime Martio^
was Nauck für einen metrischen fehler bezeichnet, 1 16, 21 hostüe
aratrum exercUus insokns und I 37, 14 Meniem^ lymphatam Mch
reotico (Nauck : a Mareotico) durchaus nicht anstosz zu nehmen.
Dabz Kayser dem latein seines dichters sehr viel Zumutet, sehen
wir aus II 3, 9, wo quo pinus ingens mit 'dort wo' Übersetzt wird*
wir lesen mit Schütz und du Mesnil in der z. f. d. g. w. december
1875 die atrophe mit folgender interpunction:
quo pinus ingens albaque populus
umhram hospüdlcm consociare amafU
ramis, ei ohliquo laborat
lympha fugax trepidare rivo,
huc vina etc.
steht in beziehung zu huc^ und ist durch dieses beeinfluszt. —
Warum ingens pmus II 10, 9 saepius venUs agUatm als eme
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388 Th. Kajter: des Q. Horatint Flaceos oden und epoden.
kleine ist nun schlechterdings nicht zu verstehen, aber et cdm
graviore casu decidunt turres fordert gebieterisch 5acr??r^; was band-
scbriftUch feBtsteht. wie htlbscb Nauck: *nicht auf die häufigkeit
der bewegung, nur anf die heftigkeit kommt es an. aneh werden
Bchwaebe bftnmchen, nnd nnn gar rohr und halmen, weit öfter
bew^: aber wie wüthet der stürm in den belaubten zweigen der
michtigen piniel' obgleiidi derselbe anf die dnrdliana nieht zntref-
ffende paralldisionmg mit Herod. "VII 10 anftnerksam genuudit hd,
liest man doeb wieder bei Sohflts die verkehrte behaoptnng, dm
ici dem S(uphu entsivrecbe. doeh su weit geht die nnbefon^nheft»
wenn Eayser IV 8, 17 ohne jeden xweifel an der intaeten ftberliefe-
mng, ohne jedes entseholdigende wort abdrucken iSsst — Das fm
imemäia (kKi^agims
^uam OaUbrae Pierides einem
gebildeten leser Ids Horasisehe poesie bieten zn wollen, heiazt denn
doch die kritiklosigkeit nnd yertranensseligkeit lu weit traben;
y. 17 ist von einem der nnbeCangsten kritiker als ein tfermu imedm'
tMmue beseiehnet worden, artua hnffiseimo paat HaraMmn tMfemdb
ingenio manadiäU, warum raubt uns aber Nanek noch immer des
schonen vers di(fmm laude virum imua veiat mori, statt uns mit den
besten kritlkmfn mit dem geeckten 33n su veradionen? '
üeber das kriiasciie Teihsiten und die metrischen erlftutemngen
des neuen herausgebers war* wenig erfreuliches zu berichten, was
bringen die s. 279 — 320 angehängten erlftuterungen schätzenswertes?
sie geben durchaus keinen commentar zu den einzelnen gedichten,
sondern heben nur vereinzelte momente zur auffassung derselben
heraus, da springt nun sofort eine geradezu merkwürdige abhängig-
keit von Nauck in die äugen, die auch in der wähl der Überschriften
und dem nachweise der harmonie der Strophengliederung in über-
raschender weise zu tage tritt, eine derartige ausnutzung der arbeit
eines bestimmten Vorgängers hätte irgendwo entschuldigt, zum min-
desten angezeigt werden müssen. 46 Überschriften sind der Nauck-
schen ausgäbe, eine grosze zahl der Düntzerschen (z. b. I 15. 16. 17.
33. II 16. 19 usw.) entlehnt, von den selbst gemachten sind die
meisten nicht gerade glücklich gewählt z. b. 17: rath. I 4 früh-
lingsfeier. das Naucksche: frühlingsmahnung trifft den gedanken.
darüber musz ich zu vergleichen bitten, was ich in diesen Jahrbüchern
1877, s. 200 S, ausgeführt habe, die namensüberschriften, wie I 8,
' ieh empfehle berrn Kayser dringend die lectüre des aufsatzes
Ton Iforits Haupt '&ber die krltik derHoraaischen gedickte ans dem
Jahre 1858, jetst in den opnsc. III 42 ff. 'wer, andrer unmöglicbkeiteo
des gedankens und der form zu geschweige!!, glauben kann, dasz Horas
den ältern Scipio Africanus Karthapo konnte einäschern hissen, der
glaube auch, dasz ein preuszincher dichter, nicht ein Uoraz sondern
irgend welcher, Friedrich den grosEen könne Paris einnehmen lassen,'
sagt dieser besonnene gelehrte, dem nichts mehr sawider war, als Will-
kür der kritik , so dasz er den sonst wob ihm bocbrerehrten Lelirs in
seinen Horasstudien mente ptane oecaeeatu» nannte.
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Tb. Eayser: des Q. Horatius Flaccus öden und epoden. 389
sind meistens nichtssagend, die lateinischen mit dem bekannten ad
sind wir glücklich in unsern ausgaben losgeworden, qualemcunque
ducentes origineni^ sagt Lucian Müller, relicturus fuiy si uUo face-
rent modo ad ledionem hivandam. wo Kayser sich von Nauck eine
kleine Variation erlaubt, geschiebt es regelmäszigin deteriorem partem.
^meinem Lamia', schreibt Nauck über I 26, Kayser 'dem Lamia'.
Nauck: I 14 das gefährdete staatsschiff; Kayser: das lecke staats-
schiff. dasz eine Überschrift zu I 3 wie die von Kayser gewählte 'als
Vergil nach Athen reiste' für die kennzeichnung des gedichtes ab-
solut nichts beibringt, geht aus meinen auseinandersetzungen am an-
geführten orte hervor, die Überschriften zu I 37 und III 29 *Kleo-
patra und Staatsmann und dichter' habe ich an derselben stelle
empfohlen, von den selbst gefundenen Überschriften kann ich un-
bedingt nur loben 127 'liebesbeichte', II 8 'liebeszauber', III 7 *der
ferne geliebte', 2G 'abrüstung', IV 1 'rtickfall', 4 'die Neronen',
ep. 2 'idyUe eines wuchrers', 3 'gesegnete mahlzeit', 10 'glückliche
reise!' dasz sich der Verfasser des ^Jahresbericht über die litteratur
des Horatius' bei Conrad Bursian, fünfter Jahrgang, Berlin 1878
8. 33 f. gar nicht die mühe genommen hat, Kaysers leistungen in
ihrer abhfingigkeit von Nauok za vergleichen, von ihr keine a]bnung
hat, geht aas seiner gansen besprechung, namentlich aber aus dem
umstände hervor, dasz er den Übersetzer wegen der Überschrift zu
IV 2 'schwan and biene' lobt , die eben Nauck entlehnt worden ist.
derselbe si^t von der Überschrift zu II 9 'nicht immer', sie erwedke
eine ganz andre erwartung des lesers als durch die betrachtung der
dichtung erfüllt wird, er weisz also nicht, dasz aueh diese Über-
schrift von Nauck herstammt, und sehr passend den parSnetischen
Charakter des gedichtes zeichnet, auszerdem eine Übersetzung der
anfangsworte ist, nan Semper ^ sie bilden in der that den leitenden
&den, da dem tiaueniden Valgius Ruftis gesagt wird, was er non
smper thun soll; non phravU omnes ÄniSochiim eenex An^
HO«, nee w^mbem parentes Tratten mtt JPkrifgiae seroree lUvere
Semper, dnräians verfehlt erscheinen mir sSmmtliche Überschriften
za in 1 — 6: 'der wahre mensch, der echte bttrger, mannestugend,
Weisheit, tai^erkeit, frömmigkeit', da die erste dieser oden von der
genügsamkeit handelt, wie die werte der mitte desiderantem quod
satis est es scharf ausprägen, und zu einem 'wahren menschen' ge-
hört dodi noch etwas mehr, da die zweite ode yon der wrUta 'der
uannhaftigkeit' handelt, wie sie als MUea^ cMUs und, im gegensatz
zu der weibisöhen geschwfttzigkuit, aroani prodiga ^ als treue , ernste
verschvriegenheit zum ausdruck kommt, da die dritte von Roms be-
stinunung handelt, insofern es auf die wsHNa und eonsiawHa seiner
bürger gegründet ist| im gegensatz zaxperfidia und UeUas Trojas^
da ^e vierte temperanHa feiert, 'masz und kraff , da die fünfte den
Patriotismus in Begulus vor äugen führt, dadiesedisteein *thutbusze'
den gottlosen und sittenlosen zuruft mehrere neue beziehungen,
die, — und damit sind wir zur betrachtung der erläut er ungen
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390 Th. Kayser: des Q. Hoifttiut FUcens odea und epcden.
übergegangen, — Kajser in den gedächten gefunden hat, entbehren
jeder begrüntUmg; so, wenn er in I 15 eine politische beziebung auf
Antonius und Kleopatra ^ehen will , wenn er I 26 aus dem anfange
musis amicus tristitiam et meius tradam proiervis in niare Cretictm
partare ventis^ weil Horaz von den lustigen winden' spricht, folgert,
dasz wir ein gelage im freien (!) vor uns haben, dasz der name der
muse Pimplei, oder wie er schreibt Pimplea, eine anspielung auf das
trinken enthält, wenn er aus I 30 o Venus te Glycerae decoram trans-
fer in acdevi anzunehmen sich für berechtigt hält, dasz 'die wohl-
habende libertine' der Venus einen tempel gebaut habe, — wahr-
scheinlich kommen die grazien solutis zonis, die faciles Njmphae,
die luvenias und Mercur zur Venus zu gaste! — , wenn er zu ep. 13
folgendes phantasiebild entrollt: ^das herbstlich - winterliche Un-
wetter, das vom tbracischen nord brausende meer, die grause be
kümmemis, welche die freunde drückt, zuletzt das beispiei des
Achilles — alles versetzt uns in das lager vor Philippi
und zwar in die zeit nach der ersten schlacht, in folge deren Cassius ,
sich den tod gab.' so etwas wird geschrieben , ohne dasz auch nur
der geringste anhält für eine solche annähme für die erklärung eines
ganz der griechischen lyrik nachgeahmten liedes aus den beziehun-
gen des gedichtes selbst geschöpft werden könnte, die phantasie-
gespinnste unseres erläuterers werden aber noch luftiger; man höre
und staune über folgende märchen: ^es ist ein stürmisch -düsterer
tag, nicht minder düster ist die Stimmung der versammelten freunde,
deren gespräch um das jüngste tragische ereignis, den
tod des Cassius, sich dreht.' da tritt unser Singer auf' (ein
wabrer Morand !) *und lieisit die freunde gutes mntes — noch ist
ja nicht alles verloren — dem gesebiok entgegengehen, sei's auch»
dasz sie, wie einst Achilles vor Troja, ein früher tod auf fimmdem
boden erwarte.' die lateinische spräche bat ein gutes wort zur
bezeichnung eines solchen gebahrens, sie nennt das hariölari \ visio-
när wird unser erklärer auch bei der erläutening des ditbjrambos
III 25. bei diesem gedichte ist indes eine solche Stimmung, die an-
dern sterblichen nicht offenbartes wahrnimmt 'in holdem Wahnsinn',
erklftrlich. da er vor conjectur^ eine unüberwindliche abneigung
bat , so interpretiert er III 26 anms als 'brechinstrument'. 'warum
sollte das wort nicht auch in diesem sinn gebraucht worden sein?'
ist mit dieser frage etwas bewiesen? dass es diese bedeutang hat^
soll uns aber herr Eajser philologisch belegen, die Strophe qms
Martern tunka tedvm adamaiiUna Digne aoripamt anU piOven JMeo
Nignm Merionm and ope BaBadb l)fMen auperia pmremf in 1 6
ist Ton den berufensten kritikem fttr interpoUert erklftrt worden* j
sie unterbricht nicht nur, sagt M. Haupt a. a. o. s. 60| den sn-
sammenhang» sondern die antwort auf Sure fri^ wire notwendig
'Yarius'« sie macht also das lob des Yarius und den ganzen ge-
danken des einganges su nichte, oder sie selbst wird duräi dieeiffee
Strophe zu baarem unsinn. herr Kayser hat natflrlich einen kost-
L kju,^ cd by Google
Th. Kayaer: des Q. Horatius Flaccus oden und epoden. 391
baren einfall, der so passt wie die faust aufs auge, denn dem Horaz
auch nur eine zeile, und wenn sie den grösf^en unsinn enthält, ab-
sprechen ist todaünde: der Mars, der Meriones, der Tydide, wer
ists? ich habs — Agrippa selbfitl 'aber indem Horaz es ablehnt,
das lob des Agrippa zu besingen, verberlicht er ihn indirect durch
die Homerischen büder der vierten atrophe, in welcher er den
Agrippa wie einen gott im streit im schmuck der stählernen rüstung
(Mars), im getOmmel dt*r sohlaeht (Meriones), in der glorie des siegs
(Diomedee) an uns TorftberKiehen lkszt.' das. sind blosse hariolatio-
B€ik, himgespimiste, yielleiclit *fein' und ^geistreich*, der interpret
bat aber in erster lüde der objectiven Wahrheit rechnung zu tragen,
snB- nidit unterzulegen. selbstrerstSndlich werden die ein-
niide, dass die stn^e auch in dieser ideenconstmoüon den ge-
diiikengang und die fonn irollkommen unterbricht, dass zweitens
der wäersprueh mit der ersten Strophe seiriteHs VaHo noch Ter-
ach&rft wird, yoUkommen unberücksichtigt gelassen, es ist aber bei
denconservativen Horatianem, wie H. Fritzsche, genügend, wenn
man erklärt zur partei zu gehören , um ohne alle weitere nachfor-
schung gelobt zu werden, wenn K. Lehrs die Europaode III 27
*ein blödsinniges gedichl' nennt, so mag man den ausdruck etwas
zu kräftig finden, in der that wird man einen viel milderen nicht
brauchen können, und ich musz bekennen, dasz ich nicht wage, die-
ses machwerk meinen schülern als lecttlre zuzumuten, für die ja doch
das beste eben nur gut genug sein soll. Kayser nennt es 'ein etwas
rtthselhaftes, trotzdem aber unzweifelhaft echt Horazisches gedieht*,
dagegen ffihre ich wieder keinen geringeren als M. Haupt ins feld,
der solche Zumutungen vortrefflich mit folgenden werten nieder-
schlägt: ^Horaz hat mit seinem unglücklichen Umus dormitat HomC'
rus eine waffe geschmiedet, die nicht nur die Verteidiger aller Wider-
sprüche und alles Unverstandes in Ilias und Odyssee mit lust ge-
bnitoben, sondern die sich auch suweilen mit scheinbarem rechte
nun schutse der Überlieferung in den Horasischen dichtungen ver-
wenden Iftsst. aber so weit konnte des dichters schlaf nicht gehen»
^ er vergass, was in Born jedes kind wüste» und dass er, der be-
aonneiLe und manvolle» seine absieht durch verkehrtes geschwSts su
sichte machte.'
Die abhttngigkeit von Nauck in diesen erlftuterungen, aus denen
ich nachher auch einiges wolgelungene beibringen werde, ttbersteigt
jedes masz des zulässigen, wie folgende kleine blumeniese beweisen
inrd:
Kayser:
Nauck:
15.
Pyrrha. der kern des ge-
dichts, die untreue der Pyrrha,
Hegt in der mitte, drei teile : 'wer
ißts jetzt ? er wird sich wunder^ I
ich bin gerettet.*
eine ungetreue, drei
terfe: 1) wer ists, 2) er wird sich
wundern, 3) ich bin gerettet.
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392 Th. Kayser: dea Q. Horatius Flaccus oden und epodeu.
Kayser:
Nauck:
I 9.
Im W i n t e r. die ode besteht 1 Die drei ersten strophen sagen,
sas zwei gleichen theilen: in den' was jetzt , die drei letzten, was
drei ersten Strophen sagt der
dichter seinem Thaliarchus ge-
nannten freund , im blick auf die
winterliche landscbaft, was jetzt,
in den drei letzten, was ttberhanpt
in der jngend zn thnn seL
ttberhanpt zn thnn sei.
I 17.
Einladung aufs land.
*Faunus liebt mein Sabinum , ich
stehe im schuze der götter: so
komm und erfreue dich an den
früchten des landes, an schatten
und saitenspielf an wein und
liebe.' wendepunct des gedichts
in der mitte.
n
Gleiche sterne. HoraztrO-
stet seinen freund Mäcenas, der
sich mit todesgedanken quälte:
^nicht ich, nicht die götter wollen,
dasz du vor mir sterbest: unser
beider geschick stimmt unglaub-
lich zusammen'. 4 -f- 4 strophen.
I Einladung. ^Faunus liebt
mein Sabinum, die götter schützen
den frommen dichter: so komm
und geniesze den segen der üur,
! geniesze schatten und saitenspiel,
geniesze wein und stille einträch-
j tige liebe.' der wendepunct des
I gedichtes liegtgerade in der mitte.
17.
Gleiche sterne. der didip
ter tröstet den fftr sein leben za-
genden freund .... 'weder die
götter wollen es, noch ich selbst,
dasz du früher stirbst .... denn
unser stern stimmt wunderbar
überein', das ganze (1 -|- 3) -j- 4
Strophen.
n 18.
Seiner rafriedenbeit mit weni-
gem (y. 1 — 14) stellt der dichter
das ewig unbefriedigte streben
mach reichtnm und glänz entgegen
(15 — 28), das ihm angesidits des
alle erwartenden todes als thor-
beit erscheint (29--40).
Das gedieht zeigt ans 1) dea
genügsamen dichter, 8) den un-
befriedigten und darum sogar ob-
gerechten und unbarmherzigen
reichen, 3) das festbestimmte ziel
des den reichen wie den armen
hinwegrafifendcn Orcus , ange-
sichts welches zieles das masz-
lose streben der sterblichen als
reine thorheit erscheint.
m 16.
Geld Yermag alles: ich ver-
schmflhe es : so bin ich glttcklicber
und reicher als der reichste. 44-3
+ 4 Str.
AllmSchtig ist das gold (atr.
1^4). aber ich Terschmihe es
(str. 5—7). 80 bin ich glfiddidiff
(str. 8—11).
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Th« Eayser: des Q. Horatius Flaccus oden und epoden. 393
Kajser: Nauck:
ep. 2.
Die pointe liegt im bchlusz:
nachdem wir eine begeisterte lob-
preisung des landlebens vernom-
men, seiner glücklichen ruhe (v.
Nach einer begeisterten Schil-
derung des landlebens: seiner
harmlosigkeit und ruhe, seiner
beschäftigungen und erholungen
1—8), seiner angenehmen und je nach der Jahreszeit, seiner häus-
lohnenden beschäftigungen (v. 9 , liehen glückseligkeit und gentig-
—22), seiner freuden und er- samkeit: erfahren wir plötzlich,
holungen (v. 23 — 38) , seiner dasz der lobredner ein wuchrer
häoslidien glückseligkeit (v. 39 ist, und eben im begriff sich zu
—66), erfahren wir plötzlich, dasz bekehren , zu seinem waoher zu-
der lobredner ein wuchrer ist, der rüokkehrt.
eben im begriff landmann zu wer-
den sofort zu seinem wudier zu-
rfickkehrt.
Es wird genug material beigebracht sein, damit der leser sich
ein urteil Uber die methode der ausnutzang einer fremden arbeit
seitens des berm Eayser bilde, iob überlasse dem leser auch die
passende benennung eines solchen ver&hrens. zun mindesten hätte
doch der berr, der eine arbeit in der weise zu benutzen fttr angebracht
hielt, diese seine absiebt unter beaeicbnnng der benutzten quelle klar
und bestimmt anzeigen mttssen. dasz er nicht bona ßde handelte,
geht daraus hervor, dasz er stets ganz unwesentliche änderungen
TOigenommen, mit weglassung ihm allenfalls entbehrlich scheinen-
der Worte, mit ganz irrelevanten wortvertanschnngen, nichtsdesto-
weniger ist auch die wörtliche tlbereinstimmung crasz genug, in
dem Vorwort p. VII thut er sich etwas darauf zu gute, dasz er die
composition der Horazisohen oden nAher ins at^e ge&ezt hat, es be-
dOrfe vielfoeh nur der blosen hinweisnng auf dieselbe, um so man-
chen mutwilligen einfrll der heutigen hjperkritik als unberechtigt
zorttokzuweisen. auch hier wird mit keuier silbe an Kancks bestre-
bmigen in dieser richtung erinnert^ und doch adoptiert Eayser nicht
BOT die art der bestimmung der gedankengliedemng durch z. b..
1 -|- 2 1, nein er hat für die gedichte, fOr welche Nauck ein
oompositionsgesetz gefunden hat, dieses ftat regelmftszig von ihm,
ohne ihn au<£ nur einmal zu nennen, abgesehrieben, vgl. die angaben
XU IV 9. 13. m 27. 24. 21. 16. 18. 15. 14. 11. 10. 9. 4. 7. H 19.
20. 12 usw. wo Nauck eine solche gliederung nicht aufstellt, da er-
scheint ihm sicher die annähme einer solchen bedenklich, und mit
lechi ich habe in einer recension der Nauckschen ausgäbe die auf-
stellung einer inhaltsanaljrse fttr den gebrauch der schtQergewfinscht,
ich bin aber fest davon ttberzeugt, dasz noan in vielen fSllen in der
art der abteilung verschiedener ansieht sein wird, und so kann man
die selbstlndigen Symmetrien Kaysers, die er dort, wo Nauck keine
^gegeben hat, selbst zu machen sieb gezwungen gesehen hat, sttmmt-
lieb anfechten. verdSchtig ist Immer die zerreiszung der Strophen
N.jfthrb. f. phiLu. päd. Il.abt. 1878. hft.8.
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394 Th. Kayser: des Q. Uoralius Fiaccua oden und epoden.
behufs des Bymmetrischen nachweises. eine bubjectiv aufgestellte
Strophensymmetrie nun vollends zu einem kritischen princip erheben
zu wollen, ist die summe alleV verkehrtheil, z. b.: für I 6 schreibt
Kayser die gliederung l -j- ^ "h 1 ^^^^ erläuternden analyse
'deine thaten kann nur ein zweiter Homer, ein epiker wie Varius
würdi^^ feiern : ich bin kein epiker, ich bin blosz ein sänger des weins
und der liebe', dieser analyse widerstreitet nun aber gerade die von
Haupt und Lehrs beanstandete Strophe 13 — 16 qnis Martern äuü
entschiedenste, mit dieser Strophe müste die analyse lauten: I Varius,
0 Agrippa, ist dein mann. II ich fühle mich für das grosze epos zu
schwach, ich bin kein epiker, namentlich da es sich um unseres kai-
sers und deinen rühm handelt. III Homerische beiden und gotter
kann niemand würdig besingen. IV sondern ich bin der dichter des
leichten lyrischen gesanges. das gibt also l-f-^+^ + l^^
Strophen, nur wenn die 4e Strophe fÜÜlt, kommt die BjmBMß
1 4- 2 1 zu Stande, dasz sich einzelne hübsche bemerkimgen
in den erlttuterungen finden, soll bereitwillig sugestanden werden.'
aber der Verfasser wird es mir nicht verargen können , wenn ich
mistrauisch geworden bin. zu der Bandnsiaode bemerkt er durch-
aus schön und treffend: Mas liebliche gedieht seigt Yor andern das
oharakteristische der Horazischen naturauffassung. Horaz schildert
die natur, wie t>ie seinen sinnen sich darstellt, er läszt sie rahig aof
sich wirken und spiegelt sie so wie sie ist klar in sich ab, ohne seine
gefühle einanmischen, während der moderne lyriker sich in dernatur
spiegelt und seine gelühle and empfindungen in sie hinänlegt.
binde stehen so in diametralem g^nsata: die Horadsohe nAtoraof-
&ssnng ist naiv, die moderne natnrbetrachtimg ist sentimental,
man vergleiche das Horaatsehe gedieht mit Gkiethes fiseher. Heni
stellt das bild wie es ihm t^mt äugen steht klar nnd ansohanlich ge-
zeichnet Tor nns hin: die kiystallhelle flnt, die felsige grotte, die
darüber sieh erhebende eiohe, dem ruhenden pflogstier, die weidende
heerde'; (Goethe bleibt nicht bei der inszem «rscheiniing stehen, er
yerieiht der natur mitfühlendes leben, statt wie Horas ein scharf
umsdhriebenea bOd su geben, hebt er vielmehr solche momente her-
vor, die znm geftthl sprechen: das geheimnisvolle ranschen des waa-
sers, das feuditverklftrto blau des himmels das ans der tiefe leuditet,
das wohlige selige leben das da dronten hersdit nsw* von dii«r
solchen Versenkung in das geheimnisvolle leben der natnr, einem
mitleben, mitfühlen derselboi weiss Horaz nichts, er bleibt bei der
* weit wichtiger wären, da seiner ganzen anläge nach das buch
ein kleines Horazcompendium für laien sein zu sollen scheint, kurze,
sachliche erläuterungen, ohne die dem leser, dem ''sein latein schon
etwas abhanden gekommen', das Verständnis der gedichte sehr tr*
Schwert, ja nnmöglieb gemacht wird.
' do( h wieder zu vi^l zwischen des seilen gelesen. Horaz sagt
nur: du bietest liebliche kühle dem vom pflügen ermüdeten stiere nnd
der weidenden heerde, d. b. doch nicht den pflagstier und die heerde
zeichnen!
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Tb. Kayser: des Q. HoraÜiis IlaccaB odea und epoden. 395
sinnlichen anschauung stehen , weisz aber eben dadurch , dasz er die
natur in ihrer einfachen grösze und sinnlichen schöne klar und wahr
ohne alle subjective zuthat darstellt, phantasie und gefühl in gleicher
weise zu bewegen.'* trotzdem darf man nicht vergessen, dasz
Schiller recht hat, wenn er in seinem aufsatz über naive und sen-
timentalische dichtung Horaz als den dichter eines cultivierten und
verdorbenen weltalters, der die ruhige glüffkseligkeit seines Tibur
preist, den wahren Stifter dieser sentimentalischen dichtungsart
nennt, und ihn in derselben für ein noch nicht tlbertroffenes niuster
erklärt, auffallend ist es, dasz Schiller an dieser stelle den empfind-
samen Tibull vergiszt, der mehr als alle anderen römischen dichter
des gegensatzes zwischen natur und kunst sich bewuszt ist, und die
freuden eines zurückgezogenen, ungestörten naturgenusses gepriesen
hat mit einer innigkeit und Wahrheit, wie kein anderer vor ihm, und
doch ist von einem 'mitfühlen', einem versenken in die naturstim-
muug keine rede, plastische gebilde treten uns vor äugen, nicht
malerische wie bei den modernen, die sinnlichen genüsse, die das
leben in einer reich gesegneten gegend bieten, werden vorzugsweise
verherrlicht, für die Schönheit der plätschernden quellen haben die
Südländer immer Verständnis gezeigt , man denke nur an den aus-
druck KpTivaiov TOVOC schon bei Aeschylos. aber von dem divitias
alius fiüoo sibi congcraf auro bio zam 'drüben geht die sonne schei-
den' welch ein schritt I
Die erinnerung an Nikolaus Lenau führt uns zum Übersetzer
Kayser. dasz die Sapphische strophe auch in unserer spräche von
wunderbarer Wirkung sein kann , das empfinde ich immer mit ent-
zücken, so oft ich Lenaus 'abendbUder' lese:
1.
Friedlieber abend senkt sieh aoTs gefilde;
sanft entschlammert natnr, iiin ihre sfige
schwebt der dämmVunt; zarte verhttnang, and sie
lächelt, die holde,
Lächelt, ein schlummernd kind in vaters armen,
«ler voll liebe zu ihr sich neip;^!; sein göttlich
auge weilt auf ihr, und es webt sein odem .
über ihr antlits.
2.
Stille wird's im walde : die lieben kleinen
Sänger prüf« n schHukelnd den ast. der durch die
nacht dem neuen flii^e sie trägt, den neuen
Hedem entgegen.
Bald versinkt die sonne j des waldes riesen
heben höher sieh in die Ififte, nm noeh
mit des abends flüchtigen rosen eich ihr
hanpt'sn bekrinsen.
* wie wichtig sind solche parallelisierungen für die ästhetische
lüldnng nnserer schüler, und wie wenig wird in dieser richtung diesem
»edürfnisee von nnsem philelogisehen Interpreten recbnuug getragen!
20*
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396 Th. Kayser: des Q. Horatiu» Flaccus odea und epoden.
Schon verstummt die matte; den satten riadern
selten nur enthallt das geglock am halse,
oad ei pflilekt dar wftUeiide saha nur litn^
dunkler« giiter.
Und dort blickt der schuldlose hirt der sonne
ttnaand nac^; dam tinnandan JatsI antfiUlan
flSf ond Stab, es falten die hinda «Ich snm
•tUliV gebeta.
gegenüber stellen wir in Kaysers überäetzuug etwa Hör. III 8:
Zum arstan Hftrs.
Was am mKrs am arstan ich jnnggeselle
traiba, was da kränze von blamen sollen ,
was das weihrauchkästchan und kohlenglut auf
grünem altare.
Nicht bagraifst dQ*s, kanner dar baidan sprachan?
süszen festschin.-ius hab und ein weisses böcklain
ich gelobt dem Liher, als fast das banmstanmis
Störs mich erschlagen.
Hante kehrt dar tag und so soll dann hanta
auch der krup:, dar nntar dam consnl Tollos
in den rauch fanp^ mnszte, vom pechomsehlossaan
korke befreit sein.
Nimm , Mftcenas , nimm der pocale hundert
auf des freunds des lebenden wohl, und mnnter
bis sam tag lasz brennen die korken frei Ton
linsen nnd hadarl
Lasz sie rahn die sorgen der Staatsverwaltung:
nieder sank ja Cotiso^ beer des Dakars,
sonst mit uns führt jetst mit sieh salbst dar Madar
traurige kriege,
Unser erbfeiud fern am hispanischen »trand, der
Cantaber trilgt endlieh nun doch die kette,
und schon rXnmt der Scjthe mit abgespanntem
bogen das sohlaabtfeld.
.Lasz einmal dich geben, und, ein Privatmann,
sorge nicht m sehr um das Tolkes woUfahrt;
was da beut die stunde geniassa froh und
lasse den ernst sein! (besser: ruhn.)'
* wie Tiel schöner bei Günther:
Was ich hier treibe su den mftrs-kalenden
ich hagestolz — wozu die bluraen blfihn,
im frischen rasen kohlen glühn
und Weihrauchfässer ihre düfte spenden.
Befremdet dich, den kenner beider sprachen?
— ein freudenmahl, ein böckchen, giänsend weisx
gelobt ich zu des BaCchus preis,
als mich dar stun des baumes fast erschlagen!
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Th. Eayser: des Q. Horatiiis Flaccus oden ond epoden. 397
Zuerst ein paar bemerknngen über die beiden gedicbte. die
Lenauschen büder sind nach inbalt und form so yorzüglicb, dasz
kein Horaziscbes daneben den vergleich ansbält« die form der
Sappbischen stropbe ist hier mit dem inbalt so verschmolzen « dasz
kein rest übrig bleibt, läszt sich dies auch von dem product der
Horaziscben muse sagen? keineswegs, der getragene, feierliche
rbythmus passt schlechterdings nicht für diese einladung za einem
gelage , fast hätte ich gesagt einer kneiperei. und so ist es mit sehr
vielen Horaziscben Uedem der fall, bei denen die form eine znföllige
ist, jede andere wftre eben so berechtigt, weit passender ?r1lrde z. b.
die Sapphische strophe f&r IV 10 o eruddia adhuc gewesen sein, als
diese pomphaften verse, die man grOszere Asklepiadeische nennt,
deren rbytbmensohwall mit dem nichtssagenden inbalt in einem
sehreienden contraste steht. Naucks bemfihnngen, die harmonie des
inhalis mit den jedesmaligen rhythmen nachzuweisen , treffen ein-
fiaeh das richtige nicht, wer sollte z. b. mit ihm empfinden kennen,
.dasz das metmm in I 21
Dkmam ienerae dicUe virffinea^
mtonmmpueri didU Cy^S^hm^
LaUmamque supremo
düectam pemtus lavi.
eine sehr schwermüthige Stimmung zeigt? weil nun also das metmm
in vielen fidlen dem Inhalt nicht entspricht^ so ist meiner meinung
naeh auch der Übersetzer nicht sklavisch an dieselbe form gebnn-
den: Horaz produciarie vieles 'als stndie, zur schmeidigung der
spräche', der probe, die ich von der art der Eayserschen Über-
tragungen gegeben habe, entspreeben die der übrigen gedickte, sie
nad mit groszer sorgfolt und treue gearbeitet, frei von allen sprach-
Terrenkungen , nur geben sie mir in der peinlichen nachbildung der
geseize, die Horaz dem Charakter seiner spräche gemäsz sich auf-
erlegen zu müssen glaubte, zu weit, hierüber mich noch einmal aus-
ndassen, halte ich für unnötig, da ich meine diesbezüglichen ansich-
ten in der gymnasialzeitschrift 1876 s. 479 ff. ausführlich begründet
habe, einen groszen fortschritt hat Kayser in der behandlung der
deutschen spräche für die antiken rhythmen gemacht: er hat dem
wortton zu seinem rechte verhelfen, auch mir, sagt er s. X, gilt, da
unsere spräche einmal eine accentuierende ist, der accent als ein
unverletzbares heiligtum. jeder, der verse zu lesen hat, beherzige
' Und dieser tag, der heute festlich nahte
I naeh jahresfritt, er toll ein fSssoben wein
I vom fest verpichten spund befrein,
das raiieh geschlürft seit Tollas consalateJ
Auf freuDdes wohl, MSeenas, lass dir gern
den vollen becher hundertmal kredenzen 1
1 biß an den morgen mögen glänzen
, die muntern kerzen, zwist and streit sei ferx^l
I U. 8. f.
> «
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398 Th. Eayser: des Q. Hoiatiiu FUocns öden und epoden,
doch, was Wilhelm Jordan in der einleitung zu seiner Odyssee-
Übersetzung darüber als geübter kenner vorträgt, 'hundertfältig zu
geböte stehen die beispiele dafür, dasz die nemlichen vocale und
diphthonge , denen beim vortrage nach unserm Sprachgebrauch hier
der vollste ton und vom tacte das gröszeste zeitmasz beigelegt wird,
in anderer Verbindung als schwachtonig, ja tonlos und nur einen
geringen bruchteil des vorigen zeitmaszes ausfüllend gesprochen
werden, wir kennen nur betonungs- und tactwerts Verhältnisse, und
diese werden ohne rücksicht auf die vocalisation lediglich bestimmt
vom gedankengewicht der silben und ihrer diesem gewicht ent-
sprechenden Satzstellung.' bringen wir aber untrere prosaischen be-
tonungsverhältnisse in einklang mit dem rhjthmus antiker strophen,
so haben wir noch nichts, was prosa von poesie unterscheidet, oder
wenigstens für unser ehr zu wenig, zur poesie wird uns unsere
spräche erst durch den reim.* gereimte antike Strophen, wie sie
Gottscball versucht bat, sind unerträglich:
Und siDken Völker in des rerderbens schland
der lals des elends bleibt auf des bechert prand,
so oft ihn auch im Strafgerichte
schmettert in scherbea die Weltgeschichte.
^was ist geschehen? die einheit des baue? ist in eine aufdringliche
zweiheit zerrissen, und das ist keine Alcäiscbe Strophe mehr.' Lehrs
im Aristarch h. 412. T^enau hat sehr gut daran gethan, die Sapphi-
schen verse nach dem vorgange Mattbissons zu variiren ;
V-/ . . _ _ \^ ^
friedlicher abend senkt sich auf's gefilde
sanft entsehlommert natiir, am ihre züge
die Stellung des daktylus ist variabel.
Kayser hat sich nun auch in der anwendung des reims und des
modern-poetischen gewandes bei der Übertragung antiker poetischAr
Schöpfungen versucht, und zwar mit groszem glücke.
SOPHOKLES ANTIGONB DEtTTSOH TOM THEODOR KAT8ER. TfibingeD,
yerlag und druck Ton Franz Fues. 1878.
Haben wir den Verfasser als gewandten Übertrager antiker
Horazischer strophen, durch fremde rhythmische gesetze beengt,
anerkennen müssen, so zeigt er uns hier, was er zu leisten vermag
auf heimischem , mütterlichem boden , er beweist sich als einen be-
herscher der spräche und ihrer poetischen gesetze von nicht gewöhn-
licher begabung. ein widmungsgedicht an seine gattin eröffnet, zu-
gleich ein motto für die unvergänglich -schöne dichtung, in fonn
* K. Gottschall nennt ihu den karyatiden unserer deutschen
rhythmik! wahrseheinlich hat der grosse ftsthetiker den Dsmen sof
eine sramaiatisehe stufe* mit ^Pelide* gebracht ygt poetik I 810.
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Th« Kayser: Sophokles Antigone. 399
eines sonetts die Übertragung des Stückes, das gedieht teilen wir
hier mit, um den leser nach dem ganzen b^erig zu machen:
Der Schwester pflicbt der frommen nicht zu fehlen
kommt dort die jnnc^ran hohen schritts gegangen
cntschloRsen ohne furcht and ohne bangen
für ihre that den tod sich sn erwiihlen;
Itnd Hämon stürmt aus des palastes sllen
zur felsenkluft zur öden voll vorIiuig:en
im prabe noch in schmerzlichem umtaiigen
der toien braut sich sterbend zu vermählen;
die mutter hört's und g-oht mit stummem schweigen
hinweg bewältigt von dem einen triebe
hinab snm kind in Hades* reich zu steigen:
ja ^ines bleibt, ob alles auch zerstiebe,
du kennst dies ^ine wol, es ist dein eigen,
es ist die heiPge allgewalt der Hebe.
Das stück ist in act- und sceneneinteilung gegeben, mit erlän-
tomden sceniscben Vorbemerkungen, die iambischen trimeter der
iiverbien sind in die ftinffüszigen l)lankverbe unserer dranien ver-
wandelt; nach dem vorgange Oswald Marbachs, die chöre in freien
gereimten Strophen, die rhythmisch den gegenstrophen entsprechen,
nach dem Vorgänge Hoffmanns in seinen Übersetzungen Sophoklei-
scher chorgesänge, programme des Sophien -gy mnasiums in Berlin
1869. 1870. Wir geben, sie mit dem texte und Marbachs arbeit yer-
gleiohend, die ersten 20 verse als probe:
ANTiroNH.
Koivdv aOTdöeXipov McfAH^Hf *^dpo,
dp* olc6* 0TI ZcOc Tdkv dir' OiMicou KOKdhf
öirolcv oöxl vujv fxi Juücaiv xcXct;
ouö^v T^p oöt' dXT€ivöv göt" dTr^c dxcp,
oöt' alcxpöv oöt' ÄTiiiov ?c6', 6ttoiov ou
Tüjv ciiiv xe Kqt^üjv ouk öttujti ' i^{h KaKÜJv.
Kttl vOv ti toOt* oO <pacl irav&niüii|i iröXci
KfjpuTMa 6dvat töv crpcrrriTöv dprCiuc;
fxeic XI KeicT^Koucac; f\ C€ \av6dvei
npdc Touc (piXouc cxeixovTo tuuv dx^pwv KOKd;
ICMHNH.
'€noi M^v oöbelc iLiOGoc, *AvnTdvT|, (piXuiv
oöe* i^öCic Göx* dXTCivöc Vk6x\ £E ötoü
hvoiv dbeXqpolv ^cx€pr)0r||H€v 6\J0,
jaiqt eavövTUJv i^M^p<]( ömXr^ X^pi'
iTt€\ bi q)poOööc ^cxiv 'ApT^iuiv cxpaxdc
tv vuKTl vOv, o06iv ot6* öir^epov
odt' cÖTuxoOca fiAXXov oOr' dTUijyilvn.
ANTirONH.
QÖT) KaXufC, Kai c' dKxöc auXeiuüv ttuXuiv
To06* O0VCK' ^lir€)üiTrov, Ojc mövii Kkitotc.
ICMHNH
tI 5' icii; 5i)Xok Tdp Ti KaXxaivouc' £iroc.
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400
Hl. Kajt«r: Sophokles Antigone.
Marbacb (Sophokles 3e Ausg. Leipsig 1868):
Antigene.
Ismene, theure Schwester, einsige!
sprich , gibt es noch ein elend, eine schmaeb,
die noeb gefehltt am schon bei nnsrem leben
alle die grausigen fläche sa erfüllen,
mit denen Zeus Oidipns haupt p^eschlHgen? i
was nur von schmerz, verderben, scbmach und schände
es gibt, das fanden wir in unserm elend!
weieit du, wet dieses teges erstes granen
grannTolles neues uns heranfgefuhrt,
was eben jetzt der herold eliem Volke ift
Terkfindet bat?
Ismene.
Ich habe nichts vernommen,
ich habe frende nicht noch leid gehört,
seit unsre beiden briider in den tod
dabingesnnken, schrecklich binc^eschlacbtet
der eine dnreh den andern; nad seitdem 1$
in dieser uacbt sieb das Argeierheer
von <l(r heilrUngten Stadt zurückgezogen,
bat meinen gram kein neues leid genährt.
Antigene«
Ich daehte mir*s nnd danun liess ich dieh
sn mir an diesen stillen ort bescheiden, •
da SS du allein vernftbrnest —
Ismene.
Was? o Schwester,
welch neues nnheil wogt in deiner brnst?
Marbach bildet mit dramatischor lebendigkeit und dichteriscfaer
intuition seine verse dem oxiguiale nach, ohne vers für versmit
philologischer treue wiederzugeben . so werden ans den drei enteo
▼ersen des Originals bei ihm fünf, die verse 9 und 10 geben zwar
den sinn das Originals , schliessan sich aber in keiner weise seuen
Worten an. er Utozt v. 21 Antigone von Ismene nntorhroeben we^
den, dramatisch richtig, nach der form des textes wiUkürHch« b8n&
wir Kayser:
Antigene.
Mein trautes Schwesterhers, Ismene, sprich,
kennst da ein Tlterlicbes leid, da« S&ens
an ans, des Stammes lezten, nicht erflllHe?
nichts arges gibt es, nichts entseziiches,
nichts ist so schmachvoll, «<o entehrend, das
ich nicht geschaut in deinem, meinem wehe,
nad nnn — was sagt man wieder dass der fürst
so eben allem volk Terkünden liess?
hast dtt*s gehört? wie? oder weiszt da nicht,
was nnsem lieben droht von feindesband?
Ismene.
Von nnsem Heben bab ich nichts gehört,
nichts frohes nnd nichts trauriges, seitdem
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Th. Kayser: Sophokles Anügone.
401
die beiden brüder uns an einem tage
gefallen einer durch des andern band,
and nun in dieser nacht der feinde heer
hhiwegffeBogen , weiss ich weiter siebt« ,
nieht gTBckficher« sieht ünner denn «iTor.
Antigen e.
Ich dachte mir^s; drnm rief ich dich hermiiSt
damit es niemand höre ausser dir.
Ismetie.
Was ist's? ich seh, es wogt etwas in dir.
Die verszahl des Originals ist streng festgehalten, durchweg
möglichst genauer wortanschlusz erstrebt, die auffassung der worte
V&v Iti Ziujcaiv schlieszt sich an die erklärung von Schneidewin-
Nauck au, während Marbach der gewöhnlichen annähme von gen.
abs. folgt. Kaysers 'es wogt etwas in dir' gefüllt mir nicht recht,
Marbach übersetzt schön, nur nicht genau nach dem worte des ori-
ginale, das nicht von neuem unheil redet, daran kann die noch ganz
ruhige Ismene noch nicht denken, sondern: 'offenbar drängt es dich
zur mitteilung'. Kayser hält streng am iambischen rhythmus fest,
während Marbach, wie v. 4 beweist, auch andern rhythmen räum
gibt, wenn nur der taktische rhythmus gewahrt bleibt, dieser gibt
auch keine act- und sceneneinteilung. bei Kayser reicht der erste
act, aus 4 scenen bestehend, bis v. 331. der zweite act beginnt mit
dem wundervollen ersten stasimon TToXXd TCt beivd 'ob die weit an
wundern reich*, der dritte mit dem zweiten stasimon eubmjiovec
oici KaKOJV dxeucTOC aluuv, der vierte mit dem erscheinen des
'. Tiresias v. 988, der fünfte endlich mit der ^r|Cic aYT^XiKr) 1155
, 'ihr die ihr Kadmos alte stadt bewohnt', durchweg ist der Charak-
ter, wie er in den ersten 20 vcrsen zur erscheinung kam, gewahrt,
die Ubersetzung zeigt den Verfasser als beherscher des geistes beider
, sprachen, besondern rühm verdienen die chorgesänge, die bei Mar-
bach nicht auf der höhe der übrigen partien stehen, die einförmigen
trochäen wiederholen sich za sehr in seinen chorliedem. es fragt
sich, ob Kaysers chöre den vergleich mit den Hoffmamisokeii aus-
halten, aushalten wol« doch hält ihm Hofifmann die wage, so dasz
die entscheidung kaum möglich ersdieint. beide aeiclm«! sich durch
edle spräche, dichterischen sobwung bei groszer treue im anschlusz
an den griechischen dichter aus. uns bleibt nichts ttbrig als eine
probe davon mitauteilen und das urteil dem leser zu llberlassen.
vir wählen das zweite stasimon, erste Strophe und gegeostrophe:
Hoffma nn:
O gottbeglilekte , deren leben
des Unheils trank nie muste kosten!
i denn wo der gottheit dunkles weben
gerüttelt an des hauses pfosten,
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402
Th. Kayser: Sophokles Antigoue.
da wälzen sich der leiden beere
bis iu8 gescblecht der eukel fort,
wie wenn im aufgestörten meere
▼on Tbrakes kSsten braust der nord
niicbt schauert empor von dem untersten Schlunds
weit über die see, und die windsbrnut stöhnt,
dnsz dunkel der sand aufwirbelt im gründe,
der woge rückschUg an das ufer dröhnt.
Antistrophe:
Im alten haus der Labdakiden ,
so icb Beb wol, ist's alte sitte:
dem leide derer, die ffescbieden
folgt neaes leid mit raschem sehrittet —
und kein geschlecht befreit das andre,
es stürzt ein gott der feste grund — :
so weit der bange blick auch wandre ,
es thnt sich keine lösung kund.
Keht wollte die einzige worsel ja wieder,
die letzte von Oedipns stamm, umfabn — :
der nächtlichen mordstahl mähte sie nieder,
des Wortes tborbeit und der seele waho.
Kay ser:
Selig, wer in seinem leben nie des lebens weh geschmeckt,
wessen h.'ius die götter nimmer mächtig schütternd aafgescbreekt!
es wälzt sich der fluch
von geschlecht zu geschleckt
nie rastend fort,
wie wenn in dem meer
wild brauset der nord:
nacht triefzt sich ensteigend dem finsteren Schlünde
weit über die see, schwarz wirbelt der sand
empor aus des meeres tiefunterstem gründe,
und senfsend stöhnt der flntgescblagne Strand.
Oegenstrophe:
In dem haus der Labdakiden drängt , icb seh*s, von alter seit
m dem leide der gesehiednen fort nnd fort sich neues leid,
und nimmer befreit
ein geschlecht das geschlecht,
ein gott der stüszt
sie alle hinab
und keine wird erlStts
die wQsel, die leite ans Oadipns hause,
der eben ein heffnnngsstrabl noch ersehien,
sie mäht nun der götter sichel die grause,
des flochergriffoen geists Terblendang hin.
offenbar hat Kay ser seine beiden Vorgänger benutzt, wie z. b, der
anfang des ersten stasimon 'ob die weit an wundern reich' von Mar-
bach, einiges, namentlich der rhythmas der vier letzten obigen chor-
zeilen, von Hoffmann entlehnt ist, doch nur in der weise, wie es die
pflicht jedes wissenschaftlichen arbeiters ist, sich auf die schultern
seiner Vorgänger zu stellen.
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K. Jürgens; efymologisohes lehnwörterbuch der deutschen spracliu. 403
So empfehlen wir denn zur lectttre nach der durcljarbeitung
des Originals in den gymnasien, um einen harmonischen abschlusz
der Sophoklesstunden zu gewinnen, die Kaysersche Antigene, wir
empfehlen sie als eine bocic ^paieivr), ein cujiißoXov (piXiac zur er-
innerung an von den heiligen schauern der poesie geweihte stunden,
— eine goldene frucht in schöner schale.
Mesebitz. Walthek Gerhardi.
40.
ETniOLOOlSOIlBa UIHIIWÖBTBBBUOH DER DEÜT80BBN SPRACHE. VOR
K4BL jÜBeRNB. BrauDsohveig, HaraLd Bnüm. 1S77. IV u. 72 t.
Der Verfasser dieses btichleins hat bereits vor einigen jähren
ein gröszeres werk erscheinen lassen : 'neues etymologisches fremd-
wörterbuch mit bezeichnung der betonung und ausspräche', sowie
kürzlich eine ühnlichn arbeit: 'etymologisches fremdwört('rl)ueh der
ptianzenkuncle mit besonderer berücksichtigung der deutschen tiora'.
wir kennen von diesen das letztgenannte gar nicht, das erste kaum
oberflächlich und erwähnen dieselben hier nur, weil in der vorrede
des lehnwörterbuchs ausdrücklich darauf verwiesen wird und weil
wir von vorn berein feststellen möchten, dasz wir es in dem gegen-
stände unserer bespreehung keineswegs mit einem erstlingsversuche,
sondern mit einem buche zu thun haben, welobes aus längerer und
eingehender beschäftigung mit der Bache hervorgegangen ist. von
einem solchen buche darf man etwae gutes erwarten» ein solches
fordert die kritik heraus, zumal wenn, wie in dem vorliegenden falle,
an den nötigen hüfsmitteln , vorarbeiten und quellen durchaus kein
mangel ist; wenn zu einer befriedigenden lösung der gestellten auf-
gäbe eigentlich weiter nichts gehört, als eine wirkliche beherschung
des Stoffes, wie sie von jedem wissenschaftlich gebildeten Schrift-
steller in seinem fache unbedingt zu verlangen ist und etwa ein ge-
wisses gesc^ck, um auf angemessene weise das vorgefundene zu
v)rwerthen. man verstehe nicht falsch! auch wir sind der ansieht,
iasz die etymologische erforschung und behandlung selbst unserer
lehnwörter im einzelnen noch manche dankbare und schwierige auf-
gäbe bietet, allein diesen gesichtspunct hat hr. Jürgens gewis nicht
ins ange gefaszt ; darauf weist schon der geringe umfong der schrift
bin, in die ausserdem noch ^mancher ausdruck eine aufnähme ge-
funden hat, dem das eine oder das andere merkmal eines voUstftn-
%en lehnworts fehlt', wenn auch andererseits — wie es mit der
bitte um gtttige nachsieht heiszt — 'einmal ein wirkliches lehnwort
übergangen sein sollte.' nein! der verf. hat sich kaum eingebildet,
die Wissenschaft als selbständiger forscher zu fördern und dalttr
kum ihm allerdings die Wissenschaft nur herzlich dankbar sein*
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404 K. Jfirgens: eiymologisches lehnwOrierbucb der deutBchen spiacka.
er bat vielmehr laut seiner vorrede gemeint, 'eine zusammenstclhng
dieser eiDgebürgerten fremdlinge (nem lieh der deutschen lebnw^rter)
unter angäbe ihrer ableitung dürfte allen sehr willkommen sein,
welche, ohne eigentliche fachetudien sa treiben, doch eine grflnd-
liebe kenntnis der deutschen spräche erstreben', dieser Voraus-
setzung verdanke die voriiegende arbeit ihr entstehen, welche be-
sonders unter scholprftparanden, Seminaristen, volksscbnllehrem und
in Shnliehen kreisen zahlreiche freunde zu finden hoffe, wir wellen
dem hm« yerf . offen gestehen , dasz gerade diese stelle es gewesa
ist, die uns die feder in die band drückte, die sorge, jene hoffirang
konnte auch nur in dem kleinsten kreise sieh erfüllen, treibt m
warnend die stimme zu erheben, denn es wSre in der that ein nn-
ghlek, wenn auch nur ein lernbegieriger nnd strebsamer jttngling
aus dieser quelle seböpfen, wenn er guten glaubens das, was ihm
hier geboten wird, als ergebnisse der Wissenschaft hinnehmen wellte,
unser kurzes und hartes urteil geht dahin, dasz dieses lehnwibrter-
buch ein nicht nur nutzloses, sondern geradezu scbftdliches mach-
werk ist. damit ist eigentlich genug gesagt, das heiszt, jeder kenner,
der es auch nur durchblftttert, wird uns den beweis gern erlassen;
immerhin erfordert es die vorsieht und die gerechtigkeit, dasz wir
unser vOUig verwerfendes urteil begründen, schlimm und tnarig
genug, dasz uns dies so leicht wird I
Der verf. beginnt seine vorrede, wie billig, mit einer erUftnmg.
'unter deutschen lehnwOrtem werden hier diejenigen susdrQeke
unserer muttersprache verstanden, welche zwar fremder abstammnog
sind, sich aber nach Schreibung, biegung und ausspräche ihres aot-
iBndiscben gewandes so vollständig entkleidet haben, dasz sie bei
einer meistens allgemeinen Verbreitung ihre ursprüngliche herkünft
kaum noch erkennen lassen und erfahrungsmäszig selbst unter ge-
bildeten von mehr als gewöhnlicher spradikuide für rein einheimische
Wortbildungen gehalten werden.' diese definition ist nicht gerade
sehr kurz, scharf und klar; entweder sie konnte gedrängter sem«
oder, was besser, an ihrer stelle war dne ttbernchtUebe erOrtemng
zu geben, etwa wie sie sich bei Schleicher (die deutsche spräche,
le ausgäbe s. 114 f.) findet, so dasz unter beibringun^ passender
beispiele das Verhältnis der fremdwörter, der lehnwörter und der
echt deutschen, einbeimischen dargelegt wurde, indessen darüber
wollen wir nicht weiter rechten; die erklärung ist immerhin der srt»
dasz man bei gutem willen und eigener kenntnis das richtige heraus-
lesen kann, geht man nun aber zu den aufgenommenen und be- i
sprochenen Wörtern selbst über, so sieht man leider auf der ersten I
Seite, ja geradezu bei dem ersten werte, dasz herr Jürgens gar keine
ahnung davon hat, was die Wissenschaft lehnwörter zu nennen pflegt,
nach Schleicher sind es die alteren fremden bestandteile, in früheren
epochen aus anderen sprachen aufgenommen und meist nicht mehr
als fremd empfunden , während die neuen , noch nicht akklimatisier-
ten, noch als fremd empfundenen, fremdwörter heiszen, letzteres
£• Jürgens : etyiuologischea lehnwörterbuch der deutflchen spräche. 405
natürlich im engeren sinne , denn zu den fremdwörtem im weiteren
verstände gehören offenbar die lehnwörter auch, nun wollen wir
auch das gern zugeben, dasz bisweilen die grenze zwischen fremd-
wÖrtern und lehnwörtern nicht scharf gezogen werden kann; noch
mehr, es mag in einzelnen fallen ein zweifei entstehen, ob ein wort
lehnwort, ob ein ursprünglich deutsches sei — beispiele anzuführen
wird hier kaum nötig sein — ; aber daraus ist keinerlei entschul-
digung zu gewinnen für die Verwirrung und Unkenntnis, die der
verf. in seiner auswahl und erklärung verräth. nach demselben
sind lehnwörter: ab, Abend, acht, Acker, Ahn, Enkel, an,
Arm, Atliem, auch, Auge, ebenso eins, zwei und die folgen-
den Zahlwörter, wenn andl einzelne wie f (In f und z ehn nicht mit auf-
geitihrtsind; femer Fusz, Vater, Mutter, Thier, wissen usw.
wenn man das sieht, so schwindelt einem unwillkürlich der köpf;
man fragt sich, welches sind denn nun eigentlich nicht lehnwörter?
hat der gelehrte yerf. nie etwas von Urverwandtschaft der indo-
gennanisdien sprachen und lautverdchiebung gehört? oder hat er
ganz neue gesetze und theorieen ersonnen und begründet, deren
kemitnia uns noch nicht zugegangen ist? ist das buch vor sechzig
jähren gesehrieben oder nachdem die forschungcn eines Bopp und
Qrimm, eines Schleicher und Wackernagel, gott sei dank, schon in
recht weite kreise gedrungen sind? jeder tüchtige secundaner kann
hni. Jürgens das auseinandersetzen, was zu seiner belehr ung vor
allem erforderlich ist und an solche autorität wollen wir ihn hiermit
getrost verweisen, unsere leser werden sich aber leicht denken
können, wie bei einer solchen Unkenntnis der grundlagen das übrige
werk in seinen einzelheiten sein mag. wenige beispiele mögen
zeigen, wie nnglaubtich selbst das bekannteste verkannt, oder anch
ri<£tiges verkehrt und ohne arteü aufgenommen wird, wie es an
aller Sicherheit un^ genauigkeit fehlt, wShrend falsche flittem be-
rechnet scheinen den unkundigen zu tftuschen. der erste artikel
lautet buchstftblich: 'ab, althochd. ab, aba, goth., angelsSehs., d&n«,
schwed., hollftnd., niederdeutsch af — vom lat. o, ab oder abs (ver-
wandt mit gleichbedeut. griech. apö [äirö], sanscr. opa), von, weg;
— von — weg, weg. Abend, m., der weggehende ^ abnehmende
tag*, das musz freilidi dem Seminaristen ungeheuer gelehrt vor-
kommen; er wird sich dergleichen wol gar mit einem an sich lobens-
werthen, nur leider verkehrt angebrachten fleisze einlernen und, wie
das denn vorkommt, sich gewaltig etwas darauf einbflden. herr
Jüigens setzt bei seinen lesem wenig voraus, weder die kenntnis
der grieehiflohen bnchataben, noch die demente des lateinischen,
noch die ausspräche nur des französischen, meint er, der volks-
schullehrer könne oder solle dergleichen nun aus seinem buohe mit
lernen? wozu die griechischen Wörter erst in deutscher Umschrift,
dann noch einmal in griechischen bachstaben? wer griechisch lesen
kann, der braucht sie doch nicht und für die anderen ist es unnütz;
dazu sind accente und spiritus usw. in einer weise oft ausgelassen
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406 K. Jürgens: etymologucbes lehnwfirterbuch der deutachen spnulifl;
oder falseh gesetzt, dasz man geneigt ist, dafür nicht mebr nur den
Hetzer und corrector verantwortlich zn hiüten. hei Abenteuer he-
gnügt eich der hr. verf. nicht auf aveivHure^ a^nture^ adventma und
adufimre zu verweieen , sondern er tischt nns auch als kOstlicbes ge-
rieht auf 'vom lat. advSntus^ o, tmi, part. perf. {adveniumt 1 snpin.)
von advenire {ad^ nach zo, an auf, gegen, bei usw,^ vcnifBf kominMi,
wohin gelangen » gerathen)* usw. — Wenn an der bekannten ab-
leitung ^Amazone' yon d und \mUc gezweifelt wird , so finden wir
das in der Ordnung; nicht aber, wenn es weiter lautet: ^wahrschem-
licher ist die ableltung Tom hebr. ama, stark sein* (soll wol hassen
amae). doch wir würden kein ende finden, wollten wir auch nur die
schlimmsten verstOsze hervorheben, nur noch wenige anfUirungen,
weil sie fttr kenninis und verfahren des hm. vert recht bezeicbnend
sind: *Auge, u. plur. -gen, niedersftchs. oog, letztere form fOhrt
auf gleiehbedeut. lat. oculuSy dimin. vom ungebrSuchl. ocus^ grieeh.
OKOC, OKKOC (6koc, 6kkoc) etwas, durch das man siebt, das sehorgan
und was dem ähnlich ist.' abgesehen von der trefflichen zusammen-
Stellung der vocale in oog — oculuß^ wird mancher die hinzugefügte
definition etwas tiberflüssig finden; aber hr. Jürgens ist gründlich,
er definiert auch acht 'als die zwischen 7 und 9 liegende zahl', dem
entsprechend natürlich die sieben ala die auf 6 folgende, die neun
als die zwischen 8 und 10 liegende zahl, als ein würdiges seiten-
stück zu dem berühmten in dem lehnwörterbuche nun von uns füot
▼ermiszten ä\ujTxr]E -pex, -pix, -pax, -pox^ -pux = fuchs mag unsere
leser ergötzen : 'Blei, n., soll wie das lat. ;>ZMmZ>MW aus ebenfalls
gleiehbedeut. prrit'ch. mölybos oder möUhos — molihdos (^öXußoc,
^ÖXißoc, iLioXißboc) auf folgende weise verdreht sein: moUbos =^
bolimos — boli = niedersächs. blie = hochd. blei; eins der weich-
sten und zugleich schwersten metalle.' bei dingen der art ist es
schwer ernsthaft zu bleiben und so möchte das ganze buch erheiternd
wirken, wenn die suche nicht, wie wir oben bereits andeuteten, doch
ihre recht betrübende seite hätte, denn wahrlich betrübend ist es,
dasz in unseren tagen dem publicum, der jugend, den volksschul-
lehtern ein buch wie das besprochene noch geboten worden kann,
wir dürfen mit fug und recht sagen ein gebräu , an welchem hopfen
und malz verloren ist. wir schlieszen mit einem w^ohlgemeinten
rathe, weniger an den verf., der ihn doch verschmähen wird, als an
alle diejenigen, welche die belehrung suchen, die jener bieten will:
nemlich sich Weigands deutsches Wörterbuch zu kaufen, oder wenn
das zu theuer ist, zu borgen und sich einen verständigen auszug
daraus zu machen, ein solcher könnte sehr wohl den zweck erfüllen,
den hr. Jürgens im auge gehabt, aber vollständig verfehlt hat
Wir fügen zur vergleich ung eine anzeige des oben besprochenen
buches bei, die wir so eben in der Zeitschrift 'über land und meer'
nr. 46 gefunden haben und überlassen es ganz unseren lesem, sicsh
dabei das nötige zu denken.
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Zo Goethes Götz von BerUchingen,
407
*Karl Jürgens, dem wir ein vorztigliches etymologisches hmd'
Wörterbuch verdanken, hat uns nun ancb mit einem «etymologischen
lehrwörterbnch (siel) der deutschen spräche» beschenkt, welches
diejenigen ausdrücke imserer muttersprachef die awar fremder ab-
stammung sind, sich aber nach Schreibung, biegung und ausspräche
ihres aoslkndisclien gewandes so voUstftndig entkleidet haben « dasz
sie ihre ursprüngliche herkunft kaum noch erkennen lassen, in
alphabetischer folge behandßlt. der einblick in dieses buch ist
Überaus interessant; wir sehen, wie tansende von Wörtern, die wir
heut als nationale münze ausgeben, von hause aus doch ein fremdes
geprige trugen, das wir nur nicht mehr unterscheiden kdnnen, so
aligeschliffsn ist es. wie es denn eine ganz anr^ende lectüre
bildet, so ist das buch auch eine wichtige ergttnzung unserer band-
bibliotbeken.'
KöTBBN. « £. Hü&m.
41.
ZU GOETHES GÖTZ VON BEELICHINGEN.
In der erklttrenden ausgäbe des Göts von Wnstmann (Leipzig
1871) findet sich auf s. 179 ein misverstttndnis. es ist die vierte
eeene des fünften actes. Lerse bringt GUttzens fran Elisabeth die
Bsefaricht von der gefangennähme ihres mannea. ich muss zu ntthe-
rm verstftndnis die ganze soene hersetzen:
Elisabeth, wenn er wiederkommen wird — ich seh ihn
finster , ünster. seine feinde werden lügenhafte Idagartikel sohmie-
den, und er wird nicht sagen kOnnen: neini — Lerse. er wird
imd kann. Elisabeth, er hat seinen bann gebrochen, sagt
nein! — Lerse. nein! er war gezwungen; wo ist der grund, ihn
m verdammen? — Elisabeth, die bosheit sucht keine gründe,
anr Ursachen, er hat sich m xebellen , missethätern, mOrdem ge-
sellt, ist an ihrer spitze gezogen, sage nein! Lerse. laszt ab«
euch zu quälen und mich usw.
Wustmann bemerkt zu dem zwei mal wiederkehrenden sage
nein der Elisabeth : ^ 'bisweilen wünscht man sich sehnlich den
Widerspruch, den man sonst schwer verträgt. Wallensteins tod I 2 :
wer ist gefangen? wer ist ausgeliefert? Sesin doch nicht? sag
neb, ich bitte dich!' us ist offenbar, dasz diese erklärung durchaus
nicht passt. schon vor beginn der scene ist, wie der Zusammenhang
Wgibt, der ganze Sachverhalt Elisabeth von Lerse auseinander-
gesetzt, sie kann also diesen nicht noch einmal zweifelnd fragen,
sie weisz sehr wohl, dasz Götz an die spitze der aufrührerischen
bauem getreten ist, und raeint nun, dasz seine feinde diese hand-
lang für bannbruch erklären würden, ohne zu berücksichtigen, dasz
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408 Programme mit uud ohne wia&euächaftliche abhandluug.
er dies nur gezwungen getban habe. 8ie spricht es selbst aus , di
der schein durchaus gegen Götz sei , und dasz man die beschi
digung, dasz er die urfehde, die er geschworen, verletzt habe, nid
durch gründe würde zurückweisen können, sie übernimmt gleic
sam selbst die rolle eines feindes und anklägers Götzens, der dia
behauptung aufstellt , dem jenen vertheidigenden Lerse gegenüw
das sag nein! wUre also an beiden stellen etwa so wiederzugebfl
leugne es, wenn du kannst! d. b. du kannst dies nicht i
unwahr zurückweisen. * '
42.
PBOGRAMME MIT UND OHNE WISSENSCHAFTLICHE
ABHANDLUNG.
1876
1877 1
1 »"«^
f ftr
«. pro*
ohoe
fymn.
o. pro-
ohne
u. pro-
okae
7. Schleswig-Holstein ....
10. Hessen-NaflianiLWaldeek
12. Elsaas-Lothringen ....
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a
10
5
U
2
£• ist besond«» lehrreich und intefetsant, dass von den 14 g7»
nasien Berlins 11 ohne abbandlong erteheinen werden, mit abhaod
long otir das Joachimsthalische, das französische und das Friedrich-
Wilhelms- gymnasium. in der provinz Sachsen betrifft die ab handlang
handschriften uud drucke etc. der bibliotheken bei 7 anstalten.
GB£lFF£MB£Ba. CaMPE.
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ZWEITE ABTEILTJNa (U8r BAND).
leite
38. Noctes scholasticae 361—385
39. Th. Kayser: des Q. Horatius Flaccus oden und epoden.
text und Übersetzungen mit erläuteningen (Tübingen 1877).
angez. von W. Gebhardi in Meseritz 385 — 398
Derselbe: Sophokles Antigone. ins deutsche übertragen
(ebd. 1878). angez. von demselben 398 — 403
40. AT- Jürgens: etymologisches lehn Wörterbuch der deutschen
spräche (Braunschweig 1877). angez. von E. Müller in
Kothen 403—407
41. Zu Goethes Götz von Berlichingen. von R. Sprenger in
Göttingen 407—408
42. Programme mit und ohne wissenschaftliche abhandlung.
von Campe in Greiflfenberg 408
3m 33cTlagc oon grtetiri^ ßrctJe« in ßxüunf&fmti^ ift foebcn
{(^icnen imb in allen ^nd^^anblungcn 311 tjahcn:
^uttbett ber (^e^ermaxt
«on
Dr. Wuguft Selbmann/
Q^qmnafial • Xireftor a. ^. , Stitglicbe ntetjrerer gelehrten ©eieQfc^aften.
3tDcite ocrbelferte unb ücrmcljrtc ^ufia^t.
ÖJro6 8. ©c^eftet. '•^Jrci«: 2.80.
2)ic 'i)'^ott)n)enbiflfcit, fc^on mdt) SaVc^fnft eine jnjeitc Stuflage öi
bicjem iöudje ju ücranftaltcii, ift ein 53cn)ci^ feinet 33raud) barfeit, ^^affelf
ift in ber if)at unentbehrlich für aHe, beren 93enif eine 33cjchäftigung mi
jelbftänbiger fehlerfreier 8d)riftarbeit crforbert.
3n ber $a^n*fi^en Suihhanblung in i^annoucr erfc^ien foeben unb if
burcf) olle 33ud)hflnblnngen ju beziehen:
auf ben J)ö^ercn ©c^uteii.
©in freiet SBort ernfter 9Jiahnung on ©Item unb Sc^rcr.
S5on •
Dr. ftarl SSaltmat Slt^tt.
8. geheftet 1 X
)ogle
ZWEITE ABTEILUNG
fÜB GYMASIALPÄDAGOGIK mi> PI£ Ü££ia£N
LEHBFÄCHEB
MIT AUS8CBLU88 DKB CLASSISOaEH PHILOLOOII
HERAUSaEQEBEN VON F&OF. D£. HeKMANN MaSIUS.
MIT WELCHEM BEGHTE NENNT MAN DAS VOLK DER
I GBIECHEN VOE ALLEN ANDEREN VÖLKERN DAS
CL ASSISCHE ?
I Ein« Bchnlredd «tr nachfeier des gpeburtstages fr. maj. des köoi^ Albert
gehalten toh Thbodob Yocwl.
Verehrte und theure anwesende!
Acht tage siad vergangen, seitdem das Saohsenland in ergeben*
«heit und treuer anhänglichkeit den geburtstag seines königlichen
kerrn und gebieters festlich begangen bat. die angehörigen dieser
%hiile, welche ja der überwiegenden mehrzahl nach dem Sachsen-
iflnde entstammen nnd in demselben mit der dem Germanen non
einmal eignen anhSnglichkeit an die heimische schölle ihr engeres
Vaterland liehen nnd ehren, haben sicher nicht verfehlt, der festUchen
bedentmig des 2B april sieh bewnszt zn werden, zum teil wol auch
versnlassnng genommen, an der foiw des tages in irgend einer form
Ml zu beteiligen, trotzdem ist es aber sicher nicht nur hoher an-
crdnung gemftsz, sondern nnr natürlich nnd geziemend, dasz die an-
stalten, in welchen das zukflnftige geschledit herangebildet wird,
ihiB gewohnte thStigkeit nicht wieder aufiiehmen, ohne dasz sie
nachtrBglich als kOrperschaften des jüngst gefnerien fdstlichen tages
gedenken und ihre anteilnahme an demselben formell und feier-
Hdi bekunden, indem dies die unsrige thut in dieser stunde, ist sie
sich lebhaft der Segnungen bewuszt, welche wie das gesammte Volks-
leben, so insbesondere auch die ihr am nttchsten liegende stille
arbeit' auf den gebieten der kunst, Wissenschaft, religion und pftda-
gogik unter dem schütze und regiment des angestammten fClrsten-
M. jahrb. f. phil. u. pid. II. abt. 1878. hfl. 9. 27
410
Warum beuten die Griechen dae dudsche Yolkf
hanses seit jalirliiiiiderten er&hren hat und noch bis auf diese Bimide
je weniger nnser kleines Saterland seit den ^anzroUea
tagen Friedrichs des weisen nnd hnrftbrst Montis an£ den grosMn
gang der weltgesduclite dnreh entfaltong Snsaerer macht einen
stimmenden eiSaflnss hat üben k9nnen, um so erfolgrmdier hat m
anerhanntermassen in diesen drei jahrhnnderten netoi anderen be-
schftfüguugen des friedens die edelste aller arbeiten, die g eiste 8-
arbeit betrieben, die idealen güter der Wissenschaft nnd kamt
gehegt and gepflegt com sogen für sich selbst wie znm h«l d»
grossen ganzen, dem es vor nnn einem jahnehnt als ein dienendes
glied sich angeschlossen hat. was Dentschlaiids nord«, west- nnd ostr
marken in idten nnd neuen leiten nnter der fllhrang entschlossener
und erleuchteter fttrsten zu des Vaterlandes wehr und festigung ge-
than, was das Schwaben- und Frankenland geleistet , die geburts-
und heimstStte so mancher groszer , bahnbrechender geister — wir
werden es dankbar würdigen; aber ich denke, wir dürfen wol auch
mit freudigem Selbstgefühl auf die mitgift blicken, die Saxonia dem
gesammtvaterlande zugebracht hat und noch immer zubringt, dasz
dem so ist, daran bat sicher das angestammte erlauchte fürstenhaus
der Wettiner einen hervorragenden, ruhmreichen anteil von Friedrich
dem weisen und vater August bis herab auf das friedensregiment von
Friedrich August dem gütigen, könig Johann und den ritterlichen
fürsten, der jetzt Sachsens kröne trägt, mit dem tage, an welchem
die Vorsehung diesen auf den verwaisten thron der Wettiner berief,
hat könig Albert, sicher nicht ohne schmerzlichen verzieht auf die
befriedigung persönlicher neigungen das so oft mit rühm tind glän-
zendem erfolg geführte schwert in die scheide gesteckt, um der über-
wiegenden aufgäbe seines Sachsenvolkes, der stillen Medensarbeit,
seine volle fürsorge und anteilnahme zuzuwenden, sein Sachsenvolk
hat allen anlasz , ihm dies von herzen zu danken, qywägen wir so-
dann noch, dasz der lebendige und herzliche Zusammenhang unseres
Sachsenlandes mit dem wiedererstandenen deutschen reiche ganz
wesentlich durch die persönlichkeit unsers allergnädigsten königs
Albert verbürgt ist, der an der begiündung und festigung dieses
reiches persönlich einen so hervorragenden anteil genommen hat, so
werden gewis bei diesem festlichen anlasz unser aller gedanken und
gefühle sich in dem 6inen herzlichen wünsche begegnen: ^gott
schirme das leben seiner königlichen majestät, unseres erlauchten
schutzherm und gebieters und gewähre ihm ein recht langes und
gesegnetes regiment 1'
Die festliche Stimmung dieser stunde, Terehrte anwesende, ge-
denke ich sn benutzen, um eine frage vor Ihnen zu erdrtem, die,
wenn sie auoh in keinem innem Zusammenhang mit der feier dieses
tages steht, doch — hoffe ich — Ihnen der erwfigung bei diesem
feierlichen anlasse nicht ganz unwert erscheinen wird, eine frage,
die man zugleich als eine herzens- und gewissensfirage gelehrter
schulen bezeichnen kann, sie lautet:
Waram Beinen die Griechen das elaituche Tolk? 411
mit welchem reehte nennt man die Hellenen yor
allen anderen yOlkern der gesohichte das clas-
sieche volk?
Fürchten Sie nicht, a., eine langathinige erOrtenmg Ton
einzelfragen, — eine ganz wesentlich mit ftbr die lernende jugend
bestimmte schnlfestrede soll ja keine abhandlung sein, — auch nicht
einen maszlosen paneg3rrika8. liegt doch schon in der allgemeinheit
der fassüng, in der die frage gestellt ist, zugleich eine wesentliche
bfiscbränkung.
Dem Volke der Hellenen erkennt man jenes stolze prädicat der
classicität, d. h. der vorbildlichkeit und mustergiltigkeit in ästhe-
tischer beziehung zu , somit handelt es sich nicht zunächst und von
Yomherein um die classischen schriftsteiler und künstler, sondern um
den Charakter, das leben und streben des ganzen Volkes, von dem
kunst und Wissenschaft doch nur 6ine, wenn auch die edelste er-
scheinungsform sind, der ansieht, die den ruhmestitel der classic! tät
anf dem gebiete der kunst unbeschränkt und ausschlieszlich für die
hellenische kunst in anspruch nehmen will, hat stets, wie ich das
schon von dieser stätte aus bekannt habe , meine innerste Überzeu-
gung, wie andrerseits mein deutsches Selbstgefühl widerstrebt, aber
ebenso unzweifelhaft will es mir wie vielen andern erscheinen, dasz
kein volk der geschichte nach dem gesammteindruck, den es auf den
beschauer macht, und nach der vorhersehenden richtung seiner ent-
wicklung den ruhmeskranz dem Griechenvolke streitig machen kann,
vor allen andern sich entwickelt zu haben nach den ewigen gesetzen
der Schönheit und nach dieser seite hin lehrmeister und vorbild
aller zeiten geworden zu sein, ja, nach den ewigen gesetzen der
Schönheit, denn es zeigen sich in der entwicklung des hellenischen
Volkes die groszen gegensätze der notwendigkeit und f r e i h e i t ,
der einfach^eit und Vielseitigkeit, der unmittelbarkeit
und reflexion, der Sinnlichkeit und geistigkeit zu einer
harmonischen einheit versöhnt, die Verschmelzung aber dieser gegen-
sätze zu einer hökem Synthese, das ist nach meiner Überzeugung, die
ich hei diesem anlasz nur bekennen, nicht begründen kann, hinzu-
tretend zu dem ebenmasz nnd der Symmetrie der form eben: ttstbe-
tische Schönheit.
Notwendigkeit un d freiheit, so lautete die erste der an-
gefiUurten antinomien« 'erst auf dem boden von Hellas ist der mensch
mm menschen geworden,' sagt Hegel und in verschiedenen Wen-
dungen haben tausende seitdem diesen aatz ihm nachgesprochen,
was besagt dieses viel in sich fassende wort? nichts geringeres, als
dasz erst im Hellenentum der menschengeist die schranken gebrochen
bat, die seiner entwicklung in kraft und gesundheit entgegenstanden,
gemeint ist hiermit nicht bloss die schranke des despotismus, die
viele tausende zu willenlosen werksengen eines einzelwillens er>
niedrigt, die der kaatenscheidnng, welche durch die nnnatQrlichen
acheidewttnde; die sie errichtet, ebenso den gesichtskreis derer be-
27*
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•
419 Wttom beiaian da» Orieehen das €liitwc1ie Tolk?
engt, wdeha sie ftusBdüieszt» wie derer, die sie einaohlieeist, endlidi
der prieeterlierBoluifti die swieeheii der gottfaeit und ibra Terehraii
sich als mittelglied und, so so. sagen, geistige zollgrense einschiebt
mit diesen dni werten ist der b«in noch nicht ydl ansgesprochen,
der anf den ▼Olkem des Ostens und des Nillandes lag. fidsMlir
wami diese drei erscheiniingen staatlicher entwickhmg nor aosfllteN
und Symptome des wesentliiäi unfreien TeihlltiJsses, in dem sich^
geisier jener tölker noch zu ihrer Umgebung im weitesten sinne d«
wertes, £ur natur und den yerhältnissen be&nden, in denen sie
lebten, so lange die weit, die ihn umgibt, mit deren erscheinimgen
und Wandlungen er mit tausend fÜhlfftden verbunden ist, fllrdflB
geist nichts ist, als ein gebiet ungelöster rftthsel, so lange er
den grobzartigen wundern der natur mit dumpfem staunen oder
furchtsamem entsetzen gegenübersteht, durch trägheit der gedanken
oder abergläubische scheu davon abgehalten, jene räthsel zu ent-
ziffern, so lange ist der mensch, dieses wunderbare amphibion mit
dem gottesgeiste und dem erdenleibe, unfrei in seinem erkennen,
wollen und fühlen, frei steht er als geist dem reiche der notwendig-
keit erst dann gegenüber (ich rede natürlich hier nicht von freiheit
im höchsten sinne d. h. sittlicher freiheit), wenn er durch die an-
ßtrengung seiner gesunden sinne und des sie ergänzenden Scharfsinns
für das immerflieszende reich des werdens und Vergehens regel und
gesetz, das bestimmende masz und die lösende ziflfer gefunden, sich
somit, wenn auch zunächst nur in gedanken, als beherscher und
gesetzgeber des kosmos hat fühlen lernen.
Nicht mit einem zauberschlage nun hat das griechische volk,
um ein geistvolles bild desselben denkers, Hegels, nachzubrauchen,
das räthsel gelöst, welches die ägyptische sphinx ihm gestellt und
dessen lösungswort kein geringeres war als — der mensch.
Die rohen götterculte der sogenannten pelasgiicben zeit mit
ihren unförmlichen hölzernen cultusbildern, menschenopfern und
sonstigen barbarischen gebrauchen ; die mord- und gräuelgeschichten
der ältesten heroengeschlechter, die plumpheit 'der pelasgiscben
bauten und vielfache traditionen aus der ältesten zeit , die der local-
cultus oder die sammelnde gelehrsamkeit erhalten hat, sind deutliche
fingerzeige, dasz das classische Hellenentum nicht so unvermittelt
und durch ein wunder in die weit getreten ist« wie die jongfrftaliclie
Pallas aus dem hanpte des göttervaters. zwischen den Stämmen, die
dem blätterranschen der eiche von Dodona lauschten, in den ebenen
Thessaliens ihre rosse tummelten, und ypn lolkos aus, wie die sage
meldet, nach einem fabelhaften östlichen goldlande mit ungelenken
schiffen steuerten, — zwischen ihnen , sage ich , und den Vorposten
der kleinasiatischen völkerfiiunilien in Mjsien, Karien und Ljkien
mag ein ebenso wenig wesentlicher unterschied bestanden haben,
wie nach Homers schildemng zwischen den bauptumlockten Achfiem
. einerseits und den sdhnen des Priamos und den fttrsten, die ans den
Städten Kleinasiens zum schütz des heiligen üion znsammeagestritot
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Waram heiszen die Griechen das clasaische volk? 413
»
waren, andrerseits, kennt ja doch Homer weder das wort *barbar',
noch überhaupt eine wesentliche Scheidewand der spräche, sitte und
des Volkstums zwischen den Völkern diesseits und jenseits des ägäi-
schen meeres.
Die Herkuleskraft des hellenischen Volkes zeigt sich vielmehr
darin, dasz es so schnell und so unwiderstehlich die schlangen zer-
drückte, die dasselbe in seiner wiege belästigten, nicht unterschätzt
werden darf freilich dabei die hohe gunst des Schicksals, welche die-
ser entwicklung zur freiheit jedes hemmnis von auszen aus dem wege
räumte, wie begünstigt waren bierin die Griechen vor fast allen
Völkern der geschichte, z. b. vor dem edlen volke der Perser, der
Qennanen Irans, das nnr «a bald dem schlimmen einflusz der Völker
edag, auf deren nacken es siegreich den fasz gesetzt hatte !
Wie schnell in Griechenland das barbarentum dem sich stetig
entwickelnden menschentum wich , das lehrt jeder gesang Homers.
nxEgenda bei Schilderung hellenischer YerhSltnisse eine spur von
despotismna, hierarchischer knechtnng und eigentlich barbarischer
lebensformen, höchstens bei ihm gelegentliche hindeutungen anfeine
vergangene aeit, da ungeschlachte recken sich befshdeten und mord
und entBetaen um sich verbreiteten, ich musz davon absehen , vor
Ihnen damüegen, wie im verlauf der folgenden jahrhnnderte in dem
einen Staate Bpftter, in dem andern firtther, in dem einen durch zeitige
grflndliche nmgestältong, im andern durch allmähliche Umwandlungen
mid nicht ohne Schlangenwindungen das patriarchalische königtum
beseitigt oder wesentlich beschrSnkt^ die priTil^gien der bevorzugten
iltnde abgeschaffi, die reste erblicher prieaterfcttmer Temichtet wur-
den, bis Bchliesalidi in fast allen Staaten hellemscher sunge sich ein
bflrgertnm entwickelte, welches — hier mit mehr, dort mit weni-
ger besdurftnlcnng — gleiehheit vor dem gesetz, freiheit im handel
und waadel, jedem einzelnen audi ein gewisses . masz von einsieht in
den gang der staatsmaschine und einflusz auf denselben gewtthrte«
bis zu diesem puncto ist das römische volk in seiner entwicklung
dem griechischen gefolgt; auch der Qnirite war ja in staatsbflrger-
lidier'beziehung fjrei wie nur je ein Athener in der zeit der aus*
gebildeten demokratie. aber die Unduldsamkeit eines stark aus-
geprägten Patriotismus, einer eigensinnigen yolkssiite und be-
ichrttnkter volksansehauimg lag als ein bann auf der gesammtheit
wie auf jedem einzelnen, anders in Griechenland, selbst im rauhen
Sparta, wo das leben fast noch mehr als in Rom eingeengt war durch
gesetze, war wenigstens der gedanke frei und das wort; ja es wurde
dort im lande der strengsten Unterordnung die spräche kecken frei-
muts und scharfer kritik mit besonderem Wohlgefallen gepflegt,
sprechen wir aber von Athen, Korinth, den inseln, den städten
Kleinasiens, so müssen wir sicher sagen : in erstaunlich hohem masze
hatte daselbst jede kunst, jede forschung, jede regung der geister
ihren unbeschränkten Spielraum, freilich ja nicht überall und zu allen
Zeiten gleichermaszen. aber Verfolgungen und verketzerungen wegen
414
Warum heuzea die Griechen das claiiskche Tolk?
unbequemer wissenschaftlicher lehrs&tze oder unliebsamer dichteri-
scher ergübse sind bei den Griechen ebenso vereinzelt, als sie bei den
Römern unausbleiblich erfolgten, sobald ein werk nicht den censur-
stempel der patriotischen gesinnungstüchtigkeit auf der stim trug
oder der herschenden sitte gegenüber anstosz bot. ich spreche nicht
von maszregelungen Seiten der macbthaber, nein, von dem mora-
lischen drucke, den in Rom die öffentliche meinung auf den einzelnen
ausübte, in Griechenland verdammte die Öffentliche stimme und das
gesetz nichts — als das pasquill und die blasphemie; aber auch diese
gab man bis zu einem hohen grade frei in der festlaune des Diony-
sienfestes, wie jedes stück des Aristophanes sattsam beweist, die
geschichtsschreiber übten kritik, wie es ihnen genehm war, die dich-
ter verherlichten und verspotteten wen und was ihnen in den sinn
kam, die philosophen besprachen die delicatesten fragen mit freimnt
auf offener strasze und oft in einer weise, die sehr geeignet war
'basz und Verachtung' gegen das bestehende regiment zu erwecken*,
jeder Sonderling trieb seine liebhabereien und warb ftir sie anhänger;
die öffentliche stimme sah darin nur die ausübung des jedem ein-
lelnea sastebenden rechtes freier selbstbewegimg. processe wie die
des Anaxagorasimd Sokrates sind kein beweis gegen die aofgastellte
behauptong; denn anerkanntermaszen fielen beide als opfer erregter
politischer parteileidenächaft, nicht aber eigentlich ab ketzer auf
dem gebiete des geisteslebens. w«nn den hervorragendsten scbrift^
stellem Athens die begeistemng nicht verübelt wurde, die sie für
Sparta und seine institutionen bei jedem anlass an den tag legtet,
wenn nicht selten die politischen gesinnnngsgenossen der einzelnen
Staaten ihre Sympathien &kt 'die partei' über die Vaterlandsliebe setz-
ten, sich über die landesgrenzenwol gar in nahem hoehverrfttherischer
weise die band reichten, so wird man zugeben müssen, dasz hiermit
entschieden die grenzen überschritten sind, innerhalb derer selbst
ein modemer staat dem denken nnd fohlen seiner angehttrigen freies
spielranm gewShren kann.
Und doch wunderbar! trots dieses reichen masses geisti-
ger freiheit macht die entwicUung des Ghriechentmns von anfang bis
EU «ide anf den betiacfater &st weniger noch den eindmck der frei-
heit als der notwendigkeit. jeder stamm, fost möchte man sagen,
jede Stadt spiegelt die natOriidien veriiilinisse wieder ^ Ton der sie
umgeben war. die hohle Lakedaemon mit ihrer landschaftlichen ab>
geschlossenheit, Arkadien mit seiner alpenweit, BOotien mit seinen
sümpfen nnd bleieniem himmel, Delphi mit seinem majestfttisohr
erhabenen felsentheater — haben sie nicht einen gana bestimmteii,
charakteristischen Stempel den menschen anfgedrttdct, die diese stSt-
ten bewohnten? — Konnte Sokrates den Athener verleugnen, so
sehr er auch geistig über der bürgerachaft stand, in* der er tobte?
rollt nicht das^ schwere blnt des Bitotere auch in Pindars adem? ge-
mahnen uns nicht in den dichtnngen Theokrits abgesehen Tom dialekt
zahlreiche Wendungen und anspielungen an seine dorische heiDii
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Warum heiszen die Griechen das classische volk?
415
m fernen westen? es ist schon oft ausgesprochen worden, dasz sich
Jriechenlands culturgeschichte fast a priori entwickeln lasse , wenn
Dan eine genaue kenntnis der locale, der stammcharaktere und der
mfönge ihrer entwicklung besitzt, z. b. die geschichte der griechi-
ichen litteratur fügt sich so natürlich den fachwerken des systemati-
kers wie eine andere irgend nur annähernd, so leicbt, dasz man oft
denken möchte, sie sei nur die bewnsste dnrchfUhrang eines im tot-
ans ÜBstetehenden progiamms gewesen, nur sehr seit^ sprttnge und
barodcee beranstreten ezeentrisoher köpfe ans dem rahigen gange
der entwieklnng; im allgemeinen vielmebr alle, auch die erlenofatet-
sten nnd originellsten geister im wesentlichen zusammenbange mit
der schoUe, der sie entstammen, wie mit der eulturstufe, der sie an*
gehören, wttbrend unser deutscliee yolk in seiner eigenart von Yom*
herein sich gestört sab durch die latrfniBobe kirche in seiner mitte,
die einwirkung römischer gelehrsamkeit und die welschen einflüsse
von jenseit seiner grenzen, so dasz erst nach der geistigen arbeit
langer Jahrhunderte das fremdartige mit dem eigenartigen bis zu
einem gewissen grade zu einem einheitlichen ganzen verschmolz,
reichen Homer, die lyriker, Sophokles, Euripides, Aristophanes und
Menander sich die bände zu einer stetigen kette wie die ionischen
naturforscher und ethnographen dem Herodot und andrerseits den
ältesten naturphilosophen, wie endlich Phidias dem Polyklet und
Praxiteles, und ebenso harmonisch ist das bild, das der querdurch-
schnitt der einzelnen culturepochen uns bietet, das ist aber eben
auch das geheimnis des wahren kunstwerks, nach der einen seite
hin frei und originell, wie ein schöpfungswunder, nach der andern
so notwendig in seinem werden und sich entwickeln aus der zeit, in
der es entstanden ist^ dem lebensgange des schaffenden künstlers
endlich auch ans sich selbst heraus wie eines der gewMmlichen natur-
dinge, die uns umgeben«
Veber die einfaohheit des griechischen lebens — das war ja
der nScbste gesichtspunot — heätak es vieler worte nicht, dasz sie
das wesentlichste untersdieidnngsmerkmal von modernem und anti-
kem und ein ganz besonderes merkmal wiederum des hellenischen
Volkslebens ist, erhellt bei der fluchtigsten betrachtung. nirgends
bei den Hellenen grosze staatenkörper, meist bloss festere oder
lockere städtebunde. diese städte selbst aber alle von bescheidenem
Tunfang , die gröszte nicht umfönglicher als die hauptstadt unseres
kleinen Vaterlandes, die mehrzahl kleine landstädte. daher aller
orten, worauf neuerdings in einer seiner köstlichen festreden der
geistvolle Ernst Curtius hingewiesen hat, einfache, übersichtliche,
plastisch - abgegrenzte lebensverhältnisse , einfache Verwaltung, ein-
fache geselligkeit, einfaches Verkehrs - und geschäftsieben, mnemo-
nische talente wie Themistokles konnten leicht jeden bürger mit
Hamen nennen, achtsame feldherrn die persönliche tüchtigkeit eines
jeden Soldaten beurteilen lernen, und der hund des Alkibiades ver-
QUMihte das ganze kleine Vaterland in auiregung zu versetzen, das
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W«nim heisMii die Griedun das diariiche Tolk?
iaknt waxd leicht dnrdi die vednerbObae imd den geriehteaal dar
ganzen gemeinde , bei gelegenbeit der naüonakpiele allen Hellenen
bekannt, die gewandung leicbt nnd einCacb, aus wenigen stücken be^
stehend , die des reichen von der des armen in der guten zeit fast
nur durch die feinheit des Stoffes, die des beamten von der des pma-
ten kaum durch ein geringes abzeichen sich unterscheidend, ebenso
einfach die volkssitte vom tage, da das kind den namen erhielt uad
in die gemeindeliste eingetragen wurde, bis zur Sammlung der asche
in die urne — in allem das gerade widerspiel der mittelalterliclien
verscbnörkelung des daseins durch pomp und ceremoniell, titulaturen
und Privilegien vom gevatterstehen bis zum leichenschmausz. die
Wohnung behäbig und möglichst isoliert von anderen auf ebener erde
sich ausbreitend, in ihrer grundform ebenso wie der göttertempel
und daü archeion bis in die späteste zeit noch an das schlichte block-
haus erinnernd, das auf abgekoppten baum^tfimmen ein flachgieb-
liges dach trug, durchaus entsprechend den bedürfnissen eines Vol-
kes, das vor allem ruhe und schatten in seinen Wohnungen suchte,
imd ebenso in der kunst, dem idealisierten spiegelbilde des lebens,
drei Schauspieler gentigen dem drama, ein paar gestaltengruppen
genügen zur ausschmückung eines palastes und tempels, einfache
Stimmführung genügt im allgemeinen der musik, die künstliche
harmonische verschlingung nicht kannte; eine ganz bescheidene an-
wendung der perspective in der maierei, die in der hauptsache da-
mit zufrieden war, gestaltengruppen auf einfarbigem grund zu malen,
und ebenso hat, wie männiglich bekannt ist, philosophie, geschichte
und beredsamkeit das gröszte erreicht mit den denkbar geringsten
mittein.
Und doch ist das Hellenentnm nicht monoton« macht anderseits
wiederum nach allen Seiten hin TiaUnehr den eindrack gröszter
mannigfaltigkeit,ja üppigsten reichtums . und kein wunder, da
alle entwicklung durchaus individuell war, dasa bei aller gleichartig-
keit der grund typen doch aller orten frisches reichea einzelleben sich
zeigte, wie der boden von Hellas auf lfVnfr^qr> flttchannuim die grösUa
abwechalnngen bietet, — lachende Auren, rauhes ackerland, ragende
beigspitEen (wie den Pamass von der höhe des Urirothstocks über
dem Yierwaldstädtersee und die arkadischen gebirge, deren höchste
apttie die paszhöhe der Schweiaeralpen erreichen)» hart daneben
sonnige gestade und blaue meeresfluthen und um ctoaviolgegliedertt
fesÜand herum eine fülle lieblicher eilande, — ebenso reiche ab-
Wechslungen boten die menschen, die jenen begnadetem Winkel der
erde bewohnten, als ob das princip der teilnng der arbeit proda-
miert worden sei , hat schier jeder winkel des Tielbndbtigen landes
seine besondere Industrie und technik, seine besondere diebtang^
seine eigentümlich gefärbte kunstricfahmg» gar sieht sn sprechen
Yon den unerschöpflichen Tariationen dorselben gemeinsamen grond*
anschauungen in staatsformeii,gOttersagen,brinchen und traditianes.
man durchwandere nur einmal in einem museum, s. b. demBerluiflK^
Warum hei&zeu die Griechen das classische Yolk? 417
den ägyptischen saal mit seinen mumienkästen, Sphinxen, gehörnten
Ammonsbildern undschakalköpfigengöttergestalten; den semitischen
mit den immer wiederkehrenden geflügelten löwen, den steifen
männergestalten mit gelocktem harte und ragender tiara usw. und
trete dann ein in die hellenischen säle. welcher contrast des reich-
tums der motive zu der monotonie des vorher gesehenen! noch
hervorstechender ist aber diese Überlegenheit nach seite der mannig-
faltigkeit auf dem gebiete der litteratur. was hatten Babylon, Tyrus
und Memphis von litterarischen erzeugnissen aufzuweisen, als Alexan-
der der gTosze siegreich in ihre mauern einzog? königsannalen,
priesteraufzeichnungen, rohe cultuslieder, geodätische und astrono-
mische Protokolle, dürftige anfange der geschichtsschreibung ; denn
die litteratur des Judenvolkes schliesze ich der kürze wegen von der
besprechung aus. in betreff der Griechen aber ist es kürzer die frage
umzudrehen: 'welches gebiet des wissens und geistigen Schaffens
hatten diese damals noch nicht angebaut?' die antwort wird lauten:
auch nicht 6iiie8, denn wenn auch der ausbau einzelner fach Wissen-
schaften späteren Jahrhunderten vorbehalten blieb, die grandsteine
aller waren bereite gelegt, und der bauplan für sie von scharfsinnig
gen Philosophen und philosophisch gebildeten fachmttmieni bereite
entworfen, eelbst die dem hellenischen geiste fem liegende juris-
pmdenz, soweit eie philoeophisch ist, niclit auegenommen. der
treuste gradmesser des gedankenreiehtoms eines volkes ist seine
BpiAche, ein untrüglicher, glaube ieb, wenn man die culturlehnwörter
Mwcheidet und nur den teil des wortsohfttsee in betracht zieht, der
eines Volkes individuelle ideen und anschauungen ausdrückt, ist
nidit die grieohische spräche nach seite ihres reichtums die königin
iiier sprachen nach dem urteile allerkundigen? drei wesentlich ver«
Bchiedene dialekte hat das hellenische volk nicht blosz aasgebildet,
sondern anch Jahrhunderte hindurch neben einander im gebrauch
gehabt und lifelenuisoh verwendet* und doch grenzten die epraoh-
gttbiete so nahe an einander, dass ein tüchtiger wanderer vom ioni«
Miien Athen in Einern tage in das ftolische wie in das dorische sprach-
gobist gelaogen konnte 1 sodann — weldie unerschöpfliche ftUle ab-
geleitete uiä susanunengeeetster wOrter , sinnreicher namen, wohl«
ievtender abetraota usw. I und nirgends abschlusz und erstarrung,
wie soUhe sogar Mhaeitig bei den armen BOmem eintrat, sondern
ftbeMll flnsz und frische triebkralt, so dass der vorhandene sprach-
sdiits sich leicht hAtte Tersehnüftchen lassen durch Weiterbildungen
niMih den vorhandenen analogien, wenn die überreiche spräche dessen
bedürft hfttte. kurs so ein&ch und einheitlich jede lebenserscheinung
des HeUenentums an sich ist, so reich und mannigfaltig ist der ge-
MBuntemdrudc seiner entwicldung, wie ja auch die susammensteU
big von taasendm an dch einihcher und unscheinbarer mosaikstein-
<te «in farbenreiches, durch die fOUe der gestalten ftMehides ge-
ttnuntbild gibt* und die zahlreichen kleinen bilder im epos sich
*QssimnenfÜgen zum weit- und zeitbild.
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418 Warum heiszen die Griechen doa classiacbe volk ?
Zu einer einheit fand ich auch zwei weitere gegens&Ue im
Hellenentum verschmolzen : naivetät und reflexion.
Auf die frage: ist das Hellenenvolk vor anderen Völkern des
altertums naiv? antworte ich ja und nein, je nachdem man das
wort naiv definiert, wenn man als wesentliches merkmal der
naivetät eine unvollkommene auffassung der Verhältnisse hinstellt
und den bauplreiz derselben in dem wohlthuenden contrast der
manneseinsicht mit der kindesillusion siebt, so ist das Griechentum
meiner ansieht nach weit weniger vorhersehend naiv als das Römer-
tum der alten zeit und das mittelalterliche Germanentum, der pflug-
ftlhrende Cincinnatus, der rübenspeisende Fabricius und die andern
dunkeln ehrenmänner jener zeit — sie würden gewis jedem Griechen
unendlich naiv erschienen sein, wenn sie je ihren plumpen fusz in
das gebiet des hOhern geisteslebens zu setzen gewagt hätten, etwas
naiveres als die schriftstellerei des alten Cato Ittszt sich nicht denken. |
sobald er einmal nicht zur sache redet und mit seinem ^cetsram
censeo' sich in das reich des nicbt-tastbarm verirrt« zeigt er dk
liebenswürdige beschränk theit eines alten sehnlknaben. ähnliches
läszt sich, glaube ich, behaupten Toa so manchen mittelalterlichen
geistesproducten niedem ranges, den reimchroniken, den bearbei- ;
tnngen antiker sagen vu dgl., wenn man die dort gebotenen schilde*
rongen und ersählongen mit dem wirklich seienden und geschehenen
vergleicht , wenn man sich fragt , in wie weit jene geistesproducte
ein in sieh klares nnd befriedigendes Weltbild bieten, dasz das els-
ment der naivetftt aneh in der grieobischen littentor sattsam yv'
treten ist, soll ja nieht im mindesten geleugnet werden, tkhet wm
beispiels halber den Homer snm Horner nnd filraten der Epikor
macht, ist, meine ich, nicht in erster linie seine naivetät, denn das
ist der gemeinsame grondtng aller wabren TolksdiebtOQg, sondem
eher das gegenteü: ^die mit solcher kmdliohkeit ferbnndiiane Usie
nnd gereifte reflexion. die zeit, die seine geslage uns schildern,
ist ja eine ein&ohe nnd kindliche, die sitte noch eine nach allen
Seiten hin natflrliehe, aber fragen wie die: was der mensoh anf disiei;
erd^ will nnd soll, elie er hinäsinkt zn den kraftlosen sehatfcen der
Unterwelt, was der untertban dem fürsten sobuldig ist, welche rechts
dem gemeinen zustehen, der in der yolksrersammlnng vor kOnig und
versammelter ritterscbaft das wort erbebt, was stSdte blflben msefat
nnd die sehifi&hrt fordert, wie Verträge zu scbliessen sind und wohn-
liebe hSuser anzulegen, werden bei Homer ebenso einfach sls Usr
nnd verständig erOrtert. dem entsfaeehend ist auch bekanntlich ssm
olymp nicht ein durcheinander ne^lbafter gOttergestalten, senden
eme so wol organisierte monarchie, dasz die Vorgänge im himmsl
ebenso gesetnnäszig und motiviert vor sich gehen, wie nur im wei-
ten Troja nnd auf dem felsigen Ithaka. den hellen köpf und die
scharfe aufiiassungsgabe des loniers , des kundigen und wanderlosti'
gen, verrttth die klare landschaftsschilderung, das sinnreiche geweba
der unzähligen genealogischen zusammenhänge, endlich auch die
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Warum heiszen die Griechen das clasaische volk? 419
iftlnstlich verschränkte anläge beider gedichte. und wie schildert
Homer z. b. die irrfahrten des Odysseus? nichts von Zauberschlössern
aus gold und edelsteinen, von unerhörten thiergestalten, von bergen
aus marzipan und seen goldenen weines. Scylla und Charybdis und
die käsewirthschaft Polypbems , die insel Dreispitz mit den rindern
des Sonnengottes und das Schlaraffenland der Phöaken, die äolische
insel und das land der lotosesser mit seiner gefährlichen frucht, —
alles is^im einzelnen so natürlich und realistisch ausgemalt, dasz
man schon im alter tum die Schilderung ganz bestimmter örtlich-
keiten und wirklich vorhandener oder vorhanden gewesener Verhält-
nisse darin bat finden wollen. — Was soll ich vollends sagen von
der ntLchteraen Verständigkeit Hesiods, der in einer zeit, da die
menschheit anderwärts nicht viel über das erste kindheitslallen
binaas gekommen war, mit fast greisenhafter reife über tagend und
hster, acker- und feldbau gute lehren gab? und die von ihm ver^
treteae richtung ist keine dem geiste des Hellenentums fremdartige,
der gesunde realismns, der die dinge anffosst und darstellt , wie sie
smd, die Schaulust und der trieb zum einsammeln vielfacher künde
in der nähe und ferne sind dem griechischen geiste ebenso eigentüm-
lieh und charakteristisch für ihn wie die naturwissenschaftlichen und
sonstigen gelehrten Studien einen wesentlidien bestandteil im gei-
stesleben Goethes bildeten, die griechische spruohpoesie, die fabel,
die refleetierende elegie, die so frtthseitig sich entwiekelnde prak-
tische Philosophie, die zi^hlreiohen didaktischen elemente in tragOdie
und bnnQdie beweisen ebenso wie auf der andern seite die so bald
heryortretende neigung zu naturwissenschaftlichen foraohusgen und
nr beobaditimg fremder yOlker und aitten, dass tflchttge Verstands«
arbeit bei dem Griechen treulich band in band gieng mit dem spiele
der Phantasie und d^ regnngen des gemütes. daher auch die weise
beechrSnknng und bedSchtigkttt in aiUen gattungen der kunst, daher
das Tidgeriibmte ^masz' der antiken kunst. denn klar und unleug-
bar isti dasz den Hellenen zu dem schönen ebenmasz, der daaaiscben
nhe in der darstellnng aller körper- und Beelenbewegung nicht bloss
aön üun gebildetes schdnheitageftlhl, sondern ganz yomehmlich auch
der bä allen semenproductionen als hauptibotor mitwirkende klare,
besonnene t erstand yerholfen hat, jener Märe Yeratand, der
ebenso wenig freude an schwebenden, unbestimmten gemtttszustSn-
de& wie an ttbermä&zig exaltierten Stimmungen fiuid. daher auch
die kälte der antike, die zunächst wol jeden anfröstelt, der an sie
beraniritt mit modernen empfindungen, mit der Sentimentalität, die
Ikber die grenze des sinnlich darstellbaren in das gebiet des schauens
und ahnens hinüber geleitet sein will, darum wird ja im allgemeinen
weh selten die moderne jugend zum vollen genusz der antike ge-
langen können, wie sie nur selten zur vollen Würdigung des ganzen
Goethe kommt, die Wallungen überquellender begeisterung und
leidenschaft müssen dem modernen menschen fremd sein oder hinter
ibm liegen, wenn aus den kalten marmorleib ern der museen wie aus
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420 Wanun heiäzeu die Griechen das classische volk?
den oft so kühl gehaltenen Schilderungen groszer dramatischer mS-
mente bei den dichtem und geschichtsschreibem der Hellenen eine
gewisse wärme ihm entgegenstrahlen soll , die das ruhige herz mit
Wohlbehagen und reiner freude erfUüt, das stürmische beruhigt and
reinigt.
Dieses vielbewunderte und nie genug zu bewundernde masz,
das allen lebenserscheinungen der Griechen den Charakter einer ge-
wissen plastischen begrenzung und ruhe gibt, macht aber denaoch, so
sehr dasselbe durch verständige reflexion bedingt ist, wenigstens
mitbedingt ist, entschieden mehr den eindruck des unbewusten, un-
mittelbaren als des be wüsten, mit einem frischen: 'hie bin ich, wie
ich bin, so nimm mich denn hin', tritt jedes griechische kunstwerk
der guten zeit uns entgegen, der plastiker will nicht maier, der
histoiiker nicht dramatiker, der philosoph nicht dichter, der San-
guiniker nicht grübler, das weltkind nicht heiliger sein, g'egen ge- I
machtes wesen, tendenz und geflissentliche Schaustellung hatte der
. Grieche eine instinctive abneigung, wie andrerseits bekanntlich gegen {
alle graue theorie. dämm steht ja auch Aristoteles mit seiner ab-
Straeten Philosophie ebenso wie die streng methodische Wissenschaft
an der grenzscheide, beziehentlich weit jenseit der grensscheide der
nationalen blütezeit. noch Plato hält daran fest, dasz eine mitteilong
der tngend viel wirksamer durch ästhetische cultur der gefühle, be-
sonders durch stunmungsvoUe mnsik erfolge als durch unterweisende
belehrung , wenn er auch dem nationalen satze, dasz die dichter und
künstler die berufenen l^inneister des volkes seien und sein mflsten,
nicht melir aus YoUem herzen beizupflichten vermag, nattlrlich und i
zwanglos entwickeln sich seine tiefsinnigsten philosopheme in der
form des leichten dialogs. so viel als mSglich wird von ihm die
Übersinnliche Idee durch sinnlidie bilder veranschaulicht und d»
verhaszte graue theorie mit dem sehmucke fiurbenreiofaer sohrlflstd-
' leriBcher bebandlung ttberkleidet. statt alles weiteren auch hier bot
noch einen kurzen blnweis auf die spräche der Hellenen, hm
kunstvoll verschrSnkten, pomphaft einhersohreitenden pexioden, ver-
hSltnismAszig wenig rhetorische •kunstmittel — selbst bei den led-
nem — ; vor allem aber bei ihnen kein pedantisch festgesetster,
in gewissen formen erstarrter sprachgebranch, der die geister aa-
nfthemd so tjrranisiert hfttte, wie der der rOmisohen 'dassiker' die {
mitweit und naohwelt: vielmehr nacih allen selten bin rolle natftr*
lichkeit und zwanglosigkeit. wie die gedanken nach einan-
der in der seele sich ablOsen, kommen sie zum sprachlichen ane-
druck; eine gewisse IBssige, behagliche breite kennseichnet die grie-
chische prosa wis die Goethes; vor allem aber macht diese fast stete
den ein^ck des natürlichen, ungezwungenen, oft an den volkstea
anklingend und kleine nachlflssigkMten si^ ungeseheut gestattend.
Vermöge ihres formen- und partikelreichtnms schmiegt sich die spradie
jeder Wendung des gedankens an, wie ein kölsches gewand der k5r-
perform, die wuchtige länge von einer reichen fülle kurzer silben
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Warmn Heissen iid Gdeoken das eUusitohe Tolk? 421
*
wie Ton springenden wellen mnhüpft , daher selbst bei dllifkigkeit
der gedanken durch die 'himmlische musik der werte' fesselnd, —
gar nicht zn reden yon dem musikalischen Zauber der dichtersprache,
die ja so reich entwickelt war, dasz sie neben der prosa schier da-
steht, wie eine ganz andere spräche! daher auch die unverwüstliche
lebe n skr aft jener spräche, die rhetorischen effectmittel der Römer
nutzten sich alle fünfzig jähre ab , bis man zu guter letzt nach 100
jähren blüte und weiteren 100 jähren nachblute, an allem über-
sättigt, zur rohheit der ältesten zeit wieder zurückkehrte, die grie-
chische spräche dagegen hat bis in die späte byzantinische zeit hin-
ein in staunenswerter weise ihre wesentlichen eigentümlich keiten sich
gewahrt, diesen jugendreiz, diese bis in die spätesten zeiten be-
wahrte jugendkraft verdankt aber das Griechentum auch noch einem
andern factor, ich meine seiner in dem gleichgewicht von Sinnlich-
keit und geistigkeit begründeten gesundheit. und damit komme
ich auf den letzten punct, für dessen erörterung ich Ihre gütige auf-
merksamkeit noch auf ganz kurze zeit in anspruch nehmen werde.
Weil der Hellene — abgesehen von einigen tiefsinnigen Philo-
sophen — den zweck des lebens im diesseits suchte, das Schatten-
dasein in der unterweit daher nur trauernd eintauschte gegen das
leben in fleisch und blut, war für ihn, im allgemeinen zu reden, der
körper nicht die beengende puppe des himmelsschnsüchtigen seelen-
schmetterlings , sondern die auge und gefühl erfreuende sinnliche
anszenseite der seele, das plastische abbild des inwendigen, einen
tiefgehenden gegensatz von fleisch und geist in der abstracten fas-
sung der jüdisch -christlichen Sittenlehre kannte das Griechen volk
ebenso wenig als den zwischen weit und der gemeinde der heiligen,
es liegt mir nicht ob, diesen standpunct zu kritisieren^ es gilt nur,
ihn zu constatier«!!. inwieweit die religiösen culte die blicke der
gläubigen auf ein anderes dasein hingelenkt, inwieweit insbesondere
die mysterien neben ihrer Symbolik auch tiefere Überzeugungen nach
dieser seite hin yerbreitet haben, läszt sich schwer feststellen, jeden-
falls musz man wol sagen, dasz die platonische anschauung, welche
die materie (wenigstens in einem gewissen sinne) als hemmnis des
geistes ansieht, nicht die allgemein hellenische war und — charakte-
ristisch genug! — auch bei diesem denker nicht zom hraeh mit der
Sinnlichkeit geführt hat. dasz gestalten wie Diogenes im fasse den
zeil^nossen nicht ehrwürdig, sondern lächerlich waren, beweist
schon der beiname, den diese philosophendasse trug; zugleich ist
zu betonen, dasc anch die askese der cyniker nicht sowol den charak-
ter der grandsfttzlicben fleischabtötnng trug, sondern viel mehr den
bizarrer liebhaberd. ich brauche nii^t hinzuweisen auf den hohen
wert, den ganz Hellas auf körperkrilftigung legte; daflOr spricht ja
laut die grosse Schätzung der gymnastischen Übungen und die hohe
anszeichnung, die dem si^ger in den grossen nationalspielen bis an
Behl lebensende zu teü ward. kOrperlidie misgestaltung, zumal mit
Ungeschick gepaart, machte verächtlich, es bedurfte eben des ganzen
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428 Waram heiiieii die Grieohea das clatmich« Tolk?
gagvngewiohts bervomgvnder geistiger bedeatnng, um die wleb-
Uohen siime des HeUenen mit dem häikeii des AgMdlaas^ dem stm-
mela des Demostbenes imd der stnmpfiiMe des lUenenhafton Soknteg
«aamsObaen« so sehr wsr laaii gewISlmt, lelderfireie kOrper un sidt
tu sehen, und geneigt, ungünstige rflekschlfisee Tom nnsehOnenkSa^
per Ulf die seele in msehen. daher anch die aristokratisehe eiaantig^
keit der griechisohen Sittenlehre, die über gebühr neben der sehOBci
gesinnnng die sebdne form der bandlnng betonte, der sdave, der
stanbbedeckte gebfiekte bandwerksmann, der krlmer im sddeehieD
kittel erschien hat nnftbig der tagend, zn der notwendig das moant
der noblesse (iCMiXoKdTaMDt) gehörte.
Dem entsprechend war das yerbflltnis der Hellenen za aUsn
dem, was mit dem worte Sinnlichkeit sasammengefust werden ksan.
alles was das dasein behäbig nnd erquicklich niadien kann, nieht n
▼ergessen das süsse &r niente des wohlhabenden, andi freimd- nsd
g($nnerschall mit eingeschlossen, spielt neben dem idealen eine gnne
rolle Ton Homer bis su den spitesten diehtem der Anthologie, dar
kopfschmers des beeres der 10,000 nach dem genösse des datM-
weins war dem Xenopbon eine bemerkenswerte tiiatsache , wtiiroid
er gleichgültig Yorttbergieng an den minen von Niniveh; derselba
Schriftsteller — um nur auf bekanntes hinzuweisen — sieht sidi
gemüszigt unmittelbar nach dem heldentode des Artapates kübl-
nüchtern alle kleinodien zu beschreiben, die jener bei seinem tode
an sich trug, in den ergreifendsten momenten seiner erzählung ver-
weilt der treuherzige Herodot bei der Schilderung sehr trivialer und
profaner einzelheiten , und seine leser nahmen daran gewis ebenso
wenig anstosz, als nachweislich der athenische demos am satjrdrama
nach der tragödie, am opferschmaus nach dem heiligen acte des
gottesdienstes. der ideale heroismus des germanisch - christlichen
herzens, der ohne hab und gut reich ist, räum zu haben glaubt in
der kleinsten hütte und mit einem groszherzigen freunde an der seite
ein Jahrhundert in die schranken fordern zu können sich vermiszt,
würde kaum den leidenschaftlichen Aeolern verständlich gewesen
sein und dem spotte des Aristophanes ebenso sicher verfallen sein
wie die 'himmelwandelnde' philosophie des Sokrates.
Wenn man überhaupt tiefe der reflexion und des empfindens
im germanischen sinne faszt und dabei denkt an die fülle gottes-
truukener gefühle und heiliger geheimnidse, die den Germanen alter
und neuer zeit der stille tannenwald, der alpensee, die meereswoge
und das stillleben der ländlichen flur zugeflüstert hat, so wird man
bedenken tragen müssen, die bedeutendsten griechischen geistes-
producte mit ziemlich bescheidenen erzeugnissen unserer litteratur
und kunst auf eine linie zu stellen, je weiter das Griechentum sich
entwickelte , um so mehr schrumpfte ja das riesenmasz der götter
leiber und heroenges talten zusammen zum ideal-schönen menschen-
körper-, um so mehr schwand das nebelhafte, wunderbar-erhabene,
bis zuletzt das ganze Universum, himmel, erde nnd Unterwelt, init
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Warom li«»B«a die Griechen das dasnaohe Tolk?
423
liebenden und hassenden, handelnden und leidenden wesen an^ge*
füllt war, die alle nach dem bilde des menschen geschaffen waren«
auf den ruhrn einer erhabenheit Tcrzichtend, weläe über die den
mensehen gelSnfigen loxmen und masse hinausgeht und loletzt im
g^eheimnisTollen grau der nnendliohkeit sich yerliert, hat die helle-
niache dichtinmst im sdiwesterbond mit einer für alle aeitalter
mastergttltigen plastik sich dem ideal der sohOnheit angewendet
und scldeszlich in ihr — der vollen harmonie nndineinanderbildnng
▼on geist nud form — die vollkommenste darstellung des absolnten
gesacht und geftmden. so entstand jene weit nnvergänglichür ge-
stalten der dichtnng wie der bildenden knnst, jene idealweit der
mythologie und heroengeschicbte, die bis auf diese stunde die symbol-
spräche der gebildeten menschbeit geblieben ist.
Aber, dank dem berrlichen klima, der einfacbheit der yerhftlt-
nisse und der dem Hellenen volke eignen groszen genügsamkeit , die
sorge für das leibliche bat weder die zeit noch die seele des Hellenen
ausgefüllt, zumal da die sorge für die profanen bedürfnisse des lebens
nur all zu sehr auf die schultern der sclaven und frauen gewälzt zu
werden pflegte, was von einem andern standpuncte aus ja als eine
kehrseite des griechischen lebens bezeichnet werden muaz.
Einer Scbillerschen Weltanschauung gegenüber nennt man viel-
leicht mit recht die Hellenen nüchtern und realistisch; vergleichen
wir aber Athen (das war ja doch die metropole von Hellas und kein
begabter köpf der blütezeit war denkbar, der nicht mit einem tropfen
athenischen Öles gesalbt war) , vergleichen wir Athen mit Babylon,
Memphis, Sidon und Rom, so müssen uns die Hellenen ebenso wie
nach anderer seite hin die Hebräer als die Idealisten des alter-
tums erscheinen, haben sie doch auch das los der idealisten erfahren
von anfang bis zu ende, hat Sparte trotz allen heldentums, aller
schwarzer suppen und Eurotasbäder je die ganze Pelopsinsel sich
unterworfen? hat Milet, hat Athen eine dauemde herschaft zur
See sich errungen ? hat Griechenland den vielbesprochenen heiligen
kreuzzug gegen die Zerstörer seiner tempel, die Perser, in dem um-
fange, wie er wol geplant war, zur ausführung gebracht? ist nicht
nach kurzer gegenwehr das hochgebildete Hellas dem anprall zweier
halbbarbarischer Völker, der Macedonier und der Römer, erlegen?
haben nicht weiterhin die Hellenen unter der herschaft roher pro-
consnln wie an den höfen der römischen patricier jahrhunderte hin-
durch sich zu der unwürdigsten rolle, die sich denken läszt, be-
quemen müssen, bofineister, spaszmacber und litterarische domesti-
ken der rohen enkel des Bomulus abzugeben ? aber dafür war ihnen
auch der poetenanteil zugefallen bei der Verteilung der lose, be-
nachteiligt, besiegt und bedrückt, hat die hellenische nation die
hegemonie iin bereiche des übersinnlichen überall behauptet, wo sie
mit andern nationali täten in berührung kam.
Ihre cultur hat Macedonien, das halbe Perserreich überwältigt
nnd zuletzt über das sif^eiche Bömertnm einen triumph davongetra-
424 Warum heiaten die Grieehen das clawischa toHe? I
gen, der hmiderl der Börner anfwiegt die HeUeneii Binddi» I
eroberer auf dem felde des gedaakens wie die Btoer auf dem der 1
ihat! geadelt dnroh die deiünreise, die — wie Hont sagt— km 1
gei2 kennt, als den nadi ehre, beseelt insbesondere Tsn dm OB* I
eigennfltsigen Wissenstrieb, der den lolmwissenidialttieheBto |
in der erkointnis des walwen findet, bat Oriedienlaad niefat nnrdn ^
groBien ftigen nach dem wober, was and wozn aDes seieiidai n
einer reibe tieftinniger Systeme nachgeforscht, sondern snck den
grond zur methodischen Wissenschaft gelegt und höchst bedes-
tendes anf üsst allen gebieten derselben geleistet man lese va^wei
welcher unbegrensten Terebrnng noch hentsotage grosse meieterdci
ezacten ftoher — am nur Ton diesem toen tu spredien — die oüMi
eines Hippokrates und Theophrast, eines Enkiid, DiqphsiitiiB nod
Arohimedes, eines Emtosthenes, Ptolemaeas and Hippnch oeDDeDl
knüpfk sidi' doch gleichsam an jeden dieser namen die eriimeraiig
an einen neuen sieg , eine neue eroberung des menschengeistes auf
dem gebiete des unsichtbaren, die jahrhundertelangen beobach-
tungen der Aegypter und Babylonier haben der nach weit nicht 80
viel gewinn gebracht als der oder jener schlichte lehrsatz jener
lueister der methodik. wie arm erscheint daneben das grosze, mScb-
tige Rom! ja, nur die Unwissenheit oder das übelwollen kann es
leugnen, dasz aller Wissenschaft erste keime dem hellenischen bodci
entsprossen sind, denn die seele aller Wissenschaft ist philosophie
und die geburtsstätte dieser edelsten geistesarbeit ist (wunderbar
und doch auch nicht wunderbar!) dasselbe land, welches Homer,
Sophokles und Phidias hervorgebracht hat. und ich spreche nicht
blindlings so; ich darf mich auf zahlreiche aussprüchegroszermeister
der Wissenschaft und kunst beziehen, die in solchem sinne die be-
deutung der griechischen geistesarbeit aufgefaszt und anerkannt
haben, hier gilt es einfach anzuerkennen und zu staunen, so lange
die Wissenschaft Wissenschaft ist, werden die grundlegenden werke
der griechischen mathematiker, mechaniker, astronomen, wie ander-
seits Piatos Philosophie und das organon des Aristoteles zu den
Weltwundern auf dem gebiete des geisteslebens gerechnet werden,
wie für alle Zeiten das epos Homers, die plastik des Phidias, die
komödie des Aristophanes und das gcfichichtswerk des Thuli;7di(ies
als solche gelten werden.
Ich bin am schlusz. da Schönheit und Sittlichkeit nicht iden-
tische begriffe sind, so hatte bekanntlich das hellenische wesen und
leben auch seine kehrseite, die im verlauf der geschichte immer
mehr hervortrat, war es unrecht von mir , dasz ich den blick fast
ausschlieszlich von dieser ab und den lichtseiten sage wendet habe?
ich denke nicht; denn die frage: *mit welchem rechte bezeichnet
man die Hellenen als das classische volk der geschichte?^ ist ja
doch nur d'me von den zahlreichen fragen, die sich in betreff jenes
Volkes stellen lassen, and nur diese eine galt es sa beantworieo.
jedenfalls hoffe ich den von mir aufgestellten satz insoweit bswieseot
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R. Moller : Übungsstücke zum übersetzen a. d. deutächeu ins latein. 425
wenigstens erläutert zu haben , als dies bei einer mehr andeutenden
als ausführenden, vielleicht nur zu sehr al fresco gehaltenen erörte-
rung mir möglich war.
Ein erfreuliches geschäf t , das mir zum Schlüsse noch obliegt,
knüpfe ich, wenn auch nur durch ein loses band, an das eben er-
örterte, das hellenische volk reichte wol bei festlicher Versammlung
denen seiner söhne, die sich wol bewährt hatten in dem oder jenem
wettkampfe, zum lohn für das geleistete und zum sporn für weiteres
streben ein ehrenzeichen, welches, ganz oder nahezu wertlos an sich,
hohen wert erhielt durch den anlasz, bei dem es gereicht, und die
bedeutung, die demselben von der öffentlichen meinung beigemessen
wurde, so habe ich auch fleiszigen und braven schtilern dieser an-
stalt, aus jeder classe einem, am heutigen tage im auftrage der lehrer-
conferenz ehrenpreise für gute führung und treues streben einzU'
händigen, (es erfolgt die prämienverteilung.)
Möge sämmtlichen prämiierten, zum glück sind sie ausgewählt
aus einer nicht unbeträchtlichen anzahl anerkennenswerter schüler,
die auszeichnung , die ihnen heute zu teil geworden ist, ein recht
kräftiger sporn sein, in bescheidenheit und treue wacker weiter zu
streben nach der seite der wissenschaftlichen wie der charakter-
entwickelung. das bisher von ihnen geleistete ist ja doch nur eine
kleine abzahlung von dem, was sie sich selbst, den ihrigen und dem
vaterlande für die zukunft schulden, wir alle aber, die wir dieser
anstalt angehören, wollen in ernst der pflichten gedenken, die wir
insgesanimt und jeder im besondem in seinem kreise als glieder der
mensohliohen gesellschaft , als söhne des engern und weitem Vater-
landes zu erfüllen haben, und das gelübde erneuern, so viel in unsem
krilften steht, diesen pflichten jedeneit treu und unentwegt nachzu-
kommen , indem wir zum schlusz unsere gedanken und gefühle wie*
der sammehi in dem festwunsche, so zu sagen, dem festaccord, der
in dieser stunde naeh- und ausklingen sollte :
*den kOnig segne gott!'
44.
Dß. RUD. MÖLLER, ÜBUNGSSTÜCKE ZUM ÜBERSETZEN AUS DEM
DEUTSCHEN INS LATEINISCHE FÜR QUARTA UND TERTIA DER
GYMMNASIEN ZUSAMMENGESTELLT. 8. VIII uiid 176. Berlin, Weid-
mannache buchhandluug. 1S76.
Audi diesem bnohe verleiht seine eigenart das recht za ezistie-
eigentttmlioh aber ist es besonders und am meisten durch die
^nordnuig des Stoffes, worin der verf . nicht irgend einer grammatik
^Igt, sondern einen eigenen gang gewählt hat.
VJalub. f. pUL v. pid. n. ftbt. im, hfl. 9. 88
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426 C. Möller : äbuügsstücke zum übersetzen a. d. deutschen ins latein.
Die ersten beiden abschnitte geben, als vorcursus und grund-
läge für den quartacursus, Übersetzungsstücke über: *der Substantiv,
nebensatz, ausgedrückt durch den acc. c. inf. (seltener durch quod
und ut), der Substantiv, nebensatz als indirecter fragesatz — der
adjectiv. nebensatz in der form des relativ- und des participialsatzes.
— Der adverb. nebensatz ausgedrückt durch conjunctionen , parti-
cipia und den ablativ absol.', also über EUendt-Sejffert § 288, 289
— § 304 — § 141, 1 — § 315, 317—22, 326, 327, 329 — § 255,
265, 266, 2 (in der Überschrift jedes abschnittes sind immer die
betr. §§ aus jener grammatik angegeben); der dritte dann über
'das unbestimmte pronom. man — die conjung. periphr. act. und
und pass. — Übereinstimmung des praed. mit mehreren subj. in ge-
nus, numerus und person — apposition — subst. comm. und mobil.',
darauf geht der verf, nicht zimi genitiv oder accusativ über, womit
in der regel die übung^-bücber für quarta zu beginnen pflegen, son-
dern abschnitt IV ist dem abl. causae, instrumenti, limitationis, modi,
mensurae, comparationis gewidmet, der verf. begründet diese vor-
wegnähme eines teils der ablativregeln also (vorrede s. V f.) : 'da es
schwer möglich sein dürfte, ohne anwendung der gebräuchlichsten
arten des ablativs und genetivs und ohne allerlei zeit-, orts- und
raumbestimmungen wirklich genieszbare beispiele in gröszerer an-
zahl zu componieren, so habe ich auf die gefahr hin, das misfallen
eines strengen sjstematikers zu erregen, die hierauf bezüglichen
regeln aus den betreffenden capiteln der grammatik vorweggenom-
men und setze sie schon vonnr. IV meiner Übungsstücke anäanacli
nnd nach gelernt veraas.' abschnitt V und VI sind einigen regeln
über den genetiv gewidmet, aber auch da ist eine andere Ordnung
gewtthlt als die grammatiken sie zu bieten pflegen , indem zu genet.
possess., object. und partiL, genet. und ablat* der eigenschait (so
ja auch Ellendt-SeyfEbrt), genet. nnd ablat. pretii, esse c. genet.
anch der genet. gerundii schon mitbehandelt ist. abschnitt Vn
und Vin geben dann Übungsstücke zu dm räum-, orts- und Zeit-
bestimmungen, IX und X zu denverbaund adjectiva, welche ab-
weidiend vom deutschen mit dem accus., dat. oder abl. constroiert
werden, XI und XII zn den constmctionen des doppelten accusativ.,
nomin. und dativ. usw. in dieser weise ist in 17 abschnitten alles
das grappiert und vereinigt, 'was der schüler in lY von der syntaxis
casuum erfahren und practisch verwerten soll', daran schlieszen sich
abschnitte XVUI bis XXm Vermischte beispiele' und XXIY— XXV
'zQsammenhfingende Übungen', jeder absdmitt enthftlt 10 über-
Setzungsstücke.
Der hauptteil des buches ist berechnet für ezercitia in qnarta,
wofür bei halb jfthrigen cursen (zunächst für solche ist das bndi
eingerichtet, kann aber, wie in der vorrede 8. VI daiigdegt wird,
ebensogut bei jfthrigen cursen benutzt werden) den ztoff wOchent-
Uch je ein stück der ersten 17 abschnitte bieten soll, im ersten cor-
ans die mit A bezeichneten, im zweiten B usw. In iSngeren Seme*
C. MöUer: übungsettteke &iim übeneteen a, d. deuteohen ins latein. 427
Stern sollen dazn noch stücke aus den folgenden 3 abschnitten ge-
nommen werden, so dasz das buch für 10 halbjährige oder 5jährige
cnrse ausreichen würde, 'ohne dasz den schülem dasselbe stück zwei
mal vorgelegt werden darT (vorrede s. HI), der rest ist dann für
t ertia bestimmt und bietet stoff fttr die in dieser classe (auch noch
in Obertertia) ja dringend notwendige widerholnng und vervoUstttn-
dignng dieses teils der grammatik.
Man wird wol ziemlich allgemein dem verf. beistimmen , wenn
er es (s. V) für 'ziemlich gleichgiltig* erklärt, *in welcher reihen-
folge der qnarfamer die regeln über den gebranch der casus sich
aneignet, wemi er nur überhaupt am ende des Semesters mit ihnen
veirlanHit geworden ist und sie anzuwenden versteht', deshalb hält
aber auch ref. es für Überflüssig, m, erOrtem, ob die vom verf« be-
folgte anordnung berechtigt und zweökmtaig gewesen oder nieht;
es ist znzngeben, dasz die gmppienmg eine angemessene ist, wenn
man aaoh einzelnes anders wünschen mag. so meint ref. , hätten in
absdinitt IX nnd X auch die verba behandelt werden kömomi, welche
abweichend vom dentsehen mit dem genetiv constroiert werden,
in abschnitt XI nnd Xn auch utor mit doppeltem ablativ nsw.
Den Inhalt der Übungsstücke bilden bis auf die beiden letzten
abschnitte nur einzelne stttze, allerdings vielÜMsh, besonders ge-
gen ende des bnches, keine ganz kurzen, oft ziemlich lange, aber
doch einzelne, zusammenhangslose Sätze, das bilSgt ref.
nicht, welcher «nem quartaner auch zusammenhängende stücke ge-
boten wissen will, allerdings hat der verf. sich bemüht *in jedem
satze eine gesduohtlicihe thatsache, eine natuxliistorische oder geo-
graphische notiz, eine moralisöhe sentenz oder ein sprÜchwort an-
zubringen, oder er nimmt sich aus wie eine stelle aus einem briefe,
einer rede oder erzttdung' (s. III), aber es fehlt doch jeder Zusam-
menhang, der Inhalt kann dem schÜler wenig oder gar kern Interesse
erwecken; und wenn auch, wie der verf« fordert (s. VII), der lehrer
den inhalt der Sätze *durdi kurze notizen über die darin erwähnten
Personen und saehen' erläuterfc, so macht das doch ganz nutzlosen
Zeitverlust.
Das übersetzen der gebotenen sätze würde, wie der verf. selbst
ausspricht (s. VU f.), dem schüler zu schwierig sein, ohne besondere
hilfe. deshalb verlangt der verf. eine Vorbereitung der exercitia',
wobei der lehrer jede periode in ihre teile zerlegen und construieren
lassen, genusregeln , conjugationsformen und anderes aus der gram-
matik wiederholen , auch leicht faszliche synonyme unterschiede er-
läutern und namentlich die zu dem exercitium gehörigen syntakti-
schen regeln nochmals (nachdem sie natürlich schon vorher durch-
genommen sind) besprechen und auf den vorliegenden satz anwenden
soll, damit der schüler sieht, wie der deutsche satz entsprechend
umgestaltet werden musz. das wird sich principell nur billigen las-
sen, wenn nur der lehrer dabei das richtige masz hält und nicht so
weit geht, dasz der schüler, welcher ein gutes gedächtnis hat, zu
28*
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488 C MAU«r: übangütOoke um tilwrMtien a. d. deotecben ii» latem.
baiiM wmtor niobts ca tlnm bnuiehti alt nur aitdflrmsGlEreüMiit wrn
in der Mhida gesagt ist
Nun bietet aber anob der yerC selbst noch weitere liilfe. um
dem ^Ueiaeii gymnasiasten* in qnarta das dsatsA - ImtemiiriM
w5rterbaob aocüb sn ersparen und anob den mmfitseasL aeii?erimt
sn Tenneiden, weldien selbst ein am ende des beebee befindfinbn j
Tocabnlar Tenirsadit (idso 'som beqwemen aUisea')^ enid de
dem scbüler nötigen Toeabeln, soweit der ans qnmta mitgebnttfe .
Wortschatz nicht ausreicht, unter den stücken verzeichnet; aar
die in den Übungsstücken vorkommenden eigennamen sind —
was ref. sehr billigt — sämmtlich in einem besonderen veneicii-
nis am ende des buches gegeben, wenn das buch alleiii f ür eier-
citia benutzt werden sollte, so könnte diese anordnung ja den Schü-
lern die arbeit nur erleichtem und keinen groszen nachteil her-
beiführen; aber gewis wünscht doch auch der verf. seine Übungs-
stücke au>zcr zu exercitien noch zu mündlichen Übersetzungen
aus dem deutschen ins lateinische gebraucht und namentlich auck
was ref. für sehr wichtig hält, zu mündlicher repetition der frülier
schriftlich angefertigten exercitia. hierzu gebraucht wird aber das '
buch gerade den nachteil stiften, von dem früher gesprochen ist
nnd dasa ist der verf. in dem mitteilen der vocabeln sehr splendide
gewesen, wenigstens für die besseren sohüler (wibrend die ganz
schwachen doeb noch nicht alles finden werden, dessen sie bedürfen),
nnd bat es namentlieb dnrch die art der zahlenaetnmg nach des
lefefenten meinnng dem echttler gar zn leicht gemacbt. an mek-
leren dentseben worieni welohe im lat. dnnk ein wort oder eise
pbrase wiedergegeben werden edUen, ist wiederboH dieaelbe cald ge-
seist} dnreb die nnmeriemng wird gleiefaesitig anf die latefnlsA«
wortsteUnng bingewieeen; ansserdem beaeiobnet nodi das Bsichen*), ]
dass das worti sn dem es geeetet ist, niöbt ftbenetst werdstt ecdl,-
dadnrbh werden also gleichseitig dem seblOer gewisse Mafaeiieii bei»
gebracht, wie dasz das pron. poss. *8ein' oft nicht zu ühersetm,
'sein eigen' nur dnrch suus zu geben ist , u. dgl. , aber das ist doch
eine sehr mechanische art. ein paar beispiele mögen das gesagte er-
läutern: s. 6 'Themistocles hatte nach der schlacht bei') Marathon^)
im Toraus') daran®) erinnert^), dasz jener sieg nicht das ende, son-
dern die Ursache eines noch*') gröszeren krieges sein werde.* s. 7
'wer um*) die wette*) läuft*), musz sich*) anstrengen^) und be-
mühen®), damit er siege.' s. 29 'als Porsena Rom belagerte^'), be-
gab sich*") ein gewisser Mucius, ein jüngling von mutigem'*)
geiste, in das lager der Etrusker, um den könig zu tödten.' s. 88 'die
wilden**) volksstämme, welche Amerika bewohnen"), schonen ihre
gefangenen fast^*) nie"), sondern fögen") ihnen die grösten mar-
tern**) und quälen'^) zn'*), faissie den geist*^ aufgeben*^.' so kozo-
men manche sitze vor, in denen bei mehr als der hälfbe der Wörter
aablen stehen, und dieses geht durch das ganze buch nnd findet sich
ebenso mMh noeb in den Utr tevüa bestimmten stOokesu dirletste .
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Am S. Schönboms latemisches Ifisebuch für die qnmta. 429
satz lautet: 'denn auf eine trfige^) bestellte^) saat^^) folgt eine
dürftige^') enite^^), demjenigen aber, welcher emsig**) seine arbeit**)
verrichtet ^^), bleibt*^) nicht leicht der gehoffte lohn aus**).' — End-
lich sind dann noch von abschnitt III an die worte, bei welchen eine
frühere regel abermals zur anwendnng kommt, ge s perrt gedruckt,
wodurch der schttler zum nadidenken aufgefordert wenlen soll«
welche regel das sei«
Dieses alles zusammengenommen scheint dem referenten zu
▼iel hilfe zu sein, und zwar besonders solche, welche den schttler
des nachdenkens überhebt und die eigentliche arbeit beseitigt; und
das kann ref* nicht billigen.
Daneben soll es aber auch anerkennend hervorgehoben werden,
dasz das buch unverkennbar aus langjähriger er&hrung und präzis
herrorgegangen und mit grosser Sorgfalt gearbeitet ist ; es mag auch,
wenn man das, was rei ideht hat b^Uigen kOnnen, nidit als mingel
einsieht, und wenn man den vom neorf. eingeschlagenen gang fttr
xidilig und angemessen hält, mit nutzen gebraucht werden kOnnen;
jedenfUls wird man, das kum re£ bezeugen, zu mttndliohen und
sdiriftlichen eztemporalien in quarta und tertia die ttbungsstlloke
mit erfolg und gewisz gern benutzen; das wttrde aber der yerf. bei
einer neuen auflaig^ durä beigäbe eines inhaltsverzeichnisses wesent-
Heh erieiöhtem«
Der druck ist fast ganz oorrect; ausser den auf s. VUCI notierten
druckfbhlem finden sich wol nur noch geringe Tersehen, z. b« s. 55
steht unter den vocabebi zu EC zweimal die zahl 15; s. 11, zle. 12
tadliehe; s. 60, 27 und s. 61, 16 sinq. ftr sing., s. 62 X il zle, 2
Teoiyw, s<mst -im; s. 88, XIV Ä zle. 1 Jabiades; s. 108 XVHI für
AVü; s« 159, 6^ 7 oonsangidnitas. im ttbrigen Ittszt die ausstat-
tnng , wie daa bei einem Weidmannsohen yerlagsartikel wol selbst-
Terstttndlidi ist, nicbts zu wttnsohen.
BATZBBUBe. WiLHBLM YoLLBBSOBT.
45.
A« S. SCHÖNBORNS LATEINISCHES LESEBUCH FÜR DIE QUINTA
HÖHERER LEHRANSTALTEN. ELFTE AUFLAGE. BESORGT VON DR.
RUDOLF KÜHNER. Berlin 1877. Mittler und söhn. 8. VIT 200 s.
LATEUIISGH- DEUTSCHES UND DEUTSCH- LATEIISISOHES LEXIKON.
104 8.
Unter der zahl der lateinischen Übersetzungsbücher behaup-
tet der alte Schönborn noch immer seinen platz: er sah zwar noch
nicht drei menschenalter gleich dem würdigen alten Jacobs, dem
bahnbrecher auf dem gebiete der griechischen elementarbücher,
aber im zweiten menschenaltei' steM er doch bereits mit einem fusze,
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430 A. S. SohOnborna iatemiachds le«ebach für die quinia.
und bei dem praktischen geschick des jetzigen herausgebers, weicher
68 versteht den bedürfiusaen der schulen gerecht zu werden und dat
iv«rkch»ii auf der höhe der seit zu erhaLten« wird »leh ihm die ewige
jagend nicht fehlen.
Hatte schon die lOe aufläge (erschienen im jähre 1874) eise
wesentliche Umgestaltung dadurch erfahren, dasz die zahl der anter
dem text der deut^^^cben übersetsongsstttcke stehenden lateiniBchai
yocabeln aas richtigen pädagogischen erwigongen auf ein minimnm
reduciert wai*, während den bedlirfnissen des Schillers darch eil
sorgfältig angelegtes deutsch -lateinisches leiikon rechnang getngm
war, 80 legt die lle aufläge in noch erhöhtem messe zengnis ab toil
dem ruhigen eifer des henMUfgebecs, den zwecken and d^ aafgaben
der höheren lehranstalten su dienen.
Besonders schätzenswert ist die erweiter ung und bereicherong,
welche das werkchen dadurch erfahren hat, dasz der In abteiloag
aof s. 46 — 62 ein an hang beigegeben ist, welcher den ausgespro-
chenen zweck yexfolgty das Schllabomsche lesebuch für den gelMaach
der quint-a geeigneter zn machen als dieses bisher der ML wsr.
In der erwägang, dasz nach dem lehrplan der gymnasien der
qainta yomehmlidi & systematische erlemang and einprigongder
sogenannten nnr^gelmSszigen verba saflllt , nnd in der erkenntnis,
dasz das SchOnbomsche hoch in seiner bisherigen anordnnng nnd Ter-
fassung ^eigentliche übersetzangsstflcfce zor systematischen
einttbong der sog. nnregelmftszigen verba' vermissen iSszt, hat
der heraasgeber es sich angelegen sein lassen, diesem mangel in der
weise abzuhelfen, dasz er mit sorgsamer aoswshl, geordnet nach den
vier coiyagationen, zwölf neae latdnische and deatsohe ttbersetznngs-
sttlcke zusammengestellt hat, in welchen zugleich das syntak-
tische material, mit welchem vornehmlich in der qainta zu operie-
ren ist, and dessen grttndliche aneignong die haaptanfgabe dieser
classe ist (accus, c. infin«, partidpialoonatroction, die hauptregeln
über den gebrauch von ut, ne usw., die conjugat. periphrast, das
wichtigste aus der lehre von gemnd* und gmndiv.)i in geschickier
weise verarbeitet ist.
Die methodischen grundsfttze, durch welche der herausgeber
sich hat leiten lassen, sind dieselben, welche meines Wissens zuerst
von Drögen in einem schStzenswerten progranun des Friedrich-
Wilhelm-Gymnasiums zu Berlin (erschienen in den vierziger jähren)
entwickelt sind.
Zur festen einprägung der sog. unregelmäszigen verba genfigt
nemlich nicht ein mechanisches abfragen der formen : weit frucht-
barer ist es, dieselben dem quintaner sofort in kleinen sätzen vorzu-
itthren, den Schüler zur mannigfaltigsten variieruug derselben anzu-
halten und zu nötigen, die unabhängigen sätze stets auch von einem
verbum sentiendi oder declarandi abhängig zu machen, participial-
constructionen mit denselben zu bilden u. ä. geschieht dieses, so
gestaltet sich das anscheinend so geistlose auswendiglemen der for-
A. S. SohOuborns lateinuohes lesebach fOr die qninta. 431
men zu einer den geist anregenden und bildenden Operation und
trägt nicht zum mindesten zu der gymnastik und zu der erzenguig
von kraft bei, w^che das Tomehmste ziel der höheren lehranatal-
ten ist.
Bei der auswahl und zneammenstellnng der sfttze ist der heraus-
geber sngleieh bestrebt gewesen, das pensum der sezta immer Yon
nenem wieder Torzaftthren, damit das anf dieser nnterriehtsstafe er>
lernte in stetem flnss erhalten bleibe, als fimdgrabe bei der auswidil
der stttze hat u. a. dielateinisohe elementargrammatik von Baphael
Etthner, dem rater des heransgebers, gedient, was um so mehr
bflligong Yordient, als gerade diesem sdiolmanne das mibestreitbare
verdienst gebflhrt, während seines reichen lebens mit rastlosem fleisce
die lateinische litterator ftlr die zwecke der schule selbständig dnroh-
for8<^t und eine bltttenlese yon beispielen zusammengestellt zu
haben, die nicht minder wertvoll ist als die vidfaeh ausgeschriebene
Sammlung von Bamshorn.
Dieser anbang ist auch besonders im druck erschienen und idtä
den früheren abnehmem des Werkes kostenfrei nachgeliefert
Die praktische brauchbarkeit des buches hat audi durch den
umstand gewonnen, dasz der herau^geber sich nunmehr entschlossen
hat, ein schon von Moritz Seyffert in der rorrede zur 6n aufläge
ausgesprochenes und von vielen Schulmännern geteiltes bedttrfiiis zu
erfüllen, die paragraphen der ersten abteihmg, welche die gramma-
tischen Vorübungen umfaszt, besser zu ordnen und in einer mehr
systematischen gliederung auf einander folgen zu lassen; diejenigen
Paragraphen, welche über das pensum der quinta hinausgehen , sind
mit einem stenichen versehen.
Femer verdient als eine entschiedene Verbesserung der neuen
aufläge hervorgehoben zu werden die durchgängige numerieriing der
einzelnen sätze sowol in den lateinischen als auch in den deutschen
abschnitten, der lehrer wird durch dieselben in den stand gesetzt,
nachdem er die seinen zwecken entsprechende auswahl getroffen hat,
jedesmal mit leichtigkeit den schülern das betreffende pensum genau
angeben zu können, ohne gefahr zu laufen von denselben misverstan-
den zu werden.
Endlich ist der herausgeber auch in dieser neuen aufläge be-
müht gewesen, auf eine präcisere und klarere fassung der syntakti-
schen regeln hinzuarbeiten, doch lassen sich in dieser hinsieht noch
manche mängel nachweisen und es werden noch viele kräfte zu-
sammenwirken müssen, ehe das buch allen ansprüchen genügen wird,
zum beweise dieser meiner behauptung lenke ich die aufmerksamkeit
der kundigen auf die in § 1 gegebene definition von 'construieren'.
*einen satz construieren', lehrt der Verfasser, 'heiszt: die teile
(worte) eines satzes so ordnen, wie sie von einander abhängen; man
ordnet sie demgemäsz also: 1) das subject usw. 2) das prädicat usw.'
es dürfte sich vielleicht dafür folgende fassung empfehlen: einen
satz construieren heiszt: den satz in seine bes tandteile zerlegen
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482 A. 8. SohOnbom latmniichei laiebiioh fOr die qniiitai
und bestiminen, in welchem Tochäliaiis die werte zn «Baader stebeiL
dojenige, w«leher mnm satz eonstmiert, firtgi demgem&sz 1) lUMb
dm nibjeet usw. unter 6) htini es: *bei ▼grwwidiqng des activm
Ins paasiTiim wird das objeot nun snbject « . . nnd ans dem sobjed»
wild der aUativ mü oder dhna pc^^omtioii o*, wilurend doch bot
getagt werden kann: der nonuBstiTiui dea aobjeeta wird in dm
aUatiTQS Terwaadali, tot welciMA die ptf^odtiaiL a tritt, ww du
anbjeet eine peraon ist; nnd glnoh diHwof war Tiehnalir n ngm:
aoademnominatiyiisdmsQbjeetsmBitorwM dasrtn»»
ben naob kllne im aosdmek ist ja an und fttr sieli ta büligea« akar
die dentliohkttt darf auf keinen fidl daronter leiden, noch wong«
darf sieh ein sohnlbneh eines fehlere gegen die strenge spradiriehtjg-
keit sehnldig machen« der Mileriiafte ansdrockder titaren ansgibMi
(mir liegt yor die 4e aofl* vom jähre 1856) sid>. e) *im latdn' iit
Tom herausgeber geändert in 'im latein.'; Illr ein schnlboeh wire«
angemessener gewesen, *im lateinischen' ohne abkSrzang ta sidira*
ben, damit dem lehrer die' mühe erspart bleibe, dem mirarstindigea
qnintaner eine erüntemde bemerining ttber den sinn der abkOzzmig
machen ni mllssen* in § 2 6 ist das adTerbinm dififioile mit rocht
gestriehen, dagegen Terleitet der ansdraek 'diffionUer oder non fr>
rile* m der anmihme, als wSren beide formen |^eh hlnfig in ge-
branoh; ich würde Torsidien das 'selten* der Ito aoflage in lesti-
tnieren und zu schreiben : difficnlter (schwer, schwierig — die fem
ist im gebrauch selten , man pflegte dafür zu sagen non facile — ),
in § 3 empfiehlt es sich zu I die worte 'oder begrün dung' als Aber-
flüssig zu streichen; statt 'des ersten' musz es heiszen 'desselben*
oder 'des ersteren*.
Mit bezug auf die wähl des aasdruckes in den deutschen sätzen
ist die bessernde band des herausgebers fast auf jeder seite zu er-
kennen, und doch wird noch viel zu thun übrig bleiben, um das buch
von allen sünden gegen den deutschen Sprachgebrauch zu reinigen,
die Wurzel des übeis, dasz sich in den deutschen arbeiten der schüler
so viele latinismen vorfinden, ist nicht blosz in der lauheit und lässig-
keit zu suchen, mit welcher einzelne lehrer es verabsäumen, beim
übersetzen aus dem lateinischen ins deutsche von früh auf die jugend
an ein richtiges sprechen zu gewöhnen : sie steckt zum teil auch in
der mangelnden fürsorge für die herstellung eines correcten deutsch
seitens der herausgeber von übersetzungsbüchem. da nach dem
Organismus der gymnasien jede lateinische stunde zugleich eine
deutsche Sprechstunde sein soll, so darf mit recht an jedes lateinische
Übungsbuch die forderung gestellt werden , dasz in demselben nur
rein deutsche Wendungen zugelassen werden, dasz auch in der lln
aufläge des weit verbreiteten SchÖnbornschen lesebuches noch eine
reihe von sprachfehlem stehen geblieben sei, ist unschwer nachzu-
weisen, einige beispiele mögen genügen, s. 3 satz 14 müssen wir
lesen ^der in den alpen entsprungene Rhein'; s. 4 satz 14 'nach
dem blutigen siege des Sulla fiengen die Unruhen und die empö*
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C. Sehmelser: die überbflrdmig auf den höheren lehranstalten. 433
rangen der bürger an einen aogenbliek sich zn beruhigen';
8.4 aatz 19 'die höchste herschaft wurde Ton GSsar aufs begierigste
angestrebt'; s. 50 sats 5 'and diese mannsöhaffc soll von wonder^
barer kampflast gebrannt haben'; s. 62 satz 8 *22 schiffe der
fdnde, welche durch den heftigen stürm an die felsen gestoszen
waren, worden dnrch dasgeftturlidie meer versenkt'; s.53 sata 4
*eüten 10»000 Soldaten auf verschiedMien mSrsehen mit schnel-
lem fasse nach der stadt^; sats 6 *warde der rOmische Staat in
blutige bfirgerkri0ge versenkt'; s. 57 sats 7 'es ist bekaonty dasz
dem Apollo blonde haare Ton den dichtem erteilt worden sind';
8. ^ satz 3 'die sch&den, welche der langwierige krieg geschla-
gen hatte', daher ridite iok an den heransgeber die dringende bitte»
bei der nttchsten aufläge den Wortlaut in den deutschen
ftbersetznngsstflcken einer sorgfältigen revision zu
unterziehen.
An druckfehlem habe ich bemerkt s. 1 z. 3 y. u. ein folsohes
spatiam; s. 61 (18) z. 18 y« u. dui statt diu; in dem besondmn ab-
dmek des aahanges s. 4 z. 4 y. o. steht Espaminondas; s. 18 z. 1
?• u. aesuram statt haesuram.
SomiTOBMÜHL. Fbahz NiblIiidbb.
46.
DIE ÜBERBÜRDUNG AUF DEN HÖHEREN LEHRANSTALTEN. BRIEFE AN
MEINEN LANGEN FREUND JONATHAN, ALTEN UND JUNGEN ZU NUTZ
UND FROMMEN HERAUSGEGEBEN VON GYMNASIALDIREOTOS GARI«
SCHMBLZEB. licipzig, P. Ehrlich. 1878. 78 s. 8.
Das in Zeitschriften und Zeitungen, in biichem und broschüren,
in pädagogischen und in parlamentarischen Versammlungen fast
zum übermasz durchgesprochene thema von der überbürdung unse-
rer Bchüler mit arbeiten tritt hier von neuem als von einem fach-
manne, einem gymnasialdirector behandelt auf ; das hat etwas tröst-
liches^ nachdem man soviel oberflächliches, unrichtiges, verkehrtes
darüber und bei gelegenheit dieses themas auch wol über die gymna-
sien überhaupt zu lesen und zu hören gehabt hat.
Die kleine schrift wird vielen gefallen, sie hat wol schon vielen
gefallen, die form von briefen, gerichtet an einen universitätsfreund,
einen Juristen, der wol mit seinem akademischen Spitznamen be-
zeichnet wird, sichert schon etwas vor pedantischer, steifer dar-
stellung; sie hat sogar zu einem ziemlich burschikosen ton geführt,
<ier wol der menge gefallen mag, den collegen freilich schwerlich
als der angemessene erscheinen dürfte, in dem man dergleichen
^sthafte dinge gern behandeln sieht, aber ist das schriftchen auch
^Ur die collegen geschrieben? ich weisz es nicht, für die behörden
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434 C. Sohmelier: die fiberbOrdimg auf deD höliereii lehraastalteiL
ist 68 gewis niolit bestimmt; denen gegenüber kann diese art von
ton nodi weniger auf beifsU redinen. ebrlich gestanden: es sieht
ans, als wSre es ftlr die grosse menge geschrieben oder — nm es
gelinder aaszadrtteken — als solle es auf die öffentliche meinimg,
die meinnng nnd einsielit des pfablienms wirlcen nad erst dnrdi dien
auf die eigentlidi beteiligten und m abstellong der be8pT0<dieiHB
missstttnde bedingten und berechtigten, die behdrden nnd d»
sohnlmftnner.
Wammersiohniehtdixeetandieletstem gewendet hat, — wir
Wissens nicht, sollte er gedacht oder geahnt haben, dasa es naler
den schulminnem vielleteht eine gate ansahl soldier gibt, die
denken, wie ein redit tüchtiger coll^e, ein gymnasialdiieetor,
welcher anf meine frage, ob er die S^melzersche schrift gelesen
habe, mur erwiderte, dass er flberlumpt nichts mehr yon Scfamete
lese; — er dachte an gewisse artikel, die unter diesem namen tot
einiger znt, wenn ich nicht irre, in der Magdeburger zeitnng er-
schienen sind, oder ahnte der Torf., dass es auch andern so gehen
möchte, wie einem weiteren ooUegen, dem ich eine sofiOlig otae
stelle in dem noch nnan%eschnittenen sdiriltehen, nemlich über die
angebliche lügenhaftigkeit der vitae der abitnrienten, vorlas und
der in entrüstung über die arge unrichtigkmt dieser darsteUnng so-
gleich die lust verlor die schrift weiter zu lesen? — Ic3i habe weder
des ersteren collcgeHf noch des zweiten ansieht getheilt, sondern
das schriftchen sogar zweimal gelesen, man will ja gern auch yon
dem lernen , was nicht zunächst für uns geschrieben ist.
Worin findet nun der verf. die Ursache der überbürdung der
Schüler? von der er übrigens nicht ausschlieszlich handelt, sondern
zugleich von allen möglichen andern übelständen der schulen, daht-r
er die schrift überhauj)t 'über reformen der gjmnasien' hätte be-
titeln können, zwei oder drei hauptursachen der überbürdung findet
er. zuerst nicht etwa die zahl der lehrstunden , sondern die über-
fülle der zu lehrenden gegenstände und die Verteilung der gegen-
stände auf die stunden; dies hauptsächlich in den unteren classen;
sodann das schreib wesen, das legen des hauptnachdrucks auf die
schriftlichen arbeiten anstatt der vorzüglichen betreibung des münd-
lichen Verkehrs, und dies ebenso schon in den untersten classen,
wie in den obersten, endlich tadelt er namentlich für die obersten
classen die steckung eines falschen ziels, auf welches losgesteuert
werden müsse, durch das reglement des maturitätsexamens.
Bei erörterung dieser puncte verfällt er leider in denselben
fehler, der uns bei so vielen expectorationen von nichtschulmännern
über die überbürdung der schüler und über die nöthige reform des
höheren Schulwesens so unangenehm berührt, ja zuweilen geradezu
entweder mit entrüstung erfüllt oder zum lachen reizt, ich meine
die gar nicht zu rechtfertigende Verallgemeinerung ganz vereinzelter
Vorkommnisse oder erfahrungen, zum teil gar solcher, die einer
längst überwundenen Vergangenheit angehören, weil früher viel&ch
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C. Schmelser: die überbürdung auf den höheren lehraustalten. 435
anfertignng von paradigmen za einübung von dedination und con-
jugation aufgegeben wurde, so wird, obwol dies von den behörden
Ittngst verboten und durch directoren und lehr er in den meisteni
wenn nicht in allen schulen abgeschafft worden , doch immer von
neuem dieses verfahren uns vorgerückt, als ob nichts gesohehen
wäre, aber der hr. verf. begnügt sich damit nicht, sondern welche
last von Sünden bürdet er z. b. den sBmmtlichen armen lehrem der
sexta und damit den sämmtlichen vorgesetzten directoren aaf I es
hdsst 8. 17 : ^sieh dir ein solches sextanerdiarium an. da werden
zamt substantiva decliniert, lateinisch und deatsch , mit den toU
ausgeschriebenen namen der casus daaso. dann kommen snbstantiva
in verbindiing mit ac^ectiven nsw.; dann werden ganze yerba con-
jngiert, wieder lateinisch nnd deutsch, alle Zeiten, alle modi nnd
alle Personen, selbst das paradigma, welches in der grammatik des
knaben gedruckt steht, wird nicht yerschont; ists anch nur zur
Btrsfe, er musz es abschreiben« daneben gehen flbersetsongen ans
dm deutschen ins lateinische und aus dem lateinischen in die
mutlerspraehe. dann findest du kleine ausarbeiiungen aus der natur-
gesohichte, aus der geographie, reehnungsan^aben usw« der knabe
onu» es aufgesdirieben haben, wie vieler staubftden diese oder jene
lianse sich erfreut; erst dann hat er es sicher begriffen, genug, fast
jede leetion will hier ihr opfer haben.' — Es ist, denke ich, eine
&8t nnverzdhliche Ungerechtigkeit, dies alles so schlechthin als
einen allgemeinen fehler der schulen hinzustellen, was vielleicht auf
der einen oder andern schule teilweise vorkommt, vielleicht nur
m einer schule abstrahiert ist. es li^ nahe zu vermuten, dasz
diese eine die von dem hm. vf. zunttchst gekannte, vielleicht woton
der, wie es heiszt, Pseudonyme Verfasser wirklich ein gymnasial-
diraotc« ist, die von ihm geleitete sei, wenn es nicht dann völlig
merkUbrlich bliebe, warum er nicht da das Übel sofort abgestellt
bStte. — Auszerdem wenn er zugibt, dasz ein teil der eben ge-
ifigten schreibearbeit gar nicht zu haus , sondern in der schule ge-
fertigt wird, so dürfte ihm schwerlich einzuräumen sein, dasz da-
dnreh auch die häusliche arbeit vermehrt werde, dasz 'der knabe
dabei in der classe nicht declinieren und conjugieren lerne, sondern
es daheim lernen müSüe'.
Eine womöglich noch weniger gerechtfertigte Verallgemeinerung
irgend welcher einzelner erfahrungen und eine noch maszlosere
Übertreibung findet sich in der schon erwähnten diatribe über die
lebensbeschreibungen der abiturienten , die bekanntlich seit 1850
nicht mehr notwendig gefordert werden müssen, es ist peinlich zu
BÄgen, dasz ich nach meiner erfahrung von den fünf oder sechs
i>unkten, die hier (s. 24 und 25) gerügt werden, keinen einzigen als
lichtig, d. h. als für die meisten, die gewöhnlichen fälle zutreffend
'toerkennen kann. vf. sagt, die directoren würden meist von dem
schulrathe bestimmt, die lebensbeschreibungen doch einzufordern;
ich musz erklären, dasz ich es mit verschiedenen schulräthen zu
#
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436 C. Schmelzer: nie überbürdimg aai' den höheren lebiausUlteOb
thun gehabt, aber von einer solchen 'bestimmimg' durch einen der-
selben nie etwas erfahren habe, sodann heiszt es: 'zunächst &8zt
sie häufig der abiturient nicht selbst ab*, worauf dieser mir völlig
neue Vorwurf sich gründet, welches motiv ich für solches thnnmir
dtnken sollte, yermag ich nicht zu erkennen, wenn die lebens-
beschreibung lateinisch abgeÜEiszt werden mttste, so Hesze sicbä
gmnd annehmen; aber dasz ein schttler oder Student sich eise
deutsche vita doröh einen andern madwn 1mm» iffc doch nt nlllltt^
lieh; dasz das geschehen Mi, davon erinnere idi mich nie das g^
lingate gehört zu haben, es heiszt weiter: ^sodann spielte ond spielt
andh gegenwärtig noch, in ihr der liebe gott eine grosM rolle, der
alle jogendfehler, die ja herzlich bereut werden, verleihen und dem
annen sttnder trotz seiner lOekenhaften kenntnisse aus gnaden durch
dM examen helfen soll zweite nnd gröbste lüge, demnächst wird
der eine oder andere lehrer gepriesen — dritte Iflge.' Dan omnil
ein henohlerisoher feigling in einer vita eine fromme miene anneh-
men und mehr, als es ihm ums herz ist, vom lieben gott reden mag,
wer kann das gans in abrede stellen wollen? aber wie dürfen soldN
gott Mi denk — gras Mltene fiüle als die regel dargestellt wer-
den? was aber dM preisen diesM oder jenes lehrers anlangt, so
kann ich bezeugen — allerdings nicht ans lebensbeschreibungen der
abitorienten, denn solehe lasse ich seit vielen jähren nicht machen,
aber ans denen Ton nenen nnd alten primanem, die ich in den
lotsten sehn jähren mehrmals habe maclien lassen nnd Ar die doch
wol dasselbe gelten mn», wie von denn der alntnxientea — ich
kann, sage beiengen, dsM die sehlUer nie oder üut ins i«
einem nodi ra der sehnle wirkenden lehrsr ein wort sagten, wol
aber Uber lehrer, die nicht mehr ra der sehnle waren — veESfiorMDe
oder verMtite — sich oft mit wannen werten wahrer dankhaM
bMonders fOx beilsame strenge, ausgesproehen haben* — Ich ttbr
gebe die beiden lotsten anklagepnncte gegen dicM lebensbesfltro*
bnngen; sie sind ganz nnd gar nidit besser begründet m sngmig
von diesen yerallgemeinernngen nnd Übertreibungen, deren ^
mehrere an^seftthrt werden fsnnten nnd die jom so bedenUkto
sind, als sie von emem Mbnlmanne, einem siichverstlndigen ans*
geben, dem die Uden nicht bloss die Sachkenntnis, aondm wä
billiglnit in der benrteünng zozutranen ntttOrlioh vorsogsweise ge^
neigt sind.
WelohM sind aber die heilmittel, die empfohlen werden? ^
allen dingen fordert der werf., dem mit dm gewohnten bisherigeo
r^giemngsverordnnngen wenig gedknt ist, freiheit der bewegungus^
zwar zmiächst fbndie einzelnen s^nlen, d. h. doebwol fBr dielehi«'
cdUegien oder viefanehr für die directoren, welche die schulen leäea;
denn dafür spricht das beispiel, welches er anführt: es könnten ohM
schadMi einmal an einer schule in prima 8 standen wöchentlich lateiit
6 stunden griechisch, an einer andern 6 stunden latein, 8 stim<iei
grieddseh sdn« dabei ist zu bemerken: die rechte freiheit derb^
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C Schmelzer: die überbürdong auf den höheren lehrauBtalteu. 437
wegung, wenn es auf diese hauptsächlich oder allein ankäme, würde
allerdings erst da zu finden sein, wo jeder College in seinem fache
machen konnte, was er wollte; da würde sich jede kraft am schönsten
ent<en und sich geltend machen können, nur gegen die tiberbürdung
der Schüler würde das ein sehr bedenkliches mittel sein, erfahrungs-
mäszig würden die lehrer, je tüchtiger und eifriger sie wären, um so
mehr ein jeder seinen lehrgegenstand geltend machen und seine for-
derangen für denselben immer höher zu spannen suchen — und die
Bchttler würden sich kaum lassen können allen diesen ansprüchen
gegenüber. — Wohin aber die gewährung der verlangten freibeit
der bewegang für die einzelnen schulen und ihre directoren führen
wflrde^ das k(Huien wir directoren uns sehr wol vorstellen, die wir
jtlur ans jabr ein bald von dieser, bald Yon jener schule aus dem
Osten, Westen, süden, norden des prenszieoheii Staats sohttler, be-
amten- oder ofßoierssöhne , zngefilhrt bekommen und dabei — gaas
abgesehen von der bekannten neueren ministerialverfügung — um
der söhne , wie mn der eitern willen dringend wünschen müssen,
dasz die ersteren in dieselben classen bei uns passen, wie aof den
früheren schulen, da alle jähre hunderte und tausende von beamten
und officieren an andere orte versetzt und ihre stfhne von einer
sdiule auf die andere zu bringen genöthigt werden, so ist doch eine
ganz erhebliche gleiefamtesigkeit dieser schulen unbedingt not>
wendig, was nützt es nun zu angeblicher beseitignng der über-
bttrdung der sohttler forderungen su stellen ; deren evfüllung zu
anderen noch schwerer empfundenen oder noch schwerer su besei-
ügenden ttbelsüaden itthren müsten? — Und wenn noch jene frei-
hdt der bewegang das universalmittel für die gymnasien wSre, das
mit andern tt^ln auch der ttbcrbOrdung der schlüer abhelfen kOnnte I
aber daas sie dies sei, ist in der tiiat hier durohans nicht nach^
gewiesen.
Dann wird beschrftnkung des schreib- und lesewesens empfoh-
len (s. 62), alferdings nicht bloss deshalb, damit die sohttler mehr
entlastet, sondern ttberhanpt damit der gymnasialunterncht Tir-
bessert und frudhfbaier gemacht werde, das ist dann ein sehr ein-
&dies mittel geg«n flberlrilrdung, wenn man elnfadi die schrift-
lichen arbeiten sum grossen teil cassiert. wie weit das gehen soll,
ist allerdings nicht durchaus bestimmt angegeben, nur die deutschen
aufrfttse sollen in prima und wol auch in den Yorheigiehenden classen
snf die htifte redueiert werden (s. 20 £), — eine forderang, mit
der diejenigen sich befreunden inOgen, die so gem klagen , dass die
siodierande und die studierte jugend nicht m&r so wie firtther ver-
stehe, grtaete stoffe geschickt darsustdlen. ferner sollen in seita
die diarien abgeschafft und jede hlusliche arbeit ausser den latm-
nisohen exercitien und im sweiten Semester den lateinisehen präpa-
rationen verboten werden, hierzu sei bemerkt, dasz anf mehreren
schulen auch die Isteinisdien exercitia im ersten semester in sexta
beseitigt sind und man doch ganz gut auskommt, wie aber in sexta
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438 C. Schmelzer : die überbürdung auf den höheren lehranstalten.
und überhaupt in den unteren classen die deutsche rechtschreibung,
das Schönschreiben und das rechnen in classen von 50 bis 60 Schü-
lern ohne schriftliche aufgaben gehörig einzuüben möglich sein soll,
das gestehe ich nicht recht zu fassen, und noch weniger verstehe
ich, wie bei einer mäszigen anwendung solcher aufgaben irgend eine
tiberbürdung der schüler entstehen soll; denn wenn diese davon und
von den mündlichen aufgaben täglich eine stunde arbeit haben, so
ist das keine überbürdung. überhaupt aber ist in des verf. eifern
gegen die schriftlichen arbeiten und gegen ihre bevorzugung nicht
einzustimmen, man musz gewis zugeben, dasz die jungen gymna-
siallehrer ohne gehörige methodische Vorbildung in das amt zu kom-
men pflegen, auch wol, dasz viele lehrer auch später zu einer recht
guten methode es nicht bringen; und noch gewisser ist, dasz viele
lehrer, auch die sich vielleicht nach und nach eine befriedigende
raethode angeeignet haben , jener frische und lebhaftigkeit des Vor-
trags und überhaupt des mündlichen Verkehrs ermangeln, welche
die schüler zu fesseln, vielleicht mit fortzureiszen vermag, aber
ebenso gewis ist, daas eine tagend im lehrerstaode sehr allgemein
ist und ihm zu groaier zierde gmioht: das ist die gewissenhaftigkeit
und der unverdrossene fleiss. angesichts dieser thatsachen scheint
es mir verkehrt beim höheren nnterricht allen nadidmck auf den
mündlichen Yortrag und verkehr mit den schülem sa legen , in
welchem immer nur die dafür begabtem lehrer etwas rechtes leisten
werden , and die schriftlichen arbeiten gans oder zum groszen tnl
abschaffen zu wollen, bei deren correctur aach die schwächeren
lehrer in treuester mühevollster arbeit das zu einem guten teile
nachzuholen und einzubringen vermögen , was sie beim mündlichen
verkehr nicht leisten, (aas ähnlichen gründen ist natürlich an<di die
empfohlene beseitigong aUer lehrbttcher einfach zu verweisen.) —
Ich unterlasse es andere grttnde gegen diese Vorschläge des ver^
vorzubringen und will nnr noch an Jean Pauls wort erinnern, dasi
ein mensdh mit mehr gewinn ein halbes jähr sdireibe, als swanng
jähre lese.
Damit aber die beschrttnkung des Schreibens and lesens and
die abschaffong der lehrbttdier dJuAgMai werden könne, sagt der
verf* konweg : *man stecke doch lieber das ziel n&her and beschrBnke
das p6nsam^ das heist doch wol nichts anderes, ak man setze die
anforderangen des gymnasiams herab, denn wenn in den einzelnen
classen das pensam beschrSnkt wird, so sinkt natttrlich das ziel der
ganzen schide; sonst mttste die zahl der classen and die daaer der
Schulzeit erhöht werden, davon ist aber hier nicht im geringsten die
rede. ^ gegen eine herabsetzang des ziels unserer gymnasial ist nun
wol nicht nötig heute aiQdi nur ein wort zu sagen, — heute, wo die
weit, die bildong, die Wissenschaft mit meilenstiefeln fortsdireiten.
Es hangt ttbrigens hiermit die letzte hauptforderung des ver£
zusammen, er verlangt gänsliche Umgestaltung des aifaiturienften'
ezamens. nicht allein das griechische und französische seriptum
C. Schmelzer : die überbürdung auf den höheren lebrauätalten. 439
und der lateinische aufaatz sollen aus demselben wegfallen (wie das
experiment in den reichslanden bereits gemacht wird, hoffentlich
eben nur experiment oder Übergangsstufe), sondern auch die münd-
liche Prüfung in rcligion, in geschichte, ja über Homer und Hora-
tius, wogegen die deutsche literatur eintreten soll, man vergegen-
wärtige sich, was dann bleibt ! für die schriftliche prüfung dreierlei :
das lateinische scriptum, die mathematische arbeit, der deutsche
aufsatz; für die mündliche vier gegenstände: deutsche literatur-
geschichte, mathematik, lateinische prosaiker, griechische prosaiker
oder tragiker, doch sollen in diesen fremden sprachen nur bereits
gelesene stücke gegenständ der prüfung sein können. — wenn längst
manche schulmänner, wie der treffliche Schmidt in Wittenberg, die
abschaffung des abiturientenexamens überhaupt gewünscht haben,
so kann man sich in solche denkweise, auch wenn man sie nicht
teilt, doch hineinversetzen; aber was ein so verkürztes und ver-
kümmertes ding von examen , wie der verf. will , noch helfen soll,
das ist schwer abzusehen, den doppelten hauptgewinn, den unser
examen jetzt noch bringen kann und bringt: dasz die schüler noch
einmal alles oder doch das wichtigste von dem früher gelernten
wiederholen und dasz alle, auch die matten, auch die etwa leicht-
sinnigeren begabten einmal eine zeit lang recht tüchtig, ernst und
straff arbeiten (wie mancher hat schon hinterher sich gefreut dies
bei dieser gelegenheit wenigstens gelernt zu haben !), diesen gewinn
wird des verf. examen nicht gewähren können, ob die etwas aus-
gedehntere beschäftigung mit der deutschen literatur, deren angeb-
liche bisherige Vernachlässigung der verf. ebenso maszlos übertreibt,
wie nur irgend etwas, die panacee ist, die allen schaden gnt macht,
will ich andern tu beurteilen überlassen.
In dem fOnften briefe spricht der verf. yon der überbürdung
<^ler lehr er, auch hier über die gebühr hinaus übertreibend; ich
wenigstens habe noch nie gehört, dasz ein wissenschaftlich gebil-
deter gymnasiallehrer 24 wöchentliche lehrstunden bei gefüllten
classen und sechs wöchentliche correcturen gehabt hätte ; ich kann
auch kanm glanben, dasz ein director so verkehrt ^ ja so pflicht-
vergessen gewesen sein oder noch sein sollte einen collegen so über-
inäszig zu belasten, es sei denn etwa in einem vereinzelten falle
einer für kürzere zeit nötig gewordenen Vertretung, sonst enthält
^iem abschnitt des wahren genug und möchte wol manches darin
gesagte mehr berücksichtigt werden.
Ob das ganze schiiftohen, in welchem auch auszerdem manches
einzahle beherzigenswerte sich findet, wdthtttig zu wirken im stände
sein wird? idi bezweifle es.
BIN aTMHASIALDIBBOTOB.
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440 C, Aiexi: das höhere unterrichUwesen in FraUMU
47.
DAS h5hBRB UirraBBIOHTSWBBBM IN PBBU8ZEN. DIE INNEREN WIDEB
SPRÜOBB IN DBB JBT2IOBN OBOAMISATIOH DBBSELfiEN UND DEREN
BBSBITIOUKG DDBOB DAS Zü BBWABTBKDB TOITERRICHTSGESETZ
VON 0. ALBZI, CONRECTOB DES KAISERL. LYCEÜMS Zü COLMIE
m BLSASs. Gfitenloli, druck und vezlag yon C. Beitelsmiim 1911.
Diese broschüre unterscheidet sich von den vielen über den-
selben gegenständ handelnden scbriften dadurch sehr vorteiM,
dasz sie auf kurzem räume ziemlich alle das interesse der schulwelt
und des publicums in ansprach nehmenden puncte behandelt — md
«war in einem solchen geiste und solcher form, dasz man auf den
ersten blick die arbeit eines praktischen schulmannes erkennt, der
nicht nur eine genaue kenntnis des preuszischen Schulwesens besitzt,
sondern auch, wie es scheint, aus den mancherlei versuchen, die
auf dem gebiete des höheren Schulwesens im reichslande gemack
worden sind, sowie aus den französischen schulverhältnissen , über
die der verf. auch bereits geschrieben (Alexi, beitrage zur sclral-
frage im alten und neuen reich , Colmar und ^fetz bei Lang ui
Besch 1872) seine erfahrungen gezogen hat angenehm fällt die
wärme und tiberjengungstreue auf, mit welcher der verf. seine aa-
sichten vorträgt, und wenn man auch seinen positiv christliclieB
standpunct nicht teilt, so ersieht man doch einerseits leicht, dasi
dieser bei ihm nicht Uo» ein anerzogener und angewöhnter, son-
dern das resultat seines eigenen denkens und seiner bekanntsduit
mit allen gebieten des modernen wissens ist, anderseits aber wird
man um so weniger der Temiehtenden kxitik mistrauen dürfen, die
das Wiesesche System gerade Tcm dieser seiie erfahren hat. beson-
ders aber mttssen wir, so wenig wir uns in xeligiös-kirchhcher lun-
sioht theoretisch mit dem ver&sser eins wisssii und so wenig vif
uns mit yersdhiedenen einsehien gerade aus diesem seinem stana-
pnnkt gezogenen Schlüssen einverstanden erklären können, dodi
seine deduction über die rmlisiemBg desideals der schule fßr unsere
zeit als besonders gelungen ansehen, er sagt s. 15 £ : 'die nator-
Wissenschaft stellt den satz auf, dasz jeder einzelne mensch in seiner
persönlichen entwickelnng (ontogenie) den entwickelungsgang der
gesammten reihe der orgaaiscimi stufen (phylogenie) dnrchznm<^
habe, ich führe diesen sats, dessen richtigkeit mir zu beweise!
nicht obliegt, nm deswillen an, weil ich dea emwand der anbSog«'
der sog. ezaoten Wissenschaften gegsn mnne argiimentation8D^<j^
von yoxn herein abschneidMi möchte und idi mich für eine
deren Wahrheit mir zwar auf einem anderen wege einleoflbt^^^
worden ist, anch der beweisformen zu bedienen nicht verschmSo^
will, in welchen diese dasse von denkem heimisch ist
prindp der natondssensdiaftai, auf die geistige seite des mensf ^
angewendet, würde lauten: der einzcdne mensch mm io
indiTiduellen ausbildung (ontogenie) den ganzen weg zorttckl^
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C. Alezi: das höhere unterrichtswesen in Preuazen. 441
welchen die gesammte menschheit von a bis z, d. h. bis auf den
heutigen tag zurückgelegt hat (phylogenie). hierdurch wäre gleich-
zeitig bedingt, dasz wir auf unseren schulen alle entwickelungs-
stadien der menschheit zu wiederholen hätten', ist dies richtig, so
folgt zwar noch nicht , wie der verf. will , dasz das Christentum als
die letzte entwickelungsstufe in der schule die hauptsächlichste be-
rücksichtigung zu finden hätte — denn die universelle riohtung des
modernen geistes ist gerade jetzt in directen gegensatz zum posi-
tiven Christentum getreten — wol aber, und darauf kommt es uns
mit dem verf. hauptsfioblich an, dasz die antik-classische bildung
zwar ein notwendiges aber nicht das einzige glied in der mensch-
lichen entwickelung ist und dasz auch die folgenden entwickelungs-
stnfen, namentlich der culturinhalt der ohristUch-germanischen weit
des mittelalters grtaere berttcksichtigong verdienen, so sehr sich
nun der verf. in bezug auf den grnndcharakter der schale eins fiCUilt
mit Wiese, so sehr unterscheidet er sich von ihm in der concreten
dnrchrührung desselben, er verurteilt die resultate der bisherigen
Organisation ziemlieh scharf, er findet, dasz *in der speciellen durch-
ftihrung des höheren Schulwesens wesentliche und entscheidende
misgriffe gethan worden sein müssen, weil der durchschnitt der auf
den höheren schulen und den universitftten gebildeten mSnner in
inteUectneller beziehung, bei oft enormen kenntnisseil, dennoch in
seiner mehrsahl den endsweck alles Wissens so schief aufifosse und
in seinem gemlltsleben wie im Charakter vielfiu$h hinter den froren
gomtionen, die sich unserer bildungsmittel nicht erfipenten, zurück-
geblieben sei.* interessant ist der nachweis des verf., dasz die preu-
szisehe nnterrichtsyerwaltong, das ziel, das sie sich gesteckt, nem-
fich durch den christlichen geist der schule in staaüicher hinsieht
dem geiste der rerolution entgegen zu arbeiten und den sinn fCbr die
jiistorischen erworbenen rechte in der jugend wieder zu wecken und
in nationaler hinsieht das eigenartige deutsche wesen von den aus-
ländischen beimischungen zu reinigen, durchaus nicht erreicht habe,
oehabe sich in der wähl der mittel gewaltig geirrt, sie habe, statt
^e lebendig christliche und ausgeprägt nationale bildung zu schaf-
fen, vielfach das gegenteil erzeugt, nemlich ebne materialistische und
negieroide zeitrichtung ; sie habe, anstatt Charaktere und klare kOpfe
sn erziehen, zum teil ein geschlecht herangebildet, das im puncto
der moral lax und in der erkenntnisz unklar sei. endlich habe sie
nch der tSuschung hingegeben, dasz der lehrkörper ein willenloses
Werkzeug sei, dem der geist reglementmäszig vorgeschrieben wer-
den k0nne. und das habe sich furchtbar gerächt, weit entfernt von
dem christlichen geiste durchdrungen zu werden, würden die schtiler
nicht einmal mit den rudere der christlichen culturelemente vertraut,
nnd was. den eigentlichen religionsunterricht anbelange , so sei man
nioht dazu gelangt, die christliche religion der sonstigen bildungs-
stofe der schtiler angemessen zu behandeln und schon hier der ab-
inrung vorzubeugen, in welche unsere zeit gerathen sei, religion
N. Jahrb. f. phiU a. päd. U, abU 1S7S. h(U 9, 29
442 C. Alexi: das höhere unterrichteweseu in Prcuszen.
und Wissenschaft als feindliche gegensätze zu behandeln, die fragen,
welche der natürliche verstand stelle, seien unheant wertet geblieben;
an stelle der schule spreche Rom und der von jeder auctorität sich
losreiszende subjectivismus. man sieht, der verf. geht dem Wiese-
schen Systeme von dessen eigenem standpunct« aus scharf zu leibe,
indem er den nachweis erbringt, dasz dasselbe, um seine ziele zu er-
reichen, mit grundfalschen mittcln operiert habe, dabei zeigt aber
der verf. auch zugleich, dasz im grund genommen sein cbri>tliclier
standpunct durchaus nicht jener engherzige des alten dogmatismus
ist, sondern dasz er jenes Christentum im auge hat, das mit den mo-
dernen culturideen und dem logischen bedürfnisse des menschen
versöhnt werden soll, auf diesem letzteren standpunct wird nun un-
serer ansieht nach die schule, wie weit die akademische Wissenschaft
in der philosophiaoben formnlierung der ethischen grundwahrbeiten
auch gehen mag, vorläufig noch lange stehen bleiben müssen, weil
ja doch dem kindlichen gemttte auf der untersten alterstofe gemse
Wahrheiten und Anforderungen der moral sich nur in greifbami,
dem jugendlichen verstände faszbaren formen beibringen lassen
und es unmöglich ist von dieser dogmatisohen form ohne Termittlimg
zur reinen abetraction hinüber zu springen , und weil es überhanpi
die historische continuitftt nicht gestattet, mit der TergangeBbsit
und ihren ideen mit einem male abzubrechen, gibt man dies zn, so
wird man selbst von nicht kirchlichem standpunct ans d«D
Schüler die einsieht in das Christentum in umfangreicherem masze
bieten müssen, um ihm den Übergang zu einem reiferen denken, das
such der verf. will, zu erleichtem.
Alexi will, getreu seinem principe, dasz die entwickelung des
einzelnen, d.h. hier des schülers eine Wiederholung des ganzen Mflitt>
ganges der menscbheit in der yorstellung sein soll, nicht bloez
das antik- classiscfae dement, das sieb naeh demselben prindpals
notwendig ergibt, Tertreten wissen, sondern es soll ebenso die christ-
liche entwiokelungsperiode der menscbheit in dss bewusstsein asf-
genommen werden, wir geben bierin dem Terf. nicht unrecht, nur
glaub«! wir, dasz aus demselben prindp sich mit notwendigkeit aodi
die fordemng ergibt, die ermngenschaAen dw modernen ideen nicht
weniger ausgibig der Jugend zum bewusztsdn zu bringen oder we-
nigstens in einer weise Torzubereiten, dasz der libergang zur hoch-
s<£ule nicht allzusohroflf sich ▼ollslebe.
Der Ycrf. will aber die jetzige schule nicht bloss negiereD, er
will auch positiy aufbauen, seine oiganisation besteht kiurs in fol-
gendem, die schule besteht aus einem untergymnasium ssd
einem obergymnasium. das untergymnasium reicht bis ober-
secunda einschliesslich naeh deren absolvierung der sckder
ein ezafmen in aller form ablegen musz, welches Ton den lehren
der obersecunda unter yorsitB des directors abgehalten wird und über
das ein f^Srmlicbes aeugnisz ausgestellt wird, welches gewisse staat-
liche berechtigungen ertheilt, &lls der schfller die anstalt yerlasaes
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G. Alexi: das höhere unterrichtswesen in PreusseiL 443
will, trotz der verringerten Stundenzahl hofft der verf. von der von
ihm vorgeschlagenen methode , dasz sie den schüler in stand setzen
werde nicht nur ebenso brauchbare positive kenntaisse sich zu er-
werben, sondern sogar mehr wesentliches und dieses gründlich sich
zu eigen zu machen, die Verbesserung der methode soll zunächst be-
stehen in einer energischeren Übung und anstrengung des gedöcht-
nisses auf der Unterstufe, auf der das judiciöse verfahren noch aus-
zuschlieszen ist, vrodurch eine gröszere Sicherheit in allen gedächt-
niszmäszig anzueignenden dingen wie formenlehre u. dergl. sich er-
zielen lasse, damit hängt dann zusammen, dasz umgekehrt mit den-
jenigen gegenständen, die Judicium erfordern , wie z. b. planimetrie
und algebra nicht zu früh begonnen werde, femer sollen bämmtliche
wissenschaftliche Unterrichtsstunden, die die zahl 24 in der woche
nicht überschreiten dürfen, auf die Vormittage verlegt werden, wäh-
rend nur die sogenannten technischen stunden auf die nachmittage
fallen sollen, da beim wissenschaftlichen nachmittagsunterricht im
winter nicht viel, im sommer so gut wie nichts herauskomme, eine
wesentliche erleichterung ferner findet Alexi in der einfUhruug von
halbjährigen grammatischen pensen , sowie in der zweckmäszigeren
Verteilung der lehrstunden auf die einzelnen tage, indem mehr die
verwandten gegenstände einander folgen sollen, und in der einrich-
tung, dasz in einer und derselben classe möglichst wenig lehrer
unterrichten, schlieszlich soll immer nur ein autor und nicht mehrere
zu gleicher zeit gelesen werden, weil dadurch der schüler etwas ab-
geschlossenes erhalte und nicht gezwungen werde , sich zu gleicher
zeit fUr vielerlei za interessieren und sich so eine geistige zerfahren*
heit anzuerziehen, ist nun auf diese weise die systematisch - gram-
matische büdung in latein, griechisch, franzOdisch abgeschlossen,
die planimetrie und algebra incl. der gleichongen höheren grades
darchgenommen, die besten autoren so gelesen, dasz der schüler
einen genusz am Inhalte haben kann, erstreckt sich die geschichts-
isenntnis desselben über das gesammte gebiet des altertums und die
vaterländische Vergangenheit, ist das gedächtnis und die phantasie
geübt und die denkkraft geschult — dann ist die bildung bis zu dem
grade erzielt, dasz sie nun auf die probe gestellt werden kann, diese
probe soll nun im obergymnasinm (prima) abgelegt werden,
dieses obergymnasinmserMlt aber in zwei cöten, einen gym-
nasial- und einen realcOtns. der gymnasialcötus erhält 2 stun-
den deutsch (insbes. alt- nnd mittelhochdentsch), 4 stunden lateinisch
und 4 stunden griediisch, zusammen 10 stunden, der realcötos statt
dessen 4 stunden mathematik, 4 stunden natnrwissenschaften und
2 stunden geographie, also ebenfolls 10 standen, dazu kommen 10
stunden fOa beide oöten, in denen sie gemeinsam unterriebtet wer^
den, d. h. 5 stunden gesduchte inel. cultur- und religionogeschichte,
3 stunden neuere Uterator des deutschen Tolkes mit berttoUchtigung
der wichtigsten erzeugnisse der literatur der fremden y01ker, inso-
wdt dieselben auf die deutsche literatur bezug haben und 2 stundoi
29»
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444 C. Alexi: das höhere unterrichtswesen in Preoftzen.
philosophische Propädeutik (psychologie, logik und geschiebte der
Philosophie), neuere sprachen sind in prima facultativ. im einzelnen
heben wir noch hervor, dasz der verf. den lateinischen aufs atz
gänzlich abgeschafft und den deutschen in der form wenigstens,
wie er jetzt besteht, beseitigt wissen will die bisherige form des
letzteren gehe einesteils meistens über den horizont des Schülers,
anderesteils werde ihm durch dieselbe der geist der lüge eindressiert
und die Selbständigkeit systematisch ertödtet. der verf. sieht also in
Übereinstimmung mit C. Peter den jetzigen deutschen aufsatz als
'eine Übung in der sophistik' an. ^weil dies in deutscher
Sprache geschieht, so gibt man der ganzen sache die harmlose be-
Zeichnung : deutscher aufsatz.' Alexi will aber keineswegs die scbrift-
Heben arbeiten verbannen, im gegenteil, er will, dasz in allen
gegttnst&nden schriftliche arbeiten gemacht werden, natürlich unter
aufsieht des fscblehrers. das habe vor der jetzigen bebandluog den
▼onag, dasz der sachliche inhalt Ton einem facbmanne durchgenom-
men und beurteilt werde, wfthrend jetzt der lebrer des deutschen de
Omnibus rebus et quibusdam aliis unterrichtet sein und schraiben
lassen müsse.
Besonders warm tritt der verf. für den lehrerstand ein. er ver-
langt viel von ihm , namentlich auch hinsichtlich seiner ansbildimg,
in welcher beziehung besonders sein Vorschlag betreffs der erricbtnng
yon seminargjmnasien zu beachten ist. darunter versteht er
bestimmte gymnasien, womöglich in der proTinzialhauptstadt, an
welche die besten lehrkrttfte berufen werden, an diesen haben die
probeesndidaten nicht nur unter der leitung des directora oder eines
lehrers, dem sie aggregiert nnd, bestindig zu hospitieren, sondern
aueh wie in elementarlehrerseminarien die lectionen sohrifllich m
zuarbeiten und auszor dieser praktischen Schulung theoretische an-
leitung in pSdagogik und methodik zu empfsngen. entsprechend
den grosseren anfordorungen will aber auch Alexi den stand gehobes
wissen, einmal durdi errichtnng eines ehrenraths, der in tim-
lieber weise wie derjenige der preuszischen reohtsanwftlte die ehren-
Sachen des Standes wahrzunehmen hfttte, ferner durch genaue fine-
rung der rediie des lehrereollegiums gegenfiber dem däector, sowie
der befugnisse des directors innerhalb des collegioms und gegenüber
der Yorgesetsten behOrde, durch absehaffung der sog. revision der
abiturientenarbeiten durch die * wissenschaftliehen prOfiEmgsconua-
sionen* und die entlastnng des directors von administrationsgescbSf-
ten. diese ebenso kurz wie trefllmd entwickelten TorsdilSge ^
yerfl verdienen besonders beachtet zu werden.
Am Schlüsse entwickelt Alexi seine yorsehlSge zn einem neoes
bereöhtigungswesen, wobei namentlich der von ihm gemachte mtov
schied Yon freiwiUigen I und II classe berücksichtigung verdiesi
danadi berechtigt absolvierte obertertia zwar zum eintritt in die
armee als einjähriger freiwilliger, aber diese freiwilligen sind mm
reserre* (landwehr-) officierexamen nicht zuzulassen, die berechti-
Klopttockiana.
445
gaog der Zulassung zum reserreoffioierexameii ist nur auf grund
eines Zeugnisses des bestandenen formellen ezamens naoh absoMer-
tem Untergymnasium (obersecunda) zu erhalten.
Es würde Uber den rahmen eines solchen artJkels weit hinaus*
gehen, wenn ieh alle die genannten yorschlSge einer eingehenden
kritik unterziehen wollte, wenn man auch die gegenwBrtigen schul-
mstSnde nicht ganz so schlimm finden mag, wie sie der verf. im
ersten teile seiner schrift dargestellt, so mnsz man ihm doch in einer
reihe yon einzelnen punoten entschieden recht geben und was seine
positiTen vorschlBge anbelangt, so enthalten sie nicht nur so viel
des neuen und beachtenswertiien, sondern sind auch durchgehende
in einer so einleuchtenden und scharfen beweisfOLhrung begründet,
dasz man eine eingehendere Würdigung derselben wol kaum wird ab-
weisen können«
MÜLHAUSBH IM ElSASZ. M. ZCXLIiBR.
48.
ELOPSTOCEIANA.
Wie sich das leben Klopstocks in drei perioden gliedert, so
können wir auch drei freundeskreise, die sich um ihn bilden , unter-
scheiden, den Halberstädter, den Kopenhagener und den Hamburger.
Verweilen wir zunächst bei dem ersten, als dessen mittelpunct
wir Gleim, den begeisterten freund der dichter und — dichterlinge,
bezeichnen dürfen.
Im mai 1750 gab Klopstock seine bauslehrerstelle in Langen-
salza auf, noch unentschlossen , olj er zu Bodmer oder zum grafen
Bernstorf gehen sollte, er wandte sich zunächst nach Quedlinburg,
nm bei seinen eitern einige tage zu verweilen, in Halberstadt lernte
er Gleim kennen, mit dem er ein inniges freundschaftsbündnis
schlosz. es eröffnete sich für ihn durch Gleim eine aussieht auf eine
stelle am carolinum in Braunschweig, die ihm Jerusalem anbot, er
entschied sich jedoch für Bodmer. Gleim nahm ihn am ende der
ersten juliwoche nach Magdeburg, wo sie bei einem kaufmann ßach-
mann abstiegen, hier verlebte man auf der glücklichen insel, dem
sog. Elbwerder, herrliche tage, ein brief Klopstocks an Fanny vom
10 und 11 juU gibt uns von diesem auf enthalt eine ausführliche
beschreibung.
lieber den kaufmann Bachmann in Magdeburg ist bis jetzt
nichts weiter bekannt, als dasz er ein reicher und gebildeter mann
^ar. so nennen ihn Gruber, Paldamus, Klamer Schmidt, Schäfer,
Lappenberg. Klopstock selbst bezeichnet ihn in dem eben genann-
ten briefe als einen 'kenner der religion, der naturlehre und der
schönen wiasenfichaAen, von dem man im eigentlichen yerstande
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446
sagen kann, disz die redliohkeit auf seine etim geschrieben m»*
Gleim nennt ilm in einem briefe an Schlicbtegroll *gelelirter als
Magdeburg;^ (gelehrte.* Baohmaan selbst war mit Elopatock nicht
befreundet, sondern der dichter kam durch Gleim in das Bachmann*
sehe bans, in welchem Snlser als lehrer der beiden s0hne Bachmaons
lebte, Bacbmann, 1706 zu Magdeburg geboren, gehSrte zu der
Pfttzer colonie, welche durch das gnadenedict des hochherzigen kor*
forsten von Brandenburg Friedrich m Tom 25 mai 1689 die er-
laubnis erhielt sich in Magdeburg anzusiedeln, er besuchte die
Friedrichsschule, eine Stiftung des ersten kOnigsYonPlrenszen, welche
sich unter der leitnng des gelehrten rectors Georg Herzog befand,
und legte hier den gmnd zu seiner büdung, die er später durdi ein
fortgesetztes Studium der altdassischen, sowie der englischen und
französischen litteratur noch vergröszerte und yertiefte. 1730 be-
gründete er ein manufacturgeschSft, welches sehr bald eine grosze aus-
dehnung gewann, trotz seiner lebhaften geschäftsverbindungen war
er bestrebt, teils durch eine geordnete lectüre teils durch den um-
fang mit den kenntnisreichsten männern der stadt seinen sinn für
die schönen Wissenschaften zu veredeln, besonders gern verkehrte
er mit dem bekannten prediger Aug. Friedr. Wilh. Sack, der 1740
einem rufe als hofprediger in Berlin folgte, nachdem er dann einen
hausstand begründet hatte, berief er 1743 Sulzer aus der Schweiz
in sein haus , damit dieser die erziehung seiner beiden söhne leitete,
bald trat Sulzer in Verbindung mit Gleim, Lange, Doris Lange und
Meyer, und beteiligte .sich mit diesen an der litterarischen bewegung
der zeit, auch nachdem er 1747 an das Joachimsthalsche gymnasium
in Berlin berufen war, blieb er mit dem Bachmannschen hause in
steter Verbindung und verheiratete sich 1750 mit einer nichte Bach-
manns, nach drei jähren starb Bachmann, er hinterliesz zwei söhne,
der jüngere, Heinrich Wilhelm, übernahm nach dem tode seines
bruders (t 1755) das geschäft und ist derselbe, den Klopstock bei
seinem ersten besuche in Magdeburg sah und von welchem er in
dem oben erwähnten briefe an Fanny sagt : 'Bachmanns jüngster
söhn von 13 jähren und von Sulzer gebildet, wurde ein mittelding
von freund und freundohen. er war schon zu ernsthaft, als dasz ich
ihn hätte freundchen nennen können.' von seinem vater hatte er die
liebe zu den schönen Wissenschaften geerbt, von Sulzer war sie ge-
pflegt und gefördert worden, er ist es, der in den briefen der Schön-
geister jener zeit häufig genannt ist und den wir als freund Klop-
stocks, Gleims, Zachariäs u. a. kennen lernen. Pröhle erkannte
zuerst , dasz vater und aohn getrennt werden müssen.
In den sechsziger jähren bildete Bachmann den mittelpunkt der
litterarischen bestrebungen Magdeburgs, als die Earschin in den
jähren 1761 und 1762 im hause der obnstlieutenant von Beiebmann
zu Magdeburg lebte, zeichnete Bachmaim die dichterin vielfach aus,
unter anderm auch dadurch, dasz er ihren geburtetag (1 december)
durcfi eine gesellschaft feierte und bei dieser gelegenheit der dicb-
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Klopstockiana.
447
terin eine goldene feder ttberreichen lieez, damit sie mit dieser die
von der prinzessin Amalie gewflnschte passionscantate sebrieb. diese
ganze feier besdureibt ein tbeOnehmer der gesellscbaft in einem
briefe an denmäler Oeser in Leipzig, den Edrte in den Zeitgenossen
(1831) verGfiiBntlicbt bat. Bacbmann ist es femer, der eine snb-
scription zur berausgabe der gedicbte der Earscbin venuilaszte nnd
dadurch der dicbtenn eine einnähme von 2000 thlrn. gold verschafite«
auch litterarisch thfttig war er, indem er zu einer von Patzke berans-
gegebenen Zeitschrift Mer greis' mehrere beitrftge lieferte, nament«
Udi flbersetzungen ans Sallnst, Horas, sowie bearbeitnngen aus dem
Ossian.
Als sich Elopetook im sommer 1762 von Kopenhagen wieder
nach Deutschland begab , lebte er abwechselnd in Quedlinburg bei
den seinigen oder in Halberstadt bei Gleim, auch Bachmann wünschte
den dichter zu sehen, er schrieb an Gleim am 2 august : 'ich höre
von der Karschin, dasz Sie den brunnen trinken und dasz hr. Klop-
stock bei Ihnen ist. ich würde mir einen ewigen Vorwurf machen,
wenn ich diese gelegenheit ihn zu sehen vorbeigehen liesze. wollen
Sie einen tag zum rendezvous auf dem stufenberge festsetzen und
hrn, Klopstock mit sich bringen? die Karschin hat keine ruhe, bis
sie den göttlichen sänger der Messiade gesehen hat. sie schrieb letz-
lich bei mir den einliegenden brief an ihn, der kein brief ist. ich
habe ihn an mich behalten, weil ich glaube, dasz er ihrer nicht ganz
und gar würdig ist und hr. Klopstock daraus gar zu bald die Un-
gleichheit ihres genies wird kennen lernen, machen Sie damit, was
Sie wollen.' sicherlich fand eine Zusammenkunft auf dem stufenberge
statt, doch läszt es sich aus den vorhandenen briefen nicht nachweisen.
Im sommer des folgenden jahres reisten Gleim und Klopstock
nach Magdeburg. Gleim blieb nur einen tag. Klopstock brachte
eine woche bei dem ihm befreundeten Bachmann zu. er arbeitete in
dessen garten an dem trauerspiel Salomo. es wurden, wie er selbst
an Gleim in einem bei Klamer Schmidt II 158 gedruckten briefe
vom 28 juli schreibt, noch ein paar kleine scenen fertig, 'hat Ihnen,
heiszt es darin, Bachmann gesagt, dasz Ihr könig und ich einander
ein compliment sehr in der nähe gemacht haben? er fuhr dicht
unter dem walle weg und ich stand mit Rolle (er war musikdirector
in Magdeburg und hat sich durch die composition Patzkescher und
Niemeyerscher Oratorien bekannt gemacht) am thor, wo man hin-
untergeht.' Klopstocks Salomo erschien 1764 in Magdeburg, der
bucbhändler Daniel Christian Hechtel übernahm den vorlag und be-
zahlte den d ruckbogen mit zwei louisdor.
Zu dem Magdeburger foenndeskreiSf in welchen Klopstock jetzt
getreten war, gehörten auszer dem bekannten bofrath von Köpken
auch Joh. Sam. Patzke und Karl David Küster; der erstere war pre-
^iger an der heiL geistkirche (nicht professor^ wie Heinrich Kurz
*agt), der andere prediger an der deutsch-reformirten kirche. beide
waren litterarisch thätige mftnner. Patzke begründete mit Bachmann
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448
Klopttoekiaiia.
und Köpken die mittwocfasgeMllschaft, welche die auzgeMiebnetstes
männer magdeburgs vereinigtei und gab Ton 1763 an mn» litteoi»
xiBche zeitsolurift *der greis' hmm^ welelie in 16 teilen erschien oad
zn welcher auch Bacbmann, wie schon erwähnt, beitrage lieferte,
spiter — es war in den jehren 1772 und 1773 — gab er eine an-
dere unter dem namen *der wohlthäter' in sechs teilen beranSy die er
zur Unterstützung der armen Magdeburgs in der seit der theoeniBg
schrieb, «ach ist PftUke sls llbersetier des Tacitus und Terenz, 80>
wie eis Verfasser mehrerer cantaten und Oratorien bekannt, der
andere, Karl Da?idKflster war auf dem gebiet der praktischen theo>
logie dorch herausgäbe von casnalpredigten Aberaus thitig. auch «r
gehörte sa dem Bachmannsdien kreise. *wann wird, so schrieb er
am 15 aagnst 1768 an Gleim, br. Klopstook auf der rflekreise la
uns kommen? yersichern Sie ihn Bachmanns and mdner grossen
achtong and liebe.* Elopstock erfOllte den wansch der Magdobuger
freonde. er. kam aof der rOckreise nach Magdeboig and Uieb toi
Wochen bei Bachmann« an Ebert schrieb er ans Qaedlinbar)g: Hdi
reise den dritten f dertag von hier and über Magdebori^ wann 8b
mir bald schrdben mögen, so wird mich swm tsge nadi dem feste
Ihr brief in Magdeburg bei heim Bachmann antiäfon.' Bachmsim
erhielt Ton ihm den aaftragf die neae aosgabe der fingmente des 90.
gesanges von Msgdebuig ans Ebert sosascbicken. (Lappenberg,
briefe von and an Elopstock, s. 154.) Klopstoek wohnte wieder saf
der glücklichen insel and war sehr hSafig mit KOpken msammsi*
ein gartenhaas trag nodi im anftng dieses jahrhnnderts seineii namea
und war mit seiner bllste geschmflckt beim amhen des wohnbanses
fand der jetoge besitser des gartens eine stabenthllr, in welchw der
name Klopstoek eingeschnitten war. and noch heute findet sieh da-
selbst eine der sage nach Yom dichter gepflanste pendelirende esdie,
deren zweige sich an einer kröne wunderbar sosammengeschlossen
haben.
Klopstoek hatte durch seine oden und seinen Messias eine grosze
berühmtheit erlangt. 1757 kam dazu sein trauerspiel Mer tod
Adams', auch dieses stück nahm d&6 auälaud mit begeisterung auf.
in dem englischen Journal *the monthly review' erschien nicht nur
eine günstige beurteilung des Stückes, sondern es wurde auch eine
britische Übersetzung angepriesen und stellen daraus angeführt,
ferner wurde das stück nach einer französischen bearbeitung vom
grafen Carlo Gozzi in italienischer spräche überarbeitet, die franzö-
sische Übersetzung enthielt eine vorrede, diu den wert dieses sttickes
kritisch und sehr gründlich beurteilte, alle diese recensionen und
Übersetzungen erbat Gleim in einem an Patzke gerichteten briefe
vom 23 october 1764 für den oberprediger Fried. Gabr. Resewitz
in Quedlinburg, der ebenfalls zu den freunden Klopstocks und Gleims
gehörte. Patzke sollte die englische Zeitschrift nebst den übrigen
piecen aus Bachmanns bibliothek aussuchen , da dieser verreist war,
oder durch Köpken von einem andern freund der musen in Magde-
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Klopstockiana.
449
borg erbitten. Fatzke koonte die bitte des freundes nicht erfüllen,
da weder Bachmann noch Köpken in Magdebung anwesend waren,
und da er daran zweifelte, dasz fraa Bachmann die erlaubnia erteilen
wttrde, die Zeitschrift auf Baehmaans stube aufzusuchen, zuletzt
sprach er in seinem briefe vom 28 october seinen dank fllr die
prächtige ausgäbe der Messiade ans, mit der ihn Gleim erfreut hatte;
*weil idi sie aber, so schreibt er, von dem göttlichen sftnger des
Messias sdbst empfangen habe , so habe uAk den gebrauch von Ihrer
gttte gemacht, die 8ie selbst bestimmt haben, und Ihr geschenk
tmserm alten Goldbagen gegeben, er freute sich wie ein jttngling
mid wird Ihnen bescmders wie ein mann denken, der den wert des
gesohenkes Terdient.' Goldhagen war reotor des domgymnasiuma
in Magdeburg und ist als flbersetzer des Herodot und Pausanias, so-
wie der römischen und griechischen anthologie bekannt, in dem-
selben briefe bemerkt Patske noch, dass Heehiel keinen grund haben
könne, sich über den schlechten verkauf des 'Salome* zu beklagen»
da er dodi bereits zweitausend exemplare yerkauft habe. *doch Sie
wissen, was buchhindler sind% setzt er hinzu.
Der eben genannte Bosewitz inQuedlmbuxg, den Gleim in einem
bei Klemer Schmidt II 168 gedruckten briefe an Elopstock als den
deutschen Flutarch bezeichnet, Mer uns Idiren wird, wie man den
Kbpstock lesen soll', ein freund der schönen Wissenschaften, stand
mit Elopstock in lebhaftem briefwechsel. er meldet seinem freunde
Gleim am 18 november 1764, dasz am dritten teil des Messias
nftehstens würde gedruckt werden, sobald das papier dazu aus Hol-
land angekommen sei , welches bereits unterwegs sei. *die abhand-
lung vom silbenmasz, heiszt es weiter, wird bald fertig sein.
Pireisler hat schon lettern dazu gezeichnet und Breitkopf soll sie
gieszen. dann soll sie auf subscription o^edrackt werden, das kann
ich Ihnen aus einem briefe von unserni Klopstock erzählen, den ich
vorgestern erhalten habe, er scheint in seinem fleisze fortzufahren,
er will, dasz ich die abhandlung vom silbenmasz ins französische
übersetzen soll, was sagen Sie dazu?' und am 1 mai 1765: 'Sie
haben recht, dasz unser erster vorsatz in absieht des 'todes Adams'
mit dem einfall, den ich zum besten des ^Salome' gehabt, zugleich
bestehen kann, mündlich wollen wir das in einander passen, wie
ich von Hamburg aus vernehme, läszt Elopstock jetzt am dritten
teile des Messias drucken,'
Gleim und Bachmann faszten 1767 den plan zur gründung einer
typographischen gesellschaft, um dadurch dem nachdruck, der damals
in beispielloser weise sein wesen trieb , zu wehren und durch selb-
ständige Übernahme des Verlages der bücher den Schriftstellern einen
gröszeren anteil an dem erlös ihrer werke zu sichern, auch Klopstock
wurde in den plan hineingezogen, er interessirte sich sehr dafür,
Bachmann schreibt darüber an Gleim in einem brief vom 8 mai
1767: 'Klopstock scheint von unserer typographischen gesellschaft
einen gröszeren begriff zu haben, als wir vor der band werden aus-
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450 Phüologiiehe prognunme deotMher höherer lehrangtalteB.
fOhren kOnaeii. er denkt, dasi eine dfiiekerei and sehrifl^giesnra
damit verbmiden sind, nnd will mir PrdslerB teicfannagen aehiokaii
der anf eein begehren onaere lettem ein wenig anders gelMldet hL
er bittet mich, ihm nnsem plan mitrateilen nnd Tenpricht einig»
anmerinmgen darttber za machen, ieh liebe den anaftthrer, sagt er,
aas vielen nrsaehen, nnd auch deswegen, weil er der anafUhrer einer
idee ist, die ich wenigstens so lange als 01dm geliabt habe. (NR
ich habe ihm nidit geschrieben, dassSie an der gegenwirtigen nni»-
nefamnng teil bitten.) was soll ich ihm antworten? was soll ieh ihm
auch in ansehnng seiner tragödie nnd seiner oden, die er der gesefl-
Schaft geben wiU^ antworten? er schreibt mir: «ich will in abgidt
aaf die condition, die Sie den scribenten machen werden, anf keine
weise Yon den anderen nntersohieden sein, wenn ich nicht nodi
mntter nnd geschwister hfttte, die meinen beistand braachten, so
würde ich Sie bitten, dasjenige, was mir nach den gewfthnlkiien be-
dingungen anfiele, denen scribenten su geben, die es nötiger als iek
bitten, weil ich mir die freibeit vorbehalten will, irgend einmal eine
edition nach meiner pbantasie zu machen , so werde ich dasjenige,
was ich Ihnen überlasse, allezeit auf die bedingung einer gewissen
zeit Überlassen.» — glauben Sie nicht, dasz es gut wäre, man offe-
rierte ihm einen gewissen anteil an dem ausfall des Verlags seiner
werke? obgleich dies in anoehung unserer mit verschiedenen Schwie-
rigkeiten verknüpft ist.'
(schlius folgt.)
Verden. H. HoLarBor.
(16.)
PHIIiOLOQISCHE PBOGBAMME DEUTSCHEB HÖH£fi£B
LEHRANSTALTEN,
(fortietmng.)
Elbino. gymnasium. 7 classen, 12 lehrer, 294 echüler, 18 abit. —
Sobaltit 'de poetiees ArittoteUcae principiis'. es erscheint beute kühn,
über Ariitotelee und die principien seiner philosopbie nitredeo la wol-
len, die notersuchang birgk ihre eigenen schwierigk^teo. verf. will
die art und den umfanj^ der meinunpsverschiedenheiten über die frage
snm gegenstände seiner abliandlung machen, zunächst billigt verf. die
beschränkung der ersten wiederhersteiler des Arist. auf die darlegacg
dee wichtigsten, Jetst aber sei die seit der kritilc gekommen, wenn andi
nicht über alles zur klarheit gelangt werden könne, weiter teilt er
mit, was ihn znr behandlnng der poetiees principia veranlaszt habe;
es ist das wesentlich die über dieselben herschende Unklarheit, zuerst
will er die Stellung der tioir)TiKri in der philosopbie erörtern, er tadelt
auntlehst, dasi Ariatotelef keine begrmbeBtimmnng vorangesebiekt
habe und hebt dabei hervor, dasz der begriff der philosopbie selbst bei
Aristoteles kein einiger seL die mehrfaehen begriffe der phüosopbii
u kju,^ cd by Google
Fbüologische progiamme deutsoher höherer lehraoBtalten. 461
sucht verf. nun zu vereinigen, er klagt dabei, dasz die grenze zwiBchen
•svahrer philosophie und den niederen erkenntnisgraden nicht gegeben
sei, was jedoch kein fehler der Aristotelischen philosophie allein, son-
dern ein solcher des gansen altertnme sei. letsteres wird oaehsaweiien
versucht, dabei kommt verf. auf dio bekannte dreiteilung der gesam-
ten philosophie in log^k, physik, ethik, die auch Aristotoles habe, doch
gehe neben ihr noch eine andere her, die teilung in theoretische und
praktische, die den späteren als wahre Aristotelische trennung erschien,
diese diTieio aber hat nach dem Terf. die ansieht des Aristoteles nicht
genau wiedergegeben; in der metaphyeik gibt er eine dreüeilung in
theoretische, praktisclie, poetischo, philosophie. diese einteiuing ist in
der Nicomuchifichen ethik geboten, deren sechstes buch zwar angezwei-
felt wird, aber seinen gedanken nach doch als Aristotelisch anzusehen
Ist es treten aber gleich wol differensen zwischen den hier gegebenen
Ansichten nnd anderen stellen henror, aneh zeigt die hier einschlägige
stelle der Nicomachischen ethik donkelheit und kürze, daraus ergeben
sich Schwierigkeiten, welche verf. näher erörtert, zunächst wird der von
Empedokles entlehnte gedanke einer Verwandtschaft zwischen den er-
kennbaren dingen und dem erkennenden gegenständ der erörterung.
der gmndsati steht aber dem Ar. nicht fest, er bleibt sieh selbst nicht
treu und verwendet keineswegs immer dasselbe teilnngsprincip, ja in
der polemik gegen Piaton verg-iszt er sich selbst so weit, da.sz er jeder
trennung der seelenkräfte widerspricht, die Widersprüche linden sich
iu demselben werke, je nachdem er an der einen stelle Piaton angreift,
an der andern seine eigene ansieht ansspriebt. bei ihm selbst finden
wir bald fünf, ja sechs, bald drei seelenkräfte angenommen, ja in den
ethischen Schriften stellt er die in de anima verworfene cinteilung
wieder her. verf. sucht nun dieses schwanken des philosophen in der
ansieht über die höchsten psychologischen principien zu erklären,
dabei wird gegen Reinkens 'Aristoteles über kunst, besonders über tra-
g9die' polemisiert, weiter will Tcrf. nach der besehaffenheit der beiden
von Arist. angenommenen bestandteile der seele, des der Vernunft teil-
haftigen und des ihrer nicht teilhaftigen, Untersuchungen anstellen,
beide bestandteile sind wieder zweiteilig, die zwei bestandteile des der
Vernunft teilhaftigen teils sind ^iriCTr^^oviKÖv und Xoyictiköv und durch
diese einteilung gelangt Arist. dann cur Unterscheidung der arten der
menschlichen vermögen, des theoretischen und praktischen, wozu dann
noch das poetische kommt, über das verf. handeln will. Arist. unter-
scheidet zwischen TTOietv und irpoiTTeiv, ohne dasz der unterschied dieser
beiden änszerungen des Seelenlebens genau klar gemacht wird, dies ist
gesehehen in dem uns olcht erhaltenen ircpl irotiiTiIiv ß^ßXot t' ^d im
617II0S. verf. teilt dann das wenige mit, was die ethica zur bestim-
mung und erkitlrung des begriffs der troiTiTiKri liefern. Arist. hat an
der stelle, wo es die sache selbst forderte, das zu bieten unterlassen,
wovon alles übrige abhängt, er hat wol auch gemeint, die worte uotelv
und irpdTTeiv seien so deutlich, dasz ihm über ihren begriff und unter-
schied nichts mehr lusnfSgen schien, rerf. wendet sich welter su der
frage nach den momenten, in welchen practice und poetice inter se
concinuut, und spricht eingehend darüber, beide beziehen sich auf die
res contingentes , sowol die acturi als die procreaturi handeln nach
gleichem antriebe, weiter wird erörtert, quibus rationibus diuersae
sint practica et poetice. ein wesentliches moment der Tersehiedenheit
liegt in dem sweeke beider, yerf. gibt in dieser entwicklung so sehr
nur resultate, dasz man einen auszug gar nicht geben kann, sondern
sich genügen lassen musz, auf die arbeit in ihrem ganzen umfange
hinzuweisen, wir möchten am schlusz nur noch das dem verf. anheim-
geben, dasz er doch, wenn er wiederum die Wissenschaft durch arbei-
ten über Aristotelische philosophie oder andere gegenstände des alter-
tnms erfrent, machte statt des wenig durchsichtigen lateins, das er
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452 Pliilologiache prognunme deatscher htiherar lehzanstalteiL
schreibt, die deutsche niuttersprache zur Vermittlerin der ergebnisse
seiner durchaus nicht oberflächlicheu forschuugen machen, philoso-
phische aiitersQchuDg:en iMten sieh alleiBal am besten in der mntter-
spraehe geben nnd werden am liebsten dann gelesen, wenn sie in der
spräche verfasst sind, die dem leser die peläudgste ist.
SoBAU. gjrmnÄslum. 6 classen, 10 lehrer, 176 schüIer im s.,* 15^
im w., 8 abit. — Abb. des gymuasiall. dr. Genz: 'die ServianUche
centurienverfassong: I. kritik des centuriensystmns'. Terf. beginnt wSX
darstelhtnf des dessen* oder eantnriensystems naeh LIt. I 4S, IHonji.
IV 16. VII 39, die ihm all gescbiehtlicb gilt, die stellang der adeesii
relati wird in einer langem anmerkunp begründet, ebenso die über-
lieferten angaben über die bewaffnung der classen. verf. fragt nach
der raison dieser gliederung, nach den moÜTen, aus denen das sjstem
9lck erkitrt. rielleicht bt die frage mit dem sweeke an beantwortea,
welchem dasselbe diente. Livias bezeichnet einen doppelten zwecks
einen friedlichen nnd militurischen, im frieiien könnte es zunächst der
finanzordnung gedient haben, aber es gibt puncte innerhalb des Systems,
an denen deutlich wird, dasz der finanzielle zweck das System nicht
ersengt bat; er wurde nur dnreb einselne institnte der einiiebtong
nebenbei erreiebt. dagegen bildete sie den rahmen der beschlieszenden
Volksversammlung, verf. fragt: wie hat dieser zweck die einzelnen
einrichtungen erzeugen können? diese frage wird erörtert und dabei
auf mancherlei dunkelheiten hingewiesen, anderes erklärt, die classe
ist nur denkbar als complex einer gewissen anzahl von centurien, dieser
waid als beer, als aufgebet gefasst ans gewissen nmstSnden wird ge-
schlossen . dasz die classe des Senrins TOf allem als stimmelasse anf-
zufassen ist, der politische stimmzweck erzengte die classe, ans ihm
erkliirt sich das wesen der classe, die Zahlenverhältnisse der centurien
und classen, anderes erscheint bei annähme dieses Zweckes ganz, an-
deres snm grSssem oder kleinern teile nnerUIrt Tert gebt nna aof
die erörternng des militärischen sweekes nnd der frage, wie sie dem
diente, über, hier bleibt die ganze masse und die gruppierung der
centuriae peditum, damit name und betriff der centurie unerklärt, da-
gegen gibt der militärische zweck über das wesen der equites, fahrig
tnbicines genügende anfklilrung. die eentoriae peditum werden Tom
yerf. als milit&rische, als ganse von 100 mann gefasst. damit sieht er
namen und begriff der centurien als erklärt an, sie bezeichnen einheilen
von 100 mann. verf. geht dann über auf bespreehung der combinatio-
nen Mommsens in 'die rom. tribus^ s. 135—142, durch welche das geheim-
nis der tiervianischen classenzahleu zuerst und allein erschlossen sei,
und stellt snerst Mommsens ergebnisse vor. die clässes peditum stas^
den einst in der schlachtreihe hinter einander, voran die angehöxigen
der In classe als principes, dann die der folgenden der reihe nach,
die centurienzahlen, resp. das genaue Verhältnis derselben innerhalb der
classen ward nach dem Verhältnisse der centurienzahlen innerhalb der
glieder bestimmt, damit sind ^om militftriseben sweek ans die meisten
einrichtungen des eentnriensystems erklärt, nnr das wesen der elasse
blieb militärisch unerklärlich, verf. hebt hervor, dasz er zu diesem re-
snltate nur durch annähme der centurie als wirkliche gelangt ist, dasz
aber die auschauung der alten nur au nominelle, künstlich nach censuS'
sfttsen gebildete centurien verscbiedener grttsse sn denicen erianbL
verf. bemfiht sich, den widerspmeb sn beseitigen, er meint, es seien
für den politischen sweek stimmclassen von wirklichen centurien der
fuszgänger anzunehmen, die möglichkeit dieser annähme wird nach-
gewiesen, die censussätze sind als nur accessorisch zu betrachten, als
sie integrierende teile der einriuhtung wurden, also auf dieser basis
nnr nominelle centurien gebildet wurden, ntohr die elnriebtong eine
wesentliche änderung. weiter kommt Terf. darauf, das politische und
militärische element in der einricbtnng xu sondern, es bestanden von
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Philologische programme deutscher höherer lehranstalten. 453
den einrichtangen einst so viele, als der milUärisehe zweck alleia
iehaffen konnte, an sie puste sp&ter ein poUtiseher sweek die elnssen
«n. im zweiten absehnitt behandelt verf. nun kurz Servias Tallins nnd
seine militärorganisation. es soll der gang der entwicklang des cen-
turiensystems nach den einzelneu Stadien dargelegt ^erden durch ver-
gleichung der übrigen historischen Überlieferung, als Urheber der gan-
sen einriehtung nennt die llberliefernni? den Serrins Tnllins, der als
historische person aufzufassen ist, wie Tarqainios Superbus. auch seine
militärischen einrichtungen sind historische thatsachen, doch sind ihm
keine besondern der plebs günstigen motive dabei unterzuschieben, die
gegen solche motive sprechenden bedenken werden erörtert, es ergibt
ticm durch beaohtnng der nmstiUide, dasi die eomltia oentoriata fiber-
haapt nicht bestanden während der königsseit; sie waren dem Interesse
des königs wie des patriciats zuwider, letzteres konnte sie auch hin-
dern, von Servius ist nur eine miiitärorgauisation ausgegangen, sein
haaptzweck war, die administrative reconstructiou des römischen beer-
Wesens auf der basis der patricisch-plebejischen gesamtbevölkerung«
er fand die centnriae celemm Tor nnd muste dieselben unangetastet
lassen, verf« gibt einen überbliek iiber die geschichte der reiterei bis
auf Servius. was Servius neuerte, wird erörtert, er liesz die celeres
besteben, wie sie waren, neu schuf er 12 ceuturiae equitum. ihr Ver-
hältnis zu den celeres wird besprochen, bei der einriehtung ist an
analogie der pedites in denken, die eent. eqnit. sind centoiiae von
100, nicht ans bestimmtem stände genommen sie standen unter den
legionstribnnen. das hauptgewicht der Servianischen Organisation Hillt
auf die pedites. bei ihrer beurteilung ist von der legio auszugchen,
legio bezeichnete in älterer zeit das ganze aufgebet, Servius übertrug
den begriff auf den einzelnen heerkörper des fossvolks; diesem gab er
die anfstellnng einer phalanz, derselben fOgte er leiehtbewaffnete, 10
centarien rorarii und 200 adcensi ersatsmänner hinsu, oberanfÜhrer der
legion waren 3 tribnni militum. jedes aufgebet umfaszte zwei legionen.
dem Servius ist die bildung von zwei centuriae fabrorum und tubicinum
cornicinumque zuzuschreiben, bei der heereseinrichtung war der modus
der anshebnng ftnsaerst wichtig, die heerespflioht war an den gmnd-
besits geknüpft und auf grund desselben der aushebnngsmodns einge-
richtet, endlich führte Servius auch die regelmäszige musterung ein.
für den wirklichen kriegsfall diente das bei der letzten musterung auf-
gestellte beer, die masterong geschah wahrscheinlich jährlich, der
aebenb^ Terfolgte politisehe sweek lag in der rermenguag der be-
TSlkemng und der herstellung eines organischen Verbandes, der alle
demente einschlosz. der dritte abschnitt behandelt die entstehung der
centuriatcomitien. die revolution bezeichnet eine stufe in der entwick-
lung der ceuturienverfassung. die änderung gieng wol von den patri-
cischen geschleohtern aus, doch hatte das heer einen gewichtigen an-
teil daran, es wurde für die revolution gewonnen durch Überlassung
der wähl der jührliehen magistrate an den exereitus. der von Servius
organisierte exereitus diente im beginne der republikanischen zeit als
wahlkörper. dies wird durch augenfällige gründe erwiesen, das spä-
tere römische kriegsheer bat noch eigentümlichkeiten bewahrt, welche
sieh nur aus seiner einstigen ftinotion als Volksversammlung erkUren.
wie die Übertragung so wichtiger fhnctionen an das heer geschah, darüber
gibt es keine auskuuft. weiter entwickelt verf., wie die patricier dazu
kommen konnten, selbst centuriatcomitien zu gründen, sodann, wie der
exereitus die ihm übertragene neue function übte, und bezeichnet In-
teresse und gesinnuug des patriciats als dabei entscheidend, die cen-
toriae celerum bekamen sechs stimmen, daher snffragia; die vorstimme
erhielten entweder diese oder die ritter, endlich erfanden die patricier
die aufrichtung der centurien nach classes zur abstimmung in sich und
zur abgäbe der gesamtstimme, bis majorität erzielt war, mit welchem
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I
454 Philologische programme deutscher höherer lehraustalteo,
momeiite dM» wablverlahreo abgebroohwi wtirdo. mui fand «neb «ine
weite der abstimmunisr, welebe den ecbein der gereehtigkeit in licli
trug. 80 entstanden die classen des centuriensystems. weiter wendet
sich verf. zu der frage, nach welchen grundsätzen die ccnturien ge-
bildet seieo. er erörtert dieselbe auf das genaueste, er bebt bemr,
dmei BOtwettdig ftUitftrieebe rttekiiebteB fiberwogeo. die ganse efauleb-
tung trlgt einen anvoUkommeDen Charakter an ai^ ud gelt bei vida
wol nur für provisorisch; es hatte das stimmheer ausser der magistr&ts*
wähl keine functionen. weiter wendet sich verf. zur erörterung der
rückwirkuug dieser einrichtung auf den staat. es waren das sehr
■chlimme und der durch sie herbeigeführte unglückselige zustand kau
Hiebt Iftoge gewährt bAbeo. et wurde allen fraien» plebejeni und elin»
ten des volle bUrgerrecht gewährt, dieses ereignis nllt mit der triboi-
Organisation und der Stiftung der dictatur zusammen, jetzt wurden die
20 bezirkstribus gegründet, das organ des erweiterten volks blieb dai
ätiium- und kriegsheer, auf dieses giengen alle rechte des populus Eo-
maniie und der eomitia eoriata über, aaeaerdem keine weeendidiM
Kndemngen in der gestaltnng des exereitus cioilit. eine etwas streigere
schranke gewährte die neue tribusorganisation ; es wurden von nun an
auch feste ceusussätze uud fünf ceusussummen angenommen, aber auch
jetzt blieben sie nur accessorisch und wurden kaum gesetzlich fest-
gestellt, eoadem dnreh den eenslerenden jabreebeamlen. die se eii-
tretende veilndeniBg muste bald bedeutende eoneeqnensen nach sidi
ziehen, diese werden nun vom verf. dargelegt, eine Veränderung der
Verhältnisse in der centurienverfassung trat mit der decemviratgesetz-
gebung und dem beginn der ausgleichung der stände ein. die rer-
schiedenheit in der staatlichen entwicklung vor und nach jenem zeit-
pnnete wird vom verf. erklftri. die deeem^atgeeeisgebnng reguliert«
das verhUtnis der centuriatcomitien, durch sie ward wahrscheinlich die
fünfjährige censusperiode eingeführt, mit ihr rissen der politische und
militärische zweck der centurien auseinander, man muste jetzt davon
abgehen, die einzelnen corps des militärischen heeres aus den einzekeB
eentmien dee poUtieeben an bilden, fo ward der politieehe tweck frei»
indem ceneoesnmnien angesetst worden, welche ihm allein entepradieii.
über diese censußsummen wird noch eingehend gesprochen, ntin war
auch der militärische zweck frei geworden, es brauchte nun die erste i
classe nicht mehr die vier glieder der phalanx zu decken, seit 40^
motte aoeh die vierte claaee in der phalanx dienen, ein beeondsm
musterungabeer worde nieht mehr aofgeetelli, aneh bei der reiterei tob
der jährlichen musterung abstand genommen« erst 460 IBhrte Q. Fabins
als censor die transitio equitum ein. wir schlietEen hier die besprechoog
dieses gehaltreichen programms, indem wir es als eines von den leider
immer verhältnismäszig seltenen bezeichnen, von denen ein auszugi wie
wir ihn gaben, nidit genügt, om sie daraot volletftndig kennen n
lernen.
(forteetiong folgt)
Bartenstein. H. K. Benickks.
u kju,^ jd by Google
Personalnotizen. 455
(14.)
PERSONALNOTIZBN.
(Unier mitbeniitzung des ^centralbl altes ^ von Stiehl und der 'leit*
Schrift für die österr. gymDasien\)
CrBennnniren , befUrderungen, irersetzuiiiceii, anszeichnongen«
Blümel, überl. am gymn. zu Hohenstein, als 'professor* prädiciert.
Bohtz, dr., ord. prof. der univ. Gottiugeu, erhielt den pr. kronenorden
III cl
Bölke, dr., ord. lebrer am Bophiengymn. in Berlin, mm Oberlehrer be-
fördert.
Bruns, dr., ) oberl. am lyceam I in Hannover, als 'professoren''
Capelle, dr. , j prädiciert.
Dolega, dr. , ord. lehrer am progymo. zu Kempten, als Oberlehrer an
das gjm. in Wongrowits bermen.
Eiebenberg, ord. lehrer der realscbnle II o. an Esch- ]
wege, Izu Oberlehrern
Fischer, dr. , ord. lehrer am Kölln, gymn. in Berlin, | befördert.
Friese, dr. , ord. lehrer am französ. gymn. in Berlin, J
Genz, dr., oberl. am gymn« In Hamm, als 'professor* prSdidert.
Glaser, dr., ord. lehrer am gymn. in Wetslar, com oberfehrer befördert»
Göcke, dr.i ord. lehrer am realprogymn. in Diedenhofen, snm reetor
des progymn. in Malraedy ernannt.
Grisebach, dr. hofrath, ord. prof. der uuiv. Güttingen, zum geheimen
regiernngsrath ernannt.
Ofintsel, ord. lehrer am gymn. in Anelam, snm Oberlehrer befördert.
Hanpt, ober], am gymn. in Treptow a. d. Bega, snm ord. prof. in der
theol. facultät der univ. Kiel ernannt.
Hoffmann, dr., ord. lehrer am Kölln, gymn. in Berlin, zum Oberlehrer
befördert.
Hnbatseh, dr., ord. lehrer am progymn. sn Trarbadh, am gymn. sn
FUrstenwalde als Oberlehrer angestellt.
Klehl, dr., ord. lelirer an der realsch. in liromberg,
Kürner, dr., ord. lehrer an der FriedrichsL realsch.
io Berlin,
Kreuts, dr., ord. lehrer an dem städt. gymn. in Danzig,
Meyer, dr., ord. lehrer an der Lnisenst. realsch. in
Berlin ,
Müller, dr. Karl, ord. lehrer am Matthiasgymn. in
Breslau ,
Ufiller, Ottomar, ord. lehrer am kloster u. 1. fr. in Magdeburg, als
'Professor* prSdieieri.
^ordmeyer, ord. lehrer an der realsch. II o. in Magde-
burg,
Pro hie, dr. , ord. lehrer an der Luisenst. realsch. in
Berlin,
Richter, dr. Wilh., ord. lehrer der realsch. am swinger
in Breslau»
'*5anneg, dr. , ord. lehrer am gymn. in Luckau,
ächapke, religionslehrer am progymn. an Neumark
in Westpr.,
Sebirmer, dr., ord. lehrer an der königsst. realsch.
in Berlin,
Scholz, dr., ord. lehrer an der Friedrichst realsch.
in Berlin,
Scotland, oberl. am progymn. su Neumark in Westpr., zum rector
daselbst ernannt.
zu Oberlehrern
beföidert.
zu Oberlehrern
befördert.
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466
Penonaliiotiien.
Siegfried, dr. , ord. Uhler am neaerriohteten gjmii.
in Fürstenwalde,
Symons, dr., ord. iehrer an der Friedrichsrealach. iol in Oberlehrern
Berlin, f bef&cdert
Ulbrich, dr., ord. Iehrer an der Dorolkeeast. ralich.
in Berlin,
Wagenmann, dr., ord. prof. in der theol. facultät der tmiy. Göttingeo,
erhielt den Charakter aU cousistorialrath.
Zimmermann, oberi. am bielierigen progynin. in fürrteneralde, ii
gleicher eigenaehafl an dem nenenlehteten gymn. dMetbei ein*
getreten.
Zöller, dr. , ord. Iehrer am gymn. zu Mülhausen im £lsass, ala Ober-
lehrer an das lyceom in Colmar versetzt.
Geetovkent
Fock, dr. Reinhold, oberl. an der realsch. za Stralsund, im jolL
Heuberger, Studienlehrer an der lateinschule in Schwabach.
Heydemann, dr. Alb. Gosiav, prof., director des Marienstiftgymn. sn
Stettin, 70 Jahre alt.
Kirsenberth, etndienlÄrer an der etadlenamtalt an ZweibrGeken.
Linke, dr., ord. lehfor am Marienstiftgymn. in Stettin.
Mischke, ord. Iehrer ara gymn. in Gnesen.
N&udet, Joseph, mitglied des institut de France, secretar der aka-
demie der Inschriften, director der kaiserlichen bibliothek in Paris,
starb daselbet 92 jähre alt im angnat.
Pfefferkorn, oberl. am gymn. in Nenstettin.
Rump, dr. , prof. am gymn. in Coesfeld.
Rtistow, Wilhelm, oberst, ausgezeichneter militürschriftsteller, im ital.
feldzug generalstabschef Garibaldis, erschosa sich 56 Jahre alt ia
ZUrich am 14 augost.
Stal, Karl, prof., intendant der natnrwiaseneoliaftl. abteilnng dea reiebt>
mnsenms in Stockholm» atarb 46 lahre alt daaelbet im jnnl. (be-
rühmter entomolog.)
Weigand, dr., Ludwig Karl, ord. prof. an der univ. Gieszen, starb
daselbst im alter von 74 Jahren am 16 Juli, (bedeutender Germanist;
fortsetser des Grimmsdhen w9rtorbneha ntw.) I
Zimmermann, Wilhelm, bekannt als historiker darch seine geaohiebte
des baaernkrieges und als lyrischer dichter, starb am 22 septbr.
(geb. 1807 zu Stuttgart, prof. am gymn. daselbst, dann am poljr-
technicum ebenda, zuletzt pfarrer in Schnaitheim a. d. Brenz.) |
In mlieaUB4 gnlreient I
Adler, dr. , oberl. an der realsehnle am iwinger in Breden. )
Hartz, oberl. am gymn. in Hadersleben.
Hartmann, oberl. an der reabchnle and director der gewerbeschak
in Trier. . '
Herbat, dr. prof., reetor der landeeaehnle Pforta.
Jentzseb. Ar., oberl. am gjmn. in Freienwalde.
Ijipsius, dr., oberl. am gymn. in Lnekan, nnd erhielt deraelbe def
pr. rotheu adlerorden IV cl.
Oppel, dr., prof. am städt. gymn. zu Frankfurt a. M.
Seidel, dr., direetor dea gymn. an Bochnm.
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ZWEITE ABTEUiXJNG (U8b BAND).
Seite
43. Mit welchem rechte nennt man das volk der Griechen
vor allen andern Völkern das classische? eine schulrede
zur nachfeier des geburtstages sr. maj. des königs Albert
gehalten von Th. Vogel in Leipzig 409—425
44. R. Möller: Übungsstücke zum übersetzen aus dem deut-
schen ins lateinische für quarta und tertia der gymnasien
zusammengestellt (Berlin 1876). angez. von W. Voll-
brecht in Katzeburg. 425—429
45. S. Schönborns lateinisches lesebuch für die quinta
höherer lehranstalten. elfte aufläge, besorgt von /i.A'öÄwer
(Berlin 1877). — Lateinisch-deutsches und deutsch-latei-
nisches lexicon. angez. von F, Nieländer in Schneide-
mühl 429—433
46. C. Schmelzer: die überbürdung auf den höheren lehran-
stalten. briefe an meinen lano:en freund Jonathan, alten
und jungen zu nutz und frommen herausgegeben (Leipzig
1878). angez. von einem gymnasialdirector 434—439
47. C. Alexi: das höhere unterrichtswesen in Preuszen. die
inneren Widersprüche in der jetzigen Organisation des-
selben und deren beseitigung durch das zu erwartende
Unterrichtsgesetz (Gütersloh 1877). angez. von M. Zoeller
in Colmar 440—445
48. Klopstockiana. von H. Holstein in Verden 445 — 450
(16.) Philologische programrae deutscher höherer lehranstalten.
von H. K. Benicken in Bartenstein, (fortsetzung) . . . 450 — 454
(14.) Personalnotizen 455—456
•
In F. RicUter's Buchhandlung in Ilelmstedt erschien kürzlich:
Schulgrammatik
der
französischen Sprache
von
F. A. Nicolai,
Oberlehrer an iler Kealschule zu Mcerane.
Preis 2
Femer:
Sammlung von Uebungsstücken
zum Uebersetzen aus dem Deutschen in's Französische und aus
dem Französischen in's Deutsche.
Zum Gebrauche von höheren Unterrichtsanstalten
herausgoj^eben
von
F. A. Nicolai,
Oberlehrer an der Realschule zu Meeraue.
Preis 80 ^.
Bei S. Hirzel in Leipzig erschien soeben:
Anleitung
zur
lateinischen Palaeographie
von
\V. Watt(^ubaeh,
Professor in Berlin.
Dritte Auflage.
4. 3
gon ^dt^ftcm ^ntcreffc für Sekret!
auf b e n I) ö c r c ii £ e f) r a ii [t a 1 1 e n
öon £. Sdjmd^fr, ®i)muap^ir.
$rei§ IJC 50 „S.
3n ^. SB. SScrIncj in Scip^ig ift üor ^urgcm crfd^iencu
unb burd^ jebc jolibc S3uc^^anblun(] bc5icl}cn:
firftger, fi. III., ^(cincrc grict^iii^c S|)roi^Ic^re. 10. Sluflagc,
Bejorgt üon XO, pofhfl. „9Jlit erflärenben 5(nmerfungen ju
bcn 93ei)pielen unb einem Heinen ißocabularium." 16 SBoaen
8. ^reiö 2 JL
0
. ,j ^ y Google
ZWEITE ABTEILUNG
FÜB GYMNASIALPlDAGOöIK ÜÜID DIE ÜBfiiefiN
L£imFiCfi£B
MIT AÜ88CBLV8S DIR CtA88t8CHIII PRILOLOOIB
HEAAU8a£G£B£N VON PBOF. D&. HeBMANK MaSIU«.
49.
DIB STATISTISCHEN ANFORDERUNGEN AN DIE SCHULE
UND DIE STATISTIK IN DER SCHULE.
Immer aasgedehnter und mannichfaltiger aincl die anforderuiigett
«n die leistonc^ der sdiiile als imtezriditsaiieUlt geworden, um so
mekr ist es iiOtig, alles dasjenige yon ihr fem zu halten, was. sie
iwingt einen teil ihrer seit anderen als ihrer eigentlichen aofgahe sa-
SBwenden« das Ifisst sieh allerdings nicht gans dnrchftthren« der
8tBat,die gemeinde bedürfen mannichiUtige nadiwelsungen ttber die
tohüle zu ihren* zwecken, teils allgemeinerer nator, teils aber anch
für die besondere regelung des nnterriehtsgebietes. anch die Wissen-
schaft sieht die schule als eine bequeme beobaehtungsstation an.
die ganze jugend vom sechsten bis zum vollendeten vierzehnten jähre
und vielfach noch lange darfiber hinaus ist in der schule unter festen
Ordnungen versammelt, die lehrer besitzen hinreichende Intelligenz,
um gewisse aufstellungen nach bestimmten gesichtspuneten vorneh-
men zu können ; wo liesze sich eine bessere beobachtungsstätte fin-
den? 80 hat die anthropologie jüngst angefragt, so hat die padago-
gik selbst eine menge fragen auf dem herzen, aber nicht genug des
statistischen wesens und Unwesens; jede einzelne schule selbst
wendet einen oft sehr künstlich zusammengesetzten statistischen ap-
parat an, zu ihrem besonderen betrieb und um sich ein urteil zu bil-
den über ihre schüler. wahrlich eine arche Noah ist nötig in dieser
statistischen sündflut, damit sich die schule hmeinrette ! oder um
nüchtern und ohne bild zu reden, es ist durchaus nötig, dasz alles
dieses schreib- und tabellenwesen möglichst vereinfacht werde und
alles beseitigt, was nicht wirklich fruchtbare resultate gibt, der
K . jahrb. f. phiU a. p&d. IL «bU 1878. Mi, 10. SO
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458 Die statifitischeu anforderungen an die sdrale
lehrer und auch der leiter einer anstalt musz vor allen dingen in der
schule arbeiten und nicht über dieselbe berichten, es kann einer
bureaumäszig alles vortrefflich in Ordnung haben und doch nichts
besitzen von der lebendigen kraft des erziehers und lehrers.
Es ist unzweifelhaft: bei richtiger fragestellung und einsichti-
ger beantwortung dieser fragen lassen sich eine grosze anzahl wich-
tiger thatsachen in zahlen und tabellen zusammenfassen , aus denen
man die grundsStze ftLr gewisse anordnungen mit leichtigkeit her-
leiten und eine menge von tlbelständen beseitigen kann, die sonst
den Beholxwecken schädlich werden, so haben vielfache messungen
du material zu tabellen gegeben, nach denen man das darchachnitta-
nuun der Schulbänke und tische für die verschiedenen altersclassen
mit bequemlichkeit entnehmen kann n. dergl. m. aber die statisti-
schen feststelluigen geben anch oft ein falsches büd, weil die
voranssetztmgen falsch oder mindestens unklar sind, man gibt den
schulen einen gesundheitsschädlichen einflusz schuld wegen der Über-
lastung der Schüler mit arbeiten, wegen gefährdung ihrer Sehkraft,
aber man constatiert nicht alle ausser der schule mitwirkenden facto-
ren, die oft weit schädlicher wirken als jene selbst, neben der 8<dinle
lanfen oft noch eine menge privatstunden her, nicht nur in musik
oder zeichnen, sondern in den schulwisaenschaften selbst, weil das
fortschreiten der schüler in gewisser zeit erzwungen werden soll,
sitw, tische, beleuohtnng im hause sind oft sehr maogelhaffe, und
endlich, namentlich in grossen stidten, die die nerren aofir^gende
fiberhftafimg mit oft vsät ni^jugendlidien Tcrgnllgmigen! mache»
sich non uchteUige folgen so mannichfach znsammmiwirkeader
nrsadben in der schulaeit geltend, so werden sie alle der sehiile sn-
gesdirieben, und ans den tabellen gesteigerter konsiditigkeit iisw^
liest man nur das sQndemregistflr dmr achvle ab«
Besonders schlimm ist es aber, wmm die aehiile seibat für ihre
zwecke, namentlich m feststeUnng eines nrteils Aber die achfUec^
in ausgedehntem, statistisdiem wesen falsche gnmdaliBe anwendet
an die stelle lebendiger einwirkong tritt tabellarisierung nach oft
ganz anszerlichen, oft sogar dnrehaoa Mlerhaften gnmdsfttioii. d»
statistische krankheit, um mit Bichl sn reden , grassiert nicht imdg
in den schnlmaiiem.
Dodi wir wvAeii die Sache der rrihenfolge Bach ins S|0^ faneeHi
Neuerdings wird im Interesse dar gesondheitspoliiei die anfer-
tigung von listen Uber die impfung und Wiederimpfung der achtller
gefordert, wobei dann noch restantenlisten nsw. nadUhinken. es
ist das im sinne der schulfUhrung kein erfreulicher zuwadis zum
tabellen wesen , namentlich da die sonst in der schule ungebräuch-
liche anordnung nach dem alter verlangt wird , aber diese tabellen
lassen sich wenigstens mit Sicherheit anfertigen, und abgesehen von *
dem zweifei an dem nutzen jener beschwerlichen anordnung nach
dem alter, da es sich ja doch um dasselbe lebensjahr handelt, statt
nach der buchstabenfolge, Iftszt sich wol nicht in abrede stellen, dasz
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und die «taüstik in der gclrnle.
459
zur controlle der Unterwerfung unter die allgemeine imp£flicht die
mitwkkung der schule nicht entbehrt werden kann.
Andere tabellarisierungen zu gesundheitszwecken sind schon
angedeutet, so gröszenmessungen , messungen der Sehkraft, jene
ersteren können durch die lehrer ausgeführt werden, diese aber
mtisten durch den arzt stattfinden , ftir beide wären aber jedenfalls,
soweit sie tabellaarisiert werden sollen, messungen nach längeren Pe-
rioden aasreichend; zur festsetznng der richtigen bankböhe für jeden
einzelnen sebttkr wird aUerdings jedes semester eine messung statt-
finden müssen , nur dasz dann anoh die nötigen subsellien zum ans-
tanseh nicht fehlen dürfen, wenn die messung nicht zeitverschwen-
dnng sein soll mid tohliwilich nar eine theoretische befriedigung
gewtthfen»
Vom standpuncte der genmdheitspfiege ans kann der staat
wol noch manche in tabellen zusammenfassbare nachweisnngen for-
den! s. b. über den auf jeden köpf kommenden kubikranm des das*
senzimmers, über die quadraiflikhe der spielplätse im Verhältnis zur
schülerzahl, über die InftOffhungen der zimmmer. aber der staat
ihnt besser, wenn er hierüber leicht zugängliche aufstellungen macht
imd die nnierbehörden snr dnrchführung der richtigen gnindsfttzo
aahttlt, als wenn er sich yon seiAen der schule berichten Iftsst
Um eine übeniclit über das schalgebiet, über gedeckte nnd un-
gedeckte bedflrfbisse ta haben, bedarf die yerwaltang mancher nach*
weisoBgen*
Aber aiidi hier sind die TonHuaefcnmgw oft Islsch und daher
anoh die antworten, das leigt sidi s. b. in der realsoholfrage. man
will das bedflrfiiis ans der fteqnens der oberen dessen herleiten,
nachdem man ravcr db existonz der oberen dlassen auft änszerste
ersehwert hat. doch diese kngathmige schon gans sachlich zn 15-
sende frage soll hier nicht wachgerofon werden, es ist nicht leicht
das schnlbedttrfiiis sn constatieDsn, wenigstens was die yerschiede»
nen gattungen Ton sehnlen fttr knaben betrifft, da die berechtigung
som eiigährigen dienst eine rein saebgemSsze erledigung hindert,
hnmeriiin werden freqnenzlisten der säralanstalten über ihre ezi-
aten^Hhigk^ einige ansknnft geben , wenn auch nicht der grad des
blildnngsbediürfhisses aas ihnen dentlich zu ersdienist. auch gewäh-
ren dieselben den behOrden die möglichkeit gegen classenübexittllun«
gen aufzutreten, schwer ist es solchen listen die nötige klarheit zu
geben, so kann ein schüler aus dem schulort und doch ein auslfinder
sein, wenn seine eitern sich in dem schulorte niedergelassen haben,
ohne das indigenat zu erwerben, zweifelhaft ist es auf dem religiö-
sen gebiete, wo die groszen kirchengemeinschaften sich immer mehr
in subjective genossenschaften trennen, soll aus den tabellen z.'b.
das bedürfnis katholischen und israelitischen religionsunterrichtes
ersehen werden , so stöszt man auf die Spaltungen der katholischen
und der israelitischen gemeinschaft, wo die einen nicht mit den andern
unterrichtet sein wollen, unser ganzes gebräuchliches listenwesen
81*
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460 Die gtatiflUschen anforderungea an die schule
bedürfte offenbar einer revision. die notwendigkeit statistischer
nachweisungen für die aufsicbtsbebörden ist im allgemeinen nicht
zu leugnen, nur sichere grundsätze und Sparsamkeit sind zu
empfehlen.
Weit geh ende versuche sind femer (in Berlin) gemacht worden,
den bildung.>zu6tand der kinder festzustellen, wenn sie in die schule
eintreten, und es würde gewisz interessant sein, wenn das mit Sicher-
heit SU erreichen wäre, auch den fortschreitenden begriffszuwacbs zu
verfolgen» aber es ist zu bezweifeln , dasz jene versuche einen dem
groszen zeitaufwande entsprechenden sicheren erfolg herbeizufahren
im Stande sind, wenn z. b. festgestellt werden soll, wie Tiels kiickr
ttnen hegriff von gott haben, ao ist das schon an sich bei emem ob*
zelnen sechsjährigen kinde eine schwierigere au%abe, wenn es nidit
auf vocabelkemitnis hinanslttnft; wie soU man es aber bei 60 und
mehr kindern machen, bei denen doch eins hört was das andre sagt!
selbst die Untersuchung, wie viele kinder getreide kennen, einen
hasen gesehen haben usw. ist wegen der nicht wohl möglioheii Iso-
lierung des einzelnen kindes kaum ausführbar , abgesehen y(m der
Schwierigkeit, welche ein kind, das wenig gebildeten kreisen ent-
stammt, fOr die rechensohaft Ton dem vorml senm begriife liii
allerdings wflrde mandhes nnnütse unterbleiben, wenn man die vor-
handenen wesentliehsten vorstettongen der kinder kennte, und mii-
ehes notwendige würde mUeiehi nieht nnterlaasen werden, im-
zweifelhaft wird der einsichtige lehrer sieh angelegen sdn laaeen den
bildungszustand der ihm anvertrauten kindsr festsnelelieii, ato
doch so, dass er dabei in lebhaftem wediselyeikehr mit densdba
bleibt, nioht so, dasz er aus der fragetabelle fOr die ftegetabelle eis-
miniert ein langes verweilen bei einem solohen Totexamen fttrski-
tistische psyohisdie tabellen wire verkehrt, der unterxiolit muss, in-
dem er sidi orientiert Uber das vorhandene, doch immer ein fort-
schreitendes dement enthalten, der gesdnckte lehrer wird dasn
vereinigen verstehen und er wird dabei manche inteessaate beobadi-
tnng OAdien, die auch von allgemeinem wwthe sind, nnd dem
mitteilung auch anderen ntttzüdi aein kann, auch mi^ er selbst
nuisen ziehen aus tabellen deijenigen vorrtellungen, deren voita-
densein in dem beginnenden sciiulpflichtigen alter naturgemfisz und
wlinschenswerth erscheint.
Leichter als das Vorhandensein der Vorstellungen wird sich der
grad physischer krSfte und fUhigkeiten feststellen lassen und die
Vollendung gewisser technischer leistungen. man hat kraftmesser
construiert, durch die sich die schwere eines faustschlags , die ge-
wichtmenge, welche gehoben oder gezogen werden kann, feststellen
läszt. so ist die Schnelligkeit des laufes, die höhe des Sprungs und
manches andere zablenraäszig zu bestimmen, hier kann nicht einer
vom anderen die leistung abseben oder ablauschen, und in derlei-
stung selbst liegt auch jedesmal eine Übung, ähnlich sind auch
technische fertigkeiten faszbar, ob z. b. ein kind grade striche m
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und die Statistik in der schule.
461
gewissen richtungen zu machen vermag u. dergl. m. durch solche
beobach tinigen wird man sich den punct bestimmen können, von
dem man ausgehen musz, um nicht fruchtlos zu arbeiten, und das
masz von kräften und geschicklichkeiten, über welches man ohne
Überspannung nicht hinausgehen darf, auf den turnplätzen sind oft
derartige beobachtungen nicht ohne nutzen gemacht und auch in
tabellen niedergelegt werden.
Aehnliche beobachtungen werden von acbtbarer pädagogischer
seite über das waohstum der schüler verlangt, mit allerlei besonderen
nebenfngeii, z. b. ob sie im sommer oder im winter durchschnittlich
mebr wachsen und, was mehr unmittelbar in den pädagogischen be-
trieb gehört, (Iber stimmhöhe und umfang, Uber die fähigkeit einen
ton längere zeit festzuhalten, über zeit und dauer der mutation.
höchst irrationelle behandlung des gesangunterrichts , die oft ohne
kenntnis der stimmenentwickelung die nachteiligsten folgen für den
schttler mit sich führt, hat diese forderangen hervorgerufen, aber es
wird schwer sein ihnen zu genügen, der einsichtige lebrer kann
innerhalb seines Unterrichts manches zur lösung dkser fragen bei-
tragen, er wird aber nicht vergessen dürfen, dasz er nicht stimm-
ststistiker, sondern dasz er gesanglehrer ist.
Bndlich bleibt nun das gebiet der inneren besonderen sohul-
statistik, welche dem lebrer dazu dienen soll ein urteil über den
sehflkr zu gewinnen nnd absngeben. ein recht leidenschaftlicher
Statistiker konnte Tielleicbt das ziel im ange haben, seine schttler
Tollstfindig gahlenmäsrig sn tabellarisieren, so dass er grOsse, kraft,
sittliche haltnng, fleisa nnd leistongen, ihre snnabme oder abnähme,
das TerhSltnis derselben zn den leistnngen der mitschfller ans seinem
sdiema ableeen könnte, ja, es Hesse sich denken, dass ihm der ein-
zelne schttler weniger als eine individnalitttt mit lebendigen krBften
imd concreten eigenscbaften, denn als eine nnmmer nnd «üilenreihe
enehienen. finge man in der schule so an den jungen menschen in
die aetentabellen einzutragen, so lieeze sich das spttter in amt und
beruf fortführen, nnd am ende wSre jedes einzelne mensdhenkind
wohl dnrebtabdliurisiert durchs leben, so dasz man ihm selbst seine
lohensnnmmer anf den leichenstem zu setzen Tcrmöchte, und das
ganze menscbengescblecht wttre in einer grossen statistischen tabelle
zusammengefSaszt. in der tbat es wird auf diesem gebiete viel nnfhg
getrieben nnd nnbeil angestiftet nicht bloss schttler, aaxAt er-
wachsene menschen, streben oft weniger danaoli wirklich etwas zu
um und zn leisten, als eine gewisse stelle in den tabellen einzuneh-
men, daher kommt es dann auch, dasz oft genug die wohl numerier-
ten menschen , die hoch oben in den tabellen stehen , zu wirklichen
selbständigen leistungen wenig brauchbar sind.
Die schule musz offenbar sich ein urteil über die ihre anver-
trauten Zöglinge bilden , namentlich über ihre leistungen , um bei
den Versetzungen aus einer classe in die andere richtig zu verfahren,
denn das ist .unzweifelhaft richtig , dasz sowol das aufsteigen in eine
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462 Die Btatütitcben anforderoogen an die schale
classo, in welcher der betreffende schtiler nicht mitzuarbeiten ver- '
mag, ein Übel izt, als auch das zurückbleiben in einer classe, welche '
dem Schüler keine hinreichend schwierigen aufgaben s teilt, zu diesem
behafe wird nun ein zusammengesetztef statistischer apparat in be-
wegnng gesetzt, es werden versetznngstabellen in nmlauf gebracht,
in welche jeder lehrer eeiii ariehen fttr die versetzbarkeity etwa 0, ?, 1
einträgt oder ja, nein, ?, aas diesen zeichen wird dann eine durch-
eehnittsrechnmig gebildet, dieee darchechnittsrechnimg würde aber
sonderbare resultate liefern, wenn man alle fleher gleichwerthig an-
nehmen wollte ; deshalb gibt man den fächern, je nach ihrer durch-
sohlagenden Wichtigkeit verschiedene zahlenwerthe, addiert die gfla-
stigen Ziffern und bildet dann einoi darcheehnittswerth , indem mm
mit der zahl der ftcher dividiert und dann etwa eine zahl bestimat,
welche überstiegen sein mvsi, mn die venetznngaflhigkait als er- j
reicht erklären zu kOnnen, oder man addiert die gfinstigen fächer {
und bestimmt die zahl der summe, welche wenigstens eneiehtssii
mnsz, oder endlich, man gibt den einaelnen flchem nicht eine gewine
wertiiziffer, sondern erteilt nadi dam grade der leaatangan poaetB
oder striche nnd addiert diese, wobei dann dne gewisse zahl w»
pnneten errmdit sein mnss. ist nan das an and flir südt seluin sin
sehr problematisches antamehmen, bei dem höchst wtmdsclidM n-
sultate gewonnen werden kOnnen, so wird es nadi problematischer,
wenn man prüft, wie die einselnen nammam flir die Tarsehiedsafls
gegenstSnde festgesetst sind*
Bei den qnracben werden erareitien und ertsmpotalien eise
hauptrolle spielen* erstersn jedoch wird man mehr einen ttbnage-
Werth beilegen, diesen einen lurÜieilswerth. flir die exeroitien, wsas
sie bestimmten llbnngsbflchem entnommen sind, gibt es bekwnatBdi
eine masse von betrügerischen hfllfcmitteln, schlflssel, aam tälaur
fttr die band des lehms bestimmt, aber nnr sn oft in der band des
schtUers befindlich; oder alte hefte erben sich Ton gesehledit sn ge-
sohlecht, oder es gibt allerlei httosliche hflUs, der man aach diBB
nicht ans dem wege geht, wenn man die exerdtien, was wegen des
dietates wieder Tiel kostbare zeit in anspmch nimmt, jedesmal selbst
zusammensetzt, so bleiben die extemporalien. angenommen sie wür-
den alle nach gleichen und richtigen gesichtspuncten gewählt, so
dasz wirklich ein können , nicht blosz ein gelemthabcn sich offen-
baren müste, angenommen dieses können liesze sich wirklich durch
zahlen conatatieren, angenommen das erste wie das letzte würden
mit gleicher sorgfalt durchgesehen, es wäre auch die möglichkeit
der täuschung ausgeschlossen, so bliebe doch immer noch eine grosze
Unsicherheit, die gleichmäszig aufsteigende und die gleichinäszig
absteigende zahlem'eihe geben bekanntlich dasselbe resultat 9, 8, 7,
6, 5, 4, 3, 2, 1 geben dieselbe summe, wie 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9;
in dem einen falle wäre aber eine fortschreitende entwickelung zum
bessern , in dem andern zum schlechtem, man sieht, wie illusorisch
die blosze durchschnittsziffer auch hier sein würde, da es doch auf
und die ttfttisiik in der schule.
463
den stand der leistongen am b<^ii8e einer gewissen periode an-
kommt, aber die fehler sind nicht bloaz quantitativ , sie sind auch
qualitativ verschieden, und wie will man überdies ziffermäszig fest-
stellen, ob und wie weit die fremde spräche wirklich idiomatisch be-
handelt ist? nun, man nimmt ausgleichende momente hinzu, nem-
lich mündliche leistungen, die f^higkeit der Übersetzung, die gram-
matischen kenntnisse, über die man wieder ziffermäszig protokoU
führt, aber dieses protokoU in Ziffern ist doppelt schwierig, weil es
sich um qualitätsunterschiede handelt, die nicht leicht genau zu be-
stimmen sind, hierbei kommt nun wol noch der fehler hinzu , dasz
die einzelnen schüler nicht gleichmäszig herangezogen werden, so
dasz der eine schüler hftufig, der andere selten gelegenheit hat seine
kenntnisse darzulegen.
Gebräuchlich ist in untern classen, namentlich in geschichte,
geographie, naturbeschreibung das System der freiwilligen meidun-
gen, wobei dann allerdings eine strichjagd eintritt, aber häufig ein
ganz falsches bild der leistungen entsteht , indem die zurückhalten-
den naturen ungünstig, die zudringlichen gttnstig beurteilt werden
und auch hier die zahl der antworten, nicht die Wichtigkeit derselben
in betracht kommt, überdies kommt es wol vor, dasz gerade an
einem tage, an dem die hetzjagd nach guten strichen stattfindet, ein
schüler fehlt und also die gelegenheit entbehrt, sich daran zu beteili-
gen, so dasz er dadurch in der liste weit zurückgeworfen wird,
mischt nun gar der lehrer betragen und leistungen durcheinander,
indem er wegen schlechten betragens gute leistungsstriche löscht,
80 wird das bild ganz unrichtig, zudem müssen nun solche listen
zuführen meist gewisse schüler beauftragt werden, da der lehrer
zu viel zeit darauf verwenden müste und im fortschreitenden fragen
aufgehalten würde; so schleicht sich eine nene Unsicherheit ein, deren
abhülfe dnrch controlUisten jedes einzelnen schülers in bezug auf
sich selbst wenigstens zu vielen zeitraubenden Weitläufigkeiten führt
and allerlei Streitfragen veranlaut.
Dieses statistisehe tabellen wesen dient aber nicht nur zur grund-
iage für die Versetzungen, zur bestimmung für die zeugnisprädicate,
es wird danach auch oft nooh der platz festgestellt, den ein schüler
räinimmt, entweder indem aus den zeugnisprädicaten die reihenfolge
herausgerechnet, oder indem erst für jeden einzelnen gegenständ der
platz festgestellt und nun in bekannter weise aus allen platzziffem
die Ofdnniiggnummer gewonnen wird, das soheint nun eine treff-
liche ergSmung j^er absoluten werth bestimmung in der gesammt-
nnmmer und dem urteil in den einzelnen gegenstttaden, indem da-
durch eine relative Werthbezeichnung hinzu^tt, nemlich in bezug
Auf das kistnngsverbftltnis der mitsehfller, aber ee soheint nur so;
gerade hierdurch wird ein recht bedenklicher factor hineingebracht,
angenommen» es lieiie sich die reihenfölge der schtllar mich ihrwn
leistnngawerüie wirUidi genau feststellen, so iat unsweifölhaft» dasz
bei den betreffenden Zeugnissen diese rangordnuogsstelle in den
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464
Die btAtifitifichen anforderungen au die schule
vordergrun^l treten wird und dasz einscbtiler (auch wol seine eitern)
sich zufrieden geben wird, wenn er in der rangordnung üemlick
hoch steht, wenn er auch einer schwachen classe angehört.
Diesem rangordnungswesen hat man allerdings oft genug das
wort geredet und man sehnt sich jetzt noch vielfach nach der zeit
zurück, wo man gleich aus dem sitz des schülers die stelle erkennen
konnte, welche einer in der classenscala einnahm , ehe noch die fa-
tale berücksiohtigong von karzsichtigkeit, Schwerhörigkeit, körper-
grSsze eine solche leistungstopographie aus der schule verhannte.
da konnte man seinen söhn fragen : den wievielten platz hast du und
ihn danach loben oder schelten und ihn anstacheln sich einen höhem
platz ZU erwerben» indem man ihm wol zugleich TorwurfsvoU den
höhem platz eines sohnes ans befreondeter üamilie vorhielt, jekt
kann man nur noch auf dem papiere rangordnungen fortfCLhren, was
wegen der mangelnden anschaulichkeit lange nicht so dordischlagend
wirkt, auch das certieren ist verschwunden, das sonst wenigstens
munterkeit und scheinbares leben in schläfrige classen brachte, aber
bei lehreni yon schwacher diseiplinarischea fikhigkeit manchen lusti-
gen tmnult veranlaszte. selbst mSnner Ton sonst grosser pädagogi-
scher einsieht, wie Quintiliaa» haben dem certieren das wort geredet,
und jedenfalls ist ein hinfiger Wechsel der plitze, eine oft gebotene
gelegenheit der ordnmigBstoUe noch besser als eine lang vorhaltende
rangstelle, die leicht im laufe der seit der wirkHdhkeit noch wen^er
entspricht, als sie ihr schon sa anfimg entspradu immer aber ist es
eine Terftlschnng des echten sfanebens» wenn m die stelle des masn»
an der sache selbst nnr das relatiTO mass, an die stelle des stre-
bens das möglichst gute zu leisten, dasjenige tritt andere möglichst
zu übertreffen, der effisct nach aoszen gilt dann mehr als die saobe
selbst, und es wird der same gefiUu-lichmr leidenschaft gesie^
Weil dann non aber dims statistische tabellarisierea so im-
sicher in seiner gmndlage, so bedenklich in seinen folgen ist, so
schrSnke man es möglichst ein, gebe ihm keinen grösseren w^rtht
als den es wirldch hat, beseitige wenigstens die ganz nnYemllnftigen
oft gehrSnchlichen methoden and ergänze fortwöhrend den tabelltr
rissen snhalt, den man nicht entbehren kann, doreh lebendigen
Wechsel verkehr mit den schölem, in dem man anch namentlidi das
können der schüler, das deutliche reproducierbare wissen derselben
zur darstellung zu bringen sucht.
Natürlich ist der oberflächliche leichtsinn damit nicht gerecht-
fertigt, welcher für sein urteil nicht irgend einen festen anhält zu ge-
winnen sucht, sondern sich so obenhin auf das undeutliche bild ver-
läszt, das ihm vorliegt, vorschwebt, jeder musz sich bewust sein, das2
es eine schwere und verantwortliche sacbe ist, nicht nur einem schtller
ein abgangszeugnis auszustellen, das mannigfach im leben nachwirkt,
sondern auch ihn reif oder unreif für eine classe zu erklären, aber alle
unnützen statistischen feststellungen, als da sind rangordnungsnum-
mern, gesammtprädicate fUr die Zeugnisse, sollte man weglassen*
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und die statUtik in der schule.
ihre feststellung kostet viel besser zu verwendende zeit und bleibt
dabei unsicher, abgesehen von den falschen Urteilsbeweggründen,
die bei eitern dadurch angeregt, von den falschen leidenschaften, die
bei Schülern dadurch wachgerufen werden, endlich bedarf auch noch
ein umstand der berücksichtigung , der sich wieder der statistischen
feststellung entzieht oder ihr wenigstens die gröszten Schwierigkeiten
entgegenstellt, ja Aber den ein urteil in die scala aufzunehmen
ftuszerst bedenklioh sein würde. . es ist das die nattlrliche bef&higung^
wekhe wenigstens bei der moralischen Wertschätzung des Schülers
TOD grOster wiehtigkeit ist. bekanntlich leistet oft ein leiohtfertiger, ^
wenig gewissenhafter schüler mehr als ein gewissenhafter emsig be-
mühter, aber schwach beanlagter knabe. auf der scala der leistungen
wird demnaoh derletitere tiefer, vielleicht weit tiefer stehen als jener,
seine gesammtnnmmer wird schlechter, sein ordnungsplatz niedriger
sein als bei jenem, aber sein sittlicher wert offenbar höher, ja es ist
nicht unwahrscheinlich, dasz er auch einmal im leben einen grosseren
wert gewinnt als jener, obgleioh sieh das ans den sehnljahren noch
nicht bestimmt beurteilen Uni. sucht man nun auch durch das ur-
teil im fleiss dsa gleiehgewicht swischen dem moralischen wertmass
imd dem blossen urteil über die leistungen einigermaszen hersu-
steUen, so sollte msn es wenigstens vermeiden, durch angäbe der
rangordnung, durch gesammtnummer das niederdrückende auf der
erneu und die ftdsdhe erfaebung auf der andern seite su yerstärken«
Ist überdies nun noch die leistung der schüler oft nur der reflex
der lehrtbfttigkeit des lebrers, der seine aufgäbe gut oder schlecht
▼ersteht, und kommt daher in die seugnisse eine Unsicherheit, wie
sie bei statistischen feststellungen nicht yorhanden sein dürfte, deren
merlSssigkeit gerade Ton der Sicherheit der grundlage abhSngt, so
iet dss noch mehr bei den betFagennummem der fall, ftlle einzelner
Ungezogenheit werden summiert, der durchschnitt aus den yerschie-
denen urteilen wird gezogen und nun kommt denn ein oft wenig zu-
treffendes gesammtprädicat heraus.
Züge man nun gar aus den Zeugnissen der schulen «ne gesammt-
tabelle, so dasz man die einzelnen schulen rubricierte nach dem pro«
centsatz guter Zeugnisse, so geriethe man in immer gefShrliciim
consequenzen. abgesehen von den falschen Schlüssen über die schulen,
möchten auch leicht nachteilige Wirkungen in den schulen selbst ent*
stehen, in die man eine falsche concurrenz hineintrüge.
Eine constatierung der versetzungsprocente ist allerdings zweck-
mäszig, denn filllt die rechnung sehr ungünstig aus, so ergibt sich,
dasz jedenfalls etwas nicht in Ordnung ist. aber was? der grund
kann sein: falsche festsetzung des classenpensums , Ungeschick oder
trägheit der lehrer, schwache begabung der schüler, welche in der
mehrzahl einer aufgäbe gegenüberstehen, die über ihre fähigkeit
hinausgeht, wie sich denn zu den höhem schulen mit der berechtigung
für den einjährig-freiwilligen militärdienst immer eine grosze zahl
von Schülern drängen, welche den groszen anforderungen solcher
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466 Die •tatutischan anforderungen an cUo schule oaw.
ftohulen nicht gewachsen sind; es kann endlich auch ein falscher
grnndsatz bei der verseUang verfolgt werden, so wenig sichere
raoltato gibt aaoh hier die Statistik, deren sifEBni nur die gnindlage
ga weiterer fondumg kMlden kOnim.
Ziehen wir die summe:
1) Der Staat bedarf sowol vom gesondheitspolizeilichen stand-
pimete ans als fttr die pftdaipigiaelie orgaiiisation und aufsieht ge-
wisser statistischer nachwasimgen , aber dabei wiss er a) sich der
klaibeit und Sicherheit der gmadlage seiner fragen nQglichst yer-
siebem und sich b) möglichster qwraamkeit befleiszigen, auch c) sich
vor falschen sohlAaBen hüten und namentlich das Studium der tabellen
durch lebhaften weeheelverkehr seiner aufsichtsbeamten mit dea
ecbulen (lehren und schtlleni) ergänzen, fruchtbare anregimg ist
oft wirksamer als gesteigerte controUe auf statistischer gnmdkge.
2) Aehnliches gilt von den etidtiechen gemaindcn, soweit ifain
sohnlen unterstellt sind.
3) Sokiie feststellongent welche nur in grOszeren perioden
wert nnd bedentnng haben, sollen nieht fortwährend etfätfindeo,
sondern nor von seit sn seit auf ihre genaoigkeit wieder ontetsuiht
werden.
Wenn z. b. einmal durch ausgedehnte nntersuohnngen das nc-
hiltnis der kOrpergrOsse sn der eiuriehtong der sfbnlbHnke asd
tiscÄie festgesetrt wurde, ist fortwShrende listenfUming fiberfltssig.
4) Als statistisehe beobachtungsstation für die Wissenschaft
kann die schule nur ganz ausnahmsweise benutzt werden.
Auch wenn die beabsichtigten, statistischen feststellungen sich
auf das p&dagogische gebiet selbst beziehen oder ihm zu niitn
kommen, ist grosse vorsieht und enthaltsamkeit n9tig; denn es iit
aufgäbe der schule sn ersiehen und zu unterweisen, nicht tabeU«
Uber erzidiung xmd Unterweisung auftustellen.
5) Die statistischen ÜBststdlungen in der sdiule selbst zu w-
setzungszwecken usw. bedflrfen einer emstliehen revision. die jetn-
gen methoden fahren oft zu unsichem, ja oflEenbar fialilerhalten n-
sultaten, sie schieben an stelle eines lebendigen wechselyerkdm
zwischen schülem und lehrem eine mechanische tabellarisienmg
unter, gewöhnen relative masze statt der absoluten zu gebraudieOt
erwecken oft falsche leidenschaften und liefern kein sicheres masi
für den wahren wert der schüler.
Die Überschrift dieses aufsatzes könnte leicht den gedankene^
wecken, es solle auch von der Statistik als lehrg egenstand in der
schule gehandelt werden ; denn von gewissen Seiten möchte man ja
auch der armen schule, wenigstens der realscbule, noch einen cursus
in der Statistik aufnötigen , als wenn sie nicht schon genug zu be-
sorgen hätte ; aber so war es nicht gemeint, also darüber nur dieses,
gelegentlich wird man, sowol im rechenunterricht als in dergeo*
L kjui^ jd by Google
Lateinische lesebücher.
467
graphie und geschichte auf gewisse statistische elemente stoszen, und
da mag denn die gelegenheit benutzt werden, auch die gefahr falscher
Schlüsse aus statistischen feststellungen zu zeigen und einige an-
schauung richtiger feststellungen zu geben, aber das nenne man
dann nur nicht Statistik, so dasz sich der schüler einbildet, er habe
nun unter den vielen speisen , die ihm in der schule vorgesetzt wer-
den, einmal wieder ein neues gericht genossen, die zeit zur Stillung
des statistischen appetits ist nicht die Schulzeit.
FiumcruBT M. F« Eiselbn.
50.
LATEINISCHE LESEBÜCHER.
LATEINISCHES LESEBUCH. ERSTE ABTEILUNO. FÜR DIE QUARTA DER
GYMNASIEN UND DIE MITTLEREN CLASSEN DER REALSCHULEN. BE-
ARBEITET VON DR. uiciiARD UOCHE. Leipzig, Ii. G. Teubuer.
1871.
Hierzu : Wörterbuch zu der ersten Abteilung des lateinischen
LESEBUCHS VON DR. RICHARD HOCHE. Leipzig, B. G. Teubuer.
1871.
DKR KLEINE LIVIUS. FÜR MITTLERE GYMNASIALCLA88EN. BEARBEITET
VON M. ROTHERT. ERSTES HEFT. BUCH I. ZWEITE VERBESSERTE
AUFLAGE. ZWEITER ABDRUCK. MIT EINEM PLANE DES ALTEN
ROMS UND EINEM WÖRTERBUCHS. Braunschweig , George Wester-
mann. 1866.
LATEINISCHES LESEBUCH AUS LIVIUS. FÜR DIE QUARTA DER GYMNA-
SIEN UND DIE ENTSPRECHENDEN CLASSEN DER REALSCHULEN VON
DR. G. WELL ER. NEUNTE AUFLAGE. Hüdburghausen, Ke&sel-
ringsche hofbuchhandlung. 1875.
Dazu: WÖRTERVERZEICHNIS ZU WELLERS LATEINISCHEM LESEBUCH
AUS LIVIUS. DRITTE VERMEHRTE UND VERBESSERTE AUFLAGE.
Hüdburghausen, KeBselriugscbe hofbuchhandlung. 1872.
Das älteste der oben verzeichneten lesebücher ist Rotherts kleiner
Livius, der auf 57 Seiten die geschichte Roms von der sagenhaften
gründung bis zum regifugium, also gewissermaszen ein abgeschlosse-
nes ganze, in einer bearbeitung des ersten buches des Livius ent-
bSlt. der inhalt gerade dieses buches eignet sich für diejenige alters-
stufe, welcher der kleine Livius zugedacht ist, ganz voi-trelflich.
Rotherts auswahl des stoffes aus dem original ist so getroffen , dasz
alles wesentliche beibehalten ist und der faden der erzählung nie-
mals durchschnitten wird, die interessanten excurse über Institu-
tionen, Sitten und gebräuche sind an ihrer stelle mit übernommen;
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468
Lateiniiche lesebflcher.
beispielsweise nenne ich hier den passus über die eigentümliche art
der römischen kriegserklärung (c. 32 c nnd d), femer die forme)
der eapiiiÜAlion (c. 38 a). reicht »ber das mierial quantitativ för
die quarta und die entepreolMiideii realclassen aas? für ein jähr
allea&Ui; allein da man bei der erleichterten ausgäbe auch eine
grosse ansahl von abschnitten bewältigen kann, Toransgesetzt, daa
der Schriftsteller nicht zum tummelplatz der grammaiisehen übnng
gemacht wird , so dürfte den schfllem, welche den cnrsns der dam
zum zweiten male dorobmachen müssen, nichts oder nur ein geringer
braditeil des ganzen als neuer sioff reserviert bleiben, hier zeigt
sich also in dem geringen umfang des heftdiens ein nieht unerheb-
licher naehteil, dem erst doreh eine erweiterte aufläge abgeholfen
werden müste; denn die Yom yerf. pablicierten folgenden hefte sind
fttr eine höhere classe berechnet, so viel über answahl nnd mnfaiig.
den text des ÜTins hat B. so bearbeitet, dass w den satsban b68oa*
ders dnreh nmwfndlQng der nnteigeoidneten sfttse in nebengecnl-
nete yereinfochte, lln^re perioden in kOnere sfttie serl^gte sni
somit dem schüler das ftbera^ien erleiciiterte. doch sind lue und dt
einige stellen dorol^gesclilflpft, deren fassong dem standpnnct d«
schäers noch nicht genügend nahe gebracht ist sonst sind die
Sndeningen meist so gehalten, dass die eigentfimlichkeit des origi-
nales, namentlich die poetische ftrbnnff, thnnlicbst gewahrt bheb.
wenn wir das wie bei den meisten umformongen gelten lassen und
dem geschieh der gestaltenden hand nnsere anerkennnng nicht w
sagen, so moss aber anderseits entschieden dagegen Terwahmng ein-
gelegt werden, dass stellen, die an sich keine Schwierigkeiten bietea,
willkürlich geSndert sind, die yergleichnng eines Stückes in oi^
nsl und bearbeitnng wird die begrflndnng der vorwürfe zeigen.
Bothert c. 60 a und b.
Harum remm nunciis in]castra
perlatis, rez trepidos pergit
Bomam ad comprimendos motus ;
eiusque adventum sentit Brutus
flectitque viam, ne obvius fierei
ita eodem fere tempore diversis
itineribus Bratas Ardeam, Tar-
quinius Bomam veniont. Tar-
quinio clauduntor portae, ezsi-
liumque indicitor; liberatorem
nrbis castra laeta accipiunt; ezi-
guntnr inde libri regia,
Duo Tarquinii patrem secuti
sunt, eisulatumque Caere inEtms-
cos iemnt.
die beseitigung von re nova mag noch zugestanden werden, sonst
aber lag zur änderung kein grund vor. — üm dem schtüer (he con-
Liv. (ed. Weissenb.) I 60.
Harum rerum nuntiis in castrs
perlatis cum re nova trepidus rex
pergeret Romam ad comprimen-
dos motus, flexit yiam Brutus —
senserat enim adventum — ne
obvius fieret; eodemque fere tem-
pore diversis itineribus Brutus Ar«
deam, Tarqninios Bomam vene«
runt. Tarquinio dausae'portie
exiliumqueindictum; liberatorem
urbis laeta castra accepere, exaeti*
que inde libri r^gis* duo patrem
secuti sunt, qni exulatum CsflM
in Etruscos iemnt.
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Lateiniache lesebfloher.
«truction zu erleichtern hat R. bei den infinitiven und participial-
jslktzen das komma eingeführt, ich glaube nicht zum vorteil des Unter-
richts, die meisten unserer elementarübungsbtLcher verzichten auf
diese hilfe schon auf der früheren stufe; es istnaeliber sehr schweTi
den flObtUer (in schriftlichen Übungen) von dieser gewöhnung abzu-
bringen, ein nodh gröszerer übelstand beim gebrauch des Besehen
Livius ist die veraltete Orthographie des textes, die mit der in den
jetzigen texten und Übungsbüchern gebräuchlichen unvereinbar ist
•und in der schule sich sIGreDd bemerkbar macht, dazu ist aie nicht
einmal in aieh eelbst oonseqnent: während z. b* 7^ causam steht,
wird 33 a eoUBsa gelesen, im Wörterbuch wieder causa ] aoUemrUsque
20 Cy dagegen ioOmnes 9 c und 35 wGrterbneh Btiümim8\ promptissi'
mis 54 hy pronUus wörterbueb« eine engere oorrespondenz zwischen
text und Wörterbuch wftre wegen des geringen kenntnisstandes des
Schülers anf dieser stufe wünschenswert gewesen; hier zeigen sieh
«ber discrepttisen wie cormimu 88 wOrterbnch nur conmxus; ck*
4M%bai 9d, wOrterbneh nur amumikre, am wISrterbneh selbst haben
wir noch erhebliche ansstellungen sa machen, die qnantitlt der vor-
letzten Silbe, derm durchgehende beieiehnnng der bearheiter, naoh
dem gesammtverüsbren zu urteilen, ohne zweifei beabsiehtigte, ist
sieht vermerkt in oeoedo, eomeeäo (dagegen bei den übrigen comp^.
von ceäo)\ femer nioht in mtfero^ äsfaro^ kifero (dooh rid^tlg alßro.
conißro usw.), cimfiio^ degpoito (sonst bei allen compp. von ikmio),
ikua. fidsch angegeben sind (diruo) dtTM^wm, (relinquo) räXqui^
(loeoples) heitpU^y (obruo) oMMm. ungenau sind die n<aiinatiT-
angaben ops (audi bei H.) und jmc; bei tusiufVNMliim war (auch bei
W.) der genetiv auszuschreiben, an draser stelle mag noch mit er-
wShnt werden, dasz im texte ein ablai hov&ms durchgeschlüpft
ist. die verba sind in ttuszerst flüchtiger weise verzeiehnet worden:
ifiiliüeo und inerepo werden kurz mit 1 abgethsn; praejpiMeo wird
mit einem perfect, appareo^ areeo (W.), eansisto (H. W.), eomio,
disco^ expasco, horreo, incido, lugeo (W.), metm^ oM> (W.), pertkm
mit dnem supinum Tcrsehen. miiceo erscheint mit einem sup. misei-
iuf»\\ u. a. m. Überhaupt aber sind die Stammformen der verba
nachl&ssig und teilweise so angegeben, dasz der schüler über die
bildung von pf. und s. zu falschem Schlüsse gelangen kann.
— Einige vocabeln sind in nicht empfehlenswerter weise ver-
deutscht worden: exauguratio ausweibung, ferox kampfstich-
tig, iuniores jungmänner, seniores altmänner, parricidium
blutsmord, ruptor brecher, decuria decurie, zehnmannei!
ambitio gunst such erei ! ambitiöse gu nstßuch erisch ! ! — Ks
fehlen im index folgende worte: armilla 11c, accipio 33a, demum
AldyCO ( — quo) 25 e, hodie 48 c, inesse 57 ?>, (unter integer:) de integro
36a, (impense) impensius 40a, 46 6, 7nodo 26/", 37a, neve 52^^, ni
50 d, nuhere 46rf, nuptiae 46/', perfetre QOa^ praeterea 43^, sacer-
dotium 466, scderatus 48 c, 59 a, spernere 35^, violentus 46 d. auch
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470
LoteiniBche lesebücher.
der mangel der eigennamen im Wörterbuch darf nicht ungerügt
bleiben; dafür hfttten die Zahlwörter wol ausgelassen werden können,
endlich ist für die nttchste aaflage die anwendung gröszera
druckes so wol im lesebncb als ün Wörterverzeichnis unbedingt e^
forderlich, einer überarbeitiiiig nach den oben angedeuteten sutn
bin wird sich der henm^geber nicht entliehen können, wenn diees
kleine Livias die coneomns mit andern arbeiten derselben gattong,
namentlich mit den beiden noch näher «i besprechenden lesebttchen
▼on Weller und Hoche bestehen soll. — An druckfehlem sind mir
nnfgSBtoszen : p. III Kaiserthum; lg (accipere se) sind die anfoh-
mngsseiehen in der indirecten rede beibehalten; 30a lies hdiMan'
tu/t fttr had^UKntmr*^ 40 a fehlt ein komma naish Tarqainins; flä
versehen liegt TOr 505 z. 9; 59 a masz nach ferro statt des punctes
nn konuna gesetrt werden; im wörterbnch sind bei taikmmho md
tSBigo die coigugationszahlen 4 and 3 vertauscht.
Ein jähr naeh Botherts aiMt (1852) eieehieii WeUeiB latoi-
nisdies lesebaoh ans Livins imn ersten male und ist seitdsii
mehrftoh wiedeiliolt worden, in betreff der snswalil nntencbeidit
sidi dieee obrsstomatlile, die ihre Torsohole and ihr seitensiflok
in dem bewihrten latnniselm lesebaoh (sosammenhtngende ei^
sBhlnngen aosHerodet, vgl. den beriebt in dieser aeitsdffift 18761)
ftr qointa hat, von dem eben besprochenen kleinen LiTias ds-
dardiy dasz aasser den entthlangen dee ersten baches, die nnr 9ätm%
den Herten teil der gonien sanmdnng ausmachen (231 s.), aack
noch aas andern bllehem der ersten deeade giOsiere und kleinsn
abschnitte heraaigehoben sind, material Ist idso flberreichlkh vor-
handen, die xa den ersKhlangen des ersten boches himakoinraeodei
stücke enthslten: verschwdrang der Wfanisdien jüngUnge , schlaekt
am walde Ärsia, krieg mit Pofsena, schladit am see BegUlns, aas-
zog des Tolkes,'Cariolan, der antergang der Fabier, L. Qainetiu
Cinchinatas, die decemvim, erobemng von Veji, eroberang Bobs
dorch die Gallier, M. Manlias Oapitolinus, die Licinischen gesetze,
Marens Cartias, T. Manlias Torquatos, M. Valerias Corvns, erster
Sftmniterkiieg, der laünisohe krieg, L. Papirins Carsor und Q. Y9r
bias Ballianus , einsohlieszung der Börner in den caudinischen eng-
pSssen, Schlacht bei Sentinum. in der art der bearbeitung unter-
scheidet sich W.s methode wesentlich von der Rothertschen , da der
Livianischen eigenttimlicLkeit insofern noch mehr rechnung getragen
ist, als W. bei schwierigen perioden in geringerem maszstabe das
auskunftsmittel der Verwandlung subordinierter sätze in coordinierte
angewandt hat und dafür die erleich terung durch tilgen entbehrlicher
Zwischensätze, änderung der Wortstellung, auflösung der künstlichen
redefiguren oder einführung gröszerer interpunctionen zu erreichen
gesucht hat. in verschiedenen partien der ersten abschnitte hat
W. seine aufgäbe recht geschickt gelöst, und seine Überarbeitung hat
mehr als die vorhin besprochene den Livianischen Charakter be-
wahrt, allein sei es nun , dasz er die genannten mittel nicht oft ge-
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Lateiniaohe lesebücher.
nug angewandt hat, oder dasz sie hier und da für den vorliegenden
zweck nicht ausreichten , der schüler gelangt bei ihm gar zu schnell
zu stücken, deren schwierige perioden seine leistungsfäbigkeit über-
steigen, besonders für die entsprechenden classen der realschnlAD»
welchen W. doch ebenfaUs sein buch bestimmt hat, wäre eine
grOszere partie leichterer und mitielschwerer stücke erwünscht, in*»
dem ich die aasführliche wiedergäbe eines Vergleichs Init andern
iedaeti0iistt vorlttafig unterlasse, bemerke ich noeh, daas an gleichen
stellen W. meist die schwierigste, oder genauer, die zu schwierige
fassang gegeben hat, u. a. vergl. (Liv. I 27) W, V 12 (p. 26 igitur
ut prius etc.) ; (Liv. 1 28) W. V 14 (p. 28 nam ne vos etc.) ; (Liv. 1 29)
W.yi6 (p. 29 quae ubi portas etc. u. d. folgende satz) und dieentl"
sprechenden stellen bei B. und H. für spätere abschnitte stimmen
wir dem verfahren des verf. (vgl. praef. p. VI: ^neque tarnen nihil
tsäfim^ praedpue in posterioribus Uhri partibusj qnod ad exercendom
pneromm aenmen vahsiet') voUstttndig bei und können den fttr diesen
zweck revidierten text weit eher gnt heisaen. — Eine nene aufläge»
für die wir unsere obigen bemerkungeit anr erwägung stellen, wird,
wie wir nach dem Vorwort der letsten ausgäbe (1877) des kleinen
Herodot schlieszen dürfen, in der Orthographie der neuen gestaltong
derselben aeconunodiert werden. — Das von W. dem keebnche bei-
gegebene w(Srterbueh hat vor dm Bothertsohen den vonug grOezerer
vdlstSndigkeit, da alle eigennamen veneichnet und erklärt sind»
und besserer ttbenetoungan« manches von denii was ich an des ver-
fusers wOrt«rbuch x. lat. Herodot in diesen jahrb. (1876 1) bemerkti
Imm voßh fllr den voriiegonden index gelten und braucht daher
Bieht wiederholt lu werden, wie eine beeeitigang jener ungmiauiy-
kdten jetat erfolgt ist, wird auch hier bei einer neuen revision
eiiie solche gewis vorgenommen werden, ich möchte fttr diesen &11
Boeh eine grössere oonsequena in der angäbe der quantität empfoh-
len haben* die jetoge aufläge gibt notdi: Uuaikido — magnUüdo;
tsUgmku — BoäHas; memorabäa — fioMUs; aequaUs — moHSUs
usw. nebeneinander. — Druckfehler sind; adeo statt äbeo, faskis
Btatt fauOuSj instus statt insUus^ interiacio statt Merioeso, (fwlo)
noMy p^rimo statt perimo^ pristinns statt pristmuSy unter «ocri-
ficulm n. statt m.y stahtlitas statt stahüttas. sonst ist der druck
gut and namentlich im texte recht deutlich.
Während die beiden eben besprochenen bücher uns auschliesz-
lieh lesestücke aus und nach Livius bieten, hat Ho che in seinem
lesebuche nur den ersten teil (73 s.) dem römischen geschichtsschrei-
ber eingeräumt, weiterhin von s. 73 — 165 erzählungen aus Justin
eingereiht und endlich noch einen anhang kleinerer abschnitte aus
Cicero (s. 165 — 177) sowie eine anzahl (36) fabeln aus Phädrus
(s. 177 — 192) beigegeben, eine auswahl aus Livius für quarta wird
als das geeignetste in erster linie immer die ansprechenden bistorien
des I buches berücksichtigen müssen , und so hat denn auch H. die-
ser forderung in vollem um&nge rechnung getragen, auszerdem
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472 Lateiniiche lesebficber.
Aber folgende abschnitte aus der gescbichte der beiden ersten Jahr-
hunderte des freistaates bearbeitet: die ersten jähre der repnblik,
die begrüadimg dee volkstribmiaies, Coriolan, die decemvim, die
erobemng von Veji, die Gallier in Bon, der Latinerkri^, T. Man-
lins Torquatos, die candiniechen pftsse. die Idmngeftlgten ct|Mlal
enthalten also noch diejenigen erzählimgen der rOmischen ▼«^B-
schichte, #elohe durch pertOnliohkeiten nnd ereignisse bei dem n*
f&nger hervorragendes interesae za week» und zu fördern geeignet
sind, die orientalisohe und griechische geeckichte ist im II tdl düek
folgende erzählungen ans Justin vertreten : Assyrien, Asi^fages und
OjruSf thaten des Cyms; CambTMt, die magier, Darena; Atbea,
echladit bei Maratbon; Xerxes, iwelter persischer krieg; Sparta,
Lyoorgns; die metseniscken kriege; zwisÜgkeiten mit Athen; Sid-
lien, «Spedition der Athener; AJcibiades, ende dee peloponnesiscbeB
krieges; die 30 Tyrannen; Tbrasybidns; Agesilana, Epaminondas,
Pbüipp TOtt Maoedoaien, Aleiandier der groflie, der lamiacbe kri^,
Pyrrbne T.Ep.; Cartbago^ die beiden Dionysia^ Hanno t. Garlhigo,
Agatboklea, Hiero, die GalQ^ ia.Maoedonienf Philipp HI yon ¥aee-
donien, Antioebna von Syrien; die Aetokr nnd Pbifipp; Perseu
Ton Maeedonien; die Aetäer nnd Adiier. ea ist damit ein Schrift-
steller wieder an ehren gebracht, der im mitlelalter an den popolir
aten aatoren gehörte, die angefahrte answabl berObrt das wiehtigike
der ansserrOmisdien alten geschidite« das material dieses tbeiles iit
so reichhaltig, dass der lelurer je nadi nmÜEmg der cnrse nnd je sidi
dem standpuncte der classe seine disposition Aber das speeielle pen-
snm treffen kann, sehr sweekmteig Isssen sieh einselne abschnitte
an die lotsten Liviamschen erslUungen ansddiesEen (Pyrrhus, Cl^
ihago nsw.). ans Cicero s^nd 14 fragmente angereibt: Selon, Leo-
nidas, Themistodes, Alexander d. g., IMonymna d. ^ Aratns, Cjms
d. j., Sunonides, Sooratee, Demostbenes, die besten kOche, todtfls-
bestattnng in Atiien, wahrsagerei bei den Orientalen, merkwürdiger
traom. man brandit die stClcke nicht nacheinander durchzunehmen,
sondern kann sie gelegentlich zur ergftnzung der rein historisches
abschnitte verwenden, z. b. die erzählung *die besten köche' nach
dem capitel 'Spai*ta' usw. auszerhalb des historischen gebiets liegt
der IV teil, 36 fabeln aus Pbadrus, mit welchen die Chrestomathie
geförderten classen die annehmlichkeit weiterer abwecbslung bietet.
— Die Verschiedenheit der einzelnen Abteilungen bewirkt an ^ich
schon Unterscheidungen im übersetzungsstoff, die für den gebrauch
in realschulen und höheren bürgerschulen , welche das buch auf
mehreren stufen gebrauchen, besonders günstig sind. — In der be-
handlung des originales der beiden hauptpartien — Livius und
Justin — hat H. durch Zerlegung gröszerer sätze in einfache, durch
Äusscheidung unbedeutender Satzglieder die Schwierigkeiten auf die
richtige masz reduciert und einen text geschaffen, welcher dem
wissen und dem fassungsvermögen der betr. altersstufe durchaus
angemessen ist, da er dem schüler sätze bietet, die derselbe über-
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Latemische lesebücher.
473
sehen und damit bewältigen lernen kann, soll der knabe lost an
der lecture bekommen und behalten, so musz es auch rüstig Yor-
wftrts gehen; hier eimttdet ein langer zurückgelegter weg nicht,
fiondem errnntigt zum weitem fortschreiten, dasz gründliohkeit und
richtiges Tentlbidnis darunter nicht leiden, hat der lehrer in der
band, zur veranschttaliehiiiig der H.schen bearbeitung setze ich ein
Stück (p. 14) hierher, an dem sieh nebenbei der vergleich mit den
entspreehenden redaetionen seiner voxginger anstellen Utsst.
LiT. I 29 : I Bothert :
Quae ubiititravere Quae ubi intra-
portas , non qui- j vere p., n. q. f . t.
dem fuit tumultus j ille , nec pavor,
illenecpavor, qua- ! q. c. esse urbi-
lis captaruin esse um solet, quum
urbium solet, cum effr.porti8,stra-
effractis portis
stratisve ariete
muris aut arce vi
capta clamorhosti-
lis et cursus per
urbem armatorum
omnia ferro fiam-
maque miscet, sed
Silentium triste ac
tadta maestitia ita
defizit omninm
animos, ut prae
metu obliti, quid
relinquerent, quid
secam ferrent, de-
ficiente consilio
rogitantesque alii
alios rnme in limi-
nibus starent, nuno
errabundi domos
suas ultimum illad
Tisuri penragaren-
tor.
tisve a. muris,
aut a, V. c. per
urbem cum la-
mentatione tre-
pidant victi, in
omnia ferro
flammaque sae-
viunt victores:
sed silentiom
triste a. t. m. i»
d. 0. a., nt p.
m.oblivi8ceren-
tur, quid relin*
querent , quid
sec. f.; ut de-
ficeret consili-
um rogitarent-
que alii alios;
utnuncstapen-
tes in L st. n.
e. d. suas, xü-
ümum illas y«.
Weller:
Q. u. portas in-
traverunt, n. q.
t. ac pavor fuit,
qualis capta-
rum u. esse
solet, quum
portis eflfr actis
murisve a. stra-
tis clamor ho-
stilis et arma-
torum per ur-
bem cursus om-
nia ferro flam-
maque miscet:
sed triste silen-
tium a. t. m. L
omnium ani-
mos defixit, ut
p. m. obliyisce-
rentur, quid
relinquerent, q.
sec. f., et inopes
consilii, aliis
alium rogitan-
tes, nuno in L
st., n. domos
suas ultimum
eas yisuri, per-
YSgarentur.
Hoche :
Q. u. intravere
portas, non qui-
dem f. t. nec
pavor, sed Si-
lentium triste
ac tacita mae-
stitia defixit
omnium ani-
mos. prae metu
obliti , quid
relinquerent,
quid sec. f.,
nunc in limini-
bus stant, nunc
domus suas ul-
timum visuri
pervagantur.
penragarentur.
dies beispiel , dem ich viele andere folgen lassen könnte , zeigt, dasz
H. seinen quartaner richtig taxiert hat , der mit der hier gebotenen,
immerhin noch Livianisch angehauchten satzform fertig werden
kann, jene beiden schwierigeren redaetionen aber wird nur ein teil
der Schüler und auch dieser nur mit vieler nachhilfe bewältigen,
ohne dasz die poetisch schöne diction, deren wegen so wenig ge-
ändert ist, in ihnen auch nur unbewust den eindruck einer kunst-
vollen darstell ung hinterläszt. anderseits hat sich H. auch unnötiger
n. jährt», f. phU. a. pid. IL sbu 1878. hft 10. 31
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474 Mitteilangeii der deuttchen gesellichaft in Leipzig.
ündeniDgeD, wie wir sio bei R. gefunden, enthalten; vergl. z. b. Li?.
I 60 und Hoche 7, § 24 (p. 27). — Der druck des lesebuchs wie
auch des Wörterverzeichnisses ist, was wir bei einem Schulbuch be-
sonders betonen , correct , grosz und deutlich. — Das eben erwänte
Wörterbuch ist von den bisher besprochenen entschieden am besten
gearbeitet, es schlieszt pronomina, zahlen, bekanntere conjimctionea
ans I enfcreekt sieh aber auf die geschichtlichen und geographischen
ejgeiiiitmeii. bei don grooen nrnftoge des stoffiss will es nicht viel
sagen 9 wenn in der ersten ausgäbe einige wenige werte Überganges
sind, nemlich deprecatio (p. 113 § 6), elicere (p. 69 § 11), ez-
interare (p. 75 § 4), exportare (p. 119 § 27), funebris (p.8
§ 8), navigabilis (p. 126 § 51), paganns (p. 144 § 11), pagus
(p. 1 § 1), pudibundus (p. 147 § 24), secessio (p. 47 § 2b\
snbministrare (p. 102 § 12), superindacere (p. 83 § 3). die
quantität ist sorgflUtig bezeichnet; in einer prfifong der buchstaben
by d, e, f, g, 1, m und t habe ich die seichen nnr in fetialis,
gabernator, tabula und theatrnm yermiszt. — Nach dem ge-
sagten kann H.8 lesebuch nach anläge, inhalt und aosflibning als
das bei weitem geeignetste hüfemiUel Ar den yorgesohriebenen
sweck empfohlen weideii«
EiSENAOB* £. Ludwig.
61.
MITTEILUNGKN DHU DEUTSCHEN GESELLSCHAFT ZUR ERFORSCiiUNö
VATERLÄNDISCHER SPRACHE UND ALTERTÜMER lH LEIPZIG. VI BD.
Leipzig 1877.
Die deatsche gesellsehaft in Leipsig, die seit dem jähre 1697
besteht, hat vor knraem den 6n band ibrer miiteilüBgen TerOffiBnt-
licht. derselbe enthttlt einen vertrag von dr. Bmno Stdbel: "die
deutsche geseUschaft in Leipzig von ihrem entstehen bis cor gegen-
wart^ sie ist, ausser dem Pegnitnsehen blnmenorden in Nflmberg,
der Slteste verein im deutsehen reidie; sie gehOrt zu den sprM^
gesellsehaften, deren erste der palmenorden war, gestiftet 1617.
fttrst Ludwig von Anhalt war das erste oberhaiq^t dieses ordens.
sehen 1619 entstand naeh dem muster dieses ordens ein neuer, eis
frauenordMi, die HngendHehe gesellsehaft*, gestiftet von AnnaSqphis
grSfin von Sehwarsbnrg-Budolstadt, der sehwester Ludwige.
Die tngendliche gesellsehaft war bisher hat ginslieh unbekannt
über sie handelt ansfihrlieh das 2e stflek dieses 6n bandes, verfi»t
von dr. Franz Dix. unter den drei abhaadlungen des bandes — ^
dritte von A. Biehter: 'ttber deutsehe kindeneime' — ist sie di»
nm&ngreiehste, und da ihr gegenständ wol den meisten imserff
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Mitteilungen der deutechen geBellscbai't in Leipzig. 475
leser imbekannt sein dürfte, wollen wir Uber sie hier etwas ein-
gehender berichten.
Die gesellschaft, deren stiftungstag der 5 sept. 1619, bestand
ursprünglich aus neun ^weibespersonen fürstlichen und gräflichen
Standes', die auf dem gräflichen haus zu Rudolstadt zusammentraten,
um gemeinsam nach tugend und ehre zu streben, ihr Sinnbild war
ein tisch, bedecket mit einem weiszen seidenen teppich, darauf kröne
und scepter liegen; ihr Wahlspruch: tugend bringt ehre, am 8 mai
1632 hatte die gesellschaft 73 mitglieder. neue werden nun nur
aufgenommen in die durch den tod entstandenen lücken. so noch
im jähre 1650. nur angehörige des protestantischen bekenn tnisses
konnten aufgenommen werden, am 8 mai 1632 waren in der gesell-
schaft vertreten 34 familien, darunter die regentenfamilien von An-
halt, Brandenburg, Hessen, Nassau, Oldenburg, Pfalz, Pommern,
Prensien, Beuss, Sachsen, Schwarzburg, Würtemberg.
Die Schriften der gesellschaft liegen in der herzoglichen bücher-
Sammlung auf schlosz Friedenstein in Gotha unter der bezeichnung
Cod. CH. B. 831 ^ Raticbiana. der Verfasser druckt daraus ab: den
berieht Uber die entstehong der gesellschaft , ihr mitgliederverzeich-
ois. jedes mitglied bekam einen gesellschaftsnamen {'die Gretrewe'),
einen sprach (in unauflöslichem bände) , ein Sinnbild (zwei herzen
nüt einem weiszen bände hart verknüpft durch eine band aus den
welken , darüber das wort nilT; geschrieben) und ein exempel (die
Michal, welche David zum fenster hinablttszt, seine seele zu retton,
ISam. 19, 11).
Hierauf folgt eine erklärung der tugendliohen gesellschaft in der
schematischen weise, die damals sehr beliebt war. nachdem sodann
breit erklärt ist, was ein emblema oder fürbildungsgedicht sei, folgt
ein gedieht: schon tobt der bürgerkri^, da taucht die Sale aus der
wsBsertiefe und ist zeuge, wie die neun musen zu einem werke sieh
vereinen, ^das mehr als singen ist', in einem darauffolgenden ge-
dichte werden die Veiberfeinde' zurechtgewiesen und die Sale be-
grüszt nun den tugendlichen chor. ganz eigentümlich ist die diesem
gedieh te folgende ^auslegung'. wir haben dergleichen nirgends sonst
gefunden, hierauf folgi^ noch drei gedichte und eine ganz im pre«
digtstile gehaltene ^erwegung'. so wie die geseUschaft, so hat jedes
mitglied ein bild — es sind deren zehn in genauem Steindruck bei-
gegeben — vier gedichto mit auslegung und eine erwegung. der
'besehlnsi', ein iSngeres gedieht, vielfach an Opitzens Hercinia er-
innernd, stammt aus der zeit vor der Lützener schlacht und ist ein
wiederhall der freude der evangelischen tther die siege des 'löwen
ans mittemaehf* wir ersehen daraus, dasz man damit umgieng, die
Schriften der gesellschaft zu verOffentliohen. in den darauffolgen-
den drangvollen jähren aber unterbliebs. mit einem komischen, in
Budolstftdtor mundart gehaltenen zwiegesprftch eines bauem mit
^ner frau endet die reihe der aus den handschriften gegebenen
Btttcke«
81*
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I
476 Mitteiluugeu der deutichen ge&ellachaft in Leipzig.
Nun schildert der Verfasser das öffentliche leben, die höfe,
die Irauen im anfange des 17n Jahrhunderts zum teile nach bisher
ungedrucktem materiale der Friedensteinschen Sammlung, zucht i
und sitte waren, namentlich bei den frauen, tief gesunken. 1643
erschien eine schrift über die frage, ob die weiber menschen ^
seien oder nicht. ' das musz anders werden ! ' riefen die einen
und verlangten zugang zu den Universitätsstudien, so die gelehrte
A. von Schurmann, 'das musz anders werden!' riefen die andern,
drangen auf religiösen ernst und sittliche reinheit und traten zn
unserer gescUschaft. — Nun erhalten wir ein bild von dem traurigen '
zustande der evangelischen kirche und schule, von den schleich- ]
wegen der Jesuiten, durch die selbst ein Meyfart getäuscht wurde, |
gröstenteils entworfen nach einem vorschlage dieses gelehrten theo- '
logen und der 'judicia etzlicher vornehmer theologorum' zu diesem
vor.schlaf?e, alles aus den Friedcnsteinschen handschriften. aus den-
selben folgt ferner ein bericht des generalsuperintendenten Kromayer
vom 21 sept. 1G27 au herzog Wilhelm von Weimar über den zu-
stand der schulen in den ämtern Reinhardtsbrunn und Görgenthal,
von 1700 kindern kamen tausend nie zur schule, Yon 10,000 er-
wachsenen können 7000 keinen buchstaben lesen. — Nach einer
kurzen darstellung des Verfalls der deutschen dichtung und prosa,
der deutschen spräche , wird nachgewiesen , was die tugendliche ge-
sellschaft für die Stellung der frauen , für deutsche zucht and sitte,
für kirche und schule, für dichtong, prosa and deutsche spräche 6^
strebt hat.
Inhalt, versmasz und spräche der Schriften der tugendlichen
gesellschaft werden hierauf genau betrachtet und erl&otert. die
spräche ist durchaus rein, hie und da mundartlich gefärbt, im ganien
schon die Luthers; der Inhalt streng moniisch, oft morsli&ce&d, I
selten dichterisch.
Auf die frage: wer hat die schriften der gesellschaft verfaszt?
folgt die bis ins einzelnste begründete antwort; grftfin Anna Sophia
von Rudolstadt, Ludwigs von Anhalt Schwester, sie, die gönnerin
Batkes, die bei ihm hebräisch gelernt, hat in Rudolstadt eine mlgd-
leinschule errichtet und derselben letstwillig 2000 gld. vermacht
nnier der bedingung, dasz man Batkes methode femer darin übe.
schon ihre Schwester Dorothea, die matter £msts des frommen (d«
begründers der Friedcnsteinschen Sammlung) und Bernhards Ton
Weimar, hatte dem Ratke 2000 gld. vermacht zur beförderung seiner
pädagogischen bestrebungen. Ludwig hatte nach denselben grund-
stttsen in Eöthen eine knaben- und eine mägdlsinsohale begründeti '
Alle , denen die forsohang der deotseben Vergangenheit sm
herzen liegt, sind dem wfssser für seine schrift za danke ree-
pflichtet, dieselbe liefert züge, welche das bild, das man sich von
dem innem leben und den gesellschaftlichen zastftnden Deutsch*
lands während des dreiszigjährigen krieges EU entwerfen pflegt»
nicht unwesentlich TenroUständigm.
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A. Brefames grammatiken für deutsche schalen in Bussland. 477
Nicht unerwähnt darf bleiben, dasz dr. Dix siofatlichen fieiss
auf die darstellong xmd den sprachlichen ausdruck verwandt hat«
heutzutage werden biloher und aufstttze leicht und schnell fertig;
clie meisten sind aber auch danach, und nur zu oft begegnet man
einem traurigen mangel an ttbersiohtlichkeit, an sohlte des ge-
dankens und an xeinheit der spräche, namentlich in der letzten be-
aehtmg wird arg gesflndigt, und die zahl der fremden wOrter nimmt
von jähr zu jähr zn, die Schrift des dr. Dix ist frei Yon den gerttgten
fehlem.
Moritz TitAUTMAim.
52.
1) BREHME, ARTHUR DR., GRAMMATIK DER DEUTSCHEN SPRACHE
FÜR OBERE CLASSEN DEUTSCHER SCHULEN IN RUSSLAND. Peters-
l>urg, Verlag von G. Hassels buchhaudlung (Aug. Deubner). 1875.
2) DERSELBE. BLEMENTARGRAMMATIK DER DEUTSCHEN SPRACHE FÜR
UNTERE CLASSEN DEUTSCHER SCHULEN IN RUSSLAND, cbd, 1876,
3) DASSELBE IN RUSSISCHER ÜBERSETZUNG, ebd. 1875.
Ddr yerf. obiger schnlbfleher ist Nationaldentseher^ vor einer
geranmen imt als lehrer in Bnssland eingewandert und seit zehn
jähren lehrer der deutschen spräche an der 8t. Annenschfle zu
Petersburg, auf den ersten blick documentiert er sich als einen
schUler Aug. Schleichers, dessen wissenschaftliche licht- wie Schatten-
seiten er idso teilt, jedoch hat er in obigen grammatiken auch die
resnltate der gebrflder Grimm, Eehreins, Bumpelts u.a. fleiszig und
mit besonnenheit fOr seinen schulstandpunct, der — da dieselben
für deutsch-russische sdiulen geschrieben sind — in Tielen puncten
ein Ton fttr echt deutsche schulen geschriebenen grammatiken ab-
weichender sein musz, benutzt und Ycrwerthet lassen wir den yerfl
zimSchst selber über diesen seinen standpunct sprechen: 'unsere
gpedell russischen bedttrfiiisse sind gänsdich unberücksichtigt ge-
blieben, die meisten grammatiken sind fttr deutsche Ycrhftltnisse
berechnet , wo die schfller die lebendige Volkssprache yon Jugend
anf hören und an derselben ein bestöndiges correctiT ihres aus-
drnoks finden.'
Beferent kann es nicht genug anerkennen und betonen , end-
lich einmal solche grundsfttze in bezug auf den deutseben Unterricht
an deutschen schulen Busslands mit kurzen, klaren werten aus-
gesprochen zu finden , zumal da ihn eigne erfahrungen in verschie-
dmen iSndem belehrt haben, wie man daselbst die resultate der
neueren germanistik mit hoher Selbstüberschätzung zu ignorieren
fast allgemein für guten ton h<. — Seinen im vorwort aus-
gesprochenen, oben angeführten gruudsätzen getreu bat denn nun
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478 A. Brehme: gnunmatiken fikt deatsohe echnlen in fiaasland.
auch der yerf. gearbeitet, ja, er hat in seiner elttnentargrainmatik
noch mehr gegeben, als er im vorwort TerBproohen. in dieser gibt
er nemlich geradezu eine fast vollständige russische parallelgramma-
tik, so weit sich natürlich die russische spräche in ihrer laut- nnd
formenlehre der deutschen entweder nähert oder auch diametrtl
entgegenläuft. — Wenigen hinweisen auf das russische begegnen
wir allerdings in der gröszeren grammatik und ist der pädagogische
grund, aus welchem diese Behandlung des Stoffes in d^ schal*
grammatik hervorgeht, nicht nur leicht sn ersehen, sondern sieh«-
Bch auch nur anzuerkennen. — Ehe ref. nunmehr auf besprechnng
einselner puncto eingeht, spricht er offen den wünsch aus, dasz diese
grammatik , deren druck auf gutem papier nnd in gefälligen lettsn
der Verlagsbuchhandlung nur zur ehre gereicht, in recht kuner idt
sich einer recht allgemeinen emfBhmng in die deutschen schulen
Busslands erfreuen mOge, ein wunscb, zu dessen Verwirklichung dss
gelehrtencomit6 des kaiserL russ. nnterriehtsministeriums, weldies,
wie ref. gehOrt, dieselbe zur einfOhrnng in die höheren dassen
slmtlicher deutsöhen kirchenschnlen Bnsslands empfohlen hat, bei-
tragen zu wollen scheint.
Da die genannten hficher in Berlin gedruckt sind, sieh dsher
die correctur als eine hOchst umständliche und beschwerliehe e^
wiesen hat, so ist ref. bei nachstehenden einzelheiten, zn deren be-
sprechnng er nnmnehr Übergeht, bisweilen in sweifiBl, ob dieselben
dem antor oder dem corrector als versehen zur last sn legen sind,
schulframmatik s. 1 s. 3 u. steht *nnd altbaktrisch' fOüt *oder
altbaktrisdh*, da letzteres die von Spiegel eingefiDhrte benemung
für altpersisch ist in § 8 konnte verf. die hauptdiakkte des slt-
italischen namentlieh anffllhren, dann wird der begriff des latdai^
sehen deutlicher, ebenso fehlt in demselben paragraph das gallisdie.
der nächste paragraph gibt slavische und lettische disleläe dmch
einander, z. b. *preuszisch' (fttr altpreustisch?) und obotritisch.
auch sind in demselben Paragraphen die davischen qcnraelien nidit
in wissenschaltlieher anoHnnng aufgezählt, in § 5 mnste das frie-
sische als flbergangsdialekt des niederdeutschen zum nordischen ge-
nannt werden und nicht in der geschehenen form. — Zn ende des
§ 6 durfte ein ttbersiehtlicfaer spraehbaum erwünscht sein. — § 6
fehlt die besprechnng des t, da binweis auf beisinele wie 'sllbe' usw.
nicht genügt; auch mnste das unorganische i in * wichsen' (ststt
*wächsen' von * wachs') erwlhnt werden. — Bm dem absdmitt
Aber ß, ff hätte Schleichers anhang aber ß in dessen 'die dentscb
spräche' gute dienste Imstsn kOnnen. § 12 unter o fehlt das wort
*argwohn' als beispiel ftbr anorganisdies o. in § 14 konnte snsnr
an die russischen beispiele auch an lateinische nnd grieehisohe er-
innert werden , z. b. oTvoc — mtrnm*^ Perus — crom, in demselbfls
paragraph konnte unter 'au' erwtimt werden russ. Mosk-wa ^
Moskau. Die in § 15 ausgesprochene ansieht über oonsonaBte&
künnen vrir absolut nicht teilen, ebenso wie in § 17 die einteilung
Klopstockiaua.
479
der consonanten in dieser form fürs deutsche unzureichend ist. —
Die lehre vom apostroph in § 25 ist ungenügend, (man denke an
'beim* ohne apostroph und Worm' mit apostroph und die sich
hieran knüpfende leichte regel!) vom corrector übersehen ist wol
die Schreibung der endsilbe ^niß' statt ^nis'.
Warum weicht der verf. in seiner lehre von den regulären
declinationen wieder von der historischen annähme von 9 declina-
tionen , von denen je drei auf 1 geschlecht entfallen, ab? ähnliches
ist der fall in bezug auf seine einteilung der conjugationen. gleich-
wol erfreut bei declination wie conjugation teils die reichhaltigkeit
der beispiele, teils die ausführlichkeit der behandlung, wobei ref.
noch besonders auf das capitel der declination der fremdwörter auf-
merksam macht, ebenso gründlich ist der abschnitt 'partikeln',
was ref. um so mehr freut, als gerade dieser wichtige abschnitt in
schulgrammatiken in der regel nur höchst stiefmütterlich behandelt
wird. — Der zweite, nunmehr folgende teil, die Satzlehre behandelnd,
dürfte bei irgend welcher genaueren besprechung unseren artikel
über das masz ausdehnen, daher nur weniges, der verf. hat sich
bemüht, dieselbe möglichst einfach zu geben und geht dabei von
dem richtigen grundsatze aus , dasz es nicht Sache des gjmnasiums
und der realschule besonders in einem fremden lande ist, alle mög-
lichen syntaktischen erscheinungen der verschiedenen Schriftsteller
und Jahrhunderte zu registrieren und zu erklären , sondern den
Schüler zu belehren, wie er das logisch gedachte in syntaktischer
richtigkeit wiederzugeben habe, gleichwol konnten die Grimmschen
feinen syntaktischen bemerkungen gröszere beachtung finden, doch
will ref. darüber nicht rechten, da ja viele lehrer der ansieht sind,
dasz gerade dieser teil des Unterrichts den oorrectur- und leotür-
stunden zuzuweisen ist.
PBTBBSBCBCk HÖLBB.
(48.)
ELOPSTOOEIANA.
(schlusz.)
Im febmar 1768 kam Bode aus Hamburg nach Magdeburg, um
mit TWihinftTwi den plan einer Vereinigung seiiies mit Lessing be-
Ipomienen untemebmens mit dem Bachmannschen zu berathen. Bode
sehlng den allgemeinen namen einer Niedersttchsischen gesellschaft
Tor, um sie von der Schweizerischen zu unterscheiden* es kam je*
doch zu keiner einigung. Elopstock bot Bachmann, der inzwischen
einen ecmtract mit Himburg in Berlin abgeschlossen und den druck
der ^briefe von J* G« Jacobi' und der ^briefe der herren Gleim und
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480
Klopstockiana.
Jacobi% die er selbst anonym herausgab, hatte beginnen lassen, sein
drama "^Hermannsschlacht' an , allein dieser entschlosz sich aus ver-
schiedenen gründen es Bode in Hamburg zu überlassen, besonders
bewog ihn der umstand dazu, dasz ihm, wie er sich in einem briefe
an Gleim vom 5 miirz iiuszert, das werk selbst der Klops tockschen
muae nicht ganz würdig zu sein schien, 'ich habe, sagt er, beim lesen
mehr als einmal bedauert , dasz der sänger der Messiade das werk,
das vornehmlich ihn unsterblich machen soll, liegen läszt und lieber
weit unter den Sophokles als neben den Homer sich stellen will,
das stück selbst ist keine tragödie. es ist ein historisches drama,
das in eins fortgeht, ohne Verwicklung und — das ganze betrachtet
— ohne interesse. er nennt es ein bardiet, vermutlich nach der
stelle des Tacitus, wo es heiszt: sunt illis haec qnoque carmina, quo-
rum relatu, quem barditum vocant, accendunt animos etc. die
reden der personen sind in prosa, die gesänge der barden in freiem
lyrischem silbenmasze wie die hymnen, die in den 20. gesang der
Messiade eingeschaltet werden sollen, einige davon ganz vortrefflich,
hinreiszend und in dem wahren geist und mit dem feuer der alten
barden gesungen, einige gedehnt, durch eine harte Wortfügung hol-
pricht und dunkel gemacht und mit falschem schwulst angefüllt
an einigen orten sieht man, dasz er dem Ossian gefolgt ist, aber in
Zeichnung der Charaktere und in der edlen einfalt hat er ihn lange
nioht erreicht. Hermann zeigt sich an manchen stellen wie ein eitler
prahler und in einer Boeae kommen zwei sterbende vor, die bei an-
nttherong des todeg in raserei verfallen — aber eine so kttnstlicbe,
80 abgezirkelte mern» dass de beida mit einander dialogiren. —
herr Bode zeigte mir auch ein tranerspiel von Gerstenberg : Ugolino.
aber weder dieses stück noch Klopstocks Hermann sind so einge-
richtet, dasz sieanf das theater könnten gebracht werden, und dies
halte idi fflr einen groszen fehler — nnd dies (um wiedtr als buch-
händler zu reden) ist auch der grund , warum ich TOn ihrem absatze
nicht die gröszte hoffiinng habe.* Bachmann war saghaft uid so
sersohlag sich das ganze unternehmen. Gleim machte seinem fremide
in einem briefe vom 4 juli bittere vorwürfe , ohne dasz dieser sie
verdiente, es ist der letzte brief , den Gleim an Bachmann richtete,
eine unglücklicke heirat mit der tochter des geheimenraths BudihoU
in Berlin , Über welche sich Gleim in einem briefe an Uz vom 9 au-
gust 1763 äuszert, sie gleiche einer schönen bildsttole, bedeutende
Verluste in NeuwiUschen coneurse in Holland, sowie manche nnglück-
liehe handelsspeculation hatten ihn um einen teil seines vermögt
gebracht. 1769 ging Baohmann nach Petersburg, hier wurde er
mit dem dichter Willamow bekannt, dieser feierte ihn, wie es die
Earschin häufig gethan hatte, in einer ode an Palemon. Gödeke
deutsdie dichtnng 1 627 irrt, wenn er Gleim and Palemon identificirt
Gleim wnrde von der Karschin unter dem namen Glistäphion besun-
gen, als beweis führen wir noch folgende stelle eines Bachmannsches
briefes an Gleim vom 11 december 1761 an: 'da die dichteiin mir
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Elopstockiana.
481
einmal den namen Palemon gegeben hat, so wünschte ich , dasz die-
ser name den gedichten, die an mich gerichtet, vorgesetzt werde.'
in Petersburg fiel Bachmann allmählich in eine solche Schwermut,
dasz er, nachdem er von seinem vorzüglichsten gönner, dem prinzen
Heinrich, von den seinigen und von seinen freunden schriftlich ab-
schied genommen hatte, 1776 durch gift endete, wenn Meusel lexi-
kon deutscher schriftsteiler 1 133 behauptet, er habe sich erschossen,
50 wird dies durch einen brief Gleims an professor Scblichtegroll in
Köln vom 15 august 1798 widerlegt, dieser hatte Gleim um mate-
rialien zu einem nekrologe der Karschin gebeten, und Gleim schrieb
ihm u. a. : ^Palemon in der ersten Sammlung ihrer (der Karschin)
gedichte ist der sehr brave kaufmann Bachmann zu Magdeburg, der
nachher zu Petersburg unglücklich geworden ist. mehr von ihm zu
sagen, müste ich ein buch schreiben. . . dieses Bachmanns lehrer war
Sulzer. Gleim und Sulzer und graf Finkenstein, Theokrits Übersetzer,
und Köpken, der die schönen tafellieder gesungen hat, waren seine
freunde; prinz Heinrich, der bruder des einzigen, War weniger sein
ilirst als sein freund, und dieser, liebster herr professor, wurde ein
Selbstmörder, nahm gift, mein herz blutet, ich kann nicht weiter.'
Auch Besewitz hatte durch Klopstock selbst erfahren, dasz der
dichter an dem neiMB trauerspiel 'Hermannsschlacht' arbeitete, es
sei ein stück mit gemischten hardenchören. 'das stück ist in prosa,
schreibt Resewitz an Gleim in einem briefe vom 3 mai 1767, auszer
dasz die barden in das thal der schlacht heldengesänge hinunter-
singen* ,bnimzDen, setzt er (Klopstock) hinzu, brummen wird Gleim»
schon wieder prosa !^ und ich setze hinzu : schon wieder etwas , das
Sie durch versificieren yersehönern können.' Gleim hatte, wie be-
kannt, den 'tod Adams' in verse gesetzt, die ausgäbe war 1766 er-
schienen, er schrieb an Resewitz am 3 juni 1767: 'unser Klopstock
scheint mit meiner yersification seines todes Adams nicht suMeden
SU sein, er hätte mir sonst ein wort darüber gesagt, er mag immer
in prosa schreiben, zur Unzufriedenheit will ich ihm keine gelegen-
heit mehr geben, auch, wenn er mich auffordert, nicht.' erst am 19
december 1767 dankt Klopstock seinem freunde für den versificirten
Adam, Gleim erwiderte in einem briefe vom 3 april 1768. beide
briefe sind von Klamer Schmidt II 193—207 gedruckt.
Wir konmien jetzt zu dem Kopenhagener kreise. Gottfr. Bened.
Fimk, der demselben seit 1756 angehört hatte, war 1769 als sub-
rector an das domgymnasium zu Magdeburg berufen, noch von
Magdeburg aus hatte er mit dem ihm eng befreundeten Klopstock
briefe gewechselt, wir ersehen dies ans einem briefe Funks an Gleim
vom 26 februar 1771, worin es heisit: 'von unserm Klopstock fra-
gen Sie mich ? nichts Ton.alle dem weisz ich» denn in meinem letzten
briefe Ton ihm (vom 16 december), wiewol ich ihn erst Tierzehn
tage nachher erhielt, hat er der sache mit keinem, keinem worte er-
wähnt.' es handelte sich um die besetznng der abtstelle des klosters
Borg bei Magdeburg mit Gramer.
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482
KiopstockiaDa.
1767 wurde Resewitz ein glied des Kopenbagener freundes-
kreises. in diesem jähre wurde er von Quedlinburg aus als prediger
an die deutsch -reformirte kirche berufen, er hatte zu gleicher zeit
einen ruf nach Berlin erhalten , jedoch Kopenhagen den Vorzug ge-
geben, weil er die hoflfnung hatte, mit Gramer und Klopstock zu-
sammen zu sein, dasz er sich auch mit Gerstenberg befreundete, ist
natürlich , es war ein schöner freundschaftlicher kreis , der die be-
gabtesten männer in Kopenhagen vereinigte. Gleim wünschte nichts
sehnlicher, als die freunde aufzusuchen, er schreibt am 6 febmar
1769 an Gerstenberg: 'könnte ich von Hamburg aus mit meinem
Lessing gesellschaft machen , wie gesund würde ich werden ! Klop-
stock, Gramer, Resewitz, wie würde ich euch umarmen, wie würden
die götter der freuden ihre flügel schlagen! aber Sie sollen, mein
lieber alter freund , nicht hoffen, Sie würden mir dann den verspro-
chenen langen brief nicht schreiben , in welchem Sie mich von Her-
manns Schlacht, Klopstocks oden, von hundert angenehmen dingen
unterhalten wollen. . . unendlich grosz ist das verlangen zu sehen,
was aus der göttlichen ode, die Klopstocks freunde verewigt (o warum
war ich nicht damals schon sein freund? ich wäre dann auch evvig!^
geworden ist! denn Klopstock selbst hat mir gesagt, er hätte viel
Veränderungen damit vorgenommen, sonst wüste es mein Klopstock,
dasz ich so stolz sei, mich für seinen ersten lehrer zu halten, viel-
leicht glaubt er auch, ich könnte es wol sein ; seitdem ich seinen tod
Adams in verse setzte oder seitdem ich das bad in Lauchstedt ge-
braucht habe, seitdem glaubt er es nicht mehr. . . mit einer art von
Schauder hört ich gestern, herr Fatzke zu Magdeburg hätte von
Klopstock die fünf neuen gesänge des Messias erhalten, also, dacht
ich, ist es ausgemacht, dasz Klopstook seinen Glaim nicht mehr für
seinen ersten leser hftlt wüste er, wie oft ioh imnAiBen krankheiten
seufzte, dass ich sterben sollte , ehe der Messifts geendigt wftre, wie
sollte es ihn gereuen , mich so zu verkennen.'
Auch Bosewitz beteiligte sich an der litterarisdien bewegong»
er wurde mitarbeiter an den Uitteraturbrie£Bn% die eine zeit lang anf
die entwicklung der deutschen litteratur von groszem einflossge*
wesen sind, femer lieferte er aufsitze für das 'deutsche mnseum*
und die ^nene deutsche bibliothek.' wie eng er mit Klopstock be-
freundet war, beweist ein bei Lappenberg s. 173 gedruckter bnef
Klopstocks an Cäcilie Ambrosius vom 16 September 1767 , worin es
heiszt: 'ich empfing Ihrmi brief vor einem paar stunden, da ich
eben Besewitz, einem meiner liebsten freunde , eine meiner arbeiten
vorlas. . . ich siegle mit Resewitz petscfaaft' Uber sein, Klopstoeks
und Cramers leben in Kopenhagen macht er in einem briefe an
Gleim vom 4 mttrz 1769 folgende lebendige und anmutige schüde*
rung: '. . ich habe ein kleines landhaus gekauft, das recht dazu ge-
macht ist, dasz Gleim die frühlingsdttfte und mit ihnen begeisterong
in vollen zügen eintrinken kann, aus dem hause treten Sie gleich
in ein wäldohen, das im gebflsch nnd in wiesen fortläuft und «ur
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Klopstockiana.
483
linken durch einen groszen see begrenzt wird, der durch seine
grünenden inseln und buschiges gestade die lieblichste aussieht von
der weit macht, heerden von schwänen schwimmen auf ihnen oder
tiattem über demselben und, wie mich leute versichern, die bessere
äugen als ich haben, so reiten und gaukeln kleine amors auf den
Schwänen herum und plätschern im wasser und jagen sich in dem
gebüsche herum, nur ich armer blödsüchtiger sehe keine amors, nur
Schwäne, an diesem erquickenden gestade haben Sie unsern Preisler
auf wenige schritte zum nachbar, eine Viertelstunde zur linken finden
Sie unsern Klopstock in einem bezauberten schlösse, mit alleen und
gärten und Weinbergen umringt, wo Ihnen auf befehl eine wolthätige
fee kirschen und erdbeeren mit dem noch jungen frühlinge entgegen-
kommen und er Ihnen bei Ihrem abschiede pfirsiche und aprikosen *
und die süszesten trauben zum geschenk hinterläszt. auf dem rasen
einer hohen terasse breitet er Ihnen und Ihren freunden seine brah-
manische mahlzeit, unter demgeseusel des zephyrs und dem lauteren
der offenen fröhlichkeit essen Sie sich gesund, indes dasz Sie die
nationen Europas auf dem vor Ihnen liegenden Ocean wimmelnd
heranfliegen sehen, um es an cyprischen weinen und früchten des
griechischen Tempe nicht mangeln zu lassen. Sie kehren wieder zu-
rück zu meiner ländlichen wohnung und treten am ausgang auf einen
hohen königlichen weg, der blos für Sie gemacht zu sein scheint, um
Sie in einer halben stunde zu Ihrem Gramer nach Sandholm zu rollen,
den Sie in einer arkadischen gegend mitten unter gärtnera, Schnit-
tern und hirten erblicken , wo er entkleidet von ernster gelehrsam-
keit vater und freund und genösse der ländlichen freuden ist. von
da wandeln Sie durch immsr abwechselnde scenen gefälliger land-
schaften über gothische, moderne und schäfermSszige lustgebäude
der könige hinweg zu einem dichteren hain, den die alten dichter
in ihren Uedem geheiligt hatten und der jetzt noch von ihren abge-
schiedenen geistern bewohnt wird, von fernher hören Sie schon
cm sdiweres dumpfes getöse, wie wenn götter mit einander streiten,
und so ist es auch, Sie sehen bald den mächtigen gott des nördlichen
Oeeans mit unaufhaltsamer gewalt daher rauschen und mit wilder
wuth durch eine kleine öffiiung — Sund ist ihr name — in das
friedlichere gebiet des sanfteren ostmeeres, das sein ruhiges gestade
freundlich beherscht, hereinbrechen, er sträubt sich aber ; wer kann
wider die gewalt des eroberers ? sträubend und empörend wird es
von dem wilderen nordgott fortgerissen und im triumph über Sand-
bank und klippe und strudel unter der disharmonisch rauhen musik
des verbündeten Aquilo fem zu den hyperboräischen ufem gelGdirt.
da stehen Sie und erstaunen und singen dem sieger ein stürmendes
kriegslied und in sanften tönen die see und den wald und die wiesen
am bach und die freunde und den komus, der im ländlichen hause
die herschaft hat. ach Gleim! wenn Sie doch kämen, Sie sollen die
regierung des kleinen hanses fahren, meine frau unter Ihrem yor-
sits die Schüsseln bereiten, Ihre nahen freunde um Sie herum, und
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484
Klopitocldaiia.
Gerstenberg und ich Ihr öfterer gast sein, bis auf wiedersehen also!
F. G. Resewitz.' der brief bildet die nachschrift zu einem im
morgenblatt 1817 nr. 27 abgedruckten briefe Gerstenbergs an Gleim.
Auf Besewitz blieb die entlassung Bernstorfs ohne einflnsz.
Klopetock zog mit dem minister von Kopenhagen und verlebte den
Sommer auf dem lande, den winter in Hamburg, 'jetzt, schrieb
Besewitz am 25 febmar 1772 an Gleim, ist Elopstock in Hambnig.
wollen Sie an ihn schreiben, so adressiren Sie Ihre briefe ins bischä-
liebe haus auf dem Kamp. Sie wissen es seit alten Seiten, dasz er
ein seltener Schreiber ist und laonenmSssig ümBOg schreibt oder
schweigt, wecken Sie ihn auf , aeiiie hiesigen freunde hören auch
nicht viel von ihm.' die wiener angelegenheit betrachtete Besewits
gleich anfangs als wenig anssichtsvoU, er schreibt darttber am 2 mai
1772 an Gleim: Won der aache dee kaisera weisz ich gar nichts,
auszer dasz Klopstock mir zu anfang dieses jahies achrieb, ich
würde mich Uber den ausfall mit Biedel wol wimdem. mir hat
immer gedeucht, Wien sei noch nicht reif za einer aoloheii Unter-
nehmung.'
Besewitz lebte llberhaupt seit Klopstocks abgang ruhig und
still, in seinem briefe vom 17 december 1774, worin er Gleim seine
berufung in die abtstelle des klosters Berge meldet, heiazt es: 'seit
Klopstocks abreise habe ich hier keinen frennd snm umgange mehr
gehabt, und andere « die ich hätte haben kOnnen, schmeckten nicht
rechter.' fiesewits wurde am 15 jnni in sein neues amt einge-
ftthrt.
Es erübrigt noch dee bruders Klopstocks , Karl Christian, der
als dänischer legationssecretär erst zu Madrid , dann im Haag lebte,
zu gedenken. Ton ihm sind zwei an Gleim gerichtete briefe, in
denen er seinen entschlusz mitteilt, die von Fdszli herausgegebene
Schrift von Anton Bafael Mengs 'gedenken über die Bchönülieit und
den gesohmaek in der maierei' (Zürich 1762) auf Menge wünsch za
überarbttten, ans Klemer Schmidt n 187—198 bekannt, auch mit
Besewits hatte er darttber eomepondiert. dieser aehrieb darüber
an Gleim am 30 mai 1767: *Tom spanisehen Klopetock habe ich
gestern briefe erhalten, daraus ich Ihnen etwas hmöhreiben will:
cihre meinung und Gleims über Menga aohrift hat micii wiiklidi
betrübt, wenn sie nicht anegeaibeitet werden kann, so ftUtdie
ganze saehe weg. denn Menga will sie nicht anders geednislNa
haben, er will sie Indem, er erkennt iswar, dass sie nieht Y(01ig W
geschrieben ist, allein deswegen will er sie doch niemand anvor-
trauen. Ton Hagedom hat er gar kein gutes Vorurteil, er Istns-
gemein genau in absieht dessen, was er geschrieben hat, und iSsii
sich keinen ausdrack nehmen, ohne wichtige Ursache.» kurz, ergibt
zu ▼erstehen, dasz, wenn er (Klopstodc) daba nicht die Ibder ftthnn
könne, so sei es vergeblich, eine Umarbeitung dieser solirift zu er-
wartoa.' hierauf erwiderte Gleim am 3 juni: ^err Klqfwtoek in
Madrid mag immer des Tortrefflichen Mengs federfDhrer sein; won
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Bericht über die Terhandluogen usw. deutscher phiioiogen. 485
er nur in seinen grundbegriffen nichts ändert, mit der Schreibart
wollen wir es so genau nicht nehmen, sagen Sie ihm das.'
Der in Besewitz briefo erwähnte Christian Ludw. von Hagedorn
war director der kunstakademie in Dresden und schrieb ^betrach-
toflgen über die maierei' (Leipzig 1762).
Veüdsn. H. Holstein.
68.
BESICHT ÜBEB DIE VEBHANDLUNQEN DER DBEIÜND-
DEEISZIGSTEN VERSAMMLUNG DEUTSCHEE PHILOLOGEN
UND SCHULMÄNNER ZU GERA
▼om 80 teptember bis ^ oclober 1878.
Die B8e yenammliuigr dratteber philoloffen und sehnlmSiitier fand
unter dem prisidimn der berren prof. Delbrfiek-.Tena und gymnasial-
director Grumme -Gera in den tagen vom 30 September bis 3 october
dieses jahres statt, zum sitz derselben war, nachdem Weimar, Dessau,
Lübeck und Bremen eine ablelineude antwort erteilt hatten, gemäss
dem von der voijShrigen Teriammliuif sn Wieabaden gefaisten be-
schlasse die gewerbthltige hanpi- und residenzstadt des fKrstentuma
Keass jüngerer linie ausersehen worden, nächst Gotha, Jena und Alten-
burg die vierte thüringische Stadt, der die ehre zu teil geworden, die
Versammlung in ihren mauern zu beherbergen, wegen der eünstigeu
lige Geraa faal im bersea DentaeUaada und an ittnf bahnliaien war
es von allen aeiten leicht zu erreichen; anch konnte man erwarten,
(Insz die anmut des Elsterthals, der gefeierte name des benachbarten
bäalathens und die herbstliche pracht des nahen Thüringerwaldes nicht
verfehlen würden, ihre stets bewährte anziehungskraft auch diesmal zu
betfafitigen. Wenn trotsdem die frequenz nur die zahl 356 erreicht hat,^
80 glauben wir den gnind dieser toataache darin suchen sn müssen,
dasz viele, die vielleicht geru gekommen wären, besonders die Schul-
männer Wcstphalens^ und der süddeutschen Staaten, durch die ab-
weichende läge der herbstferien zu erscheinen behindert waren, andere
dagegen sich durch die ungünstigen Witterungsverhältnisse des sonn-
tags und anm teil auch no^ dea montags vom antritt dar reise haben
abhalten lassen. mogUch wire auch« dass die zeitliobe coincidenz
anderer schulmännerversammlungen — so der sächsischen realschul-
lehrer in Zwickau und des Vereins thüringischer Zeichenlehrer in Wei-
insr von einigem emüusz auf die frequenz gewesen ist, und ebenso
wenig iSaat aich in abrede atallen, dasa dnrtä das in den aeitnngen
frühzeitig auftauchende gerficht von den Schwierigkeiten, mit denen
man hinsichtlich der Wohnungsfrage zu kämpfen hatte, vielleicht mancher
vom besuche der Versammlung abpesclireckt worden ist.
Unter den deutschen Staaten hat Preuszen die gröste zahl der fest-
genossen gestellt (4lVo)f nSchstdem waren am st&rksten vertreten die
^ in Tübingen freiUch nur 280, in Boatock 810, in Berlin 868, in
Wien 366.
* dafür spricht die von einigen lehrern des gymnasiums zu Herford
u die reraammlung gerichtete bitte, ihren einflnaa dahin geltend zu
machen, dasa die ferieaordnong in Weatphalen TerXadert werde.
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486 Bericht fiber die verhaadlungen der d3n vezsammioiig
tbiiringiBcben Staaten (39 ^'/o^« besonders Beuss, Weimar and Alteaborg,
fnrner SAebten (10%). so der restiereBden summe psrtieipieieo radk
gleichen teilen die übrigen norddentscheii ISnder (8%), £e sfiddeatadien
(4® o) und die auszerdeutschen (3® „"i Staaten, letztere nnter ander n
repräsentiert dnrch die profossoren Linker und Kricala aus Prag,
Geizer,' Kautsscb und J. VVackernagel aas Basel, BUmner
ans Zfiricliy Sehiefaer siit Petersbarg, Bernsrdskis sw AÜnaul
Whitney aas New-Hayen in Connecticut, gleich diesen aasläiidiMki
Universitäten stellten auch die inländischen ein nicht unbedeatendes
eontingent der mitglieder, vorab Leipzig, Jena, Halle und Heidelberg,
aus Berlin hatte sich die stattliche zahl von 34, aas Leipzig von 24
teilnebmem eingefonden.
Aas der reihe der festaehriflea and gesebenke, die den ankommeit»
den im cmpfangsboreaa aosgeb&ndigt wurden, heben wir folgende her*
vor: 1) de Iliadis prooemii versn qninto et de parataiis Homericae
quodam genere. 8-«. 4. von dir. Grumme - Gera. 2) das princip des
maszes in der Platonischen philosophie. 63 s. 8. von prof. G. Schneider-
Oers. 8) sar eriaaeraag aa die Stadt Gera. (Ifir die oiitglieder der
88a ▼ertammlnng deutscher pbilologen und sebnbnäaner.) topognphie
▼OB Oera mit einem piano der Stadt und einer karte der umgegend tod
Oberbürgermeister Fischer Gera. 44 s. 8. 4) Vergilstudien nebst eiaer
coUation der Prager handschrift (3 exemplare) von prof. KvicaU-Fri;«
6) oikisehef perfeetam ia lateiaiseher ineehrift. Toa oberlebrerH.BiMk*
holtz-Berlin. 7 s. 8. 6) Uber den gebrauch des accusativs bei Sallnst
(30 exemplare) von dr. A. Hercher-Gera. 7) an inquiry into the pbonctic
peculiarities of Karbours Bruce (50 exemplare) von dr. E. Repel-Gera.
8) Amplonius Katingk de Berka und seine Stiftung (ein collegium für
15 Stipendiaten aa der naiTendtSt Erftirt aad eine noeh TorhaiideM
Sammlung von handschriften für dieselben) 1 exemplar timi |nof« H.
"Weissenborn-Erfurt. 9) ein 'liederbuch für die philologenversammte?
zn Gera', das in 26 nummem 8 novitäten brachte, unter ihnen fest-
Sriisze von Felix Dahn, Klaas Groth, Paal Heyse (letzteres anonym],
asa kamea als wertroHe naehtriUpe die separat gedraektea lyriiehi
ergüsse eines eollega Servestanns (dir. G. Stier-Zerbet) in griechiscber
und deutscher spräche und eines eollega Isenbergensis (dr. Oette) Id
deutscher spräche, desgleichen ein von prof. Weissenborn- Erfurt zur
Verherrlichung seiner Vaterstadt Gera verfasztes lateinisches festpo^iO'
sasserdem wsren 10) von der Jenaer litteratarzeitang and 11) m
Thüringer scbnlzeitane festaaBuaera veranstaltet wofdea; ai^t in ge-
denken der vielen atlanten, sehnlbfieher, kataloge und zeitangsprobe-
nummem, die von verschiedeaea Terlagsbaehhsadlnagea sar vert«ilniig
eingesandt worden waren.
Am abend des 29 September fand die erste £^sellige zasammen-
kanft lar geg^nseitigea begrSssaag ia dea sehSaea rftamen der erhohugi*
gesellsekaft statt die Warden dort von hra. oberbfirgenneistcr
Fischer mit einer herzlichen anspräche bewillkommnet, in weicherer
dem die ge.samrate bewohnerschaft beseelenden gefiihle der befriedigangt
eine so hocbausehuliche Versammlung in ihren mauern gastlich at^eb*
mea sn könaea, ia beredtea werten aasdrnek lieh, ia neieh herzlicher
weise, wie sie gemeint war, warde die aaspraehe Ton hm. prof. Flei-
sch er -Leipsig erwidert.
Die erste allgemeine sitzang
wurde am folgenden tage (30 September) in denselben localitäteo «h*
gehalten und gegen 10 nhr mit einer rede des Präsidenten dir. Grumac*
Gera eröffnet, zunächst führte dieser aas, wie seiner zeit, als ^
' ist iaswisehea nach Jeaa bernfen worden.
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deutacher philologen und Bchalm&imer zu Gera. 487
frage weg'en aufnähme der 33n versammlnng' deutscher philologen und
schoImänDer an ihn und die betreffenden persönlichkeiten herangetreten
lei, man bedenken getragen habe, ob man einer eolehen Tertammlong
eine ihrer würdige aufnähme in Gera bereiten könne, die näheren er-
mittelungen hätten indes ergeben, dasz alle obwaltenden Schwierigkeiten,
besonders hinsichtlich der wolinnngsfrage, überwunden werden könnten,
und in folge dessen habe man sich entschlossen, die wähl zu acceptieren.
dank der aufopfernden thfttigkeit des looaleomitee nnd vornehmlieh dessen
Torsitzenden, des Oberbürgermeisters Fischer, seien alle hindernisse bald
beseitigt und die vorbereitungsarbeiten rasch und in erfreulicher weise
von statten gegangen, nachdem redner dann das bei dieser gelegenheit
besonders documeutierte einmütige zusammenwirken der lehrercollegien
ies gymnasioms nnd der realschnle gebfihrend herrorgehoben, nahm er
diese harmonie znm ansgangspnncte einer längern ansf&hnmg über die
bestrebnngen und das gegenseitigo ▼orhältnis des homanismas nnd realis-
mas nnd fuhr dann fort:
Der alte streit zwischen humanismus und realismus, der durch die
frage der berecbtigungen nnd namentlich der höchsten herschtigung,
des sntritts snm nnirersitilsstttdinm , zu neuem lobon angofaoht worden
nnd eben hier am orte vor gerade fünf jähren noch einen kräftigen
impuls erhalten hat, er hat in jüngster zeit an heftigkeit und bitterkeit
ebne zweifei wieder nachgelassen, ich will die Ursachen hiervon nicht
oütersachen, aber auf die hocherfreuliche thatsacbe hinweisen, dasi
diese nnsore Torsammlnngen sieh gerada in den allorlotsten jabrwi eines
zahlreichen besuchs von selten der berren realschnllehrer sn erfreuen
haben, es bedarf kaum der bemerkung, wie der gesellige und wissen»
schaftlicho verkehr, in welchen hier die Vertreter der humanistischen
und der realistischen richtang treten, in besonderm masze geeignet ist,
die bestehenden gegensfttse ich will nicht sagen an beseitigen, aber
doeh in ein richtigeres Verhältnis sn bringen nnd ihnen ihre schürfe sn
nehmen, und dies entspricht dem geiste unserer versaramlnngen , es
entspricht den absiebten jener männer, welche bei gelegenheit der
Jubelfeier der Georgia Augusta am 20 September 1837 den Wereia
deutscher philologen nnd schnlmSiiner' stifteten nnd ihm in seinen
ersten Statuten ein festes geprftge gaben, von einem der Stifter wird es
ausdrücklich bezeugt, dasz der verein nicht die kluft zwischen gym-
nasium und realschule habe erweitern, sondern vielmehr eine brücke
uabe schlagen sollen, um freundlichen verkehr zu heilsamem handinhand-
gehen sn Tormitteln.
Die vielgehörte anaiebt, dasz man, am die einheitliche bildung der
höheren, leitenden und tonangebenden stände zu wahren oder doch
wiederherzustellen, den dualismns im höhern Schulwesen aufgeben, dasz
man ein sogenanntes gesammtgymnasium schaffen müsse, kann heute
wol als ein fast fiberwnndener standpnnct beseichnet werden, sehen
die alte Wahrheit, welche Homer mit den worten ausdrückt: dXXoc t^p
t' dXXotciv dvf|p dniT^pTTCTat JpToic, sowie die Vielseitigkeit des modernen
lebens sträubt sich entschieden dagegen. auch zeigt die geschichte
des homanismas und des realismus zur genüge, wie beide richtungen
gleich entgegengesetzten kräften in der nator einander ergftnst nnd
vesentlieh gefordert haben, es ist nnlengbar, dass der hnmanismna
jene formale einseitigkeit , die ihm einst* verhängnisvoll za werden
drohte, unter dem einfllusse des realismus aufgegeben und zugleich an-
regnog erhalten hat, neue elemente in sich aufzunehmen und so sich
ZU verjüngen und zu erfrischen, und es ist ebenso unleugbar, dasz der
realismns sich yom geiste des hnmanismns hat erfüllen, durchdringen
nnd veredeln lassen, so dasz auch er sowol nach dem zwecke, den er
sich vorgesetzt, wie nach den mittein und der methode, die er in an-
wendung bringt,^ eine durchaas ehrwürdige und erfreuliche erscheinung
geworden.
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488 Bttiolit über die Terhandlangea der dSn yeraammlung
Zeigt sonach auch die geschicUte, dasz Lumanismas und realiuDOi
io ABr«i:entet li«ili«nier weehMlwirkiug gesluideii halieii, ao Mke
uulirlich ia der eacbe, in Uurem weseo kein graad liegen, warum du
Im ! Jen richtungen einander feindselig bekämpfen, waram die eine di*:
andere unterdrii< ken oder verdrängen müste. hamanismus und realiv
rous, pyinnasiuni und reaUcbule sind berufen, sich auch in zukontt
gegenseitig sa ISrdem und jedee en seinem teile warn besten der dsoi-
sehen jagend, sam heile unseres volks zu wirken, dieeeber wird, weaa
ich recht selie, nicht dadurch erreicht werden, d.isz man ihre grenica
verwischt und ihre eipenart trübt, sondern allein dann, wenn sich beide
auf dem ihnen von natur Angehörigen gebiete weiter entwickein aad
jedes in seiner nrt immer bSherer ToUembuig zugeffibrt wird.
Wenn je, so thut es heute not, dass gymnasinm nnd realschole
ihren alten hader völlig aufgeben und sich zu gegenseitiger bilfe bereit-
willig die hnnd reichen, unsere seit stellt den schulen auszerordeLt-
liehe aufgaben, deren lösung die höchste anspannong alier kräfte er-
fordert, unsere seit schafft samal dem hohem nnterrichtawesen ungc
wöhnliehe Schwierigkeiten, deren bekimpfnng siehe gemeinsamer simit
sein muss. die klagen über die nicht den erwartungen entsprechenden
erfolge des Unterrichts Htammen zwar nicht von gestern und ehegestera,
aber sie treten doch jetzt mit einem nachdruck auf, wie kaum je sn-
vor. in bondert und aber hundert Versammlungen ist darüber debattiert
worden, wie man diesem faehe eine stände snsetie nnd jenem bin-
wiederum etwas nehme, wie man hier und da die methode ein wenig
modificiere: — nun die arbeit mag nicht umsonst gewesen sein, aber
das grundübel ist damit nicht getroffen: es liegt leider zum grosza
teil auszer unserer machtsphäre, es liegt in den allgemeinen verhält*
niesen, in dem gebte unserer seit, ich will Urnen, mcNhie Tershiki
herren , hier zwar nicht ein dnnkles bild nnseier seit mnhm, aber ci
ist doch pflicht die Wahrheit zu sagen, wenn auch noch so kurz: mn"-
will mit möglichst wenig arbeit sich ein möglichst bequemes und ge-
nusxreicbes leben verschaffen, das ist ein hervorstechender zug uuserei
seit und unsere jugend Ist von dieeem zage mit erfasst, mnä de iM
dem hange eu Vergnügungen und Zerstreuungen eifrig ergeben, et iit
nicht der gewöhnliche leichte sinn der jucrend, was ich meine, es ist
eine ganz besondere krankhafte erscheinung, die aber darum am s)
bedenklicher sein dürfte, als sie eben ein product der gesammten zeit-
riehtung ist. der genuss- und Tergnügungssueht entspricht liinwieder
die sehen vor der arbeit man hört genug davon reden, es müsse die
jugend angeleitet werden, dasz sie mit lust und Freude arbeite, aber
zu wenig davon, dasz sie auch 'mit ernst arbeiten soll; und doch der
ernst der arbeit allein enthält sittlich stählende und stärkende kratt,
er verbürgt wahren erfolg, an der tagesordnung ist die klage wegea
ttberbürdang; die öffentlichen blätler, die heute jedem kinde sagängUch
sind, läuten sie venehmlich wieder; die behdrden treffen gegen die
überbürdung Verfügungen und auch diese finden in den tagesblättem
wieder ihren platz, so wird die schule von allen selten eingeengt und
der Schüler übernimmt die controle über die ihm gestellten aufgaben,
kann man sieh wundern, wenn er leicht ein ftbermass an arbeit wahr-
nimmt und in diesem ftbermasze ein unrecht findet? kann man ndi
wundern, wenn ihm jene lust und freude an der arbeit, die man ao
gerne will, mehr und mehr verschwindet? — Das ist der schaden öffsst*
Ücher discussion, der sich dem grundübel zugesellt.
Diese gefahrdrohenden fibelstinde sind Ar gjmnasiam nnd lail*
schale gleiehermassen vorhanden, es ist an der seit, die gemeinsasieB
feinde gemeinsam zu bekämpfen; darüber mag der aasgleich der eigoeii
differenzen unbedenklich vertagt werden, wenn je die forderung, die
schule solle erziehen, berechtigt gewesen, so ist sie es heute, nor
durch den geist chrlstUeher sucht und Ordnung, durch gewdhnueg n
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dettte^MT Philologen «tid selmlmftimer za Gera. 489
ernstem, treuem arbeiten können die gefahren abgewendet werden,
welche unserer jugend, unseres Volkes zukanft bedrohen, es ist eine
sisliwterige »nfgabe, di«r Btt'18««ii, alber ftiieh eine amfgfsbe, wert alle
krall 4flriii ra 8efB<en. man darf za de# Aeotschen lebnffieliaft, zn den
gyiniasläU wie den realschullehrern das ztiversichtUche vertrauen hegen,
dasz sie ihrer aufgäbe gewachsen sein werden, möge auch diese ver-
sammlang das werk der ju^^enderziehung' fördern zum heile des deut-
schen Vaterlandes! dieser wünsch sei mein gross an die Versammlung!
'('•in afltaergelMrachter weise erfunte der fedner dann noeii ein^ pflicSt
der pietllt, inäem er dem gedKishtnis der im verflossenen jähre verstorbenen
verdienten fachgenossen einige ehrende worte widmete, aus der groszen
zahl derselben mögen hier genannt werden : Baiter, Heimsöth, Doberenz,
H. Fritzsche, Teuffei, Forbiger, Hercher, Kühneri Lebrs, Weigand und
Btteioir. ' : • • • ' ^
Bärauf tibernahm ftfof.'Delbrü ck-.Tena das prSsldlttm und verlas
zunächst ein schreiben seiner durchlaucht des fürsten, worin derselbe
seinem bedauern darüber ausdruck gibt, dasz er durch ein unaufschieb-
bares familienfest leider verhindert sei, persönlich in Gera zu erscheinen
mi sn den ▼ertattttnltittcten teil sH nehmen.'
Nächstdem ergiMP Ir. gebelttier staatsrath dr. Vollert das wort
and begrüszte die Versammlung im nnmen des fürsten und der staats-
regieruno:. vorerst p^odachte er noclimals der behinderung des fürsten,
die Versammlung mit seiner gegenwart zu beehren und sprach die ver-
siflkemtig ane, dMi dlüef den arbeiten des philologentages ein sehr
lebhaHee totmiae widme, nicht mir deshalb, weil er den höheren
bildangsanstahen des fürstentumi'nnabrässig seine landesväterliche für-
sorgte zuwende, sondern auch deshalb, weil er selbst den gymnasial-
cursus absolviert und den erbprinzen einem gymnasium anvertraut
habe und weil er regelmUszig von allen epochemachenden erscheinongen
«•f ^enr-gebletli 4«r pldlelogie kenttida nehme.
Dann gab er seiner frende darüber ausdruck, dasz die deutsche
philologenveraammlung in Gera zusammentrete; denn er hoffe, dasz die
Versammlung anregend und befruchtend auf die schulmänner und die
höheren schalen des fUrstentums wirken werde: sie schaffe ja fühlung
M den enpaelliten «nf dem geMete der i^hllologfe und' des nnterriehte
und hebe das standesbewusztsein. im weitem verianfe seiner rede er-
örterte er die aufgäbe der Schulmänner in unserer zeit, nachdom er
die in der geg-enwart vielfach laut werdenden klac^en über Oberflächlich-
keit und mittelmäszigkeit der schüler, über ihre geniiszsucht und ihren
iMilerlellea'eIntt kon» berührt nnd anf die durch «e jüngsten ereignieee
auch in der geistigen entwickelung und l^sinnong der dentscAen Jüng-
linge aufgedeckten Schäden hingewiesen, führte er nns, dasz ein be-
deutender anteii an der lösnng der frage, wie dieser drohenden gefahr
entgegenzuarbeiten sei, den huhern lehranstalten und den daran thätigen
lehftm infnile.'i «erprobte ftieVlente', sagte er, «werden die mittel und
wi|^ nnlknewShen haben, wie es sn 'erreichen ist, dasa an nnsern höhem
biMong^ailAtalten concentrierter gearbeitet, dasz eine gröszerc Vertiefung
erzielt, dasz der vielwisserei gesteuert, dasz der deutschen Jugend die
feste religiöse grundlage und mit derselben auch der ideale sinn be-
wahrt und wiedergewonnen werde, auf jeden fall wird wieder vielmehr
aaeMraek auf' die etatehende thStigkelt gelegt werden müssen, denn
mit dem unterrichten allein ists nicht gethan; es wird wieder allgemein
erkannt und anerkannt werden müssen , daAE die fard^t gottes aller
Weisheit anfang ist,
' Ich kann nicht näher ausführen, was wir zu thun haben, damit die
•eUBer der hdhem bildungsanstidtett einfaeher nnd bescheidener in
ihren ansprüchen, dasa Sie mehr anf das ideale' geriehtet und zn
gottesfiirchtigen menschen erzogen werden, aber eins weisz ich: das
wirksamste erziehungsmittel ist die person des lehrers selbst, nichts
N.iahrb. U phiU o. pid. IL abt. 187a. hft. 10. 32
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490 Bencht über die Tediuidlfiiigeii der Tenanmliiiig
wirkt mit solcher gewalt auf den scbüler als die männliche, aasgeprägte,
ia sich fertige, sittliche persönliohkeit dee lehren, ich braache du
Bieht la beweieea, denn die meieten Ton nae werden tieli dinthtr
Innern an mftnner, die ihnen nicht bloss respect und liebe« senioii
ehrfurcht eingeflöszt haben, es wird also die anfgabe eines jeden sein,
der durch seine person wirken, der andern ein yorbild sein soll: des
Staatsmanns, des geistlichen, des lehrers, sich zu einer in sich ge-
festigten, tittUckeA« inpoaierenden penSnliehkeit innner mekr henni-
enbilden. begeiftem für dne g:ate and schöne, für kanst nnd wisso-
schaft kann nar der lehrer, welcher selbst von dieser begeisternnj
ergriffen ist, ein ideales streben einzupüanzen vermap nur der, der selbst
ideal gerichtet ist, zu gottesfürchtigen menachen erziehen kann nor ein
gottesffirehtifer mann.
FreUich wird auch der beste nnd treneste lehrer des ziel nicht
immer und nicht an allen schülem erreichen, haus und schale, kirche
und Staat müssen zusammenwirken, denn der mensch gehört diesen
Tier grossen, selbständigen und eigenartigen lebenssphären sogleich so.
•Uein es ist eine wfirdlfe aafgabe der mitglieder dieeer hoohansehn-
liehen yersammlung, sich gegenseitig znr klarheit sa helfen, wie wir
ansere deutsche Jugend vor den ihr drohenden gefahren behüten und
was wir zu thun haben, damit es uns nicht geht, wie den hochgebildeten
Griechen und den die weit beherschenden römern, die trotz ihrer hoben
bilduug und trots ihrer weltherschaft zu gründe gingen, weil sie sieh
in polttischen parteikftmpfen nnd in bürgerkriegen idbct serfleisehteB,
weil sie in eitelkeit, gennszsacht and sittenlosigkeit Tersenken. — Ich
würde es für einen wirklichen gewinn halten, wenn bewährte Schul-
männer, vielleicht zunächst in kleineren kreisen, über diese wichtigen
fragen ihre meiuung austanschten und zu einer Verständigung gelangten.'
redner lehloss, iiraem er die ▼ereunminng herilieh DeiHllkoBunneCt
und den wünsch euMpraeh» daes gett ihre arbeitea nit aeiaem legn
begleiten möchte.
Die bejprüsznng seitens der st.idt Gera hatte hr. Oberbürgermeister
Fischer übernommen, er erging sich in längerer rede über den wert der
Tersammlungen ttberhanpt und speciell die hehe bedeatnug der mt-
sammeakfinfte von phil<dogen und sohnlminnem aad hob namentlich
hervor, dasz unter den verschiedenen versammlangen, die za gleicher
zeit gegründet wären und ihr dasein bis auf die gegonwart gefristet
hätten, diese Versammlung obenan stehe, sie habe die Stellung und
würde der philologie stets hoch gehalleai nad ihren wert anf lange seit
gesiehert. naeh einem weitem eingehen aaf das segensreiche zn-
sammenwirken yon bumanismus und realismus zum wohle des deutschen
Vaterlandes hiesz er die Versammlung im namen der Stadt willkommen
und wünschte, dasz alle bestrebongen des plülologentages vom grösten
Segen begleitet sein möchten.
Naebdem der prSsideat den beiden ▼orrednera im namen der f«^
aammlnng den hersliohsten dank aasgesprochen, schritt man zur cos-
stituierung des bureaus: es wnrden auf Vorschlag des präsidiums so
secretären ernannt die herren gymnasiallehrer dr. Büttner Gera, real*
schullehrer dr. Hoffmauu-Gera, prof. dr. Blass-isLiel und der unter-
aeiehnete.
Damaeh warde ein schreiben des hm. prof. dr. Leataeh-Göttingen
vorgelesen, worin derselbe sich entschuldigte, dasz er durch krankheit
verhindert sei, in Gera zu erscheinen und den beabsichtigten vortrsg
über gjmnasialbibliotheken zu halten, und den anwesenden mitgliedern
eeiaen gmss entbot, im aasehlnas daran teilte der prSaldeat seine und
seines collegen absieht mit, hm. Lentsch auf telegrapliisohem weg»
zu danken, womit die Versammlung einverstanden war. auf anregnn^
von Seiten der herren provinzialschulruth Krnse-Danzig und prof. Eck-
stein-Leipzig ermächtigte die Versammlung das präsidiam, 'den ehr-
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deutscher phüologen und gchnlm&nner sa Gera.
491
würdigen yeteraneu, den gott noch heutzutage in seiner thätigkeit er-
hditen hat', den verehrten altneister prof. 8chönuuin-Qreifswald, gleich-
wie im ▼orifen Jahre Ten Wieabeden, eo miieh in dieeem jähre Ton Gere
ani telegrapbisch zu begrasen.
Nach einer knrzen panse wnrde die reihe der vorträte von hm.
prof. Windisch-Leipzi^ eröffnet, welcher in höchst anziehender weiae
'über die altirische sage und die Ossianfrage' iprach.
Bedner Tereaehte ■nnftohsi eine rereteUnng Ton dem noeh aehr
WMig bekannten Charakter der altiriscben sage sn geben, zn diesem
zwecke wurde in freier wiedergäbe ein stück ans dem ältesten und
umfanf^reichsten sag-entexte, dem TAin Bo Cüalgne (rinderraub von
Coalgne) mitgeteilt, in welchem Cuchulinn der hauptheld ist. in Irland
liat sich das Keltentnm rerhSltnismilsBig lange rein nnd nngetrfibt er-
halten, daher die altirischen sagen wichtige quellen für das keltische
altertum überhaupt sind, die ausbildung derselben geht bis in die vor-
christliche zeit Irlands zurück und noch mehr gehören die Verhältnisse,
die sie schildern, einer sehr frühen zeit an; viele einaelheiten erinnern
s. h. am dasy was Oaeear von den OalUem berichtet. »
Unter den |fiB|pereB Sagenkreisen ist der berühmteste der feniache,
in welchem Finn und Ossin (Ossian), dessen söhn, die l)Aupthclden
sind, es wnrde nachgewiesen, dasz diese sagen auf Irlana heimisch
und erst von da nach Schottland gewandert sind. Ossian war in Wirk-
lichkeit kein dichter; ea Ittsst sich aber dentlieh erkennen, wie die
digilcfgestalt Ossians entstanden ist. hierbei kam die Insiere form
der altiriscben sage mit in betracbt; sie ist von grosser Wichtigkeit,
weil sie als eine Vorstufe in der entwickelung des epos betrachtet
werden kann, in Macphersons Ossianischen gedichten liegt uns eine
jUogere, vielfach entstellte und mit fremden elementen verquickte form
der alten sa|^ tot, wie beispielsweise an dem ersten gesange des ge-
dichtes Temora erläutert wnrde. fremdartig ist besonders das ftarke
hereinspielen nordischer gestalten, überhaupt des nordischen, aber
schwerlich ist es gerecht, alle nenerungen, welche Macphersons ge-
dachte gegenüber der altirischen sage enthalten, schlechtweg als fäl-
Sehlingen Macphersons sn beseiehsen.
Belehlicher bei£sll lohnte den redner. zu einer debatle kam es
wegen der ziemlich vorgerückten zeit nicht mehr.
Es folgten noch einige mitteilungen des priisidenten betreffs des
beginns der festvorstellung und der für dienstag angesetxten tages-
orainng. darauf schritt man snr coostitnienng der seetionen.
Am nachmittag gegen 8 nhr versammelten sich in der tonhsUe zahl-
reiche teilnehmer zu einem solennen festessen. der saal war auf das
geschmackvollste decoriert. bei vorzüglicher leistung der küche und
gutem vom tischcomite selbst ausgesuchten weine kam die gesellschaft
bald in animierte Stimmung, nachdem die offieiellen toaste auf den
deutschen kaiser Ton prof, Delbrflek-Jena, auf das reussiscbe ffirsten-
bans von geh. regiemngs* nnd prevlnzialaohulrath Schräder-Königsberg,
auf die philolo^enversammlung von Oberbürgermeister Fischer-Gera und
auf das Geraer gemeinwesen und die Geraer Industrie von prof. Eckstein-
, Leipzig gesprochen worden waren, folgten in unabsehbarer menge eine
grosse aahl anderer, unter denen hervorgehoben sn werden verdienen
der von dir. Grumme-Gera auf die deutschen franen, besonders die
kaiserin Augusta, deren geburtstag gerade war (30 September) und von
prof. Bursian-München, welcher in humoristischer weise der aussöhnung
zwischen humanismus und materialismus das wort redete, erst gegen
6 -nhr trennte man rieh In der heitersten lanne, nm sich nach einem
Itorsen Spaziergange alsbald an der um 7 nhr beginnenden festvorsteilnng
im theater wieder zusammen zu finden, zur aufführung gelangten drei
einaetige stücke: im Vorzimmer seiner excellenz, ein arzt und eine
Partie piquet. die wähl derselben hing wol von der mitwirkung des
82»
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4d2 Beriifilit iber die ▼griiMiilnigea dttc ate vwminmfang
herzogl. lioftbeaterdirectors Fr. Haase am Berlin ab, der sich aaC det-
fallaige an ihn ergangene bitte gern bereit efUM hatte, ror-derinl^
Btmäang «nlralNlniLi die wuelelliittg «le eine Teoigliche be-
seielmei werden : der bew&hrte meieter der schanspielkunst spielte die
drei von ihm übernommenen g-an?: verschiedenartigen rollen mit so er-
staanUcher kanatfertigkeit und meLsterschaft, dasz ihm mit recht k>rbeer>
kränxe gespendet und wiederholt stürmiseher applaaa snd herroniif n
teil wvdib der eehr genoeenetehe ebead wM g^wie jedeei mnt-
ceeeUeh eeia.
Zweite allgemeine sitzung
dienstag, den 1 oei. 1978, 10 uhr im saale der tonhaUe.
Aat der tagesordnang stand sonächst der vertrag dee hm.. ifnL
Oeleer-Basel: 'über die culturgeschichtliche bedeutung von Byianz'.
Anknüpfend an die jetzifren orientwirren fülirte der vortragende
aus, es könne nicht befremden, wenn er in einer aeit, wo die orientalische
frage gaas Europa im e|NwiiiiBg halte, die weitgeaehtehlliehe hedeelii^
TOB Byaaas, eine der intereeeenterten hittoiieehea ptoUeeie, anm gegen-
stände seiner darstellnng gewihlt habe, man sei gewehnt, über die
byzantinische geschieh te nur abschätzige urteile zn hören nnd schon
mit dem worte byzantinisch einen verächtlioben nebenbegri^f sn ver*
binden, doch errege die landläufige ansieht vom ninei efeet%aa fmM
dee «etTtaieeheo reiehe mAim deehelb bedefdceB, «eil der Mseraele
verwesungsproeeee VOU Byiear eine daner von ca. 1000 Jahren gehabt
habe, während man sonst Staaten, deren beprinn, glanzperiode nnd all-
mähliches sinken die hiilfte dieser zeit ausfüllt, eine bedeutende welt-
Sesehiühtliche Stellung anzuweisen pflege, auch gebe die sähe auBdaecr
ei kMOikea reiehe im gegeneeli m dem MhieitigeB Untergänge
roma hinUugUeh en denkeu, Metten bedirfo ee keiner heroischen
rettongsmethodc , sondern nof einer .unbetegenen prOAmg- der bifto-
rischen tliatsachen.
Au zahlreichen beispielen wies non redner snnächst nach, wie
Byians ein in miliUrieeher und poBtieeher UnMeh* trefflieh geleitelv
eteat gewesen eei. das reich sei jahrhundeiM lang den gewaltigen,
unaufhörlichen angriffen barbarischer Völker ausgesetzt gewesen; es
habe nach einander den stürmischen andrang der üunnen , Gotheo,
Slayen,' Perser, Avaren und Araber erfahren und lange zeit die ge-
flhrliehe naehbeieehnft dieeer kiiftigen, weihl organiriertett und:«aB
tötlicher feiadsehaft gegen Byzaas «rfnUten naohbarstaaten erduldet
alle diese stürme habe es durch die thatkraft seiner herseher, durch .
die stärke seiner beere und durch die ^ute Organisation seines Staats-
wesens überdauert, in der langen herscherreibe von Arcadius bis auf
Michael, mit dem die phrygische oder amerianieehe dynaetie abeehllenli
396-«^fy eelen mit aaeaahme der beiden eretan (Areadiue und Theo-
dosius JJ)' und dee> lotsten (Michael) nur wenige absolut nnltiuge
monarchen zu finden, wie Justin II und Phokas. doch war nicht die
regierung dieser notorisch schlechten herscher dem reiche verderblich,
sondern vielmehr die groszartige und dnrch ihre erfolge scheinbar so
glinaende Juetiniens. seine uneelide ereberuagspoBtik ibersfieg die
krilfte des reichs. während Beiisar nnd Narses das Vundeleareich nnd
das verödete, nach 12 jährigem besitz schon wieder verloren gehende
Italien eroberten, war der kaiser ausser stände, die nord- und ostgrenze
des reichs gegeu die andringenden feinde zu schützen, dazu kam, dasJt
er durch seine kirehenpeiittk die Aegypter und Syeer dem- sieate ent-
fremdete, dooh aUe diese nachteile und einbnssen wurden aufgewogen
durch den immensen vorteil, dasz das reich in seiner beschrankung anf
die Baikau- und Tauruslialbinsel eine einheitliche compacte masse helle-
nisch redender Komäer bildete, nnd in der that, jetzt galt es alle kräfte
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deutacher philologen und admlmäimer «i Gera.
zur abwehr des Islam zusammenzuraffen: eine aufgäbe von weUhistori-
aeker ^ed««limg, der ileh kaiaer wie Oenftans, ConBlantin der BSrüge,
.Leo..dev Itaurier und Theophilos vollkommen gewMkeeii seigtea. ja
es gelang nicht nur, die moBlemitische Invasion zum stillstand zu
bringen, sondern auch durch eine j^eschickte reorganisation des heeres
and der verwaltang dem alternden reicbskörper ein neues leben ein-
«diMiebeii. da» war das groes« w&iial der iiamiscihtii (beeendefe
ikree begrfiadere Iiea) «od 4er phrygischen dyaaetie, denen der itaat
aach die bändignng der macedonischen Slaven nnd die rückeroberung
des Peloponnes verdankte, eine förmliche Wiedergeburt erlebte das ost-
römische reich unter dem macedonischen kaiserhanse (867 — 1016), wäb-
rtsd dessen herscbaft Kreta, Cypern und der gröste teul SyrieiiB er-
oImtI «ad das mftehtige BiügareiireSek iwUekea -uoiiaa nad MUmm aer*
tribanmrt wurde. SäbetverständUoh trug ein solches releb einen vor-
wiegend militärischen Charakter; fast sUmmtliche kaiser, zumal die
griinder der dynastien, sind aus der generalitat hervorgegangen und
haben die marsoh&Ue zu ihren bevorzugtesten dienern gezählt, in der
anaee traehtete maa naeib mSgUehitor ■■ttmlHarnag der fresMlea el«*
roente in richtiger Würdigung der denaelben innewohnenden ffiidia nad
kraft, ohne rücksicht auf die cabstammung stand jedem der weg zu den
einfluszreichsten ämtern oflfen. daher finden wir in der reihe der generale
ein buntes gemisch aller nationali täten, auf dem kaiserthrono herscher
•UviMfa«r «ad anaeniieiier lierkonft. ^ In der taktik kielt san am der
.altrl^isolien tradition feet^ oline sich indea fO0Mi neuerungen ganz aa
verschlieszen. — Im innem trat eine heilsame Vereinfachung des schwer-
fälhgen und kostspieligen beanitenapparats ein; die beständige defen-
sive Stellung des reichs hatte die einrichtung einer einheitlicheja miU-
ttifiselien Tarwaltang aar folge, redaer varaagt es ^k in rtteWobt
auf die ihm angaaeiaeae aei*« auf das finanzwesen und daa paxlaaien-
tarische leben des «taalas 'eiiMng^aa, nni sieh setfl^eiak snai 2*. teile
semes vortrage,
2) zur betrachtung des byzantinischen kirchentums ,^ zu wenden,
tte. hervorstechendsten eigentümliohkeiten der behandelten aeit sind in
dieser kinaidit das all« aeklehten desToiks darohdriaganda laidansckaft-
liehe interesse an theologiBoben fragen, sodann der aaak nicht von der
leisesten skepsis beeinflnszte wiindorglaube und ferner der stark aus-
geprägte trieb zur askese. letzterer tindet zum teil seine urklärung
daiin, dasz der weg zu dem von vielen ersehuteu und eifrig erstrebten
episeopat und patriarakat dnrohs klosler gieaf . neben den sabatten-
•eilen vardieaan aoek die licktseiten der byzantinischen kirche kerror-
?rehoben zu werden: so liesz die internationalität der kirche niemals
den nepotismus aufkommen; wie im beere, so gab auch im kirchen-
regimeute bei Verleihung der bischöflichen würde herkunft und uatio-
nalitat keineswegs den ansseklag. die kervorragendslen geistigen oapa*
eitäten widmeten sich damals dem geistlichen standas kamen sie doek
auf diese weise zugleich in den besitz einer groszen weltlichen mackt
und bedeutender reichtiimer! die wenigen beispiele von freiheitssinn
in diesem von theologisch- dogmatischen fragen ganz erfüllten Zeitalter
•ittd fast aosnakmalas vom klaraa aasgegangen; das gröste verdienst
aber hat siok die kirche der dsaMÜgeu zeit erworben durch ihren
missionseif er, den sie besonders ontar Josüaian in.Afiriaa .and deas
östlichen Asien bethätigte.
Von auszerordentlichem interesse ist für uns die zuerst in Byzanz vom
priaeipiellen standpuncte ventilierte frage über das Verhältnis von Staat
uid kircke. die oatrBtaiseken kaiaer kaben es. verstanden, sich dsa
staatliche oberaufsichtsraekt über die kirche stets zu bewahren : sie be-
stätigten die bischöfe, ernannten die hauptstädtischen prälaten, die
cultusminister des reicbs, leiteten die groszen, unter dem namen der
Skamenischen concilien bekannten kirchenversammlungen. mit unrecht
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494 Berieht über die TerhancUuogen der 33ii Tersammlung
hat man ihnen den Torwnrf gemacht, data sie durch einmüchung m
ffUmbeiiuaolieii dem rtiehe WMbtaile bweitet liittaa; Tifttanhrwarihn
Ufehenpolitik dem Staate dnrehaas heilsam and ihre handlangsweise,
namentlich im Monophysiten- und Monotheletenstreite , politisch ent-
Bchieden correct. durch das von den priestern so gepriesene coDcii m
Chalcedüu (461) wurde der gröste teil der bevölkerung Aegyptens, Syhei»
und des Ssttieben Kleioaiiens Bjiuis eatfrendet; enteeliieden TeftsB-
hafter für das reich war der unter Zeno abgeschlossene compromisz
(henotikon 482). dagegen bewirkte die unirliickselige kirchenpoUtik
Jtistinians, dasz sich die parteihäupter der Monopbysiten nach dem tode
ihrer beschützerin Theodora, der kaiserin, nach Öyrieu und Aegypten
sorilekzogen , wo der Urefalfelieii enllramiinig die poUHeeb-astiseili
auf dem fasse folgte. — Naebdem der reda«r daao notk den etngiii|B>
bestrebongen des Heraklius und dem den ganzen nnerqoicklichen tlÜX
absclilies/.enden Trullanischen concil (zu Constantinopel 680) eine ein-
gehendere betracbtuDg gewidmet, geht er zur besprechung des gewöhn-
lich * bilderstreit' genannten cultnrkampfes über, in dem es sich vielmehr
nm sobordiBstion oder absolutismas der kirebe ioi sUato handelte, gisi
im gegensatz zu den bisheriges a— ehsanngen proclamierte die kirche
jetzt plötzlich völlige trennung der geistlichen und weltlichen gfewalt.
die folge davon war die absetzung des patriarchen , temporalieiisperre
gegen den pabät und alt» sich dieser für unabhängig erklärte, die uuter-
stelbing des apostoUseh römisehen Tleaifats Thessaloniko unter
Patriarchat von Constantinopel. die bilderfreundlichen mönche wurias
nach Cypern deportiert, ihre klöster teils freschltift, teils in caserntn
umgewandelt; der kkrus wurde besteuert, die austellung der geistlichen
von der reichsangehörigkeit abhängig gemacht, die öffentliche meioang
iD diesem kampA staiul dnrebans anf saiten der regiemng ; ror sHcb
war die hohe geistliebkeit nnd das beer antsobieden bilderfeindlich,
schliesziich gab zwar der Staat nach und statuierte freiheit des bilder-
cults und des ganzen klosterweseus , führte indes — und darin ist er
der Vorläufer des modernen culturstaats geworden — mit eiserner con-
seqnens die nnterordnnng der Idrehe unter die staatsgeaatse doreh. —
8) lieber die ealturfl^sebiehtiiehen lelstongen der Byaantiner ÜMit
sich der redner kurz, ihr ganzes schaffen erklärt er für eine mit na»
glaublicher hartnäeki{]:keit durchgeführte reproduction, für eine Ver-
steinerung des hellenisch-spätrömischen wesens. üppig wucherte eis
erasser aberglaube, von Chaldäem und Druidinnen aufrecht erhalten;
die orakelfabrieation wurde ins' grossartigstea massstabe betrieben. —
Mit den priestern der alten zeit versobwanden an^ die wandernden
Philosophen, rhetoren nnd Sophisten sammt ihren redeschlachten und
dialektischen wettübungen. auch hier traten die mönche ein, deren
haupttummelplatz Alexaudria war, noch bis zur zeit des islam das in-
telleetnelle eentrom der ostweit alle sweige des wissenswirdigen, ss-
mal die heilige tbeologie wurden hier verbandelt, die rhetorengefeekle
wurden auf das dogmatische gebiet verpflanzt, auch in kunst und littera-
tur treffen wir meist nur sklavische nachahmung griechisch-römischer
Vorbilder; die kunst zeigt eine wahrhaft virtuose ausbildung über-
lieferter formen, der sidi seit Jnstinian entwiakelnde byzantinisslie
kuppelban war, weil er tiots rascher ansffihrbarkeit im höchsten grade
monumental war, dem oströmischen geiste völlig congenial. daher auch
die hohe culturgeschichtliche bedeutung dieses baustils durch seine bc-
einfluBsung der islamitischen, vorab türkischen architektur. ~ In der
litteratnr erwähnt redner nar einen punct, die gesohichtssehreibnng.
auch hier herschte eonsenratismns: man eiferte in etil nnd melheds
den hochgehaltenen mustern nach und suchte sioh s<^[ar deren denknngs-
weise anzueignen, die byzantinische historiographie war chronistisch,
ihr verdanken wir die ausbildung des begriffs der Weltgeschichte, denn
der Bpeelell ebristliche grundcharakter dieser neuen gattung zwang die
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deutscher philologeu und schulmäncer zu Gera.
495
historiker, der jüdischen geschichte eine neue und hohe stellang neben
der röoiisoheo sn gewähren und auch die alten enlturvfSlker Asiens
Hiebt als sar not zugelassene barbarea, sondem als gleiehbereebtigte
genossen zu betrachten.
Zum schlusz verwahrte sich der vortragende gegen die Insinuation,
als ob er eine apologie des byzantiuismus habe versuchen wollen; es
isi BW seine absieht gewesen, einer so eigentamlieben erscheinung in
der waltgeechichte gerecht zu werden und indem er gliaiehwie den ein*
gang, so auch den schlusz seines vortra{*^s an die gecrenwart anknüpfte,
wsrf er zuletzt noch die frage auf, ob die byzantinische bildung des
osteoropäischeu Slavenstaats , der in cultur uud glauben als erbe Ost-
roms beseiebnet werden darf, oder abendlBndisehe cultur an einer etwa
eintretenden regeneration des Ostens berufen seien.
Nach diesem mit ungemeinem beifall aufgenommenen vortrage er-
griff hr. dr. Glaser aus Gieszen das wort und sprach über Vergils
flogen U, lY und X, welche er als praktische gelegenheitsgedichte
idl bnnoftstieeher und parodiseher dietlon und tendenaiSser fSrbang
nachzuweisen suchte, in diesem falle aber schwinde für sie das ihnen
bisher fast allgemein imputierte odium einer nachahmung griechischen
modells. denn wo nun Vergil verse entliehen oder nachgebildet habe,
da sei es mit dem bewusztsein des dichters geschehen, dasz der em-
pfänger und leser des gedichts die beziehung und die absieht jener
entliehenen verse wol kannte, weshalb denn auch Jene Idyllen niebts
weniger als sogenannte ^Theokritstudien' seien, besonders wies Glaser
an der II. ecloge, der Corydonidylle, nach, dasz die annähme Schapers
nnd der meisten früheren erklilrer, welche darin entweder eine ernst-
hafte liebesleidenschaft Corydous zu einem Sklaven statuierten oder eine
pure sobnlmHssige übnngsstndie erbfickteo, binfftUig sei denn der an* *
nähme ^ner emstlichen leidenschaft Corydons könne mau mit recht
die frage entgegenhalten , ob denn wol Vergil eine thatsächliche liebe
mit Worten des verliebten Cyklopen, wie sie aus den Theokritidyllen
23 und Ii herüber genommen wurden, konnte adeln und empfehlen
wellen, schon diese eine küble erwägung b&tte die exegeten stotsig
machen sollen, vielmehr liege in besagter ekloge eine parodie TOr,
kraft welcher Vergil die der pastoraldichtung ablioldo, Stimmung eines
angehörigen (Alexis) von PoUios familie benutze, um durch eine launige
fiction in anmutender weise das landleben und die damit in Verbindung
stehende 'idjUisehe'. dicbtnng Pollio gegenüber — denn auf diesen sei
dorcfa das medium jenes knaben alles berecbnet — zu glorificieren.
Ven Khnlichen, einfach natürlichen, kunstlosen principien ausgehend,
erklärte Glaser auch ekloge IV, von der er alles bisher in das feld der
erklärung geführte, in zahlreichen versifbhen niedergelegfte mystische
und allegorienhafte fern hielt, und ekloge X, der er gleichfalls einen
durebans parodisierenden inbalt Tindicierte.
Durch den mangel an seit war jede debatte bei diesem wie bei
dem vorausgegangenen vortrage ausgeschlossen; aus gleichem gründe
mästen auch die mitteilungen des hm. prof. Weissenborn-Erfurt 'über
die älteste Universität mitteldeutscblands' von der tagesordnung ab-
gesetat werden,
Programmgemäsa wurde trots des drohenden bimmels nachmittags
3 uhr der geplante gemeinsame Spaziergang nach dem Martinsgrunde,
den 'sieben eichen', der Metzhöhe und dem schloszgarten ausgeführt,
etwa 250 teilnehmer hatten sich um die festgesetzte stunde in den zum
•smmelplats bestimmten räumen der bürffererbolnng eingefunden nnd
segenf berren und damen, fremde und eiiweimische, in freudig erregter
Stimmung dem herrlichen walde zu. für musikalische Überraschungen
war aufs beste gesorgt, die von der höhe des hainberges genossene
aussieht auf die Stadt und das Elsterthal war einzig in ihrer art; auch
lohnte ein besneih dea Schlosses osterstein mit seinen geschmaekroll
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486
Bezieht tfber die ?«rhaiidlaQgea der 38a ▼eprsaminlaDg
eiigedchltten gem&cbern mid aeinan Mlteuen, von hohem ktUMtsUiii
zeugenden cabinctsstücken entschieden reichlich, die köstliche partie
fand einen paaseaden ftb^chluM durch dA» jr«ode«-voi||i im 'gMUuMi«»
zum mohreo*.
Am abeide ?eraaaimdttA lieh die feetgeeeieea ki den leealititM
der erhoIungsgesellschaCt snm deiileeheii lisoee, um, eia von feraiitir
gesellschaft arrangiertet concert entgegenzunehmen, das programm
war mit groszcr Sorgfalt zosammengestellt und wurde mit groster
accaratease ausgeführt von der Herfurthachen c&pelle und den geaang-
Tereinen 'UederUfel* und 'Ariou' unter «hweelivelnder leijtojigideelifcrie
Herfkurth, Tsehireh aad Weleh,
Britto allgemeine sitzung
millwoch, den S october 1878, 10 nhr.
Der Präsident, prof. Delbrück, ertheilte jnmlkbet hm« dr. Zeehei-
Helle das wort zu einem vortrage über das thema:
inwiefern sind wir berechtigt im griechifichen drama einfelidl^
trag der choreuten anzunehmen?'
Besondere wichtig nnd intereeientt eher anoh Mhwierig ^bei im
mengel an sicherer fiherliefenuig iet die frage, wie im griechischea
drama die dem eher zufallendon partien dargestellt worden sind, gerade
auf diesem gebiete sind in letzter zeit von den verschiedensten seiten
forschuugen axigesteUt worden, mit solchem erfolg, daaz einer der
banptvertreter dieser richtung äoesem koontOt man eage aieht sn Tiri,
wenn man behaupte , dasz erat ein gründlichea eingehen in diese tte*
dien ein Verständnis des chors und des dramas überhaupt gewähren
könne, der vortragende zweifelt, ob es diesen forschem wirklich ge-
lungen sei, in das x^PHT^^ov einzutreten; jedenfalls haben sie aus dem,
was «ie gesehen, eia stoliee geblnde eoriehlet. ee sei eia aiemliflli
hartes arteil, welches er über die neueren theorien caeq>reehe» dock
sei es fern allen persönlichen Verhältnissen und halte er es für seias
aufgäbe darzulegen, wie der thatbestHud sicli wirklich verhält, es ist
nicht die gesammte theorie der chortechnik, gegen die er seine waffen
richtet, sondern nnr ein teil: die ansieht, dass eine ganse ansabl vos
chorliedem vorgetragen sei von sftnuntlichea einselnea ehoie^tea« die
necb einander jeder ein stUek des ganzen sprachen, diese geht sa>
von Gottfried Hermann, ist im ersten drittel unseres Jahrhunderts von
Lachmann, Boeckh und anderen angenommen und von Bamberpfer in ein
System gebracht worden; dann durch die schrift Hcimsoeths über boid
geworfen, iet sie ia diesem deeenniom wieder ein gegenständ der liebe
and mode geworden, die namen jener männer lassen erkennen, wie
wichtig und schwierig die frage ist; die Schwierigkeit derselben ifit
hauptsächlich darin begründet, dasz die wenigen diiect aus dem alter-
tume erhaltenen Zeugnisse darüber zweifelhafter autorität sind und wir
uns daher aaf lehlitese eae der aatnr der aas fiherliefertea teste «e*
gewiesen sehen, redner gliedert eeinea Tortmg in drei teile wi
untersucht
1) welche beweise es für das auftreten von einzelnen choreuten
gibt, resultat: da in den handschriften der Ljsistrata einzelne teile
eiaielaea ehoreatea sngeteilt sind — woraaf als aarieheree kriteriiB
fibrigens Zacher keia grosses gewicht legt — , da ferner aus dem chs*
rakter vieler stellen, namentlich der Aristophanischen komödie (cf.
Aristoph. Lysistr. 702 sqq. und die parodos der Wespen), aber auch
der tragödie (cf. die parodos des Aeschyleischen Agamemnon) hervor-
geht, dass sie aar ^oa einzelnen pcrsonen gesprochen sein können, so
iftsst sich der eiazelTortrag der ehoreatea aicht leugnen.
2) Handelt es sieh am die beweise dafür» dass ia eiaem xa^iK^
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d6slieher pbüologen und schalmäuner zu Gera. * ' 497
.mü^Mi-etoMiw elMilBatni'tieh »l>|^9ftt Mim* iir dm bwidföhKfteii
findet sich häutig die bezeichnung i'jiüiixöpMV, AUS den grammatikwii
wissen wir, daaz der chor sich öfter in ctolxoi und ZxrfA abteilte und
80 seine lieder sang, das sicherste kriteriiim ist natürlich rede und
gegenredOf wie denn a. b. in einigen stücken der chor von vorn herein
•«Drnrei UUe gertailt ifts so in der L^iftmta, im Sophokleischen Äjas,
in der Bpido« der AaithylsSiBton 'BiippUoei. besehtoiiiw«it . toi- a«^
der fall, wenn siek !■ den «nreden befehle an den 6bor selbst beflndttii,
sei es allgemein im pinral oder im dual oder mit nennung eines
namens im Singular (cf. Aristoph. Acharn. 280 sqq. Wespen 230 sqq.).
dagegen hat man keinen grund, bei leidenschaftlicher erregung stets
«wMl der.: penioneic' • umnelinwn; denn diel eigentlniltelikeftkeaid«r
4eideii8duiftlicken rede ^oüge Iraner dItEe ohne 'syntaktische Terbin-
dnng, flprungweiser Übergang zu neuen gedanken, plötzlicher Wechsel
des metrums, und des tons, variierung desselben ^edankens, scharfes
sichabheben gleicher kola in antistropbischer entsprechang) finden sich
aaeh-ohne persenemmiiisel, «e im SopbeU. Ajes 864 «|<|.i89d eqq^rfo
aoch bei modernen di^Aens, z. b. M8eihiÜer'iai-<aMaole9 derWällea-
Slein und der Jungfrau von Orleans.
3) Verteilung eines xopi^öv unter sümmtliche choreuten. bekannt-
lich hat SU dieser annähme Veranlassung gegeben die stelle Aesek.
AgaiiL.18Mr«18fl,' iM der iftiinBllidie eheveHteii «leli lievattmi» was* ad
tate tfei.- die^Teide 'tiad von O. Hermann unter ift, von Ottr» Müller
nnter 12 personell verteilt, allerdings ist kein Zweifel, dasz hier eine
aazahl von choreuten einzeln sprechen, indes darf man daraus noch
keinen scblusz ziehen auf den vertrag von chorliedem; denn hier
singen aad tanaea die eboreaten nicht, soadeva epreebeoi ebenao
wsasg! bereelitigfc -vna die netia im fKoc AtqciftKoUt dieser habe die ebe-
renten ciröpäbT)V anftrsten laseen (was man auf den chor der Eume-
niden bezogen hat), zu dem schlnsse, dasz die einzeln auftretenden
aaoh einzeln vergetragen haben müssen, man dehnte diese art der
varteiloag auf mehr und mehr chorlieder ans, hauptsächlich gestütst
iaf die HbeteitMtfaBBMBiif dw aahlen> - naaientAidi weon tiieli It oder 1^
oder, in der komödie^ 84 -w&maara ergaben, ja man gieay tteefc «eHar
und schlosz, dasz wenn vorp diesen 15 KÖ|H|LiaTa je 5 in einem engern Ver-
hältnis zu einander standen, der chor kotci ctoixouc, in reihen von je 5,
▼oigetragen habe, abgesehen davon, dasz sich unser gefühl gegen die
aeiMme atrftnbt, daae der urieebAaelie aiaa fttr hanoMNiie eine aoldhe
lerpflücknng 'and aeialdokelung der xopuid aag^elaaeea liabe, spriobt
zweierlei dagegen: einmal ist es ein ganz unerwiesenes und nicht ein-
mal probables axiom, dasz jeder choreut nur ein K6|i|ia erhalten könne
und nur dem. KOpuq)aioc mehr eingeräumt werden dürfe, warum soll
aiebt mittmter der oder jeMr obeteat mehrere male aam werte gekom-
Biaa:. aein? auch zu wanderliobiLeiten führt dies: in der parados der
Wespen findet ein wortweclisel statt zwischen chor und iraic. die be-
treffenden werte (v. 245 ff.) können nur von einem einzelnen choreuten vor-
getragen worden sein, und doch wird dies wecbselgespräch unter drei
peiaoBieii! verthetit. Sodann aber heradit anek grosse willkftr In dar
beatimaran^ der Kdfi|iiiTa$> awaamwenklingeade . gedaakasureiken .werden
terpflückt, zusamnuanbängende geaprSiehe unter mehrere yerteilt; oder
die Verteilung wird überhaupt erst durch kritische kunststücke, ein-
•chiebung und ausstoszung, ermöglicht, beispiele hierfür anzuführen,
wMe nicht der ort sein. — Das ergebnis ist ein reia. negatives: in
den meielen liUen aind wir darokant aSekt -im atande, nna eiv kkwee
bild von dem vortrage des cbors zu maeben. daa reanltat ist betrfibead,
aber unser wissenschaftliches gewissen zwingt uns es auszusprechen.
Eine discussion fand nicht statt, dagegen machte hr. prof. Kvicala-
Prag einige bemerkungen zu dem vortrage in der zweiten Sitzung der
kcittadi-eziagetiaelien aedion« (vergL- dieselbe«)
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498 Bericht über die Terhandlungen der d3n Tersammlung
IHa iwdtMi gegenstoiii der tagesordnuf btUeU der ▼cvrinf 4m
hm. pr9t Otthoff -Heidelberg
'über das physiologische and psychologische mooMot ia dir Un'
menbildun^ and ihr gegcDseiti^es Verhältnis'.
Es ist die absieht des vortragenden, Interesse sa erwecken für zwei
grtndi&Ue der sprachbildnng : 1) d«r hiitoriedM lasfewmiidel det f«-
malen tprMhttofff ToUtieht neh innerhalb dereelben MÜlichen und ört-
lichen begrenztheit nach ausnahmslos wirkenden gesetzen (physiolo^-
Bches moment). 2) alle unreß^elrnäszigkeiten der laatentwickelung sind
nur scheinbar solche; sie beruhen darauf, dasz die wirkun^n der
physiologischen gesetse durchkrensung erfahren vom psychologisckea
getrielM. tun dM Tidrhiltiils klar n «lellent führt redner swei beispisle
Yor, ein dentsehM und ein giiMhlacbes. der germanische laut h, vor-
dem ch, welcher ans indog^ermanisch k entstanden ist, hat beständig
nur noch den lautwcrt des Spiritus asper, aber im auslaat stehend be-
hauptet er seinen alten lautwert, so dasz wir *hoch', aber 'höhst'
•praohen. in gemiiihalt daiMlben gaMtses mse «ob «hd. rfleh nhd.
ranah weiden ; diese lantgaMlsUah anttUadene form liegt bekanntlich
in der spräche Luthers (Esau war rauch von feil) noch vor, jetzt noch
in 'rauchwaaren'. wenn wir heute 'rauh' sagten, so darf das nicht so
angesehen werden, als erleide jenes gesets eine aosnahme; vielmehr
fat Um auf psychologisehaai wege hmeigefihrt werden, indem das
alte 'ranch' beeinflnstt worden iat dnreh llaetierte fomen, wie 'raaber,
rauhe, rauhes», im griechischen wird €0 zu r| (y^vca = x^^rj)?
hin ist CuJKpdtxri die strict lautgesetzliche accusativforra. die form
Cu)KpdTr)v ist anderer art, nicht von einem lautgesetze zu stände ge-
bracht: die ideeaassoeiation hat dies wort in die aaalegie Ton wortm
wie 0lXoiCT^|Tl|C» Cirap«lATr|C herangeroekt. man pflegt solche formen
bald als 'formübertragnngen', bald als 'analogiebildungen', bald als
'associationsbildungen* zu bezeichnen, der termiuus ^falsche analogie-
bildungen' ist verwerflich, weil er mit der Sache ein odiom verbindet,
die alten nannten es entgleisungen, metaplasaien. redner geht um
snnllchst snr begründung iss erstgenannten g>aelnsa über, für dessen
richtigkeit sich zwar kein indnctiver beweis erbringen lasse, das aber
durch wahrscheinlichkeitsgTÜnde fjenügend« gestützt werden kann, er
weist betreifs der strieten, ausnahmslosen geltun^ der iautgesetze »uf
die moderne sprachcntwickelung im gegensatz zur antiken (die roms-
nisehen, germanischen, slarisehen grammatiker waren die erstan, welebe
die nbsolute bindlichkeit der lantgesetxe statuierten) und besonders
auf das Vemersche lautverschiebungrBgesetz (im XXIU bände von Kobns
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung) hin, wodurch es gelangen
sei, eine lauteracheiuuug als durchgreifend zu erweisen, von der man
Mher ansnahmen annelunen an müssen glaabte.
* S) Bei der formbildnng unter einflnss psychologischer momente
haben wir es entweder mit einer association durch stoffliche wirknng
oder mit einer association durch formale ausgleichung zu thun. im
erstem falle ist die gemeinsamkeit des wortstoffes das agens, wie io
rauh statt rauch, schuh statt sohuch, wir starben statt wir atorbse, er
fliegt statt fleneht nsw.; im letatem die gleiohheit der formen (fnae-
tionen), so in Cu)KpdTff)V von einem nomen anf r]C, das in anbetracbt
der nominativendung sowol nach der 3n als nach der In declination
gehen kann, dahin gehört die grosze menge der metaplasmen, hetero-
klisien und aller Übergänge aus einer declination. und einer conjoga-
tien in die andere, anm belege folgt eine grosae aahl grieeUscb«
beispiele.
Bisweilen wirkten beide arten der ausgleichnng in einem wort«
und schufen z. b. aus dem einen verbum 'stellen' die beiden composit«
'bestellen' und 'bestallen'.
Ausser der bisher behandelten totalen ansgleichnng gibt es sink
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deatochet pbilologeu und achulmSiiner zu Gera.
499
eine partielle. dflUn gehört die contraction von.xpOcca in XP^&* da
sonst ca in V| übergeht, hier aber eontraistion in ä Torliegl, so hat die
analogie von formen wie Ka\d eingewirkt, indes ist die qaantit&t des
VC c als gewahrt worden, die ausgleiohung denmaeh nlobt tetsl toU*
xogen.
Der vertrag erfreute sich des ungeteilten beifalls der zuliürer; eine
deVatte darüber Terbot die Torgerfiekte stunde.
Es folgten die mitteilungen des hm. prof. Weissenborn*ErfiBrt
*über die ülteste Universität Mitteldeutschlands'.
Seit beinahe vier jähren besteht in der proviuz Sachsen unter dem
versitze des prof. Dümmler>Halle eine historische commission, welche
die provinsialnrknnden nsw. anssonotsen begonnen hat. diese liat
WeissenboruH anerbieten, die matrieolae von Erfurt sn pubUcieren,
g^ebilligt uud die publication aus dem provinzialfond zu unterstützen
verheiszen. W. will die pelej^enheit der anwesenheit so vieler männer
benutzen, um forschungen nach dem verbleib einiger bächer ansn-
«tellen, welehe ihm fehlen, er berichtet, dast in Erfurt ▼orhanden
seien Auf bände der Studentenmatrikel von 1892—1800 und die deca-
nats- und Statutenbücher der medicinischen facultät. in Berlin seien
die particulae magistrorum ; dagegen fehlen noch und sind wahrschein-
lich auch irgendwohin verschleppt worden das Statuten- und facultats-
buch der theologischen nnd juristischen facultKt und das vollständige
yerfteiehnis der baeealanrei nnd lieentiati. redner sprieht snletst, in*
dem er die bedentnng der Universität Erfurt hervorhebt, den wünsch
aus, dasz eine anfforderung zur nachforschung nach dem verbleib die-
ser bücher in möglichst viele wissenschaftliche Zeitungen aufgenommen
werden möge; das centralblatt habe sich zur aufnähme einer solchen
#eho& bereit erklärt.
Hinsichtlich seiner schlüt Uber Anploite BsJfingk (siehe unter
festschriften) bemerkt W. wegen vorgekommener misverständnisse , er
habe davon nur ein exemplar mitgebracht, welches nach altem usus
der gymnasialbibliothek des ortes der Sitzung zu teil werde. 200
«xemplare habe er als beilage an den osterprogrammen an die iam-
melstelle (B. G. Tenbner) abgeliefert; faUs andere herren noch in den
besitz der Schrift zu gelangen wünschten, so möchten sie ihre namen
aufschreiben, damit die Zusendung an sie erfolgen könue.
Mitteilungen geschäftlicher art von selten des Präsidenten reihten
^eh daran an. einige sehroiben waren eingelanfen: aus Herford ron
einigen herren gymnasiallehrem, welche die versammlang baten, ihren
einflusE dahin geltend zu machen, dasz die ferienordnung in Westphalen
verändert werde, sie wären weder iiu stände an der philologenver-
sanamlung teil zu nehmen, noch auch dem äedanfeste beizuwohnen,
der Präsident war der meinung, dasz jeder dahingehende Tersneh bei
der prensdsehen regierong eifolglos sein würde, deshalb sehlng er
▼cur, dasi das prftsidiom beauftragt würde, den herren zu schreiben:
die Versammlung sei zn ihrem bedauern, weil sie die aussichtslosigkeit
•einer solchen bemühung einsähe, nicht iu der läge, eine ein Wirkung
der art zu versuchen, ferner lag ein brief vor von hm. gymuasial-
direotor Pähler -Wiesbaden, worin derselbe die bitte ansspraeb, dass
die aufmerksamkeit der gymnasial- und realschuldireetofsn auf die er-
richtung des denkmals im Niederwalde gelenkt werde, wozu vom kaiser
der gTundstein gelegt worden sei. zur ausführung fehlen noch erheb-
liche summen. — Da hier ein bindender beschlusz nicht gefaszt wer-
den konnte, so schlug der präsident tot, die versammlnng möchte ihr
Votum in folgender form abgeben: *die ▼ersammlnng legt den gymnasial-
und realschuldirectoren ans herz, die angelegenheit in erwägung zu
ziehen.' (vgl. übrigens die in dieser liinsieht bei gelegenheit der
philologenversammluug zu Wiesbaden gethaueu schritte: iu diesen
jahrbtichem II. abth. 1878, heft 1 66 ff.)
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ÖOO Behcht Aber di« TerfaandlimgeD der 33n veruMnmlnpg
•Mit der mitteiluDg, dass ein danktelegramm von prof. v. Leaticb
ort der nMeiittw TenHMBilvfeir rtmwahfgßn iMroiSekto, madm-^iäUtm^
g«schIo8ten.
Am abend fand ein auszcrordentlich «alllreich besiu hter, solenner
fettball in dem saale der tonhalle 8talt| der um 7 uhx seinen autang
nahm nad bis Bftob 1 nbr «ndsiMrte. • •
Vierte Allgemeine sitsung
donnerstog, den 8 oetober 1878', Tormittogs 8 iihr. -
»
FiStideiit (dir. Gramme) eröffnete die titsiuig mit der nutteOuig
der tagesordnung, auf welcher sich befanden vortrUge von hm. dr. Lewy-
Berlin und hrn. prof. Bernardakis- Athen und referate der sectionsTor-
titsenden über die tbätigkeit der einzelnen aeetioneu. daa .tbema des
erstgenaeaten vortragt sei nicht, wie ie der CMtseitung itrtttadlib .«i-
gegebea, 'über Bom-BellM «ad Tahniid't.eoiideni
'über die «pure« dee. giieebiube» osd rSp«eclMva amiclpmB i«
Talmud'.
Darauf ergriff das wort br. dr- Lewy*B^lin und führte folgen-
des aus:
Die gmiidlage der talmodieeben Utterator. bildet die baladia ^
gang» IQbning, brauch, d. h. die ber^^mmliche art der Qbong der reli-
giösen und rechtlichen bestimmungen der tora. diese wurde im Isafe
der Jahrhunderte allmählich zur festen norm für das praktische leben
erhoben, gesetzlich üxiert und alsmischua müudlicli überliefeiL ^uiiachua
.Ton ^jjio wiederholen, aaswsBdig lernen.) von
sitaen wir jetat die vom patriareben Jebnda etwa aifiaefaeo IM wtA
815 abgeschlossene, schleentlte sogenannte miscbna und die wahrschein-
lich von R. Chija nicht lange nach der redaction der miscbna verfaszte,
als snpplement zu dieser betrachtete tosifta. die miscbna gesellte sich
aar tora als eine zweite, die mündliche lehre, und wurde vonihrmei»t
auf exegetisoben» wege abgeleitet, ferner wurde die tera gemlsa du |
bestimmungen der halacha erläutert = midrasch (die dentong), eb«uo ;
andere biblische abschnitte, neben der halacha entfaltete sich somit
die haggada; den mittelpunct des Studiums bildete indes nach wie vor '
die miscbna und da diese bald einer nähern erläuteroag bedurfte, so
erboben und gestalteten sieh allniftblieb die beiden talnmae, der palisti-
nensiseheoder jemsalemische in FaHtotina bis gegen das endedM in Jahr-
hunderts «nd der babylonisebe im lande der Parther bia «nan jilv*
bnndert.
Alle diese werke dienen lediglich religiösen Interessen and es
ist uns überhaupt kein einaiges ans talmudischen lehrstätten faenrsf-
gegangenes, der prefSattÜtterater eagebörigea werk eilialtett geblieben,
sogar die beschäftignag mit anderen Wiftsenschaftlichen dkeiplineo
wurde nicht zu allen zeiten von allen gebillig-t. die erlemung der
griechischen spräche war den töchtern verboten, doch hat dies verbot
nicht allgemeine geitung erlangt, griechische puesie scheint nachmie*
eben indieien niebt gana nnbeiiaant geweaen an aein,. an grieebiscbe
ausdrücke anklingende werte der bibel werden zuweilen iiag|^idiseh wie
fremdwörter behandelt und gedeutet, es ist die rede von einem in
griechischer spräche abgefaszten testamente, von Übertragungen hebräi-
scher sohuldsch^e ins griechische und umgekehrt; in Caesarea F**
laeatinae werde sogar daa tägMebe gebet grieofalaeb gesproeben. gri*-
ebieehe und laleiniaobe lebnwSrter treten in talmudischen schrifttiun
überall entgegen, zuweilen stoszen wir auch auf griechische sätze und
aprichwörtliche redensarten, sehr selten auf lateinische, der in Pa*'
liatina verbreitete heidnische göttercult, gegen den einige halachisciie
bestimmungen erlassen wurden , anate natlriieh die aefineilEsaadMit
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• ddoiactor pküologieii und Mbnlm&iiner sa Gm».
der jüdischen bevölkenxng auf die heidnischen cultformen und ^e-
hräuciie lenken und dürfte die art, wie man eich zuweilen in jüdischen
kiüittf» 4ä9B9m «alt nmoh JädiseliMi tamtHUMangen «rUirte tiiid wtnnM»
legte ^ unsere beaehtnng verdienen« '
In der miscbna heiszt es: 'wenn jemand geräthe findet, die mit
dem abbilde der sonue, des mondes oder eines drachen versehen sind|
so werfe er sie in das todte meer.' die misohna verbietet die be-
nntenaf det bilder« die ^mb stab, ^a»n vogel odtfr eiaaB bmlVisLflirM-
htedett. führen, und die talmude fügen noä. hinzu das schwert, die
kröne and den Siegelring, in der mischna werden heidnische festläge
aafgefUhrt, au denen der verkehr zwischen Juden und beiden gehemmt
sein sollte, so die oalenden, saturnalien usw. dagegen bespricht die-
selbe aehrift 4ie üdllMdgkait der beafttaiing der aaf de« bUdsHiden des
Meroiir tiob b^fibdeliden ährenkriaie «ad andtrev wfcihgeeöhealie, wie
w«nranken, gold, gewänder und geräthe. in den talmnden wird die
c.onstrnction der herroen näher bezeichnet, der Priapuscult bürgerte
sich hier und da ein, Venusbilder wurden an manchen orten aufgestellt,
so in Acco, bilder verstorbener erstgeborenen wurden in den wobnun-
gen 'ftnfbefrabit« ^ejl»< b«idaleeh*, abti|^nbisebe brftnebtt falten aiUr
▼wboten unter der bezeicbnung 'sttten der Amoriter'. verpönt war
auch die errlchtung und der besuch von theater, circus und rennbahn,
die bereits von Ilerodes zum verdrusse der frommen in Palästina her-
S stellt wurden, dagegen war es erlaubt, diese gebäude zu besuchen
i gelegenheat Kffentlidier ▼ereainmlmigeB wn gtmeiiuitltzigen aweeksn.
. Hellenische anscbauung und römische lebenswtoise wurden also»
wenn sie fremdartig und feindlich in Ii eidnischer rUstung dem jüdischen
geiste und leben entgegentraten, mächtig bekämpft und zurückgewiesen;
aber jiioht alles, was aus Rom und Hellas stammte, hatte scheu des-
halb einen lieidniaeb religiösen ebftrakler. M dem täglieben nmgange
nnd susammenleben mit- beidaisf^baii ▼elkerschaften muste man sieb
allmählich an deren sitten gewöhnen, zum teil sich damit befreunden,
unter der herschaft der Römer wurden alle öffentlichen einrichtungen
für das landt die einzelnen Städte und den allgemeinen verkehr nach
römischem vorbUde getroffen nnd geleitel und rSmisebe gerlobtebSfe
woffden in gaHlKliaa eingeietst, -die den Juden angltoglteb waren «ad
von ihnen öfter benutzt wurden, wir sind berechtigt zu sohlieeeen,
dasz der von Griechenland und Rom auf Palästina geübte einflusz,
wenn auch nicht litterarisch, so doch culturhistorisch bedeutsam ge-
weaen ist. darauf zurückzuführen sind vielleicht folgende gebränobe*
die fireilassnng der aklavimy die endobtang- des teatamenta nnd die - be-
ste! iung der mitgilt, selbst heidniaebe Vorstellungen wüsten sieb hier
nnd da in vermummter gestalt einzuschleichen, zu heidnischen gott-
heiten erhobene naturkräfte treten, allerdings nur höchst selten, als
untergeordnete geuieu wieder auf, mythische erzähluugen werden hin
nuft wieder anfgenettmen«
• l>er imr einzelnen diotabanlübrende nachweis der verschiedenen be*'
ziehongen und bcrührungspuncte zwischen Griechenland und Rom
einerseits und JudUa anderseits, inwieweit sich dieselben im talmudi-
spfaeu Schrifttum kundgeben« dürfte nicht nur ein besseres Verständnis
deartfilmvid weeentUeb fMem, aondem vielleielit aneb sn einer beeeem
erkeaataia mancher einzelheiten in der spfttgriechischen und römischen
litteratnr, wie jedenfalls zu einer bessern würdigting der culturhistori-
sohen bedeutung von Hellas und Rom einen schätzbaren beitrag liefern,
und wäre es erwünscht, wenn philologen von fach einer solchen auf-
gäbe aioh nnterzieben wollten.
• beeadignng diorai intereofanten Y.ortragB, an den sieb- eise
discnsflien nicbt anaoblosK« wvtrde diia wetrt bm. prpf. Bern^ardakU-
Athen zu teil zu einem vortrage
• 'ilber die sioaitischen band^cbriften'«
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50S Berieki AWr die ▼erbuidlaDgea der Sin Tenammlaxig
B. berichtete, er habe zweimal den bcrp Sinai besncht, zuerst im
sommer 1874, 40 tage lang, um die dortige bibliotbek zu durchfoTScben,
dMm in jekre 1876 «It fileebefleiter des prineeD Aitiiw Toa Qm-
Mtannien. es sei nicht seine »bliebt, die peelieekeiB eehtelieiteii der
leadschaft und die reiseerlebnisse zn Bebildern, sondern er gehe sr'eich
ad rem über, das sinaitische kloster, von Justinian in der mitte des i
6n jahrbuoderts gegründet und mit vielen Torrechten aasgestattet, ist
ov m lileiiieteii tole (nuraem, Capelle) in eeiaer vfftpr&agUcheB gtfltidt
erlialleB; Mtail^ reae^fttieaen Biaben dem gel>tnde einen gans Terlinder-
ten aaetoleli |^geben, die neuen Stockwerke sind von ganz verschie-
dener böhe. im parterre sind drei ztmmer für die erhaltung der bücher
bestimmt, ein besonderes für die bibliotbek erbautes gebäude gibt es
nieht. die büoher sind melet gedmekt, besdeebrlften in der niodcr-
lehl Torbanden; viele yon letsteren sind im lanfe der jebrhnnderte ge-
slebleA werden, fremde schnitten blätter heraus und oftmals schafften
sie auch pmze maiinscripte bei seite. seitdem es aber dem prof.
Tischendorf gelungen, den berühmten codex Sinaiticus an sich sa
bringen, behandeln die mönche die fremden mit mistrauen. die nM
der bäadeehriltea betritt ee. WO^ neisl grIeeUeeb, aber aaeh arahiseli,
syrisch, keptiscb, slayisch und armenisch geschrieben, der codex
Sinaiticus und einige handschriften kirchlicher art sind in den krjpten,
unterirdischen räumen, gefunden worden; solche locale hatten die mönche
bauen lassen, um in zeiten der gefahr das wertbvoUste zu retten, der
bibliethekar leigt den freaiden aar eiaic^ oodieet aad iet eidlieb ge-
baaden ihnen die lirypiea nicht zu öffnen, da man nun innerhalb der
mauern des klosters, namentlich in den sälen und zellen der möncbe
im laufe der zeit grosze bauliclie Veränderungen vorgenommen hat, so
wird man, um neue entdeckungen in dieser hinsieht zu machen, einen .
grossoD teil des inaeni des kleeiere sa gfimde riebtea nfiesen. '
Deeb gibt ee einen kürsera weg, am aar eatdeckang alter haai-
■ebriflen zu kommen, als B. zum ersten male nach dem Sinai kaa,
zeigten ihm die mönche einen papvnis, der so zusammengeleimt war,
dasz er eine art von brett ausmachte, auf sein befragen, wo er ge-
funden eei, erhielt er die aatwort: ia einem gothischen psalmbeeke.
naek eiagehoher erlaabaii eaekte er daaa die sasammengeleimten
blfttter erst mit kaltem, dann mit lauem wasser zu lösen, und es gelang
ihm nach einigen tagen, eine anzahl blätter loszubringen, von denen
er abscbrift nahm, nach seiner meinung haben die ungelehrten buch-
binder jener zeit aus mangel an anderm geeigneten material papjiW'
blfttter sasammeageleinit, am ee einbanddeekel la erhalteB.
Von der yoraoasetzung aaagebend, dass derartige papjrasbretter
auch noch in anderen Codices zu finden seien, durchforschte er in ge-
meinschaft mit dem (»irOTaiCTiKcic die gesamraten handschriftliehen
schütze der bibliotbek und war nach langen vergeblichen bemühungen
so glückliek swei derartige einbinde sn finden, der eine war mtrk«i
der andere dagegen bereitete den ISsnngsversuchen keine Schwierigkeit
enthalten -wjiren darin teils bymnen kirchlicher art, teils andere lob-
gesänge, dann aber auch das evangeiiiim Johannis. B. besitzt nur einige
Stückchen davoui die andern teile hat er dem bibliothekar ausgebändigt.
Da nnn aller wahrsebeinliebkeit naek eine grosse menge sinsiti-
scher bandsebriften in Europa verstreut und auch ia anderwärts ge-
schriebenen Codices ähnliche funde möglich sind, so macht B. auf die^e
seine entdeckung ganz besonders aufmerksam und empfiehlt nicht biosz
die griechischen handschriften in betracht zu nehmen, sondern auch die
in anderen sprachen geschriebenen, nnd femer diejenigen, derea da-
baad aea ist eder erseheint, niekt tob der antersnchnng aassasekUeeies.
zum schlasB legt B. die in seinem besita befiadliehen blfttter sar sn- ,
siebt vor.
£s folgen die referate über die verhandlangen der sectioneo, deren |
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Gera.
503
mitteilnng wir inu fflr den iMrieht üb«r di« thfttigkeU der Motionen
▼ersparen.
Hierauf ergriff der prSsident prof. Delbrück das wort, um der'
i:«r8ammlang «inen Toreohlng in betreff de» nlebeten taenngeortes der
pkUoIogeaTefMonnilang zu midien, er sei in der nngenehmen läge die
mitteilon^ machen zu können, dase diesmal ein anerbieten der stadt
Trier vorliege, dio annähme des anerbietens von Trier empfiehlt sich
besonders auch dadurch, dasz dort im nächsten jähre die bloszlegung
«inen kaieerpatlanies etntttndety der eptter wieder reriebttttet wwden
dürfte, des prKsidium habe sich mit prof. Bücheler in Bonn in be-
ziehung gesetzt, da es über die Verhältnisse in Trier nicht ausreichend
orientiert gewesen sei, nnd habe von diesem dio zusage erhalten, dasz
er g'ern bereit sei, die stelle des Präsidenten zu übernehmen, der vor-
•ehlag des prMdina», prof. Bttobeler ra bitten, dnei er tieb betreib
der wähl eines collegen ans Mer eelbet mit den muigebenden pei^
sönlichkeiten in jener Stadt in Verbindung setze, wnrde einstimmig ge-
nehmigt, somit ist Trier zum sitz der 34n Versammlung deutsober
Philologen and schalmänner gewählt.
Hr. prof. Eekstein-Leipzig richtete darauf noch folgende werte
an die ▼ersaaunlnag:
Meine berrenl ieh habe die ehre gehabt, neulich als prologus die
Stadt Gera zu begrÜBzen, wo wir noch in der erwartung dessen standen,
was wir hier erlebe«! würden; heute habe ich volles recht, als epilogus
die verehrten auditores et speetatores zu dem üblichen plaudite aufzu-
fordern, ieh glaube, wir kennen anf die Tergangenen tage doeb mit
grailf befriedigung zurückblicken, niebi blois wegen des wissenschaft-
lichen resnltats, sondern auch in bezng auf das, was auch mit in be-
tracht kommen musz , in bezug auf das pesellip^o leben, das wir hier
geführt, das uns nahe an einander gebracht und alten freunden neue ge-
wonnen bat. wenn wir mit befrledigung anf die tage snrttekblieken,
so gebfUirt naiftrUeh unser dank snnttebst dem beben präsidium, dem
manne, der von Jena ans sich so gerne dieser angelegenheit unter-
zogen hat, seinen collegen, die so bereit gewesen sind, unsere Ver-
handlungen zu leiten; dann aber vor allen dingen den männem, die
hier alles mSglidie gethan haben, um nns die tage reebt angenehm,
bequem nnd genuszreiefa sn maehen. ieh müste, wenn secnndum ordi-
nem zu verfahren ist, vor allem des durchlauchtigsten fürsten und
herrn gedenken, der verhindert war, unsern Versammlungen seine per-
sönliche teilnähme zu schenken, ich müste gedenken des Staatsmannes,
der in unserer mitte sn ersobeinen niobt aufgehört hat, ich müste ge-
denken des gymnaslums, seines leiters, seiner collegen, der gesammten
schulen, die hier in seltener eintracht für uns gesorgt haben ; aber nicht
hlosz die schulen, sondern ans allen Verhältnissen dieser stadt heraus,
vom bürgermeister an, haben ja alle alles gethan, um uns die erinnerung
an die Geraer tage wert und lieb zu machen: die erholung hat uns
ihre sohOnen rlome gastlieb geöffnet, ^ bat uns geistige und leibliebe
genüsse gewährt in reicber fülle, das comitd bat sogar zu den wenigen
exotischen pflanzen eine reiche flora Gerana uns vorg^eführt in wahren
Prachtexemplaren nnd ältere und jüng-ere collegen haben dadurch ge-
legenheit gehabt, auch ihre botanischen Studien in diesem sinne zu er-
weitern und ihre oftthestlsehe fertigkeit tou neuem su bewSbrea. ieh
denke, wir dttrfen nieht Ton diesem orte scheiden, ohne den benliebsten
dank auszusprechen allen denen, die nns die reichen genüsse geboten
haben, ists doch gegangen bis in die färbereien und Webereien hinein
und die herren fabrikanten haben es nicht verschmäht, auch dem laien
etnen bUek in Ihre Werkstatt su öftien. yrbt werden swar noeh nicht
am ende sein; mit der jungem linie wären wir fertig, die ältere steht
uns noch bevor, aber nach dem, was wir bis jetzt gesehen, dürfen wir
auch Yon dem, was uns noch bevorsteht, zumal die sonne wieder so
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ÖÜ4 Bericht 4ber die finriiMidliingea vmw» ^amitthmr phUalogen.
ir«iiiidU«ii ftobeint, erwarten, dase «ueh dies ein . reiebec genau nia
wktL Sie iaden ee fereehtüerligt, wenn ieh den benlieliBtendMkm-
•pffeehe «Ben «deijenigeii , weldhe ans ihie teilnähme, sorgfaH waä fB^
Marge (gewährt baben und wenn ich schliesze mit dem benlichen woosohe,
deez auch die stadt Gera nnd dna Koussenlaxid uns ein freundliches an-
denken bewahren Bu>ge« das iCeuaecttiand, Gkf« and seine bewohner,
•fte leben beeil!
Di* §«UM yew imliwig füiwnte begeiefeert im. dee »heebl ein»: •
De niemand sich mehr zum werte meldete, so dankte der pMäaA
für die ihm gewährte nechiieht oad ecklMrte die fite philoiegeBventta»
Hmg tiir geschi<Misen.
Damit waren die wissensehaftUchen verhandlnngen beendet, noch
wer eber dee eftde der vergaiigiutges i^eht gekoMieik ee etead »ch,
wie MeiHM is der rede des prof. Eckstein angedeoteli ein gemeinotbiftr
lieber ansflag nach der im obern KIsterthal gelegea^ stadt Greiz bevor,
bereits eine stunde nach schlusz der letzten allgemeinen Sitzung (11 ahr^
führte ein ei^trasug der Gecn-Greis-Planener bahn die stattliche z&nl
der teilnebmer (ca. 800), herreii und devee, dmeh dee lieliliahe «hd
dem orte der bestimm ong su. gegen swölf nbr erfolgte die aaknnft io
der festlich geschmückten stadt und unter musik giengs nun durch die
straszeu nacli der im süden der Stadt gelegenen ''schönen aussieht' (auch
guckkasteii genannt). reieliUch lohnte daa erklimmen der .^öke be>
eeadere enl defe fogetnuuitan Jelieaelieg ait pulckttge» Uidk in
romantisobe QSlteeelitliel, den reichsten geao« aber gefpUete die ent-
söckende aussieht von der höhe des berges in die vom glanse der
mittagsBouue beschienene landschaft: tief unten am fasse des berges
der klare Wasserspiegel der weissen Elster, ihr eur seile ala treuer be-
gleiter im ganaea thale der bidbaikörper, jeneeits das im berbitliskM
bUUteiBebmiBke prangende saaft aneteigeiide liidte fleeaiiiMri mtdk'Mm
das reizende Göltzsehthal, nördlich die Stadt, sie übem^nd, atif statt-
licher höhe, majestätisch thronend das altertümliche resideiiEschlosz des
fürsten, im hintergrnnde als würdiger abschlusz des ganzen panoramss
der hirschstein mit seinem gewaltigen, weithin sichtbaren kreuze; ud
Über den aUen d«r heiterste blaue himMwl ansgespan^ -eelten aigta
^«f so engem räume der reize so viele zusammengedrihiigt eeiit
Gegen 2 uhr fand sich die ansehnliche yersammlung: zu einem
gemeinsamen festmahle in den bereitwilligst zur Verfügung gestell-
ten räumen der erhoiungsgeselischaf t ein. gar manche toaste wiirstea
d|M nabl^ teils eraete» netor, aiei«l indee kiiider iieiteietr lerne ifii
sengen d«r freudig erregten Stimmung, die aoe Gem mit gen Grsii
gezogene Herfnrthsclie Capelle und der dortipe gesangverein Orpheni
wetteiferten mit einander in dem bestreben, die freude der festtafelro
eriiöhen. erst nach 4 uhr wurde das mahl beendet und konnte der ge-
plante aeebmittagsausflug in seene geeeiet fvanle»» ^eneleeefcaliliBk
trat man den weg dareb den firstUeben park an, nm sieb am-biiiieD-
teich in zwei colonnen zu trennen: die einen zogen den bequemeNB
weg nach der Idahühe vor, die anderen erstiegen den steileren hirseh-
stein , um den köstliehen blick vom staudort des krenses herab in die
friedlicbe abendlaadeebaft 2u genieszen. dann gienga su tbal, bieib
in Frömels jestanratien, wo »an sieb den rewlee-voas gelb und unter
den klängen der musik noch einige der angenehmsten stunden reiiebte.
bald schlug jedoch die scheidestnnde : unter vorantritt der Hetfurthschei
Capelle setzte sich der zug durch den park nach dem bahnhofe in be-
wegong und hatte die freude, noch unterwegs ein durch das. va^
gnfignngseoBsitd.der philelogeneenieninihmg wi itf Sinter veianetalMi
Wasserfeuerwerk mit anzusehen, voll der sdliHisten eindrücke verliessen
alle die gastliche stadt bald nach 8 uhr, um sicli nach der in Gera er-
folgten ankunft noch einmal, das letzte mal| in den cänmen der sr-
holuugbgescllschaft zusammenzuüuden. ' ' ' * . •
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Philologisehe Programme deutscher höherer lehraustalten« 506
Am nächsten tage, freitag den 4 october, wurde die für den fall
genügender teilnähme in aussieht genommene partie nach Jena beim
sehönelen weiter mid unter «ehlreieber beteiligung ansgefBhrt. ein-
geladen hatten dmsn in der tegs zuvor ausgegebenen 4n nummer der
nachrichten des yerßnügnngscomit^s die herren prof. dr. GiidcchenR-
Jena, dr. Hnndius-Gera, Ad. Schwenker- Gera und dr. Zacher Halle,
die abfahrt erfolgte bald nach 10 uhr. da es mir nicht vergönnt war,
daran teilxiiaehnien, so begnüge leb mieh mit der anfieichnnag der im
Programm Uber den aneflng enthaltenen angaben: man hatte geplant»
unter der führung des prof. Gädechens die Jenaer Sammlungen zu be-
sichtigen, dann ein gemeinschaftliches mittagsmahl im (jasthofe zum
sohwarsen hären einsunehmen und nach genusz desselben dem all-
bekanntem forstbavee einen beanoh abinetatten.
(lorteelanng folgt.)
EisaxBBiia. 0. Wxisb.
(16.)
PHILOLOGISCHE PROGRAMME DEUTSCHER HÖHERER
LEHRANSTALTEN,
(fortsctzang.)
Krotoschin. königl. Wilhelmsgymnasium. 7 classen, 17 lebrer,
abhandlung des oberl. Nieländer: 'der factitive dativ in deu Cicero-
nischen Schriften'. Verfasser geht von der in den schulgrammatiken
aufgeführten regel über esse, fieri mit datir des iweokei ans. anr er-
klärnng der erscheinnng reicht der zweckbegriff nieht ans. die stel-
len bei Cic zeigen in der regel zwei dative, wo mir einer steht, ist
einer zu ergänzen, der zweite dativ bei esse dient dazu, den iinvoll-
atändigen prädicatsbegriff durch eine zugefügte beziehung zu fixieren,
wir haben es hier mit einer besondem form der prldieieroiig an thnn.
das Torb. der ezistena esse bedarf, um ein vollständiges pridioat zn
bilden, einer ergUnzung, der dativus ist ein prädicativus. hier wird
mir die aussage als etwas entstehendes, werdendes, wachsendes gefaszt.
fieri mit doppeltem dativus ist unlateinisch, da sich bei altlateineru
nnd Gieero sieber kein beispiel findet, bei anderen wenigstens keine
nachgewiesen ist. die regel der grammatÜc beruht auf Cie. de off. 1.
39. 130 wo aber dedecori fit zweifelhafter autorität ist und besser est
geschrieben wird. wo bei Cicero fieri mit einer zweifelhaften casus-
form verbunden ist, masz man den ablativ annehmen, und dasselbe
JUt yon anderen antofen. neben esse erscheinen mit diesem datiy all-
ere verba, nur modifieationen von esse, wie dare, tribnere, vertere^
dneere. im factitiven gebrauch sind ausschlieszlich snbstantiye, an-
meist abstracta und zwar wesentlich innerliche empfindungen und Vor-
stellungen, aber auch materielle begriffe, besonders wenn sie eines
gradunterschiedes fähig sind, oft treten zur Steigerung der begriffe
gradbeaeichnnngen in a^jeetiTiseher form ein. yerf. geht nnn fiber, die
•nbsiii welche bei Cieero in factitivem gebrauch vorkommen, nach kate-
gorien geordnet zusammenzustellen und ihren factitiven gebrauch zn
belegen, in der ersten kategorie hat er laetitia, delectatio, iucunditas,
nolnptas, cura, sollicitudo, cor, Studium, amor. delectatio kommt mit
«ans yttThnnden yor. am weitesten y erbreitet Ist nolnptas. als-sweite
kategorie werden die werte dolor, maeror, etomaehus, offensio, timor,
odium, acerbitas, mors, inuidia, ludibrium, spectaculum, despectus,
despicatus aufgeführt und ihr factitiver gebrauch aus Cicero belegt,
in dritter classe zählt verf. auf bonos, dignitas, gratulatio, gloria, laus,
N. Jahrb. f. phil. o. pftd. II. abt. 1878. htt, 10. 38
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1
506 Pliüologiache programme daulacher höherer lehraobtalten.
oriiamcntum, decu», splendor und führt die belege für den fftctitiveu I
gebrauch dieser Wörter vor. es folgen dann als Tierto elawe die den ^
eben genaniiteii eatgegentteheadeB begriffet dedeeos, maeole» hiludi,
probnim, opprobrinm, vitiiperatio, nitium, crimen, ealpe, igaaiiU, per-
iidia, je mit bezeiphnang^ der Ciceronischen stellen, wo dieselben im
factitiven (^^ebrauche erscheinen, daran schlieszen sich die stellen für
den factitiven gebrauch vou uäUb, utilitas, fructus (frngi), bonom, emo-
lomeatam, salua, laemm, qeeeetu, praede, religio, faeniiB, vad ntv
nr. 6 die stellen f&r den factitireii gebreeeh der gegensKtze dase freu,
damnatio , pericnlum, detrimentum , malnm, calamitas, exitiam, capat.
der nächste abschnitt weist den factitiven gebrauch von adiumentum, '
aoxilium, praesidium, propugnaculum, amictus, subsidium, solatium, con-
eoletio, lenetio, leaamentiiai, remediem, ergamentnm , doenewetaiB,
testimonium, pignoe, exemplom, iadiciara. den eeUoss machen als achte
classe impedimentum, onus, molestia, lahor, sumptus. wir können der-
artige iintersuchuu^eu , welche kleine gebiete der latein. oder griech.
grammatik zu ihrem gegenstände haben und das statistische material
fftr dieaelben mit sorgfaU und genauigkeit aiieammMiiragen, aar freodtg
begrfieiea and dea driageaden woaech aaesprechea, dasi die meitter «af
dem gebiete der grammatik es nicht verschmähen, derartigen miter-
snchiiugen nahe zu treten und aus ihnen den nutzen, den sie bieten, zu
zieheu. möchte der Verfasser selbst bald auf dem betretenen wege fort-
fahren und entweder aua anderen achriftstellern sammlangen für diese ^
regel aalegea eder für aadere regela abermals ^e belege ans Ciesio i
sammeln, die gramm. wisseaschafl wird ihm für derartige bemuhangen
gewis ihren dank nicht versagen, aaeh anderen seien grammstinöhe |
Stadion in dieser richtung empfohlen. I
Pbekzlau. gymuasium und realschule erster ordnnng. 15 classes,
28 lebrer. Abb. des g3rmnasiall. dr. Weif f gramm: 'Ca. Domitins C•^
balo*. in der eialeitnng zeiget verf., dasz die lebensgeschicbte der meisten
nachrepubl. generale, die im kämpfe mit den grenznachbarlichen barbaren
ihr leben zubrachten, zwar für die zeit dieser kämpfe ganz wohl bekannt,
für die ihnen voranliegende zeit aber lückenhaft sei. das fundament
sei meist aar dareh äaselae gelegentliehe aotisen gegeben, deeb n-
weilen lasse es sich stark aad fest herstellen, das letztere sei zb. aacb
der fall bei der lebensgeschichto des Cn. Domitius Corbulo. diese will
verf. nun vorführen, für die abschnitte seines lebens, die er als feld-
herr in Germanien und dem Oriente verlebte, sind wir wol unterrichtet
bei Tac, Die Cais., Plia. maier, Froatia, som teil naeh eigeaea asf-
seicbnungen, mangelhaft and ungenau sind die berichte aber sein leben
▼or dem jähre 47 bei Tac, Dio Gass., Plin. nmior. die neueren lebtns-
beschreibun^ren begnügen .sich meist mit den lebensschicksalen in Ger-
manien und dem Oriente, das übrige, frühere v/ird blosz vorübergehend
berührt, erst neuerdings ist ein swang zur genanem durehforschong
des gansea eingetretea durch Nipperdey oad Merivale, welche die iden-
titXt des Tor 47 genannten Corbulo mit dem feldherrn leugneten, verf. |
will nun identität beweisen durch Schilderung zuerst der feldherrn- 1
thfttigkeit und dann der frühern lebensschicksale des Corbulo. er ward |
47 nach Untergermanieu geschickt; die Verhältnisse dort waren äusserst .
schwierig, er aber ihaen gewaehsea. Corbale sachte krieg aüt den |
Germanen, mäste ihn aber auf befbhl des Claudios aufgeben, worüber '
er zu Rom von der für den krieg gestimmten partei bedauert wurde,
sein autenthalt in Germanien war von nicht langer dauer, er wurde von
Claudius nachfolger nach dem Oriente gesandt (54), lun Armenien fürs
reich sa behaaptea uad die eiamisehaag des Partherkönigs in dissei
laades angelegenheiten zu hindern, verf. entwickelt nun des eingebes'
den die für die Würdigung dieses Vorganges in betracht kommenden Ver-
hältnisse, dh. er gibt in nuce eine geschichte der armenischen Verhält-
nisse, in Armenien waren in den letzten regierungsjahren des Claudius
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Philologische programme deutscher höherer lehraostalten. 507
die blutigsten umwälzungeu , deren erfolg augedeutet wird. Corbulo er-
hielt die provins Chppadocien und iwei legionen und die dmragehörigen
bandesf^enoHflen. in Ummidius Qnndratus, dem damaligen proprSltor
von Syrien, der mit ihm teilen muste, fand er einen noidisclien neben-
buhler, der aber bald von der kriegerischen action ganz zurücktrat, in
der kriegfübrung ward C. von besonderem glücke begünstigt, er er-
reichte den zweek des krieges, der prStendent Tiiidates ward verdrängt,
oaeh dem tode des Ummidius Quadratus (60) erhielt C. Syrien mit der
(j^osrimten militärischen Oberleitung des ostons. als aber Vologacses,
der Partherköuig in den kämpf eintrat, muste er zur Verteidigung Ar-
meniens um einen eigenen feldherrn bitten, der ihm in der person des
Geesennins Paetiie beigegeben ward, damadi wehrte C. den einfaU
dea Partherkdnigs von Syrien ab ; die Parther griffen nnn Armenien an,
80 dass Paetus Corbulo um hilfe bitten muste. Paetns wurde zu einer
wenig ehrenvollen capitulation gezwungen. C. muste nun Armenien
verlassen. Paetus wurde aber bald zurückgerufen, C. wieder alleiniger
Oberbefehlshaber; er bekam jetzt 7 legionen und mehrfache hilfsabtei-
lencen. C. ordnete nnn den weitem kämpf anf angemeseenete weieeii
?err. entwickelt dae dee genanem. zum kämpfe kam et nicht, Yolo-
gaeses begann Verhandlungen, anf die C. eingieng. C.s verhalten da-
bei wird charakt(?risiert. C.s erfolge waren glänzend. 'J'iridates wollte
das diadem von Korn, von Nero empfangen, diese erfolge waren aber
für C. der beginn seinee nngltteks; Nero begann anf seinen nntergang
zu finnen, sein argwöhn war schon früher anf ihn gelenkt. Nero liess
ibm , den er bald nach seinen siegen zu sich nach Korinth eingeladen,
bei seiner landung den befehl überreichen, fiich selbst zu tödten. C.
hatte ohne zweifei die gefahr geahnt, war aber doch gekommen aus
aiilitftrischem gehoream. an seine stelle trat Yespasianns als ober*
befehlshaber des Ostens, yerf. Iftsst hier nach berichtong des todes ein
urteil über die person des C. folgen, dann wendet er sich zur con-
jecturalen darstellung der vor 47 liegenden ereignisso. die thatsache
der Sendung nach Untergermanien 47 steht fest, es war das eine be-
sondere ansseiohnung. verf. wirft die frage anf: wodarch hat er sieh
dieselbe rerdient? was wissen wir Ton seiner Vergangenheit? snerst
tritt 21 nach Chr. ein Domitins Corbnlo auf, nach Tac. ann. 3, 31, wo
er bei unbedeutender veranlassung erwähnt ist. es entsteht die frage
nach der idcntität beider, die älteren von den neueren kritikeru neh-
men sie an, Nipperdey und Merivale leugnen sie. verf. bespricht nun
simXehst Nipperdeys ansieht in Tac. ann. 8, 81, der den hier erwKhn-
ten fUr den vater des berühmten hält, und sacht f^io am widerlegen,
sein auf Plin. nat. bist. 7, 5, 30 gestützter einwand wider Nipperdey
scheint uns durchaus beachtenswerth. er seihst erklärt ihn für den
Sohn des Pomponius, den Pliuius als den einen der drei männer seiner
matter nennt, nnd sieht ihn als dnreh adoption in das geschlecht der
Domitii gekommen an, das cognomen Corbulo habe er auch nach der
ndoption beibehalten, darauf wendet sich verf. gegen Merivale. der
begnügt sich mit der behauptung seiner nichtidentitiit, ohne beweise zu
bringen, verf. sucht die Ursache der behauptung zu ergründen und fin-
det sie in misrerstKndlieher anslegung des begriffe aetas in Tac. ann.
3, 81; die wahre bedentnng des wertes ist entwickelt, ebenso eine ans-
legung der stelle gegeben, des verf. gründe gegen Merivaics behaup-
tung dürften auf anerkennung anspruch zu machen berechtigt sein.
C. kann bei der differenz mit äuUa kein ältlicher mann gewesen sein,
er mochte ungefähr im 80n lehensjahre stehen, der hei Tac. ann. 3, 81
genannte C. kann also mit dem berühmten identbch sein; wenn man
die Identität annimmt, so stimmt das anfs schönste mit den Überliefe-
rangen über das alter des Suillius Rufns und der Caesonia, den ge-
schwistern des D. C. überein. den beiderseitigen Überlieferungen wird
Yom verf. nahe getreten und daraus die aufgestellte behauptung wenig-
33 •
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508 FhüologiAche prognunme deutacber hdbmr lehranstelten
btons wabrackeinlich genuiebt. ivletet briogt verf. dann umstände bei,
durch welch« er, wie er sagt, nur aanakme der Identität geswongeB
wird, besondera «nf die weiteren ersiUmigfUi bei Tae. aaa. 8, Sl ui
Oese. Dio 6t» 16 lenkt er den blick und erörtert sie nnd ihre coue-
qut nzen und wa« er da vorbriiipT, ist beachtenswerth. er thut dar, wie
dor frühere und spatere C. eiue ganz gleiche energie des Charakters
gezeigt, d&xu schildert er des frühem C. thätigkeit als aufseher dei
wegebnonr. bier wird C. aaeb gegen den ibni tob Dio nnd acurai
TaeitnaaiUftrern gemachten Torwttrf, er habe sich ron Calignia tn er-
preeinngen misbrauchen lassen, verteidigt, im fortgange ist daun Cs
consalet gegenständ der erurterung. C. ward des amtes mit seioem
dem namen nach onbekaimten mitconsol schimpflich entsetzt, im früh-
ling 41. unklar bleibt ea, wanm der von Clandina gemaaaregelte C.
naeb aeaba jähren in eine wichtige proYinz gaechiekt ward. Teil «•
kl&rt ei aus seiner erprobten tüchtigkeit, seiner unparteiischen strenge
\\ni\ consequenz, durch die er sich bald wieder allgemeine anerkennimg
erworben, die contulatsverwaltung des SoilUas Knfus, seines braden,
Yciuüttelte wol dan wiadarSbertritt Ca in den ataatsdienat. derseUus
atelH die gewonnenen ergebnisse susammen. wir kSnnen nnr waasdiai,
daaa dia winenachaftliohe forschang den durch fleissige aaaainmenstel-
luDg und sorgfältipi^e combination gewonnenen argebniaaen mit kritik
nahe zu treten nicht verschmähe.
WUUI.AL. städt. gymnasiam. 3 clasaen, 6 lehr er. — Director dr.
Eidnar: «bflder ana den altvdslaabaB laban*. naeb allgasMitter eia*
leitung über die Stellung der kaiserteit zu der gesdkiehte der eot-
wicklunp Koms kommt verf. auf die gesellschaftlichen zustände der
zeit, zuerbt winl an d;is hasclieu nach kaiserlicher gnnst erinnert, rn
gleich au den für den verlost der teilnähme am öffentlichen leben im
priTailaben gesnebten ereata, an die baraebende anefat, mS^iebet MhiNll
reieb an werden, einzelne beiapiala baaonders groszen reichtums we^
den angeführt, besonders die Senatoren und kaiserlichen freigelassenen
suchten durch prucht und üppifjkeit einander zu überbieten, den winter
brachte die feine geseilschatt in Horn bei den Vergnügungen und last-
barkeiten der reaklena an, mit dem beginnenden frahjahr gieng esia
die bider, unter denen Baiae obenan ataht. verf. aharaktaridert die
läge von Baiae bestimmter, wobei denn auch die nrngabang^ des ortes
mit gezeichnet wird, weiterhin schildert verf. dann einen tag- in Baiae
während der badesaison. dabei wird eiugegaugen auf die art uud weise,
wie in damaliger zeit von den vornehmen in die bäder gereist wurde,
ein bUd des ankommena nnd eratan aaftretena im badeorte wird eat-
worfen, darauf in dar tobilderung daa tagaa in Baiae fortgefahren, n-
uächst ist das leben auf den straszen gegenständ der darstelinng, der
lärm, den die kUufer und Verkäufer machen, verf. schildert den weg
durch die Stadt zu den eigentlichen thermen. hier wird ein excurs g«i*
maebt über den in beang anf dia bidar in der epitem rSmiaoban mit
getriebenen luxus: es folgt eine behandlnng des treibens indanbldeia,
wobei auch der in den biidern getriebenen spiele nicht vergessen wild«
besonders des ballspiels wird sorgfältig gedacht, ebenso gedenkt verf.
der in anderen sälen getriebenen poetischen und rhetorischen Studien,
dann eilt er tn den badeallen aelbat nnd betritt daa tapidarinm, geht
dann mit einem badenden weiter zum caldarium und dem in deMse
mitte liegenden laconicum, das besonders abgezeichnet wird, aus die«
eem geht cs durch das bassin mit heiszem wasser zum frigidarinm, dem
kalten Schwimmbassin, bei und in welchem sich ein buntes, lebhaftes
treiben entfaltet, oben im badehause befindet eich eine bibliothek,
gemUdegallaria nnd aenlptnreniammlnng, Ton dar plattform daa dackei
genieszt man einer herrlichen aussiebt, verf. verwendet nun die beiden
noch bis zur hauptmahlzeit fehlenden stunden zum besuche des circus,
dem mit seinem Schauspiel und seinen besuchern ein wort der schilde*
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Philologische Programme deutaoher höherer lehranstalteii. 509
vuiig gewidmet wird, zuerst gibt es tliiergefecht , darauf ^^ladiatoren-
kampf. beide arten der graufiigen belustigimg werden mit eingehender
Sorgfalt eharakterisiert ohne den loteten, roramwlehtlieb gransigsten
aet abzuwarten, eilt verf. davon und begibt sieh sor eoena. hier wird
g^elejjenheit genommen, den tafellnxus zu schildern, nach Vollendung
der hauptmahlzeit eilt verf, wieder ins freie, er bctraclitet und schil-
dert das abendliche leben auf den straszen von Baiae. endlich wendet
er eieh dem Lnerinersee an and weiss auch hier eine recht lebendige
•ehildenittg des dortigen treibem sn geben, am abend endlloh kwei
er, voll von den empfangenen eindrücken, heim, wir danken ihm, dass
er das programm seiner jungen anstatt benutzt, einen blick aufzuthnn
in eine alte anstalt, ein stück alten lebens zu zeichnen, möchte sein
Srogramm, dessen lectüre uns reichen genuss gewährt, viele leser üu-
on und aneh der berttekeiehtigung von denen gewürdigt werden, deren
specialstndiam die privataltertümer Roms nnd Griechenlands sind.
Berlin, graues kloster. 15 classen, 30 l'ehrer. — Andresen:
*de uocabulorum apud Tacitum conlocatione'. Verfasser verraiszt bei
vielseitiger beschäfligung mit Tacitus die beriicksichtigung seiner wort>
Bfcellmig. er will bei bespreehnng derselben erftinehen, qna eimilitn-
dine ezemplorum ordlnes tanquam uinculo conneetantnr. bei seiner
Untersuchung- will er sich auf Apricola, historiae, annales beschrän-
ken, iu diesen tiudet er eandem uocabulorum ponendorum rationem
eandemque tenorem. im ersten teile wird die coliocatio uerbi, im
swoiton die eoUoeatio adieotiai behandelt. Taeitns rede ist erhaben
und tragischen tones einherselireitend. das zeigt vor aUem die vor-
schiebung des verbnms, das an der spitze des satzes oder Satzteiles
steht, dessen prüdicat es ist. das verbum pflegt den Satzgliedern voran-
zustehen» wenn mehre glieder einer periode, deren jedes ein verbum
entblllti eobald sie geringen umfanges nnd gleichen werthoi sind, asyn-
detisch verbunden werden, in den IXllen findet sich selten das perf.,
oft das praes. hist. oder inf. bist, oder der zu einem acc. c. inf. ge-
hörige inf. der zweck dieser form wird erörtert, sie ist ein stück je-
nes concitatus abruptusque sermo, den Tacitus liebt, das letzte glied
einer solchen periode ist meist von grösserem umfang und es finden
mUSk da die gleichen arten des ausdnms, verb. fin., inf. nnd aoo. c
inf. und inf. bist., auch hat das letzte solcher verbundenen glieder oft
das verb. am ende und zuweilen findet sich schon inmitten der periode
das verb. einmal am ende, das gerundivum, wenn es nur nicht den
begriff der notwendigkeit enthalt, steht dem zugehörigen subst. vor;
nur wenn aller oder der meiste aeoent auf dem subst. n&t, steht dieses
voran, ebenso wenn das subst. im gegensatz steht, das gerundivum
wird auch nachgesetzt, wenn die zahl der ihm untergeordneten worte
zu grosz ist. zuweilen ist die Stellung des gerundivs ans ende auch
durch den numerus motiviert, der durch nachstelluug des wories herbei-
geführt wird, sehr hSufig steht das verb. am anfange des satees. er
stellt die worte an den beginn, durch welche früherer autoren zeugnis
oder übereinstimmende Überlieferung bezeichnet ist. aber auch andere
verba stehen im beginne des einfachen satzes und diese Stellung dient
der erhabenheit des stils; durch diese Wortstellung deutet Tacitus oft
an, was wir nur durch partikeln wiedenugeben vermögen, oft wird
der gegensatz auch nur durch die Wortstellung hervorgehoben, in alten
den für diese fälle angeführten beispielen enthält das verb. den haupt-
begriflF des satzes, und dafür wird die zahl der beispiele noch vermehrt,
oft bereitet sich der schriftsteiler durch vorangesetztes verbum auch
den Übergang zum folgenden, der abl. abs. bedient sich Taeltus oft
und setet in ilinen das prSdicat von subjeet. doch findet sieh aueh
andere Stellung, besonders wenn das subjeet ein zahl wort oder ein adj.
resp. pron. numerale ist, obwol auch in diesem falle zuweilen sich die
gewöhnliche Wortstellung findet. Superlative stehen im abl. abs. häufig
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510 Philologische progmnme deatacher höherer lehranstalten.
vorau und ebMtO tteht das subst. dem partic. vorao, wo es allen ac-
eeat enthSlt oder im' gegenmtie eteht. swei mit et verbniidene abl.
Abs. stehen in chiastischer stellnag ihrer teile, hat ein eubat. mehre
prädicate, so steht es dazwischen, es folgen eine reihe von beispielen
nachgestellter i)artic., für die verf. keinen grund anzugeben weisz.
verf. wendet sich zur Stellung des mit einem Substantiv Terbondenen
ft^i^^vv* gebUhrt iiaeh Teeitne gewoludieit die erste stelle, di«
Ton nom. propr. etimwenden adjeetiva bennspruchen für gewöhnlich
▼oranstellang, davon nur seltene ausnahmen in bestimmten fällen,
wiederholt vorkommende adj. dieser art stehen zuweilen nach, ist eine
bestimmte Ptellnng durch den feststehenden gebrauch früherer Schrift-
steller geheiligt, so pflegt auch Tee. niebt «biaweieben, wenigstem
folgt er ihm öfters, wenn noch nebenher snweilen die ihm adäquatere
stellang gebraucht wird, im ellgemeinen musz man aber doch die Vor-
liebe für die voranstellnng des adj. anerkennen, an dieser stelle weist
verf. auch auf die Taciteische gewohuheit, cognomen vor gentilnomen za
stellen. Romanos steht gewöhnlich nach , die voranstellung ist äusserst
selten; die adj. militaris nnd cinilis behaapten gewöhnlich die erste
stelle, nur heiszt es res militaris, snweilen arma einilia, diaeordiae ei-
nlies, irae ciuiles, studia cinilia, ius ciuile. die von arats- oder Standes-
namen abgeleiteten adj. nehmen gern die erste stelle ein, anhäufig sind
die beispiele umgekehrter folge, dasselbe gilt von den auf die mili-
tftrtseben dinffe bezüglichen adj. prinatvs steht bald seinem sebst
voran, bald folfft es, iMibliens steht in den histor. selten, sehr häufig in
den annalen an zweiter stelle, humanus und diuinns haben bald die
erste, bald die zweite stelle inne, nur einzelne formein sind stehend,
so werden noch eine reihe von adj. behandelt und angegeben, wie Is-
eitns bei diesem gebrancbe lünsiehtlich der Stellung Terfnhr. rea tritt
vor das adjectivum, daTon nor seltene abweiebnngen. es ist unmog^
lieh, dem verf. weiter genau nachzugehen; das angeführte möge ge-
nügen, aufmerksam zu werden auf eine schrift, die sich durch flei&z,
Sorgfalt und ergebnisse vor vielen ihresgleichen auszeichnet, von wich*
tigkeit sind besonders die immer wiedeniolten hinweise anf differensea
swisehen historien nnd annalen in beziehnng auf Wortstellung, den
schlnsz macht eine aufzählnng der stellen, wo das adj. dem snbst. folgt,
natürlich sind dieselben nach kategorien geordnet, ganz zuletzt folgen
bemerkungen über die chiastische Stellung und über die apposition.
KonnBAtismr (stSdt. gjmn.). es liegt eine durch die 350jährige
jubelfeier der anstalt veranlasste festsebrift vor von Oberlehrer dr.
Theodor Perschmann: Johannes Clajus des ältern leben
und Schriften (56 s.). die schrifi ist bereits besprochen von K. Bursian
in dem jahresberichte II 1, .'^3. s. 3. drückt fromiue wünsche hei und
SU der jubelfeier aus und erinnert au die entstehung der anstalt sar
seit der reformation 152S« s. 7 f. geben sunlehst die yeranlassung snr
behandlnng grade des lebens von Clajus an, heben die mangelbaftQfketf
der Zeugnisse über ihn aus der eignen zeit hervor, bezeichnen endlich
die hilfsmittel für die erforschung des lebens uud der thätigkeit de«
Clajus. mit s. 9 beginnt die arbeit selbst, ihre ergebnisse von Bursian
a. o. Eusammengefasst, sind, auf grund der quellen und mit sorgfSitiger
kritik gefunden, folgende: Johannes Clay, später Clajus, geboren am
24 juni 1535* in Herzberg a. d. schwarzen Elster als söhn von eitern
geringen Standes, der tod des vaters liesz die familie in dürftiger läge
zurück, er wäre fast beim handwerk für die wissenschatt verloren ge-
wesen, da sandte ihn seine yaterstodt in eine der 60 freistellen der
nen gegründeten furstensehnle su Orimma. P- teilt den damals von ihm
untenehriebenen reyers mit. er verweilte fünf jähre, dann besog er die
♦ dieses jähr stellt P. gegen das bisherige schwanken aus zwei
mitgeteilten epigrammen fest.
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Philologische programme deutscher höherer lehransialteik. 511
Universität Leipzig, wo sein aufenthalt ebenfalls durch munificenz des
kurfürsten bestritten ward, seiner dankbarkeit g'e^en den kurfürsten
gab er durch widmung öeiner carmina graeca ausdruck. das widmungs-
gedieht teilt P. mit. in Leipzig widmete er sich besonders dem Stadium
des grieehischen unter leitnng von Joaehim Cemerarins, der ihm be«
sonderes wohlwollen zuwandte. CI. pfewaim eine j^anz hervorragend
tüchtig'e bildnng im griechischen, bo dasz er die spraclie mit voller t'rei-
beit gebrauchte, früh verlobte er sich und dies veraulaszte ihn, bald
ein lehramt ansutreten. zuerst unterriehtete er in seiner yaterstadt,
wo ihm Helanchthon eine stellunff versehafft. hier fand er leider keine
enerkennuDg, er suchte durch Camcrarius und Paul Eber eine andre
stelle und erhielt sie in Goldberg in Schlesien, wo er neun jähre wirkte.
P. bespricht die Verhältnisse der Goldberger schule, welche Trotzeudorf
berühmt gemacht, geuaaer. su Clajus zeit war die sehnle bereits in
verfall begrüFen, rector war auf Melanchthons empfehlnng dr. med.
Heinrich Paxmann, der der schule nicht zu besonderem segen gereichte,
ihrem verfalle nicht wehren konnte, auf Paxmann folgte als rector
Tabor. Clajus thätigkeit iu verschiedenen stellen iu Goldberg wird
von P. lebendig und eingehend bezeichnet; auch seine wissenschaftliche
beschifUgung in Goldberg wird berttbrt und auf seine hinneigang sum
Übergabe in den theologischen beruf wird hingewiesen, hauptsächlich
betrieb er die lateinische versification. weiter schildert P. das glück-
liche familienleben des Clajus und berührt andere lebensverhältnisse
des gelehrieu sowie seine freuuUschattlichen beziehuugeu ^^u deu coileguu.
▼on Ooldberg gieng CI. und swar sehr plötslieh auf erhaltenen ruf als
rector nach Frankensteitt. Ton den verhiltniasen des Cli^us an dieser
schule erfährt raan wenifr, andeutungen in dem widmungsgedicht der
carmitja graeca lassen sie als unerträglich ahnen, er gibt die stelle
plötzlich auf und geht nach Wittenberg, um theologie zu studiereu, auf
Paul Eber vertrauend, doch der starb, ehe er etwas für CI. hatte tbun
können, da wandte er sich mit der Widmung seiner grieehisehen ge-
dichte an den kurfürsten um hilfe. in Wittenberg ward er magister
und gieng dann auf rathsruf nach Nordhausen als rector. von seiner
dortigen thätigkeit ist nicht viel zu sagen, da die acten nichts liefern ;
nach einigen yermutungen darttber besprieht P.y soweit das mSgileh,
sein dortiges wissenschafkliohes und äusseres leben, vorher bietet er
auch eine ganze reihe besonders für den, der wie wir selber, eine ge-
wisse Verbindung und anknüpfung mit Nordhausen hat, höchst inter-
essanter und schätzenswerter bemerkungen über die geschichte des
gymnasiams, die für eine allgemeine geschichte der schnle und des
Schulwesens in Deuteehland nieht su übersehen sind, yon Kordbausen
gieng CL naeh 2 — 8 jähren als pfarrer nach Beudeleben bei Franken-
hansen, wo er nach zwanzig jähren starb (1592). P. beschreibt nun
sein leben im pfarramte, wissenschaftliches wie amtliches und privates,
der tod seiner frau (1576) nötigte ihn, seine haushUlteriu zu heiraten und
naeh deren tode heiratete er 1587 sum dritten male, die letaten selten
der lebenssehilderung lUllt eine ausgeführte eharakteristik des ge-
schilderten gelehrten, auf s. 30 beginnt die besprechung der Schriften
des Clajus. nach einer kurzen einleitenden vorbemerkunfj werden die-
selben, an zahl zweiuudzwauzig , der reihe nach aufgezählt und ihrem
iessem wie ihrem Inhalte nach kurs eharakterisiert. die titel hierher
überzutragen, fehlt der nötige räum, wer sie kennen lernen will, musz
sich die lesenswerte Schrift selbst verschaffen, unter nr. 13 führt P. die
deutsche grammatik von Clajus auf und benutzt die gelegenheit, einen
kurzen abrisz der geschichte der deutscheu grammatik su geben, wobei
er B. y. Raumer, geseh. d. pädag. III S5 ff. sieh amehUesnt. — Die
ganze abhandlung ist eine vortreffliche , auf umfangreichen und gewis
in Nordhausen nicht gerade sehr leicht zu machenden quellenstudien
beruhende Untersuchung, die gana wichtige resultate für das leben eines
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512
Erklärung.
bedeatenden unter den spätem hamamsten sicher stellt, es scheint
VDt dab«r niebt angematwii, <Ims Bsniaa a. o. sieh mit einer troelneii
«nfTAbe der baaptdaten ana dem leluerleben nnd der bedentenderen
Schriften begnügt, man hätte gern ein ausführliches urteil über die
arbeit von BurKian Ternomnien. denn er ist ja doch wie wenige im
gebiete der geschichte der classischen pbilologie, über die wir schon
laiifre ein werlc von ihm erwarten, sn urteilen eompetent nnd feine Tor-
trefflicbe Zeitschrift, dies tcrfjpa €k dcC wie man vollkommen berechtigt
ist, sie za bozeichnen, hat doch die anfgabe nicht allein zn referieren^
■ondern auch zu recentieren« (fortsetznng folgt.)
Die besprechong meiner aehrift 'dee Q. Ho ratin s Flaccns öden
und epoden. text nnd fibereetnnng mit erlftntemngen tob TIl Kajier.
Tübingen, Fnes 1877' in den n. jnhrb. f. phil. n. pid. II abt 187S
hft. 8 von Seiten des hm. W. Gebhardi ana Meserita nötigt mich in
folgender erklärung.
Die genannte recension gibt sich als eine im höchsten grad ein-
seitige in erliennens
1) In der feststellang des text es macht sich der recen seilt illir
meinen conservativen standpnnct Instig, ohne die kritischen bemerkungen,
die ich da und dort eingestreut habe, mit einem wort zu erwähöen,
beziehungsweise zu widerlegen.
S) In der eomposition derHoraa. eden hebtergans geflisseatfieb
das hervor, was ich mit Nanek gemeinsam habe, er erweckt dadurch
den schein, alf^ ob ich die eomposition 'von Nanck abgeschrieben'
habe und begeht so wissentlich ein doppelte.«? unrecht — gegen mich
und gegen andere: gegen mich, sofern es seine pflicht war, auch meioe
vielfaehen abweiehnngea von Haneli ingleimer weiae aar spräche
anbringen; gegen andere, sofern in erster linie niditKanck, sondern
— oder sollte dies ans Unkenntnis unterlassen sein? — Dillenbnrger
zn nennen war, der in peiner lange vor Naurk erschienenen ausgäbe
wie bekannt auch die eomposition berücksichtigt, insbesondere meines
Wissens inerst anf die für Horaa diarakteristischo mitteiatellnng de«
banptgedankeas hingewiesen hat nnd mit dessen anfsteltnngen Naaek
fast regelmäszig ftberelnstiromt Tgl. I, 4. 18. 17. 22. 24. S3. 34. 3d. Ü,
9. 10. 12. 13. 14 nsw. der herr recensent nennt das 'abgeschrieben',
andere werden eine solche Übereinstimmung nntürlich finden, da man
bei einer groszen reihe von oden schlechterdings zn demselben resulUt
kommen mnsa.
8) Dasz die fibersebriften zum teil Ton Nanek entlehnt sind«
habe ich in dem programm des Tübinger gyranasinms vom jähre 1867,
auf das ich in der vorrede verwiesen habe, ausdrücklich bemerkt,
den zweck der vorliegenden schrift schien mir eine allgemeine
wShnnng der leistnngen meiner rorgänger genügend, was die ia den
erlftnternngen enthaltenen strllon betrifft, in welchen ich Naaekf
ausdrnck, weil er mir als der treffendste erschien, absichtlich aceeptiert
habe, so dürften sie sich wol auf die wenigen vom recensenten so»-
gehobenen beschränken, wenn nun aber von einer 'kleinen bloocn-
lese' gesprochen wird, eo wird dadnreh, sowie durch die daranf folgesdes
bemerknngen der eindrack tierrorgemfen, als ob mein back in^ diesem
teil nichts weiteres wäre als eine eopie ▼on Nanek, — auch dies ein*
grobe entstellung der Wahrheit!
BAJiT£N8TEIII.
H. K. BfiNICKEN.
54.
EEKLÄEÜNG.
Tübingen.
Th. Kaysbb.
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ZWEITE ABTEILUNG (118a BAND).
19. I>ie statistischen anforderungen an die schule und die
Statistik in der schule, von F. Eiselen in Frankfurt a. M.
'60. Lateinische lesehücher. angez. von E, Ludwig in Eise-
nach
R. Hoche: lateinisches lesebuch. erste abteilung. für
« die quarta der gymnasien und die mittleren classen
der realschulen (Leipzig 1871).
— Wörterbuch zu der ersten abteilung des lateinischen
lesebuchs (Leipzig 1871).
M. Rothert: der kleine Livius. für mittlere gjmnasial-
classen. erstes heft. buch L zweite verbesserte auf-
läge, zweiter abdruck. mit einem plane des alten
Roms und einem wörterbuche (Braunschweig 1866).
G. Weiler: lateinisches lesebuch aus Livius. für die
quarta der gymnasien und die entsprechenden classen
der realschulen bearbeitet, neunte aufläge (Hildburg-
hausen 1875).
— Wörterverzeichnis zu obigem lesebuch aus Livius.
dritte vermehrte und verbesserte aufläge (ebd. 1872).
»61. Mitteilungen der deutschen gesellschaft zur erforschung
vaterländischer spräche und altertümer in Leipzig. VI. bd.
(Leipzig 1877). angez. von M, Trautmann .....
;52. A. Brehme: grammatik der deutschen sptache für obere
classen deutscher schulen in Kuszland (Petersburg 1876).
angez. von Hölbe in Petersburg
derselbe: elementargrammatik der deutschen spräche
für untere classen deutscher schulen in Huszland (ebd.
1875). angez. von demselben.
dasselbe in russischer Übersetzung (ebd. 1875). angez.
von demselben.
\(^&.) Klopstockiana. von H. Holstein in Verden, (schlusz) .
|. 53. Bericht über die Verhandlungen der dreiunddreiszigsten
Versammlung deutscher philologen und Schulmänner in
Gera vom 30 September bis 3 october 1878. von 0. Weise
in Eisenberg
tl6.) Philologische programme deutscher höherer lehranstalten.
von H. K. ßenicken in Bartenstein, (fortsetzung) . . .
54. Erklärung, von Th. Kayser in Tübingen
seit«
457—467
467—474
474-477
477—479
479—485
485—505
505—512
512
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An die Herreu Geschichtslehrer höherer Schulen.
Die unterzeichnete Verlagshandlung, mit der HersteUong einer
neuen Auflage von Herbst, histor. Hülfsbiich" 11 u. III (Mittlere
u. Neuere Geschichte) demnächst beschäftigt, erlaubt sich im Einver-
fitündniss mit dem Herrn Verfasser die Herren Fachlehrer an den
Gymnasien und Realschulen, an denen genanntes Buch eingeführt ist,
um baldgefällige Mittheilimg von etwaigen Wünschen und Aenderungs-
vorschlägen ganz ergebenst zu bitten. Alle Vorschläge werden ge-
wissenhaft geprüft und, wenn dann der Verfasser zuzustimmen vermag,
sorgfältig benützt. — Die Verlagshandluug bittet, Einsendungen an ihre
Adresse zu richten.
Mainz, Ende October 1878.
C. G. Kunze's Nachf. (Dr. Jacoby)
Verlagshandlung.
Bei S. Uirsel in Leipzig ist soeben erschienen :
Mittelhochdeutsches
Taschenwörterbuch
von
Dr. M. Lexer,
o. Profeuor in Würsburg.
22 Bogen. Preis: geheftet JC 4. — , gebunden JC 5.
Vorräthig in allen Buchhandlungen.
Ii M M M M M M M M M M » M M M M ♦ M M M
Eduard Weber's Verlag (Julius Flittner) in Bonn.
Soeben erschien:
Corpus scriptonim historiae Byzantinae. Editio emendatior
et copiosior, consilio B. G. Niebuhrii C. F. instituta, auctori-
tate Academiae litterarum regiae Borussicae continuata. 8 mai.
Vol. XLIX. Annae Comnenae Alexiadis libri XV. Edidit Ludo-
vicus Schopenus. Vol. U. e. s. t. Ajinae Comnenae AJexiadis
libri X — XV. Recensuit, L. Schopeni interpretationem latinam
ßubieeit, P. Possini glossarium, C. Ducangii conunentarios , in-
dices addidit Augustus Reifferscheid. Druckp. 18. —
Schreibp. Jt 24. — Velinp. JC 30. —
Anna Comnena vol. I erschien 1839 und kostet Druckp. „<K 7. —
Schreibp. JC 9. — VeUnp. 11. —
Mit diesem U. Bande ist eines der besten der byzantinischen Ge-
schichtswerke endlich vollendet. Der Text ist nach den besten Hand-
schriften hergestellt. Die Indices umfassen 120 Seiten.
Die bis jetzt erschienenen 49 Bde. des Corp. Byz. kosten jetzt
Druckp. JC 270. — Schreibp. JC 384. — Velinp. JC 705. — Der 5o/
und letzte Band, enthaltend Jo. Zonarae Annales vol. in ist in Be--
arbeitung.
ZWEITE ABTEILUNQ
FÜE GYMNASIALPjIDAGOGIK UND DIE ÜBEIGEN
L£ja£FiGH£&
HIT AUSSCHLÜSZ DER CLASSI8CHBM PUILOLOQIB
HERAUSGEGEBEN VON PBOF. DE. HeBMANK MASIUS.
55.
DAS SYSTEM DER GRAMMATISCHEN FLEXIONEN UND
DI£ LOQISGH -BATIONALE EBKLÄBUNGS WEISE DEB
SPBAGHE.
Der entscheidende grundgedanke der ganzen neueren wissen-
schaftlichen auffassung von der spräche ist der, dasz alles was zur
spräche gehört , auf historischem wege entstanden sei und daher zu-
nächst oder in erster linie auch nur aus dieser seiner actuellen oder
historischen entstehung heraus erkannt und begriffen werden könne,
wir werfen die frage auf, ob und in welchem sinne neben dieser
historischen oder sprachgeschichtlich empirischen gegenwärtig noch
von einer andern geistig rationalen oder philosophischen auffassungs-
weise der spräche und ihrer crschcinungen die rede sein dürfe , und
versuchen dieselbe zunächst unter anschlusz an eine kurze betrach-
tung des allgemeinen fortganges des menschlichen wissens und den-
kens über die spräche in der geschichte zu beantworten.
Die geschichte der Sprachwissenschaft nimmt ihren anfang im
altertume. hier warf man zuerst die ganz allgemeine principfrage
auf, ob die worte der spräche, övöjaaia, den dingen, die sie bezeich-
nen, qpucei oder vojuiu, d.h. vermöge naturgemiiszer Übereinstimmung
oder durch willkürliche Convention und Satzung zukommen, man
sah in der spräche hier zunächst noch nichts als eine Sammlung von
namen für die äuszeren wirklichen dinge, oder es war im allgemeinen
die analogie des eine einzelne sache und nicht einen allgemeinen be-
griff vertretenden eigennamens, durch welche hier das wesen der
Worte aufzufassen versucht wurde, diese ganz abstracto Streitfrage
führte allmählich hin zu einer genaueren Unterscheidung der äuszeren
11. jahrb. f. jfhXl u. päd. II. abt. 1S78. hfU 11. 34
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514
Das tyttem der grammatuehen flezioiien
und inneren eigenttUnlichkeiten der worte, woraus zuletzt das sjstem
der redeteile im altertum und die feetetelliiiig bestimmter technischer
bezeichnnngen für die einzelnen classen und erscheinungen der worto
entstand, es war dieses ein weg des rein analjtieolien eindringens
in die gegebenen unterschiede und yerhältnisse der worte der spräche,
die Schwierigkeit bestand hier hauptsSehüch darin, die eigentümlidie
bedeutong jeder einzelnen wortform zn erkennen nnd dieselbe mit
einem irgendwie geeigneten aosdrocke zu bezeichnen, (vgl. tÜber
ftlles dieses insbesondere Schffmaiin, die xedeteile der alten«) man
gewann bierdnreh einen gewissen sJlgemeinen rahmen der j^ieds-
mng nnd eintdlong der spräche, welcher als formaler grnndrkz der
grammatik dann auch auf das miüelalter nnd die neae aett Uber-
gieng. aneh hier aber hatte die tiefare erforschnng der gmmmiitiechsa
einriohtnngen nnd der ganzen gesstsliehen Terältnisse der spräche
bis zom ende des vorigen jahrhnBderts keine irgendwie wesenUiehen
und dnrehgreifenden fortschritte gemaeht. die fhltigkeit der hnma-
nisten nnd der Charakter der ganzen froheren ricfatiing der phHoIogie
war im allgemeinen mehr von einer kfinstlerisehen eiklfirend*kiM-
sehen nnd in der blossen empirie des lebendigen vmgßngoB mit der
spraehe bestehenden art gewesen, die wissensdiafUieh tfaeoretisdie
oder grammatisehe bearbeitnng der spradie aber nimmt wesenUieh
erst von jenem zeiipnnete an ihren aafimg. es entstand hier aneist
die sogenannte rationale^ weiterhin aber diie eigentUch modeme oder
historkche grammatik nnd anffassnngsweise der q^mehe. es war
dieses ein fortsehzitt oder eine nrnwandlnng, wie sie wesentlkii mit
dem allgemeinen fortgange der ganzen bildnng nnd des wissensdiaft-
liehen denkens der nenersn seit, insbesondere aneh deiijenigen der
Philosophie, snsammenhieng nnd dnroh diesen herriMgemlen und sn-
ger^ wnrde. aller wahre fortsciuntt der wisssnschaft ist überall
nnr dn solcher, der im denken wnrselt oder der sidi avi gewisse
nene gedankenmBssige gesichtspnnete nnd anffaasnngsfonneiL des
stoffn der wirklicfakflit gründet man TOEgiszt in der philoIogie nnd
aneh in der übrigen wissensofaaft sehr kiekt, was man alles dem an-
flnsse der i^bdlosophie zn yerdanken gehabt hat nnd wie alle dSqjeni-
gen methodischen gesiofatqnmete nnd Twanssetsnngen, die man als
selbstverstSndliehe snsnsehen gewohnt ist, keineswegs dnreh blosw
empirie, sondem snniehst vielmehr dnreh gewisse allgemeinere
qnellen nnd höhere ordnende richtponete der philosophie nnd den-
kenden weltbetraehtnng fesi^gestellt nnd aufgefunden wmrdm sind,
so wie die grammatik nnd sprachwissensehaft des altertnma, so ist
auch dicjenigs der neafln zeit wesentUeh überall mit dnreh äeai sin-
flnss der phflosophisdien gedsnkenentwicUnng herrorgemfeii nnd
eingeleitet worden« jene frühere rationide epodie imssrer nenenn
an&ssung und behandlnng der qiraehe aber hat in dem philosophi*
sehen standpunete nnd dem gedsnkenkreise der Eantisdieii zeit, dhm
jüngere empirisch -histocisehe aber vorzugsweise in der dnreb Scbel-
ling nnd Hegel vertretenen nmbildung der ganzen geistig wissen^
J
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und die logiseh-rationale erklfirangsweise der spxache. 515
schaftliclien weltttnsieht oder in dem sogenannten objectiven idealis-
mos der neueren philosophie ihre wnrzel gehabt, dort, in der zeit
oder epoche Kants, war es der geist oder die snbjeetive innerlichkeit
der yemonft als solche, Yon deren standpnnet ans die erscheinnngen
der spradie dankend xn erUftren nnd an begreifen Torsneht worden,
wShnnd hier in dieser sweiten epoche, das ganze leben der spradie
überhaupt in den dasselbe ans sidi bedingenden objeotiyen oder ihm
selbst immanenten gesetzen nnd bedingungen gleichsam als ein
grosses natnrwissenschaflliches gebiet von gewordenen oder ent*
Btandenen erscheinnngen an dnrehfbrschen nntemommen worden ist
damals erschien die spräche weeentUch nur als ein reflez des innem
denlqyrincips oder der Temunft des menschlichen geuBtes ab solchen,
wlhrand sie, gegenwSrtig yielmehr als ein yon natürlichen sinnlichen
aiiBclHHiungen ausgehendes und nicht durch den eigentlichen logi-
sefaen yerstand bestimmtes entwicklungsproduct des menschlichen
geistes angesehen worden ist. dort war das denkprincip im all-
gemeinen die yoranssetzung oder das geistige prius, yon dessen
stsndpunote ans man die spräche als ein system yon Suszeren mit^
tebi oder formen fttr die bezdchnung desselben begreifen m sollen
meinte, wShrend wir gegenwKrtig insbesondere erst durch dieresol*
täte der neuem historischen sfHradiwissenschaft darflber beldirt wor-
den sind, dasz yon einem dgentlichen aasgebildeten und aetuellen
denken in der menschlichen seele yor und unabhängig von der
spräche überhaupt keine rede sein kann , und dasz insbesondere das
ganze princip und der apparat des denkens im logischen sinne des
Wortes oder das System der allgemeinen elemente und formen der
begriffsverknüpfung nicht etwas an sich und ursprünglich in der
seele vorhandenes , sondern vielmehr nur etwas im Zusammenhang
und anschlusz an die spräche nach ihrer gescbichtlichen Weiterent-
wicklung in ihr entstandenes sein kann, die spräche ist wesentlich
die Voraussetzung oder das prius für das denken, nicht aber um-
gekehrt und man kann richtiger versuchen, vom boden der Sprach-
wissenschaft aus die gesetze des denkens oder das princip der logik
festzustellen und zu bearbeiten als dieses früher in der umgekehrten
weise zu thun angestrebt worden war. unter allen umstanden aber
ist das concreto denken, wie es uns in der spräche entgegentritt,
tiberall ein wesentlich anderes als das rein abstracte oder specifische
denken im sinne der logik. dieses ganze Verhältnis der spräche und
des denkens habe ich ausführlich behandelt in meiner schrift : die
Sprachwissenschaft nach ihrem zusammenhange mit logik, mensch-
licher geistesbildung und philosophie (Teubner 1875). die spräche
logisch auffassen und erklären zu wollen, wird jetzt allgemein als
ein unmöglicher, überwimdener und veralteter standpunct angesehen,
die auffassung der spräche als eines mechanismus von denkformen
hat derjenigen als eines Organismus von lebendigen, anschaulichen
Vorstellungselementen platz machen müssen, so berechtigt an sich
auch diese letztere auffassungsform sein mag, so wenig kann dieselbe
34»
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I
I
516 Dm qrttotn dar gnunmatuohen flezionen
doch Air sioh aUein genommen ab nun ToUen wiBBenschafÜicheD be-
greifen der spräche ausreichend angesehen werden, und es scheint ilv
gegenüber mindestens in einem gewissen sinne des Wortes eine
rückkehr sn der filtern snbjeetiv* rationalen oder wenn man so wiD
logischen weise 4er aaf&ssang nnd erklftmng der spräche geboin
sa sein.
Alles was an der spräche von uns erklärt oder begriffen werda
kann , bezieht sich zuletzt teils auf die frage nach der entstehnng,
teils auf die nach der bedeutoQg der einzelnen werte oder teile der
rede, das eigentlich wirkliche an einer jeden spräche ist überall nur
der inbegriff oder die summe der worte, aas welchen sie besteht
jedes wort aber hat teils eine geschichte oder eine seite sdnes etj^mo-
logischen nrspninges und seiner lautlichen entstehungs- und tot- ^
wandtsdiaftsyerhiltnisse an sich, wfihrend sich anderenteils mitiba
in dem gegenwtrtigen gebranohe der spräche eine bestimmte be-
dentong oder ein complez von anwendungsformen in der rede ver-
bindet, das erstere ist die lingoistisdie, glottologis<die oder sped-
fisch sprachwissensehafUidie, das letitere die geistig b^giüQidK
oder i^ologisehe seite seines wesens nnd chandrtenu manksth
der jetngen seit mehr anf die erstere dieser beiden eeiten dss est
scheidende gewicht gelegt, indem allerdings die gegenwfirtige le-
dentnng eines wertes wesentlich fiberall als das reeoltat seiner
heren geschichte au^gfe&sst werden darf, aber dem philologen wird
durch alles dieses & arbeit der genasen feststellung des begriff-
lichen Inhaltes oder der bedentong des wertes in dem gegenwfirti|^
gebrauche der spradie nicht erspurt die frage nach der genesis imd
die nach der function eines wertes ist wesentlich fiberall dne dop-
pelte nnd verschiedene, es war ein irrtom der früheren ratwnala
aufÜsssnng der spräche, dass alles in ihr ohne weiteres nnd imnn-
mittelbaien sinne logisöh oder begriffismfiszig sein soUte; aber der
standpnnct nnd die aufgäbe der philologie ist einmal die, alleer
scheinungen der spräche in gedsnkenmfissiger weise &stznstdlfliiiisd
zu begreifen zn yersuchen. diese au^be wird jet2t in einer sndm
weise gefiuzt und formuliert werden mfissen ala dasselbe zur zeitdee
früheren Eantischen rationalismus geschah, mein yater, Gottfried
Hermann, glaubte insbesondere die von Eant angenommenen soge-
nannten reinen verstandesbegriffe oder a priori gegebenen kate-
gorieen aller denkenden aufifassung auch anf die ersiieinungen dar
spräche oder die formen der grammatik fibertragen und in dieaeD
wiederfinden zn dfirfen. das ^logische oder rationile dement wurde
also hier als ein an sich feststehender rahmen der gliederusg xd
geistigen Ordnung über 'den gegebenen wirklichen erscheinimgen
der spradiie betrachtet, jene ganze Vorstellung Kants aber von dar
menschlichen vemunft lüs einem bestimmten System oder eisen
mechanischen apparat einzelner formen des auffassens der Süsseren
weit war eine falsche und irrtümliche, der ganze Organismus der
grammatischen formen deckt sich keineswegs oder doch immer nur
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und die logisch-ratioiiale erUftrungs weise der spräche. 517
gelegentlich und in einer ungenauen weise mit den sogenannten
kategorieen oder reinen stammbegriffen des denkens im sinne der
logik. es ist aber überhaupt falsch, in unserer gemeinen logik einen
irgendwie wahren und geeigneten ausdruck des reinen denkgesetzes
der menschlichen vemunft erblicken zu wollen, ich habe in meinem
neuesten buche: Hegel und die logische frage der philosophie in der
Gegenwart (1878, Moritz Schäfer), den ganzen standpunct dieser
gemeinen logik einer kritik unterworfen, es geht logisch oder ratio-
nal zu in der spräche, aber immer in einer andern freieren und
natürlich lebendigeren weise als dieses vom standpuncte des Kanti-
schen rationalismus oder von den Voraussetzungen der gemeinen
logik aus angenommen werden konnte, die rationale philologie, wie
sie durch meinen vater und seine schule vertreten wurde, strebte
überall danach, zu ermitteln, wie irgend etwas in der spräche ge-
dacht worden war. philologie heiszt, sich hineinzuversetzen in das
wirkliche oder lebendige denken der spräche selbst, auch der Orga-
nismus der grammatischen formen aber ist an sich von gedanken-
raäsxiger natur, wenn es gleich aufgegeben werden musz , ihn durch
gewisse im voraus festgestellte begriffe oder kategorieen ausmessen
und erschöpfen zu wollen.
Der flectierende teil des wortmateriales der spräche zerfällt in
den doppelten artbegriff oder classencharakter des nomen und des
verbum. das system der flexionen des nomens ist die declination,
dasjenige von denen des verbums die conjugation. der ganze Orga-
nismus der rede oder des Satzes aber beruht wesentlich auf dem zu-
sammengreifen und der wechselseitigen Ergänzung dieses doppelten
Systems oder apparates von flexionsmomenten der spräche, das sub-
ject des satzes ist überall ein grammatisches Substantiv oder doch
ein solcher begriff, der im lichte und nach der analogie eines wirk-
lichen Substantivs aufgefaszt und gedacht wird, das prädicat dagegen
ist an und für sich oder streng genommen immer ein verbum, indem
auch der nominalbegriff in der Stellung des prädicates eigentlich
oder notwendig doch immer nur durch den verbalbegriff der copula
als das unmittelbare oder nächste prädicab mit dem subject ver-
bunden werden darf, alles was vom subject ausgesagt wird, musz im
sinne der spräche streng genommen die gestalt einer lebendigen be-
ziehung, bewegung oder handlung besitzen, auch das Verhältnis des
subjects zu seinem nominalen prädicat wird im lichte einer derarti-
gen beziehung aufgefaszt und daher durch den dieser beziehung spe-
cifisch adäquaten verbalbegriff des seins ausgedrückt oder vertreten,
der sprachliche satz als solcher besteht seinem reinsten und streng-
sten Charakter nach zunächst überall nur aus dem substantivischen
subject und dem verbalen prädicat. der nähere Charakter des gram-
matischen Substantivs aber ist der des geschlechtswortes, der des
vcrbums ist der des Zeitwortes im leben oder der einrichtung der
spräche, das Substantiv wird durch den geschlechtscharakter be-
zeichnet als eine wirkliche, lebendige oder menschenähnliche person,
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I
518 Das System der gnunmatiaclten flszioiieii
wlhrand d«r yerbale beiiabiiiigsbegrifi donsh das rnoment der idU
beatimmuiig als eme ans demselben berrortvetende TorlibergelieBde
bewegnog oder handlnng ersdiehit alles in der spradhe ist insofoa
eigentlich persönliche artion; das yerhlltais des snbstantivs midda
yerboms im satie aber ist fiberall analog dem des oonsonanten nd
des Tocales in der einheit der silbe odor in der ganzen rämMa
einrichtong der spräche, das Terbom ist ebenso der entscheideBdi
lebensnerv oder der mittelpnnot der geistigen einheit des satawab
der yocal derjenige der siimlichen gmndeinheit der silbe oder dn
eukfachen nrsprOnglichen wertes, aller spradie fiberhanpt li^ die :
nnterscheidnng dmr beiden allgemeinen elemenie dee feststohokkn |
nnd des bewegten oder des rimnlich nnd körperlich itoichaeieadM
und des aeitlidi oder fliesend ausgedehnten zum gninde. deriuni- i
nalbegriif reprSsentiert auf dem gebiete des denkens oder der begrifs-
gliedemng der spräche ebenso das erstere, der Terbalb^griff tber
das letrtere dieser beiden elemente, wie sidi in der gliedemng des
princip ra tinander i«>
halten, die ans consonant und yocal bestehende llteste emftdie
worzel oder nrsilbe Ist daher bereits gleichsam das anschaDfieheliU
der idee des satses als einer ans der feststehenden körperlichkeit des
nomens oder Substantivs heryoriretenden verbalen bewegong oder
zeitlich ausgedehnten beziehung. auf der Unterscheidung der beiden
begriffsclassen des nomens und des verbums beruht das ganze prin-
cip der eyntax oder der geordneten gliederung der rede in den höhe-
ren und vollkommenern sprachen, das chinesische, welches diesen ,
unterschied nicht kennt, ist eine in geistiger beziehung gleichsam
unarticulierte spräche, auch die logik aber oder die ganz abstracte
theorie vom denken weisz an sich nichts von diesem unterschiede,
und es besteht nach ihr das urteil in einer ganz einlachen gleich- i
Setzung des subjects mit dem prädicat ohne nähere angäbe des cha« '
rakters oder besonderen Wesensinhaltes von beiden, für die spräche ,
aber hat das subjcct die gestalt einer person und das prädicat die \
einer bewegung oder handlung. nur der verbalbegriflf bildet an imi
ftlr sich die verbindende brücke von dem einen nominalbcgriffe im
Satze zum andern, die ganze idee und Ordnung des satzes hat den
unterschied und das Verhältnis dieser beiden begriffsclassen zur ba- |
sis; durch diesen unterschied aber v?ird auch der Organismus des ■
doppelten flexionssjstems der spräche, der declination und der con-
jugation, bedingt. '
Mit dem nominalbegriffe verbindet sich in der Ordnung der rede
tiberall ein dreifaches moment oder merkmal der flexion , dasjenige
der Sexualität, numeralität und casualität. jeder nominal - oder sub-
stantivbegriff empfängt zunächst einen bestimmten allgemeinen ge-
schlechtscharakter, ob er als mann, weib oder sache aufgefaszt wird,
es verbindet sich sodann mit ihm die numerale Unterscheidung oder
Charakteristik im singular, dual, plural, ob er in der einheit, zwei-
heit, mebrbeit seiner einzelnen individueu in die rede eintritt end-
s
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und die logisoh-rationale erklttrangsweiae der Bpnohe. 619
lioh aber wird durch den casus die besondere art und weise seiner
steUnng oder seines anteilbabens an der bewegung oder handlang
des w^es charakteriaiert, das Verhältnis dieses dreifachen flezions-
momentes des nomens könnte insofern auch unter den geflichiaponcfc
der dreifaeben logischen kategorie der qualitttt, der quantittttnnd
der relativität zu stellen versucht werden, indem in dem ersten von
ihnen eine bezeichnong der allgemeinen Wesensbeschaffenheit, in dem
sweiten eine gliederung nach der zahl, in dem dritten eine angäbe
der Snaieran stellang des Substantivs zu der handlang des sataes
enthalten ist. es gehen aber an sich alle diese drei momente natar-
gemftsz in einer reihe hinter einander her oder es ist der nominal-
begriff in der spräche mit einem dreifischen flezionscharakter be-
Isstet, Yon denen dn jeder an sich aach in einer besonderen sUbe
seinen anadmoik gefimden haben wird, so dass nnter aaschlasz an
die Toransgehende, das ganae der Aezionssilben tragende wnizel- oder
stanmisilbe der loUstitndige aafbaa des nomlnalbegrilEes der spräche
orsprttnglioh aus einer reäie Ycm Tier'silben bestanden haben muss.
Die Verbindung des geschleohtscharakters mit dem substantir
entq>ringt aus dem bedttrfisis der spräche, dieses als das natürliche
snBject der rede selbst als eine person oder gleichsam als eine ot^jecti-
visrang der wirklichen suljectivitftt des redoiden zu denken, die rede
selbst und das geredete oder die handlung des Sprechens und der in-
halt des gesprodienen fiel ftlr die anftnglidbe yrntellung noch wesent-
lich in eine einheit zusammen, der natürliche mensch verkehrte mit
den dingen, von denen er etwas aussagte, ganz ebenso als mit per-
sauen oder mit wesen seiner eignen art. der ganze begriff eines todten
diiiges war ihm zu anfong noch fremd; er teilte daher alle dinge ein in
mSnner und weiber, da eben dieses der allgemeine unterschied der per-
senen oder der wesen seiner eigenen gattang ist. es kam hierbei nicht
oder doch ungleich weniger darauf an, welchen der bdden gesdblechts-
charsktere irgend ein ding an sich trug als vielmehr nur diurau^ dasz
CS überhaupt in dem einen von beiden erscheinen muste« die dritte
katflgoiie, die sache oder das neutmm, ist Ubevall erst später neben
den beiden eigentUdien oder reinen geschleohtskategorieen entstan-
den, zugleidi tritt zu dem substantivbegiiff der artikel oder das
abgeschwüehte demonateaüve pronomen änzu, der also das ding
oder den begzifP gleichsam durch eine anschauliche geberde als : die-
ser mann, dieses weih, charakterisiert* — Von den drei kategorieen
des numerus aber hat die zweite, der dual, ursprünglich auch eine
weit ausgedehntere und lebendigere bedeutung in der spräche ge>
Ittbt als später, das bedttrfhis der reinen mehrheit oder des pltural
iBt zu anfang wol auch weniger dringend und lebhaft in der spräche
empfunden worden als gegenwärtig und später, auch hier ist der
dnil überall eine anschaulichere , bestimmtere und concretere form
des vielen als der plural. die blosze mehrheit als solche ist ebenso
wie das neutrum oder die sache ein todter und abstracter begriff und
*8 hat für denselben zu anfang wol vielfach sowol der singular ala
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620
Dil ijiltBi d«r grtniBMititchen üeiipefn
rnneh d«r diMl fiuletkmiert. das volk spricht jetzt auch noeh vielfa L |
gern im nngular wo wir den plnral setzen: der Türke, der£iigläii I
der I18W« oder in der thierfabel der wolf , der fiiehs nsw. , wo toH I
kommen vergessen wird , daei eilet dieses an sieh eoUectiTa oder 1
gattnngsbegriffe sind, das netllrltehe denken hat es auch hier über- 1
all nur mit dem indiTidanm tn thnn, nnd es kommt bei aller rede 1
snnftehst nnr ein doppeltet individnom in betraebt, der redende 1
gelbst nnd der angeredete oder der, an den sich die rede richtet das 1
dritte aber, Ton welchem die rede ist, erschien aneh weseatHek über- I
all in dem lichte eines angeredeten oder einer andern lebeiidigeB 1
person, nnd es lag sonichst nnr das bedflrfiris der xasammen&anBg I
dieses doppelten indindanrns sn einer höhem einheit im doalm I
die todte sache nnd das imbestimmte oder abstrute Tide wanan- 1
Hiebst noch nnyersilndlicfae nnd entbehrliche begrifie ftr das ta- 1
Itogliche oder natürliche denken der spräche, alles erschien sonidiBi 1
als menschlich -persönlich nnd der tahl nach bigrenzt derg»-!
schlechtsnnterschied nnd der gegensati des einihdien mid sweifiuhn
war innichst genügend ftr die Charakteristik und die snssmaia-
fassnng der g^benen einielheiten im dMiken der spräche, enldn
spfttere denken sieht in der Wirklichkeit eine nnbestimmte odsr
abstracto menge todter nnd lebloser einselheiten oder sachen. es ist
ein trauriger Yorzng des chinesischen nnd anderer tüinlieher spri-
eben, sich in der bloaen folge seiner abatraeten b^griflfe fsst gesu
mit dem trockenen nnd dürren schematismns der logik sa deeta.
wir haben wenigstens immer noch reste der nrsprünglichen aasdm-
liehen frische des menschlichen denkens in unseren sprachen. ^Dis
dritte merkmal'des nominalbegrüfes aber, die casoalitftt, hat un-
mittelbar auf die stellang desselben im satte besag, wihread jene
beiden ersteren denselben nnr rein als sdlehen nach seinem mensdi-
liehen Charakter nnd der mehrheit seiner indiiidnen betreflfea.
Mit dem Terbalbegriffe der spräche yerbindet sich im gamo
ein ft&nfüaches momoat oder merkmusl der nihem chsrakteristik, dsi
der personalititt, nnmeralität, modalitit, traporalitüt and genenhtü
es wird ans hierdnrch mitgeteilt: 1) ob das subject d«r haadliiBg
der redende, der angeredete oder ein dritter, 2) ob dieses subject dn
ein&ches, zweifaches, mebr^Mdies, 3) ob die handlang selbst als da-
&ohe assertion oder in einer iigendwie bedingten and nfther modifi<
derten weise von ihm ausgesagt werde, 4) welches die zeitstellimg
derselben zu ihm sei, 5) ob £e bewegong der handlang dne vom
sabject aasgehende, za ihm hingehende oder wieder sa ihm snrttck-
kehrende (aotiv, passiv, medinm) seL jedes dieser TersehiedeniD
momente aber mosz an sich aaoh in einer bestimmten silbe setse
Tertretnng gefanden haboi odor es ist die wnrzel des TertMalbegrÜH
an sich mit einer folge von fünf fleiwnssilben belastet gewesen, so
dasz überhaupt an sich oder in der ursprünglichen rede — yoraiu-
gesetzt, dasz jedes moment des denkens dar(ä eine eigene sübe au-
gedrückt worden ist — aach der einfache aas substantivischem sub*
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und die logisch-rationale erUftrongsweiBe der spräche. 521
•
jecl und Terbalem pridicat bestehende satz ans zehn einzelnen silhen,
Yon denen vier anf die seiie des aabjects» sechs auf die des prSdicats
entfallen sind, bestanden haben mnsz. Ton diesen zehn silben aber
sind nnr zwei solche des Stammes, acht dagegen solche der flezion
gewesen oder es ist das nnmerisohe yerhältnis beider gattnngen
daqenige Ton 1 : 4. der formelle apparat des denkens ist zu an&ng
weit ttberwi^iend gewesen über die materielld Substanz des gedach-
ten selbst, stillschweigend aber sind an sich anch in dem einfachsten
satz alle jene anderen aUgemeinen bestimmungsmomente des den-
kens für nns mit gegeben oder enthalten.
Von allen diesen verschiedenen flezionsmomenten ist znnSchst
nnr dasjenige der numeralität beiden wortclassen, dem nomen und
dem yerbnm, miteinander gemein, so dasz sich hierdurch die zahl jener
acht allgemeinen bestimmnngen des denkens im salze anf deren sie-
ben redndert« das nominale moment der sexaalitftt aber findet im
allgemeinen nnd wenigatens nach dem richtigen nnd echten aprach-
geftthl auf den verbalbegriff keine ttbertragung. ea braucht uns im
verbalbegriffe nicht noch einmal gesagt oder mitgeteilt zu werden,
dasz das subject der handlung desselbcHU ein mann oder ein weih ist,
da wir dieses schon aus dem yorhergehenden nominal- oder sub*
stantivbegriff wissen, fttr die natur des Terbalbegriffes ist auch die-
ses moment ToUkommen indiffiBrent, und es wfirde eine Übertragung
jenes Unterschiedes auf denselben so wie sie beim a^jectivischen oder
nominalen prftdioat und attribut stattfindet, darum logisch ^ch
oder unberechtigt sein, weil zwar der adjectiv-, nicht aber der yerbal-
begriff eine dauernde und bleibende eigenschaft oder inhttrenz des
snbjects bildet oder doch als eine solche eigentlich von uns gedacht
werden musz. es ist passend nnd vemflnftig, dasz die wesenhaften
und integrierenden bescbaffenheitsmerkmale des subjects, die der
adjectivbegriff eigentlich in sich enthält, den nemlichen geschlechts-
Charakter oder die gleiche qualitativ -sexuelle färbe an sich trageit
als dieser selbst, während der verbalbegriff als eine blosz vorüber-
gehende und zeitlich begrenzte erscheinung aui subject rechtmäszig
hiervon ausgenommen ist. das moment der numeralität aber über-
trägt sich vom subject sowol auf das nominale wie auf das verbale
prädicat, da dieses eine solche Charakteristik des subjects ist, welche
suszerhalb jenes Unterschiedes steht oder da die einheit und mehr-
heit der personen sich gleichmäszig in den erscheinungen des blei-
benden fürsichseins als in denen der beziehung und bewegung zu
erkennen gibt. — Das moment der Personalität aber nimmt in der
gliederung ober in dem aufbau des verbalbegriffes eine analoge Stel-
lung ein als dasjenige der Sexualität beim nomen oder während uns
beim nominalbegriff überall mitgeteilt wird, ob das subject der rede
ein mann oder ein weib ist, so tritt beim verbalbegriff die weitere
hestimmung hinzu, ob dieses subject ich, der redende, du, der an-
geredete, oder er, irgend ein dritter, ist. da der verbalbegriff seinem
inhalte nach eine handlung ist und da die gegenwärtige oder wirk-
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622 Dm sTftem der gnunmfttuchen flanonen
liehe handlniig dar rede aidi iminer imMriielb des kreiees jener drei
mOglidben oder denkbeien perwmeii bewegt, 00 nird auch eine jede
olgectlve oder uns m mmn beefeimmten Terbmn miigelellte baad-
long gleiehtam Immer der «ineii tob dieeen in den mimid gelegt odn
es siebt der Terbalbegriff Termöge emer IhnKebea objectivierBag
der atellmig dea redeten anbjeotea immer die eine der äni per-
BÖnUeben pronemiwalkategarieeii als ein intagiioraides moment n
aiob benm ala auf dea nominalbegiiff ^ gleidie flbertragung dm
allgemeinen oder bleibenden peraCnliehen beatinunnng dea ge>
acbleehteebaraktera erfolgt, daa aabataatiYiadie aabjeet ist in der
rede an neb überall mann oder weib, wahrend das yerbale prftdiett
eine handlang ist, die ana einer dar an jeder rede an sieh beteiligten
personen entqiringt dieaea letitere moment aber llbertrigt aieh
aatnrgemlai ebenso wenig aof daa nominale pridicat ala der Terbalr
bemiff an d«m — »milljwt nutiMwxiiiwMiiAMRAtur dea nomena — *tflil
hat allea was im eatae geaohiebt oder nns mitgeteilt wird, hat
wesenüieh die gestalt eines gespilehea oder oner persgnliehen be^
siehnng swisehen mianem and weibern, dem redenden, dMa aa-
geredeten and dem dritten; aller Inhalt der rede iat laletit aiehAs
als eine dramatische aotum der an dem gesehift der rede aelbet be-
teiligten persoaea«
Modas, tempaa aad genaa beim Torbam eathaltea aKmmtlich
eine albere beatimmaag ttber daa yerhBltaia der aaageeagtea baad-
lang snm snljeet der rede, daa moment der aiodalittt ist hier ana-
log demjenigea der eaiaaHtftt beimnonauen. beides aiad die specifiaeh
syataktisebea flexioasmerkmale der spräche, der eaaas beaeiclinet
irgend eia bestimmtes Torbiltaia des sabstaatlTb^iriffos za der
haadlaag im satse. doreh dea modaa aber wird ebraao irgend eia
bestimmtes nttheres yerhaltnis der handlang sam sabjeete derselben
boMichaet das gleiche ist aa ndi aach der fiül beüa tempos aad
Mm geaas; hier aber siad diese auidificatioaai Toa reia Sasaerlidier
oder aieht die ümere aobstaas jenea yeriiiQtaisseis selbst betre£Eender,
dort dagegen Tom eiaer iaaerlkh weaeatltehen, gleichsam oxiganisch
lebendigen oder djnamisdhen aator. der aatenehied des gemis be-
trifft aa aad für aieh ebeaao dea rlamlichea iJa der dea tempus den
seitliohea Charakter eiaer haadlung nach ihrer stellnng somsubject.
was wir das aotiT aad das passiv oder den zustand des handelns und
leidens nennen, bezeichnet wesentlich nur die doppelte richtang^ der
bewegung einer handlang von and nadi einem bestimmten orte ; die
handlang dea aotiTsataes geht aus vom subject, während die des
passivsatses sich nach diesem hinbewegt, auch die ausdrücke des
activ aad passiv sind ebenso wie die meisten grammatischen be-
xeiehaangen nicht eigentliche und strenge definitionen, sondern nur
einzelne zafftllig gewählte beispiele zur erläuterung eines allgemeinen
rein formalen Verhältnisses der spräche, wir sehen nur gewohnheits-
mftszig das handeln und das leiden als die eigentliche Substanz die-
ses grammatischen Unterschiedes an. eine handlung aber wird ihrer
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und die logisch-rationale erUftrungafweise der spräche. 523
ftnsaeren ateUmig zum sabject naeh charakterisiert durch das dop-
pelte moment der seit und des ortes, wo sie entspringt, und es hat
eben nur hieranf der nnterschied dee tempiis nnd genns im Terbam
besag, das innere oder wesentli^e Terhfiltnis der haoidluiig zum
snbject selbst aber ist es, weiches dnroh die kategorieen des modus
acsgedracfct oder yertreten wird« von den fünf flezionsmomenten
des yerbnms haben die beiden ersten, die Personalität nnd die nume-
ralität, auf das sabject als solches besag, inwiefern dieses seiner all-
gemeinen idee oder Stellung nach als pronomen selbst einen inte-
grierenden teil des yerbalbegriffes bildet, das mittlere, die modalitftt,
aber bezeichnet das innere, wesentliche oder organische yerhlltnis
der handlung zum sabject, während die beiden letzten, die tempo-
nditftt und generalität, nur auf die ttuszere zeitliche und räumliche
stellnng der handlung zum subjeete bezug haben, dasyerhältnisder
drei er^en momente des yerbalbegriffes aber, der Personalität, nome-
ralität nnd modalität, ist wesenÜich demjenigen der drei merkmale
des nomens, der Sexualität, numeralität und casnalität, analog oder
eonform, iHIhrend die beiden letzten momente, da sie sich auf das
geschehen oder die handlang rein an sich oder in der zeit und im
räume beziehen, dem yerbalbegriff specifisch eigentümlich sind und
in der Ordnung des nomens der analogie entbehren, der yerbalbegriff
aber recapitnliert überall in der person und der zahl den voraus-
gehenden bestimmten nominal- oder subjectsbegriff und nimmt hier-
durch zugleich die gestalt des wirklichen und vollen Vertreters der
idee des satzes ein. der verbalbegriff ist das an sich vollkommene
wort, indem er zugleich das dement des subjectes und das des prÄ-
dicates in sich enthält; alle fernere erweiterung des syntaktischen
Organismus aber wird wesentlich und zunächst durch das doppelte
etymologische moment oder merkmal der casualität und der moda-
lität bedingt.
Es würde ein misverständnis des principes und der aufgäbe
einer logischen oder rationalen erklärung der spräche sein, zu mei-
nen, als ob irgendwie im denken an sich bereits ein System oder ein
apparat von begrififsformen als gegeben vorausgesetzt werde, der
sich dann mit einer innern notwendigkeit in der gestaltung der
Sprache dargelegt oder ausgeprägt habe, diese ganze ftction eines
sogenannten reinen denkens an sich unabhängig von seiner wirk-
lichen entstehung und ausbildung in der spräche ist für die gegen-
wärtige Wissenschaft eine unmögliche und unhaltbare geworden, die
sinnliche anschauung ist überall das unmittelbar gegebene und erste
im leben der menschlichen seele, aus welchem erst mittelbar und
später der begriff oder alles eigentliche denken entstanden ist. die
spräche, wie sie historisch vorliegt, ist nichtsdestoweniger das mittel
und die ausdrucksform für das reine und eigentliche denken der
seele geworden, ihre allgemeinen formen und einrichtungen haben
tiberall einen logischen oder rein begrifflichen Charakter und wert;
das concreto und sinnlich anschauliche der spräche strebt wenigstens
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624
Dat »yttem der gnunnuiftiielieii flenonen
immer dmaeb, mm ansdruek imd mr ersebeimmg emes an neb m*
Ben nnd geistig allgemeinen logiedien inbalts nnd Terbfitnisaes za
werden, die bedentang und den wert dieser formen za definieren
oder in begriffe an fassen, ist allein dasjenige, was unter einer logi-
seben oder rationalen erUSrang der spraebe yerstanden werden
kann, wir seben die spraebe an als einen Organismus, der anf dem
boden des menseblieben geistes ans natOrlicben sinnlicben an-
sobannngen berans entstebt, dessen letrte bestimmung doch aber
immer £e ist, sn einer ansdrucksform des reinen nnd eigenHicbeii,
streDgen denkens sn werden, das System der grammsüscbea formen
aber ist ein so knnstmdiee nnd wnndenrolles, dasz es dnrob kein
abstractes denken im TOrans bitte anfgefnnden nnd festgestellt wer*
den können, die spraebe ist wie ein knnstwerk, welches aneb dnrob
eine freie schöpf angskraft der phantasie entsteht, welches aber docb
in seiner gegebenen vollendeten Wirklichkeit als ein System oder als
eine geordnete einholt aller seiner teile und verbttltnisse angesehen
werden darf.
Es gibt auch eine geistige art der genesis oder entstebnng,
welche auf die erklärang der erscheinungen der spräche in an Wen-
dung gebracht werden kann, die äuszere oder thatsSchliche genesis
der spräche besteht in der geschichte der Veränderungen der worte
nach ihrer form und bedeutung. es sind aber überall zugleich innere
oder geistige Vorgänge, welche den grund aller dieser äuszeren Ver-
änderungen bilden, es fragt sich überall, wie etwas gedacht worden
oder welches chis innere vorstollungs - und anschauungsbild gewesen
ist, welches in einer solchen iluszern Veränderung seinen ausdruck
gefunden hat. der ganze grammatische Organismus, wie er in dem
System der flexionen zu tage tritt, ist ja selbst erst ein product der
geschichte, die flexionsMlben haben sich aus ihrer ursprünglichen
mehr oder weniger concreten und anschaulichen bedeutung abgegrif-
fen zu den zeichen oder repräsentanten der ganz allgemeinen und
rein formalen Verhältnisse des denkens. die spräche erschafft selbst
ein System von kategorieen oder einen rahmen allgemeiner und for-
maler gliederungsunterschiede des inhalts des denkens aus sich her-
aus, wir legen durchaus keinen wert darauf, ob und inwieweit sich
diese kategorieen mit den gewöhnlichen logischen kategorieen oder
den sogenannten reinen begriffen des Verstandes decken, aber es
findet in diesem grammatischen System unter allen umständen eine
bestimmte naturgemäsze innere einheit oder Ordnung statt, ich habe
den ganzen Organismus der grammatischen Verhältnisse als eine ein-
heit aufzufassen und darzustellen versucht in meiner philosophischen
grammatik (P. Fleischer, 1858). das bedürfnis eines einheitlich ge-
ordneten und denkenden begreifens der erscheinungen der Sprache
ist ein an sich und zu allen zeiten gegebenes, es ist eine falsche
meinung, als ob es zu dieser aufgäbe etwa bestimmter entlehnungen
aus der logik oder auch iles anschlusses an irgend eine einzelne lehre
oder ein syötem der philosophie bedürfe, für mich bildet vielmehr
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und die logisoh-ratioiiale erkl&niiigsweiBe der spiaclie. 525
umgekehrt die grammatik oder überhaupt der boden der spräche die
basis für die bearbeiimig der logik oder der gaszen erscheimmgen
des sogenannten reinen denkens im sinne einer aufgäbe der pliäo-
Bophie. alles zu sammengesetzte and abgeleitete in der spräche musz
redudert und zu erklttren yersaeht werden ans den eigenen ein£EM)hen
und natürliche dementen, ans welchen es besteht, das letzte ein-
fiolie dement aller sjntax aber ist die reine idee oder form des
Satzes ans substantivischem snbjeot und verbalem prttdicat oder dem
geeeUeoliiBWort und dem zdtwort der spräche, aller fortschritt Uber
diese einfache grundfonn hinaus beruht an sidi auf der Vereinigung
oder msanmieiidbssung mehrerer solcher ursprünglicher sStie zu einer
hSheren einheit oder einem erweiterten syntaktischen ganzen, hier-
auf aber haben unter den einzelnen flezionsmomenten der spnushe
vorzugsweise auf der seite des nomens die casus und auf der des
verbums die modi bezug. die theorie, welche ich in rttcksicht der
erklftrung aller dieser formen aufgestellt und durdizuführen Ter-,
sucht habe, ist im wesenflidien die, dasz jeder casus im satze, wel-
cher nicht sdbst ein nominativ- oder subjectscasus und als solcher
ausgang oder wurzel einer sich in dem gegebenen oder gegenwftrti-
gen satze yollzidienden handlung ist, angesehen werden müsse als
das subjeot oder der nominativ eines anderen, ursprünglich als vor-
handen zu denkenden und unter verlust seines ein allgemeines Ver-
hältnis zu der handlung des gegenwttrtigen satzes auiaidrttckenden
verbden prftdicates in diesen letzteren hereingezogenen oder einver-
leibten Satzes imd dasz ebenso jeder modus im satze, der nidit sdbst
ein mdicativ oder ein modus der einfachen prädicativen assertion ist,
angesehen werden müsse ds der indicativ eines andern ursprünglich
als selbstStoidig zu denkenden satzes, weldier aber zu der handlung
des gegenwttrtigen satzes in irgend ein verhSltnis der abhttngigkeit
oder bedingtheit eingetreten und hierdurch in eine andere unter-
geordnetere oder entferntere Stellung zurückgeschoben worden ist
jeder ausgedehntere oder erweiterte satz ist an dch nichts ds ein
conglomerat oder dn product aus der verdnigung und zusammen-
ziehung einer anzahl anderer ursprünglicher, einfiusher und sdb-
stBndiger syntaktischer einhdten oder sfttze. unter den casus ist der
die stelle des objects einer beziehung ausdrückende accusativ Über-
all aufzufassen ds das subject oder der nominativ eines andern ur-
sprünglichen passivsatzes, dessen verbdes prttdicat dasselbe gewesen
ist, ds dasjenige des gegenwttrtigen jene beziehung selbst in sich
ausdrückenden activsatzes. der dreigliedrige objectsatz: Aschlägt
den B, schlieszt implicite den einfachen zweigliedrigen prftdicatsatz:
B wird geschlagen oder bildet das subject einer sich auf ihn hin
lichtenden bewegung in sich ein und es bezeichnet der casus dso hier
gleichsam die gesicbtsmiene oder die Stellung eines andern subs1»n-
tivischen subjects , in welche dasselbe nach verlust seines eigenen
ds überflüssig eliminierten verbalen prädicates zu dem activen prtt-
dicate des subjects den gegenwärtigen oder laufenden satzes ein-
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626 Dedderiaii, die «l»flusiiiig der tpecialMhidgeichicliteii betreffend.
getreten ist die logiselie enMaas der steDo^g des genitivs aber ist
weeenilieh immer eine beaehnng des habeas« ent^tens oder be-
sitseiiSt in weldier derselbe in der bandlimg od«: sa einem begriffe
des gegenwirtigen ssiMS stdiend anfgefasst wird, es ist nicht mag-
lieb, eile einseinen berrortietenden Ic^iiseb-^isktisdien fragen
ebne weiteres vom standpnncte dieser aUgememen tbeorie ans zu
lösen nnd sa beantworten, aber es geht aoeh nieht ohne eine soldie
allgemeine nnd hOehste logische oder philosophisdie the<nie dar
spräche nnd es ist gegenüber dem blossen historisdien empirismos
doch sogleich immer ein bestimmtes sarOckgrinfiBn anf den stand-
punct der Sltem logischen oder rationslen aa£tiBSBaagtw«ise der
spräche geboten,
Laipaio. ConnAD Huvahn.
S6.
DESIDERIEN, DIE ABFASSUNG DER SPECIAL SCHTJL-
GESCHICHTEN, INSBESONDERE DIE BEGRÜNDÜNG EINER
TOPOGRAPHIE UND STATISTIK D£R SCHULBÜCHEB
BETREFFEND.
Vorbemerkung, die nachfolgenden mitteilungen waren nr-
sprünglich dazu bestimmt, in der pädagogischen section der yer-
Sammlung der philo! ogen und schnlmSnner za Qera dargelegt zu
werden, die beschränktheit der zeit aber, wie sie bei solchen Ver-
sammlungen nicht selten ist^ gestattete dem Verfasser nur, den baupt-
punct seiner desiderien, die begrttndung einer topographie tuid
Statistik der Schulbücher, mit karsen nnd die sache nicht erschöpfen-
den Worten zu erörtern, indem er sich, ermuntert durch hervor-
regende mitglieder jener versammlnng, entschliesst, die Ton ihm
damals beabsichtigten mitteilungen in einer, weniger in der sache
als in der form etwas Terttnderten gestalt dem leserkreise dieses
blattes vorzulegen, kann er es nicht unterlassen, bei dieser gel^gen-
heit dem hm. director dr. Gideon Vogt in Cassel für die anregung,
die er von ihm auf diesem gebiete erbeten, seinen YerehmngaYollen
dank auszusprechen*
Bei einem blicke anf die grösseren werke, in denen insnsammen-
&ssender weise die geschidite der pSdagogik behandelt wird , kann
es dem kundigen nicht entgehen, das bei allem fleisz, aller umsieht
und sller grüiidlichkeit noch viel daran fehlt, dasz dieselben dem
Iraer ein vdlstSndiges; in dem detail richtiges und anschauliches
büd der p&dagogisdien zustünde der früheren zeiten und der ent-
wicldung des säinlwesens gewähren, nur zu oft finden sich dehnbare.
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Detiderien, die abfiMtuug der specialBohiilgeaoliiohteii betreffimd. 527
anbeBtiminte, ins Uane hinein sich ergebende ausdrücke statt aof
solider gnmdlage ruhender, fassbarer urteile; selbst die besserai
werke sind von sdiielen anffassimgeii und irrigen sohloszfolgerungen
nicht frei, und nur sn oft pflansen diese mSngel wie eine erbliche
knmkheit Ton einem werke in das andere sich fort
Es wSre ungerecht, wollte man die Verfasser am dieser mSngel
willen einem scharfen tadel nnteraehen. sie thaten grifotenteils, was
ne bei dem ihnen yorliegenden material zn leisten yermoditen, und
nur des dfirfte ihnen vorzuwerfen sein, dass sie die nnsnllnglidikeit
ikrer quellen entweder nicht klar erkannten oder nicht genugsam
betonten, so hat Baumer in seinem mit redit geschfttsten werke in
sosgedehnter weise die Schriften und die ihm gedruckt vorliegenden
biographien der pidagogischen koryphSen benutst; wie wenig zu-
reidiend aber diese qiMUen stettenweise waren, iSsst beispielsweise
eine veigkichaog mit dem erkennen, was kCbslich Gideon Vogts
kundige haad Aber Batidiins in einigen Gasseier Programmen
znflammeDgesteUt hat. der haaptsüchlichsie gnmd aber, weshalb
Bsomer und die, welche ausser Banmer auf diesem felde gearbeitet
haben (derer nidit zu gedenken, die ans ihm heraus ihre Weisheit
geholt), mehrfisöh von Irrtum und fehlgriffen nicht frei sind, liegt
darin, dasz ihnen eine genflgende kenntnis und beaohiung des ge*
söhichtlidien detail abgieng, Baumers werk ist vorwiegend Mo«
graphisch gehalten, er schildert mit Vorliebe die heroen der er-
ziehungs- und lehrkunst. aber er sagt nicht immer, aus welchem
boden die heroischen gestalten hervorgewaohsen, welche pSdagogisohe
Inft sie geathmet, wie der boden bescbaflfen, auf den sie ihren samen
stienlen, welche Mchte daraus erwuchsoi. daher kommt es denn,
dssz seine biographien, kunstvollen portraits gleichend, im sonntsgs-
rwk und in der festtagsmiene uns anschauen, dass sein werk einem
grossen gemllde Ihnlioh ist, das statülohe figuren im Vordergründe
darbietet, denen aber oft der Untergrund, durishweg der hintergrund
fthlt um es kurz zu sagen, wir bekommen keinen einbliek in das
werktsgstreiben der schiüe. wir hören zwar den commandoruf der
officiere, wir vernehmen zwar das exerderreglement; aber wie gross
die Schaar derer war, die dem rufe der einzelnen ftüurer gehorchten,
wie femer diese ausfahrende trappe uniformiert war, wie sie ezer-
dsrte^ ob die haltang adrett, der sdiritt gleichmUszig und prompt
war, sllee das bleibt uns so gut wie ganz unbekannt.
Seit Banmer sein sonst so träliches werk verfaszt hat, ist
rnsnehes geschehen, was bei einer künftigen zusammenfassenden ge-
■i^iichtflSfflineibung der pädagogik und insbescmdere der deutsch-
protestantisclien pSdagogik & angedeuteten mängel zu verringern,
wenn auch noch ni<£t in voUem masze sn beseitigen im Stande
ist eine grosze zahl von spedalwerken ist inzwischen, und zwar
mdstens mit fleisz und sorgliohkeit abgeüsszt, und noch immer zeigt
namentlich das Verzeichnis der jShrlidi ersdieinenden programme
ein gutes teil von specialschulgeschichten. diese einzelworke bilden
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528 Dinderien, die »bfeMimg der ipeeiftluThiilgeichichtai IwferaffiBBd. M
eine weeentUohe gnmdkige für ein noch m Hurlmiimiflinn nininninnü J|
faasndes werk ttber die gesebiciite der |>ftdagogik, m tragen
bnoeteine coeammen, ans denen dereinat ein genätobanrnmaterfli^S
tadeUoaerea werk in groaieni atil an&afUiren im stanAe ann wk^l
achen wegen dieeer ungemeinen wich tigkeit für die aUgemeine sdiid4
geschickte sollten dieae spedellen weike Uber die geechidite einer j|
einzelnen anstalt anf das ^rigste gefördert werden , und es wäre4
auf da^ höchste TO wünschen, dasz diejenigen männer, welche das I
Schulwesen zu leiten berufen sind, es sich angelegen sein lieszen, die I
thätigkeit geeigneter persönlichkeiten auf diesen punct zu ricbt^ I
und dafUr zu sorgen, dasz es keiner höhern schule des deutschou
Vaterlandes an einem geeigneten historiographen fehle. ■
Betrachtet man nun die reihe der bislang erschienenen special-
schulgeschichten , so läszt sich nicht verkennen, dasz viel sorgMt
auf die meisten derselben verwendet ist. dennoch aber will e;
scheinen, als ob, ganz abgesehen von der oft sehr geriniren
Übersichtlichkeit, noch manches berücksichtigt werden könnte,
was, wenn es beachtung flindc, dem in frage stehenden zwecke in
hohem masze förderlich sein würde, um dieses zu erkemien, 9dm
gestattet kors in berühren, was die Bchulgeschichten meistenB la
bieten pflegen, nnd dabei anindeaten, auf welche puncto viellddit
mehr, als bisher geschehen, das angenmerk gerichtet werden könnte.
Zunttchst feblen wol in keiner qMoialackulgescbichtenaehiichteQ
ttber daa alter der anstalt, ihre gründnng, dotation, erbal«
tnngakosten, stiftnngen, sohnllocalfZaklderclasseniml
der lebrer, anfsicbtsbekürden n« dergL, nacbrichtai, die mm
grossen teil weniger für die allgemeine gesehichte der pftdagogikab '
für den engem kreis, in dem die betrefBende sehnle belogen ist, toi
Interesse sind, diese puncto werden, so scheint es, donägehendi in
einer so ansführlid^pn weise berfldnichtigt, wie es dw qiieUa-
material gestattet*
Auch ttber die gehaltsyerh<nisse erhalten wir fast in
jeder Specialgeschichte recht schätzenswerte mitteilungen. wir hören
die traurigen klagen unserer Hingst entschlafenen coUegen, wir lernen
die Sehnsucht kennen, mit der sie aus dem dürren wüstenlande der
schule in das quellenreicho eden der pfarro hinüberschauen, und ge-
winnen die ansiebt, dasz unsere würdigen vorgHnger noch weniger
als wir es dahin gebracht haben, die drückenden realitiiten deslebeni
über dem idealen streben selbstloser Pflichterfüllung zu vergessen.
Mit Vorliebe ferner und recht ausführlich werden meistens die
Personalien der 1 ehrer behandelt, leider öfters nur die der
rectoren. es ist eine pietUtspflicht des schulhistoriographen, über
jeden lehrer der anstalt das zu melden, was sick ttber seine Schick-
sale, werke, ja selbst über seine familienTerhKltnlsse feststellen lünt
und nicht blosz pietätspflicht. ist es auch für die allgemeine ge-
schiebte der Pädagogik gleichgültig, ob ein lehrer Müller oder Schulze
gebeiszen, so ist es doch von Wichtigkeit fttr sie nnd für die aUgomoBe
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DesideheD, die abfassung der speciaUchulgeschichten betreffend. 529
litteratgeschicbte , die männer kennen zu lernen , welche tiberbaupt
litterariscb hervorgetreten sind, und so zu erfahren, welche wissen-
schaftlichen interessen in einer gewissen zeit die leb rer weit vor-
wiegend beschäftigten* auch einen scblusz auf die Schnelligkeit des
lehrerwechsels lassen diese personalien zu, und wie die familiennacb-
ricbten sich verwerten lassen, wird bald hervortreten, freilich ist
die herbeiscbaffung des personalienmaterials recht mühsam, trotz-
dem aber sollte , so scheint es , der gewissenhafte schulhistoriograph
die arbeit nicht scheuen, die lebensläufe sfimmtlicher lehrer, nament-
lich auch an der band der kirchenbücher, möglichst genau zu ver-
folgen und mit Sorgfalt die lilterarische thätigkeit derselben zu
registrieren, freilich werden alle diese personalnotizen und littera-
nscben angaben, wie man sie hie und da mit grossem fleisz zusammen-
gestellt findet, niemals im stände sein , uns einen auch nur einiger-
maszen genflgenden einblicd: in die beschafifenheit des lehrerstandes
der früheren zeit zu gewähren, namentlich reichen sie nicht aus, um
den wissenschaftlichen und ethischen standpunct sowie
die gesellschaftliche stellang desselben zu erkennen« auf
diesem wichtigen gebiete berschen noch manche irrige auffassungen,
und hier hat die Specialgeschichte ein dankbares feld ihrer arbeit.
Was den wissenschaftlichen standpunct anlangt , so hüte
man sich doch ja, aus den im druck erschienenen schriften einzelner
lehrer einen sehlusz auf den wissenschaftlichen standpunct des ganzen
Standes zu machen, aus der flüssigen und gefälligen latinitftt, die
nicht bloss in den schrif tm einaelner lehrer der frühem zeit, sondern
auch in den vielfach gedruckt vorliegenden valedictions- und sehnl-
festreden der schükr hervortritt, sn folgern, dasz in den Mheren
jahrhunderten die gymnasien auf das angenehmste von einer edlen
lateinischen atmosplü&re durchweht gewesen seioi. diese sehttlerreden
sind paradestücke, von wenigen bebten schttlem unter der bessern-
den leitong des reotors oder conrectorä verfiwzt, und wenn der leiter
der anstalt ein guter latinist ist, so folgt kemeswegs daraus, dasz das
eoUegium auch von dem classischen geiste tief ergrifEen sein mnsz.
hier kann die speeialgesehichte viel thun. sie beachte mehr, als bisher
gesöhehen, die gesuche, welche von lehrem oft in lateinischer spräche
an die behOrden gerichtet sind, sie suche einen einblick in die Visi-
tationsprotokolle, welche noch oftmals in den arohiven der regierungen
und oonsistorien aufbewahrt werden, zu gewinnen, und namentlich
nehme sie rücksicht auf die prttfnngsacten, welche beider anstellung
der lehrer angenommen wurden und die hofGmtlich nicht ganz aus
den arehiven verschwunden und. der Verfasser wenigstens hat das
glück gehabt, ein nicht zu verachtendes hierauf bezügliches qnellen-
material fttr die geschichte seiner anstalt zu finden, und hoflt dasselbe
in nicht femer zeit verwerten zu können^ glaubt auch fest, dasz für
andere sdralen sich manches dieser art herbeischaffen Ifiszt, wenn
man es nicht sdient, tei staub der oft wenig geordneten anddve
der stsdtisehen, staatlichen und kirchliehen beh^rden zu durchsuchen.
J4. j<^rb. f. plül. o. päd. il. abt. 1878. hfl. U. 35
Oigitized
530 Desidehex), die abfa^suag der apecialfichalgeEchichten betretend.
der Verfasser ist dabei z. b. zu dem resultate gekommen, daszan seiner
anstalt der wis&enscbaftliche standpoDct der meisten lebrer der mitt-
le ren und unteren classen im vorigen jabrbundert sich nicbt erheb-
lich über den eines mangelhaften secundaners der Jetztzeit erhob,
in anderen ländem wird es nicht besser gewesen sein.
Schwieriger wird es sein, über den ethischen standpanct
des lehrerstandes ein einigermaszen befriedigendes urteil zu gewinnen,
und doch bieten die genannten arcbive manches, was oft einen über-
rasehenden einblick in das sittliche leben der lehrerweit gestattet
man achte auf die fast niemals aofliOrenden Zänkereien der lehrar
unter einander, auf die klagen des pnblicums und der schulverwaltung
Uber die schul Versäumnisse von selten der lehrer, über ihr fembleibea
von den gottesdiensten, über ihren sittlich nicht unanst5szigen wan-
del. selbst die Schulgesetze der einzelnen anstalten bieten sieh oft
als quellen dar, da sie nicht selten einen absehnitt de praeceptonm
oCfieüs enthalten, was dort verboten wird, mnsz dock wol oft genug
vorgekommen sein.
« Die gesellschaftliche Stellung der lehrer der IrQheniasit
ist bisher wenig aufgehellt, und nur selten bekommt man einen so
dentliohen nachweis, wie ihn die vorrede der Schulordnung des her-
sogs August von Braunschweig- Wolfenbflttel (1651) liietei, in der
offen gesagt wird, dass damals die lehrer, selbst die rectoren, binter
die bandwerksmeister gesellsdiaftlicb inrllckgestellt worden* den-
noch kann in dieser hinsieht nicht wenig von selten des gesoliichtB-
Schreibers geschehen, um das fast nichtige dunkel au&ubäleiu man
scheue nur nicbt die mllbe, s. b« die gAaltsverhiltnfsse der adiül-
minner nicht bloss sa veneidmen, sondern sie mit denen anderer
stände XU vergleichen; man suche su erforschen, weldier plats bei
boffestlicbkmtini dem Vertreter eines gymnasinms angewiesen vnurde,
welche stufe der Ordens- und ebrenseichen ihm su verleiben die
etiquette gestattete, und man wird schon hieraus ersdien, wie hoch
der lehrer in der scala des geseUscbaftlichen lebens gestellt vrsr.
eben so wichtig, wenn nicht wichtiger, wäre es, wenn man sta>
tlstisch nachweisen kOnnte, mit welchen lebenskr eisen die
lebrerwelt im connubium gestanden, ein einzelner fidl be-
weist hier nichts, hätten wir aber ein vollstlndiges staüstischce
verseichnis Uber die schwiegereltem und sobwiegezsOhne der lehrer
in einer bestimmten zeit, so mflste sich mit Sicherheit daraus sdiHeBswi
lassen, wie hoch damals der lehrerstand gosellsohaffüich taxiert wurde,
denn nicht bloss im alten Bom, sondern bei aUen vOlketn batsu alkn
selten das connubium der regel nach nur zwischen gesellscbaftüdi
gleichstehenden fhmilien stattgefhnden. diesen statistiachen nach-
wels zu führen, ist fttr den spedalgeschicbtsscfareiber gewls sshr
schwierig, nicht aber inuner unmöglich, immerbin ist die sadie
wichtig genug, um su versuchen, ob nidii die soigftltige benutsnng
der yorhsndenen kirchenbttcher von selten eines s^diulbistoriograpbaii
zu einem interessanten resultate ftÄrsn würden
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Desiderieu, die abfassung der specialschulgeBcbicliten betreffend. 531
Ueber die schüler der anstalten finden sich in recht vielen
Schulgeschichten nur sehr dürftige nachrichten, ohne zweifei meistens
in folge des nicht vorhandenen materials. und doch wäre es so
wichtig feststellen zu können , welche stände in früheren zeiten ihre
kinder dem gymnasium anvertrauten, welche sie durch hofmeister
unterrichten lieszen, welche sich mit dem Unterricht geringerer unter-
richtsveranstaltungen , schreibschulen u. dergl. begnügten, sodann
in welchem alter die aufnähme in die anstalt, in welchem der abgang
zur nmrersitftt zu erfolgen pflegte, wie sich die frequenzziffer der
schule zu der bevölkerungsziffer' der stadt oder des landes verhält,
wie viele auswärtige schüler , wie viele einheimische die anstalt be-
Buchten , in welchen häusem die auswärtigen untergebracht wurden
und wie oft sie, meist aus mangel an subsistenzmitteln, davonzogen,
um auf einer andern schule ihre nicht selten problematisdie existenz
fortsnsetasen, wie hoch die schulgeldsStse sich beliefen, mit welchen
disciplinarmitteln man die jugend in Ordnung hielt, zu welcher zeit
eine fSnnliche ferienordnung festgesetzt wurde u. dergL mehr, auf
aDe diese und verwandte fragen kann der schulhistoriograph nicht
soigfiUtig genug achten, -er darf die mühe nicht scheuen, wenn das
glflä; ihm ein idtes sdhulalbum oder eine anzahl slter programme in
die hSnde gibt, dieselben vollständig zu diesem zweck auszunutzen
und die resultate so gut wie möglich statistisch zusammenzustellen,
namentlich darf er sich nicht begnügen, gelegentlich eine inter-
essante notiz anzuführen, da eine solche vereinzelte bemerkung nur
zu leicht anlasz zu falschen Schlüssen auf die gesammtzustände geben
würde.
Sehr dankenswert ist, was in den meisten schulgeschichten über
die schulactus, die schulkomödien und die schülerreden
mitgeteilt wird, es liesze sich jedoch dieses gebiet noch nutzbrin-
gender bearbeiten, nicht selten bat es den anschein, als ob die Ver-
fasser der schulgeschichten diese prunkauffÜhrungen als ein zeichen
einer gedeihlichen schulentwicklung ansehen, dem entgegen hat
kürzlich Moeller in einem Königsberger programm die redeactus der
schüler als hinderlich für die erreichung der wirklichen schulzwecke
dargestellt, mit recht, die beobachtung des Verfassers geht noch
weiter, er hat bei der bearbeitung der schulgeschichte seiner anstalt
gefanden und hat sich vorgenommen es demnächst nachzuweisen,
dasz die redeacte und komödien an dieser schule gerade dann am
meisteu im schwänge waren, wenn die Unterrichts- und erziehungs-
Verhaltnisse in der kläglichsten Verfassung darnieder lagen, hier
sind die piaradeschaustellungen, wenigstens im 18n jh., ein sjmptom
des verfiÜls, der erkrankung, sie sind Schmarotzerpflanzen, die ja am
besten auf halb vermoderten Stämmen gedeihen, sie sind gewisser-
mssien das feigenblatt, womit die rectoren ihre pädagogische blOsze
W verdecken suchten, es wäre gewis sehr lohnend, wenn alle schul-
lustonker darauf achteten, ob diese beobachtung sich in weitern
kreißen als richtig herausstellt, wenn sie also nachzuweisen sich be-
86 •
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532 DemderieDf die abfaMimg der ipecialachnlgiwehichteii betreffend.
mühteo, in welchem Verhältnisse die ölfontlicben schnleehaoatellimgqi
sa den wisseneebaftlichen leistangea der schale stehen.
Richtet man endlich sein angenmerk auf das innerste und
widhÜgate dee echalorganismns« wä Unterricht und methode,
80 Utozt aidi nicht verkennen, dasz auf diesem gebiete die specielle
wie die allgemeine achnlgewchichte ein reichhaltigeB material vor die
angen fOhrt. wir lernen die alten aohnlordnnngen kennen, jene tot-
träOiohen geeetiei die ansier den gesetslichen bestimnrangen n-
gleich die motive enthalten nnd dnrch manchen wink den w^ zogen,
in dem sie ansgefllhrt werden wollen, man macht nns ferner be-
kannt mit den grosiartigeii werken der heroen der pBdagogik nnd
metbodik, eines Johannes Storm« eines BatlchinSy eines Arnos
Comenins, eines Basedow nnd so vieler anderer, aher wie steht es
mit der befolgong jener gesetse? in welcher weise haben die ^
minomm gentium die befehle der olympischen gOtter ansgefilhrt,
wie war die alltSgliche nnd gewShnlidie teohnik des nntezxiditB? da
ist noch wenig aufgehellt, mehr noch: wie weit erstreckte skli der
einflnsz der einseinen pidagogischen koiTphSen rSnmlich nnd xeii-
lich? in welchen gegenden Deutschlands fimden ihre abaichteii fa«ipi-
sSchlach beachtung, wann hOrte ihr einflnsz auf? welche riehtmig
nahm die einaelne methodische strdmung, wann und wo war de am
lebhaftesten in finsz, wann ist sie erstorben? und wo ist ferner in
genflgender weise die frage beantwortet, welche Schriftsteller In den
yersdbiedenen zeiten in den schulen yerwendet sind, zu welcher seit
der jetzt allgemein gültige kanon der sogenannten dassiker sieh ge-
bildet und abgeschlossen hat? nur ftlr das lateinische ist erst jetzt
diese frage durch Eckstein geltet worden.
Alles, was im Torhergehenden angedeutet ward, sind fragen, anf
die genügende und befriedigende antworten nicht gqgebeii werden,
die qwfiialgflschichten gehen mit leichtem fesse darttbcor hinweg; die
allgemeinen werke speisen uns mdst mit redensarten ab, die elMtiseh
und dehnbar wie kautschuk sind, es wird beispielshalber viel von
dem einflnsse des groszen metliodikers Arnos Comenius geredet, hie
und da auch angedeutet, er sd zu seiner zeit nicht genugsam beachtet
worden, aber der nachweis, wie lange sich die gymnasien, in behag-
lichem Schlendrian die pfade der vorfahren wandelnd, seinem be-
lebenden einflnsse versperrten, in welchen gegenden Deutschlands sie
sich ihm Öffneten, wird nicht geliefert, das sind fragen, die, soviel
der Verfasser weisz, noch niemand beantwortet hat und auch vor der
hand noch niemand beantworten kann, fragen, die überhaupt erst
auf gründ sehr ausgedehnter Specialbeobachtungen gelöst werden
können, und was von Amos gilt, das gilt, wenigstens für die ge-
schichte der früheren Jahrhunderte, auch von den übrigen metho-
dikem. was den lateinischen unterriebt anlangt, so bat kürzlich
Eckstein mit einer ungemeinen Sorgfalt und belesenbeit in seinem
als teil der Scbmidschen encyklopädie erschienenen aufsatze über den
hiteinischen Unterricht auf diese puncte rücksicht genommen, es
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Deaidehen, die abfassung der spedalschulgeschichteu betreÜend. 533
gibt wol keine noch so leise methodische Strömung auf dem gebiete
des lateinischen Unterrichts , die er nicht belauscht und registriert
hätte, aber über die stärke einer jeden einzelnen Strömung, die aus-
dehnung ihrer Wirkung in der praxis , das aufhören ihrer bewegung
bat er noch nicht so zu berichten vermocht, dasz nicht seine
arbeit einer Vervollständigung in dieser hinsieht fähig wäre, für
das griechische, für den religionsunterricht ist, so viel dem Ver-
fasser bekannt, ein solches werk überhaupt nicht vorhanden, und
doch wäre es gerade auf dem gebiete des religionsunterrichts von
der gröszesten bedoutung, wenn man beispielsweise genau nach-
weisen könnte, wie weit Melanchthons einflusz sich erstreckte, wie
lange er in den einzelnen schulen in ansehen stand , wo und wann
die starre Orthodoxie und nach ihr der calixtinismus oder derpietismus
florierte, wo und wann der rationalismus seine wohnstStte aufschlug.
Es kann wol kein kundiger etwas dagegen einwenden, dasz die
lösung der erwähnten und verwandter fragen für die geschichte der
Pädagogik von der allergrösten bedeutung ist, dasz erst dann, wenn
sie eine genügende beantwortung gefunden haben, eine befriedigende
geschichte des Unterrichts und der methode, und damit eine be-
friedigende geschichte der pftdagogik überhaupt möglich ist. gelöst
aber können diese fragen nur werden auf grundlage der specialschul-
geschichte« nur wenn von den sämmtlichen schulen, die eine Iftngere
Vergangenheit haben, das nötige material herbeigesdiafit ist, wird
man im stände sein, eine geschichte des Unterrichtswesens und der
entwicklung der methode im wahren sinne des wertes zu liefern,
das material aber, das die specialgeschichte su diesem groszen bau
herbeischaffen musz, ist namentlich die genaue kenntnis der
lehr- und lernbttcher, welche in den e in z einen anstalten
die grundlage des Unterrichts gebildet haben.
Bis jetzt ist die specialsehnlgeschiohte an dieser aufgäbe bis
auf ganz einzelne fälle achtlos TOrttber gegangen, nur gelegentlich
werden titel von eingeführt gewesenen büchem, und dann meist nur
in fragmentarischer gestalt angeführt, eine geordnete beachtung und
Verzeichnung der Schulbücher, seien es systematische werke, seien es
Schriftsteller, ist fiwt nie vorhanden.* ein solches Verzeichnis
sollte in keiner sehnige schichte fehlen und müste wenig-
stens neben der möglichst genauen angäbe der titel die
seit angeben, in der das betreffende buch eingeführt
war. ist eine ausgäbe des bnches in der schulbibliothek
noch vorhanden, so dürfen genaue bibliographische
angaben darüber auf keine weise unterlassen werden.
* der Terf. hat in seiner 1874 erschienenen gesch. des gjmn. zu
Wolfenbüttel I abt. s. 43—63 die Schulbücher, welche bis zur mitte des
17n Jahrhunderts in der Wolfenbüttelschen schule gebraucht worden
sind, genau bezeichnet und besprochen und diesen abschnitt darauf in
erweiterter gestalt in diesen blättern jahrg. 1876 nr. 1 und 2 ver^
6ffentUeht.
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534 Desiderieu, die ubiaeäuug der ti^ecialackulge&chichten betreüend.
eine kurze Charakteristik des inhalts, namentlich eine
berUeksichtigung der vorrede, die ja in den meisten
Schulbüchern der früheren zeit die aller wichtigsten
methodischen Fingerzeige und winke bietet, würde eine
sehr willkommene beigäbe bilden, freilich ein vollständiges
Verzeichnis der überhaupt jemals an den einzelnen anstalten in ge-
brauch gestandenen Schulbücher läszt sich nicht herstellen , ebenso-
wenig wie von jedem einzelnen buche sich wird genau nachweisen
lassen, in welchem jähre es an einer anstalt eingeführt, in welchem
jähre es auszer gebrauch gestellt wurde, das quellenmaterial bat gar
sehr unter der Ungunst der Zeiten gelitten , und man wird sich für
die ältere zeit damit be<^'nügen müssen, aus alten Schulordnungen,
Programmen, lectionsplaneu u. dergl. nachzuweisen, dasz ein ge-
wisses buch in einem gewissen jabre in gebrauch gewesen ist. immer-
hin aber würde, wenn von einer jeden älteren höheren lehranstalt
Deutschlands ein solches Verzeichnis der bücher, welche im laufe der
Jahrhunderte in ihr die grundlage des Unterrichts gebildet haben,
sei es als integrierender teil einer geschichte der schule, sei es als
besondere litterarische arbeit, zu stände gebracht würde, damit die
grundlage gewonnen sein, auf der eine kundige und rüstige band
eine topographie und Statistik der schulbUchex würde
zusammenstellen können.
Ein solches werk würde selbst auf grundlage solcher auf-
stellungen der specialschulgeschichte, durch die es ja überhaupt erst
ermöglicht wird, immer noch sehr erhebliche und zum teil schier un-
übersteigliche Schwierigkeiten bieten, es würde zunächst die aufgäbe
sein, die verzeichneten werke, die in den schulbibliotheken nur selten
noch aufbewahrt werden und im günstigen falle in einer oder der an-
dern gröszeren bibliothek geborgen, zum teil aber ganz und gar ver-
schwunden sind, aufzufinden, sodann käme es darauf an, die erhaltenen
ausgaben der w erke bibliographisch zu verzeichnen und zu bemerken,
in welchen büchersammlungen sie noch vorhanden sind, femer würde
mitgeteilt werden müssen, an welchen anstalten und in welchen
dassen die bücher je in gebrauch gestanden and in welcher zeit sie
die grundlage des Unterrichts gebildet haben, eine kurze biographi-
sehe notiz über die yerfasser würde namentlich auch möglichst er-
kennen lassen müssen, in welcher stadt oder in welchem territorimn
das betreffende buch entstanden ist. die letzte und gröste aufgäbe
aber würde darauf hinan sgehen, den Inhalt der bücher zu charakteri-
sieieUf namentlich auch ans den vorreden die methodischen intentionen
der yer&sser darzustellen imd auf dieser grundlage dem buche in der
groszen und stattlichen reibe seiner brüder seinen platz anzuweisen,
das ist eine nicht geringe arbeit, und fraglich ist es, ob eine einzelne
Persönlichkeit sie zu beschaffen im stände sein würde, oder ob nichti
wie bei der grundlegenden arbeit der Specialbücherverzeichnisse,
auch bei dieser zusammenfassenden dar Stellung viribus unitis vor-
gegangen werden müste. dem sei wie ihm wolle, soviel glaube iok
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H. Bender: grundrisz der römlBchen litteratorgescliichtd. 535
nachgewiesen zu haben, dasz eine solche topographie und
Statistik der Schulbücher eine wahrhafte förderung der
geschichte der pädagogik, ja dasz sie das einzige mittel
sein würde, um aufdem gebiete der geschichte des Unter-
richts und der methode mancher vagen und haltlosen
rederci ein ziel und an deren stelle klare, faszbare und
sichere resul täte zu setzen.
Ich bin mit meinen desiderien zu ende, es war mein wünsch
darauf hinzuweisen , wie in einigen j:)uncten der fleisz der special-
schulgeschichtsschreiber noch nutzbringendere resultate als bisher
für die allgemeine geschichte der pädagogik liefern und wie er
namentlich die grundlage für eine topographie und Statistik der
Schulbücher zu schaffen befähigt und verpflichtet sei. sollten meine
mitarbeiter auf dem felde der specialschulgeschichte den einen oder
andern punct nicht unberücksichtigt lassen, sollten namentlich meine
letzten Vorschläge in betrefif der Schulbücher beifall finden, sollten
vor allen dingen die schulbehörden sich entechlieszen
können, diese Vorschläge zu unterstützen und in ähn-
licher, weise, wie es das preuszische cultusministerium
mit der registrierung der älteren werke der hand-
schriften und schnlbibliotheken gethan, die aufstel-
lung eines YerzeiclinisseB der schulbUeher su fördern,
80 wttrde gewis mit meinen anspruchslosen werten die anregung zu-
einem wiehtigen und für die wissensohaft erspriessliohen werke ge-
geben ftm.
WOLFIMBÜTTBL, EbIBDBICH KoiiDnWBT.
67.
eSUNDRISS DBB BÖMISCHBN LITERATURGESCHICHTE FÜR OYllNASIEN
VON HERMANN BENDER, PROFESSOR AM GYMNASIUM ZU TÜBIN-
GEN. Leipzig, B. G. Teubner. 1876. Vm und 84 s. nebst einer
Tabelle.
Es ist ein neues , bedeutendes und dankenswertes unternehmen
der um die philologische wissensohaft wie um die sohule durch ihre
imifangreiche und doch immer nur im wesenÜiohen gutes fördernde
Terlagsthätigkeit bochYerdienten buohhandlung Yon B. G. Teubner
i& Leipzig, dasz sie jetzt daran gegangen ist, neben die doch immer
wesentlich für den lehrer und philologen bestimmten grOszeren hil&-
bücher ftlr den classischen Unterricht kleinere compendlen der yer-
scbiedenen disciplinen der dassieehen philologie, soweit sie für die
schule Yon bedeutnng'sind, zu stellen, compendien, die doch wol im
wesentlichen den zweck haben, dem schttler oberer dessen in die
band gegeben zu werden, damit er gelegenheit habe und möglich*
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536 iL Bender : grundxiss der römischen litteraturgeschichte.
keit, das, was ihm der lehrer gelegentlich bei der lectüre der classi-
ker mitgeteilt, zu bause nachzuschlagen und zu repetieren, resp. auch
schon bei der priiparation, vornehmlich bei der auf die cursoriscbe
privatlectüre , zu hause über thatsachen und reale Verhältnisse im
Altertum sich rath zu erholen, freilich ist erst ein anfang gemacht^
aber ein schon recht anerkennenswerter. StoUs handbuch der religion
und mythologie der Griechen und Römer und desselben Verfassers
sagen des classischen altertums erweisen durch ihre zahlreichen auf-
lagen, dasz die Verlagsbuchhandlung mit ihrem uaternehmen einem
TOrbandenen bedUrfnisse entgegengekommen.
Heute Hegt uns zur besprechung ein dritter teil der compen-
dieB, welche die Verlagsbuchhandlung unter dem gemeinsamen titel:
en^klopädie der classischen altertums Wissenschaft für gymnasieH
zusammenfaatt, in dem oben seinem titel nach vollständig bezeichne-
ten buche TOr* da et vornehmlich fQr gymnasien beetiaimt ist, wird
es keiner beeondem entschuldigung bedürfen, dasi wir es in einer
Zeitschrift reeensieren , welche es eiofa sor aufgäbe gemacht, den be-
dfir&issen der deutschen schale sa dienen.
Fflr dae buch nimmt von vorne herein der umstand eis , dasz
sein verfiuaer ein schüler von W. S. Teuffel ist, bei einem solchen
setzen wir naturgemSsz mehr als bei si^ttlem vieler anderer gelehr-
ter kenntnis der röm. littevator und ihrer geschichte voraus. — Bas
buch beginnt mit einer kurzen, aber alles wesentliche bietenden vor-
rede , dann folgt bis s. 8 die Inhaltsübersicht, darauf die einleitoag
in drei Paragraphen, den charakter der Römer und ihre steUnng zur
litteratur sowie die lateinische spräche behandelnd und die perioden
der römischen litteratur feststellend, in § 2 hätte B. angeben sollen,
welches die 21 buchstaben waren, ans welchen das aiphabet der lata-
nisohen spräche seiner behauptung gemäsz ursprünglich bestand, es
will uns scheinen, als seien die bei Cic. de nat. deor. II 93 und Quint
I 4, 9 erwähnten 21 aeichen nicht die ursprünglich den bewohneni
Latiums überlieferten, sondern ihre feststellung dürfte vielmehr das
resultat einer längern entwicklung sein, deren ende der name des
8p. Caruilius und die ihm zugeschriebene Ordnung (523 a. u. c.) be-
zeichnet, von den Griechen kamen sicher mehr ids 21 zeichen nach
Latium. gewis meint B. dies anch , aber der von ihm gebrauchte
ausdruck ist nicht gana klar, er wird daher gnt thnn, in der bald sn
hoffenden neuen aufläge sidi etwas bestimmter anssadrttd^en. ein
buch , welches wie das seine nicht darauf eingerichtet ist, dibu der
leser die aufstellungen gleicfa prfilbn kann, darf nnr gans nnsweifel-
haft sichere thatsadien verseichnflii nnd dieeelben m gna Uareia
ansdmcke mitteilen. — Ln ttbrigen ist gegen B.8 anseinandersetnn-
gen im zweiten pangraphen ntehts einiawenden. die perioden der
«ntwicklung der römischen litteratur, welche B. ansetit, sind die-
selben, wie bei Tenifel, mit dem or nach in der nnterschcidnng sweier
Unterabteilungen des goldenen teitalterattbereinkommi. nach diesen
parioden behandelt dann B. die litteiatnr, nnd swar die voigeechiM
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H. Bender: grundrisz der römischen litteraturgesidiichte« S37
mit den aus dieser periode erhaltenen resten in § 4 — 6 auf s. 4 — 8.
dankenswert ist hier die mitteilung des anfangs des Carmen Saliare
und einer von den Seipionengrabschriften , wodurch zugleich der
Schüler einigermaszen eine anschauung vom alten latein erhält, von
8. 8 an wird in § 7 — 13 die zweite oder archaistische periode von
Lioius Andronicus bis Cicero (290 — 80 vor Chr.) behandelt und
zwar zuerst die poesie und dann die prosa. im ersten teile § 8 heben
wir als besonders gelangen die Charakteristik der fabula palliata d. L
der nach griechischen mustern gearbeiteten comödie hervor, in dem
abschnitte über Plautus ist «ngemessen die erklärnng der titel der
comödien sowie die hinweisung auf die nachahmungen plautinischer
comödien in der nenem litteratur, soweit diese dem schtQer mög*
lieher weise bekannt werden können durch eigne lectflre oder etwa
in der deutschen litteraturgeschichte ; nidht ttberfifiszig anob für den
Schüler wttre in diesem abschnitte die nennnng des namens Bitsehl
gewesen, und die er wähnung des palimpsestes, auf welchem die
plautinische kritik beruht, die nennung der besten Schulausgaben
bei diesem und andern autoren finden wir ebenso angemessen , wie
die ausschliesKung der andern litteratur über die autoren. dagegen
erscheint es ungehörig, dasz B. bei Zeitangaben nur die jähre vor
Christo nennt , nicht die jähre der stadt , wie das doch Teuifel thut,
von dem B. sonst im wesentlichen abhängt , auch in der Charakteri-
stik der autoren. bei behandlung des Terentius hätte B. auch die
erhaltenen didaskalien, sowie den alten codex Bembinus, der
bekanntlich zu den ältesten lateinischen hss. überhaupt gehört,
und die für einzelne stücke vorhandenen Schulausgaben erwähnen
sollen, dasz B. unter epos den bei CMlius erhaltenen ersten vers
der Odyssee des Liuius Andronicus dtiert, dafür wird man ihm
dank wissen, schon wegen der dem £vv€fr€ für fvccTre genau ent-
sprechenden form insece, aber auch weil der vers die lat. bearbeitung
der Odyssee als dne naiieia wörtliche Übersetzung der griechischen
charakterisiert man erinnere sich nur an ''Avbpa jiiot fwcire Mouca
iroXi3Tpairov. wir erfahren hierdurch gleich, dasz die erklärnng Ton
iroXdrpotroc durch uersntus ftlter ist als durch multum terris iacttf>
tus et alto bei Verg. Aen. I 3. dies alles wird sich im unterrichte
sehr ihiohtbringend yerwenden lassen, yoriiefflich und im wesent-
lichen sdbständig ist die diara1d«ristik dw Ennlaaischen yerskunst
wie der hohen bedentung des dichters für die ansbfldung der latei-
nischen iq;»rache*
Auf 8. 19 beginnt mit § 14 die darstellung der für die schule
widitigsten periode der römischen litteratur, des goldenen Zeitalters
von 80 yor Ohr. bis 14 nach Chr. (671 — 769 d. st), audi hier
sohlieszt sich B. im wesentlichen an seinen lehrer Tenffel an. mit
recht, denn besser als Teufifel hfttte er seine sache doch nicht machen
können, dasz er sie aber nicht schlechter machen wollte, wer mag
ihm das yerdenkm? der anschlusz an Teuffei gereicht dem kleinen
compendium nur zur empfehlung, dem yerftisser nur zu lob und
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538 H. Bender: grundmz der römischen litteratorgeschichte.
ebre. nur in einem piincte weicht B. leider von Teuffei ab , und das
nicht zum vorteile beiner arbeit, er hält das im vorigen abschnitte
nach TeufTel befolgte dispositionschema, dad aber Teuffei bei der be-
hundliing des goldenen Zeitalters mit recht und gewis aus guten
gründen wieder aufgegeben, auch für diesen teil fest und gelangt da-
durch zu der unangenehmen unzuträglichkeit, da.sz er die litteratur des
Augusteischen abschnittes des goldenen Zeitalters vor derjenigen des
Ciceronianischen abschnittes, der jenem vorangeht, behandeln musz.
in der bald zu hoffenden zweiten aufläge möchten wir dies geändert
und die nattlrliche Ordnung befolgt sehen, vortrefflich ist die Cha-
rakteristik dieses Zeitalters bei Bender, dasz auch sie wesentlich auf
Teufl'el beruht , ist kein tadel. insbesondere verweisen wir aus dem
ersten teile, der die dichter bebandelt, auf die stellen, welche Ver-
gilius, Horatius und Ouidius betreffen, jeder lehrer wird eine er-
örterung über diese, wie sie B. bietet, gern in den bänden seiner
Schüler sehen, in aller kürze wird das notwendige über diese dich-
ter und ihre dichtungen hier geboten, von einem schüler, der dieses
vortreffliche compendium in den händen hat, wird der lehrer unbe-
dingtes wissen der nötigen data verlangen können, welche, weil nicht
repetierbar, sonst nur zu leicht dem schtUer wieder verloren gehen,
nachdem sie der lehrer in der einleitong zur leottlre gegeben, uter
Veigilioa hätte B. recht gethan, wenn «r die ausgäbe der Aeneis von
Gossrau, seit 1875 in zweiter aufläge vorliegend, erwähnt h&tie. de
eignet sich durch die lateinische fassung ihrer anmerirongen, die auf
langen und eingehenden selbständigen fonGhongan des andi als gram^
matiker rühmliohat bekannten Goanan borohen, gar wol iUr den
Bchulgebrauch, und von neuem ausgaben nutzt wenigstens die v<m
Ladewig sie oft mehr als sich ziemt aus. auch dasz von bia ina claa-
aiache idtertam selbst hineinreichenden VeigiUnacodioes wenigstens
blfttter vorhanden sind, konnte B. «rwtthnan, zumal da man häac und
da wol daran gedacht, dass einzelne von diesen bl&ttern der von Ter-
gilius selbst geschriebenen bsa« entstammen, eine ansieht, die übri-
gens wir nicht teilen, angemessen ist, dasz B. die data ans Horatifis
leben 9 soweit sie sich aus seinen eignen dichtungen ergeben — und
diese werden stets die vornehmste quelle fUr das leben dieses dicb-
ters bleiben — mit den betr. stellen belegt, die ars poetica hätte
B. nicht als eine ^istola des 2 buchs , sondeni als ein selbstftndiges
gedieht , wie das Carmen saeculare auffassen sollen, ebenso wenig
wie dieses mit einem der vier bücher oden etwas zu thun hat, wenn
anch ein gedieht dea vierten buches, nemlieh das sechste (diue quem
proles Niobea magnae nsw.), gleichsam das prooimion dazu ist, hat
die ars* poetica, ein an die gebrüder Piso gerichtetes lelugedicht,
etwas mit dem zweiten buche der epistnlae zu thun. die notwen-
dige unechtheit der acht ersten verse der zehnten aatire des ersten
buches, weldie auch der sohfiler in seiner ausgäbe mit besonderem
druck ausgezeichnet findet, mnste B. ebenso erwlhnen, wie die aus-
gäbe der Satiren von Fritzsche, die bisher nnr günstige reoenaioDen
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H. Bender: grundrisz der römischen litteraturgeschicbte. 539
erfahren, auch die uncommentierten ausgaben des Horatius von
Haupt und Meineke musten erwähnt werden, über Horatius als
lyriker scheint B. etwas zu günstig zu urteilen, wir erinnern ihn an
Teuffels abhandlung über Horazische lyrik und deren kritik, Tübin-
gen 1876. den wahren Horatius wird man stets in den Satiren und
episteln, besonders in den letzteren, nie in den oden, am wenigsten
in den politischen finden, das muste B. genauer und entschiedener
hervorheben, auch des Vorwurfs, der den Horatius zu einem schmeich-
lerischen höfling herabwürdigt, muste B. gerade in einem schul-
buche gedenken und den menschen Horatius gegen denselben in
schütz nehmen, überflüssig scheint uns dagegen die gebotene ver-
gleichung zwischen Horatius und Vergilius, so sehr sie auch in der
hervorhebung der Verschiedenheiten dieser dichter vortrefflich ist.
unter den ausgaben der metamorphosen des Ouidius wäre auch die
von M. Haupt einer er wähnung würdig gewesen, von der der zweite
teil entweder jüngst erschienen ist oder demnächst erscheinen wird,
auch H. Peters ausgäbe der fasti hätte angeführt werden müssen,
treffend ist die vergleichung des Ouidius mit dem 'verbummelten
genie' H. Heine, warum B. nicht Messalla schreibt , bleibt uns un-
erfindlich, er wird doch seines andern lebrers M. Haupt ausgäbe
der gedichte des Tibuilus kennen, ebensowenig können wir es bil-
ligen, dasz B. neben einander Hesiod und Aratus (p. 25)* und
Kaliimachos (p. 33) schreibt entweder sind alle namen nur in
Toller griechischer form zu geben, was wir für das richtige halten
würden, oder alle zu latinisieren, abkürzungen, wie Homer, Hesiod
und von lateinischen autoren Horas und Ovid können wir nicht ver-
tragen, die Schreibung Horas wurde uns schon auf der schule als
bedeutender fehler angerechnet.
Mit § 19 (p. 83) beginnt B. die besprechung der prosa des
goldenen Zeitalters, an der spitse steht die beredsamkeit, und gleich
§ 20 ff. behandeln den Cicero, hier ist besonders auf die Übersicht
über Ciceros leben und schriften in § 20 aufmerksam zu machen,
diese, wenn in der band des schülers der II — I, wird dem betr* lehrer
das dictat der wichtigen thatsachen aus Ciceros leben ersparen, sie
ist ganz besonders dankenswert, auf s« 37 spricht in der Charakteri-
stik der bücher de oratore B. yon einer satten Sprache, wir halten
den ausdruck nicht für ganz verständlich , ganz gewis aber für un-
Bchdn. oder hat verf. hier für-^satter* schreiben wollen 'glatter' ?
ganz vortrefflich ist und dem schulzwecke entsprechend in § 21 die
auseinandersetsong B.s fiber die allmfihliche ausbreitung der Philo-
sophie in Born als einleitnng zur behandlung der philosophischen
sdinften des Cicero, ebenso die Charakteristik des Cicero als Philo-
sophen, als dessen haoptrerdienst B. mit recht die endliche gewin-
niing einer philosophischen terminologie für die Hämische spraohe
* dagegen p. 54 Aratos von Soli, wofür aach Soloi geschrieben wer-
den miute am der einheit willen.
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640 H. BeB4«r: grandriss d«r rOmiichen litteratorgeichiolite.
beieiebiiet, die !• b. dem Lacretias nooh ganz gefehlt und ihm sern«
•rbeit eo aehr aebwer geniMlii, dasi man das bekannte urteil Yoa
Cieero ad Quint fralar* II 11, 4 recht wol begreift beaonneB un
daa riebtige maas swiaoben ttberfcriebener bewonderong mid gerne'
benmteniebuig halte&d iat eaf a. 41 daa urteil Uber Ciem, rü
aiehtlieh deaaen übrigena ftoeb die abbftngigkeit Ton Teuflel m
la TeÄennen iat »ber die gedenken Teoffiäa aind aelbatSndig m-
arbeitet imd mit eignem urteil nnd gewiaaenbafter fibetiegung in
eine für den scbüler brauchbare form gegossen, richtiger ala TeoM
stellt B. die bearteilung ans ende seiner behandlang des mannes
hinter die Charakteristik seiner schriftstellerei, bei Tenfifel steht sie
voran, sie kann sich aber doch nur aus vollständiger und umfassen-
der kenntnis der Schriften ergeben, daher hat sie hinter diesen allein
ihren rechten platz, weiter heben wir als ganz besonders bedeutend in
B.8 buche die behandlung Caesars heraus , dessen erhaltene schrift«n
mit recht hier als parteischriften dargestellt werden, die aber doch die
ereignisse im ganzen der Wahrheit gemiisz darstellen, sich also vor-
teilhaft von den parteischriften der heutigen liberalen parteien unter-
scheiden, auch die bemerkungen B.s über Cornelius Nepos und
Sallustius verdienen eingehender beachtung empfohlen zu werden,
wünschenswert wäre nur gewesen, wenn B. neben den schulausgabea
ftir solche autoren, für die es deren gibt, auch die apeoiallezica an-
geführt hätte, er würde damit dem jungen lehrer, der etwa saia
buch nacfaaehligt, einen dienst geleiatet haben, denn welcher junge
1 ehrer, der etwa eben von der Universität in die qnarta oder tertis
kommt, kennt denn sogleich alle die vorhandenen speinallezica so»
daas er dem achlller, der ihn nm rath tegt, daa beete empfehkn
kann, ein mangel iat ea auch , daas B. bei anftthrong der a<iinlaii8-
gaben nicht immer die commentierien von den onoommentierteB
acheidet, ao a. b. unter Sallnatina, saweilen aach nur commentierte
anführt, s« b. nnter Caeaar nnd Comelioa, während dodi an Tiden
achnlen die achttler nnd swar mit recht angehalten werden, wenig-
ateu in der ckaae nur teitansgaben m branchen« nnter den hisio-
rikem der Augusteischen zeit wird natürlich Linias mit besonderer
Vorliebe behandelt (s. 46 — 47). die beurteilung zeigt den kundigen
gelehrten und den in den bedürfnissen der schule erfahrenen lehren
die abhängigkeit von Teuffels urteil gereicht der beurteilung B.s auch
hier nicht zum nachteil, es gilt von ihr dasselbe, was wir oben bei
Cicero gesagt, auf s. 50 beginnt mit § 25 die darstellung der litte-
ratur des silbernen Zeitalters 14 — 117 nach Chr. (767 — 870 a. u. c).
aus derselben heben wir, abgesehen von der allgemeinen einleitung
wegen der bedeutung für die schule den abschnitt hervor , welcher
über Cornelius Tacitus handelt, wir bemerken ausdrücklich, dasz
auch hier wie bei Teuffei der von manchen in seiner ecbtheit be-
strittene dialogus de oratoribus unter den Schriften des Tacitus er-
scheint, über den eigentlichen Charakter der Taciteischen schiift
Uber Agricola wird man durch B. nicht Tollstandig klar, de ist, im
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H. Bender: gnmdrias der rOmiBchen littoratoigeaohiolLte. 541
wir mit J. GaatreUe sagen, eine hietorisclie lobschrift mit der ien-
denz die mSnner des inste miHeu wegen ihres politischen yerhaltens
unter Domitian gegen vorwürfe zu verteidigen, ausgezeiehnet ist
bei B. die diarskteristik des Tacitos, in welcher er mit recht ent-
sdueden front macht gegen die veidSchtigungen, mit welchen
neuere forschung seit A. Stahr den bedentendsten der römischen
bistoriker verkleinert hat.
Auf s. 61 beginnt mit § 34 die darstellung der litteratur der
fünften periode, der spätem kaiserzeit von 117 n. Chr. an. für die
schule hat diese litteratur keine oder doch nur sehr geringe bedeu-
tung, und gewis hat B. auch nur im interesse der vollst4indigkeit
des bildes, das er entwerfen wollte, auch diese periode mit in sein
Schulbuch aufgenommen, fern sei es von uns ihn dieserhalb zu
tadeln, ansprechend ist auch hier die der einzelschilderung voran-
gehende allgemeine Charakteristik, der niemand wird abstreiten wol-
len, dasz sie das richtige trifft, manchem religionslehrer wird viel-
leicht der letzte paragraph, der die lateinischen kirchenschriftsteller
bebandelt, nicht unwillkommen sein, und auch die Charakteristik
der cbristUchen dichter in lat. spräche aus diesem zeitranm wird er
in seinem unterrichte wo! verwenden können, zumal wenn für den
religionsunterricht kein hilfsbuch oder eins, das auf die hier berühr-
ten dinge nicht eingeht, eingeführt ist. B.s buch bietet sicher dem
scfattler mögliohkeit und gelegenheit dar, das wesentliche von dem,
was ihm im schnlantenichte ttber die litfceraiisch namhaft gewordenen
Persönlichkeiten der alten Idrehengesehichte gesagt ist, daheun sn
wiedeiiuden. andh der Uber Entropins und sein breniarinm historiae
Bomanae handehide abschnitt bat noch einige bedeutung, weil das
werk hier und da in den schulen gelesm wird, für den spätem Juri-
sten ist die § 39 gegebene übersiolit ttber die rechtswissensohaft-
liehe litteratur vielleicht geeignet, ihn für sein späteres studinih im
voraus einigermaszen zu orientieren.
Auf s. 81—84 bietet B. ein alphabetisches Verzeichnis, auszer-
dem ist eine tabelle beigegeben, welche dazu dienen soll, die Über-
sicht über die einzelnen litteraturperioden zu erleichtern, eine ganz
vorzügliche und besonders dankenswerte zugäbe.
Das ganze ist eine mit genauer Sachkenntnis, vortrefflicher um-
sieht und tiefer einsieht in die praktischen bedürfnisse der schule
gemachte ineinanderarbeitung des sachlichen und persönlichen teiles
der Teuffelschen röm. litteraturgeschichte. alles, was für die schule
ohne bedeutung ist, hat B. mit recht ausgeschlossen, hier ist es, wo
B. besonders selbständiges urteil zeigt, ist gleich im einzelnen noch
hier und da etwas anszusetaen, so haben wir zu bedenken, dasz wir
es hier mit einem ersten versuche — Ton Kopps misUingenen arbei-
ten auf diesem gebiete sehen wir nach der recension von M. Hertz,
denn wichtige einwendungen durch Kopps unbedeutende entgeg-
nnng nicht abgeschwächt sind , vollständig ab — in thun haben,
eine rdm. litteratorgesohichte für schttler oberer klassen sn yer-
Digiiized by
542
Kronmeyer: leitfKleii fOr den getohichtBimtemclili.
hämo, wir sind fM fibenengt, B. wird die mliigei seiner arbeiim
einer liotoittieli beld erscheinenden sweiten anflsge besdtigen n&d
dae werk TerToUkomninen. aber troii der immerhin gegenllber den
hervorragenden yonOgen onbedentenden mingel ist das boeh auf
das wtrmste tu empfe^en nnd nur zn wünschen, dass es mSgÜdst
überall in den abem dassen der gymnaei^i aw^ emgefUhrt and
fleiszig gebraucht werde.
BARTfiMSTEIN. HaNS KarL BeNICKEN.
68.
LBITFADBH FÜR DEN OESCHICUTSCJKTBBRICBT IH DEM OBEBR CLASSES
DBB GnOfABIEM UND BBALSOHULBM VON DB. KBOXATBB, SGB-
EBOTOB AM GYMBAaiUX IN 8TBAL8UND. — THEIL II. DAS MITTIL-
ALTEB (217 8.); THBIL III. DIB NEUZEIT (271 B.).
Die im vorigen jähr erschienene, und in dem aprilheft 1877
in den jahrbttchem rühmend besprochene deutsche gescbichte toh
dr. Kromayer, jetzigem director des gymnasiums zu WeisEenbiig
im Elaass, lenkt den blick zurück auf einen bereits firtther von dem-
selben ver£uaer edierten leitfaden für den geschlchtsunterricbt indm
obem daasen der gymnaaien nnd realschnlen. dieser ist nidit so
bekannt geworden« wie er wol yerdient hfttte, was aber an vethtit-
nissen gelegmi die mit dem pidagogisehen und wiasenschaltlidieD
wert des bnchea — es ist das reinütat eines viermhnj&hrigen ge-
schichtsonterrichts — nichts an thnn haben.
Es mag vor allem fOr das bekanntwerden nnd die verbreitoiig
desselben nachteilig gewesen sein, daas der ver&sser mit dem mittel-
alter begann, die nenzeit folgen Hess nnd das altertom bis zuletzt
anssetzte. dieses ist jedoch auch vollendet nnd wird, wie wir auf
privatem wege erfahren , demnächst erscheinen.
Diese aufeinanderfolge war keine zufällige, sondern ergab sich
für d en Verfasser aus dem glauben , dasz gerade die darstellung des
mitte lalters am notwendigsten eines neuen lehrbuchs bedürfe, da
keines ihm für diese zeit ganz genügen wollte, in der tiberzengüDg,
dasz für lebranatalten wie gyranasien und realschnlen keine eigent-
liche Universalgeschichte gehört, verlangt er und, wie uns scheint,
mit vollem recht, für das mittel alter concentrierung auf das deutsche
volk, hervorhebung und zwar möglichst detaillierte hervorhebung der
glanzpartien in diesem Zeitraum , Zusammenstellung des Stoffes unter
einfachen, aus der sache selbst hervorgehenden gesichtspnncten, an-
schlnsz der auszerdeutschen länder an die deutsche gesduchte oder
wenn das nicht möglich, nachti-äge in knappester form, und äm
principien vermiszte er in den vorhandenen lehrbücbem über die g»>
schichte des mittelalters mehr oder weniger. — So begann er dü
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Kronmejer: leiUaden für den gesoliichtauntemcht. 543
dem mittelalter, sdiritt, von denselben grundsätzen, mutatis mutan-
dis» geleitet, Eor nenzeit , die selbstredend ein mehr universalisohes
gepräge trägt, weiter und, wie sehon gesagt, ist jetit anch mit dem
altertum fertig.
Sein leitfoden soll ohne vertrag des lehrers nichts bedenten, also
kein werk zum selbststndinm sein, er vermeidet demnach die Ter-
mischung zweier dinge, die sich doch einander ausschlieszen. fttr
die sehnle aber hat das buch einen doppelten zweck zu erfüllen —
als gerippe des Vortrags und als anhält zur repetition. letzteres Ter-
langt eine ziemlieh reiehliche fttUe von stoff. dieser ist gegeben,
aber nicht als mdis indigeetaque moles, sondern als gegliäertes
(aach doroh den druck), UbersichtUches ganzes.
Allein auch darauf kam es dem yer&sser an, dureh seinen leit-
fisden dem jttngling von dem Zusammenhang der ereignisse, von der
continuierlichen entwicklung der geschiohte einen begriff beizubijn-
gen, ohne doch die darstellung der glanzperioden zu beeinträchtigen,
er gibt demnach hinUtnglichen stoff, dergleichen Übergangsepochen
an dem positiven gehalt der ereignisse zu durchlauf, indem er
dabei einiges in denselben als marketeine hervorzuheben, anderes
mehr als vermittdungsglied zu.betraohten Idirt mandie, ja viele
dieser vermittelungsglieder werden im gedftchtnis des sohfllers all«
mfihlich erblassen; aber es bleibt ihm doch diese ganze zeit kein
leeres blatt; er bewahrt einen totaleindruok, der sich nicht auf blosse
urteile des lehrers, sondern auf facta gründet, die er selbst einmal
gewust und beurt^t hat. die folge davon ist, dasz in dem buche
ereignisse aufgenommen worden, deren besitz nicht ab ein dem
schlUer allezeit gegenwärtiger verlangt wird, die eben nur der orien«
iierung und jeweiligen repetition dienen sollen. — Dasselbe gilt
auch är-die reicUichst gegebenen zahlen.
Die cultur*, ver&ssungs- , rechts- und kirohengeschichte ist da
in genügender weise berücksichtigt, wo die politische geeehichte
ohne kenntnie ders^ben ein buch mit sieben siegeln bleiben würde,
also besonders im mitldalter* dasz der Verfasser am ende desselben
in einem naditrag (s. 184 — 206) und zunftohst auf grund der alten
füiif heraogtümer einen überbli<dc über die elnzehten territorien des
deutschen reichs gegeben hat — ein yersuch, der unserm wissen
nach in dieser weise in keinem der bisherigen Mrbücher gemacht
worden ist — dazu bestimmte ihn zuvSrderst der g^anke, dasz sich
auf diesem boden die neuere geschiohte Deutschlands, welche ja bis
auf unsere tage hauptsächlich territorialgeäckichte war, aufbauen
lasse, mit dieser betrachtung der territorien verbindet sich leicht
auch ein zurückgehen auf geographie und nicht blosz in politischer,
sondern auch in topographischer hinsieht, — ein vorteil, der be-
sonders für die obem classen der gymnasien, wo von tertia die erd-
kunde nicht mehr als besonderer unterrichtszweig auftritt, in betracht
kommen dürfte, indem aber der lehrer mit dem buche in der band
diese paragraphen durchspricht, bald erweiternd, bald erörternd, ist
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644
L. UrUchs: bhefe aa Schüler.
auch die yerftnlaMimg gegeben zu einer repetitioft in iBidenrihdK 1
gewöhnlichen fonn« 1
In einem anbange zur neuen gescbicbte bebandelt der Tfirfimurg
die neneete, bie 1870 für den Unterricht fast ein nolimetangve^l
er hat eeiner darttellung die Ülr den Unterricht zu inhaltBroehsbe-»!
arbeitoBg von Aemann lu gründe gelegt der eimrand gogen oo« J
beraniiehnng der neuesten aeit in den Bchulonterrieht^ als aei diai«|
selbe dem aehOler nnTerstindlioh» ist Terstommt, die behnptung
dagegen, dass die leit sur erweitening des pensoms nicht aoinkb,
ist Mlich stiohhaltiger. nm so nötiger erscheint es, das bd dm
embarras de riehesse das in einem lehrbnch gegebene bin und ttv*
sichtlich, mit ansdrttcklieher heraushebung des wiebtigstea ud
folgereichsten dargestellt sei und so objectiv , wie das die mens^
liebe natur zuläszt. dieser notwendigkeit ist in dem Kromajerscbeu
buche recbnung getragen.
So erscheint wegen der leitenden ideen, der übersichllicben
darstellung und der zahl- und inbaltsreicben winke für naclideiikeiide
Schüler vorliegender leitfaden empfehlenswert wenigstens für den, der
einem zusammenhängende darstellung bietenden lehrbuch nicht un-
bedingt den Vorzug gibt, einiges hätte sich wol anders und käraer
behandeln lassen, auch müsten einige berichtigungen in zweiter auf-
läge erfolgen, so würde , um aus neuer gescbicbte etwas hervonu-
Heben , das , was über den russischen feldzugsplan und über das da-
malige ausscheiden von 300 officieren aus der preuszischen armee
gesagt ist, doch nach neueren feststellungen geändert werden müssen,
die tage der Leipziger Schlacht werden als 16e 17e 18e ooiober an-
gegeben , während doch am 17n £ast nicht gefochten wurde — Dar
Blücher machte einen angriff — am 19n aber noch sehr heisz, wem
auch der kämpf an diesem tage, wie eigentlich schon am 18ni&
allerdings riesiger ausdehnung« ein rttokzugsgefecht wsr. in der
schlaoht bei Kulm wird Ostermanns heldenmütiger Yerteidjgiiqgg^
dacht, obwol dieeer nur der ofifiiolelle held ist — der tod Ktan
wird auf den 27n angnst Terl^gt, die sdhkeht bei Dresden auf dn
26n nnd 27n besehrlnkt, allem schon am 25n wurde vor disseraidit
sehr ernst gefoofaten.
IL BSBHDT.
Ol).
BBIEFE AN SOHIXiLBB. HBnAüSOnOBBBV TOH L. irnLIOHS. Stottgvt,
Cotta. 1677.
Es iöt wohlgetban, jetzt, da es noch zeit ist, alles zu veröffent-
lichen, was als document für das leben und wirken unserer grossen
dichter gelten kann, ja es ist besser hierin etwas zu viel zu thim
als durch Unachtsamkeit notizen Terloren gehen au lassen, dia, aasicii
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L. ürlichss briefe an Schiller.
6tö
▼ialleieht ünbedeatend, dooh durch ihren Zusammenhang mit anderen
Tielleiolit zu den wichtigsten sohlflssen nnd combinationen führen
Umien. es ist also keineswegs pedanterie, wie sich einmal ein vor-
nebm thnender recensent Ton Gödekes kritischer Sehillersasgabe
▼emehmen liess, jedes pi^ierschnitzel von Schiller za sammeln und
zu dmoken; andere nationen sind in solchen sacken noch viel sorg-
samer als wir, die wir nns selbst in unseren grossen dichtem noch
viel za wenig achten nnd immer geneigt sind unsere nationalen
^etstesschtttse sorglos an Teikennen und sie gegen das gmftige eigen-
tom anderer TÖlker herabsnsetBen. oder wenn andere YÖlker nicht
immer so sorgsam gewesen sind, so haben sie jetct Ursache es bitter
za bereuen, wie viel tausende von pftuden wtlrden die EnglSnder
mxkii mit freaden jetzt für einen einzigen brief an Shakespeare, ge-
sohweige denn von Shakespeare^ wo noch der autographenwertdazu
kommt, geben, aus welchem sidi ein sicherer schlnss auf die ab-
fassungsseit eines seiner dramen machen Hesse! ja, das ist andi
Shakespeare, und Shakespeare ist ein viel grösserer dramatiker als
Sdiillerl solche unpatriotischen ftuszerungen, deren sich jeder aus-
länder Bchfimen wttrde, kann man selbst aus dem munde gebildeter
Deutschen hOren. als im jähre 1865 Schillers kalender yerOffentlicht
wurde, der eine herrliche fülle von material zur feststellung der ab-
fasaungszeit seiner gedichte und dramen bot, einen herrlichen ttbe^
blick Uber seine oorrsspondenz gewährte und für die datierung und
adreeaiemng seiner briefe yon unendlicher Wichtigkeit war, muate
sich die henm^gebeiin, Scfaillen edle tochter, 'teu Ton Gleichen*
Rnszwurm, Ton ihren dankbaren landeleuten sagen lassen, sie tische
jetzt dem deutschen publicum sogar die wirthschaftsrechnungen
ihres yaters auf^ und die Gottasche buchhandlung sah sich genötigt,
den preis dee buches auf einen silbergroschen herabzusetzen, ürlidis
nachmalige vergleichung des originale, die er uns in dem Torliegen*
den buche bietet, beweist, wie sehr im gegenteil die herausgeberin
bemttht gewesen war, diesem yorwnrf (sie mochte ihre landsleute
gut kennen) aus dem wege zu gehen; vergebens! die *helden der
feder*, wie sich unsere deutschen recensenten zu nennen belieben,
mochten sich als Schriftsteller gern auf gleiche stufe mit Schiller
stellen, und da sie ahnen, dasz man mit ihren 'papierschnitzebi' nach
ihrem tode mit recht nicht so sorgsam Ter&hien wird, so gönnen sie
diese ehre auch kdnem andern, wir aber wollen dem herausgeber
recht von herzen für seine gäbe dankbar sein.
Schiller war zwar ein sehr pünctlicher geschSftscorrespondent,
im flbrigen aber nicht sehr höflich und gewissenhaft in beantwortnng
jedes an ihn gerichteten briefes, und das zu unserem besten, denn er
hatte besseres zu tbun als seine zeit mit bloszen höflichkeitsbriefen
zu yergeuden. und welche sonderbaren Zumutungen machte man
dem groszen dichter nicht! da will ein herr aus Baiem wissen, wer
der Armenier im 'Geisterseher' sei, nicht aus interesse an dieser
herrlichen geistesschöpfung, sondern weil er in einer gesellschaft
N. Jahrb. f. phiL u. päd. II. abL 1878. hfl. 11. 36
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L. Urlichs: bxiefe aa Schiller.
eine weite gemteht hat. ein herr yon Forer aus Erfurt bittet ib
ein askroetiäion auf den namen Heloiea «af alle soloho nunnteagHi
Tenakfanet der kalcnder keine antwort erfirenlidier nnd diiyomg«
brieie» in welehen gelnldete mlnner und frmaen oder junge didü»
dem gfoesengenine ihre bewanderungaoeeiireehen} sieinttwenwQU-
thnend auf Sehiller gewirkt haben, ol^leieh er auch ifir aie km
antwort hatte, es mnete denn sein, dau er die letiterea fOr eeiBa
nraaenalmanaoh gewinnen wollte, noidi erfreulicher aber, und swv
deshalb, weü man aas ihnen einen sicheren sdilnss machen kemmf
die begierde, womit die mitweit jede neue Schöpfung Schillers ver-
schlang, sind die briefe der buchbändler, die ihn mit bitten be-
btürmen, ibnen ein werk in verlag zu geben; diese haben wir beson-
ders aus den von Gödeke veröffentlichten *geschäftsbriefen Schillers*
kennen gelernt, einige der briefe des vorliegenden bucbes haben
freilich nur wert durch den adressaten, andere aber auch durch die
absender. bedeutende Schriftsteller, componisten, Staatsmänner,
militärs sind darunter, andere sind von hoher Wichtigkeit für die
biographie Schillers, weil sie von personen herrühren, die eine inter-
essante rolle in der lebensgeschichte unseres groszen dicbters gespielt
haben, als perle aus dieser letzteren gattung möchte ich die beiden
briefe des fräuleins Henriette von Arnim aus Dresden bezeichnen,
iOx die Schiller bekanntlich während seines anfanthaltes bei KGrner
eine i^flhende neigung gefassi hatte, die, sagt man, von ihr erwideri
wurde, ohne mir in dergleichen sachen ein entscheidendes urteil an-
somaszen, scheint es mir doch aus diesen bnefen, als sei die tochter
im bände mit der mutter und eine sehlan berechnende coqnette wie
jene gewesen, wie kitte sie auch Bonat das nrbild der schCnen
Orieohin, dieser betrttgerin, im ^Oeiaterraker' werden kikinen! ieb
würde die beiden briefe gani kersetcen, wenn ich nickt fttrehten
mflste dem keraosgeber an ackaden nnd alLraviel ranm in ansprodi
an nekmen. aber aoa interesse fttr meinen jetzigen woknort wfli ii^
dock wenigatena den anfong des enten, mit alten or&ographifldKD,
oder Tielmekr nnoptkograpliiechen eigentOmlickkeiten abadireibcii:
Sonnabends den 28sten April [1787].
Wenn ich mich ftlr den heutigen [Tag] recht gut stimmen will,
so musz gleich am frühen Morgen an bie bchreiben, und Ihnen sagen
dasz ich immer und unaufhörlich an Sie dencke, mich nur mit Ihnen
beschäftige. Der Gedanke an Sie ist jetzt der Einzige der mir wich-
tig ist Alles Andere (und wenn es des Reichs Wohlfahrt beträfe) kan
ich nur als neben Sache betrachten ; Wann ichs bedencke, wie sehr
ich mich verändert finde seit den 3 Monaten dasz ich Sie kenne, Sie
haben alle meine gefaszten Vorsätze vernichtet. Denn ich hatte mir
erst fest vorgenommen, nie wieder zu lieben, nie wieder zu glauben
dasz man mich liebe, ich wolte leichtsinnig wie die mehresten
Mannespersohnen werden, und mich vor allen was meine £mphnduiig
erregen könte hüten und doch ein Heer von Verehrern um mich ver-
sammelt halten, wolte dnen jeden ankOren aber keinen mdur etwas
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A. Scbmtinow: Leibnis und ScbotteUiu. 647
glauben; lob batte miob aber geirrt. Denn icb beorÜieilte damals
alle IfiUmer naob den Einen, den icb zu gut benrtbeilt batte, nnd
dacbte nicbt daran daaz es nocb Ansnabmen gftbe. Kanm als icb Sie
zwei mabl gesprocbdn batte, so &nd ich gar bald dasz icb micb in
meiner Be^ung mein Herz vor aller Liebe zn bewahren, geirrt
hatte; Es ist wahr ioh gestehe es dasz ich vorher auch schon geliebt
habe, aber bei weiten nicht so als jetzt denn der grund bei meiner
ersten Liebe wurde dnrch Eitelkeit auf beiden Seiten gelegt, ich
wnrde llbmasdit, und konnte nicht untersuchen was eigentlieh
meine Empfindung war; diese ganze Geschichte sollen Sie ansftthr-
lieher aus meinen Munde hdren. Sie sind der Einzige Mensch zu
welchen ich einen so hoben Grad von Vertrauen habe, diese (be-
schichte nmstftndlich zu erzählen, welche doch für mich yon sehr
groszer Wichtigkeit ist und die auser mir [und] nur noch einer Person
sonst kein Mensch weis; ich werde nicht bei dieser Erzählung zu
meinen Yortbeil erscheinen. Dieses sage ich Ihnen im Voraus ich
halte Sie aber für billig genug dasz Sie aus was darinne vorkomt
nicht auf meinen jezigen Carackter schliesen werden; üeberhaupt
wünsche ich dasz Sie micb möchten ganz kennen.'
Ist dieses nun wol die spräche eines wahrhaft liebenden herzens ?
ich betone nochmals, dasz diese beiden briefe der einzige bisher be-
kannte Überrest dieser verliebten correspondenz sind.
Das buch leistet noch mehr als der titel verspricht, denn es
bietet uns auch briefe von Schiller, wer aber in demselben sämmt-
licbe an Schiller gerichteten briefe suchen wollte, würde sich ge-
täuscht finden, denn auszer denen, die durch verschiedene umstände
abhanden gekommen sind , ist eine eben so beträchtliche partie als
die hier vorliegende in andern besitz übergegangen und wird jetzt
in der Wiener 'neuen freien presse' mit einleitenden bemerkungen
veröffentlicht; die herausgeber behalten sich vor, später gleichfalls
ein buch daraus zu machen.
Strehlen bei Dresden. Bobert BozBERaER«
60.
LEIBNIZ UND 80HOTTELIUS. DIE 17»TOnORBIFLIOHBN GBDAlOaBN,
UKTSBSUOBT UND HERAUSOBOEBEM YOK AUG. 8 OHM ARBO W.
Straasbnrg, Karl J. Trübner. 1877.
Die kleine abhandlung gibt sich als vorläuferin einer mono-
graphie über J. G. Schottel und will das Verhältnis dieses gramma-
tikers zu Leibniz, insbesondre in betreff der 'unvorgreiflichen ge-
danken' feststellen; zu dem zwecke werden auch diese selbst im
anhang (s. 44 — 81) nach Eccards ausgäbe mitgeteilt, begleitet von
den Varianten einer neu aufgefundenen handschrift (A) und (s. 82
36*
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m
648 A. Scfamanow: Labois und Schottelioa.
— 92) Ton anmerkuiigeii des Yer&saere. dan unser Leibniz sudi ek
guter Deatseher gewaeen mid ihm die ISSrdenmg dee volkes dndi
angbüdniig seiner spauobM am lienen gelegen, weist yerfteser tb
jettt anerkeant nadi. wie aber dieser schon iki jangen jahnn be-
wihrte sinn bei dem gebomen kosmopoliten des 17n jahrhanderts
sieh erkllre Ton dieser frage geht das schrillohen ans.
Schon in der so frflh geflbten aawendnng der mntterspraebe
auf abftMSong toh prooessacten wie yon gedichten erbü«^ verfiisser
den Schiller Schottels, dessen einschlagende werke ja grade in des
phüosophenjugend fielen, diese anwahmi» wird ronftchst dnrch sprach-
Uche besonderheiten gestützt, die Lmbniz im gegensais sa aeiam
landalenten mit Schottel teilt; hanptsBchlich ato dnrdi neheneni-
anderstellmig Ton Schottels gedenken und Leibnizens inszenmgeiL
nnd swar sdion ans kleineren Schriften des philosophen, die der
«ermahnnng an die Tentsche* nnd den 'nnyoigreiflidien gedankea'
vorausgehend, sich seitUoh nnmittelbarer noch an Scfaottela TO-
Offimtlidiaiigen anschlössen: ehug sind beide, daas sie auf geistige
selbstindigkeit des Tolkes ans säd durch anwendong der mntto*-
sprache anf die Wissenschaft, ans den tiefen des deiäens ond des
gemttts sollte der schätz gehoben werden; so fanden beide des
palmenordens bestrebungen ungenügend, so wiesen beide auf Luthers
bibelübersetzung als leuchtendes muster hin — im (gemäszigten)
porismus wie im Patriotismus einander fthnlich. auf grund dieser
llbereinstimmung bis ins praktische ziel hinein (gründung einer
^teutscbgesinten gesellschaft') tritt Verfasser des herausgebers (Grote«
fend 1846) meinung bei, welcher die abfassnng der 'ermabnung*
usw. bereits ins jähr 1679 oder 1680 setzt; die aber ist nach unserm
yerfasser beinahe wie eine ausführlichere einleitung, ein erster ^ent-
wurf des hauptabsebens' zu den unvorgreiflichen gedanken. er findet
eben die grundsätze beider abhandlungen gleich Schottelisch, und die
mittel? die dreifache lexikalische bearbeitung des deutschen (schon
fast, wie bei Sch., im Grimmschen sinn!), die L. wiD, wird als ein
echo aufgezeigt von den 8 puncten, in denen Sch. seine ""unvor-
greifli che»gedanken kürtzlich eröfnet'; aufgezeigt, wie beiden
hauptsache ist reich tu m,reinheitundglanz der muttersprache,
erstes mittel dazu prüfung an Übersetzung guter werke der nacbbar-
YÖlker.
Verfasser geht über zur Zeitbestimmung der unvorgreiflichen
gedanken. gegen die bisherige annähme (1697) wird geltend ge-
macht , wie auffallend jegliche erwähnung des von L. , grade wo es
sich um unser werk handle , so oft angezogenen Sprachschatzes von
Casp. Stieler (1691) fehle, an der band dreier chronologischen an-
spielungen (in A sind es nur zwei, A also älter als Eccards quelle)
kommt nun Verfasser auf c. 1679. die gröszere bestimmtheit im
titel wie in der ausführung des werkes selbst (§ 114 — 119 : Stiftung
eines teutschgesinten ordens — fehlen bei Eccard), die A vor Eccards
quelle auszeichnet, liefert zugleich einen beweis der innigsten ver«
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Bericht über die yerhaudlangen usw, deutseher phüologen. 549
wandtschaft beider Leibnizischen sehriften, der ^ermalinuiig* (in der
ja beschreibnng der nmstSnde, art und weise der geseUiM^fk an-
gekttndigt wird) und der 'unvorgreiflichen gedanken'« wiedenun
aus chronologischen gründen kann diese f assung der nnyorgreif-
lidien gedanken (A) nicht die ursprüngliche sein: ver&sser setet sie
m 1699. die haltnng heider Schriften ist aber so sehr die nSmliche,
zeigt 80 deutlich den feinen Weltmann, dasz nns in L.s antorschaft
auch für die tinvorgreiflichen gedanken der *dr. Schottel' anf dem
Umschlag von A keineswegs irre machen kann, möglich, so schlieszt
Verfasser, dasz auf L.s anfrage nach Schottelschem nachlasz der art
(9 märz 1680), die wir noch haben, der Wolfenbütteler bibliothekar
iinvorgreifliche gedanken Schottels übersandte, sollten dergleichen
aber auch in Hannover oder sonst wo entdeckt werden, so würden
sie nicht erst lehren, dasz der grosze philosoph als praeceptor Ger-
maniae betreffs bearbeitung, handhabung und Weiterbildung der
inuttersprache sich ganz an den wenig genannten, noch weniger ge-
kannten Sprachforscher anschlieszt.
Zü GOETHE.
Herr F. Sehrwald behauptet (j&hrb. 1878 II abt. s. 353), es habe
bitber kein correetor oder kritiker gewahrt, dass in Goethes 'diehtnng
und Wahrheit' teil 8 s. 66 (ausgäbe letster band) das wort 'erholmig^
nur durch einen irrtnm in den tezt gerathen sei. diese behaaptung ist
nicht begründet: denn schon in der bei Karl Prochaska (Leipzig:. Wien.
Teschen) 1870 herauflgekomroenen Qoetheausgabe bd. XV 8.219'* ist das
betreffende wort richtig entfernt.
Hamel» a, d. Weser. E. Ziegleb.
(63.)
BERICHT ÜBEB DIE VERHANDLUNGEN DER DBEIUND-
BREISZIGSTEN VERSAMMLUNG DEUTSCHER PHILOLOGEN
UND SCHULMÄNNER ZU GERA
Tom 80 September bis 8 october 1878«
(fortsetcong und sehlosz.)
ßectionssitzungen.
Die constituierang der einzelnen sectionen erfolgte montag den
^ September nach schlusz der ersten allgemeinen Sitzung, zu vor-
Bitsenden wurden gewihlt: 1) in der pädagogischen seetion prof.
Stoy-Jena, 8) in der germanistisch- romanistischen prof. Sievers- Jena,
4 in der archäologischen prof. Gädechens-Jena, trelohe drei herren
Digiiized
660 Bericht Aber die Terbandiimgen der SSn yexumiämg
auch die vorbereitunpren dafür übernommen and die g^schilftsfn'hmnflr
besorgt hatten. 4) in der orientalischen prof. Gildemeister- Bonn und
A, Weber^Berlin. 5) in der mmthematisch-iiatarwissenfchafüicheii real-
sehiüdirecior Kiesaler-Gera. 6) in der kiitieeh-ezefetlfldMii prof. PiicB-
Ltlbeok und StademoDd-StraBsbarg.
Die zahl der mitglieder betrug in der mathematischen section SS,
sie war meines erachtens ungefähr gleich grosz in der orientalischea
and in der germaniatisch-romanistischen, wol etwas kleiner in der
arehioiogiäcben, erbeblleh gröner (58) in der kritiseh-exegetiachen, am
frdelea eateebieden In der pldegogieeben.
Ifii einifer genanigkeit nod anefObrlidikeit vermag ick snr aber
die unter nr. 1, 3, 4 und 6 genannten sectionen bericht zu erstatten,
begnüge mich dagt'gen für die germanistisch-romanistische und die
mathematiach- uaturwisäcQscbaftliche section im wesentlichen mit der
Wiedergabe der Ten den berrea Toreitxenden in der vierten allgemeinen
fttnuif eretaitetea referate.
L pädagogische section.
Da die section dienstag den 1 october sich mit der mathematisch-
naturwissenschaftlichen vereinigte, so fand die erste und einzige separat-
Sitzung mittwoch den 2 october in dem saale der tonballe statt, sie
begann 8 uhr unter dem vorsitz des prof. Stoy-Jena. auf der tages-
ordaaaf itaadea:
a) dIseaesioBsfähige mittettaagea tob gjmaaaialdir. OroBser>Wül-
stoek über grieebische eztemporalien and ezereitien,
b) Vorschlag einer nenea projectioB Tea eebalwaadkartea ^ea
gymnasial lehr er dr. Zelle-Berlin,
^ c) über ein erst später anzukündigendes thema von gymnasialdir.
Pähler- Wiesbaden,
d) aaeserdem erkttrea eieh gymaasiallebrer dr. FrommaBa-BUdiagen
aad prof. Stoy-Jeaa bereit » aaf Terlaagea der eecttoa thesen Tona-
legen.
Dir. PShler war verbindert zu kommea aad Ton dea fibrigea aa-
gemeldeten vortragen reep. tbeMU kamea aar die sab a and b en^Qm*
ten zur Verhandlung.
Bevor dir. Qrosser seinen Vortrag begann, erbat sich dr. v. Kampen-
Ootba das wort aad aiaebte die aitteiinng, vor l&ngerer seit sei den
Tenebiedeaea gyaiaaeien voa der Terlagsbacbliaadlang tob Jastos
Perthea-Ootba eine einladnng zur snbscription auf ein von ihr in an-
griff genommenes kartenwerk und bald darauf auch ein probeblatt aus
der ersten serie desselbeu zugeg.mpjen. es erscheine unter dem titel:
'descriptionea uobilissimorum apud classicos locoram' und bestehe aus
•pecialkarten xam gebraaebe belai aaterriebt I6r eine reihe rSaiiscker
ond grieehieeber aatoren; I8r Caeear eelea 16 la aaeeleht gaaoaiaira
(illuslrationen zu de hello Gallico I 23—26. I 4S— 52. II 6—10. II 16-
28. III 1-6, 12—13, 14—15, 17—19. IV 16—19. IV 20-36. V 8—23
V 24-37, 38—51. VII 14-31. VII 34—53. VII 57—62. VII 66—68. VII
69—90. VIII 7—23. VIII 32—44), welche in fünf lieferungen, jede zum
pr^ee Toa 86 pf., bis eetera 1879 ansgegebea werden sollen, dieser
eritea serie soUea, wenn das nateraebmea beifall fiade, die Ülnstra-
tionea sn Xenophon, Cnrtios, Livins usw. so schnell als mSgUcb aaeb-
folgen, jcdfs blatt sei einzeln für 12 pf. käuflich, and rechne er und
die verlagsbuclihandlung, letztere, um bei guter ausführung der karten-
blätter den so billigen preis einhalten zu können, anf allseitige onter-
atStsnag.
Haa liesebloss, samal voa der tetlaaluae die weiterfortsetaaiig des
karteoaateraehmeas für Zeaepboa, Cartins asw. äbhiagig sei, die be-
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deutscher philologen und schulmänner zu Gera.
551
strebnngen des lieransgfdbert der beftohtang and nniersttttsang der faeb-
genossen angelegentlichst za empfeblen.
Darauf hielt dir. Qroiser leinen vortrAg und stellte folgende
theeen auf:
1) das griechische scriptum ist auch in der prima und im maturitäts-
ezamen dnrebans nnentbebrlieh, wenn fiberhanpt der grieebieebe Unter-
richt nutzen nnd frilohte bringen soll. 9) die methode moei — nnd
das bezeichnete er als den kern und brennpunct seiner mitteilungen — -
bestrebt sein, die griechischen Übungen mit naohdrack sa betreibent
ohne der lectüre zu viel zeit zu rauben.
Dazu maehte er folgende ausführangen : als form der extemporalien
ist in qnarta nnd tertia die Ton karten sStsen die geeignetste; dagegen
dfirfen in secunda die repetltionsextemporalien aus rücksicht anf die seit
nur aus einfachen formen bestehen, da die formen die bausteine zum
salze sind, so dürfen sie auf dieser stufe nicht ganz fehlen; alle vier-
zehn tage kann eine Tiertelstunde darauf verwendet werden, sats-
extemporalien sind in den oberen dassen >nr einftbnng der syntax
erforderlich nnd lehnen sich in secanda an die durchgenommenen syn-
taktischen pensen an. die sätze sind aus dem Stoffe der classenlectüre
zu entnehmen und daraus umzubilden: in prima werden zusammenhän-
gende stücke möglich, jedoch entlehnt auch hier der lehrer den stoff
womöglioh der leetllre. eztemporalien sind in qnarta ond tertia ent»
schieden gewöhnlieb snbitoextemporalien , d. h. der sehüler sobreibt die
deutsch dictierten Worte sofort griechisch nieder, auch in secunda ist
dies in der regel anzuwenden: das extemporale ist erforderlich zur er-
langung der nötigen schlagfertigkeit; für clausurarbeiten wird der text
dietiert nnd dann sofort ausgearbeitet, in prima wird der dentscbe
text notiert, aber sofort von den primanern griechisch ins unreine
niedergeschrieben; nach einer kurzen revisionszeit wird dann das grie-
chische ins heft eingetragen, diese regelmäszig von Gr. angewandte
methode rereinigt die vorteile der beiden andern: der sehüler gewinnt
seblagfertigkeit, aber bebilt seit snm repetieren.
Von grosser bedentnng sind die mfindliehen extemporalien
oder retroversionen nicht blosz übersetzter capitel, sondern auch noch
nicht übersetzter oder erst zum präparieren aufgeg-ebener; sie sind, je
nachdem sich ein capitel dazu eignet, unverhoöt mit den schüIern voi^
»mebmen. dadnrcb wird der fleiss der präparation vorzfiglieh contro-
liert und gesteigert; die sebüler wissen, dass sie gesattelt sein müssen
und flegen sich viel besser vorzubereiten; sie werden gewöhnt schlag-
ferti<:r zu sein, die lectüre schreitet dabei selbst fort, ohne sonderlich
viel zeit abzugeben.
An den meisten gymnasien sind griechische Übungsbücher einge-
führt; zn diesen nimmt man bei etwaigem mangel an zeit zum dictieren
Ton exercitien oder extemporalien in der regel seine Zuflucht, an vielen
anstalten benutzt man sie ausschlieszlich. im laufe der zeit ist es aber
nicht zu vermeiden, dasz panze hefte corrigierter exercitien in den hän*
den der sehüler sich befinden, selbst dann, wenn streng auf ablieferung
dorchgeschriebener bücber gedrungen wird, abgehenden oder erkran-
kenden Schülern gelingt es häufig ein solches beffc snrflokzubehalten
und damit einen ihrer mitschüler zu beglücken, um diesem Übelstande
abzuhelfen, läszt Gr. ans den in den bänden der sehüler befindlichen
lateinischen Übungsbüchern passende stücko übersetzen; Seyffert, äüpfle
und andere qnalifieieren sich ganz gut dazu, die yorbandenen sebwie*
rigkeiten werden vorher kurz erwähnt; die Stilistik kommt ira wesent-
lichen nicht in betracht. Gr. bat beobachtet, dasz die sehüler sich
schon beim zweiten oder dritten male ganz gut hineingefunden haben.
~- Die rückgabe der arbeiten darf nicht viel zeit in auspruch nehmen;
der sebwerpnnet der correetnr mnss im banse des scbülers liegen: die*
Mr wird angewiesen, bis zn einem gewissen tage die angestricbenea
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552 Bericht über die Terhandlimgeu der 3dn versaxumlimg
fehler mit hilfe der gremmatik doreli eigenee nmehdenken im lumie
••Ibet so Terbessern. die seite gegenfiber bleibt leer, damit die cor-
rectur auch übersichtlich eingetragen werden kann, gedankenanstaasch
in liieser beziehung ist nicht blosz nicht verboten, sondern wird empfoh-
len als anregend, die wirklichen Schwierigkeiten oder von den schü-
lem nicht geftuidenen Terbetienuigen bleiben allein aar bespreehnng
Übrig, in eecnnda aehiekt der lehrer vor der zurückgäbe der hefte eiae
allgemeine besprechunp^ der gemachten bedeatenderen fehler voraas;
die Schüler bekommen während derselben die hefte nicht in die bände,
denn sie stöbern sonst schon in den nächsten bätzen hemm und wissen
nicht, woTon die rede Ift. ea ist notwendig, die schriftUeheit hlss-
lichen nachconeetoren an controlieren; der lelunr man aein vidi dar-
onter achreiben und die Schüler müssen zum zweiten male verbessern.
Wie die retroversion zum extemporale, so verhält sich auch
die mündliche Übersetzung ans einem übuugsbuche zum
eseroitinm. hierin kann man daa eingefOhrte giieehiache Qbn&gabnek
benutaen. daa anr präparation anfgegebene atfiek wird sata für sata
durchgenommen, die einzelnen perioden werden zunächst vorg'elesen,
dann die arten der uebcnsätze festgestellt und die dazu erforder-
lichen conjanctionen genannt, andere scbüler werden herangezogen,
nm die atmetar der eonjnnctionen nnd die möglichen yariationen einer
construction ansngeben. nach diesen prälirainarien musz ein anderer
Schüler den satz vollständig übersetzen; dabei darf der lehrer ihn nur
ganz selten unterbrechen; sonät würden sich die übrigen scbüler in-
swischen auf das folgende präparieren, die eigentliche berichtigung
erfolgt erat am ende der periode nnd awar wieder dnreh andere neUlcr.
man sneht dabei möglichst viele scbüler heransnsiehen , teila nm den
fleisz zu controlieren , teils um sie jeden augenblick bei der sache zu
halten, in primu reicht eine grammatische stunde aus, und zwar kann
alternierend einmal aus beyffert usw. übersetzt, das andere mal ein
neneates grammatisches pensam besprochen werden; gewiaae dinge aber
miliaen immer betont werden, io die bedentnng der modi dea aorial^
der unterschied zwischen urteile- nnd begehmngaaata, gebraneh Ton dn
oder des Infinitivs in urteilssätzen usw.
Resultat: die scbüler arbeiten schnell, die abiturientenarbeiten fallen
gut ans bis auf die fonnenfehler der tertia: fast in jedem semcster über-
reichen die primaner dem redner (Gr.) freie griechische arbeiten, die
aie nnanfgefordert maehen.
Priaident glaubte, daas dir. Oroaaer eine formnUemng in beatimnitea
aStaen aneapreehen wfirde.
Dir.Grosaer: 1) das griechische scriptum ist auch in der prima und
im abiturientenexamen durchaus unentbehrlich, wenn überhaupt der
griechische Unterricht nutzen und fruchte haben soll. 2) die methode
musz bestrebt sein, die griechischen Übungen mit nachdruck zu betrei-
ben, ohne der leeäre an Tief aelt an rauben.
Qeh. rath Sehrader-KSnIgsbefig hSlt die belbehaltung dea grie-
chischen scriptums in prima für eine lebenafrage; er wisse, wie schwach
die leistungen der scbüler gewesen seien und noch seien; er habe ge-
legcnheit gehabt zu beobachten, wie seit seinem amtsantritt die leistun-
gen wieder besser geworden seien, er behauptet, dasz das scriptum
nnd die darauf yerwendete aeit keineawegs anr beeintrSchtigang der
lectüre dienten, sondern anr fördemng; deshalb hält er es für einen Ter*
unglückten versuch, wenn in secunda die grammatik geschlossen wird
und weist nur darauf hin, dasz die feinere fühlung der spräche in
Satzverbindung, satzbau und partikelanwendung erst in prima dem
aehttler anm bewnstsein gebracht werden könne, die leetnre wild
besser von ihm getrieben, wenn er durch fortwährende atndien in den
besita der apraehe gebracht wird. Sehr, würde aich freuen, wenn yoa
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deuiaoher phüologen und scbolinftiiiier zu Gerai,
553
ler Tersammlang ein zeugnis für die onentbebrlicbkeit des scriptoms
ibg«lagt werde.
Prof. Eckstein; 'ich freue mich darüber, dasi wir einen gegen-
ständ zu besprechen haben, der allgemeines interesse und praktische
jedeutung hat; aber ich möchte warnen, dasz wir nicht eingehen in
nne genauere besprechung der entwickelten methode; es sind eine
masse von dingen, über die zu streiten keinen werth hat. die methode
let der lehrer; wenn direetor Grosser es so macht, macht ein anderer
ia anders, mein vorsehlag geht dahin, dasz der vor Einigen Jahren in
Leipzig* aufgestellte grnndsatz auch heute wieder angenommen werde:
das griechiscbe scriptum ist in prima unentbehrlich, um die sicher*
heit in der lectüre zu erzielen,
et freut mieli hervorgehoben zu sehen, dass die lectttre das wich-
tigere sei.
Dir. Grosser erklärt, er habe nur ein ezemplura geben wollen,
wie mans machen kann, und die thesen nicht zur discussion zu bringen
beabsichtigt, der kernpunct seiner auseinandersetzungen sei: die me-
thode mfisse darauf bedacht sein, der leotfire nicht an viel zeit zu
rauben, sondern dnroh intensives wirken einen nachdraek anf gramma-
tische Studien zu legen.
Dir. Oberdick-Münster erklärt sich einverstanden mit prof. Eck-
stein und hält den Zusatz 4m interesse der gründlichkeit der lectüre'
für notwendig.
Scholrath Krnse-Daasig erachtet fOr wllnscbenswert, dass nicht
in jeden satz eine masae von Schwierigkeiten nod ^Verschmitztheiten*
hineingebracht werden; das griechische scriptum sei beizubehalten, aber
dürfe nicht eine palästra für alles mögliche sein, er versteht es nicht,
wie .mau aus einem lateinischen Übungsbuche exercitien für das grie-
chische machen kann, nnd besonders» wie die Übungsstücke Aber den
coiganetiv fkitnri übersetzt werden sollen.
Dir. Grosser: 'ich glaube, der Vorwurf ist doch ziemlich erledigt
durch den gemachten Zusatz, dasz es sache des lehrers ist, mit Sorg-
falt geeignete stücke auszuwählen, es handelt sich hauptsächlich um
einfibung der casuslehre ; dazu, meine ich, reicht Seyffert usw. aus. es
kommt nur darauf an, ein buch zu finden, das in den binden der
•ehiiler ist.'
Präsident wünscht die erste these zum abschlnsz zu bringen; er
hält es für erforderlich, eine erklärung abzugeben für die unentbehr-
lichkeit des griecliischen scriptumsi er wünscht, dasz die these trotz
des Leipziger beschlusses emenert werde, weil die angriffe gegen
das scriptum sich neuerdings wiederholt und Tcrstürkt haben«
Nachdem dann der thesensteller seine fassung zurückgezogen und
die Ecksteinsche befürwortet, wird die these in der oben erwähnten
(von Eckstein proponierten) form einstimmig aufi^enommen.
Darauf schlägt prof. Hirschfelder folgende fassnng der «weiten
thsse Tor;
eine richtige methode hat zu verhüten, dasz an die kraft und
zeit der schüler zu hohe anforderungen gestellt werden.
Prof. Eckstein erklärt sich damit einverstanden, wünscht nur statt
der Worte 'eine richtige methode hat' das einfache 'es ist' gesetzt zu
sehen;
In dieser Terinderten form
es ist zu verhüten, dasz an die kraft nnd seit der schttler sn
hohe anforderungen gestellt werden
wird die these scblieszlich einstimmig angenommen.
Bealscknllehrer dr. Wittich-Kassel erklftrt, die realschale sei in
«hier gewissen weise angegriffen worden, ale ob sie front mache gegen
* Ygl. diese Jahrbücher 1872 2r teil s. 197.
L.iyui^L,d by Google
664 Bericht über die Verhandlungen der 33n Tersanunlung
dM rautatiiiiB; «r glaabe <U« realiehiile dag«f«ii ▼enrakran m mVim:
«wir U kinpfen für die realschale, lüeht gegwi das gymnasiam.' obgkMi
er keinen griechischen uuterricht erteile, sei er doch mit dem ^rösten
teile dessen, was dir. Grosser gesprochen, soweit es den sprachlichea
Unterricht anbetrifft, sehr einverstanden; dieselben thesen, wie über
dM ■criptum im grieehiaeheii «od die granmatik im TerliilftBit nr
lectüre , wfinaehe er auf realschnlen ausgesprochen, bisher habe keift
lateinisches scriptum auf der realschuie bestanden und der respect vor
der spräche sei nicht der nötige; er werde vorhanden sein, wenn be>
Stimmungen getroffen würden, dasz in xukunft eine abiturientenarbeit
in latoiaiaeheii geraaeht werde, wie im der provini HeneaoHaMMU
der seküler solle dadurch nicht mehr belastet werden, nber die adh
tnng vor der spräche werde ihm gröszern fleisz geben , und wenn mit
nachdruck vom lehrer die retroversion usw. betrieben werde, wenn die
aufmerksamkeit wach gehalten werde durch äuszerlichkeiten, wie er-
wiknt, wenn einkeitliehe , riektige aettiode geübt werde, dnnn wMm
die realschnlen im latein mehr wa leisten im stände sein*
Nächstdem legt gymnasiallehrer dr. Zelle -Berlin der section seine
in einer neuen projection entworfene wandkarte von Europa vor. er
verpönt die bisher übliche darstellung sei es der meridiane oder der
parallelkreiee oder beider sugleieh mit krummen linien und empfiehlt
statt deren den gebranoh der geraden linien, nm Ton eeztn an sine
gleichmUszige geographische anschanong zu erzielen, besonders werde
auf diese weise dem Übelstande abgeholfen, dasz dem schüler in der
classe ein land in ganz anderer gestalt und läge erscheint als zu bause
avf seinem atlas, weil dort — wegen der meist nnsureichenden hilfs-
mittel beim geographieeken nnterriekt — die wandkarte dos 'Ordteib
benutzt werde, der schftler aber zu hause im Interesse der grfindliok-
keit der repetition die specialkarte des betreffenden landes zu ratbe
ziehen werde, dazu komme, dasz die absieht jener darstellung, dem
Schüler einen begriff von der kugelgestalt der erde beisubringen oder
Tiolmekr ein wirkliehos kngelttttek In effigie TonnfBkren, nnf gedaelte
weise gar niekt erreicht werde, weil der schatten nickt angewandt wer-
den könne, ein einseines bild ohne sokstton nns aber nie den begriff
einer kugel gebe.
Präsident dankt dem vortragenden für den dnrckans neuen ge-
danken, sckneidot aber mit kinweis anf die vorgerückte stunde jede
disonssion ab.
Zum schlusz' ergreift gymnasiallehrer dr. Koldewey- Wolfenbüttel
das wort: er beabsichtigte einige mitteilungen zur schulgeschichte; es
sei jetzt eine rege thatigkeit auf diesem gebiete; es würden viele
specialgesekiekten angefertigt mit groszer gründlicjikeit and TieleiB
fleisze; dadurch werde wichtiges material für ein zusammenfassendes
werk der geschichte der päda^^ogik geschaffen, die bis jetzt erschie-
nenen werke der art litten siimmtlich an dem fehler, dasz die detail*
forschung, die geschichte der einzelnen gjmnasien, nicht genügend be-
rileksiektigt sei. man kenne die fükrer Melanektkon, fttorm, Batiehhis
nsw., aber wie nun die armee der sekalmKaner deren programm durch-
geführt habe, wisse man bis jetzt wenig; man höre den coramandoruf
der officiere, kenne aber weder das exercierreglement noch die exer-
citien der truppen. er sei der meinung, dasz eine kenntnis der Schul-
bücher, welche seit der reformationsseit an protestantiseken gjnmasiea
Dentsehlands gebraucht worden sind, notwendig sei; man müsse also»
um gerade die methodik und technik des unterriehts kennen zu lemeoi
bei der abfassung von schulgeschichten sein angenmerk darauf richten,
welche Schulbücher eingeführt, wie lange sie da und in gebrauch ge-
wesen seien nsw. dann könne in zusammenfassender weise eine sta~
tistik der seknlbfieher hergestellt werden: von besonderer wicktl^^eit
würde dies anek für die gesckickte des religionsuntsriickts sein.
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deutBoher philologm tind Bchulmftnner su Qtmm,
565
Prof. Eckstein: die ausführung dieses Wunsches sei nicht so leicht,
^vie K. sich denke; dieser habe ja selbst eiaeu prächtigen versuch ge-
maohty ttbar einige lehrbfieher eine »ehr aoenrste bibliograpldMhe sa-
ssmmenstellang zu geben; er selbst (E.) sei einen guten e^ritt weiter
gegangen und habe für die lateinischen Schriftsteller das raaterial seit
dem I6n Jahrhundert zusammenzustellen gesucht; aber er wisse recht
gut, was für lücken er in seiner Sammlung noch habe; der grund da-
von sei: unsere bibliothekeil haben nie darauf geachtet schnlbücher za
sammeln p und es sei sof all, wenn Sltere seholbibliothekra nodh exem-
plare alter schalbficher haben, die gröszeren g^ammatiken, rhetoriken,
Stilistiken usw. seien meist noch vorhanden, aber die Schulbücher seien
rar und meist verloren gegangen, indes der wünsch K.s sei «ehr ge-
rechtfertigt und deshalb hoÜ& er, dasz diejenigen berreu, die samm-
Innc^n haben, denselben nnterstütien werden, er danke für die von
K. gegebene anregnng.
Nachdem prof. Eckstein dem Vorsitzenden für seine thiitigkeit
gedankt und letzterer die anwesenden religionslehrer im namen des
dx. Heinzelmann-Erl'urt aufgefordert hat, sich behufs Organisation eiues
enffem snsammensehlnsses tiur die znkunft in ein separatsimraer ma be-
geben, wird die sitsnng gesehlossen.
n. Kriti8ch*exegetische section.
Die kritisch-exegetische und die archäologische section haben ge-
meinsam getagt, dergestalt, das« in der ersten sitinng, dienstag 8nhr,
die Verhandlungen der erstgenannten, in der zweiten sitanng, mittwoch
8 uhr, die der letztgenannten section auf der tagesordnung standen, in
der dritten gemeinschaftlichen Sitzung aber, mittwoch nachmittag 4 uhr,
die restierendeu vortrage beider sectiouen erledigt wurden.
Erste sitsnng, dienstag 8 uhr.
Zur besprechung kamen eine reihe thesen von prof. Bernardakis-
Athen: conjecturen aus Sophokles, Thukydides, Plutarch, Diogenes
Laertius; es waren drei emendationsversucbe zum Sophokl eischen Oedi-
pu Colonens und je ein textrerbessemngSYorsehlag au Thukydides,
Plutarch und Dionysius Laertius. eine Xenophontebche stelle (Cyri
instit. III 1, 86) gelangte nieht anr yerhandlung; an die übrigen
knüpfte sich eine teils längere, teils kürzere discussion. da ich
nicht in der läge bin, die einzelheiten derselben vorführen zu können,
begnüge ich mich mit der angäbe, dasz die emeudation einer stelle aus
Plutarehs eonriv. sept. sap. den misten beifaU fand und allgemein IKr
•ehr probabel gehalten wurde, und lasse die theaen B.fl unter angäbe
des ursprünglichen textes folgen;
1) Soph. Oed. Cd, v. 361:
i-^sh Td ^€v Tiaerifiae* änaeov, irdrcp,^
l^TlTOOca T?1V ci\V ItOO KötOlKOinC TpOtp/^V
irapClc* Wcuj. Mc TÄP o^'Xl ßoiiXoiiai
iTOVoOcd T* dX^etv xal Xi^ovc" avQ\c TrdXiv.
B. will statt Tpoq)f|v Kpuq)f|V lesen in gleicher bedeutung wie KaxOKpucpn
(cf. Oed. Col. v. 218: oö yäp ixiiJ KaxaKpiMpdv). bedenken erregt die
Mbildung: denn Kpu9r| ist in der ganzen griechischen litteratur aisht
'>«l««t.
t) 8oph. Oed« Col. 876:
Xib M^v vcdTujv Kai Xp6vu) ficfwv y£fdjc
TÖv TipöcSc YtvvTiödvTa TToXuveiKTi Opövwv
diT0CT€p{cK€i, KdEeXfjXaK€v irdxpac.
6 b', <bc Ka8* i\\xäc CcB' 6 irXfi^uiv Xötoc,
Tö KoUov *ApTOC ßdc qpUT^i irpocXa^ßdvei
KffiU T€ Kaw6v Kol Ewacmcrdc 9U0UC,
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556 Beriekt fiber die Yerhandlnngea der 33n TersammloDg
•
\bc oOtik' "ApTOC fi tö Kaö>x€iujv ir^bov
Ttfi^ KaOllov irpöc oöpovöv ßißAv.
•Utt des in apogr. Paris. 2712 stehcadea MBNEov Um! Dindorf «oO&liV.
B. ■ehlii^ vor T. 380. 381 folgend erinaszen so lesen :
U>c auriK* 'Apfoc ol tö Kab^€{«Juv tt^&ov
Tifi^ Ka6^ov Kai (oder k^Ic; naxpöc 6pövov
and Terteidigt dieM leMurt nater hinwait naf t. 876. 877.
8) Soph. Oed. Ool. t. 818 s
^apTupofiai Toucb*, o6 c^, irpöc hi touc <p(Xouc
Ol' dvraMcißci ^tf)|MiT*, 4v c* IXtti WQfti (oodicce).
dufüx bietet Dindorf :
>iapTupOMai toucö* oöxi c*, 6c tvuicci <piXouc
ot dvTo^cißei K. T. X.
B. vefONitei:
MapTupoMQt ToOcb', oö c^, wfioMrmx ^iXouc.
4) Thokyd. V 111 cxtr. : ckotttTtc ouv xal MCTacrdvTUJV i^mjuv Ka\
iv6u|i€Tc6€ TToXXdKtc ÖTi Tiepi TTarpifecc ßouXcOecSe, r\v fiiäc ir^pi koI
^(av ßouXi^v TuxoOcdv Te Kai KaTop6dicacav ^cxai (andere lesart
ICT€).
B. lieet: TT€pl mnfrf&oc ßouXcüccGc dc9aX€iac «4pi, waA pCmr
ßouXiftv . . . icxL
5) Plutarch. conviv. «ept. aap. c. 2 p. 147 b: FeiupToO ydp dKpi-
bac Kai öpviöac dvxi TrupOjv xal KpiGujv cuxKOMiZeiv ^Ö^Xovtoc oObiv
biaq)^pei Tupavvoc dvöpairdöujv f^dXXov dpxciv fj dv&puiv ßouXöfiCvoc.
Die paläographiscli leichte Koderang tob dkpibac in Kvi&ac, nesseln,
die B. befürwortet, ist hinaichtlidi der bedeniong anspreebend and findet
allgemein anMang. ansserdem (liest B. mit D5bner ftvuivibac statt
OpviOac.
6) Diog. Laert. in vita Xenopliontis:
'AcBeviKH T€ XÖTUiv bväc fi Tpidc €n iröpcui
ofoc advo^diov ^t* Aiq((vou oök iiriiiciO^c xpAf^
statt ^mirciOi^c findet sieb anob die lesart diroO^c B. proponiert £»l-
gende emendation:
oXouQ Eeivcxpöuiv öcIt' Alcxivou ouk ini )xicd4'*
Zweite sitsnng, mittwoob 4 nbr.
Znnftcbst trägt dir. Klnssmann-Rndolstadt seine ansiebt fibcr
einen loeos eoaeuuaatus in Ciceros schrift de oratore I 86 TOr» den er
foigendermaszcn emendiert zn sehen wünscbt:
quaerebat cur prooemiis et epilog^is et DC huiasmodi nngis —
sie eniiu appellabat — referti essent eoram libri.
die bandsebriflen nnd beransgeber bieten dnrebweg: cor de prooenib
et de epilogis et de hninsmodi ete. den bauptanstosz habe an diestf
stelle die präposition de gegeben; man habe sich begnügt (besonders
Mayhoff im 99n bände dieser Jahrbücher s. 791 — 795) referti gleich-
bedeutend mit multi zu nehmen, ein beispiel dieser art sei nicht auf-
snfinden; man babe rieb sogar bemfibt» biersn die siOitere art des ge-
bvanebs bei Tertnlüan berbeisusiehen. andererseits habe Majboff vor-
geschlagen: de eiusmodi rebus nugis. die verbindung^ nugae de sei
unciceronianiscb ; er selbst glaube, es habe an dieser stelle gar keine
präposition gestanden , sondern, da man mit majuskeln schrieb, DC »
seseentis. ein ibnliebes Tsrsebreiben liege in der Tita Tenatiiia* ?or,
wo das wort CVM nnd die saJü CVIII Terwecbselt worden sind.
Dir. S o ro f-Putbus: die conjectur sei ansprechend, aber er Termisse
ein wesentliches requisit, die notwendigkeit derselben, warum solle
man nicht sagen können: über refertus est de aliqua re? eine ana-
logie dieses gebranebs wäre multum esse de, es liiesse so viel als *ls^
giter ezpositnm est de bae le'. es komme binsn, dass ibm niebt reelit
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deaiBoher plnlologen und Bchnliiütainer za Geia.
gefallen wolle: prooemiis et epilogis etc. die artes rhetoricae sind
angefüllt mit proömien und epilogen etc.
Dir. Klnssmanxi glaubt, dass die beziehung auf exponere aliquid
und da aliqna re scbwerlich am platia ist; referoire aJiquid de aliqua
re sei absolut für sieh undenkbar, ferner verweist er auf das wieder-
holte 'et'; der redner habe die absieht gehabt, die einzelnen termini,
auf die es ankommt, anzuführen, endlich erklärt er, er sei von vorn
herein nicht der meinung gewesen, als seien Sammlungen von proömien,
bespiele toh epilogen nsw. in Terstehen.
Prof. Bursi an -München pflichtet Sorof liinsiobtUeh der beibelial-
tnng des überlieferten textes bei; der redner wolle nicht sagen, die
libri seien angefüllt mit dingten wie proömien, sondern mit auseinander-
setzungen, Vorschriften für proümieu usw. er glaube, es lasse sich die
fiberliefsrang mit einer leisen breTiloqneni erklftren; man mttsse ein
wort wie ezpositionibus , dissertationibns ergänzen und übersetzen: er
fragte, warum die bücher derselben angefäUt seien mit aoseinander-
setzungen über proömien, epilogen usw.
Dir. Klussmann würde ganz dieser ansieht beistimmen, wenn es
sieb niobt um die bedeutendste sehrift Gieeros handelte; in den Tosen-
lanen z. b. würde er viel weniger bedenken haben.
Prof. Kvicala will de in der bedeutung 'was anbetrifft' nehmen.
Dir. Sorof würde refertum esse de mit analogien, selbst aus der
Schrift de oratore, gestützt haben, wenn er vorher darum gewust und
seit xnm snehen gehabt hfttte. warum in einem dialog eine solche rede-
weise nicht gebraucht worden sein könne, sehe er nieht ein; das moment
der gefeiltheit der sehrift könne er nicht anerkennen.
Prof. D int er- Grimma: anszerhalb des Zusammenhangs sei die con-
Jectur ganz vortrefflich, aber in den Zusammenhang passe sie nicht.
§ 86 am ende stehe de diseiplina ioTentntis, de institia, de patientia
usw., und bald daranf in § 86 de eivitatibns instituendis, de scribendis
legibus, de aequitate, de iustitia usw. dieser parallelismus überzeuge
D., dasz unsere stelle vollständig echt, dasz die drei de hintereinander
in de prooemiis et de epilogis et de huiusmodi nugis nicht zu besei-
tigen sind.
Dir. Klnssmann: wenn dieser parallelismns wirklieh Torhanden
wäre, dann würde er sich nicht so finden, dasz er gegen die gewöhn-
liche construotionsweise spräche; dann seien auch mehr als drei glieder
zu erwarten.
Prof. Linker denkt an einen titel ^de prooemüs% der als in-
deelinabile behandelt wäre; dann könnte man dir. Klussmanns ansieht
betreffs der ändemng des letiten de in DC « sescentis immerhin bei-
pflichten.
Dir. Klussmann und dir. Sorof geben nicht zu, dasz eine solche
angäbe mit gänsefüszchen gegen die satzconstruction möglich sei.
Damit sehKesst die debatte und es erhält nnnmehr das wort
dr. Gropius-Weitbnrg rar entwicklung seiner ansieht über die
ßtello in Apollonins Argonautica IV 1031 — 1032, und im anschlusz daran
über die Verteilung des textes dieser sehrift auf blätter und Seiten in
dem codex prototjpus und dem Laurentianus 32, 9.
Die betreffende stelle lantet;
0(fV€K€V tC»)Ll€T^pOtaV dT02Io)uiai*
Gropius nimmt hinter 9^pTaT0i eine lücke an; wie sie im einzelnen
ansraffiUen sei, könne er nieht angeben, vermute aber, dass der genitiT
^fi^uiv TÖn einem ausdruck des bittens abhänge, der an der bezeich*
neten stelle ansg-cfallen und dasz ein versglied fehle, welches einen
grnnd für diese bitte enthielt, was nach Gr.s ansieht etwa zu ergänzen
ist, geht aus seiner Übersetzung der stelle hervor: ^
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558 Bericht über die Teriiandlmigeii der 88n yemmmlimg
'eacli, meine tbeuersten, bitte und beschwöre ich, mir beizustehen,
weil ihr mich hierher geführt habt und weil ich um eurer kämpfe
willen im eorge bin.*
Or. gibt darauf an, er sei sn der emialiaM einer IScke hnoptelehliek
durch die betracbtung dessen gekommen , was Keil in seiner recension
den Lnurentianns 32, 9 über die letzten quaternionen des codex berichtet,
und führt dann aus, wie der tezt im du quaternio auf die einzeloen
Uliter TerteiH iet: dereeibe enilillt t. 1068—17» dee IV bnehe nnd
xwar kommen dnrchsehldttlich auf jede seite 42 verse (1729 — 1058««
671. 672 : 16 » 42). an drei stellen ist eine erhebliche abweichang:
auf der rückseite des ersten blattes stehen nur 17 verse, auf der Vorder-
seite des 2n blattes auf der rückseite 28, auf der vorderseLte des
8n blattes 70, aaf der rttekeelte fS. ans dem felden von S6 yersen enf
der rttekeeite des ersten blattes (17 -|- 85 49) und daraus, dasz die
summe der verse des 2n und 6n blatte« ^32 -f 28 + 70 -f 62 = 19-2)
um 25 (thatsächlich 24) gröszer ist als man bei der durchschnittszabl
von 42 Versen pro seite erwartet (4 • 42 168), schlieszt Gr., zujnal
die sahl 25 noch öfter in ftbnüeher weise wiederkehrt, dast im eodsi
prototjpas anf der eeite S6 verte geetaoden haben, und setzt nnn an
der band dieser thatsachen auseinander, dasz in der abschrift der ersten
band im 8n quaternio 100 verse =: 4 selten » die mittelste blattlage
fehlen, welche wol in dem von dem abschreiber benutzten, in desolatem
sastande befindlichen codex verloren gegangen waren, und femer, dass
doreh aoseinandenreissea der lasaminenhlngenden blätter 1 nnd 8, 2
vnd 7, 8 ond 6 im folgenden qnalemio nnd durch anf dieee weise her-
vorgerufenes abscbrei^Mt einiger Seiten am fabehen orte eonAtsion an-
gerichtet worden sei.
Obwol dr. Gropius, um die sache zu veranscbaolichen, eine ark
faesimile der betr. partlen des eodez Lanrentianns «nd des eodez pro-
totjrpus hergestellt hatte nnd den mltgliedern der section bereitwilligst
vorlegte, kam, da die zeit dränp:te, eine discusgion nicht zu stände.
Nur noch zwei bemerkungen wurden daran geknüpft: prof. Stude-
mund- btraszburg äuszcrte, dasz er, wenn die verse 1031 und 1032 des
IV bnebes, xwisehen denen Gr. eine lüeke annimmt, nieht den anfing
oder scblnss einer seite gebildet bitten, der ansteht des votvednefs
niebt beistimmen könne.
(Die verse stehen in der mitte der 7n seite, welohe y. 1027 — 1049
umfaszt.j
Prof. Bnrslan-Mflneben meinte, öm^wv nnd ü^eT^poiov könnten
nieht beide dagestanden haben, «ns sei richtig, das andere müsse fallen ,
cormpt wäre demnach die stelle, aber dnrek die annähme einer lüeke
liesze sie sich schwerlich heilen.
Darauf legte prof. Linker-Prag den mitgUedern der section zwei
emendatfonsrersaene sv Yerg. Ann. II f7ft nnd Hör. sat. I 9, 18 tot.
an beiden stellen steht ein verhorn im prIsens, wo man ein perfeot
erwartet, die einzige analogie zu diesem auffallenden gebrauche des
präsens ist nach seiner meinung Verg. Aen. IX 266: cratera, quem dat
Sidonia Dido (vergl. jedoch II 663). dazu kommt an der ersten steile
ein metrisches bedenken, darin bestehend, dass der vers nor eine cäsnr»
die hephtbemlmeres, hat. der vers der Aeneide lantett
Heetore qni redlt exvrias Indntns AehtlH^
nach Linkers Torsehlag aber
qnl rediit magni «zsTias Indntns AehiUi.
In der sieh darüber entspinnenden debatte erUirte snniehst prof.
Evicala-Prag, dasz er die notwendigkeit dner indemng nicht ein-
sehe', da der gebrauch eines historischen tempns im relativsatze durch
eine andere Vergilstelle erwiesen sei, da auszerdem die analogie de»
grieohischen für diesen gebrauch spräche und ferner das wort Heetore,
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deataoher philologen und achiüiiifiiioer m Gem.
in dem nach seinem bedünken und gfefühl etwaf bedeutsMOOSi ergrei-
fendes liege, nur ungern vermiazt würde.
Prof. Stade nun od ststaiert die Termiisfte sweite eitar hinter qni
und glaubt, dasz, da erwies enermaszen die e&nur »aoh in die mitte too
compositis fallen könne , die möglichkeit vorliege, die penthemimeref
hinter ex in ezuvias anzunehmen, er hält redit für die einzig richtige
lesart und erklärt die stelle: 'wie sehr von jenem Heotor verschieden
ist der, der eilen bekennt iit eis der eieggekrönte, der eben sorück-
kebrt ans dem kämpfe.'
Dir. Stier -Zerbst will durch Umstellung rcmedar sekeffen:
Hectore, qui exuvias rediit indutus AchilH.
Dir. Klaszmann-Kudolstadt raeint, dem dichter hätten bildliche
deretellnngen yorgesebwebt, nnd erklSrt 'Ton dem Hector, den ihr selbst
seht, den die leser kennen*.
Die sweito in betracht kommende stelle (Hör. sat. I 6, 18) lautet:
Tarquinins regno pulsus fu^it unius esiis
non unquam pretio pluris licuisse.
dafür scbreiht Linkers
Rex regno pnlsns fiigit non nnine eeele
hinc unquam pretio pluris licuisse
nnd meint, an dieser stelle sei der name Tarquinius am anfange des
Verses als ein glossem ca betrachten, durch das das wort rex verdrängt
worden sei.
Prof. Kvicala gibt die notwendigkeit der laderung nieht txu
Stadtschnldir. C an er* Berlin bftlt dee perfeet für notwendig nnd
will fnit für fugit lesen.
Prof. Blass-Kiel schlägt Umstellung vor:
Tarquinius fugit pulsus regno unius assis.
Prof. Linker hllt die nmetelinng mehrerer werte fitr Tiel kUnet*
Ii«sher als die annähme des eindringen« einer glosse.
Darauf folgen einige bemerkungen des prof. Kvicala zu dem vor-
trage von dr. Zacher-Halle (vgl. unter dritte allgemeine Sitzung), er
erklärt sich im ganzen mit diesem einverstanden; auch er sei conser-
▼atiT, mSehte jedoeb die mdgüehkeit einer Terteilung unter die vorder*
männer dee chors principiell sngeben; im einzelnen verhalte er eiek
skeptisch, er hätte besonders gewünscht, dasz Zacher in seinem vor-
trage die einschlägige abhandlung von Christ-München in den vorjäh-
rigen Verhandlungen der bayerischen akademie berücksichtigt hätte.
K. teilt deimnf die ergebnine der. natermbnng Chriete mit.
Zacher bedauert, dees er nieht mehr seit gehabt, den aufsati
ganz durchzulesen, der anfang über die parabase habe auf ihn den
eindruck gemacht, als ob das ganze auf zahlentheorie beruhe.
Prof. Kvicala: Christs abhandlung sei deshalb so wichtig, weil
sie Ton einem nenen etsndponet ans die frage sa erSrtem unternimmt,
bisher sei auf den Inhalt fast gans allein rfiekeieht genommen worden,
Christ betone die metrische form und von dieoer Seite wolle er neue
anbaltepuncte gewinnen.
Den schlosz der Sitzung bildet der Vortrag von dr. Couradt-
Stetig ftber die sablenmäszige grundlage im plane des Aesehyleisehen
Prometheus. ^
Wie der vortragende in einem programm von Schlawe (1876) die
zahl als wichtigen factor bei der abfassung der Aeschyl eischen Septem
erwiesen, so macht er jetzt einen gleichen versuch mit dem Prometheus,
er meint, dasz die zahl 13 das ganze stück beherscht und dasz das
drama bis sum eintritt der lo aus 4 • 104 Tersea, bis snm fortgange
derselben ans der gleichen seht und dasz der schlnszteil, das gespräoh
des Prometheus mit Hermes, aus 2 • 104 versen bestehe, mit einschlusz
sämmtlicher chorpartien. um dieses resultat zu erreichen, behauptet
.C. nichts gestrichen zu haben als die 2 verse 1042 und 1087, während
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560 Bericht aber die Terhandlongen der 33a Terwmmlnng
er lucken von im ganzen 7 versen annimmt, in seinem vortrage über* I
gebt er aus maogel an zeit die Bchwierigeren etellea und entwickelt
eelae theerie ea den paitieB 38—876. 66^-741. 1040— 10«3. ieli lane
die betreffenden zahlen folgen nnd bemerke dabei, den, wo die T«n-
«ahl, die C. ang-ibt, nicht mit der in den texten angegebenen fiberein-
stimmt, C. durch andere Terteiluag der seilen öfter weniger, resp. mehr
verse erhält.
38— iS7 «> 3 • 13 (5 Umb. totm, 8 eaepiet., 13 Umb«, 3 iamb»
8 anapUst).
128—158 =- 2 • 13 (8 4- 5 -f 8 -f 5).
159—185 = 7-fl2-|-7 — 26 — 2-13.
186—196 -B 13.
107—376 -i78»3*36 — 6-13.
561—374 = 13 (6 + 7).
576-608 = 11 -f 4 -f- 11 = 26 =» 2 • 13. j
609—634 = 4-f2-f7und24-7-i-4 = 2-l3.
636—686 =» 52 =- 4 • 13.
687-.741 — 63 4 • 13.
1040-1093 = 18 (t. 1042 wird gestriohen) + 0 + 8 + 13 (▼. 1087
gestrichen) = 13 -f 26 + 13 = 4 • 13. |
Die beiden verse 1042 und 1087 werden mit verscbiedenen gründen
als unhaltbar nachgewiesen, nach C.t ansieht haben eine anzahl chöre
die g^nndlage dee sifleket gebildet; in ihnen sei netfirUeh dae inUen-
princip snr aawendong gekommen; als dann spiter die trimetar ein-
geschoben worden seien, habe sieh der einflnn Jenes MUenaebenintit-
mus auch auf diese ausgedehnt.
Der noch auf der tagesordnung stehende Vortrag von dr. Heyden-
reieh-Fielbefg Aber F&bm Pietor und LiTioe konnte in «nbetraebt
der Torgerflekten leit nieht mehr gebnlten werden,
m. AroHSologische section.
V^e lebon erwfthnt, hatte eich die arehftologisehe seetion mit der j
kritiseh-ezegetischen Tereinigt nnd hielt ihre erste aitsong mitfeweeh, |
morgens 8 uhr, die zweite mittwoeh abend« aaek eehlnea der krilüdi-
ezegetischen (6V4 uhr). ;
Erste sitzungf mittwoeh morgens 8 uhr: auf der tagesordnung stan-
den TOrtrttge von prof. Gädechens-Jena über eine pyzis aus der samm- <
long PhÜemon in Athen nnd yon prof. Barsian-Mtinehen fiber die foade {
in Dodona.
Auf der pyxis, welche der vortragende in genauer abzeichnung den
mitgliedern vorlegte, waren acht figuren dargestellt, die sich in zwei
grnppen zerlegen lassen: in der einen finden wir Perseus bei den
nymphen nnterstfitst yon Athene, in der andern Hermes bei Pooeideo
nnd Nereus im Palaste.
Prof. Bursian berichtete, dasz, nachdem schon Kiepert nach den
angaben von Heinrich Barth Dodona auf dem Tomarosberge vermutungs-
weise angesetzt habe, neuerdings ein reicher Grieche, namens Kara-
paaos, dort ansgrabongen yeraastaltet und dnrdi in»durüllidie fände,
namentlich von bleitafeln, evident nachgewiesen habe, dfss dort Dodona
gelegen hat. interessant war es, auch die aufschriften cReser blcitafeln,
die meist aus späterer zeit stammen und anfragen an das orakel ent> j
halten, kennen zu lernen.
In der aweiten (abend-) sitsong der seetion trug dr. Harrlieh-
Berlin das ergebnis der von Üim über die Saalbnrg bei Homburg an-
gestellten forschungen vor. nachdem er die läge derselben genauer
bestimmt, gab er unter steter bcrücksichtigung der angaben alter
autoren eine ziemlich detaillierte geschichte der bürg und wies ans iu-
Schriften (anf steinen, mSnsen and tegnlae) fibeneugend nach, dass
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deutscher pbilologeu uud ächulmännor zu Gera*
sie bis gegen die mitte des dritten jalirhuxidert« naeh Ch. Ton rSmisehen
truppen besetzt gewesen ift. bezeugt wird die anweeenlieit der 28n
(primigenia , pia iidelis) und der 8n legion (lej^io octava Augusta, pia
felix Commoda etc.). erstcre wurde von Claudius in die Khcingegend
geschickt f blieb in der hauptsache dort bis ins dritte Jahrzehnt des
dritten Jahrhunderte nnd diente Yorsngsweiee snr beaetsnng der Teimiie-
nnd Odenwaldeattelle. die besonders in der Main- (Mainz) nnd Tannos-
gegend und in Würtemberg aufgefundenen Inschriften documentieren
die anwesenheit der logfion für die jähre 65 — 231. die 8e legion, von
Angustns errichtet, stand erst in PnnnonieUi dann in Moesien und be-
teiligte sich nach Neros tode am biirgerkriege. 70 fiuden wir sie am
Rbein (Tao. Hist. 4, 68); ihr hanptqnartier war Strassbnrg. insehriften
der legion sind gefanden in der gegend von Heilbronn, Asebaffenbnr^,
Baden, Hetternheim, Cannstatt, Mainz.
Neben dieseu beiden legionen erscheinen in der Saalhurg auxiliar-
cohorten, so die cohors altera Khaetorum uud die cohors quarta Vin*
delioornm. da aber, wie redner behauptet, niebt mehr als swei eoborten
dort stationiert waren, so können nur immer eine eoborte der S2n oder
8n legion und eine der beiden auxiiiarcohorten anwesend gewesen sein.
Im jähre 255, als die Germanen Mainz belagerten, war das Tauuos-
castell bereits aufgegeben.
Znletzt gibt H. noeb eine Termutung fiber den orsprung nnd die
berleitnng des namens Saalbarg, den er mit ahd. sala = traditio legi**
tlma in Zusammenhang bringt und als 'freie ritterliche d.h. nicht zins-
pflichtige bürg' deutet, auch sonst kommt für freigrundstüoke der
name saalhof = ireihof vor.
Endlich zeigte prof. Gädechens noch eine ansahl unedierter denk-
nüUer, besonders eine eorintbisebe ^ase nnd die seiebnangen einer an-
aabl bauptsäeblieb in Pompeji gefundener stuccoreliefs vor. letstere
stammen teils aus dem T.si.siempel, teils aus den alten, teils ans den
Stabianer thcrmcn; erstero entlüilt ein gernälde, das namentlich des-
balb charakteribtisch ist, weil hier einer der auszerordentlich seltenen
fülle Yorliegt, dass dem Hermes neben dem Jüngern icf)|niKdov anob
no<di der ältere ^dßboc als prädicat zugeteilt ist. der gott steht Yor
einem fasse, das nach G. scliwerlich das fasz der D.inaiden ist, son-
dern vielmehr den eingang zur unterweit darstellt, zumal seelen daraus
entströmen, hineinstürzen uud sich an den rand des gefäszes an-
klammern.
IV. Orientalische seetion.
Bei der constituierung der orientalischen seetion gedachte der zum
versitzenden ernannte prof. Gild em eis ter-Bonn zunächst der im laufe
des Terflossenen jabres verstorbenen faebgenossen und erteilte dann
hm. prof. Loth- Leipzig das wort zur berimerstattung über den fort-
schritt der publicationen der deutsch-morgenländischen gesellschaft.
darauf bcsclilosz man nach altem herkommen , sich im princip an den
allgemeiuen Sitzungen nicht zu beteiligen, um die ganzen Vormittage
ffir die sectionsverbandlungen aar Verfügung zu haben, wovon freilich
bei mehreren vortrügen der allgemeinen Versammlungen aasnahmen ge-
macht wurdeu.
Die arbeiten der seetion waren zweifacher art: da diese zugleich
die generalversammlung der deutsch-morgenländischen gesellschaft ist,
•o wurden fonSehst die jahresgesoh&fte dieser gesellsebalt erledigt.
Sodann standen auf der tagesordnnng drei vortrüge:
1) sprach prof. Müller-Halle über die von ihm beabsichtigte
herausgäbe biographischer quellen zur geschichte der arabischen philo-
sophie, naturwissenschaft und mediciu. es handelt sich um zwei ge-
lehrtenlexica aus dem 13n Jahrhundert, welche über eine grosse anzahi
N. jahrb. f. phil. u. päd. II. abt. 1878. hfi. 11. 37
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562 Bericht über die Verhandlungen der 33n yersammlung
vou Arabern naciiricUten enthalten, diese sind für uns von am so
gröMerem werte, alt sie die einzit^^en qadlea für die biographien jeaer
mänaer bilden, beide bilcher 8iud niebt unbekannt, Tielmehr schon
früher pebrancht, aber es sind bisher nur excerpte in onzureichender
j^estalt abfjedruckt, so dasz eine coniplete herausgäbe höchst wünschens-
wert ist. der vortragende besprach den aus handschriften und anderen
materiallea sasammeagetragenen krilisdien apparat, erSiterte die graai-
stttze der constituiemng des textee und eraählte dann, wie er das ge-
waltige material zu reducieren gedenke.
Die discussion erstreckte sich besonders auf die frage, in wie fem
es wünsclieuswert sei, die darin enthalteneu teils wertlosen, teils aaf
die spätgriechiscbe litte ratur zarfiekgehenden artikel über griechische
Philosophen nnd ftrste anftanebmen oder anaanaeUienen.
2) Vortrag des privatdocenten dr. SehrSder-Doipat fiber die
Maitr&yani Sainliitfi. es ist dies eine Verzweigung oder recension des
3n Veda, wie er in einer gewissen schule festgestellt und fortgepflanzt
worden ist. die scbrift war bisher nur dem namen nach bekannt;
bandsebriften sind eret in neuester aeit aaeh Europa gekommen, der
text ist von eigentfimlidier art, er hat manche auffallende grammatische
eigenheiten, ferner eine merkwürdige accentuation und ist, weil er eine
sehr alte spräche zeigt und c. 30U neue und bisher unbelegte werte
enthält, lexicalisch vou groszem wert, die treue und Unversehrtheit der
grammatiseben Überlieferung der Inder, besonders Paninis, erbilt darc^
auffindung einer ansahl bisher unbelegter und nur bei grammatikeni
erhaltener formen eine glänzende bestätignng. gewisse anklänge der
Schrift an den Buddhismus führten den vortragenden auf die vermutaag,
dasz sie in die zeit des eindringens dieser lehre zu setzen sei.
Ein dritter vertrag des prof. 8 eblott mann -Halle tber die sra-
m&ische insebrifl von Carpentraa war gewissermaszen eine Ver-
teidigung der auf der philologenversammlnng zu Wiesbaden gegebenen
erklärnng dieser inschrift gegen inzwischen erhobenen Widerspruch, er
suchte zu erweisen, dasz sie ungefähr in die Ptolemäische zeit zu setzen
ist und knüpfte daran bemerkungen über reim und metrum und über
die prineipien der metrik in den fibrigen semitiseben dialekten.
Zuletat gab dr. Outbe-Leipaig einen bericht über die thStigkeit
des Vereins für wissenschaftliche erforscbnng Palästinas, der schon anf
der philologenversammlnng zu Tübingen angeregt (cf. Jahrbücher 1876.
II abt. heft 1 p. 64) und im vorigen jähre zu Wiesbaden ins leben getreten
ist. er wies besonders anf die sunebasende asbl dar mitglicäer aad
auf die inawiseben in vier jahresbeftan erschienene aeitscbxifl des-
selben bin.
Y. Qermanistisoh-romanistische section.
Die arbeiten nnd verhandlangen der germaniatiaeb-romanistiseben
seetion bewegten sich diesmal wesentlich auf sprachlichem gebiete : zu-
nächst sprach prof. Paul -Freiburg über das vocalsvstem des germani'
scheu auf grundlage der neuesten forschungen. anknüpfend an die
Untersuchungen von Brugmann und Ostboff setzte er an die stelle des
bisherigen vooalsystema mit a> i und u als grundlage ein neues STSfen,
in welchem die a-vocalo die aasaeldiessliche grundlage bilden, während
i und u nur begleitende consonanten sind. — Darauf gedachte prof.
Sachs-Brandenburg in einem nekrolog verstorbener Germanisten und
Romanisten (Graudgajnage). — Ferner sprach archivar dr. Wülcker-
Weimar über die entstehung der IrarsielMisohen kanaleispraebe. — Auf
antrag des dr. Wegen er*Magdeburg wurde dmui besehloasen, eine
comraission einzusetzen zur priilun;^ des Vorschlags der herausgäbe von
dialektgrammatiken. — Endlich erläuterte prof. Mahn- Berlin eine reihe
von germanischen Worten, deren et^mon er im keltischen gefunden ao
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deutscher pbilologen und schnlmftnner zu Gera. 563
haben glaubte. — Die von prof. Sievers for eventuell noch frei bleibende
seit in ausaieht ffestelHen Mmerkoagen snr «Itnordischea metrik konnten
leider nicht mehr vorgetragen werden.
VI. Mäthematifloh-naturwisseiisohaftliche section.
Die matbematisch-naturwissenschaftlicbe section tagte in der aula
der realachnle und hielt in gegenwart der mitglieder der pädagogischen
section ihre erste Sitzung dienstag den 1 october 8 nhr ab. in dem
locale waren ausgestellt eine anzanl sehr instructiver und schöner lehr-
mittel von den herren Weinmeister und Böttcher-Leipzig und Remy-
Gera, von welchen die mitglieder mit grossem interesse kenntnis nahmen,
die Sitzung begann mit dem Tortrage des dr. Schah ring'Erfttrt, wel-
cher die graphische darstellung der tonleiter an einer mit papier he«
klebten latte zeigte und erliluterte. d.iran schlosz sich der vertrag von
prof. Buchbinder-Schulpforta an: dieser gab zunächst einen rück-
blick auf die entstehung der mathematischen section aus der pUdagogi-
sehen und spraeh in hinsieht darauf seine freude tber die heutige ge-
meinschaftliche thätigkeit der sectionen ans. dann erörterte er die
gründe, ans welchen die kegelscbnitte als ein wertvolles element des
mathematischen Unterrichts auf gymnasien zu betrachten seien und
setzte auseinander, dasz er für gymnasien die synthetische behandlung
am geeignetfiten finde, während er die analytische methode der real-
sebule zuwies.
In der zweiten sitzang, mittwoch den 2 october 8 uhr, wurde die
bereits am schhisz der vorigen sitzung eriJffnete discussion über den
Buchbinderschen vertrag fortgesetzt und endete mit der oinstimmip: ge-
faszten resolution: die mathematische section ist der ansieht, duaz die
lehre von den kegclschnitten auch auf den gymnasien und zwar in syn-
thetischer behandlung aufzunehmen sei, eine methode, welche auch auf
realschulen mehr als bislier berücksichtigt 7.n werden verdient. — • Darauf
sprach prof. Erler-ZüUichau über die uotweudigkeit eines propädeu-
tischen Unterrichts in der geometrie. der von der section in dieser
frage gefasite hesehluse lantet: in der geometrie ist ein besonderer
propttdeutischer Unterricht nötig, welcher jedoch dem inhalte des mathe-
matischen Unterrichts nicht vorgreifen darf. — Zuletzt wurde der an-
trag des dr. Schubring einstimmig angenommen, darauf hinzuwirken,
dasz der gebrauch des doppelpunctes als divisionszeichen in der be-
deutoug 'in' auch in bürgerschulen verschwinde. — Die übrigen in
dem Programm der section verzeichneten vortrSge kamen in wegfall,
com teil wegen Zeitmangels, zum teil weil die betreffenden herren zu
erscheinen behindert waren, es sind folgende:
1) über die raathematisch-philosophischen bestrebungen der neuzeit
mit besonderer berücksichtigung der zwecke und Interessen der schule
von dr. 8. Gttnther-Ansbach.
2) über den Unterricht in der Chemie auf gymnasien von oherl.
Sagorski-Schulpforta.
3) es ist notwendig, dasz die beweise im classenuntcrricht nicht
auf den sogenannten uormalfall beschränkt, sondern vollständig geführt
werden von prof. Erler^Züllichau.
4) über die vorteile der Verwendung der krystallographie als Unter-
richtsstoff im stereometrischen cursus (auf grund 15jänriger erfahrung)
von prof. Liebe-Gera.
5) kleine berichte von prof. Franke-Altenburg.
Dagegen hat dr. Westphal-Schleiz, der über die methodische be-
handlung der mathematik, besonders in den untern gymnasialclassen
zu sprechen beabsichtigte, wenn ich recht unterrichtet bin, seine an-
sieht darüber zum teil kundgegeben bei der debatte über die ßrlersche
these vom propädeutischen unterriebt in der geometrie.
37*
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j
564 Antwort auf die erklftmng des brn. prof. Tb. Kayaer.
Es bedarf noch der erwälmung, dasz die mitglieder der sectiou am
mittwoch nach beendigtem diner von der freundlichen einiadang einiger
Geraer fabrikbeeitser nur besiebtigung ibf«r etablieseraeBte gebraaek
gemacht haben : sie betaebten die ftrberei Ten Levis Hirsch and lieszen
sich die einrichtungen der RemTSeben Spinnerei imd der Foekesehen
mechanischen weberei seigen.
ElSfiMBfiKQ. 0. WeIBB.
62.
ANTWORT AUF DIE ERKLÄRUNG DES HERRN PROF.
TH. KAYSER.
Wie fadensclieinig das pewel)e ist, mit demTh. Kayser in Tübingen
seine blöszen zu verhüllen vergebens sieh abmüht, liegt sonnenklar ZQ
tage, einseitig nennt der herr eine arbeit, welche auf 14 Seiten dieser
seittebrift In eingtfbendster weise sdaen text, die übersetsangen, die
wenigen erlünteronf en nnd seine eonfuse metrik bespriebt. wenn die
'da und dort eingestrenten kritischen bemerkungen' anch nur der rede
wert g-ewesen wären, hätte ich selbstverständlich eine eingehende be-
trachtuDg selbst dieser winzigen notizen mir nicht erspart, übrigens
mag sich herr Kayser trösten: ich erkenne dem vorwürfe der einseiüg-
keit eine gewisse bereebtignng insofern so, als leb die ansnntsmig der
Bacmeisterschen fibersetsung and dessen Überschriften seitens des
herrn Kayser niclit constatiert habe, es wird dies in einem kniieii
nachtra^-c geschehen, dem in diesem hefte sein platz bestimmt ist.
Kaysers Übersetzung bietet nichts neues, seine Übersetzungen, seine
fibersebriften, seine erlftaterangen sind In berrorragendem masze'im-
K elbständig, natürlich mosten diese thatsachen in den Vordergrund der
besprechung treten, denn die Jetzt nur allzu oft wiederkehrende nnselb*
ständigkeit und wörtliche ausnutzunpr fremder arbeiten, wie sie bei
Kajser in ganz anzulussiger weise zu tage tritt, kann nicht scharf
genug gerügt werden.
Wie niebt nnr die 'weiteren kreise*, sondern selbst faebgelebrte
durch den weg, den Kayser eingeschlagen, getäuscht werden, das bat
besonders die besprechnng von H. Fritzsche in Bursians jahresbericht
bewiesen, in seiner erklärang macht sich aber Kayser in hohem grade
der entstellang des thatsächlichen schuldig, denn:
Es ist niebt wabr, dass leb seine geringfügigen (er sagt 'viel-
fachen'!) abweichungen Ton Nanck nidit snr spräche bringe. vergL
S. 393 flf. meines berichtes.
Es ist nicht wahr, dasz ich durch die hervorhebung^ der wört-
lichen Übereinstimmung mit Kauck in den bemerkungen über die com-
Sositlon der Horasisehen oden gegen andere, in erster linie gegen
^illenburger ein unrrelit beganfjen habe, denn eine benutzung der
ausgäbe von Dillenbui f^'-cr durch Kayser ist nirgends ersichtlich, dasz
er an Nauck nnd immer wieder an Nanck sich hält, ist mit bänden z«
greifen, wenn er dies auch durch wohlfeile kunstgriffe zu verdunkeln
bestrebt ist, indem er s. b. statt mit Nanck 4 + ^ + ^ stropbeo,
16 4 -f- 16 verse schreibt, man Tergleicbe nnr I 28, wo Naack von
Dillenburger so weit als möglich abw^öbt nnd Kayser sieb an Naork
80 nahe als möglich anschlieszt.
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Antwort auf die erklärung des hrn. prof. Th. Ki^aer. 565
Ks ist nicht wahr, dasz, wie hr. Th. Kayser höchst verdächtig
sich auszudrücken beliebt, die stellen, in welchen Naucks ausdruck ab-
•iditlieh aecepiiert ist, ^sich wol auf die wenigen Tom reeen-
senten ansgebobene n beschränken dürften', du därften sie
wol nicht, denn anszer der hübschen zahl von mir schon hervorgehobener
erläuterungen zei^eu iiuch eine ganze aozabl diese Übereinstimmung,
z. b. I 33. 36. 23. 17 usw.
s. Vni seines bnebes sagt br. Kaiser: *die gninds&tse, denen feb
bei der nbersesnng gefolgt bin, habe icb im programm des Tübin-
ger gymnashims von 1867 (oden des Horaz, erstes buch, metrisch über-
setzt) ausgesprochen.' durch diese bemerkung glaubt er seiner pflicht
genfigt za haben, zu erklären, dasz der grüste teil der Überschriften
Ten nanek, der rest von Dttntser nnd Baemeister, die erlftvtemngen
ram grSsten teile von Nauek, die fibersetsung zum groszen teile yon
Baemeister abgeschrieben ist. warum ist hr. Kayser nicht so auf-
richtig powesen? weil sonst der selbständige teil seiner arbeit als ein
verschwindend kleiner sich offen gezeigt hätte und er so vor die philo-
sophische facultät der Tübinger Universität an ihrem ebrentage nicht
bitte bintreten kSnnen.
So hat denn diese erklämng alles beigetragen, was noch nötig war,
um über hrn. Kayser nnd die methodc seines arbeitens das rechte licht
zu verbreiten, ich überlasse es nun den von hrn, prof. Kayser pe-
plfinderteu autoren, vornehmlich den herren Nauck und Baemeister, ihr
eigentam Ton jenem berra sn reelamleren.
Znr benrieilnng der gäbe des berrn prof. Tbeodor Kayser
snm Tflbinger nnirersitütsjabilftam
ferdient m dem material, welebes Ton dem nnterseicbneten s. 385 ff.
beigebracht nnd bebandelt woiden ist, noch folgendes an das licht der
öffentlichkeit gezogen zu werden, worauf lob von befreundeter seite
aofmerksam g^emacht worden bin:
Es musz constaticrt werden, dasz von dem autor weiter ausgebeutet
worden ist die Übersetzung der oden des Horatius im Tersmasze des
nrteztes von Adolf Baemeister, Stuttgart, Paul Neff. die von mir
8. 389 gelobten Überschriften su I 27. III 7. IV 1. ep. 2. 8. 10 sind
sämmtlich dieser Übersetzung entlehnt, die Übereinstimmung- in den
Übersetzungen ist f^eradezu nu anständig, man lese nur neben einander
z* b. ep. 2 'idylle eines Wucherers';
Baemeister:
Heil jenem manne welcher fern vom markt der weit,
dem urgeschlecht der menschen gleich,
sein väterliches feld mit eignen stieren baut,
der niebts von bank und bdrse weiss;
den niebt snr seblaebt die schreckliche drommete weekt,
des meeres wuth nicht beben läszt,
der von dem forum und dem stolzen vorgemach
der groszen herren ferne bleibt,
nein, mit des weinstocks reifer jugendkraft Yermählt
er einer beben pappel wuebs,
er scbaut hinaus in's ferne thal, wo brttllend ibm
die rinderheerde weidend irrt;
und mit der hippe schneidet er den faulen zweig
und hoffnungsreichre setzt er ein,
und bonig presst er, fasst in reinen krägen ibn
und zarte Iftmmer seheert er jetzt,
dann wieder, wenn der herbst das haupt von saftigem obst
umbangen aus dem boden hebt,
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Ö66
Antwort auf die erklarung des brn. prof. Tb. Kayser.
wie selig er die selbätgep tropfte birae dann,
die parpnrdankle timube pflfiekt»
lim dir, Priapus, sie zn weihn, und vater, dir,
, feldmarkeiihiiter , o Silvan!
jetzt streckt h«^- haglich tintcr alten eichen er
eich aus, im dieUtco grase ietst.
in hob«B ufern rollt indes der baeh dabin ,
die Tögel xwitschem in dem wald,
der qaelie reine fltiten raaschon ihm in*6 olir,
zu leichtem Schlummer locken sie.
und wieder, wenn des donnergottes wiaterzeit
solmeefloekenetnrm and regen bringt,
dann treiben ilun Ton liier nnd dort dae grimme sebwein
die rüden in*8 gestellte gam,
and üher ilic platte p:abel spannt das dünne nets
er gier'gen drosseln lauernd aus,
und scheue haseu, wanderkranicbe fängt im draht
er als willkomnine bente sieb,
die leiden die die liebe bringt, die schlimmen, wer
vergiszt sie nicht in solchem thnn?
wenn aber noch ein keusclics weib des hauses und
der siiszen kindcr püege teilt —
Tora sehlag Sabinnms oder sonnenbrännlicb wie
das weib des flinken Apnlers —
auf heirf^em hcrd die dürren scheiter schichtend legt,
dem müden mann entpeg-cnsoh'nd , (I)
die muntVe heerdo zur geüocht'nen bürde treibt
nnd ibr die Tollen euter leert,
den neuen wein aus süssem fass zum schmanse, den
sie nicht zu kaufen brauchte, holt, —
o dann ist des Lncrinns auster süszer nicht,
der rochen und die brasse nicht,
die aus des osttus meere her die donnernde
Sturmflut an unsre kosten treibt;
dann seblüpfte mir das libysebe geflSgel nicbt,
kein haselhuhn aus lonien,
so BÜsz hinab wie von der biiume reifätom zweig
gebrochen der olive frucht,
und wie der laueb und der wiesenfreund, das ampferkraai,
erleichternd beide für den leib,
und wie ein lamm geschlachtet am terminenfest,
wie ein dem wolf entrissner bock,
bei solchem schmanse, welche lust der weide satt
beimwirts die scbafe siebn zu sebn,
den umgestürzten pflüg sn sehn vom matten stier
an schlaffem nacken nachgeschleppt,
und wie des reichen hauses schwärm, die sklarenschMT
rings um die blanken laren sitzt. —
SO hatte gesprochen Alfius der Wucherer,
sebon, saion ein balber aekersmann,
da treibt er sebnell die gelder ein am swanaigsten,
um sie am ersten anszuleihn.
Kayser:
Dem manne beil, der ferne Ton dem markt der weit
dem urgeschlecht der menschen gleich,
das väterliche feld mit eignen stieren baut
und nichts von gcldgescliäi'teu weiss,
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Antwort auf die erkl&rtmg des hm. pro£ Th. Eayeer.
den nicht des hornes grauser klang zum kämpfe rnft,
des meeres wuth nicht beben last,
der Yon dem forum, von dem stolzen vorg^emach
groBzmSohtger bürger ferne bleibt,
dafür vermählt er mit dem schlanken pappelbanm
der rebe hochp;ewach8nen schosz,
bald schaut er aus, wie tief im thalo riugszeratrout
der riuder schar lautbrüllend schweift,
bald nimmt er fanle sweige mit dem messer weg
und pfropft ein edler reis darauf,
birgt bald im reinen krug den klaren honigseim;
bald scheert er das geduld^e schaf;
und wenn der herbst das haupt mit reifem obst geschmQckt
sich über das gefild erhebt,
wie selig er die selbstgepfropfte bime dann,
die pnrpurgleiche traube pflückt,
dir zum geschenk, Priapns, und o vater dir,
Silvanus, hüter seiner tiur!
behaglich streckt er unter alter eiche jezt,
jest in dem diehten gras sieh ans:
in hohen nfem rollt indes der buch dahin,
die YÖgel girren in dem hain,
and rauschend dringt der quelle rieseln an sein ohr
und lädt zu leichtem Schlummer ein.
doch wenn des donnergottes winterzeit erscheint,
schneefloeken brin^ und regengnsz,
da best er mit der doggen sehar yon da und dort
den grimmen eher in das garn,
an glatter gabel spannt er aus das maachge netz
den giergen drosseln zum betrug
den fluchtgen haseu, den wandeikimnieh fSngt er ein
in schlingen als willkommnen lohn,
bei solchem Zeitvertreib — u wer ver^sse da
der liebeshändel leiden nicht?
und wenn dann noch ein keusches weih mithelfend ihm
für haus und holde kinder sorgt, —
vom schlag Babinums oder gleich des hurtigen
Apuliers sonnverbranntem weib, —
wenn sie den müden mann erwartend dürres hole
aufschichtet auf dem heiigen herd,
die muntre herde zur geflochtnen bürde treibt
und ihr die vollen euter leert;
ans süssem fass den wein den neuen holt, ein mahl
aus eignem verrat fertig macht,
O dann ist des Lucriuus auster nicht 80 süss,
die butte und die brasse nicht,
die oft der stürm, der tosend auf des ostens äut
sich stürzt, an unsre küsten treibt,
denn gleitet mir kein a frisch huhn, kein haselhnhn
aus lonien so lind hinab
in meinen ma^en als vom vollsten ast des baums
gebrochen der olive frucht,
als ampfer, der die wiesen liebt, und malven, die
dem harten leibe heilsam sind,
ein lamm geschlachtet an des grenzengottes fest,
ein bock den wölfen abgejagt.
0 welche lust bei solchem mahl zu schauen wie
heimwärts die fetten schafe ziehn.
668 Antwort aui die erlclbong des hrp. prof. Th. Kskjmtk
lu schann, wie mild den umgestürzten pflüg der stier
am Bclilatfen nacken nach sich schleppt,
und wie d«t vMbM hwmn tciiwarm, die sklaTenschaar,
sieh um die blanken Uren sest!
als so gesproclicn Alßus der wacherer^
bereits ein halber bauersmann,
da trieb er nll »ein (^eld um nionats mitte ein,
um es — am ersten auszulcihn.
In dieser weise f^eht die benntzung dor Hacmeistersclien arbeit übe
alles mass des erlaubten fort, die wörtlichen entlebnungen ganzer Tf
sind sahllos. Tsrgl. unter Tlelen andern
ep. 4: wie wolf und lamm von der natur geschaffen sind
sa ewgem bass. so dn nnd ieb.
18: sebanriges wetter nmnaebtet [K. nmbttllt] den bimoiel, kk
und schnccaUMn
steigt .luppiter lierab zu uns; unter dem thracischen nord
brausen die wülder, erbrauset das meer. auf meine genossen.
IG: ächon das zweite geschlecht sinkt hin im kämpf der part<
nnd Roma stiirst ansammen dnrcb die eig^e kmü.
Zalillos sind die entlehnungen mit ganz unbedeutenden Variation
ep. 14 Baemeister;
wie es geschehn dasz tief in dem hers ein träumendes ni
mir die erinn'rung ausgelöscht.
Kaysart
wie es gescbehn, dasz tief in das bers ein weicbliebes nie!
Vergessenheit mir eingeflösst.
ep. 16 Baemeister: I
nacht war^S| luna leuchtete hoch am heiteren himmel
in kleinerar gestime kreis.
Kayser;
nacht wars, strahlend erglilnzte der mond am heiteren himmi
in kleinerer gestime kreis,
ep. 3 Baemeister:
wer seinem greisen vater mit verruchter faust
jemals die keble zugescbnfirt
Kayser:
wer seinem vater mit verruchter hand einmal
die greise kehle zugesobnürt. nnd so fort.
Ob Kayser noch andere Übersetzungen in derselben weise benotl
hat, mag ich im augenblick nicht untersuchen, mir kam es nur dar
auf an, mein am angeführten orte gegebenes urteil über die übei
setsungen Kajsers durch eine nachträglich gemachte entdeckung
berlebtigen. fiber den wert des Kayserseben bnebes nunmehr noeh
wort SU ferlieren, halte ieb für fiberflSssig.
Mbsbritz. Walthbb Gsbhardi.
an
ZWEITE ABTEILUNG (118» BAITD).
int
a\
BS.
^1
r«o.
k)
62.
leite
Das System der grammatischen flexionen und die logisch-
rationale erklärungsweise der spräche. von Conrad
//ermarin in Leipzig 513 — 526
Desiderien, die abfassung der specialschulgescljichten,
insbesondere die begründung einer topographio und Sta-
tistik der Schulbücher betreftend. von F. Koldewey in
Wolfenbüttel 626—535
H. Bender: grundrisz der römischen litteratnrgeschichte für
gymnasien (Leipzig 1876). angez. von //. K. Benicken
in Bartenstein 535 — 542
Kromayer: leitfaden für den geschichtsunterricht in den
oberen classen der gymnasien und realschulen. teil II
und III. angez. von M. Berndt in Dresden 542 — 544
L, Urlichs: briefe an Schiller (Stuttgart 1877). angez.
von R. Boxberger in Strehlen bei Dresden 644 — 547
A. Schmarsow: Leibniz und Scliottelius (Straszburg 1877) 547 — 549
Zu Goethe, von E. Ziegler in Hameln a. d. Weser . . 549
Bericht über die Verhandlungen der dreiunddreiszigsten
Versammlung deutscher philologen und Schulmänner in
Gera vom 30 September bis 3 october 1878. von 0. Weise
in Eisenberg (fortsetzung und schlusz) 549 — 564
Autwort auf die erklärung des hrn. prof. dr. Th. Kayser.
von yy, Gebhardi in Meseritz 564—568
Mit der jetzt erschienenen 107. Lieferung von
Sclimid's
Encyklopädie des Erziehungs- und
Unterrichtswesens
wird der XI. Band vollständig und damit auch das ganze Werk
abgeschlossen.
Von der 2. verb. Aufl. der Encyklopädie sind Band I und
II erschienen. Preis des Bandes 18 M.
Band III und IV erscheinen in neuer Aufl. Band V bis
XI sind noch in erster Aufl., die sich genau der zweiten an-
schliesst, zu haben und kosten 80 M. 40 Pf.
Gotha, October 1878. Riid. Besser.
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3n neu« •fluflaflc crid)ien iocbeii: ;
^citfabm
itti: ®cfd|iil|tc beä bctttji|ctt »o«c§.
MttcLnaae -»'„«ogenS. Sauber cattonnirt. f iciä: 9K. 1,00.
«erlog »cn »tanj Balile« in »erlin, W. Wol)renitia6e 1314.^
Triennium philologicum
Grundzüge der pMlologischen Wissenschaften,
für Jünger der Philologie
zur Wiederholung und Selbstprüfung
bearbeitet tod
Wilhelm Freund. »
Heft 1 Preis 1 Mk., ist durch alle Buchhandlungen zur Ansicht
.u beziehen,; iff^^^^^^^^^
^^'^JL^^d-e^^er^S^itlnVHieTAbltiu;^^^^^^^ H «eb. 5 M»., und Icann auch i.
Verlag von AViUielm vioiet m i^eipzig^.
Verlag üon ®il(|clm ^rri? in S3er(in ^m. (SSeHer'i'c^c
; 33ud)lianbUmi3), SJ^aricnftr. 10.
Soeben crjd)icn:
' ^ ßrllUlOtltt, ®ruttDrife bcr ®cf(^|ii^tc ber ^^itofoli^te.
Biüci'^änbe. Xritte üetbeüertc uub üerme^tte ^2luflage. I87s.
Y iNoIlftQubig liegt nun üor:
' 950 äßttttenbttlfi, Xcutft^lonM mmt^^^ntUtn im miitl
llitv hi^i Mir Witte M breiäct)ntcn 3a^rt)unbert8. 3wei^änbc.
: ^43icrtc umgearbeitete ^luflage. 1877 unb 1878. gc^. 15 Wl
' ©iccomo ßco^ariit, beutjd, t,on ^aul ^ei)lc.
mci Xbeileu 1878. eicgnntcflc ^^(n^^tattung, auf 33ütteiipapicr.
; ► Wpbeftct 10 m. 3n Sieb^aberbanb gebunben 16 Ulf. I. X^eil.
• ^ ^nbalf «nerina. - (SJebid)te. II. 2^cil: Seoparbi'S aScltanfc^auung.
: : - ®eid)id)te be§ 93len)d|cngejd)led)t^. - öeipräd)c. — ©ebanfen.
' ' ^ttUtttt SÄuiibt, ^ortroitöauei»cmneunie^nten3o^r]^unUert-
■ ' 1878 elegant ge^. 8 m. ®cb. 9 m. ^n^alt: Sorb ^^von.
' l ^üTit ^ücfler. — earlt)le. — ^^enerbacf). — ®. ©anb. —
T ^idcnä. - J^acferct). - ÄingMct). - md). 2B agner. - ^ytaubcrt. -
t 3ola.— 3)aubet. - Grfmann.-S-Ä^oln. -•jJUnjinaD.UL - 9ici(^enau.
j.» » M M M » M M M 4 M M M M M M M M M I
I
ZWEITE ABTEILUNa
FtB GYMNASIALPlDAGOGIK UND DIE tBfilGEN
LEHSFiCHER
MIT AUSSCHLUSa CBB CLASSIfiCHEM PHII.OI«OaiB
HBl^GSGBCnBBN TON PBOF. DB. HfiBHAHif KA8I08«
63.
DIE EINÜBUNG DER CONJÜGATION DES GBIECHISCHEN
VEIU3UMS IN DEB SCHULE.
I H. D. Müller und J. Lattmann geben in ihrer formenlehre
§ 63 das vollständig durch alle modi und personen durchconj agierte
' Terbnm Xuu) als paradigma, § 64 dann als zweites das verbum tutttiü,
von welchem aber nur die ersten formen aller modi angegeben und
nur die modi des perf. und plqpf. med. durchconjugiert sind, dar-
Bof folgt § 65 eine Zerlegung der yerbalformen von Xuuj und tutttuü
nach stamm und endungen , augment und reduplication , aber ohne
irgend welche erklärung, § 66 eine aufzählung der acht 'bildungs-
gruppen', in welche sich die einzelnen tempora nach der art und
weise ihrer bildung scheiden, in den folgenden paragraphen wird
über die stämme und ihre einteilung und über die Zusammensetzung
des Stammes mit den endungen gehandelt, § 70 — 74 folgen die verba
muta, § 75 — 78 die verba liquida, § 79 enthält besonderheiten in
der flexion der verba pura, § 80 — 83 bemerkungen über augment
und reduplication, § 84 besonderheiten in der flexion (futurum atti-
cmn, ohne c etc.), § 85 werden die verbaladjectiva besprochen, § 86
— 88 die verba contracta, und endlich macht § 89 — 90 die Zer-
legung der Verbalendungen und die erklärung der entstehong der
einzelnen formen den abschlusz der ersten conjugation. — Ent-
sprechend dieser anordnung verlangt oder empfiehlt H. D. Müller
' (vorrede s. Y f.) folgenden gang in der bebandlong des griechischen
I verbs :
'Zunächst sind die beiden paradigmen und die nach anleitung
I des § 65 Ton diesen abzulösenden verbalendnngen bis su völliger
H.jiM.f;piia.«.pftd.n.ftM.i8V8.iiftis. 38
L kju,^ jd by Google
670 Die eiiiübnng der ootgngaftUm des gvMch. yerbums in der Mhide»
gelAofigkeit einzaQben. es ist dies eine voranssetzong, worauf die
ganze folgende behandlung des verbums beruht, nnd ich denke, dast
er&hrene lehrer sich wol damit einverstanden erklären werden, diB
wir der althmrk6mmlichen praiis , welche einer den anfordwongen
der jetzigen Sprachwissenschaft entqpivebenden darateUong akkt i
hinderlich ist, ihr volles recht in diesem puncto habeR widerfabm
lassen, fiberbavivt kann der antenielit von hier an genau d6iD hmr
stets von der aiialjsia rar qmÜMsia fortschreitenden gange de»
bnches sich anschlieszenf nnr wird manches in dem enten cnrsns
sweckmtaig flbersehlagen werden, nnd zwar nieht nor elnittidie
anmerknngen, sondern auch namentlich § 68, die lehre von den
Terftndeningtn des stamminlaotes § 74; auch kannniai^§ 79 — 85
vorläufig ganz bei seite lassen, da die niMsten verba pura sieh ohne
Schwierigkeit nach dem paradigma Xuu) bilden lassen, und über '
angment und reduplication schon aus § 65 und gelegentlich bei den
Paradigmen das notwendigste gelernt ist. nachdem nun die wenig
seit erfordernde einübung der verba contracta beendigt ist, wendet
man alle sorgCslt auf die in §§ 89 und 90 gegebene zeil^gong der
verbalendungen, die als Vorbereitung ftlr die richtige auffiusnng der
II. ooi^ngation dienen soll'. — Spiter soll dann in einem 'wieder*
holungscursus' das im ersten übergangene, soweit es auf diese
(untere) stufe gej^ört, nachgeholt werden.
Wir wissen, dasz dieser vorsehlag auf langer erfahrung beruht
nnd zweifeln daher nicht, dasz sich auf diesem wege gute resnltsfee
ersielen lassen; wir haben ans aber doch in mehreren hanpr||icaicteB
nicht mit diesem gange des nntenidits befreunden kflmien und
wollen im folgenden eine etwas andere methode darlegen nnd he-
fQrworten, Indem wir dabei zu skisBirsn soeben, wie etwa der lehrer
mit benntzung der MflUer-Lattmanwsdien oder einer Shnlichen <
grammaiik die eo^jugaüon des griechischen verboms seanen Schll-
lern einprägen würde«
Wir billigen sonädist völlig, dasi MllDer-Lattmann dem Vor-
gänge von G. Cnrtins nnd H. L. Ahsens in dem pnnote nidit geft^g^ |
sind, die verba ansemander zn reisssn nnd die einsdnen tempon <
(^Systeme*) oder bildnngsgruppen snm ndttelpnnct zn machen, son- I
dem erst ein verbnm ganz dnrchgelemt wissen wollen, ehe za «ner |
andern classe flbergegangen wird, so erreichen wir, dass nnsere i
schfller schon im zweiten qnartal das r^lmäszige verbnm imiam
fertig gelernt haben, nnd schon da das gefnhl bekommeD, etwas games
zn wisseui was sie nach jener andeni pnuds kaum am sdüoss des
quarta-cnrses' erreichen kOnnoi. — Wir shud sodann aber der mei-
nnng, dasz bei einem unterrichte in griechischer formenlehre, wel-
cher *aQf der gmndlage der vergleichenden spraehforschnng' he*
' alles, was in dieser abhandlunf^ von quarta oder tertia gesapt
ist, würde bei den schulen, in welchen der griechische Unterricht nicht
in quarta, sondern erst in Untertertia beginnt, von untertertia resp.
Obertertia gelten.
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Die «nfibnog der ooiyiigatioii der grieeh. verbnnui ia der schule. 571
mben soll, dieses bemben sieb andi praktiscb darstelleii miisz, und
zwar 80, dasB alles sa eriemende dem sobdler erklftrt und mm
versiftndnis gebraebt wM, abe er es lernt, danaob sind wir
nioht mit MUller-Lattmann dnTenrtanden, weldie erst Xöui und
TAimu Itmea lassen woUen, gleieb naob einander nnd fast zusam-
msn.^ das mtlste und könnte ja doeb nur ein meebaniscbes ans-
wendi^emen sein und efai sokbes wttnsoben wir mOglicbst ansgei-
sdilossen nnd beseitigt in sdien. — Ans diesem gründe wflnseben
wir einen erklftren den nnterriobt, erlbltren nns aber znnicbst noch
damit einTerstandin, dass Mllller^Lattmann, wie schon B. Eflbner
und andere yor ihnen tbaten, nrit der eonjugation anf ui beginnen
und als erstes nnd hauptparadigma fllr die ganse eonjugation auf ui
ein Terbum purum non oontraotum an die spitae gestellt haben.
Mber hat man Ja meist mit rOimn begonnen, und aach dafür, dasz
dieses verbum zuerst erlernt werde, ISszt sich manehes sagen, haupt-
sSdilieh der umstand, dasS von diesem verbum und s«nes gleichen
alle tempora, prima und secunda gebildet worden kOnnen. doch
bei der erklärenden Idurmethode wird man Xtfui (oder ßoüXcdui,
doch hat XOui nodi den vorzug, nur zweisilbig zu sein, was *fär den
unterridht bequem und selbst zeitsparend' ist) als erstes paradigma
wShlen mttssen. denn bei Xdui kann man die entstehung der formen
mid illre bildung, und zwar aller formen der tempora prima (von
denen die der tmpora seennda ja nur gAuz unerheblich abweloht) am
besten , weil am einfachsten und klarsten, dem schttler erklären und
nun Tersliateis bringen, bei dksem yerbum s^taen si^ mit sehr
wenigen ausnahmen alle formen einfach aus ihren bestandteilen zu-
sammen, ohnelautferltnderungen, z. b. X^-Xv*k-€, ^-X^-Xu-vto,
XuxOe-Cri, X^-c-a-t-TO, Xu-6r|-c€-c8at usw. haben die schttler
das yerbttm Xuu) (und seines gleichen) sieb fest eingeprägt und seine
büdung verstanden, so macht ihnen die flexi on der übrigen verba
auf u) gar keine mtÜie mehr, da sie ja nichts neues enthält, und auch
die tempusbüdung oder formation (Ahrens) macht nur wenig
arbeit.
Wir halten also dafür dasz zuerst nur das verbum Xüuj durch-
genommen, erklärt und geübt wird, mit hinzunahme anderer verba
piura, ßouXcuuJ, Traibeuuu usw. (im präs. und impf, freilich auch der
Terba impura, vergl. weiter unten), aber kein tempus und keine
form werde vom lehrer zum bloszen aus wendiglernen auf-
gegeben und vom schüler rein mechanisch gelernt, als etwas fer-
^ es freut uns sehr, hierfür, wie für maacbes im folgenden ausge-
Tührte, uns auf K. W. Krüger berufen zu können, der doch gewis
Dicht in dem verdacht steht, Sprachvergleichung in die schul«; bringen
zu wollen, er sagt aber in seiner griechischen Sprachlehre (4e aufl.)
1 86, Tor«rumenmg: 'jeden teil des paradigmas, den man zum erlernen
^Qfgibt, erkläre maa vorher seinen bestandteilen und feiner be-
Pentling nach mit angemessener herücksichtignttg der besfiglicben
i'egeln. eingeübt werde alles nur in den stunden, wo dann spater
auch beim lesen etwa vergessenes mit beflissenbeit zu erneuern ist.'
38*
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572 Die eiuabnng du coigagatMm des gciedbu Yerbam in te nbila.
üges, sondern alle formen werden in der stunde vom iehrer nach
ihrer bildung erklärt, vom schüler in ihren bestandteilen erkuuit
und begriffen, aus denselben zusammengesetzt uad soglfikkikK
«nteiebung und bildung nach rationell gelernt.
Wer also die granmiatik von Mfiller-Lattmaim zu gründe kgt,
hat sich nach unserer m einung nicht ganz dem gange des bades
anzuschlieszen, sondern z. b. von anfang an den § 63 mit § 89/90
zu verbinden, in welcher weise dkees im einiriaftn m geacUm
hat, wollen wir nun skizzieren.
Yorlftufig ohne jede erwöhnung der einteilung der griechischeB
verba, oder auch nur der arten der verba auf u), werden die namen
der modi und tempora (mit vergleichender bezugnahme auf dis
lateinische!), aber zunächst nur der tempora prima, und die ein-
tcilung der letzteren in kanpU und nebeniempora dem sehOlem nü-
geteilt und eingeprägt.
Von nun an ist das lehr buch bei dem unterrichte stets ge-
schlossen; der lehrer unterrichtet mit der kreide in derhmd,
schreibt stamm , endung , bindevooal usw. , alles durch striche ge-
trennt an die Wandtafel, läszt — unter möglichster beteiligoog
der Schüler — auf der tafel die zu erlernenden formen entstehen
und erklärt dann ihre bedeutung; die schüler haben nur auf des
vertrag des lehrers zu hören und nach der tafel zu sehen ; nur zur
häuslichen repetition werden sie auf die grammatik verwiesen,
bei der repetition in der schule werden die formen mehrmals von
verschiedenen schillern an der Wandtafel wieder gebildet, eben-
falls nach ihren bestandteilen getrennt; das thun die schüler aber
nicht stumm, sondern sprechend und wieder erklärend (ähn-
lich wie beim mathematisdiMi uiieRioht), ^eichaam eine Mitlaig
den lehrer vertretend.
Wir beginnen also mit der durdmahme des paradigma Xua
und zwar mit dem indicat. praes. act. es wird zunäch^^t den
Schülern gesagt, dasz aaoh im griechischen stamm und endung scbarf
geschieden sind, dann sagt der lehrer weiter: der stamm des verbs,
das wir als paradigma durchnehmen, ist Xu. an diesen stamm, der
in allen formen derselbe bleibt, werden zur bildung des indic praes.
act. (wie demnächst der meisten anderen formen) endungen gesetzt
und mit dem stamm durch bindevooato verbnnden. die endoagiA
für dm indic pxMs. not sind:
(die endungen in ihrer Qnq[>rüngliehen foim zu geben, fii, ci, n, via
oder VTi, rmd gar ihr eigentliehee wetfln und ihre entstehung aus-
einander zu setzen, halten wir beim ersten Unterricht für überflüssig,
ja fast für schädlich , weil es die schfller verwirrt), diese endujigei>
schreibt der lehrer rechts Tom atanm natorcoMUMlar an die w^'
sing. 1. —
2. IC
3.1
dual«
plur. 1. fiev
2. T€
3. vci
2. TOV
3. TOV
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Die emfibniig der e<»giig«ÜMi de» griedu verbuiiit in der tchule. 573
tafel und setzt dann zwlsehen sie und den stamm , durch sthohe ge*
traantt die bindevocale. als bindevooale dienen für diesen rnodog
0 und €, und awar o vor den mit und v anlautenden endungen,
Bonat €. dann werden noch folgende erklürnngen hinzuge£Qgt, stets
unter benateang der tafel: in der 1 sing., welche keine endung hat
(oder deren endung abgefallen ist) , ist der bindevocal o zn lU ge«
dehnt; in der 2 und d nag. werden € und i zum diphthong €i, in
der 3 plur. fftUt v ?or c nadi der gewöhnlichen und schon ans der
3 deolination (öaifiov-ci » baCfiOCi) bekannten regel ans und znm
«rsati wird o in ou gedehnt (wie in öbouc aus ööovr-c). es erflbrigt
noch eine mitteilong über den acoent in möglichst kurzer form, etwa
'der accent tritt so weit vom ende zurUek, als die natur der endsilbe
es gestattet', und eine erlfintenmg dieser regel an den einzelnen for-
men, unter beteilignng der sdifller. an der tafel steht nun:
UJ
Xu-o
-Ci
-€-TOV
-€-TOV
-0-HCV
-€-T€
so ist durch die tafel den schülem die entstehong und bildung der
formen zur anschauung und zum verstftndnis gebracht und
nun sind alle anfinerksamen sohttler im stände , sämmtliche formen
des ind. praes. act. zu bilden, resp« von der tafel abzulesen» dieses
wird von mehreren schalem nach einander, dann anoh vom ganzen
chor gethan, darauf werden bindevocale und endnngen weggewischt
und die formen answeodlg aufgesagt, nun können wir den ersten
modus coiy agieren, der wird nun vorwärts und rückwärts hergesagt,
dann kreuzweise oder abwechselnd vorwärts: Xuuj Xucjuev, Xueic
Xu€TOV, XOcTC, Xu6i Xu€TOV Xuovci, und rückwärts: Xuouci, Xuctov
Xu€t, Xu€T€ XOerov Xu€ic, XOOfliV Xmui« erst ohne die deutsche be-
deutung, dann mit derselben , und zwar bald das deutsche , bald das
griechisch voran, vorwärts, rückwärts« kreuzweise, nachdem dies
von Xiku genügend durchgeübt ist, werden dieselben formen von
einer grossen zahl anderer verba (auch muta, liquida und contracta
natürlich nur 'offen') durohconjugiert und so dieser modus gleich
möglichst gründlieh und sicher befestigt, erst wenn alle schüler die
formen auf diese weise geläufig und sieber hersagen können, beginnt
der lehrer durch fragen durch einander ('kreuzfener') sie noch mehr
einzntthen, indem er bald eine griechische form si^ und sie ana-
lysieren und übersetzen läszt, bald eine deutsche form gibt und eine
rasche Übersetzung derselben verlangt, darauf läszt er auch die
endnngen allein aufisagen, yorwärts, rückwärts, krensweise und
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674 Die eiaübimg der ooiyugatioa des gneclu verbama k du aekaiib
befestigt äiti ebenfalls darcb abfragen, conjugiert wird YoneuuelMt m
scbUleru oder im cbor vom ganzen coetus , zur abwechslong «di I
von einer oder mebreren bänken. dieses unablässige, eifrige tlbeal
nnd * pauken* ist der zweite, aber nicht minder wichtige schritt, dar ■
aber erst auf du feratttudiiis folgt luid dMBoLb« iiir voianaiBtn^ I
haben mosz. i
Vom indic. praes. act. gehMi wlrdanB« ibttreirtwenaümjfliK |
sehfiler inne hat, gleich über zum indic. praes. modiiodvpaa* i
•ivi. der lehrer tagt: bindevoosle sind auch hier € und 0| ater
diBtelben bedingungen wio im aoÜT., ako? (aehHer: 'OfQf|iai
Vy sonst €'). die endiuigiii aind:
cai cöov c9€
Tai c6ov vrai
um die einprftgung deiaelben na eriaiditentf reiglMciht der hhnr
sie unter noh nnd mit den actitisehen endongen, maeht s. b. dnn!
aufinerkBam, daaz flir aotiTee T iin med. und pass. c6| ftr i: andi
findet (vergl. Ahrens fonnenlefare a* 49). die endnngen weEdnnh
nMiat allein eingeübt, nnd dann die sohfller angehalteB, den itum
Xu- und die bindevoeale mit denselben zu verbinden, wobei glach
die Veränderung, welche die 2 sing, erleidet, erklärt wird: stimm
Xu-, bindevocal e, endung cai, also (an die tafel geschrieben) XU'E<aL
die besseren schüler müssen nun die frage, welche Veränderung diese
form zunächst erleidet, beantworten, indem sie sich (wieder Ton der
8n declination her: ^evec-oc = T€V€-OC = T^vouc) des gesetzes er-
innern: zwibchen 2 vocalen föllt aus'; so streicht man c aus und
bebUlt \u-€ ai (dabei und ebenso bei dXu60 usw. mag man den Schü-
lern gleich sagen , dasz diese offenen formen bei Homer noch im ge*
brauch sind ; dann bedarf es später bei der Homerlecttire keiner er- ,
klärung derselben mehr), € wird mit ai contrahiert zu r), alsoXu-ij.
wenn dieses also mit hülfe der tafel zum Verständnis gebracht ist,
wird der ganze modus hergesagt und geübt in derselben weise wie '
das activum, erst von Xuai, dann von vielen anderen verben. dann
nimmt man auch act. und med. nebeneinander, vorwärts: Xuuj \i'0
fiai, Xu€ic Xür), Xu€i Xueiai usw., rückwärts : Xuovrai Xuouci, Xvecöt
Xu€T€, Xuö|Li€0a Xuo)üi€V usw., vorwärts kreuzweise: Xuu) Xuofiai, i
Xuo|H€V XuÖMCÖa usw., rückwörts kreuzweise: Xuoviai Xuouci, XuC' ;
c9ov Xu€tov, Xuerai Xuei, XOecGe Xuexe usw., mit der deutschen be-
deutung und ohne dieselbe, dabei emphehlt es sich die formen Xuo-
pai usw. sowol medial wie passivisch übersetzen zu lassen, damit
die schuler von vom herein diese beiden arten-der bedeotoog
kennen lernen und sich an dieselben gewöhnen.
Der oonjnnctiv hBi im aet. und med. dieeelben endumstt
' die 1 ilual. auf m^Oov sollte doch nach 6. Curtloa Oed Ahreni
gHog auf allen schalgrammatiken entfernt werden!
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Die «Bäbuiig der co^jngatioit des gziech. verbums in der ackule. 575
wie der indic, also? — statt o und € als bindevocal uj und i\ (hier
AMch wol xnodujiTOcal gen.)- das gesagt, so müssen sehr fähige
schttler im stände sein, sofort die formen selbst zu bilden und der
lehrer schreibt sie an die tafel mit folgenden bemerkungen: imactiv.
hat die 1 sing, wieder keine endung, in der 2 und 3 sing, wird die
«ndung t dem x] subscribiert: ir), in der 3 plur. wird aas Xu-U)*vci
wieder nach der bekannten regel Xüujci. im medium wird ebenfalls
nach der bekannten regel Xu-ri'Cai zu Xu-n-oi and das zu Xüig. nach-
dem dieses also an der tafel Yordemonstriert und dieser modus er-^
klärt und dann in der oben angegebenen weise von Xuu> und allen
anderen arten von verben geübt ist, läszt man zu noch gründlicherer
befestigung der formen den indic. und coiviunct. im act. und med*
neben einander aufsagen, wieder vorwärts, rückwärts, kreuzweise
usw. ; überhaupt gibt es darin ja viele abwechslungen und die immer
neuen gruppierungen tragen viel dazu bei, das Interesse der schüler
lebendig zu erhalten und die formen immer fester einsaprägen.^
Neues bietet dem schüler sodami der op tati v , neue endungen,
neuen binderoeal, nad noch einen vierten beetandteil, den modus-
ToeaL die penoBeBeadimgen werden wieder audio tofelgeechri
fttn aci:
^l |at€V
c tov T€
— TIIV €V
fürs medium: ^r\v M^6ov jucda
CO cOgv c6€
TO cOqv VTO.
haben die schüler dieselben abgelesen und unter einander verglichen
(wie beim indic), und können sie sie hersagen, so heiszt es weiter:
modusvocal des optat. ist i (vergl. lat. sim, velm, noliwi, malmi)j
dieser verbindet sich mit dem bindevocal des optat., welcher in allen
hauptzeiten des act. med. und pass. o ist, zum diphthong oi. dieses
Ol wird nun an die tafel geschrieben, zwischen den stamm und die
endung der 1 sing. , dann musz ein fähiger schüler die bestandteile
verbinden und aufsagen, Xuoijui, Xuoic usw., XuoijLiTiv usw., wobei
noch die 2 sing. med. erklärt wird: Xuoi-co = Xüoio. es folgt die
-eintibung dieser formen, dann von allen möglichen verben, vorwärts,
rückwärts usw., auch wieder der endungen allein, dann der nunmehr
gelernten 3 modi zusammen.
Vom imperativ w^erden nur die zweiten und dritten per-
sonen gebildet, alle wieder mit dem bindevocal e oder o, unter den-
selben bedingungen wie im indicat. die endungen sind :
* viel anregun^ und f5rd6rnng in dieser besIehuDg verdanken wir
der vortrefflichen schrift von G. SchimmelpfeDg, *cue gruppierende
^terriohtomethode >, Ifarbnrg 1865.
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676 Die euiübnng der ooiyogaiioii des gziech. verbams in der «ckok;
ttti
TOV
TUlV
C0OV
T€
TUlcov oder vnuv
c6€
cOuicav oder cOiov.
med.: CO
c6u)
vergleichung derselben untereinander, und der aetiven mit dem
latein«, t. b. leg*i-(o, leg-i te. nachdem dann der lehrer gesagt hat,
dan in der 2 sing, des act. die endang(dt) abgefallen, der bindefonl
€ ab«r doch geblieben ist, bilden ffthigiM schttler die einselnea for-
MH, mul erlttntem auch selbst schon die TtrlbideniBgder 2 aii^. med.
Xm-CO, Xu-€*o, Xuou. es folgt einübang dieser lonnen in geweb-
ter weise, aufsagten der 4 modi: Xuuj, Xuui, Xuoi|uii — Xuetc, Xüi^c,
Xuoic, XOe — > Äiki usw., rUckwtfrts: Xu^twcoV oderXuövTuiVy Xuotev,
XÜUICl, XuoUCt — Xu€Ti, XtelTC, Xlh|T€f Xu€T€ OSW«, oder mit dflB
iadic. anfangend: Xüouct, XOuia, Xih>i€V, Xu^Tiucav oderXvdvm
— Xum, Mirre, Xuorrc* Xteie uaw., ebenso im^ medium.
Fflr den infinit, praet* »et» ist es im aaängamiterrichte das
•iniMhate, mit IfftUer-Lfttimaim cit ale deboroag «ne €, ftür den bfnd»-
Toeal zu erklären nnd v tla endiuigMifzaateUaii, ako Xö-€i*v; spttnr
bei der Homorleetttre und der diuran sieh nnBcbHesaenden b«pie>
drang beeonderer homeriaeber f onneii iat es Mh genag die f oihmb
anf ciicvnnd cpevoi sn eildimiind mit denen anfctv in nuamawh
hang sn bringen. — Infinit praea. med. hat als bindoToeal c, ab
endnng cOat« also Xti-e-cdau
Znr bildong das partioipiama dient im actiT. vr (vergL
dentsob liebe-nd, kt ama*nt, firaaiSa. parla-nt), binderoed
iat yor v wieder o, also Xu-o-VT; solche etftmme anf vr sind dm
lehfllem von der 8 declination her bekannt (6b0VT-t XeovT-) ; der leknr
braneht alao nur an sagen ^ dasz der nom. sing. mase. dieses paiti*
dp* gebildet wird, wie bd den sabstantivstlmmen der 3 ded.nf
VT, wdche das c des nonu abstonen, dann geben die edittlerm
selbst an , dasz mm auch t abfedlen musz, wdl keine mnta am ende
stehen ds^rf, und dasz 0 zum ersetz in ui gedehnt wird; also X^hb-v;
das femin. ist wie bei den adljectiven auf vr mit ja gebildet (ILL
§ 42, 4^), also Xu-o-VT-ja, das j der bildungssilbe bewirkt Verwand-
lung des T in c , vor welchem v ausfallt und ersatzdehnung hinter-
läszt: XOovca XuGUca. das neutr. zeigt den reinen stamm, aber,
wie die sch iiier wieder zusetzen werden, mit abfall der muta, also
XÜOV. — Daä partic. med. wird als adj. dreier endungen gebildet
auf ^evo-c, ^evri, )li€VO-v, ebenfalls mit dem bindevocal o vor^:
Xuö^evoc, Xuo;i^VT]i Xuö>a€VOV. die declination beider participia
wird repetiert.
Endlich kommen wir zum imperfectum. aus den Vorbemer-
kungen wissen die schüler schon, dasz dies ein nebentempus ist, und
erhalten nun die regel, dasz alle nebentempora im indicat. dasaug-
ment e erhalten, welches vor den stamm gesetzt wird, wenn der-
selbe], wie Xu-, mit einem consonanten begixmt, mit einem vocali-
Die emübnng der oo^jngstlon des grieoii. Teibimit in der tehide. 677
eben anlaut aber eoütnhieH wird« i^eoielkree hiertUier (M.-L.
I 80— *83) wird bis ans ende des quartaeursut, teilweise tmck bie
stir tertia verschoben; aber auch mit angm. temp. werdon jetzt tdion
imperfecta gebildet, weiter erfahren die lohllkr, dm yom impf, smr
nn in^ßeativ gebildet wird, eodaw alle förmen diese» tem^ daa
vagnBOt hBkmu die eaduigeB ftr das aotiT. werden wiedar aaga-
sdbciabaiLs
V gcv
C T0V T€
also fint gsns dieoalben, wie die des Optative» mit weliaheiii aia ver*
fl^iehm werden; die endangen ftlra madiun sind gani dieealbeis wie
im optat., also kOnnen die schtüer sie ohne weitem angeben» binde-
vooal o und €, wie im ind. praes. naehdem dieaes gesagt ist, mllaaen
dk» adhlüer die «nzelnen fSonm bilden, während dar lehrer aia auf
die taifid bringt :
<-Xu-o-v
-c-c
•e usw.
dabei ist durch abfragen noch besonders die 2 sing. med. zu erklären :
4Xu-€-C0, d-Xu-€-0, i\vov (crinneruDg wieder an T6V€C-0C, T€V€OC,
■fevouc). danach wird auch das impf, von verben aller art gebildet
und in gewohnter weise geübt , bis es festsitzt.
Nun wird etwas halt gemacht und repetiert, sämtliche modi
dieser ersten bildungsgruppe werden in der schon beim indic. an-
gegebenen weise, aber gehörig durch einander, geübt, auch läszt
man alle modi des praes. act., dann des praes. med., sodann act.
und med. neben einander oft und von vielen verben aufsagen, infin.,
partic, impf, immer mit; z. b. Xuuj XOo)Liai, Xuuj Xuo^al, Xuoipi
Xuo(|LiT^v, Xu€ Xuou, Xueiv XuecOai, Xuwv Xvjouca Xöov Xuo/nevoc
Xuo)Li^VTi Xuö^evov , IXuov dXuöfiriv , und nicht blosz die ersten for-
men, sondern auch einmal etwa alle 3 sing., alle 2 plur. , ein ander
mal werden alle modi des act. oder med. neben einander durchcon-
jugiert, vorwärts, rtlckwärts usw. — Solche repetition der einzelnen
modi findet auch später noch am anfang jeder stunde statt, indem
die neu gelernten tempora und modi stets dazugenommen werden,
— Notwendig ist es auch, wenn nicht immer, so doch häufig die
deutsche bedeutung des conjunct. und optat. mitsagen zu lassen,
ähnlich wie es oben schon beim indic. angegeben wurde, uns scheint
es am passendsten (wie z. b. auch in Schwartzes 'Organismus der
gymnasien' vorgeschlagen ist) , den conj. mit httlfe der conjunction
^dasz', den optat. tenmttelat dee hOl&zeitworts 'mögen' zu über-
setzen; dann wird man alle eoi^. und opt. wenigatena einigarmaszen
deutsch wiedelgeben ktaaen and bei spftterem abfragen oder bei
^menaiiemporalien weiden die schttto murin betr. der llbmetning
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578 Die eiAübung d^r miyjiigatifrn des gdach* verbumA iu der schale.
w eniger formen zweifelniU^iiiieiii und da iuMUi eine kurze bemerkoog
des lebrerb aushelfen.
Ehe weitergegangen wird, sind erst noch einige allgemeinere
bemerkungen und regeln zu geben, also wird den schülem mitge-
teilt, doäz alle conjunctive , alle optative, alle imperative (mit einer
ausnähme), im activ. und im med. je dieselben endungen haben, dasz
überhaupt die meisten Schwierigkeiten bei den folgenden tempora
durch die tempusbildung bereitet werden, während die fiexion meist
der fest eingeprägten des praes. entspricht, fürs medium läszt sich
das ja noch genauer fassen, also dasz alle conjunctive und die in-
dicative der haupttempora die endungen ^ai cai Tai usw. haben,
alle Optative und die indicative der nebentempora die endungen
finv CO TO U6W. durch soloha bemerkungeii wird der folgende
geebnet.
Wollen wir dann vom leichteren zum schwereren stufen weise
fortschreiten, so erscheint es richtiger als zweite bildungsgruppe
nicht das perf. und plusqpf. durchzunehmen, sondern zunächst das
futurum und den aoristus I act. und med.; diese beiden tempora
bieten nur einen, jene aber zwei neue bestandteile. beim futu-
rum haben die schUler als neuen bestandteil den tempuscha-
rakter c zu lernen, welcher in allen formen dieses tempus im act.
und med. hervortritt (wie überhaupt der tempuscharakter, während
das augment nur im indicativ sich findet), conjunctiv imd imperativ
werden vom fut. nicht gebildet; welche modi also nur? — Der tem-
puöcbarakter tritt an den stamm, daran dieselben bindevocale und
endungen wie im praes. nach diesen bemerkungen können die Schü-
ler selbst die formen bilden, und dictieren sie dem lehrer, der sie an
die tafel schreibt; dann wird das fut. wieder Torw&rts, rückwärts
usw. conjugiert.
Denselben tcmpuscharakter c hat der aoristus I act. und med.
dieses ist ein nebentempus, hat also als besonderes kennzeichen? —
Aber nur im indicativ ! die endungen sind zu besprechen beim in-
dicativ act. sing. (-, c,-), 2 sing, imperativi act. (v) und med. (keine
endung) und inf act. (keine endung); die übrigen endungen ent-
sprechen dem impf, und den modis des praes., werden also repetiert
als bindevocal wird aufgestellt a, auszer im conj., welcher ent-
sprechend dem praes. u) und ri hat. nun werden die einzelnen modi
£tlr sich durchgenommen, wobei im ind. act. die .S sing, wegen der
Schwächung des a zu c, im imperat. act. die 2 sing, wegen des
bindevocals o, imperat. med. 2 sing, und inf. act. wegen der deh-
nung des a zu ai, die 2 sing. ind. med. dXu-c-a-co, d-Xu-c-a-o, eXücui,
endlich die besondere nominativbildung des partic. act. (Xucac von
Xu-c-a-VT wie titcic, nominat. mite) zu besprechen sind, und wegen
des accents die 3 sing. opt. act. Xucai ; dabei präge man früh den
unterschied ein von ßouXeucai, ßouXeucai, ßouXeöcai und repetiere
das besonders häufig, natürlich werden auch von diesem tempus die
einzelnen modi erst allein geübt, bis jeder einzelne festsitzt, daui
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Pie emübung der oo^jugatioii d«6 grieeli. Tetbums in d«r aohule. 679
mammeii, wie voriMr anaeiiuaidefgeeettt ist nun werden die
tempor» bis siun aor. I incL aufgesagt und aUe modi aller dieeer
iempora.
Ale dritte bildnngsgruppe folgen perfecium und plne-
quamperfeotum» abweiebend yom bisherigen gauge werden bei
dteaem be&dm iampora idnielist die aetiyen fonnen allein dnroh*
genoBunen« dann erst die medialen, da ja aot und med« nieht den«
selben tempusebarakter haben, weshalb auch später das susanunen-
eonjugieren des aet und med. ttat den sehttler so beeottders sehwie-
rig ist. Als gemeinsames kennaekshen aller per&otisdien tem-
pora wird die leduplieation hingestellt ond eiidSrt bei den oonso-
nantiaek anlautenden yerben als wiedeiiudung dee anlantenden oon-
sonantan» wekher mit e yerbunden vor den stamm gesetst wird, bei
den Tooalisoh anlautenden verben als dem augm. temp. gleiche ver-
stttrkung des anlauts. der so entstehende perfectetamm wird zu-
nächst an «iner reihe verba geübt , wobei die reduplication bei ver-
ben, die mit einer aspirata, mit einem doppelconsonanten, mii> CT
usw. anlauten , einfach vom lehrer gegeben wird (daä genauere über
die reduplication wie über das augment wird aufgeschoben, vergl.
oben s. 577). besonderer tempusebarakter des perf. und plusqpf.
activi ibt k, während das charakteristische des medialen perf.
und plusqpf. das fehlen jedes tempuscharakters ist. wir gehen da-
nach also zur conjugatiou des perf. und plusqpf. activi über, wobei
als besonderer bindevocal im ind. a (3 sing, wie im aor. I zu e ge-
schwächt), und im plusqpf. ei (3 plur. gewöhnlich e) neu zu lernen,
für die übrigen modi die bindevocale des praes. zu repetieren sind,
ebenso wie die endungen, auszer im inf. : vai. zu besprechen bleibt
dann noch (mit benutzung der tafel) die 1 sing. ind. X^-Xu-K-a,
wegen des fehlens der endung, die 3 plur. ind. Xe-Xu-K-a-^ci, und
die eigenttlmliche bildung des participiums, mit t: X€-Xu-k-o-t-c,
XeXuKÜüC usw. — Im medium werden die endungen (welche ja be-
kannt sind) ohne tempusebarakter und ohne bindevocal an den
reinen stamm gesetzt (Xe-Xu-^ai) und daher lassen sich conjunct.
und optat. nicht bilden ; den grund dafür können die schÜler selbst
erklären, die Umschreibungen XeXufievoc lu, XeXujuevoc einv wer-
den noch weggelassen, für die 3 plur. ind. perf. und plusqpf. X^Xuv-
Tm und ^XeXuvTO gelernt und nicht die Umschreibungen (welche für
diese beiden formen aber bei den verba muta vorwegzunehmen sind),
nachdem die modi einzeln genügend geübt sind, folgt das aufsagen
aller modi, erst des aot, dann des med., dann suaammen, endlich
aller tempore bis plusqpf. inel.
Die vierte büdungogruppe bilden der aoristue I pasB. und
das futurum pass. der aor. ist wieder ein nebentempus, also? —
^ach schreibt der lehrer i-Xx)- an die tafel und lehrt weiter : tem*
pnsdiar. fttr den aor. ist Or), dessen r| aber im conj., c^t. und partic.
2u e geschwächt wird, die endungen sind die activen endungen der
iiAbeueiten, die werden also von den sohfilem selbst aufgesagt und
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1
560 Die «inübiiiig dir ooigiigaäoB des gneelu ynteknamB jm dar sokiile»
dem lehm dictiert, oder auch von einem Mküler an die tafel ge-
schrieben, wobei nur aof die abweichnngen : 3 plur. ind. (covX
2 »Hg. imperat. (die alte endnng Ot) und inf. (vca) Yom lelnrer be>
•ondeiB anlmerksani zn madwn iaU bindeTOoal isfc nir im coiqimet
da: ui wd f|, wie im actiy. , wovon te c des ismfmmhuMmn ne-
eehlnagiB wird, nicht im indie., imperal.« infi, pmrtic. {nom* wdkt,
Xu^VT*c ~ XuOck); 6m WfAMw lisi den eigmitAmüdbai inito
elrnnkUr ii), detM i mit dtm c dee tempneahifikUn «m ^
plAong ei wird, nnd wem dieeelben eadmigai wie im indio« iieto
(3 plur. €n|aiv mid cttv). diese erldlfnngen werden ra den eii-
BilMn formen gegeben, dumdi mllaeen die soMler, ekne «bei lie
temmi ent an die taftt geochrleben werden» die eineiinwi modi m»-
aunmenaelMn und heraagan. Bae fntnrnm pasa, knt deneoBwn
lempaaelwnktcr 6n vi^ dman noeh da« c alkr Mara; also BttnM
der lelirer Xii-6n-€- an die tM nnd ragt noeh, daaz dm» Vinii-
▼oeal nnd endnngen treten, wie in den medialen baoptieiten- da*
nadi Mmrf die bUdang dar etnietnim formen kdnar fceeondwwn ke-
apreelRmg; wenn die 1 sing. ind. eridM iat, kOnnen die sebttler dw
anderen formen mia dem köpfe auümgen.
Schlieszlich ist noch das futurum III zu besprechen, als me*
diales futurum mit reduplication, also Xe-XO-c-o-jiiai; die flexion ent-
spricht ganz der des futur. I med. , braucht also nicht mehr erörtert
zu werden, in gewohnter weise werden die formen eingeprftgt nsd
gettbt.
Kon tritt natürlich wieder eine pause ein, und die r epeti tion,
die *mater studiomm*, erhält ihr recht, bei solcher gesamtrepetiiioii
und -ttbung ist es sehr zu empfehlen, nicht bloss mnzelne *a yerbo
formen', sondern alle tempora aufsagen zu lassen:
Auw — Xuofiai
?Xuov — ^XuÖMTiv
XOcuj — Xucojiai
^uca — dXucd^nv
X^Xuxa — X^Xu^ai
dXuOnv
XuGrjcoMOtt
XcXOcogai.
in dieser weise werden von ßouXeuuj und anderen verben die tem-
pora hergesagt, sodann wieder die modi der einzelnen tempora, und
zwar jetzt immer activ. und med. zusammen; dabei werden anchdie
bildnng der einzelnen tempora und modi, die abweichnngen und be-
Sonderheiten wiederholt durchf^efragt. auch andere gmppierui^fen
lassen sich noch finden, z. b. die modi der 4 futnra neben einaader;
Xucuj, Xuco^al, Xuer|C0)L4ai, X€XlJCO^al — Xuccijüii, Xucoijitiiv usw.,
oder der 3 aoriste: auco, dXucdftnv, ^X^nv — Xöcm, Xikiupmir
u kju,^ jd by Google
iM» eiudlnmg der oMgngation gdacb* ▼erlmms ibl der tchnle. 561
XuOui usw., oder der 3 haupttempera des aotiTs: Xdtll» XÖQii, XdXuKtt
— Xüui, XeXuKUJ ~ Xüoiini, XikoiMi, X€Xikoi|ii usw.
Wen auf diese weise das verbtun pumm non oontractnm den
sehülem zum versttiidnie gebracht und sodMUi ttlohiig eingeübt und
zugleich mit einer anzahl vocabe]n der groeaen mehrzahl der scbttler
iBit eingeprägt iet« worüber mündliches oertieren und die wöcbent-
Hdien foimeneiiemporalie» den Magern amweu geben — dann ent
^arf weitergifgaagen weBden.
Wir sind nun der meinong» dasz sieh an die dnrefanabme der
verba pnra barytana die verba contracta naturgemSszer und ein-
fuker anschlieszen als die Terba impora, da ja bei jenen flaiion und
temation (bis auf die dehnung des stammauslautes) der von Xuu)
ganz entspreeben. ancb mit rücksicht auf das fat. eonir* der verba
Üquida baUan wir es für nnriditig, die verba contr. erst nach den
verba impura durchzunabnany wibpend freilich die bei MflUer*Latt'
mann (§ 84) ebenfalls vor deni^erba contr. behendeltea Tuben mit
fat. attic. und fut. doric. wol erat dem tartiacnraBa razuweisen sind.
dtk nun die offenen formen des praee* nnd impf, zu conjugieren jeder
fioiittler nach der festen einprttgvng von Xuu) im stände ist, selbst
wenn sie nicht, wie wir oben vorgesoblegen haben, gleich mit Xuuj
osw. mitgeftbt sind, so bietet nur die contraction in diesen beiden
teoipoia eine Schwierigkeit, doch sind auch dafilr die regeln teilweise
eehon von der declination her bekannt sie mflssen aber in möglichst
kurzer , leicht lembarer fassnng gegeben werden , damit die schüler
sieh dieselben in festem Wortlaut einpxigen können, z. b. die
regeln für den stammauslaut a geben wir so : 'a mit £4aat wird ä,
0, mit 0-laut wird uu, etwaiges i wird sabseribiert, anszer im inf.
praes. act.' — Bei der durchnähme dieser verba schreibt der lehrer
zunächst die offenen formen nach dem dictat der scbttler an die
tafel (oder läszt es durch dnen schüler thun) , erklärt — unter be-
teiligung der schüler — die vorznaehmende contraetieo, nnd schreibt
dann die contrahierten formen neben die oiffimen. anfangs wird
dann aieht bloss die offene form immer vor der eontrahierten anf-
gessgt, sondern auch kurs die art der contraction von den sohttlem
angegiAwn, z. b.: *Tt]idu), a mit 0-laut gibt ui, also Ti^ui; Tipi&eic,
a mit E-laut gibt ä, t wird snbeoribiert, also Tifiiqic ; (piX^€ic^ € wird
vom diphthong et versohlungen, älao qnXek; bouXöet, o mit €i gibt
01, also bouXoi' usw. erst wenn dieses genügend geübt ist, werden
die contrahierten formen allein hergesagt und wieder rückwärts, vor-
wärts nsw. geübt, auch durdi abfiragen eingeprägt, bis sie festsitzen.
— Das eiaprSgen der einseinen tempora und »odi gibt zu weiteren
bcmerkungen keinen anlasz, es geschieht ganz in der dargelegten
weise, eine Schwierigkeit bereiten noch die unregelmässiglieiten in
hetug auf die oontriMBtion (2duj, TrX^ttl usw.) nnd in bezug auf die
dehnung des stammauslautes (^duj, T€X6iU, tcX^uj usw.). diese
ttttssen aber doch wol gleich im qnartacuxsns mit bewilligt werden
and Bind deshalb gans besondm zu ttben.
Diyiiizeü by GoOgle
682 Dm mnflbong der ocngogslioii dm gdack, TeKbniiiB in der echnle.
Bevor dann weitergegangen wird, erfolgt — ebenfalls unter
benutzung der tafel — eine aaseinandersetzang über die einteilang
der verba anf u) nach ihrem stammaaslaut ('kennlaut') in verbs pnra
nnd yerbaimpura, sowie dieser in verba muta und liquida, und
über die 3 arten der ersteren nach dem organ der mala in verba der
P-reihOf der K-reibe nnd der T-reihe, sodann über die verschiedenen
Btftmmat den prftsensstamm ^ verbalstamm, wnrzelstamm , reinen
stamm, endlich über die tempora secunda. die schüler werden
daraaf hingewiesen nnd es wird ihnen zum bewustsein gebracht,
dass bei den bisher behandelten verba pura alle tempora von einem
und demselben stamm gebildet sind, ebenso — dociert der lehrer
waiter — gibt es nnn auch eine anzabl verba im pura, welche nur
einen (wurzel- oder reinen) stamm haben, z. b. Ypdqpiu, Tpißw,
fpikifWy v^^u). andere haben zwei stämme, und zwar entweder
einen (präsene oder verbal-) stamm für die bildung des praesens
und aller übrigen tempora prima , #n zweiten (wurzel-) stamm für
die tempora secunda, z. b. ttX^kui; — oder sie bilden vom einen
(prftsens-) stamme nur das praes. nnd impf., vom anderen (verbal-
oder wnrzel- oder reinen) stamme alle übrigen tempora prima und
secunda, z. b. tuittui, ötT^^^wi. noch andere endlich haben drei ver-
schiedene Stämme, und zwar einen pr&sensstamm , von welchem
praes. und impf., einen verbalstamm, von dem die übrigen tempora
prima, und einen wurzelstamm, von dem die tempora secunda ge-
bildet werden, z. b. kX^tttu), ktcivo). die modificationen ^ welche
diese aufstellungen durch die verschiedenen ablaute erleiden, bleiben
vorläufig noch unerörtert, bis die haupt|Muradigmata der verba mnta
resp. liqnida durchgenommen sind.
Wir beginnen mit den verba muta der P -reihe, nehmen aber,
abweichend vom gange des Müller-Lattmannschen buches, die in
diesem buche erst in § 73 nach den übrigen tempora erörterte bil-
dung des praes.-stammes vor den übrigen tempora durch, wir tei-
len den Schülern mit, dasz manche verba dieser reihe den prSs.-
stamm dem verbalstamme gleich haben, bei anderen aber ein beson-
derer präsensstamm gebildet wird durch anfügung eines T an den
verbalstamm, da vor dieser tenuis nur eine tenuis stehen kann, so
musz wurzelhaftes ß oder (p zu TT werden, nachdem dieses an einer
anzahl verba klar gemacht und eingeübt ist, wird die formation und
flexion der verba der P-reihe durchgenommen , wobei aber — ■ wie
gesagt — die verba noch auszer acht zu lassen sind, welche ablant
erleiden, die flexion des praes. und impf, wird repetitions weise auf-
gesagt, dann werden die übrigen tempora prima in derselben reihen-
folge, wie früher bei XOuj, durchgenommen, wobei wieder unter be-
nutzung der Wandtafel die lautlichen Veränderungen, deren gesetze
von der 3 declination her ja schon groszenteils bekannt sind , zur
anschauung und zum Verständnis gebracht werden, also wird erst
TUTT-C-UJ an die tafel geschrieben, die schüler wissen (z. b. YWTT-C«=
TVtp), dasz P-laut mit c zosammengesch rieben wird zu also
L ijiu^od by Google
Die einAbmig der eofl|jagation dee grieoh. Terboms in der eolmle. 583
tAi|RII; ebenso bilden die eehlQer das fat Yon Tpa<P*9 Tptß«, Xem-
usw. in derselben weise werden Te-tuir-iaat» T€-TUir-cai, d-Tim-Onv»
and bei den andmn vsihen z. b. biuuK-cui, i|i€ub-CU9, ttc-ttciO-ko usw.
angesclirieben und nn^bildet : bei allen tempora wird immer erst
die tempnsbildnng von möglichst vielen verben derselben rmhe ge-
ftbty und dann erst die conjagation r^etendo hinzngenommen. naeb-
dem so die tempora prima dordigenommen sind , wwden die tem-
pora secnnda erklärt und geObt, znnlobst wieder nnr von solohen
Terben, irMbit keinen ablaut erleiden, z. b. tOtttuj, Tp(ßu), TP<i<pui.
natürlich werden nur die tempora secnnda gebildet, welche über-
haapt gebildet werden können, worüber den schülem bestimmte
regeln wa geben sind, also ein aor. II act. und med. wird nur von
golchen yeri>en gebildet, wekke mriirere stänune haben, aor. II nnd
fut n pass« Ton nllen verben, perf. nnd plusqpf. II nioht von den
Verben, deren stunmanslant <p (und nachher x) ist. von anderen
aber, z. b. von tutttu) lassen wir alle 6 tempora secunda bilden,
ohne rücksiebt darauf, ob sie vorkommen oder nieht (vevgL nnten
8. 686): ^TUTTOV drUTTÖ^lllV, iT\)W(\V TUTTl^COlllOl, T^TÜTO ^TCTÖirCIV,
nnd lassen sie in dieser reikenfolge beim aufsagen aller tempora dio-
sss Terbs nach den tempora prima sagen, die flexion dieser tempora
secunda wird mit den tempora prima, welchen sie entspricht, Tsr-
glichen nnd auf die wenigen unterschiede, abweiebungen in beeng
anf den acoent, bingewiessn; danaeh werden auch von den temp. sec.
die modi zusammen hergesagt und geübt, endlich werden nicht blosz
die modi aller 3 aoristi sec. neben einander aufgesagt nnd conjugiert,
sondern aneh die modi der beiden activen, der beiden medialen, der
beiden passiven aoristi, die modi der beiden perfecta (und plusqpf.),
der beiden futnra passiva usw., nnd immer von möglichst vielen
Tsrben.
In derselben weise werden sodann die verba der K-reihe und
der T-reihe dnrcbgenommen, erklärt und geübt, erst danach gehen
wir zur besprechnng der Verinderungen des stamminlautes', kurz
der yior 'ablautreihen', über , welche ja allen drei classen der verba
sinta gemmnsam sind, anf die einprägung derselben ist grosse sorg
fslt zu verwenden, wobei nntorschiede, wie ir^iru» nirroixfpawi
TT^In^ai, Tp^nui lirpotpa T^rpaM^at usw. besonders hervorzu-
heben sind; zur vergleiebnng dient das dentsobe, z. b. 'treffe, traf^
getroffen', dazu kommt noch die einprSgung einzelner ausnahmen
von diesen ablautgesetzen , wie ond ^X^YU), sodann der schon
in qnarta nicht zu übergebenden besonderbeiten, verba auf P-laut mit
voxbergebendem jyi: n^jiTru), nim^ipm (aus iT€-iT€)üii^-)üiai), verba auf
TT> s* b. c<piTTU>, verba auf T-laut mit vorhergehendem v: cn^vbui,
I
Circicui (aus CTret<^ciu) usw. — kurz, es bedarf nioht wsniger woohen,
ehe man mit den verba muta wird abschlieszen können und zu den
verba liquide übergehen, selbstverständlich unter fernerem hfiufigen
zurttokgreifen auf die verba muta und die verba pura.
^ üd by Google
584 Dit ainabqBg dar ewgugation des gnaoh. Terbunu in der adude.
Auch bei den Terba liquida halten wir es, wie bei den verba
muta, für rathsanif ja für durchaus erforderlich, an erster stelle die
pr äsenabildung zu erörtern, also nach Müller- Lattmann § 77 vor
76 und 76 durchzunehmen, die schüler erfahren also, dasz von
den meisten verba liquida ein besonderer prftsensstamm gebildet
wird durch verstftrkung des verbalätammee , indem bei allen auf X
dieser aualaut verdoppelt, bei einigen auf pL ein v angefügt, bei den
meisten auf v und p der voraoslaut des Stammes durch hinzufügung
eines i verstfirkt wird, welches 8ich mit a und € zu ai und €i, mit i
und u zu t und ü vereinigt, danach ist die bildung des präsens-
atammes von möglichst vielen verbalstämmen zu üben und auch um-
gekehrt den bcbülem einzuprägen, wie sie aus dem präsensstamm
immer unfehlbar den verbalstamm finden können, dasz also alle verba,
deren präs. XX enthält, im verbalstanmi nnr ein X haben usw. nach
kurzer repetition der flexion des praes. und impf, werden die übrigen
tempora gebildet, aber nicht blosz von einem verbum, z. b. v^fiU),
sondern auch von dTT^XXu), Kpivui, b^puj und anderen, im fut. act
und med. bezeichnen wir das antretende e kurz als tempuscharakter,
nachdem den schülern eingeprägt ist, dasz die verba liquida ihr tut.
ohne c bilden ; die contraction braucht nun nicht mehr erörtert zu
werden , nur die form der 2 sing. med. auf €i , die doch gleich mit-
gelernt wird, ist zu erklären. — Im aor. I act. und med. wird die
dehnung des vorauslautes als eine ersatzdehnung nach abfall des
eigentlichen tempuscharakters c leicht verstanden, doch ist die deh-
nung der einzelnen vocale und sind erst recht die besonderheiten
(maivuj, aipuj usw.) tüchtig zu üben. — Per f. und plusqpf. act.
und med., aor. I und fut. I pass. werden dann von den verben auf
\x nicht mehr gebildet, sondern die schÜler auf die erlemnng der un-
regelraäszigkeiten in tertia vertröstet, wol aber von denen auf X V p,
wobei die Yeiftadenuigan, «u»£aU des c (s. b. icd-<pav-eOov), ver-
c ^
Wandlung des v in c oder ^ (z. b. 7^^'<pa1|f-^al , rjcxut-^al) wieder
durch die tafel zur anscbauung und zum Verständnis gebracht wer-
den, dabei finden die einsilbigen stämme auf X v p mit dem inlaut €,
welche den ablau t a im perf. act. und med., aor. I und fut. I pass.
usw. haben, gleich mit berücksichtigung, und bei der dann folgenden
durchnähme der tempora secunda wird auch die zweite ablautreihe
(z. b. q)av-, n€q)r|va) eingeprägt. — die einübung geschieht in der-
selben weise und mit denselben abwechslungen und gruppierungen
wie bisher, zur repetition werden alle tempora, welche gebildet
werden können und deshalb beim Unterricht gebildet eaad^ in dtf
früher angegebenen reihenfolge aufgesagt.
Das wäre der hauptsache nach etwa, was nach dem gewöhn-
lichen lehrplan in quarta 'oder tertia^) durchgenommen wird; einzelne
besonderheiten, z. b. die Veränderung der stammauslaute i und C, die
einschiebung eines c vor den mit )i t 9 anlautenden endungen , die 3
plor. perf. med. mit a, z. b. TeTuipaTai, und anderes, was bei der
^ üd by GüOgl
I>ie einübuag dar coigngation des griecb. Terboms in der schule. 685
ersten durchnähme übergangen ist, wird b^i einer repetition ein>
g-e schaltet, solche repetitiosien sind aber häufig anzustellen und
dabei ist in immer ^netten gmppienuigeii das alte (und bekannte
den schUlem vorzuführen und so immer fester einzuprägen, es
darf auch nicht unterlassen werden, die tthnlichkeiten und yer-
Bchiedenheiten , welche den anfttnger zu so manchen Verwechs-
lungen verleiten, besonders hervorzuheben und ihre Unterschei-
dung SU bewirken. beispielBweise bringt man irpoccui, itXdccui,
irXdZui, irXifjccui, oder rdccui, Tir^KUi immer wieder zusammen, weist
auch hin auf den unterschied von Tp^irui, T^rpocpa, T^papfiat,
i,TQl<^r\v — icXinTui, K^KXoqxi, K^KX€|i|iot, iKX^cpOnv und
CT^Xui, ftraXKO, fetaX/uiat, icvdXOfiv, übt daher diese verba zu-
sammen usw.
Zum Übergang von der conjugation auf lu zu der auf |ai mag
man dann nach H. D. Müllers verschlag noch die 'Zerlegung der
verbalformen' besprechen, am ende des quarta- oder anfang des
tertiacursus , doch ist ja nach der im vorstehenden skizzierten me-
thodc alles dahingehörige den schülern schon allmählich bekannt ge-
worden und diese besprechung wird nur eine zusammenstellende
repetition sein.
Noch einige werte seien über die behandlung des pensums des
zweiten jahres gestattet, die behandlung der verba auf jui erfolgt
im wesentlichen wie die der verba auf doch wird nur die flexion
des praes. und impf, und die des aor. II genauer erörtert, alles
andere, mit den geringen ab weichungen von der lu conjugation,
gleich repetendo durchgenommen. — Wir beginnen mit Ti6r|jUi; als
wurzelstamm wird öe hingestellt, als präsensstamm daraus durch
reduplication mit i : TiGe gebildet, es folgt die mitteilung der en-
dungen, soweit sie von den in der uj- conjugation gelernten abwei-
chen (sing. ind. praes. act. jui, c, ci), und die Zusammensetzung der
einzelnen formen an der Wandtafel, mit den noch nötigen erläuteriin-
gen. auf die einübung des praes. und impf. act. und med. folgt erst
die formation der übrigen tempora prima und ihre einübung, endlich
die des aor. II act. und med. nachher stellt man die modi des praes.
und des aor. II im act. und med, neben einander und läszt sie von
den Schülern oft zusammen hersagen, damit die schüler sich fest ein-
prägen, dasz alle formen des praes. mit reduplication gebildet wer-
den und dadurch hauptsächlich sich vom aor. II unterscheiden, wo-
bei auf die wenigen auch noch in anderer weise verschiedenen for-
men besonders hingewiesen und diese besonders oft zusammenge-
stellt werden : xiöevai — Geivai, ebenso nachher icrdvai — cxfivai,
' uTttcav — ^CTT]cav, OeCc — erde (und nicht ciaic oder cxcic!) usw.
— An T\Qr\^i schiieszt sich am besten gleich in|yii an, dann folgen
iCTHiii, bibuiiLii, betKVu^i, welche ganz in derselben weise behandelt
werden wie liQmxu zur repetition werden auch von diesen verben
alle tempora aussagt, z. b.
H. Jahrb. r. phiU n« pid. II. abU 187S. hfl. IS. 89
586 Die einübung der co^jogation des gnech. verbums in der schule.
TiGriMi — TiOepai
er|cuj — 9r|C0uai
lOr]Ka — ^OriKd^riv
T^0eiKa — leöeifiai
4T€6eiK€lV — iTe6€4u)v
Tedncofiai
nach der durcbnahme der einzelnen paradigmata lassen sich die Zu-
sammenstellungen über endongen, Stämme, Zusammensetzung des
Stammes mit den endungen usw. (M.-L. §§ 93 — 97) wieder durch-
i^precben als zweckmäsziger anbalt zu repetitionen, wozu eben da-
durch neue gruppierungen geboten werden.
Endlich folgen die perfecta und plusquamperfecta nach der II.
conjugation, die sogenannten kleineren verba auf m, und die un-
regelmä-szigen verba, wobei zwischendurch die Zusammenstellungen
über den accent der verbalformen , also die abweichungen von der
hauptrcL^el, durchgenommen werden, vieles aus diesen letzten capi-
teln iat ja nur mechanisch zu erlernen, vieles andere, das zu erklären
wiire, ist schon von früher her bekannt, einiges andere bedarf aber
auch hier noch der erklarung mit hülfe der Wandtafel, z. b. die for-
mation der 'digamraastämme', xaitü. xXaiUi, 6euj, ttvcuj, p€'u; usw.
doch brauchen wir hier darüber nach dem gesagten nichts mehr hin-
zuzufügen, auch für die unregelmäszigen verba empfiehlt sich aber
die einprUgung und repetition durch aufsagen aller tempora und
modi, auch derer, welche gar nicht, oder im classischen griechisch
nicht vorkommen, vorausgesetzt, dasz sie nur rieh tig gebildet
werden, zur vorsieht mag man ja den schülem sagen, dasz gar keine
rücksicht darauf genommen werde, ob alle gebildeten formen auch
wirklich im gebrauch sind, ja, dasz manche nicht gebraucht sind:
aber bilden und aufsagen lasse man sie getrost alle, durch diese
art der einübung werden die schüler eine viel klarere einsieht in
den bau des griechischen verbs erlangen; sie sollen ja aber grie-
chische formen lehre lemen,nicht philologisch- 8 tat istische
kenntnisse sich erwerben.
Wir erwähnten wöchentliche 'formenextemporalien' als ein mit-
tel zur einübung und einpr^gung des verbums; wir woUen noch ein
paar worte darüber zum schlusz hinzufügen, wir sagen (aber nicht dl c-
tieren!) die deutsche bedeutung der zu schreibenden form (z. b. 'er
löst, sie werden lösen') und verlangen, dasz die schüler sofort die
griechische form niederschreiben , oder wir bezeichnen die form
(aber in dieser Ordnung: 'von tuittui, perf. med. indic. 3 sing., tob
Xeinui, aor. II pass. opt. 2 plur. usw.) und lassen sie dann zu pi^isr
bringen; die bedeutung oder bezeich nung wird nicht mit hings-
scbrieben. so können die schüler 60 — 60 formen bequem in einer
^ üd by GüOgl
Die einilbmig der coiviiigation des grieoh. verbumB In der schule. 687
stunde schreiben und erhalten am scfaliisz noch etwas zeit zum noch-
maligen durchlesen des geschriebenen, wobei sie angefordert wer-
den, besonders auf die richtige Setzung des accents und des Spiritus
zu achten. — Oft Unnen auch weniger formen, etwa eine yiertel-
stunde lang, geschrieben und dann gläoh in derselben stunde dureh-
gesproohen werden, die wöchentlichen extemporalien aber sind
Tom lehrer zu corrigieren, werden also erst in einer spStem stunde
den sohfilem zurachgegeben« bei dieser rttckgabe sind alle die for-
men zu besprechen, in welchen irgend welche fehler gemacht sind;
Ton einem schüler, welcher die form Torfehlt hat, wird sie aus dem
köpfe richtig gebildet und auf diese weise laut das vorgemacht, was
beim schreiben des extemporales eigentlich jeder schttler leise fttr
sich hStte thun sollen, der betreffende sagt z. b.: '3 plur. ind»
perf. ad Ton ßotiXctfui; reduplication ßc, stamm ßouXeu, tempus-
oharakter k, bindeTocal a, enchmg vci, v vor c fitllt aus und hinter*
iSszt ersatzdehnung, also pepouXeOKOCi'. daran schlieszen sich dann
etwa noch n5tige besprechungen und erOrterungen, meist durch ab-
fragen.
Auch deshalb halten wir diese formenextemporalien für so sehr
wichtig und glauben sie dringend empfshlen zu müssen, weil durch
>ie und ans ihnen wol am besten der lehrer ersehen kaon, ob ein ab-
schnitt Ton den schfllem wirklich yerstanden und fest gelernt ist oder
nicht — nota bene, wenn abschreiben und dergl. durch die achtsam-
keit des lehrers möglichst verhütet ist — Gar nichts dagegenhalten
wir von dem 'paradigmenschreiben* und schlieszen uns auch in be-
sag darauf E. W. Krilgers urteil vollstftndig an (a. a. o.) : *das para-
digmenschreiben halte ich fttr nicht viel zweckmftsziger, als wenn
man die Soldaten statt auf dem ezeroieiplatze durch abschreiben des
exercierreglements bilden wollte*.
Also kein docieren aus dem gedruckten buche, kein mechani-
sches erlernen! der lehrer erklftrt mit hülfe der Wandtafel das zu
erlernende 'elementar* und anschaulich, ehe es gelernt wird, ttbt es
tttohtig in der schule ein und repetiert es oft und mit vi^en ab-
Wedislungen, so wird er gewis mit gutem erfolge sich bemühen,
seinen schülem die conjngation des griechischen verbums einzuprägen,
freilich alle schüler, welche aus quinta nach quarta versetzt sind,
werden audi bei solchem Unterricht das griechische verb nicht ler-
nen; die Sehnsucht nadi dem ^Nürnberger trichter* wird auch durch
die im vorstehenden skizzierte methode nicht befriedigt.
RaTZBBIIBO. WolBBLIC YOLLBnaOHT*
89*
^ üd by Google
58d Di« lat. «precU- und «chieibübuiigeii vU gcmidlaf e der l«ctüze.
64.
DIE LATEINISCHBir SPRECH- ÜND SCHEEIBOBUNQgir
AUF GBÜNDLAGE DER LECTOBE.
In nummer 6 und 7 dieber Zeitschrift bat br. Fries aus Barmen
in einjyjehender weise untersucht, wie auf der untersten stufe des
lateinunteniehts schon der grund gelegt werden könne zu einer
grÖBzercn fertigkeit und gewandtheit der schäler im mündlichen und
schriftlichen ausdruck. zugleich gab derselbe einige winke und
finp^erzeigof wie man die in den niedersten classen begründete arbeit
in ersprifü^licher weise in den mittleren und oberen weiter fördern
lnüs^e, um zu einem bcblieszlichen erfolgreichen und für lebrer wie
Schüler gleich erfreulichen abschlusse zu gelangen, zweck der fol-
genden Zeilen ist nun zum gleichen thema einige erfahrungen beizu-
bringen und namentlich an praktischen beispielen zu zeigen, wie die
lateinischen Sprech- und schreibübungen an dielectüre angeschlossen
concentration des Unterrichts und Vereinfachung der methode enaiig-
lichen und eben dadurch bessere resultate erzielen lassen.
'Die Sprech- und schreibübungen sind in engsten Zusammen-
hang mit der Icetüre zu bringen, und es musz neben dem gesiebte na-
mentlich auch die mithilfe des obres beigezogen werden.' diese bei-
den Sätze hat man als unumstöszliches fundament von quartaan fest-
zuhalten; auf ihnen baut sich die ganze methode des grammatisch-
stilistischen Unterrichts auf. darnach genügt es durchaus nicht,
wenn der quartaner seinen Nepos — und diesen wollen wir denn
doch nicht verdrängen lassen durch geschmackverderbende, aus spät-
lateinern excerpierende Chrestomathien! — geläufig übersetzen und
grammatisch erklären kann; der verständige lehrer wird ihn auszer-
dem anleiten, die bemerkenswerten ausdrucksformen herauszufinden
und sich in gut^r Ordnung zu sammeln , er wird dieselben ferner in
den mannicbfaltigsten Übungen ihm einprägen und dann in passen-
den exercitien von ihm Verwendung des gelernten verlangen, soweit
geht auch Fries und die von letzterem beigebrachten proben einer
freien Verarbeitung der Neposlectüre sind ebenso praktisch wie an-
regend, allein damit ist der Schriftsteller noch nicht genügend aus-
gebeutet: der lehrer stelle überdies noch in lateinischer spräche ein-
fache, der altersstufe, dem urteile und den Vorkenntnissen des Schü-
lers entsprechende fragen und lasse sich lateinisch antworten, hat
er so ein capitel durchgefragt, dann fordere er auf zur freien wieder-
gäbe des im einzelnen zergliederten, gewis wird im anfange sich
niemand zu dem gefürchteten Wagnisse melden, nun erzähle der
lehrer selbst in einfachem satzbaue mit langsamem vortrage, guter
betonung und namentlich scharfer markierung der hauptpuncte. so-
fort werden gewis die besseren schüler, wenn auch anfänglich not-
dürftig, dem lehrer folgen und nach einigen wochen ist die mehrzahl
der classe im stände eine relativ gute lateinische erzfihlung zu lie-
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Die Itttk 9pneh^ und schrttbfibiiageii aaf gnmdlage der leetfire. 589
fern, bei diesen Sprechübungen siad allmählich die grammatischen
und auch leiobtm ttüisiiache t§gda (Tgl. besoMlerB Bo^ifaehs Syn-
tazis ornata/eztemporiren etc. Marbarg 1875) zum bewnstaeiii der
scbtller sn bringen; «idi legt man hier die enien anfinge xa einer
ftdhi laieinlBehea satebikhmg. nie gebe der lebrer davon ab , dasz
das gemeinsdiafliieba eobiieGt yon binipi- nnd nebcnaata an die spitze
gestellt werde und dann demselben cUe eonjonetion des nebensatses
unmittelbar fe^ge. gewisse dem römiseben obre enpboniaebe wort-
Yerbindnngen, wie qnod qnoniam, qnare eom, quod quia, quod qui
usw. werden hier sebon angewendet, unlateinis^ satsrerluiüpfun-
gen wie onm igitnr, eam antem dUrfn nie gebnmdii werden« wenn
auch trotzdem diese Übungen nnd namenflicb die srasammen-
bingenden refecste — an&ngs von germanismen wimmeln, so lasse
man sieb vidtt absehreeken; es ist nnmOglicb diese aneb bei der
besten dasse nnd den begabtesten sdiMem sn vermeiden, ja gerade
die totstem werden in dem siveben sieb der beengenden üssosl des
gebotenen ansdmcks zu entziehen auf falsche und mlateiniscbe aus-
drücke verfoUen. wenn jedoch der lebrer selbst sieb einer classi-
schen , reinen spräche befleiszigt und jeden verstosz sofort rügt, fer-
net das fehlerhafte durch das richtige ersetzt und die mangelhafte
antwort des schülers durch geeignete nachhilfe auf die gewünschte
correcte bahn lenkt, so wird binnen kurzem das referat auch von
groben germanismen frei sein, jetzt beginne man auch die referate
zu schriftlichen arbeiten zu verwenden, zunächst nur in sehr be-
schränktem umfange, hier wird das bestreben der eifrigen schüler
sein, von dem schriftsteiler so weit als möglich sich zu entfernen;
der träge wird den autor bequem ausschreiben, es ist deshalb bei
der correctur hauptaufgabe, dem schüler die richtige mitte zu zeigen
und jedenfalls streng an der wichtigsten phraseologie festzuhalten,
besondere anerkennung soll finden, wenn ein schüler eine bereits
gelernte grammatische regel geeignet zur Verwendung bringt oder
eine früher gehabte phrase elegant einzufügen versteht, in allem
zeige der lehrer in der correctur zunächst wolwollende nachsieht,
namentlich bei schwächeren arbeiten, damit nicht die freude an
selbständiger production bei dem schüler im keime erstickt werde,
wenn er seine erstlingsleistung geringschätzig behandelt sieht.
Als beispiel einer lateinischen conversation lasse ich hier eine
erörterung von Com. Nep. Them. cap. 1 folgen:
la Quo paire Themistocles Atheniensis est natus?
h Themistocles Atheniensis natus estNeode, generoao quodam
cive Atheniensi.
2 a Qua re eins vitia ineuntis adulesoentiae sunt emendata?
h Huius vitia ineuntis adolescentiae magnis sunt emendata vir-
tutibus.
3 a Quidnam Themistocles bis virtntibus est consecutus?
h Themistocles bis virtatibos, nt aateferator ei nemo, pauci
pates putentor, est oonseoatas*
590 Die lAt Sprech* und schieibübangen m£ grundlage der lectöxe.
4 a Qua ex matre natus est Themistocles V
b Themistocles natus est ex cive Aoarninät quam oxorem duzent
Neocles eius pater.
6a Adulescens Themistocles cur parentibus minus probabaturV
b Themistocles adulescens, quod et libcrius vivebat et rem fami-
liärem neglegebat, parentibus minus })robabatQr.
6a Themistocli Überius viyenti quidnani accidit?
b Tbemistocli liberius viventi accidit, ut a patre ezheredaretor.
7a Num haec contumelia eum fregit?
b Haec contumelia non fregit eum , sed erexit.
8 a Quidnam Themistodem totum ot se dederet xeipiiblicae im*
pulit?
b Themistocles, cum sine summa industria contumeliam mm
posse exstingui iudicasset, totum se dedidit reipublicae.
9a Qua re sperabat posse exstingui eam contumeliam?
b Sperabat Themistocles, diligentios amicis funaeque ai fierriret,
contumeliam eam posse exstingui
10 a Hoc ut contingeret sibi quid fecisse eum narrat Xepos?
b Hoc ut contingeret sibi, narrat Corn. Nepos, moltum eam esse
in republica versatum, saepe in contionem popnli prodisae,
celeriter qoae opus essent repperisse.
IIa Num tantummodo in excogitandis rebus promptus erat?
b Themistocles non solom promptus erat in ezoogitaadis, sed
etiam in gerendis rebus.
13 a Qnid Thacydides rentm seriptor de Themistoole memonae num-
davit?
b Thucydides rerum soriptor eum et de instantibus rebus yerissi-
mo iudicasse et de liitmris callidissime coniedsse memoriae
mandavit.
Man beachte, dasz auszer einigen §§ gramm., welche der quarta
zugewiesen sind, leichte participialconstructionen, acc. c. inf., ut con-
secutivum und ein bischen Stilistik eingeflochten sind, alles in dem.
umfang, wie es diese stufe erfordert und leisten kann.
Auf ähnliche weise wird in tertia Caesar behandelt, natürlich
mit stetiger erweiterung der anforderungen. die lateinische frage-
Stellung darf sich in dieser classe , in welcher die consecutio tempo-
rum hauptaufgabe ist, auf übersichtliche perioden wagen ; die stilisti-
schen gesichtspuncte , die in quarta beschränktere berücksichtigung
fanden, gewinnen an ausdehnnng; die grammatik wird allmählich
in ihrem vollen umfange beigezogen, die referate lassen hier schon
auf mehrere capitel mit einheitlichem leicht übersehbarem histori-
schen inbalte sich ausdehnen, die gangbaren Satzverbindungen wer-
den täglich geläufiger, synonyma werden nach und nach genauer
geschieden, der phraseologische reichtum mehret sich, die antworten
werden selbständiger — doch sollen sie immer, wenn äusserst mög-
lich , die frage in ihrem hauptinhalte reproduzieren — und es regt
sich ein gefühl für lateinisches oolorit. in tertia kfinnen die Sprech-
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I>ie lat. Sprech* und Bchreibfibangen auf gnindiage der leotüre. 591
ttbungen auch deshalb mehr zeit für sich in anspruch nehmen, weil
von hier ab aufwärts das übimgabaoh in Wegfall gerftth (oder min-
destens in sehr beschränktem masse zu gebrauchen i8t)| es ist eine
immer mehr durchdringende ansieht, die namentliohin yersamlungen
▼on sohnlmibuieni (ygl. die bad. diractorenconCerenz v. jähre 1876)
sich geltend macht, dass übnngsbflcher ohne anschlnss an die lectüre
za yerbannen sind, gerade zur eintthnng der grammatik liefert der
sobriftsteller der tfirtia den besten stoff , nur darf natürlich die eze-
gese selbst nicht zur grammatischen section werden; yielmehr wird
der lehrer ans Caesar sich nach den einzelnen grammatischen kate-
gorien sammlnngen anlegen und damadi die grammatisch-phraseo-
logischen Übungen leiten, auch die sdhriftlichen eztemporslien leh-
nen sich an Oaesar an; zugleich verbinden sie mit der reproduction
der Caesarischen phrase eine grammatische Übung und stilistische
anleitung. bezttgÜoh des inhaltes der ezeroitien wird es sich em-
pfehlen, dasz der lehrer, um einförmigkeit zu vermeiden, bisweilen
ähnliche stoffe ans der gesohichte in Caesarisohes gewand kleide,
z. b. nach Caes. b. Gall. I, 6 u. 7.
Xerxes, cum (stellg.) pacata Thessalia ad Thermopylas venisset,
(kam, gramm. § 266, a. 1) Thebanis se, quod inimico animo in reli-
quos Graecos viderentur (gr. § 279), facile persuasurum existimabat,
ut (gr. § 258) per t^uos tines ipsum ire (gr. § 292, 5) paterentur.
bed omnino erat unum (nur ein) iter, quo ad Thebanos (gebiet der
Tb.) pervenire posset (hätte können gr. § 244), angustum et difficile,
inter montem Oetam et mare, ut facile perpauci prohibere (abhaltung
bewirken Näg. p. 336) possent. Graeci autem, cum appropinquare
Xerxem esset nuntiatum, Leonidam regem cum trecentis Lacedae-
moniis miserunt, qui Thermopylas occuparent (gr. § 279, remini-
scenz aus Nepos !). Xerxes , ubi de eorum adventu certior est factus
(gramm. § 240, 2), legatos ad eos misit, qui dicerent (gr. § 279),
ne dubitarent (gramm. § 258) arma tradere (gramm. § 264); quae
nisi tradidissent (gramm. § 246), vi et armis (Waffengewalt) se eos
«sse coacturum, ut per angustias Persas ire paterentur. Leonidas
data facultate mortis pro (gr. § 167, a. 3) patria occumbendae
(gramm. § 334), si quid yellent, propius accederent (gramm. § 258)
respondit.
Als beispiel einer conversation über Caesar diene folgendes
nach Caes. b. Gall. VII 4.
la Quid Caesar de Celtillo, Vercingetorigis patre, memoriae pro*
didit?
h Celtillus, Vercingetorigis pater, ut apud Caesarem scriptum vi-
demus, quod regnmn appetebat, a civitate interfectus est.
2 a Kum Vercingetoriz-patris interitu, ne nora rebus studeret, est
deterritus?
b Vercingetorix patris interitn, ne novis rebus studeret, adeo non
est deterritus, ut contra convocatos suos clientes incenderet (hier
ist auf die nicht nachzuahmende constmction des abL abs. auf-
562 Die UJL ipreck- und tohreibübiiiigen auf gnmdlai^ der leotfire.
merkssm zu macben; vergl. indes Kraner zu Caes, b. G. Vi
43,1 und Baohenstein za Isoer. Ar. § 76).
3 a Cognito eiiia oonsilio quid factum est?
h Cognito ehis oonsilio ad arma est concarsnm.
4 a Nnm reliqm pxiaoqpet lomptiiidam aase baae tortu—i eomw
senmi?
b Balk}ni prinaipas, m qnibus Gobaanitio, patruus etna, neque
haMo fortnnam eesa tempiaDdam conseaaenuii et Yerebigetoi-
gem ex oppido G^ergovia atpntenuit.
5 a Nnm VanaDgatorix e Gergovia expnlsns conata perficere destitit?
b Vercingetorix e Gergoyia expolaoa tantnm aberat ut conata per-
ficere desisteret, ut contra in agria ageatiiim ac perditorum ha-
beret delectum (aufmerksam zu machen, daas Yare. nicht sab*
ject zu aberat iat, troti dar ateUttiig).
6 a Qua coacta manu qnid consaaiitaa est?
b Qua ooaota manu^ at, qnosciuqva adint ax cifitata, ad soam
perdncerat aententiam , est consecutus.
7 a Quo facto quid aoa ut facerent est bortatoa?
b Quo ImIo at oomnNiina übartatia aaoM ama capareat, magnis-
que coactis copiis advemrioa aaoa« a qoibns pauUo ante erat
(esset? ontanohiedl) ezpalaas, aicerant a civitate suoa est eo-
hortatus.
8« Vercingatorix a sota ras com auat appaUatoa qoid hem eon-
stitoit?
b Varoiligatorix a a«ia vax eom esset appallatos dimiava fooqae*
versus (nach Kraaer !) legaüonibaa, at in fide permaneient aooa
est obtestatus.
Man wird überall räcksioht auf daa grammatische pensinn der
tertia faHsmarken, ebenso erwaiteroag der stilistischen anfordunmgen.
Femer folgt hier ein von einem Obertertianer nnaerer anstalt
gefortigt^s referat über Caes. b. GalU I 2 — ö.
Apud Helvatioa Orgetorix tanta anetoritate utebatnr, at M»
Messnla M. Piaone ooss. nobilitatis coniuratione facta oivitati per-
eoaderet, at com Omnibus copiis de finibus suis exinnt: cum lirtata
omnibos praeetaient, parfMÜe aos totius Galliae imperio eeee peti-
turos. et finiam aaoram natura et Orgetoffigis aactoritate peamoti
Helvetii ea, qoae ad profidseendom pertinerent, eooqpairsre et qoam
plorima iumenta carrosque co^mere conatitnemni. qoae ras con-
fieiendae Orgetorigi mandatae aont; qui cum legationem ad cintatea
singulas aoacepiaset, in eo itinere Castioo Seqoano et Donoiongi
Haadno peraaaait, at legna in oivitatihas occuparent; se sao exer-
dtu suisque copiis eos adiaturum esse pollidtas est. quibaa reboa
oonfectis dato iureiurando se bren reges trium potentiteimonim po-
polonim Gkdliae futaros esse speruit. Helvetii autem , cum per in-
dioiam haee eonsilia ennntiata essent, suis moribas Orgetorigem ex
vinealis causam dicere ioseeront. si damnatus easet, poenam opor^
tebat sequi, ut igni cremaretor. die constitataeanaae dicüonia omni
L k)u,^ jd by Google
Die lot Sprech- and lehreibübiiiigeii auf graiidlage der lectfire, 59$
familia in iadieium condnota, ne causam diceret, se «ripait. qua r»
dTitas inflammata iu8 armifl exsequi conabatar et magietratna ex
agris multos homineB eogi imperavemnt. dum haec geruntnr, Orge-
torix mortuus est, neque abest Buspioio, quin ipse sibi manum at-
tnlerit.
So haben freilich nicht alle geschrieben; aber eine grosze ansahl
hat immerhin auch in den ersten referateen gcnttgend gearbeitet.
In secunda tritt Cicero in den Vordergrund ; es werden hier wol
am besten kleine reden , eventuell auch Cato maior, jedenfalls nicht
LaeHus, am wenigstm briefo zu lesen sein, jetzt musz der schüleran
eigeBe Sammlungen der pbrasen (wobei das buch von C« Meissner
zu gründe gelegt werden kann) denken; die lateinische conversation
bemächtigt sich immer mehr des gebietes der Stilistik, der satzbau
beschäftigi sich mit den specifisch lateinischen satzstellungen (s. b»
a(Ä) a] a : (b : Ä); a, A usw. nach Nägelsb. s. 433 ff.), die
synsnymik hat gelegenheit schärfer aufzutreten (namentlich in den
reden Ciceros-l). zugleich bieten die Sprechübungen veranlassung zu
ständigen grammatischen repeiitionen ; in den schriftlichen referaten
wird die richtige erkenntnis der stiUstisisben regeln nachzuweisen sein,
in welcher weise die schriftlichen extonporalien einzurichten sind^
bnuche ich nach Gebhardis eingehender recension der Klauckeschen
Übungsbücher (neue jahrb. 5 und 6, 1878) nicht näher zu erörtern.
In prima empfehlen sich als geeignetste stilbildende lectüre die
Milonianaf Sestiana, Phil. I und II, jeweils in Verbindung mit den
entsprechenden briefeB ad Att. und ad fam.; femer Verr. IV und
daneben Laelius und somnium Scipionis, event. Cato maior. die
Sprechübungen haben hier die stufe erreicht, wo man verlangen
kann, daas der schttler grammatisch richtig, stilistisch correct, in
elegantem ausdrucke und wolgebanter periode antworte, man kann
wd sagen, daas die übrigen vorausgehenden dessen eigentlich nur
die Vorbereitung abgeben für die lateinische conversation der prima ;
denn hier finden die Sprechübungen ihr eigenstea feld. jedoch sind
auch hier nicht — was Pries f£r' günstig hüt — eigene Sprech-
standen einzurichten; es ist vielmehr diese Übung ein integrierender
beatandteil der lectüre und bildet jeweils den abachlusz eines grOsze-
ren abschnittes der scfarifkstellerexegese. die mündliehen referate
können hier auf gröszere abschnitte ausgedehnt werden und nmfang«
reidiere dimensionen annehmen, z. b. die nanratio, die argumentatio
einer rede, der historische inhalt eines oder mefaterer briefe usw,
dabei ist nun auf mannichfÜtlgkeit im ansdmck zu sehen , femer
darauf daaz der schüler die der daasiachen prosa erlaubten figuren
richtig anwende, dasz er chiaamoa und anaphora in der gliedemng
der rede reditzeitig und ainnentaprediend abwechseln laaae, aich vor
anffollenden ellipaen hüte und jedei^la anakolnthienTermeide. auch
das genus dicendi wird gebieterisdi beachtung verlangen (cf. Oic. ad
Pactum [fam. IX 21, 1] und Süpile tu ad Att. XYI 7 in vergleich
mit Phil. I); so musz der primaner bd der aufgäbe, den biatoriacheii
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5^ Die lat ^reeh- imd «ohreibubungen auf grondlAge der lectOre. I
gehalt aus einem briefe zu reproducieren, die eigentiimlichkeiten des
briefatilfi beseitigen; soll er eine narratio aus einer rede herausheben,
80 wird er den oratoriäcben schmuck (die 'apotheke des Isokrates'
Cic. Att II 1, 1) entfernen und sich eines ungezierten historischen
atUea befleiszigen. selbstverständlich sind solche referate sehr ge- i
^gnato häusliche aufgaben für schriftliche Übungen, femer kann
Auch im engsten anschlusse an die lectüre ein thema zur behandlang
gestellt werden, u b. aus Cic. Phil. II in Verbindung mit ad Att
XIV — XVI : 'Ciceronis et Antonii consulatus inter se comparantnr;
regis Deiotari qui fuerit Caesare interfecto status quaeque condkio;
de Quinto filio, Antonii 'dextella'; de Dolabellae laudibus; qnod
Brutus habaeht de optimo genere dioendi iudicium ; quid Ckaro de
profectionis, quid de reversionia suae oonsilio narraverit ; quas cuxia
Marcus filius patri attulerit usw. oder im anschlusse an Com. Nep.
Atticas, der als privatlectüre wegen der briefe ad Atticum beachtung
verdient: qualem Atticus in amicos se praeetiterit; qua ratione quo-
•quo oonailio Atticus in republica sit versatua; snos cuiqiie mores
plemmqae oonciliare fortunam Attici vita demonstratnr; quam riai-
plid yietu cultuque Attiooa ait usus; Atticus et Cicero inter se oobi-
parantur (mit beiziehung von Gio» ad AtL 1 17). damit wSren wir
anwillktürlich an der berühmten und brennenden frage des lat«ini-
seben anftaties angelangt, dieselbe soll jedoch hier nnr kurz berührt
werden, und zwar nur insoweit, als sie mit dem vorliegenden thema
snsammenhängt. der lateinische aufsatz ist der schluszstein in der
Ton quarta herauf angestrebten stUiatiachen entwicklang des Schü-
lers und eine notwendige, nicht abzuweisende folge der an die lectüre
angeknüpften sprach- und bchreibübungen. ihn verwerfen heisst
daher der continnierlicben reihe systematisch gepflegter Übungen
die letzte conseqaeni nnd Vollendung entziehen, mit recht hat da-
her Schiller (Gieszener progiamm 1877) ihm das wort geredet, und
er verdient verteidignng, wenn er gepflegt wird non vetere illo more,
quem omnes iure luserunt, dass der schüler über irgend ein beliebiges
thema sich in abgedroschenen, ihm durch bequeme bttcber (yergl.
s. b« Capelle) gebotenen pbrasen ergehe, sondern dasz er den auf-
genommenen lesestoff frei verarbeite, dasi er der ans dem antor ge-
schöpften phrasis, die Quintilian den körper der rede nennt, audi
die Seele gebe und so eine lebensvolle gestaltung schaffe, kurz, der
lateinische aufsatz ist das vollendete endsiel eines woleonoentri^rtea
lateinischen Unterrichts.
Als praktische belege mögen hier ein beispiel einer eonversatioa
über einen brief Ciceros und ein kleines referat (letateres von einem
schüler unserer prima gefertigt) folgen.
Cic. ad Att. 119 (dieser brief, den Seyffert schol. lat. einer ein-
gebenden betrachtung würdigt und den iisst alle Ciceronischen brief-
sammlungen enthalten, verdient wegen seiner vortrefflichein dispoei*
tion und musterhaften übeigttnge in der prima vor allen berlldc-
sichtigung).
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Die Ittt 8preoh- und Bohreibflbiiiigeii anf gnmdlage der lectüie. 595
la Qua oondioione fotnram esse soripsit Cicero, ut ipse Attioum
in Bcribendo Büperaret mnltoque illo esset in dsöidia litteria
crebrior?
h Oioero non modo si sibi tantom esset oiii, quantom Attico,
Temm etiam si tarn breves epistnlas vellet mittere , quam üle
soleret, fatanim esse scripsit, ut Atticam in scribendo superaret
et in dandis Htteris mtüto esset illo orebrior.
2a Qnidnain foit eaosae, cur Cicero rarims ad Atticum daret
Utteras?
h Duas attulit causas faas, cur rariores ad eum daret litteras: ac-
cedere ad summas atque incredibiles occupationes, quod nuUam
a se vellet ad eum epistulam sine argumento (nach Wesenberg,
der mit recht absque verwirft) ac sententia pervenire.
3 a Quas res Cicero qua de causa primum erat expositurus?
h Cicero primum Attico, ut aequum est civi amanti patriam, quae
erant in republica exposuit.
4 a Quid deinde?
b Deinde scribonda proponit de se ipso ea, quae scire Atticum
non nolle arbitrabatur, quod in amore esset proximus.
öa Ac primum [quidem in republica belli Gallici versari metum
scripsit neque esse dubium , quin Helvetii excursiones in pro-
vinciam^ essent facturi. quae res ne prospere cederet Helvetiis
quomodo a senatu providebatur ?
h Cum dubium non esset, quin Helvetii excursiones in Galliam
essent facturi, senatus decrevit, ut consules duas Gallias sortiti
haberent delectus ita, ut vacationes non valerent (man vergl.
hier genau den text! die abgerissenen membra sind hier perio-
disch verknüpft).
6 a Qua re ue Galliae civitates se cum Helvetiis coniungerent cave-
batur?
h Placuit senatui, ut mitterentur cum auctorita telegati, qui Galliae
civitates adirent darentque operam, ne eae copias cum Helvetiis
coniungerent (wecbsel im ausdruck, se — copias coniungere).
7 a Quid Cicero de lege agraria, qoae tum a Flayio tribuno agita-
batur, ittdicat?
h Cicero agrariam legem, quam a Flavio tribuno auctore Pompeio
agitari dielt, nihil iudicat populäre habere praetor anctorem,
qui multnm tum yalebat gratia apud populum.
daFieri non potuit, ut Cicero, quo erat in rempublicam amore,
ei legi non adversaretor. iam qnomodo se interposuerit, scire
cupio.
h Cicero seoonda contionis volnntate cum sublatis ex agraria 1^
Iis rebus, qnae ad priyatonun incommodum pertinebfmt, agrüm
publioom Uberasset, et Volateiranos Arretinosqne, quorum
agrum Sulla pnblicarat neque diräerat^ in sua possessione
retinebat et SuUanormn hominum possessiones confirmabat.
(Auch hier vergleiche man den tezt des briefes.)
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506 Dm Ut tpreeli« mid •chmbObmigeii auf giuMUage der lectte
9a 8ed qaa raiione Cicero fieri poiM, nt Pompeio qmoqao näs
ceret apermTit?
b Cioero mia ratione non reieeta, ut ager ex peeunia emecetar,
qnae «x noTis ▼ectigalibus per qiimqii«uniim vacipereto, saK»
facere se Pompeio est arbitratus»
Referat über Cic. ad AU. U 1.
Ciceroni eunti Antium cnm eommentanit consulatas sni Graece
nb Attico scriptus esset redditns, veritus ne, Atüci ai l^giaaet aste
libnim , ille furatom ab ipao dioerai, laetatos eat se aliqimio aato
librum de iiadem rebua item GraMe aoriptnm ad Attieimi minan.
qni Attici commentarias cum OTnanwita neglaTiiiaat, Ciceronis quem-
admodom fiierit onatiia Uber ex eo oogmoMitor, qnod PoaidoimK»
onm acoepiaaat eum a Cicerone, qaem omMei, ad scribendam non
modo non excitatam, sed plane deterritom seease ostendit. Ciceroni
quoniam^iii üa oratknibas , qnae Philippioae a<»iiiiiaiitmr, enitueiat
Demoatbenes, commodnm ftdi ooraie, nt aiiae qnoqiie eaaent orationes,
qnae oonaolares nomiiiaraitiir. eaa deoam habuit, ex qmbm oonaaL
el qnae dixerit et qnae gaeierit apperet anus Clodias eo tempore
Ciceronis sollicitabat animam. qni eom, etsi a Metello consale im-
pediebatiur» tribomia plebis fieri cuperet, xnodeatoa leddebatur a Ciea-
rone cum perpetua gravitate orationis, tum genereqoodamdictomm,
quibus quidquid deliquerat Clodius ei obieeretnr. cum Pompeio tone
Cioaro familiarissime erat coniunctns; sed rem ita instituerai, ntne-
que ipse de optimati sna xatiotte daeaderet et ille aliquid de populazi
leritate deponeiei. Caesarem qnoqne si sibi oonciliavisset, nibil ma-
gia prolntämm esse reipublioae eat arbitratns ; nobilisaimi viri cum
prorana abhonerent a republioai aanm esse duxit efficere, nt nollent
obeaae, qni posaent. Cato autem optimo aaimo utens et samm fide,
cum nullam retineiidi ordinia eqnestris causa £aoeret iaofeniam, noea-
bat reipublioae. qno anetore onm in iudicium venissent, qui ob rem
indioandam peonniam aooepatant, effectom eat» nt conanle in carcere
incluso nemo aspiraret eorom, qni Cioerone eoaanle rampablioam de-
fendere solebant.
Neben diesen Übungen müssen immer die ftbersetzungen ins
lateiniacbe hergeben, dieselben schliesien sich ausschlieszliob an die
lectüre an, dürfen sieb jedoch auf dieser atnfe etwas freier bewegen;
der Inhalt wird wol aneb am besten dem antor sich anpassen; allein
nm den schfller nieht la ermüden , kleide man Ihnlich wie in tertia
ond eecunda auch andere atoffe in Cioeronisches gewasd; dieselben
müsaen jedoch biatoriaeher natnr sein und sich bequem in die ge-
botene phraae fügen, empfehlen dürfte sich auch, bisweilen modenie
steife zur Verwendung xa bringen, jedoch mit aaachlnaaaUee dessen,
wofür die classische spräche nicht einen entspreoheBden ansdruck j
bietet, ein hauptgewicht ist auf dieser atnfe der correctheit und ele- I
gaas des deutschen ausdrucks beizulegen; der aohttler soll relatiT '
gntea deutsch in daa relatiT beste latein ttbertragoi. Mensel und |
aeine naohfolger — womnter «ndi Klaneke gewiaaermaaaen gehArt
k)u,^ jd by Google
Bie Iftt sprecih- und Bchreibübaiigea auf gnmdlage d&r leciüze. 597
— jbftben die grammatikreiterei so ausgedeliat, dasz sie ihr zu liebe
die eorrectheit des deutschen ausdrucks opferten, abgesehen davon,
dasz solche bücher dem deutscben stil des schttlers mehr sehaden,
als sie ihm nutzen bringen an seiner latinität, so musz der schüler,
der immer und wieder die ^absieht' merkt, yersiimmt werden und *
wird «chlieszlicb absehen vor dem undeutsohen madhwerk bekom-
men, selbstverständlich vdrd der lehrer bei abfassung seines dictates
die günstige gelegeiJMit» ein grammatisches pfefferkorn unterzubrin*
gen, nicht versttamen ; aber vollstopfen mit grammatik wird er das-
selbe auf dieser stufe nicht, ttbörhaupt ist es eine sehr wichtige
frage, wie sich der lehrer der prima zur grammatik stelle ? dasz die-
selbe in dieser classe von der ezegese ausgeschlossen bleibt und nur
ganz auffallende erscheinungen ntther zu betrachten sind, glaube ich,
vird niemand bestreiten, im allgemeinen halte ich den Kdehlysohen
grundsatz für richtig: sobald der lehrer merkt, dasz in grammatik
lUoken sich finden, so bestimme er gewisse stunden, in welchen dann
wwwhlieazlich grammatik in groszen umrissen repetiert wird; im
flbrigen findet die grammatik auf dieser stufe keine stelle, doch,
wie verhttlt es sich mit der Stilistik? es wird wol individuell blei-
ben, bis zu welchem grade der lehrer bei der lectUre die Stilistik bn-
liehen wiU; der formalphilologe wird dies gebiet ausgiebiger culti-
visran, der realphilologe ihm weniger beaehtung schenken, jeden-
falls aber musz in den dictaten zu den ezardtien ihr eine wichtige
rolle zuerteili werden, und zwar in specie der periodologie. nichts
regt mehr zum denken an, niohts wirkt bildender, als die verglei-
chiog des deutschen satzbaues mit dem lateinischen, so wird es in
der Yorbereitung auf die stilttbungen eine hauptaufgabe des lehrers
sein, den schttler aus einer reihe deutscher sätze, die in inhaltlichem
engen zusammenhange stehen, den für die fortfOhrung der erzählung
oder der handlung wichtigsten herausfinden zu lassen; femer ihn an»
«oleiten, wie er in den andern nur förderliche oder hemmende neben-
nmstiinde erkenne und dann dieselben logisch richtig unterordne;
ferner wie die einzelnen Sätze in ihrer Stellung, je nach bedeutsam*
keit und beziehung sich verhalten usw. hier ist uns eine geistes-
gjmnastik der allerwich tigsten art geboten, die nicht genug ausge-
nutzt werden kann, sollen wir dabei den Schülern eine Stilistik in
die band geben? Schiller (Gieszener programm 1877) meint ja, und
ich stimme ihm vollständig bei. natürlich soll die Stilistik nicht,
irie es leider noch da und dort geschieht, nach einzelnen Paragra-
phen gelernt und eingeübt werden, so wenig wir altertttmer usw.
als selbständige disciplinen in die schule einführen wollen, so wenig
soll es auch mit der Stilistik geschehen, jedoch soll der schüler ein
buch in bänden haben, in welchem er sich zu hause noch einmal über
das in der classe gehörte orientieren kann, für den schwächem Schü-
ler wird dies geradezu unentbehrlich sein, und auch der bessere hat
das bedürfhis, die snnune der einaelnMi kenntnisse allmählich im
System ansehen zu sehen.
508 Die Ist tpreeb- nad lebreibüboiigeii auf gnundbige der lectOxe.
Zum schlnsse lasse ich noch einige beispiele lolgaa« ins denen
«ndelitlieh ist| wiadiedeatsehoidi^toilUrpriMToniiikbw^^
wsrdni«
a) Dialugi^cbe form, inhalt und phraseologie nach Att. XV 1.
A. Hast du schon gehört , dasz der arzt Alexio gestorben isl?
Kmne eilbe davon ! das thut mir wirklieh leid um ihn, wan
68 so ist. an was ftlr einer krankheit ist er denn gestorben?
A. Das kann ich dir nicht einmal sagen, ich habe nur gehört,
dMi er plötslich in eine schwere krankheit Terfiidlen ist und das
kibin arzt ihm hat ein heümittel Tmehreiben wollen, weil man ikn
sogleich aufgegeben hat.
B, £r denert mich doch recht sehr ! wie nahe masz dies «st
dem Cioero gagangen sei; denn dieser wird gar nkkt wiiaen, wh
iBr einen arzt er jetzt wird eonsultieren sollen*
Am Was braucht Cicero wii^eb einen arzt? oder wenn er
einen braucht, ist denn ein so groszer mangel daran? ilag^gaii
glaube ich , data Cicero das freundliche und liebenswürdige wenn
des Alazio, den er ala frennd onglnnblioh hoehgeschätzt hat, ver-
missen wird.
B. leh musz immer an das wert dea dichtere denken : 'deine
eigene sache ataht auf dem spiel , wenn des nachbars wand in brand
steht.' denn was mnsi man da nicht fortwftfarend in angst sein,
wenn ein mann, der so gengelt lebte, und ein so ausgeaädmetar
erst dabei, unyerseliens einer so sohweren krankheit erliegen muszte.
Ftlr das aUes gibt es nur den 6inen troat, dasz wir mit der
bestimmnng geboren sind, dasi wir nns allem mensehliohen fOgea
müssen.
B. Auch sehen wir ans dem tode des Aleado, dasi wir den
firzten nicht zu viel vertrauen schenken dürfen; wenn ein anderer
krank ist, da rücken sie mit ihrer kenntnia der heiknittel
selbst aber corienn, das kflnnen sie nicht.
A, Daher wollen wir unsere ganze lebensweise so regeln, dsv
wir in allen dingen vorsieht und Sorgfalt anwenden, wenn dann
unser stündlein schlägt , so wollen wir ohne nns sn hSrmen den tod
erdulden; denn 'für den tod ist kein krant gewaehsen' bat sobon
ffippokrates erkannt
b) Dialogische form, phraseologie nach Cic. Att. XV ^ und 5.
moderner inhalt.
Am Das ist doch eine häszliche geschichte, flir die sich kaum
eine lOsong wird finden lassen! kaum ist die nachricht von der
niederlage bei Sedan eingetroffen , da regen sich sobon die nnrnhi-
gen köpfe, und wenn dies so fortgeht, wie es begonnen, so weite
wir zum auswärtigen kriege noch einen bttrgerkrieg bekommen.
B. Das glaub ioh aneh, doch wer trigi die sohuld an diem
dingen?
^ üd by Google
Die lat Sprech- und scbreibtlbiiiigeii aof grandlage der lectSre. 599'
A Diejenigen, welche dem kaiaer zun kriege mit Deutschland'
gerathen haben, das beer gewis nicht denn glanbe mir, der krieg
ist mit dem mnte Ton mSnnem gefOhrt, aber mit der einsieht Ton
knaben nntemommen worden, und so haben wir statt unsere uele*.
zu erreichen alles Terloren.
B, Ich weiss wirklich nidit, was ich sagen soll; indes gieng
doch der kaiser, bei dem mir, wie es so geht, 'vielleicht deswegen
alles thOricht Torkommt, weil ich ihn nicht liebe, in allen seinen
plftnen auf krieg aus. jedodi darf man dies noch nicht offen heraus-
sagen und musz eine geeignetere zeit dafttr abgewartet werden, denn,
wemi auch der tyrann besiegt ist, so sehe ich doch die ^rrannenher«
sdiaft immer noch bestehen*
Ä. Du urteilst hart Aber den kaiser. ich kenne ihn besser f.
denn ich besasz bei ihm so viel einflusz, dasz ich ihn in meinem
alter, und da wir denn doch einmal die firäiheit verloren hatten, als
herm nicht mehr zu scheuen brauchte, das wohl des Staates war
ihm mit seinem innersten leben verwadisen und da er sah, dasz die
bestrebungen der revolutionsmftnner nicht durch seine behanrlichkeit,.
seine umsieht und seinen einflusz niedergehalten werden konnten,
rnuszte er au den waffen greifen, um durch eine glttckliche waffen-^
that der ehrsucht des &anz6sischen Tolkes genüge zu leisten.
B. Bisher glaubte idi noch schweigen beobachten zu müssen;
allein jetzt kümmere ich mich nicht me^ darum, den verdacht des^
busers zu vermeiden und will die Iftstige scheu Ablegen, so soll es
denn auch offon herausgesagt sein, dasz er es verdient hat, eine so
schmShliche niederlage zu erleiden, und ich hoffs, wie ich auch Uber
die krSfte Gambettas urteilen mag, dasz er uns binnen weniger tage
•die freiheit verschaffen wird.
Ä, Mit diesem toUkopfe kann ich mich nicht versöhnen, und
80 bin ich denn entschlossen, mit dem stürze des kaisertums ein
land zu meiden, in dem ich nicht allein mit der h(Jchsten wllrde-
mich ausgezeichnet, sondern audi mit einigem anstände herrendienste
gethan*
B, Ich werde im vaterlande bleiben; denn bald wird die zeit
kommen, wo politische meinungsverschiedenheit nicht mehr gefi»hr
bringt und wo gelegenheit zum handeln sich bieten wird.
c) Erzühlende form, phraseologie und Inhalt nach Cic. Att. II 1, 6 — 9*.
Cicero war wShrend seines consulates ebenso wie seine nach-
folger von den rittem bedeutend untersttUast worden, in der folge
sah er zwar wol ein, dasz die publicanen in ihren ansprflchen höchst
unversehftmt seien ; allein wenn man den ganzen stand sich damit
erhalte, glaubte er immerhin einen verlust erleiden zu dürfen, unter
dem consulate des Q. Metellus und L. Afhmius jedoch wurde —
und daran war Gato sdiuld — die eintracht der stftnde getrennt und
die römischen ritter dem senat entfremdet, es ist kein zweifei, dasz,
Cato in der politak die beste gesinntmg und die reinste absieht go-
k)u,^ jd by Google
600 Die politiacbd bedautoag von LesungB ^Miona Ton Bamhelm*.
habt hat. allein er schadete doch bisweilen dem Staate, weil er bei
beiner rechtlichen gesinnung keinen schritt breit von seinen aristo-
kratiadien priaoipieii abwich und auf keine persönlichkeit, mochte
dieselbe noäi so sahr vom glücke begünstigt sein , rücksicht nahm,
als daher nach dem processe des Clodius alles entrüstet war über die
fraisprechung daasalben , beantragte Gate , die bestochenen ricbter
sollten in den anklagestand versetzt werden. Cicero gab seine 20*
atimmiuig nicht, weil er einsah ^ dasz gewaltige politische wirren
daraus hervorgehen müsten, allein der senat pftichtete dem Cato bei
und 80 drang dieser durch, natürlich erklärten mm die ritter dem
aanate den krieg, und als der tribun Flavius den consul Metellus ins
gefibignis fUhren liesz , da rührte sich keiner von ihnani die doch
aonst in gafthrlicher ]ag^ den staat vertaidigten«
MaintSBOf. J. H. Sokicals.
6&.
DIE POLITISCHE BEDEUTUNG VON LESSINGS 'MINNA
VON BARNHELM',
preutsische echulrede an kaisen geburtstag, den 22n märz 187&
Meine hochverehrten herren collegen!
Geliebte schüler !
Dlt freudige dank gegen gott, der unsem königlichen hermin
voller kraft des leibes und des geistes heute in sein achtzigstes
lebensjuhr eintreten läszt, musz an diesem tage das herz jedes
echten Preuszen, jedes Deutschen, der es mit dem neuerstandenen
deutschen reiche ehrlich meint, ansschlieszlich bewegen, ja, dem
gott, der unsem groszen kaiser uns bis jetzt so gnftdiglich erfaalteo,
ihn noch in seinem alter thaten hat ausfübrai lassen, wie sie ge-
schieh te und sage nur von heldenjünglingen, einem Adiäke,
einem Alexander, einem Siegfrid zu erzählen pflegen, wird auch
forner seine schützende band halten über dieses geliebte haupt und
Uber das dnrch nnsers kaisers heldenthaten geeinigte thenre deutscbe
Vaterland.
80 viele pfänder seiner fnade gab
der himmel nicht, dass wir am ende Irauera.
Aber noch ein gufühl drängt sich mir, der ich nun seit zwölf
jähren, seit dem Schleawigschen feldzuge 1864, freiwillig die auf-
gäbe übernommen habe, Sie, geliebte schüler, an diesem tage daran
zu mahnen , dasz Sie dem vaterlande alles , gut und blut schuldig
fiind, gerade an dem heutigen tage auf das i^st, welches unsere siüit
i^iyui^cd by Google
Die politiflohe bedeutang Ton Lesaings ^Minna toh Barnhelni'. 601
beute, so viel mir bekannt ist, allein im deutschen vaterlande feiert,
das fest der ein weihung einer denksäule für die rohmesthaten unserer
krieger in dem glorreidien tanzSsischen feldzuge und für die theureiii
welche der bezwingimg unseres erbfeindes und der einigung unseres
deutschen TaterUndes zum opfer ge&Uen sind , legt mir diesen ge*
danken näh und iSszt jeden andern dagegen zurücktreten, den ernsten
gedanken, dasz es heute besonders meine pflicht sei , Sie, geliebte
Schüler, mit aller kraft der rede daran zu malmen , dasz es die aof-
gabe Ihres ganzen zukünftigen lebens sein musz, dafür sorge zu
tragen, dasz jene opibr keinem himgespinste gebracht worden sind,
das viele tiieure blut, welches seit zwölf jähren auf den echlacht-
fdldem von Schleswig, Ton Böhmen und Franken, vonElsasz und
Frankreich in strOmen für die deutsche sache geflossen ist, kann
nicht durch schnödes geld, nicht durch millionen von miUiardai,
nioiht duvok landerwerb, auch nicht durch zurückeroberte provinzen
aufgewogen werden; der einzige würdige erzatz dafür sind — Sie,
geliebte jünglinge, die hoffiiung unserer zukunft. für Sie sind diese
tousende in den tod gegangen, damit Sie in einem neu erstandenen
groszen yateiiande die bahn geebnet fönden, alle krüfte Ihres geistes
im dienste des Vaterlandes zu entfalten; Ihnen ein leuchtendes vor-
bUd preuszischer pflichttreue zu werden, ^achteten sie nicht des todes
wände, weil das Taterland gebot', aber all dieses blut würde ver-
geblich geflossen sein, wenn Sie nicht fühlen lernten, welches Stam-
mes Sie sind, wenn Sie nicht die unselige sucht derl>eut8chen über-
winden lernten, sich selbst neben dem auslande zu verachten, wenn
Sie nicht immer mehr zu der ei^enntnis gelangten, dasz durch gottes
gnade und unserz kaieers heldenhafte und weise regierung deimalen
im ganzen Weltall kein name einen stolzeren und schüneren Uang
hat, als der eines Dentsohen. noch sind die wunden nicht vernarbt,
welche drei siegreiche kriege unserm lande gesehlagen haben, und
mit schmerzlichen empfindungen werden heute witwen und ver-
witwete brftute, kinderlos gewordene vttter und vaterlose weisen an
die sftule herantreten, ^ die erinnernng an die theuran gefidlenen
der spftten nachweit überliefern soll, ja auch uns, Ihre lehrer, deren
keiner in seiner familie einen solchen verlust erlitten hat, ergreift
doch an dieeem tage von neuem schmerzlioh die ennnerung an so
manehMi wachem jüngling, der vor jähren mit Urnen auf derselben
Bchulbank sasz und heute wol auch an unserer üwtversanmilung teil
genommen haben würde, Utge er nicht Um in Qstreichischer oder
SraiMÜsiBcher erde begraben, Preuszms gesetzen getreu, o so ver-
sammelt euch um uns her, geister unserer tbeuren dahingeschiedenen,
ech webet über diesen Jünglingen, zeiget ihnen eure wnndenmale, dasz
eie darein die finger legen und saget ihnen: das that ich für dich;
was thust du für mich? donnert ihr, wenn meine rede zu schwaoh
sein sollte, wenn ich den schmerz erleben sollte, dasz ein abtrünniger
von der heiligen sache des vaterlandds einst aus ihren reihen hervor-
geht, das bewusztsein seiner erbirmlichkeit tag und nacht in die
K. j«hrb. r phi). a. päd. II. «bt. 181S. hfl. 12. 40
Digitizod by Goüßlc
602 Dia poiiUiche bedeatong Toa LMsiiigi ^Minna Ton Barnhelm*.
feigen obren, hebt eure bände drohend wider ihn auf und jagt
ihn wie einst die Erinyen den Orestes hinweg von dem heiligen
boden des Vaterlandes , den er höhnt, als ich heute vor zehn jähren
Ton dieser selben stelle aus zu einer nunmebr erwachsenen generation
von scbtilem redete, wie ganz anders sah es da noch im preuszi^cben
vaterlandc aus! könnten Sie, geliebte schüler, mit Ihrer erinnerung
in diese zeit zurückreichen, auf den knien wtlrden Sie heute mit mir
dem allmächtigen gotte danken, der Deutschlands Schicksale so gnä-
dig geleitet hat. damals muste ich zurtickgreifen in Deutschlands
fernste Vergangenheit, um hier die beispiele und muster frommer
deutscher unterthanentreue aufzusuchen, die unserm damaligen ge-
schlecbie völlig abhanden zu kommen drohte, dies darf ich Ihnen
jetzt sagen, denn diese zeit liegt, dank dir, allmächtiger gott! für
immer hinter uns , und i c h darf es Ihnen sagen , der ich seit dem
ersten kanonenschusz in Schleswig-Holstein allen Unternehmungen
unseres kaisers und seiner weisen regierung mit voller seele zuge-
jauchzt habe, der ich bereit bin, wenn man mir das wort verbietet,
jedes wort, was ich je geredet habe, drucken zu lassen, noch batten
die siegestbaten in Schleswig, die glorreichen tage von Düppel und
Alsen, die die schmach des unseligen feldzuges von 1849, des Waffen-
stillstandes von Malmö s^ühnten, den fluch nicht gesühnt, mit dem
der allmächtige unsere nation für immer zur Zerrissenheit, zur rubm-
und thatenlosigkeit verdammt zu haben schien, und mit schwerem
herzen betrat ich damals dieses katheder, um mir selbst trost zuzu-
sprechen in schwerer zeit, wie soll ich dir genug danken, allgütiger,
dasz du mein und aller treuen untertbanen gebet so gnädiglicb er-
höret hast ! denn noch in demselben Jahre erhob sich aus dem blut-
getränkten Schlachtfelde von Sadowa und Edniggrätz der bäum der
deutschen eintracbt und stärke, der dann auf den französischen
Schlachtfeldern neue und stärkere wurzeln schlug, ^der herr hat
groszes an uns gethan , des sind wir fröhlich 1 ' so durfte ich zu an-
fang meiner rede im folgenden Jahre ausrufen, und auch jetzt, nach-
dem gott der herr seit zehn jähren unsem grossen kaiser und sein
deutsches volk von einer groszthat zur andern, von einem siege zum
andern über äuszere und innere feinde geführt hat, musten wir
immer und immer wieder in die worte der bibel ausbrechen: ^ja, der
herr hat groszes an uns gethan , des sind wir fröhlich, amen ! '
Nicht also in die tiefe deutscher Vergangenheit brauche ich
beute binabzutauchen, nicht in die berichte des Tacitus, noch in die
Charaktere des Nibelungenliedes brauche ich heute zurückzagnifta,
um nach dem verlornen. Jetzt aber für immer wieder eroberten paUa-
dium deutscher treue zu suchen, aber die erinnerung aa die schlaeki
von Königgrätz, welche das von Friedrich dem groszen in annai
schlesischen kriegen angebahnte werk zu ende führte, ruft in mir die
erinnerung wach an ein werk, welches Goethe ^die reifrte ansgeburt
des siebenjährigen krieges' genannt hat| und welches genau hundert
jähre vor der schlaoht von Kduggittii an die dfieniliehkeit trat; Sie
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Die poHtiadbe bedeotnng tos Lesnngs ^Miima Yon Bamhehii'. 605
wiraen, dass ich damit Lessings iima von Barnhelm' meine. Omen
dw bedevtong dieses lastspiäs, des einzigen von echt nationalem
gehalt, auch noch fttr unsere seit in wenigen Worten nachznweisen,
kt die aufgäbe, weldie idi mir ftr die kurze zeit unserer festlichen
Versammlung gestellt habe* zuvörderst aber musz idi Urnen den
gang der handlung vorlegen und auf die Charaktere des stQckes hin-
weisen.
Soldaten treten hier zum ersten male auf die bfihne, pi easzische
Soldaten im editen sinne des wertes | Soldaten des siebenjährigen
krieges , die noch nach dem pulver der schlachten riechen, Soldaten,
Zöglinge, Idnder des alten IVitz, vom mijor bis zum packknecht. das
sind nicht jene prahIhBnse, jene milites gloriosi, wie die alte komödie
sie liebte, aber auch nicht jene bombastischen vaterlandsverteidiger
der französischen pseudo-classischen tragödie, die noch kein pulver
S rochen haben, bei denen aber der tod fttrs Vaterland immer das
itte wort im munde ist, das ist fleisch von unserm fleische und
bein von unserm beine. erst durch Lessings Minna von Barnhelm
wurde man auf das poetische aufinerksam, welches im soldatenstande
schon als stände liegt, ganz abgesehen von dem hohen berufe der
Verteidigung des Vaterlandes, und ohne Lessings ^Minna von Barn-
helm' würde Schiller Wallensteins lager wol nicht haben schreiben
können, und wer von Ihnen, geliebte Zöglinge, einst diesen schönen
beruf ergreifen wird, oder wer als freiwilliger einst den preuszischen
wttffenrock tragen wird, der mag es unserm dichter danken, der die-
sen rock aucii In der vaterlBndisdien litteratur zu ehren gebracht
hati und mit stolz von seinem kleide sagen wie Schillers Wallen-
ateiner: Mes kaisers rock ist der höchste titeP. seit Lessings Minna
wurden die soldatenstllcke gerade so beliebt wie seit (Goethes Götz
von Berlichingen die ritterstttcke. auch der lUsche idealismus der
französischen bOhne ist dadurch glücklich vermieden, dasz auch die
aitUiohen gefahren des soldatenstandes in Paul Werners neigung
snm vagabundieren, in Justs ungeschlachter derbheit, vor allem aber
m des mi^ors von TeUheim ttbef^ebenem ehrgefühl, in dem das trei-
bende motiv der ganzen handlung liegt, lebhaft zur anschauung kom-
men« dies ist der angelpunct des ganzen sttlckes, und es wird nötig
sein diese charaktereigentttmlichkeit des majors , die aber die eigen-
tOmHehk^ seines ganzen Standes ist, mit einigen werten noch nSher
sni beleuchten, die ehre ist das paUadium des soldatenstandes ; von
cUesem gesichtspunete aus hat auch Schiller scone soldatlsdien Cha-
raktere aufgefaszt und in bewegung gesetzt.
I soll ich friscb um mein leben fechten,
mnsz mir noch etwas gelten mehr,
oder ich lasse mich eben schlachten
wie der Kroat und muaz mich verachten.
dieses ehrgefübl, welches zuerst Friedridi der grosze dem preuszi-
schen beere eingehaucht bat, hat Deutsdüand gerettet und es an die
40»
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Q(4 Die poUÜMhe bedaotong Ton Leniiigs 'MimiA toh Btumlidm?
spitze der europäischen v^er gestellt, «btr 68 konnte , wie jede
einseitigkeit «odi aastrtan uid ist aneh »osgeartoL aduM das be*
wustsein einem groszen Organismus anzagebömi, an dwion epitoe
der gefeierte kdnigUohe fttbrer selbst steht, einem organinuis, dwaea.
einige glieder aohon Soaserlich, durch ihre tracht, von dem ver-
band« mit ihren mitbürgem abgeschieden sind und nach einem be-
sonderen gesetabnche gerichtet werden, schon dieses bewustsein hebt
den eimelnon und verkiht ihm ein ai^faatgaAhi, welikea aidi der
bOrger erst durch eigenen wert erwerben mnaa.
der geist, der im f^auzeu corps tbut lebeu,
rebaet fewaltig wie windesweben
aadi den onteitteD reiter Bit.
80 wird der soldat dem bürgerstande, den er verachtet, immer mehr
entfremdet und lagert sich im Staat dem Staate gegenüber, der
Standesehre werden alle rücksichten geopfert, und wo nicht, wie dies
glücklicher weise in dem Preuszen des 19n Jahrhunderts der fall ist,
das beer ein volksbeer ist, da treten solche widerlichen erscheinungen
zu tage, wie sie Preuszen zu dem unglückstage von Jena geführt
haben, und wie sie uns Heine für poesie ausgeben will, während sie
im gründe verwerflich sind:
was seheert mich weib, waa aeheert aiiieh kbaäf
ich trage ein besser yerlangen;
lasz sie betteln gehn , wenn sie hungrig sindi
mein kaiser, mein kaiser gefangen!
gerade daaz der bOxger genötigt ist, dnzeh seine eigeoeii leistongen
sich seinen wert zu geben, dasz es keinem unter ihnen auf den epaa-
letten geschrieben steht, wie Yiel er zu gelten hat, gerade das macht
den wert des bfligerstandes aus und schützt vor ttberhebung, der die
armee nur m sehr ansgeaetat ist. hier in der annee lenit man axd
Verdienste pochen, die man nie gehabt bat, die immer einer bei dem
andern sucht und die , wenn sie aor zeit der not an das tageslieht
treten sollen, eben nirgends zu finden sind, dies haben wir bei Jetu^
die Franzosen bei Sedan erfahren, dasz solche zustände bei uns
nimmer wiederkehren werden, dafür bürgt uns eben die lekre» die
die groszen reformatoren des preuszischen kri^gswesens aus dem un-
glückstage Ton Jena zogen, indem sie das preuszische beer m einem
Yolksheere umgestalteten, dafür bttrgen uns die reformen, die unser
groszer kaiser unablässig auf grund der erfiahrungen SMiier rahm-
und siegreichen feldzüge durchführt, zwar naeb einem grosaen und
glücklichen feldzuge ist diese selbstüberhebong sehr yerzeihlicb,
weil sie eeht mensohlich ist, und in dieser läge nmi finden wir unsem
braven miyor von Tellheim. er ist kein Preusze yon gebort, er
stammt aus Kurland, aber die gleiche sache, für die gefochten wird,
nicht die geburt , maeht im kriege die heimat des Soldaten, die be-
geisterung für die person, niobt fürdiesachedes grossen ktaigs
hat ihn, den verminenden gntsbesitnr, wie so Tieia Deiitaoben, nnter
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Die politische bedeatang v<m LessiDg« ^Minns Ton Barnhelm*. €05
Friedriohs fahneii getaneben. um so empfindlicher trifft ihii nun die
krfinkung seiner ehre Yoa Seiten des bewunderten mannes, dem er
* aUet aufgeopfert hatte, er ist fQhrer eines der freicorps gewesen,
deren auflösung gleich nach beendigung des siebenjährigen krieges
viele nnbemittelten kriegor in unverdientes elend stttrste, weshalb
sie auch dem grossen Friedrich mehrfach vorgeworfen worden ist*
«noh ihn föagt der mangel an zu drücken, aber er ist entschlossen,
eher vor den äugen des königs im elend umrakommen ab auf seine»
durch den krieg hemntergebrachten gflter zu gehen, um durch deren
be wirtschaftung sein zerrüttetes vermögen wieder lierzustellen. ein
anderer zug des soldatischen Charakters ist von Lessing gleichfalls
sehr hübsch in die handlung verflochten worden; Lessing hatte ihn
in Breslau an den prenszischen officieren so gründlich studiert , dasz
er ihn selbst annahm, die gleichgültigkeit gegen das geld, die Tell-
heim mit Werner gemein hat , denn Tellheim ist im gründe nicht
weniger Verschwender als Werner, obgleich er es diesem zum vor-
warf macht, aber er ist ein edler Verschwender wie Saladin. dieser
sog ist im soldatischen Charakter sehr begreiflich und verzeihlich,
wer jeden tag sein leben einsetzen musz, wird auch den höchsten
geldeinsat» nur gering achten ond mit eines Spielers leichtsinn , je
nach seinem sonstigen Charakter, ihn zur befiriedigong seiner edlen
oder seiner schlimmen neigungen hingeben« um einer solchen edlen
neigong willen, nemlich dem überwundenen feinde die lasten des
krieges möglichst zu erleichtem, hat Tellheim eine bedentendesnmme
daran gesetzt und ist nun in gefahr nicht blosz diese summe, sondern
ttoeh mit ihr seine edelmännische ehre, ja auch die Imut, die er sich
dnroh diese schöne that erworben hat, zu verlieren, das stUck be-
ginnt damit, dasz uns der dichter die not vorführt, in welche Tell-
heim durch sein übertriebenes ehrgefühl gerathen ist aber gerade
diese not zeigt seinen Charakter von der schönsten seite. gewöhn-
lichen menschen zieht das unglück das herz zusammen und macht es
gleichgültiger gegen fremde leiden, nicht so bei Tellheim, und der
dichter hat eigens eine scene eingefügt, die ich nie ohne thrttnen der
rtthnmg lesen kann, nnd die beweist, dasz Tellheim bis zur Ver-
schwendung mihi g^en alle nnglücklichen nnd nnr gegen sich selbst
gransam ist.
.Panl Werner nnd Jost vertreten die grosze tagend des Soldaten,
die anfopferongsfilhige trene gegen den vorgesetzten, die im kriege
so viele schöne thaten hervorbringt, besonders wenn der vorgesetzte,
.vrie Tellheim, im kriege soldatische togenden mit menschlichen
tagenden paart.
Im gegensatse zu diesen edlen Charakteren, die das geld nicht
aehten, wo es zn helfen oder treae zn beweisen gilt, steht non der
vrirt, dem der gewinn das höchste ist, nnd der um des gdides willen
alle tagenden verkagnet* doch ist er, wie Mephistopheles, *ein teil
Y<m jener kraft, die stets das böse will und stets das gate schafft*,
alle seine schleohten eigenschaften, soine nengietde, seine geschwStzig-
I
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1
606 Die poliUscbe bedeatung TOn Lesaingt 'Minna Ton Bunhelm'.
keit, i^t'ine brutalitüt gegen die vermeintlicb unbemittelten, sowie
seine katzenbuckelei, wo er eine volle cassette wittert, dies alles dient
dazu, die Verwickelungen in komischer weise erst herbeizuführen und
dann iiufzulöben. üo dient seine brutalitlit gegen Tellbeim dazu, dasz
Minna schon gleich bei ihrer «nkunft in Berlin TeUheims aofentUt
erfährt.
Sie hat gehört, dasz ein abgedankter officier um ihretwillen
auä dem von ihm bisher bewohnten zimmer vertrieben worden ist,
dessen anwesenheit in demselben hause mit ihr aie Aim dazabenotm
will, etwas von ihrem Tellbeim zu erfahren.
Auf die ungezwungenste weise, durch die geschwätzigkeit des
wirths, der ihr den von Teilheim an ihn versetzten ring zeigt, läszt
der dichter sie seinen aufenthalt und zugleich seine bedrängnis er-
fahren, wenn sie nun letztere gering anschlägt und durch ihre an-
wesenheit und die fortdauer ihrer liebe für mehr als aufgewogen an-
sieht, so soll sie bald anderes sinnes werden, denn Tellbeim ist, trotz
di?r durch das wiedersehen seiner braut neu entflammten liebe zu
iLr, entschlossen, als mann von ehre für sie beide zu denken und
dem Hebesgltick zu entsagen , um ein von leidenschaft verblendetes
nttdohen nicht in seinen ruin mit hinabzuziehen, denn dasz auch er
in einem gewissen grade von leidenschaft geblendet ist, und um der
einen, der liebe, sich zu entreiszen, der andern, der ehre, sich um so
sicherer überläszt, erwägt er natürlich nicht, auch sind alle vor-
stellmigeii seiner Minna, die trotz ihrer leidenschaft, wie ihr dichter,
doch immer ruhig und klar denkt, nicht im stände, ihn von der an-
sieht abzubringen : der unglückliche müsse sein Schicksal allein tra-
gen. 80 stürzt denn Minna von dem gipfel ihres glücks; der durch
den streit von pflichtgefühl und ehre gegen die liebe herbeigeführte
conflict ist im Schlüsse des zweiten actes bis zum äuszersten gekom-
men; die liebe musz bei einem manne wie Teilheim entsagen, wenn
nicht der ehre genüge geschieht, schon damit weist der dichter auf
die schlieszliche lOsung des knotens hin ; denn TeUheims ehre ist nor
angetastet, nur in zweifei gezogen, nicht aber vernichtet, der aus-
spruch des obersten richters ist noch nicht erfolgt, und Minna mtlste
nicht das kind ihres dichters sein, wenn sie nicht bald den Ariadne-
faden finden sollte, der ihnen beiden aus diesem labyrinthe heraus-
hilft, mit der übeRengnng von TeUheims unveränderter liebe kehrt
ihre angeborene heiterkeit des geistes und des gemütes, das weih-
hebe vertrauen anf die herschaft, die der zauber ihrer gegenwart auf
das gemüt TeUheims notwendig ausüben wird, aUmählich zurück,
sie will zonttehst versacben, was dieser vermag, sie l&szt also den
migor, der sie mit einem, seine läge und seine grundsätze ausführlich
dantellenden briefe abfinden will, so wohlfoüen kaafes nicht davon
kommen; er mnsz versprechen, ihr mündlich seine gründe noch ein-
mal anseinander zn setien. während so auf der einen seite die liebe
daran arbeitet, ihn einem elend zu entreiszen, in welches ein für ge-
wohnliche Verhältnisse sn sartes, aber fOr seinen stand dorchans
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Die politische bedentoag von Lesungs *Muma Ton Bamheha' 607
berechtigtes ehrgefühl ihn zu stürsen diobi» hat auch schon sein
scbicksal eine günstigere Wendung genommen^ Ton der Minna durch
den lieutenant Biccaut die erste andeutung, im vierten acte, erhftlt.
um so unbesorgter dOrfen wir dem ludtspiele, welches Minna im
lastspiele aofsaftthren denkt, znsehen. sie will versuchen ihn durch
den reiz ihrer gegenwart, ihrer nnterrednng und Überredung zu
bestricken , ihm die läge der dinge , die er bisher sehr einseitig mit
soldatischem sinne aufgefasst hat, auch einmal von der kehrseite zu
seigen^ ihm begreiflich zu machen, dasz sein ehrgeftthl, obgleich es
ihm ein schweres opfer aaü^i, doch eigentlich nur Selbstsucht ist,
4im er, indem er seine eigene ehre rettet; die ihrige vernichtet, aber
sie hat auf einen zu leichten sieg gerechnet, die üebenswürdigkeit
der Sttohsin scheitert für diesmal an dem Starrsinn des Freuszen.
sie musz also zu dem letzten mittel greifen , das aber, wie sie bei
Tellheims denkungsart wol weisz, unf^bar ist: sie musz eben dieses
ehrgefühl, das bis jetst ihrer liebe im wege gestanden bat, aof die
Seite ihrer liebe bringen, sie braucht sich blosz noch hülfloser, noch
entehrter darzustellen, als Teilheim sich selbst dünkt, und der brave
migor, der es für ehrenpflicht hielt, dem reiehen, geehrten und glück-
lichen frftQlein von Barnhelm ihr ehrenwort zurückzugeben, wird
sich dem armen, dem enterbten und durch die leidenschaft für einen
feind ihres Vaterlandes bei ihren landsleuten entehrten, nnglttok-
lichen fräolein von Bamhelm gegenüber sofort an das seinige
gebonden erachten und gegen eine weit in wafien seine Minna als
die seinige reclamieren.
Dia hühere pflicht, die ehre seiner braut wieder herzustellen,
ihr zu beweisen, dass sie nichts verloren hat, weil sie ihren Tellheim
noch hat, wird ihn gegen die zweifei, in die seine eigene ehre ge-
zogen ist, gleichgültig machen, sie hat sich nicht verrechnet, wenn
«r früher entschlossen war nicht ans Berlin tn gehen, bis der über
seine ehre entscheidende sprnch von seinem numarchen gefHUt ist,
und sollte er darüber im elende umkommen, ist er jetzt bereit, mit
Minna je eher je lieber auf und davon zu gehen, unbekümmert darum,
wie nachteilig man ihm einen solchen schritt auslegen wird, jetzt
ist es an Minna, die spröde zu qpielen, und indem sie des majore ent-
aagnng nachäfiPt, ihm zn zeigen, wie unglücklich oft die besten men-
Sldien ihre mitmenschen machen, wenn sie grundsätze, die an sich
ehrenwert sind, auf die spitze treiben, ihre weibliche eitelkeit kann
sich dieses spiel nicht versagen und musz, wie rechtens ist, dafür
büszen. auch sie will nun einmal , um ihrem künftigen herm ehe-
gemahl zu zeigen, dasz sie als Soldatenfrau wenigstens so viel von
der kri^gsknnst versteht, dasz sie gelernt hat, den üsind mit seinen
eigenen minen in die luft zu sprengen, die angenommene hartnftokig-
keit auf die spitze treiben.
Auch als des m^jors Schicksal durch ein allerhöchstes band-
schreiben auf die günstigste weise für ihn entwirrt und seinet ehre
volle genüge geschehen ist, und nun erst recht, weigert sie sich, sie»
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608 Die politische bedeutong von Lettiags * Minna von Bamham'.
ein verlaufenes fräulein, sich einem reichen und geehrten manne zu
vermählen, wenn nun der major sein früheres unrecht nicht ein-
sieht! — Aber durch eine geschickt von dem dichter angelegte Ver-
kettung von kleinen umständen kommt der major auf den gedanken,
Minna sei blosz nach Berlin gekommen, um mit ihm zu brechen, und
— doch da kommt Minnas oheim, nicht wie ein deus ex machina,
bondern schon längst angekündigt und erwartet, der da^ spiel Minnas
notwendig endigen und die Wahrheit an den tag bringen musz. schon
die ankündigung seines eintrefFens durch die bedienten lenkt das
spiel wieder zu Minnas gnnsten; er, der grausame oheim. der an-
geblich Minna enterbt hat, soll der erste feind sein, dem Teilheim
beweisen will, dasz, wer unter dem schütze der preuszischen bewaff-
neten macht steht, vor allen chikanen sicher ist. aber Minna hat
ßich den anblick seines ganzen schönen herzens verschafl't; sie darf
ihr spiel nicht bereuen, und es war nicht mehr als billigkeit des
flchicksals, dasz dieses spiel dem major einen trüben augenblick
machte, da sein übertriebener ernst ihr tausend gemacht hatte, sie
und Franziska dürfen mit der festen Überzeugung in die zukunft
blicken, dasz i^ie die glücklichsten gattinnen sein werden, denn sie
haben sich der p rf uszischen ehrenhaftigkeit anvertraut und an-
getraut, die wohl, was ihr das liebste auf erden ist, durch starres
festhalten an dem puncto der ehre und dem einmal für recht er-
kannten, wodurch Preuszens herscherhaus Deutschlands machtvolle
Weltstellung geschaffen hat, einmal bitter kränken und verletzen
kann, aber in deren armen auch die ehre, das wohl und die macht
Deutschlands so sicher ruht» wie die sächsische braut an dem herzen
des preuszischen soldaten.
Hundert jähre waren verflossen, seit Lessing die letzte band
an dieses unsterbliche werk gelegt hatte , als auf dem schlachtfelde
von Königgrätz , wo auch die unterliegende sächsische tüchtigkeit
8ich blutige lorbeern ptiückte, aber Deutschlands genius den kränz
des Sieges um die stirn des würdigen enkels des groszen Friedrich
wand, die eifersucht zwischen Preuszenund Sachsen, zwischen welche
der beiden ländern angehörige grosze deutsche dichter einst als
tampfwärtel mit seiner *Minna von Barnhelm' den friedensstab zu
werfen versucht hatte, noch einmal blutig zum austrag kam. es war
der letzte aufflackernde groll Tellheims, dasz seine feierlich vor gott
und menschen ihm anverlobte sächsische braut mit ihm zu brechen
gesonnen sei, ihm den ring der treue wieder zurückgebe, seit dieser
zeit haben Sachsen und Preuszen für immer versöhnt ihre bände
in einander gelegt, und schon folgt ihrem bunde ein geschlecht un-
sterblicher namen: die siegeaschlachten von St. Privat, Beanmont
und Sedan.
KOB£ET BoXBEBaEB.
• :
k)u,^ jd by Google
F. Weaener: lateinisches elementarbucb. * 609
66.
PR. P. WB8ENBB, LATEINI80BX8 BLSIUBBITARBIJCH. BRSTBB TEIL
(8BXTA). Leipzig, B. O. Teobner. 187S.
Trotz des heutzutage stark geschwollenen Stromes der elemen*
tarbücherlitteratur auf dem gebiete des lateinischen elementarunter-
richtes bietet sich hier immer noch ein feld dankbaren Schaffens ;
ist ja doch noch manches zu thun übrig, was rührige köpfe und
bände erfordert, eines der neuesten producte auf diesem gebiete
ist dr. P. Weseners lateinisches elementarbuch, dessen erster teil
(für sexta) in diesem jähre (1878) bei Teubner erschienen ist. es
ISszt sich nicht verkennen, dasz das Übungsbuch vielen anderen ge-
genüber wesentliche vorteile besitzt, es zerfällt in 4 abteilungen :
A. Vorbemerkungen. B. lateinische und 'deutsche beispiele zur ein-
übung der formenkbre« C. Tocabularium. D. yenEeiobiUB von eigen-
xuunen.
Die Vorbemerkungen enthalten das prttsens der e-conjugation
nebst den zweiten personen des imperativus, einige formen von esse,
mehrere verba der e-oonjngation, ein%e pwiakeln und die präposi-
tion in. statt der a coigagatioa ist ganz zweckmäszig aus dem vom
Verfasser selbst in der vorrede angebenen gründe die e-conjugation
gewählt, *weil hier nicht wie dort in der In person sing, eine con-
tracUon des stammvocals mit der endung stattfindet, sondern der
stamm in allen formen dem schüler deutlich bemerkbar ist'.
Die hauptstärke des buches liegt ohne zweifei in der einrieb-
tang des Tooabnlariiima. bekanntlidi ist die gründliche einprä-
gung des Yocabulpmasis eine sehr grosze cmx im lateinischen eldr
mentarunterrichte. mit weitverbreiteten Übungsbüchern, z.b. denen
von OstermanB Ufid SpiaeSi ist dies nicht recht m()glich oder wenig-
stens mit sehr grosieu Schwierigkeiten verbunden, zwar hat Oster-
mann auf das erlenm der Tocabelii m liaaptaugenmerk gerichtet;
in der Tomde zur ersten anflage seines Übungsbuches sagt er, dasz
er sich von der zweckmäszigkeit einer methodischen erlemung d^
vocabeln überzeugt habe, das für sexta aasgearbeitete vocabularium
schliesze sich aufs engste an das Ubungsbnäi aa, indem die in den
entsprechenden abschnitten des vocabulariums aufgeführten yoca-
beln in den entsprechenden abschnitten des Übungsbuches zur An-
wendung gebracht seien, aber der anscblusz seines vocabulariums
an das Übungsbuch ist noch nicht eng genug; das gleiche Ittszt sich
von dem weitverbreiteten Übungsbuche von Spiess sagen, es ist
z. b. unmöglich, in Ostennnuis vocabularium die ca. 140 Wörter
der ersten deolination zuvor auswendig lernen zu lassen und dann
mit übersetzen zu beginnen, weil ganz einfach die zeit fehlt, man
musz also das memorieren der vocabeln und die leotüre neben ein-
ander hergehen lassen, da nun die anordnung des vocabelstoffes
innerhalb der einzelnen abschnitte eine rein Kuszerlich alphabetische
ist, wird die sofortige anwendung und einübung der gelernten vo-
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610 * P. Wetener: lalftiuitchiM elementarbach.
cabeln mittelät der übongsbeispiele auf ein minimum beschränkt,
dazn kommt oft noch, dasz der schUler, da doch nur ein teil der sätze
in Ostermann bewältigt werden kann, eine anzahl vocabeln nur
durch auswendiglemen in der zusammenhanglosen alphabetischen
reihe sich aneignen musz. und doch werden gerade erst durch die
«infügung des wortes in das kleid eines satzes dem gedächtnisse
die statzpnnote zn einem gründlicheren festhalten gegeben, wie
neuerdings Perthes durch zurückgehen auf psychologische gesetze
schlagend gezeigt und referent stets in der praxis bestätigt gefun-
den hat. um besagte misstftüde zu yermeiden und eine wirklich
gründliche erlemnng der vocabeln zu ermöglichen , ist es durchaus
nötig, das vocabelpensum so eng wie möglich an die lectüre anzu-
schlieszen, was z. b. dadurch geschieht, dasz man die betreffenden
vocabeln nicht nur auf die einzelnen grammatischen abschnitte ver-
teilt, sondern auch innerhalb derselben auf die einzelnen numerierten
stücke, diesen groszen, durchaus nicht vbl unterschätzenden vortiil
bietet Weseners Übungsbuch.
Die abteilung B (ttbungsbeispiele) zeichnet sich ebenfalls in
«inigen puncten vor manchen anderen Übungsbüchern vorteilhaft
aus. vor allem liefert sie ein&che handliche sätzchen , die nicht so
schwer sind, wie i. b. in Ostermanns fibnngsbuohe, dessen oft ziem-
lich lange sAtze einen sextaner eher abschrecken als anziehen, so
hat referent von Sätzen nachstehenden umfanges bei Wesener nur
wenige entdeckt: sttlck 65 B (letzter satz): *wir hätten in diesem
treffen den sieg davon getragen nnd den feind in die flucht geschla-
gen, wenn nicht die bogenschützen unsem anführer getödtet hätten\
jedenfalls wird es dum lehrer leicht möglich sein, sämtliche sätze
zu bewältigen und durch dieselben jede einzelne vocabel wirklich in
auooum et sanguinem übennführen. femer gefällt es dem wL sehr,
dasz die geschieht«, namentlich die alte, nicht so sehr ansge-
bentet ist, wie in manchen anderen übungabttchem, deren«verf asser
möglichste falle hiatoriachen InhaltB als einen yonog mneehtm (cf.
Oatermann in seiner vorrede zur ersten aufläge: ^die beispide,
welche meist concreten inhalts sind und so viel als möglich der ge-
schieh te entlehnt wurden ato*')« bei der leicht eintretenden Sterilität
auf diesem felde iat schon eine mäszige ansahl derartiger beispiele
nicht zu verm^den und kann in den kauf genommen werden ; aber
das bestreben ; schon in sexta möglichst viel rlawrisfihft ffiakmng- in
den ttbungabeispielen au bieten, hat für den ref. immer euMn nnan«
genehmen beigesdunadc von der schon von Herder angelllhrten me*
thode, eichwälder in 10 jähren zu machen, um in dieser beziehung
das verhältnisz zwischen Wesener und Ostermann klar zu stellen,
filhre ich folgend« zahlen an: Weseners Übungsbuch enthält von
ca. 2419 Sätzen nur ca. 220 sich irgondwio auf die alte geschichte
beziehende, während sich bei Ostermann unter 2429 sätzen ( — 4
conj. incl.) ca. 771 sätze besagter art finden, also Ober 3 mal so
viele ala bei Wesener.
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P. Weseners ialeiiuMlifls elementarbuch. 611
Neben diesen Vorzügen hat indessen ref. auch einige anssfol-
lungen sn machen, die der Verfasser vielleicht bei einer neaen anf*
läge in erwägung zu ziehen nidit yenefamfthen wird«
Die einrichtong dee übersetzongsstoffes ist zu sehr systema-
iiaoh und nicht geni^ methodisch, die absehnitie desselben folgen
im System der grammatik auf einander, was f&r ein tthnngabneli,
das in seita gebraucht werden soll, gewis nioht praktisoh ist. die
eiasigea ausnahmen sind: die stellnng der i-ooigogalioii vor die
oonsonantische und die möglichkeit der einttbung der a-ooi^ngation
vor den praenominibus (in folge der teilung der 'ttbnngssttlelra über
die 1 conjugatioh in je 2 teile A nnd B, von denen die mit A be-
zeiehneten schon vor den pronominibus dorohgenommen werden
können'), es folgen demnach die 5 decHnationen mit den entspre-
cheaden adjectiven unmittelbar hinter einander« es ist aber duroh-
anszweekinSazig, die o-dedUnation von der ooneonantischen durch
«inen grQsieren abschnitt in tramen, um die songt notwendig ein-
tretende confusion der oasnsendungen su verhüten, ee wire passend,
an dieser stelle das httlfisverb esse und auch wol die erste ocnyugation
eingesdioben, wie es z. b. im lateinischen lesebnche für die sezta von
Pertibee gesdiehen ist, dessen methodische aaecdnnng in der folge
der grammatischen abechnitte in einigen puncten jedenlallB eine
vorzügliche ist die übungsbeispiele ttber die pronomina als den
Bohwierigeten teil dee sexta^pensums bitte tef . lieber mehr am ende
des pMienma gesehen, vielleicht swischen der i- und consonanti-
sehen coi^agation.
Ea macht ferner das ttbungsbneh auf den ref. den eindmck
ebies grammatiBeh überbürdeten, swar hat der verf. nur die depo-
nestta der ersten nadi sezta gdegt; er hätte aber lieber alle 4 dto-
ponens-coiyugatioQen bringen und nicht sonst dem armen sextaner
za mannig&äe kost bieten sollen« hat der sextaner einmal den
begriff dee deponeni erflssst, so ist die hanptschwierigheit llberwun-
dsn, er hat ja sonst nichts gremmatisch«neues hinzuzulemen, die
flbxigen 3 deponens-coigugatioBen bieten ihm ja immer dieselbe er-
seheimmg und helfen dadurch sie wesentlich befestigen, jedenfalls
aber nicht die deponentia zeneisten, dann lieber gans fort damit
nach qninta! lu viel mannigfaltigkeit und dadurch leicht verwir-
rendes hat der verf. durch anfiiidune des nachstehenden in das
sezta-pensum gebracht: der ausnahmen der hanptgeschleditaregeln
(die feminina auf do, go, io kann man aus bekanntem gründe nach
sezta legen), der Unregelmässigkeiten in der casusbüdung, der nn-
regelmteigen acUeetiva, der Umschreibung der comparationi der
distributiva, der pronomina indefinite; auch die prttpoaitionen und
adverbien werden besser vom sezta-pensumauegesohloasen« eakann.
übeihaupt der erste Unterricht in der lateinischen spräche nidit
einfach genug sein; nur ja nicht die sezta überbürdet es fehlt
sonst Ittcht en seit für die so notwendigen geistigen mhepunete,
denn auch in diesem sinne bestätigen sidi Heäers werte (aus emer
Digitizod by Goüßlc
612 Zur pKOgnunmfrage.
umiK tohiilredeii): 'wir haben einen
seit'.
Hier und da eingestreute kleine, inhaltlich sosanunenlifingende
fibongstttkcke, die sehr zur förder ung des interesses der schüler bei-
tragen, Termiazt ref. ungern, ein nomerieren der einzelnen aike
wurde die praktische brauchbarkeit des bucbes erhöht haben.
Im übrigen glaubt ref. ^ daez nach abstellung dieser klcini
mingel recht tttchtiges mit dem bnehe geleistet werden kann.
WnsnMBo&Q. Hbd».
67.
ZUB PBOORAJfMFBAGE.
Der kurze aufsatz 'wünsche eines bibliothekars' im 7n hefU <
des Jahrgangs 1878 dieser Zeitschrift veranlaszt mich zu einigen be-
merkungen, zu welchen ich mich um so mehr berechtigt halte, als
ich seit 1862 ununterbrochen mit der Verwaltung der bibliotbek ;
unserer anstaltr betraut bin und während dieser seit dar programiih
Sammlung grosze Sorgfalt zugewandt habe.
Jeder bibiiothekar wird gewis dem verf. jenes aufsatzes daf&r
dankbar sein, dasz er durch seine bemerkungen den anstosz zur be-
seitigungTon ftbelständen gibt, deren erwähnung dem laienalspedan-
terie erscheinen mag, die aber der betheiligte sehr schmerzlich em-
pfindet, dessen arbeit durch die Vermehrung der anstalten fortwährend
vergröszert wird, so ist es sehr zu tadeln , dasz es noch immer tat
stalten gibt, welche sich nicht entschlieszen könneii, die Vorschrift ii
betreff des formats genau zu beobachten, dagegen gehe ich in der
berücksichtigung der beqeumlichkeit des bibliothekars nicht so weit,
zu verlangen, dasz schnlnachrichten und abhandlung nicht mehr {
getrennt ausgegeben werden dürfen, und zwar aus rücksichten der
Sparsamkeit, von den osterprogrammen 1878 verlangt Teubner ,
660 stück abhandlungen und nur 405 schnlnachrichten : durch tren- <
nung der beiden teile spart die anstalt druck und papier von 24öst&sk
schnlnachrichten. anderseits wird jede grtaenB anstalt es für ver- i
schwendung halten, jedem ihrer schüler ein eaempkur einer für ihn '
ganz unverständlichen und daher ftberflflssigen abhaadlnng miini> i
geben , so dasz also hier die trennong die erspaoua einer groszen
anzahl abhandlungen zur folge hat. endlich werden von auswärts in
der regel nur entweder die schnlnachrichten oder die abhaadimig
begehrt, bei den groszen Unkosten, welche der druck der Programme
den anstalten verursacht, ist es gewiss nur billige diese rücksichten
walten zu lassen, zumal da sie nur geringen einflusz auf die arbeit
des bibliothekars ausüben, dagegen stimme ich meinem eoUegen
durchaus bei, wenn er von den anstalten verlangt, daai sie in der
äuszem ausstattong der programme, namentlieh in dar anordnong
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Zar programin&age. 613
der titel die Zusammengehörigkeit der beiden teile leicht erkennbar
machen und überhaupt aUes vermeiden, was die thätigkeit des
bibliothekars erschweren kann, in dieser beziehung halte ich es fürs
zweckmäszigste an den köpf des titelblattes aller schulnachrichten
nicht das wort programm oder dgl., sondern den namen und den
ort der anstalt zu setzen, die abhandlung musz in demselben formate
erscheinen j ihr titel soll ebenfalls namen und ort der anstalt leicht
erkennbar enthalten, doch so, dasz der unterschied zwischen abhand-
lung und schulnachrichten in die äugen springt, wenn , wie es ja
zuweilen vorkommen kann, die abhandlung im bunten unbedruckten
umschlage ausgegeben wird, so soll der Umschlag an der gewohnten
steDe wenigstens die Teubnersche nummer tragen, welche über-
haupt nie auf dem titel fehlen darf und über alle Verlegenheiten hin-
weghilft, das Teubnersche Verzeichnis dient selbst dazu, um abhand-
longen einreihen zu können , denen alle hinweise fehlen , wovon in
dem angezogenen aufsatz beispiele mitgeteilt werden, ich bin über-
zeugt, dasz alle angedeuteten übelstände längst gehoben wären,
wenn die herausgäbe der programme nicht vom director allein,
sondern unter Zuziehung des bibliothekars besorgt würde.
In betreff der praktischen einrichtungen beim ordnen, katalogi-
sieren und aufheben der programme und der erleichterungen, die sich
der bibliothekar verschaffen kann, erlaube ich mir auf meine abhand-
lung im pädagogischen archiv 1878 s. 188 zu verweisen, von
welcher ich übrigens noch einige exemplare meinen collegen zur Ver-
fügung stelle, um die ankommenden programme in alphabetische
Ordnung (nach dem namen der städte) zu bringen, kann ich folgendes
verfahren empfehlen, durch welches es möglich wird, das ganze ge-
sebäft in etwa l^'o stunden zu ende zu bringen, von sechs schtilem
der obem classen erhlilt jeder vier buchstaben in alphabetischer
reihenfolge nebst den betreffenden platzen auf stühlen oder tischen
zugewiesen, dann stelle ich mich mit einem pack programme in die
mitte, rufe den anfangsbuchstaben des namens der stadt aus und
übergebe dem betreffenden schüler das programm, um es auf den
dafür bestimmten platz zu legen, so liegen in kurzer zeit alle pro-
gramme auf einem häufen , deren städtenamen denselben anfangs-
buchstaben bat. darnach wird von den schülern jeder häufen erst
nach dem zweiten, dann nach den folgenden buchstaben des namens
geordnet, bei anstalten derselben stadt entscheidet die Teubnersche
nummer. ist bei einer abhandlung der name der stadt nicht sofort zu
erkennen, so wird sie einstweilen bei seite gelegt, um später mit
hilfe des Teubncrschen Verzeichnisses eingereiht zu werden.
Was die am Schlüsse des angefahrten aufsatzes aufgestellten
wünsche betrifft , so erkläre ich mich mit 3 (mit ausnähme der be-
merkung in klammern), 4, 5 vollkommen einverstanden, ebenso mit
dem zwreiten teile von 2. die übrigen nummern erscheinen mir un-
wesentlich oder unzweckmäszig.
DÜSSELDOEF. StAMMGB.
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1
I
614 MaOft ordmiliobe hMqptvwiainfiilniig
FONFTB OBDEMTUGHB HAUPTVEBSAMlILTJNa DES m
EINS VON LEHRERN HÖHERER LEHRANSTALTEN DEE
PROVINZ SCHLESIEN,
EBtfWffMi d«i btahMmn dmr inoijllirif«a limiiptTWiiiiiiin1«B|r ^
^•M versaminlvair vagea der veränderten Uge der ferien bereits am
18 april statt, nachdem der Vorsitzende, director Müller (Breslau),
die Versammlung mit einer beirrüszung der anwesenden eröffnet batte^
Warden die üblichen forwalituten erledigt, und die tagesordnimg, wie
Ib der TorvmMnailiiof b«eproeWn war, •mg^nrnmema,
1) CMsenhericht. eiuAluM MISS »ark. a«fir*b« 18^ mmHu
bestand 4G5.67 mark.
2) Die nächste hauptversammlung findet während der osterferieo
1879 in Breslau statt, gewühlt wurden: als Vorsitzender: Schmidt,
Oberlehrer ao der raalaehole s. h. geiet (Breslau), itellTertreter: director
If filier (Bfatlan), eaiaenfthfer: Oberlehrer Qanbl, sehrifllihfer: de
Thal heim (EUiabet^gjoiii. Breslan). die drei beisltsef werden wied«>
gewählt.
3) Mitteilung über das resultat der umfragten in der provinz we^o
Verlängerung der sommerferien. der vorstand hatte nemlich an sämmt-
lieben Mherealehramtallen angefragt, wie Tie! etiflimea für füwfwMeat-
Hche sommerferien wären, um ev. bei dem königl. provinzial-sehol-
collegiiim zu petitionieren, eine ähnliche bcßtimmun^, wie sie in der
provinz Brandenburg- gilt, zu erlassen, da aber ein groszer teil gar
nicht antwortete, und sich nur die geringe majorität von 193 (incl. 10
direetoren^ gegen 151 (iaeL 17 direfliaren) fttr oie rerUngernng ausge-
■protthen halte, wnrde die beabeiehtigte petitioa imterlaasen.
4) Die ascensionsfrage. in der vorjährigen yereammlnng hatte dr.
Nenman (Breslau) folgende thesen aufgestellt:
• 1) Als ascens ionsfähige lehrer höherer unterrichtsanstalten
diirfen nur solche lebrer definitiv angestellt werden, welche die
oberlehrerpriiftog bestandeD haben.
2) Der uotenchled iwischen 'Oberlehrer* nnd 'ordentEekcr
lehrer' fällt weg.
3) Sämmtlichen definitiv angestellten wissenschaftlichen leh-
rern höherer unterrichtsaiistaiten ist ein ascensionsr e cht auf ge-
setalidiem wege lungestahaa.
4) Dieset gründet deh anf das System von alterscnlagen, die
in raten von 300 mark zu dem anfangsgehalt von 1800 mark in
dreijährigen fristen hinaotreten, bis der maximalgehalt von 4600
mark erreicht ist.
5) Die serviszttlage für lehrer höherer unterrichtsanstalten
ist gleioh der der jnrUten —
die jedoch wegen vorgerückter leit nicht mehr zur besprechong ge-
langten, da hr. dr. Nenman Qn nicht für nötig gehalten hatte, in
der heutigen Versammlung zu erscheinen, so erklärte der jetzige referent,
hr. dir. Heine (Breslau), in der einleitung, er sei eigentlich nur cor-
referent nnd nicht in der läge mit positiven Vorschlägen yorautreten.
wie eine broachüre Fischers 'über die ascensionayerhältniaae Inder
provinz Prenszen' nachweise, träten allerdings grosze Ungleichheiten
zu tage, indem es lehrer gebe, die schon nach dreijähriger dienstzeit
die erste oberlehrerstelle bekleideten, während andere nach löjähriger
dienstseit erst die erate ordentliche lehrerstelle inne hätten, auch io
der conferenz, welche im october 1878 im ealtuiminisierinm stattfuid,
sei die sache anr spräche gekommen, aber der referent, hr. gek. ratii
u kju,^ cd by Google
des Tereins tob lefarem höherer lehranitftlten d«v pnmai Scbleeien. 61 &
Schräder, habe auch positive vorschlage nicht machen können, be-
sondere Schwierigkeiten für eine gleichmässige handhabung dieser frage
biete der «mttead, deas riele enitaiten nieht Tom stMte abhängig seien.
eingehend muf die Nenmanschen tbesen weist ref. den so oft herbei-
gfezogenen vergleich mit den jaristen zurück und charakterisiert den
unterschied beider coUegien. ein einschub sei bei lehrercoUegien unter
umständen nicht zu umgehen , mitunter sogar wünschenswert, wenn
B. b. an einer anstalt lauter lehrer angesteUt wXren, die anf ein und
derselben vniversität ausgebildet seien, dann iSge die gefahr vor, dasz
die ganze anstalt einseitig würde, und ein einschub aus einer fremden
provinz würde ein befruchtendes dement sein und neues leben in den
ganzen Organismus bringen, auch sei die furcht vor einer gewissen
Stagnation nicht gans abmweisen. die oberlehrerprlMüng genüge nieht,
da sie sich nicht anf alle dinge erstrecken könne, die man von einem
lehrer fordern müsse, die pädagogische befähigung trete erst später
zu tage, nach einigen jähren sei das zeugnis oft von wenig wert, da
könne, misbrönehe, die Ja aneh bei dem einschob Torkommen könnten*
könnten beseitigt werden, wenn der einschub nur dann stattfinden dürfte,
wenn sich in einem coUegium keine persönlichkeit finde, die geeignet
sei, den höliem platz auszufüllen, die mitunter dadurch entstehenden
härten, dasz lehrer, die in den unteren und mittleren classen tüchtiges
leisteten und treu ilire pfliebt erffillten, nieht geeignet wttren in den
oberen dessen an nnterriehten, sollten durch luterssnlagen gemildert
werden.
Oberlehrer Schmidt (Breslau) stimmt im princip für die Neuman-
•ehen tbesen, aber er will das ascensionsrecht nicht bis zum maximal-
gehalt aofgedehnt wissen; die über ein iMstimmtes maximalgebalt (ca.
4000 markj überschlesaenden summen sollten zu persönlichen Zulagen
verwendet werden, wenn, wie es ja an anstalten, die blosz einen
mathematiker oder historiker usw. vertragen, vorkommen könne, ein
einschab nötig würde.
Oberlehrer Ludwig (Ifathias-gjm. Breslau) wendet sich besonders
gegen die ausföhmng des ref. , dasz eine Versumpfung im lehrerstande
eintreten würde, wenn kein einschub möglich wäre, und führt als bei-
spiele die österreichischen gjmnasien, sowie die anstalten in Kem-
icheidt und Elberfeld ai^*, an denen das unbedingte ascensionsrecht
ohne nachteil fttr die geistige thätigkeit der lehrer durchgeföhrt sei.
er Terlangt fttr die lehrer eine ebenso gesicherte Stellung, vde sie alle
übrigen beamtcn hätten.
Dir. Heine glaubt, dasz Schmidt mit ihm einverstanden sei. würde
^e alternative gestellt: einschub oder nicht, dann müsse man sich für
einschub erklftren; das entgegengesetste sei eine socialdemokratische
tendenz, schädlich im princip; der bestehende zustand sei nur uner-
^äglich durch den misbrauch, der hin und wieder getrieben worden sei.
Oberlehrer Warschauer (Breslau) meint, es sei mitunter ein ein-
schub nötig, weil bei der anstellung fehler gemacht würden, man müsse
sor riohtiffen seit für die rechten krttfte sorgen, wenn aber an einer
^talt a.h. bloss ein historiker oder ein Chemiker angestellt sei, dann
Itpnue es vorkommen, dasz man sich nur durch einen einschub helfen
könne, auszerdem müste den kräften, die die volle facultas hätten,
gelegenheit gegeben werden, sich in allen classen zu üben, damit sie
«intretenden fallo in die lüeke treten könnten.
Dir. Heine setzt die nachteile auseinander, die ein solcher trechsel
'ler lehrer für die Schüler haben könnte; man dttrfe mit oberen olassen
Qicht 80 experimentieren.
Warschauer entgegnet darauf, dasz das experiment gewagt wer-
den müsse, weil man nur dadurch gelegenheit erhidte, auf tuditige
Jüngere kr&fte aufmerksam su werden.
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616
Fflafle ordentiiohe bauptveiMmnihnig
Rector Mover (Freibnrpl: NeiimAOS thesen seien zu doctrinär;
atelleusystem und ulterszu lagen seieo unvertr&glich und nur dann mog-
Ueh, wenn «Ue tobiilM »t««f ehoke wirwi. kl^oma conmiiiitB sonl
könn« man dies nicht smnoten. ob t» aber ftr 4i« labrer wnnscheiH-
wert sei, dasz alle Anstalten staateanstalten worden, sei fraglich; er
wolle nur an die ^verfletznngen im interesse des dienstes' erinnern.
Hichter II (Breslau) will die debatte wieder auf die Neaman-
•dMii tiiaton tnrfickfllvra; Mwk diM« toUSMea flea rimekiib nicht
aas. anbedingt sei der einschob SB verwerfen aii befrochtnngsmittlif
da er das Btrebortnm befördere, nr. 2 der thesen sei zn streichen,
auch von dem in these 4 anfgestellten maximalgehalt wolle er absehen,
man müsse dem Eufall steuern, der ungerecht wirke, eine alterssnlage
••I III fewIhreD, eüi einMbvb Bfobt iBOMr M TonMidett.
Oberlthrer Lftmpe (Ohlaa) glanbt, du« M f«l wira, wem der
Staat die commtinen , bei denen nicht immer der g«te wiUe TOfllUMdMi
wäre, zwingen würfle, alterszala^en z\i g:ewähren.
Dir. Heine: die commonen hätten ihre krät'te meist anfs äaismte
•ageetrengt; neue laete« kOanteii fhneii nor dorek ein geeett MfBr>
legt werden.
Münschcr (Jauer): ascension nur innerhalb der anstalt sei un-
gerecht, Hie müsse wenigsten» auf die ganze provins ausgedehnt werden.
Kin Schlussantrag wird angenommen.
Yof der ftbttiiBinmig erbittet sieb dir. Gnttnann (Brieg) dns wert
tu dem antrage, bei den behOrdea am yerwandlung der hilfslehrerstellea
in ordentliche zu petitionieren, der jetzige zustand sei den lehrern
seibat und wegen des häutigen wechseis besonders der anstalt sehr
nachteilig, zwar könne einmal eine solche stelle bei abnähme der £re«
quent fiMrüttteig weidea, aber daaa k9naa laaa darek Tersetsang dem
lebrer in kilfe komaeo. *
These 1 wird angeaommea.
Tkete 2 abgelehnt (trotsdem voriges jähr dnrck annabme der
Onbraaertchen thesen fast das gegeateil beseblossea wurde).
These 3 in folgender fassung angenommen:
sämmtliche fest angestellten wissenschaftlichen lehrer höherer
unterrichtsanstalten ist ein recht auf alterszulagen gesetslich
snsngestekea.
These 4 lautet aagenonuaan:
die altemulagen werden gewikrt, bis ein maxiaialgekalt tod
4000 mark eriäeht ist.
These 6 wird aDgeaommen.
Der antrag Gnttnianns wird angenommen mit dem amendement:
soweit es die örtlichen veriiältnisse gestatten.
Nach einer pause folgt öj der vertrag des oberl. Fedde (Bresian)
über das pentathlon.
Der vortragende wies nach, dasz die alten uns zwar die ö kämpfe
überliefert haben, aas welchen das pentatblea sieb aasammeaset^
nicht aber ihre reihenfolge and die bedingungen, unter welchen der
sieg zuerkannt wurde; aach Boeckh, G. Hermann, Philipp haben die
Schwierigkeiten nicht gelöst, er entwickelte dann unter benutzung der
Pinderschen monographie and anwendung turnerischer erf abrangen, dasz
anerst gesprangen wurde, and swar warde eine aeek uabekaaate
ndnimalleistung gefordert; dann mit Speeren in die weite gewor-
fen wurde, dasz dann die vier besten Speerwerfer um die wette
liefen, die drei besten länfer den discns schleuderten und end-
lich die beiden tüchtigsten discuswerfer am den sieg rangen, die
riebtigkeit wurde aa dem kistoriscken Itnfkampf des Hieroajmns
nad Tlsamenes, sowie an dem mytklsekea der Argeaantea geprüft
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des yarauiB toh lehzem höherer lehra&Btalten der pxOTiiu Schienen. 617
6) Antrag ^68 oberl. Schmidt: hinter dem ersten satz des §2 der
Statuten einsuschieben: lehrern der uachbarprovinzen ist der beitritt ge«
stattet.
HefTorgenilen wurde der oatrag diireh den wnnseh der eoUeoen
' ans Bawicz, sich nach anflörang des Posener prorinzialvereins an den
schlesischen verein anschlieszen an dürfen, wurde mit mehr als der
nötigen Vs majorität angenommen.
7) Antrag Schmidt: der y erstand wird ermächtigt, im namen dee
▼ereiBB bei dem nüniiterimn sn petitfonieren: es möge verbieten, dasa
•efafiler höherer nnterrichtsanstalten za der commiBaieBiprüfting für den
einjährig-freiwilligen dienst zugelassen werden.
Schmidt begründet seinen antrag damit, dasz es eine grosse nn>
gerechtigkeit sei, wenn es vorkommen könne, dasz tertianer einer
anetalt dies examen bestehen, während nntersecnndaner im ersten
Semester durchfallen, reep. noch ein semeiler anf der anetalt bleiben
mfisten.
Trotzdem man von anderer seite einwendete, dasz man sich über
eine solche entlastung nur freuen könne, wurde der antrae, da jenes
▼erfahren eine unbill^keit involyiefe und den ruf der schule schädige»
mit grosser majorität angenommen.
8) Badt (Breslan) beantragt mit rücksicht anf die von der hiesig^en
Stadtverordneten - Versammlung beschlossene schulgelderhöhung zu er-
klären: die erhöhang des Schulgeldes an höheren schulen ist im inter«
•eee derselben nicht su empfehlen, der antrag wird mit grosser mi^o*
rität angenommen.
9) Dir. Heine macht die mitteilung, dasz die lebensversichenin^en
den lehrem, ebenso wie anderen beamtenkategorien, 4% rabatt bewilli-
gen wollen, wenn sie sich die prämie vom gehalt abziehen lassen. —
I>er yorstand wird «imä^tigt, die einleitenden eehritte su tbun.
Die Versammlung, die durch die anwesenheit der beiden provinzial-
Rchulräthe berren geh. rath Dillenburger und reg^rath Sommerbrodt
geehrt wurde, war von 75 mit^Iiedern besucht.
Am tage vorher fand die alljährliche generalversammlung der ^lehrer-
watsen-nntersttttsungscasse' der provins Sehlesien statt aus dem Jahres-
bericht heben wir folgendes hervor:
Am 1 april 1877 betrug die zahl der mitglieder 583; von diesen
starben 5; 3 hinterlieszen 10 unter8tütznng>sberechtigte kinder; aus-
schieden 10, neu traten ein 24; gegenwärtig also 292 mitglieder.
Yertieherte kinder am 1 april 1877: 878. im ersten lebensjahre
Starbeii 4; schieden aus ans Jahrgang 1857: 5, in folge des todes des
Täters 10; neu traten hinzu 35. jetzt versicherte kinder 364, und zwars
geboren 1867—62: 25, 1863—67: 61, 1868—72: 123, 1872—77: 155.
133 mitglieder haben kein kind versichert; 1 iiiud haben versichert
80 mitglieder, 8 kinder 46 mitglieder, 3 kinder 41 mitffUeder, 4 kinder
10 mitglieder, 5 kinder 12 mitglieder, 8 kinder 1 mit^ied.
Die einnähme betrug a) beiträge 3610 mark, b) gescbenke 3 mark,
c) Zinsen 295.40 mark.
Ausgaben: Unterstützungen 900 mark, porti usw. druckkosten 39.30
mark. ;
Ueberschusz 2869.10 mark, dazu der reservefonds 8310.82 mark,
beetand jetzt 11179.92 mark und ein S'/tVo Pfandbrief über 600 mark.
Ausgeschieden sind seit gründung der casse 1875: 7 bei ihrer pen-
sionierang, 4 bei ihrem übertritt in andere lehrerstellungen, 6 gestorben
(2 ohne kinder, 4 mit hinterlassung von 18 unterstfitsungsbedttrftigen
hindern). •
Kinder schieden aus: 8 gestorben, 8 im 21n lebensjahre, 6 bei dem
austritt des vaters, 13 bei dem tode des vaters.
Der vorstand blieb derselbe.
Anf grund der gemachten erfahmngen sah sieh der yorstand ge-
N. Jahrb. f. phiL «. p&d. U. abt 1878. hft. 12. 41
». k)u,^ jd by Google
618
Bttudrtiifiiiiff.
nStifft, eini^ statutenftndeningen voriujchlagen, di« aach sagenomaea
Warden, die weientliehetea Isaien:
*Wer sieht bei eeiner deflniliTeB aaetelhiiif initfBed der eane g^ i
worden ist, hnt, wenn er tplter kinder Tersichem will, ein ärstlichea ge-
BundheiUetteet beisnbring^en nnd die mitgliedsbei träge von dem kalender-
jähre geiner fetten MUteUnng mI| doeh aieht über 1876 hinaoa, nad^-
sosAhlen.*
Vm Jahr» ISff wm toll Mm wwnkknmag voa kteteB aiflit »
IlMif mIb , wenii der Ttlcr «nt aneh Tolleadinf de» 6ta lebeovabmi
der eatie beHrtle« wIlL
BmiSLA.ü. Gustav Ubalab.
In dr>m berichte über die pädegog^sche section der Geraer philo-
logen-versammliing (jahrbücher für pftdagogik 1878 heft 11) ist nach-
stehendes SU berichtigen; im übrigen wird auf den wortlaat der dcar
allohet ereeheiaeadem Terbaadhuigea der Geraer pkUologea-veniw
lang verwiesen: 0
8. 661 z. 10 ist einsnschieben : 'zu 1 betonte er nach verschiedenen
Seiten den wert der composition and die notwendigkeit der gramnatik
für die lectüre. aa 2' (machte er folgende ansfühniagen usw.).
e. 661 St— St iet aa ▼«bewefat 'Uhr demuarbeitea wird der
text erst dentsch dictiert and niedergeschrieben ... in prima wird i
der deutsche text während des dictierens sofort griechisch, aber
erst in das anreine niedergeschrieben . . . der schäler gewinnt einer-
seits schlAgfertigkeit, behält aber dann seit snm revidieren and
aachdeakea.* (HB. die weile 'aotierl* aad 'repetierea' atd |
falsch gehört and geben keiasa eian.)
s. 662 z. 10 ist zn verbessern: 'denn sie stöbern sonst leicht aei&-
gierig schon in den fehlem der nächsten sätxe hemm.'
s. 662 s. 31 ist la verbessern: 'ein geeignetes sasammenhängea-
4es graiamatiiehee pearaas* (■tatt 'aeaeatee*). I
s. 662 E. 36 ist la Terbessem: 'die abitaiietttenarbeiftea Udm
meist befriedigend, zum teil gat aas.'
s. 663 z. 33 ist zu verbessern: 'es bandelt sich in secunda haupt-'
sächlich am die einübung der casus - und demnächst der modaslebre;'
4aia reicht das baeh tob Graber, la prima das tsii SsTffert mxu: \
99.
BERICHTIGUNG.
WiTTSTOOK.
^ cd by Google i
Philologische programme deutscher höherer lehranstalten. 619
(16.)
PfilLOLOOISCHE PBOGBAMME D£UTSCH£E HOHBREB
LBHBANSTALTEN.
(fortseUuBg.)
Halle a. d. 8. vereinigte Halle-Wittenberger Friedrichs-universität.
der index lectionum für das Wintersemester 1875/1876 enthält die von
Heinrich Keil als rector der Universität gehaltene kÖnigsgebartstags-
nde de Chrittophori Cell«rii «it» et stndiis. 8 nMh einer
dnleitoBg Uber die gute gewohnheit, an den Universitäten patriotisehe
festtage des Vaterlandes auch zu feiern, kommt K. auf den gegenwärtigen
feiertag zur ehre des erhabenen kaisers von Deutschland, des förderers
von kunst und Wissenschaft innerhalb und ausserhalb der grenzen seines
feiehs, und drlltkt im namen der oniTenitttt die fibliehen wfinieht für
heil und woUergehen des kaisers und königs, des engern nnd weitem
Vaterlandes aus nebst dem gott für seinen bisherigen reichen segen ge-
bührenden dank, darnach findet er einen Übergang zu seinem gegen«
Stande, der darstellnng des lehens und der Studien des ersten professors
elomentiae der naiTenitEt HaUe, des Chiistoph CSellarins, der also des
jetsigen ständigen festrednen H. Keil voigSager auch in dieser riehtmig
ist. er schildert zuerst in groszen zügen das leben des Cell, vor seinem
anfenthalt in Halle. Cell, ist geboren 1638 in Schmalkalden, als söhn
eines Superintendenten, seine Jugend hei also in die letzten Seiten des
dreiszigj ährigen kriegs. er widmete sieh sehon von früh an den wissen-
schaftlichen Studien und Ewar allseitigen Stadien, studierte in Jena und
GiesBen sieben jahrf classische und semitische philologie, dann auch
mathematik und philosopbie, endlich theologie. lectUre lateinischer
aatoren und ausbildung des lat. stils war sein hauptstreben, dann trat
er ins lefaraut, begann in W^Miifoli, leitete darauf naeh einander die
Gymnasien cn Weimar, Zeiti, Ifersebarg. von hier ward Cell, nach
Halle berufen an die dort neu gegründete Universität, nachdem er 26
jähre der schule als lehrer und leiter gedient, er nahm den ruf an und
widmete alle seine kräfte und reichen kenntnisse der Universität, die
in den ersten jähren mit sekwerea bedriagnissen sn kämpfen hatte,
zunächst hatte Cell, seine reiehen geeehäfte bei der einrichtung, dann
bei der einweibung, die in gegenwart Friedrichs III am 1 juni 1694
vollzogen ward, hier hatte er im namen des akadem. Senats den dank
für die gründang der Universität dem fürsteu darzubringen. K. charakte-
risiert dio damalt gelialtene rede Bibar und knfipft daran eine knrse
besprechnng der rede, die Cell, bei der gratulationsfeier zur erbebung
Brandenburgs SlUn konigreich Preuszen hielt, beide reden enthalten
gedanken, die man auch heute noch mit gleichem rechte über Preuszen
zu dessen lobe aussprechen könnte vgl. bei Keil p. Y, wo dies auch ge-
sagt worden« weiter beinrtoht nnn K« dae doppelt« amt» das Cell, an Ter-
walten hatte als prof. etoqaentiae und historiarum, nnd seine thätigkeit
in diesem zweifachen amte. die professur der eloquenz bezog sich auf
die römische litteratur und altertümer und auf die rhetorik, und es
gehörte da^u auch die lesung römischer autoren; die andre professur
enlreekte sieb auf die ganze Weltgeschichte, andi ein ooUeginm
poUtiomm Uteramm oder elegantioris literaturae hielt Cell, ab, in wel-
chem zukünftige lehrer und directoren in der ihnen so nötigen metbode
unterwiesen wurden, es entsprach dieses collegiura also etwa unsern
heutigen Seminaren, doch hatte Cell., freilich nicht durch seine schuld,
keinen besondem erfolg bei diesen Übungen, aneh seine eollegien waren
schleeht besucht, der schleehte ooUegienbesach in den pbilol. Vor-
lesungen seheint eise bereehtigte eifentOmliehkeit von Halle, die sieh
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620 Fhilologiache programme deuticlier höiierer lehcanstalten.
diese Universität seit ihrer gründang m bewahren gewoazt. a& die
Mdribigt TolIen moditorien in Berlin (bei Haupt, Bo^kh, IflOleiihoff,
Mommseo, Kirchboff und andern) und in Gottingen (bei Saoppe, Wachs-
routh, Müller) gewöhnt, erstaunten wir jüngst bei einem besuche in
Halle mitten im somester die vortreflTliche Vorlesung von Dittenbereer
über Demostheneä kranzrede von 16—20, die Vorlesung von Keil über
die IUm Ton etwa 80 ttadenteB bemielit sn mhnu wosa aber beeodiM
denn die herrea etodierenden die udversitll, wenn sie die ihnen gs>
botenen vorlcsung^en nicht benutzen wollen? auszer seinen vorlesnogen
lagen auf Cell, eine fülle von anderen gescbäften, obenan die der
akademischen beredsamkeit, and diese waren gar sehr bedeutend, dsza
kam aneii die abfaaiung der «niTenititsprograHnie und die aerge für
die oniTenitätsbibliothek, von ihm rühren anch die nniversitätsgesetze
her. zum schlusz bespricht K. des Cell, litterariscbe thätigkeitf die sich
auf sehr disparate gegenstände der Wissenschaft erstreckte, wir unter-
lassen es aus maneel an räum hierüber ins einselne au gehen, gestorben
Ist Oeil. 1707. eadlieh fiuat aoeii Kell fai einem eeiilnsmnieile die gs-
■ammte hohe bedentang dee geschilderten gelehrten zusammen und
kehrt wieder zum anfange zurück, die guten wünsche für könig nnd
Vaterland erneuernd und zur treue und liebe gegen den kaiser und
könig ermahnend, eine beurteilung der vortrefflichen rede KeUs, die
vna das bild eines boebverdlenten maanes lebendig rorsei^et vatä
ihm damit ein wolverdientes denkmal unter uns setzt , haben wir voa
der kundigen meisterhand K. Rursians in dessen jahresbericbt U 1, 41.
Halls A. D. S. lateinische haaptschule. 15 classen. 25 lehrer. -— Ab-
handlung des Oberlehrer Frahnert: sam sprach gebranch des Propertios.
86 s. mit dem motte: aalnraa seqnitnr senuna quisqne avae ans Propert.
lY 8, SO (nach Hanpt IV 8, 80) befinat die abkaadinng. sie erioneit
an die seit einer reihe von jähren begonnenen zusapimenstellangen über
den Sprachgebrauch einiger lateinischen autoren als vorarbeiten für eine
wfinsiüienswerte gesammtsyntaz und will auch ein beitrag sor fordenutg
der absinkt sein, indem sie den sprachgebranek des Prep, in anwenliBf
des sapinum, genandium, gemndimm nnd partieipiam ÜMtsustellen
Sachen will, nun gibt vf. methode und ziel seiner arbeit an, nicht ohne
die notwendige begründung gerade der von ihm gewählten weise der
anführangen. er will nicht nur das bei Prop. vom gewöhnlichen eluai- i
sehen gebnmebe abweiehende aufführen, sondern noch, was der diehter
mit der spraebe der classiker im gebrauche d«r verseiehaeiea fonsss
gemein hat. zu bemerken ist, dasz er die belegsteilen nach der von
der Lachmann-Hauptschen in der Zählung der elegien im dritten nod
vierten buche abweichenden ausgäbe von Lncian Müller (Leipzig 1870) >
anführt, mit s. 2 beginnt die aafsfthlong der einseinen stellen, sMit
deijenigen fürs supinnm, deren nnr swei sind, dann deren IBn gsnin-
diom, das sich bei Prop. 15 male finden soll. Fr. stellt die veiha so- ,
sammen, von denen Pr. das gerundinm braucht, dann die formen, in wel-
chen er es anwendet, sowie die Verbindungen, in welchen es erscheint
daranf geht er zum gerandivum über, das er in 57 stellen bei Pr. gs* i
fanden nnd findet, dasa wie beim sup. und beim gemndlnm, im all- |
gemeinen die verwendang dieser form bei Pr, mit der sonst gewöhn- |
lieben übereinstimmt, auch hier steht die person, die etwas thun soll,
mit einer einzigen ausnähme, im dativ, auch hier hat die negierte form
nur die bedeutung des 'darf*, wieder werden die rerba verseiehsst, |
Ton denen cemndiTformen voricommen, es folgen dann die belegsteUm-
mit 8. 4 begumt Fr. von den partlelpien an bandeln, ihre sahl ist legioo.
er citiert zuerst die sämmtlichen part. praes. activi bei Prop. mit ihres
belegstellen s. 6 — 11, woran sich anhangsweise ein Verzeichnis dermis
der bedeutung mit den substantivisch gebrauchten part. praes.
lUinlieken snbst. anf tor» triz sehUesBen s. 11^18. dann folffsa dis
Partie, fat aetivi e. t8^U mit einem anbaufa der elaUen, an dsom
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Philologiflcbe programme deutscher höherer lehraostalteu. 621
tUth Pirop. der sogen, ooniagftt. peripfar. beSieat, •. 1^15; daran
•Älieszen sich die participia perf. paia. s» 16—84, woran er wieder ein
Terzeichnis der gabst, häng^, welche man als ursprüngliche neutra von
part. perf. pass. ansehen kann, s. 34 — 36. — Offenbar ist es eine sehr
fleiszige arbeit, die in diesem programme veröffentlicht ist, und gewis
hat die saaunlnng der elellen dem rt vieie seit und mfilie gekostet»
ist die SMBttlnng vollständig, woraufhin sie von den Propertiusforschern.
und den grammatikem der lat. spräche zu prüfen ist, so können aller-
dings aus ihr unter vergleichung mit Sammlungen aus anderen Schrift-
stellern resultate sich ergeben. Fr. hat sich begniia^t nur seine samm-
langen ronrelegen, ergebnisse für die benrteilmig der Stellung des Pr.
in der röm. litteratur hinsichtlich der Verwendung gewisser fonnen der
spräche hat er nicht mitgeteilt, vielleicht sucht er solche zu gewinnen
and legt sie in einem spätem programme der gelehrten weit vor.
Zesbst. herzogl. anhält Frauzisceum. 13 classen. 20 lehrer. <—
Abhandlnng des gymnasiallehrer dr. Fr, Warmbald: beitrSge aar
EoripideisAen ethik I. 20 s. eine reeension der abbandlangen ist ans
bisher (26 august 1876) nicht bekannt geworden. W. überschreibt den
ersten abschnitt *'die familie' und behandelt zunächst den seit den
Perserkriegen in Athen auf allen gebieten des geistigen lebens all-
mähliob und anfangs nnmerUüeb ^getretenen in seinen folgen fBr
Athen (und, fügen wb hinza, yeranlaszt dnreh nnsete eben im gange
be&ftdliche beschäftigung mit der gescbichte des Untergangs der griech.
freiheit durch Philippos von Makedonien, für ganz Hellas) verhängnis-
vollen d. i. den ruin herbeiführenden Umschwung, das athenische volk
fordert naek den Perserkriegen die politisobe Stellung die es glaubte
▼erdient an baben, und snebt sie mit gewalt za erringen, belege der
Tolksstimmang aus Eur. werden angegeben, den kämpf der parteien
in Athen schildert W. im anschlusse und auf grund Earipideischer
stellen, den kämpf der parteien, wie er zu des grossen Penkles zeit
statt hatte. Eur. bekennt deh an den grundaitsen der atheniseben
dsmokratie (die freilich eine bessere war als die dentsohe von 1848).
weiter zeigt vf. den Übergang der demokratie zur Ochlokratie, der
Schwester der sogen, demokratie von 1848. Eur. stellang zu dieser
wirthschaft wird von \V. aus einem fragmente gekennzeichnet, weiter
wird gezeigt, wie auch auf socialem und religiösem gebiete die beiden
Parteien im kämpfe ersebeinen, und ihr kämpf geseieiinett alles naeb
Suripides. die göttersagen und das durch sie den gottem angehängte
unreine ward einer kritik unterzogen von selten des einsichtsvollen
teils des publicums. Eur. ist einer der Vertreter and der haupts-
precher dieser kritik und W. zeigt ihn uns üi dieser eigenschaft and
thitigkeit. die kritik, von eingeben anfängen ausgebend» ward immer
kfibner, sie sobritt bis zum sweifel, ja der leugnung der exlstenz der
vom Volke geglaubten g5tter; dies durch Anaxagoras, und anaxagoreische
lehren trägt Eur. vielfach vor. weiter spricht W. von dem schaden, den
auf sittUcbem gebiet die philosophie anrichtete, die Wirksamkeit der
Sophisten mit ihren alle sitfeliebkeit gelUirdenden lehren wird ins liebt
gesteUt. weiter geht W. aar darstellung der solcher förderang der
sittlichen Verderbnis und ihren nur zu schnell zu tage tretenden folgen
gegenüber von den patrIoten Athens genommenen Stellung, verschiedene
versuche, dem verderben zu wehren. Euripides und Aristophanes in
thätigkeit gegenfiber dieser veideibnis. W. hebt hervor, dass audb
jßur. nicht einzelne tragödien, sondern zusammenhängende tetralogien
auf die bühne gebracht habe, eine ansieht, die doch wol manche an-
fechtung finden wird, wenn man an die durch Sophokles eingeführte
Swohnheit des öpA^a irpöc bp&^a dtuiviZecOai denkt. W. bekämpft
B einselaoffassung des Eur. trag^dien und meint aus der seiner
meinung nach von den gelehrten irrtttmli<dier weise beliebten lösung
der tragüdlen aus ihrem tetralogischen ausanunenbaage die verschiedenen
622 Philologische programme deutscher höherer lehranstalten.
maA tfaaiMUr wMmpradMiidaB «rtoO« der toiebw Aber Sur. ei^lim
m können, wir furchten« «r befindet sich hier auf einem irrwe^, wir
bezweifeln tetralog^ische composition bei £ar. durchaus, obschon ja un-
lengbar der dichter manche Stoffe und fabeln in verschiedenen dramen
behandelt und swar nach yerschiedenen einzelabteilungen. alles bis-
beris^e gilt W. ale einleitang, anf e. f trwibnt ^er im dem Bor. ge-
mnelileB ynnmthf m bnbe dmh TtrUndtgraf einer leicblfertigeB
moral Tiel mit sur demoraUsntion seiner seitgenossen beigetragen,
diesen Vorwurf will W. auf seine bcrechtigung untersuchen durch eine
allgemeine entwicklunpr seiner ansichten Uber Sittlichkeit und eine
darl eguug seiner ansichten über die familie. im al^emeinea teile
tagt er snerel: werin beetehft nnib Bor. dto iftHieUkel«. ein bnnikt
nnf der richtigen erkennlnie nnd anffasenng der Stellung des meneebm
SU den göttem, den nebenmenschen, den geschöpfen niederer gattun^.
dies sucht W. als Eur. ansieht zu erweisen, zur rechten erkenntnis
und auffassung bedarf es eines klaren, nüchternen, von leidenschattea
nabeheiligten yerstandea, es bedarf der cuxppoctjvri , wdelie die vw-
biltaisee rieblig nnffninl nnd der geweanenen erkenntnie gemKn bw-
delty aerolich fittpflirc» die reeble mitte wihlend. den göttem gegea-
fiber wird die CUxppocOvfi, (der allgemeine begriff der Sittlichkeit, zum
Bpcciellcn der €Öc^߀ia, der frömmigkeit. beide begriffe erscheinen neben
einander sich ergänzend, aber auch sjnoDjm gebraucht. W. bespiidit
die doppelte nrt der Ineieniag der cdc^ßeta, wie lie aieb aaeli
dnrüeut. die belegsteilen ane den iMgjMien für die einaelnen sa-
schauungen sind zahlreich gegeben, weiter werden die beziehungen
snm nächsten und die sich daraus er^j^ebenden pflichten nach Eur. er-
örtert, der mensch musz sich stets gegenwärtig halten, daaz er ein
mensch ist. das dv6puiitoc div toOt' {c6t Kol ^^vr|C* d€i klingt in nllsn
feuerten nue £nr, diehtnngen wieder« nneb eoleben terbemerknufm
kemmt dann W. inr dnreldinng der äuszerungen der ciU(ppoaVvi) im j
yerhältnisse zu den nebenmenschen, im bürg'erlichen leben, hier zeigt
sieh die ctü(ppocuvTi nach Eur. als cocpia, dv6pia oder 6uav6p(a, öiKaiocuvT]
nnd €U>9pocüvi) im besondern als einzeltugend d. i. als mäazigkeit im
gennme. dieee vier tugenden werden nnn Ten W. eingebend neA*
gewiesen als nneb £nr. die rechte Sittlichkeit des menschen im bärger-
liehen verkehre sur erscheinung bringend, dabei nnterläszt vf. nicht, i
die einzelnen tugenden ihrem begriiTe nach genauer zu bestimmen und \
nach ihren verschiedenen äuszerungen zu charakterisieren, alles natüi-
liob, wie es das thema mit sich bringt, in reicher belegong durch stellen
an» Eniv beionderf die tagmente eind etnrk anegebentet, was ja nicht
verwundern kann, da die sahlreieben citate ane Enr. doch wol nm
S rösten teil wegen ihres ethischen gehaltes gemacht sind und gerade
ie Sentenzen, an denen Eur. dramen bekanntlich so reich sind, heraas-
cenommen haben, über die besprechnng der vier erscheinungsformen
der cttfqjpociüvT) im bürgerlieben leben kommt die arbeit Ton w. nicht
kinaus. dUselbe beruht anf fleiszigen Studien dee Eur. , verständiger
einsieht und tüchtiger philosophischer TOfbildung. wir glauben im inter-
esse der Wissenschaft den wonseh anmepreehen, daea W. die fort* 1
eetcong bald folgen lasse. I
(fortsetzung folgt.)
Babtkmsteih. H« K. BmOESH«
I
I
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IHHALTSVERZEICHNIS
JUexi: das höhere unterrichtsweBen in PjreQBzen. die inneren Wider-
sprüche in der jetzigen organiBotion desselben OBW. Gütecsloh 1877.
{Zoeller.) s. 440.
Altes und neues in der sehnte. I. (Fahle.) s. 1.
Bender: grundrisz der römischen litteratargQsohiohte für gymnasien.
Leipzig 1876. (Benicken,) s. 535.
Betiolitigimg. (Oro$9*r,) a. 618.
Bibli«Chak»slflche wünsche. {N,) s. 848.
Brehme: grammatik der deutschen spräche für obere classen dwiteehet
schalen in Ruszland. Petersburg 1875. (ffölbe.) s. 477.
— elementargrammatik der deutschen spräche für untere classen
dttatoctber flokttlea in Rnsiland. P^tefsborg 1876. (HÖlbe.) s. 477.
Deutsche gesellchaft, mitteilungen derselben zur erforschung vaterlän-
disoher spräche und altertUmer in Leipzig. VI band. Leipzig 1877.
{TrmOmamn,) «. 474;
Bnmika: leitfaden für den Unterricht in der geogniphi« ftn bShaiMti lehr-
anstalten. Bonn 1877. (0.) s. 307.
üuncker: ans der zeit Friedrichs des Gr. und Friedjr. Wilhelms III usw.
Leipzig 1876. {PrÖMe.) s. 34.
Müendt-Seyfferty bemerkungen zu deren lat^nischer grammatik. {Fene^
diger,) s. 23. 88. ' ^ ,
SrUtoing. {Koyser.) 8.512. "
Erklllrang, «ntwort auf die TOiige. (CFed^Ardi.) s. Mi.
IWes: Job. Cbfistoph Von' Held, ein lebensbild. le u. 26 abteiluug.
1875 n. " 1876. {Eügmer,) 8. 87.
desenius: hebräisches und cbaldäisches handwörterbuch. 8e aufl., neu
beaorbeitet tob imUm nnd Fblcft. le bilfte. Leipzig 1877. (SiMuk.y
8. 33.
Goldberg, die lateinische schule daselbst. (Radtke.) s. 98. 161.
Goethe, zu zwei stellen aus dessen werken. {Sekrwald.) s. 352,
Goethe, zu dessen Götz von Berlichingen. {Sprenger,) s. 407.
Qoetbe, fen' dessen diisbtting nttd wibrbelt \zUgler,) s. 549.
Grammatische flexionen der spraebe nnd legiseb-xationale erkUbnuige*
weise derselben. {Hermann,) s. 519*
Griechen, deren classische bedeutung. schulrede. (Vogel.) s. 409.
Griechisches verbum, die einübung der coiyugation desselben. (Voll'
brecht.) s. 569.
ttabenicht siehe Seyfferi.
äeraeysi Homerisches eiementarbuch zur einfUhrung in die Homer-
Teotttre. Berlin 1876. (Fbühreeht,) s. 155.
Herder siehe Suphan,
Boche: lateinisches lesebnch. le abteilnng. für die quarta der gym-
nasien und die mittleren olassen der realeobalen. Leipzig 1871.
(Ludwig,) s. 467.
— Wörterbuch zur ersten abteilnng des lateinischen lesebuchs usw.
(Ltidwig,) 8. 467.
Boche: dentsebes lesebnob siebe SekmigtAiirg»
624
jntgent: etjmotogitehet lehnwörUrbaeh der deultelieii ipraelie. Bra«h
Mhwelf 1877. ( JAUbr.) «. 408.
KarUfohole, die ehemalige. {BoUeher.) s. 17.
Kti^Mr: dM Q. Hontiiu Flaeeiis öden und epoden, tezt und übenetBin^
gen mit erlSaterangen. Tfibingen 1877. {Gebhardi.) b. 385.
^ Sophokles Antigoiae, im d««tMh0 ubertngMi. Tähingen 1878.
{Gebhardi.) s. 898.
Kotier: die alten lieder des Q. HoratiiM Flaeeu im nenen ge wände.
Wfinbarg 1877. {QMmM.) ■. 198.
KUmcke: aufgaben tarn übersetzen aus dem deutschen ins lateuiisehe
für ohere classen. 2e aufl. Berlin 1877. [Gebhardt.) s. 240.
— übuDgen zum übersetzen ans dem deutschen ins lateinische für
nntersecnnda. Berlin 1877. {Gebhardi.) s. 240.
KlopeliMk, n d«MB 1ifi«hi«ihMl. (£P#iilfiii.) i. 48.
Klopttoekiana. (Bobidii.) t. 448. 478.
Krowiayer: leitfaden für den geschicbtsnnterricht in den oberen claasen
der gymnasien und realscholen. teil II und III. (Berndt.) s. 542.
Kmiat und kunsihistorische bilderbogen (von Seemann) im gjmn&aium.
(Menge.) », 168.
Kmnen: die deutschen classiker erlftntert und gewürdigt usw. Ir bd.
Schillers Teil. 2r bd. SchiUera Juffraa woa OrlMOe. Kola 1877.
1878. (Ruland.) s.
Kühner siehe Scfwnbom,
liateinisclier elementarnnterricht, methode desselben auf dem gymnaginm,
(/n«.) s. 217. 313.
Lateinisehe spreeb* mid loliiallillbaiigM «iif gnmdlage dar laetBre.
(Schmalz.) a. 688.
Lfisings Minna von BarabaUa, politfieha badaatang daiaalbaa. (^«a-
berger.) s. 600.
Leuekart und I\iiizsche: zoologische Wandtafeln zum gebrauche &n uni-
TaniaieB nad seholea. Cassal I8V7. (Ate.) b. 808.
Mühlau siehe Getenius.
Mager: dr. Georg Caspar Haager, wail, raetor des gyaiaasinms bei
8t. Anaa In Augsbarg. V8ialiagaa 1878. (Peter.) s. 96.
Möller: Übungsstücke zum übersetzen aus dem deutschen ins latein. für
quarta und tertia der Gymnasien. Berlin 1876. (Voübrecht.) s. 425.
Mömnich: aus wähl deutscher aufsätze und reden ff. 2e aufl. mit einem
aabaaga, anfbaltand ariftvtarnagsa and ergänzungen an dan aiaaler-
f tfiakao. baailiaita« van Plamek. Haidalbwf 1878. {Krmk) s. 808.
JüKMiete sieba Lerndtmi,
Noataa lebalastiaaa. (dia bfldnag des jaagaa pbüalogaa.) a. 881.
Orthographische conferenz in Berlin, kritische bemerkungen zu deren
leseblttssan. (Didolff.) s. 76. 187. 1T8. 858.
Peraonalnotisen. s. 118. 215. 310. 455.
PImA siebe MömdelL
Ad popnlnm Germanicum. (Koldewey.) s. 308.
Programme. (Benickeru) s. 166 211. 310. 354. 450. 505. 619.
Programme mit und ohne wissenschaftliche abbandlung. (Campe.) 8» 408.
Programmfrage, zu derselben. (Stammer.) s. 612.
Religionsunterricht, zu demselben auf der stufe des obergymnasiaBa.
über religion, Offenbarung, heil, schrift. {Mezger.) s. 65. 121.
Religionsunterricht, behandlung desselben in den obersten gymnasial-
alassan. OUMer.) s. 888.
Rothert: der kleine Lirins. für mittlere gjmnaaialalassaQ. eiales bell.
8e aafl. osw. (i^idip^.) s. 487.
. ^ cd by GüO^i
Inhaltsverzeichniß.
625
Schauenburg nnd Hocke : deutsches lesebuch für die oberclassen höherer
schulen. 2e aufl. Essen 1874. {Victor.) s. 2Qi.
Schillers Verhältnis zum classischen altertam. ein Vortrag. (ScMrlitz.)
Schmarsau}: Leibniz und Schottelius. Straszburg 1877. s. hüL
Schmelzer: die überbürdung auf den höheren lehranstalten. Leipzig
1878. 8. 434.
Schmidt: das grosze königl. preuszische wappen ff. mit histor. heraldi-
schen erläuterungen. Breslau 1877. {Nasemann.) s. 210.
Schönborn: lateinisches lesebach für die quinta höherer lehranstalten.
lateinisch- deutsches und deutsch -lateinisches lexikon. lle aufl.
besorgt von Kühner. Berlin 1877. {Nieländer.) s. 429.
Schale, altes und neues aus derselben. {Fahle.) 8. Ll
Schule, die statistischen anforderungen an dieselbe usw. (Eiselen.) s. 457.
Schulgeschichten, speciale, desiderien deren abfassnng betr. {Koldewey.)
8. 52fi.
Schulrede, (die Qriechen — das classische volk.) {Vogel.) s. 409.
Schulrede, (die politische bedeutung von Lessings Minna von Bam-
helm.) (Boxberger.) n. 600.
Seemanns kunsthistorische bilderbogen s. kunst.
Seyffert und Habenicht: palaestra musarum etc. teil L der hexameter
und das distichon. Halle 1877. {Straumer.) s. äL
Shakespeare, zu dessen Macbeth. {Jäger.) s. ZSil»
Statistik in der schule siehe schule.
Statistik der Schulbücher siehe schulgeschichten.
Stier: material für den mittelhochdeutschen Unterricht auf höheren lehr-
anstalten usw. 4e aufl. Leipzig 1877. {Zurborg.) s. 344.
Suphan: Herders sämtliche werke, band L 2^ Berlin 1877. {Persch-
mann.) s. 297.
VhUle: der Römerbrief in der gymnasialprima. Leipzig 1878. {Pansch.)
8. aaa.
MJrlichs: briefe an Schiller. Stuttgart 1877. {Boxberger.) s. 644.
Varnhagen: systematisches Verzeichnis der auf die neueren sprachen,
sowie die Sprachwissenschaft überhaupt bezüglichen programm-
abhandlungen, dissertationen und habilitationsschriften usw. Leip-
zig 1877. {Klustmann.) s. 346.
Versammlung, zweiunddreiszigste, deutscher philologen und Schulmänner
in Wiesbaden 1877. {Otto.) s. f£L 103.
Versammlung, dreiunddreiszigste, deutscher philologen und Schulmänner
in Gera 1878. {Weise.) s. 485. 549.
Versammlung, fünfte, des vereine von lehrern höherer schulen in der
provinz Schlesien. (Dzialas.) s.
Volek siehe Gesenius.
W^arschauer: Übungsbuch zum übersetzen aus dem deutschen ins latein.
für quarta nsw. Jena 1876. {VoUbrecht.) s. aäL
— Übungsbuch zum übersetzen aus dem deutschen ins latein. für
tertia usw. Jena 1876. {Vollbrecht.) s. 337.
Weiler: lateinisches lesebuch aus Livius für die qnarta der gjmnasien
usw. 9e aufl. Hildburgbausen 1875. {Ludwig.) s. 467.
— Wörterbach zu dem lesebuch aus Livius. 3e aofl. Hildburghaasen
1872. {Ludwig.) s. 467.
Wesener: lateinisches elementarbnch. erster teil (sezta). Leipzig 1878.
{Heine.) 8. 609.
NAMENSVERZEICHNIS
DU AH MMBK MäXDM BBniUQm MITAmBBmUU
Bbhiouv, dr., ord. lehrer am gyiiuiMiiim in Bartenstein. 8. 166. 211.
310. 354. 460. 506. 535. 619.
Bbbhdt, dr. prof., stndiendirector der k ad ettenan stall in Dresden, s. 543.
BoxBBBGxm, dr.| oberlelurer, s. z. in Strehlen bei Dresden, s. 644. 600.
CAim, dr. prof., diMCtor dM gymnuimmB ta Ordfeiiberf. t. 406.
DiDOLPF, dr., gymnaUmllehrtr, s. s. Ia Manaweiler bei Düren, i. 76.
137. 179. 266.
Dbialab, dr., oberlebier am St. JohBnneigyinnBBinm in BreftUn. 8^614.
Emslbb, dr., direelttr der realichnU eret« Ordnung in Frmakftnl aJL
8. 457.
Edssbbb, dr., profesBor am fymnaaiam in Wfirabnrg. s. 87.
VämtM, dr.« professor aai ÜMieBgyBnasium in Potea. s. 1.
Fuss, dr., obeildirer am gymnuiun in Barmtii« t. 917. 818.
Obbhaboi, dr. , Oberlehrer am gymnasinm in Meseritz. 8. 199. 240.
385. 398. 564.
Q90§9mMf dr. prof., director dea gymnasioms in Witts tock. s. 618.
Hnn, dr», ord. Mwer mb gymnadnm ia WeivealNurf. 609.
HuM, dr., oberlahrer aa der foHbildoofneliale ia Laipaig. a. 80S*
Haaiiaav, dr., profeasor aa der oaiTertft&t Leipaig. a. 518.
HoLanur, dr», profeaaor am gjmnaaimn ia Yerdea. a. 48. 448. 479.
HöLsa, dr., in FafanliBrg, a. 477.
Hteaona, dr., pvDfleaaor am gywmaaiwnt Ia Herford, a. 17.
JXaxB, dr., profeaaor dea Friedrieli-WiUielBiagTmaaainma In Cöln. 8.361.
KaTSERi dr., profe88or am gymaaalara in Tübingen, s. 512.
Klusbmamn, dr. , ord. lehrer am gymnasium in Gera. s. 346.
Koldbwby, dr., Oberlehrer am gymnasium in Wolffenbüttel. s. 308. 62fi.
Kbaut, professor am theol.-pbil. seminar in Schönthal. s. 206.
Lunwxo, dr., Oberlehrer am realgymaaelam Ia Elaeaaeli. 8. 467.
. K| ^ cd by Google
MameniTeweichniit der mitarbeiter*
Ifaacn, dr«, ord. lehrer mm gymnasinm in Eisenaoh. s. 169.
HiBOBB, prof., ephoniB dea theoL-philol. seminm in SchönfthaL
s. 66. 181.
MüLLBBy dr., profeMor mm gymnaiitim in Göthen, s. 408,
Nasemann, dr. prof., director des stadtgymnasinms in Halle, s. 210.
NiBLiÜNDBAy Oberlehrer am gymnuäium in Schneidemühl. 8. 429.
Otto, Oberlehrer mm gymnasiiim in Wieebsden. e. 60. 108*
Pansch, dr. , ord. lehrer am gymnasium in Rendsburg, s. 333.
Pebschmann, dr., Oberlehrer am gymnasium in Nordhaasen. s. 297*
PsTBB, dr. prof., consistorialrath in Jena. s. 96.
Pböhle, dr., Oberlehrer an der Luisenitädt. realechule erster Ordnung
in Berlin, s. 84.
Rabtbb, dr., obeilabror am gymnarinia in Plan. a. 98^ 161.
BiBDEB, dr., Oberlehrer am gymnaeiimi In Qnmbinnen. a, 880.
BviiABP, dr., krelaaelmUnapecloB in Kempen, a. 808.
SoaxBUTB, dr«« Oberlehrer am gymnasium in Nordhaoaen. s. 268.
SoHMALs, dr., Professor am gymnasium in Mannheim, a. 588.
Sbbbwald, dr., in Eisenaah. a. 862.
Spbbbobb, dr., in Göttingea. a. 407.
Stammeb, dr. , Oberlehrer an der realaehvle erater oidnnng in ]>aaael-
dorf. 8. 612.
Stback, dr. prof., proreetor der königL realacbule erater Ordnung in
Berlin, a. 88.
8TB41T1IBB, dr., profeaaor am gymnasium in Chemnita» a. 81.
Tbautmanb, dr., privatdocent an der Universität Leipzig. 8. 474.
Ybbbdiobb, dr., Oberlehrer am gymnasium in Spandau, a. 88. 88.
ViBTOB, dr., director der altatftdi realaduile erater ordnnng in Dreaden.
a. 804.
YcoBL, dr. protf rector dea Nieolaigynmaainma in Leipsig. a. 409.
VoLLBBBCHT, dr,, Oberlehrer am gymnaainm in Batsebnrg. a. 186. 887«
486. 689.
Wbzsb, dr., ord. lehrer am gymnaainm in fiiaenberg. s. 485.
ZzBcnLBB, dr., ord. lehrer am gymnaainm in Hameln« a. 549. •
ZöLLBB, dr., ord. lehrer am gymnasium in Colmar, a. 440.
ZuBBOBO, dr., inspeelor am pidagogium in Zerbst. s. 844.
N. 8. 348.
O. 8. 307. *
Der Verfasser der noctes acholaaticae * * * g. 861.
i
Digitizod by Goüßlc
OETSV£EZ£ICmiIS
DIE nr DIB8BM 9äXDm BISPKOOHBna FBOGftAl
BXKLIV (Sophieneymn.). s. 166. Maebubo. b. 867.
— (Friedrichs -gymn.) i. 811. HstniTS. s. 869.
— (crmts klMldr.) i.
EuiM. •• 460.
Febibmwaldb. s. 810.
OdSLiTS. t. 86A.
MAhLM (aniv.). 8. 619.
— (latioa). 8. 620.
I. D. N. t. $10.
Kbovombzv. 605.
LAMD8BBBO. 8. 865.
KOSDBAÜSBX. S. 610.
Patschkau. b. 360.
PosBB (Friedrich -Wilhelmsgymn.).
t. S18.
PlUBLAV. 0.
lUwiTSCH. 8. 167.
SoBAu. s. 46S.
Woblau* m. 608.
Zebbst. 8. 621.
.cd
Google
Die unterzeichnete Yeiiagshandlung erlaubt sich auf die
nachstehend verzeichneten
Lehr- und Hüflsbüoher für den Unterricht in
den neueren Sprachen,
Schulausgaben englischer und französischer
Schriftsteller mit Anmerkungen etc.
mit dem Bemerken aufmerksam zu machen, dass Freiexemplare
für Lehrer gern zu Diensten stehen, wenn die EinfCLhrung eines
Buches meines Verlags beabsichtigt wird. Derartige Wünsche
bitte ich mir direct mitzutheilen,
Leipzig, im März 1879.
B. G. Teubner.
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Imhaltsäbersickt
L EngliselM Lehr- und üebimgBbfloher. 1-^
Schulausgaben englii^cher Schriftsteller ^
IL FranicOdidie Lehr- «nd Ueibwigebüeher 9-19
Schnlanagtben finmOBiicher SehzifteteQer 19
UL Italieniach 21
IV. Spenboh «i^«
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I. Engiiöcli.
Sitglifii^e •tinmuittf fSt Me aleteit ftlaffen, inllefüitkm ker
«eolfd^uten. SBon Dr. Srauj SWeffcrt, 3)ircftor ber S^ealfd^ulc
ötn Smingcr iBreSlau. Smitt tjerbeffertc ^lufJagc. (VIII u.
160 6.) gr. 8. 1878. gel). A 1.50.
Die Zeitung für das hühere Unterrichtswesen (1874, Nr. 23)
urtheilt wie folgt über dieses Buch: „Obschon dieses Buch die Legion
der G^rammatiken, um euie NnmnieT yeimehrt» wird es doch iJlen Fein-
den einer imldacen weitschweifigen, schillernden nnd schidenden Ans-
drucksweise eine wahre Freude bereiten; denn alle diese Fehler besitzt
es nicht. Es ist im Lapidarstil geschrieben, macht von einer Regel nicht
mehr Aufhebens, als sie werth ist, sondern geht ihr mit möglichster
ivürze und Gelassenheit zu Leibe, nimmt ihr aber auch nichts von ihrer
Bedeutung und stellt die gleichartigen Fälle, wie die Eigenthümlichkeiten
nnd Ausnahmen übersichtlich nnd^ soweit es auf den ersten Blick zn
sehen, Tolkttadig sosammen. Die An^rlicumen sind an den Stellen,
wohin sie grammatisch gehören, sorgfältig aufgezeichnet, und hierin wie
in der knappen, factischen Behandlung der englischen Grammatik über-
haupt spiegelt sich der Charakter dieser Sprache, ihre Kürze und ihre
Wülkürlichkeit deutlich ab. Das Buch ist für den auf dem Titelblatte ange-
gebenen Zweck in hohem Grade brauchbar, es ist auch wisBenschaftlich,
msofem es ein richtigesDenken befördert and denZusanunenhang der Regeln
in den ▼eischiedenea Capiteln dorch genaue Yerweisangen beaeichnet
Von der Oekonomie des Buches ist wenig mehr zu sagen, ak dass
es die Redetheile nach einander behandelt und die Satzlehre in die Lehre
vom Verb und von der Conjunction einflicht. Syntaktisch sind aber
auch die übrigen Capitel gehalten; der etymologische Theil wird vor-
ausgesetzt und nur gelegentlich wieder berührt; doch fehlt nicht eine
luum den Gesetzen des AbUtnts geordnete Uebersioht der starken Con-
jogationeii. Die Ihteijectionean fehlen ^ ein Tortheilhaftar Mangel, da
ne in das Wörterbuch gehören.
Im Anhange wird ein ausführliches Verzeichniss von Verben und
Adjectiven gegeben, deren Verbindung mit PiÄpositionen vom Deutschen
abweicht." In ähnlicher Weise sprechen sich alle übrigen Beurthei-
limgen aus. — Im Anschluss an die Grammatik erschien:
Uelittttg§(it^ itm tteterfe^rn in baS @ttgltfi|e im ttnfil^Itt| m
bie engtif(^e (ßxammaüt für bte oberen Staffen bon Dr. gfrans
SDleffert. (IV n. 192 ®.) gr. 8. 1874. ge^. JL
Das üebimgsbQch entUlt, wie schon der Titel besagt, in engem
AnschlnsB an die „Ghrammatik für die oberen Klassen'' von demselben
Verfasser in seinem ersten Theile einzelne syntaktische Uebungsbeispiele
vorwiegend historischen Inhalts, die sich nicht auf einzelne Paragraphen
der Grammatik der Reihe nach, sondern auf gunze Kapitel derselben
beziehen, um dadurch einer mechanischen Auwendung der Regeln von
Seiten des Schülers vorzubeugen xmd denselben vielmehr zn selbstthätigem
Nachdenken anznregen. Gläehteitig ist bei den für si»fttere Kapitel der
Grammatik gegebenen üebungebeispielett anf Repetition früherer Ab-
schnitte fortwährend Bedacht genommen. — An die einzelnen Beispiele
«chliessen sich theils kürzere, theils längere zusammenhängende
üebungsstücke geschichtlichen Inhalts, in denen die auf Anwendung
grammatischer Regeln, sowie eigenthümlicher Phrasen und Anglicismen
ezüglichen Stellen fortlaufend durch gesperrten Druck hervorgehoben
9
1. l:lxigUdch.
sind, um die Aufmerksamkeit und dts Nachdenken der Schüler bei
jedem Schritte wach zu halten.
Vocabtln sind deshalb spärlicher als in anderen Uebunesbücheru
angegeben, weil das vorliegende für die oberen Klaseen besommt ist
und Oer Sohfller aaf dieaer Stofe bereifti Aber einen gewiesen Weit- imd
PhrnenichMi gebieUt.
•Inmterliit ker m%li\^tm ClPri^e fit Snfinger im Br.
9taii| SRcffcrt. (Vin u. 210 6.) gr. 8. 1876. gc^. A 2.—
Dieses Klementarbuch bildet eine vorbereitende Stufe für des
VerftMeert ,,engliscbe Ommme;^ fttr die oberen Khuseii'*.
Die Aufgabe des englischen wie überhaupt des fremdsprachlichen
Unterrichts auf der Sohule scheint dem Verfasser nicht darin zu liegen,
dass der Schüler, um möglichst schnell zu einer gewissen Fertigkeit in
der practischeu Anwendung der Sprache zu gelangen, von vornherein mit
einer ermüdenden Mas^e von Vocabelu überschüttet werde, die sich nicht
über den Kreil des alltäglichen Lebens erheben, und ihm die Elemente
der Qrammafcik und die Eigenthfimliehkeiten der Sprache, in deren
Erkenntnis.^ doch der Hauptwerth des sprachlichen Unterrichts zu suchen
ist, zerstückelt und eindruckslos überliefert werden. Vielmehr hält es
der Verfas**er für nothwendig, den Schüler möglichst bald innerhalb der
Grenzen seiner Fassungsgabe eine Uebersicht der Grundzüge des ge-
sammten Baues der Sprache gewinnen zu lassen, was für den SchtÜer
bei der englischen Sprache nm so weniger tcbwiaig und deeto anregen-
der ist, als er nach den bestehenden Schuleinrichtnngen vor Beginn des
englischen Unterrichts bereits die formalen Elemente wenigstens einer
fremden Sprache kennen gelernt hat.
Dieses Ziel wird am besten dadurch erreicht, dass man den
Schüler bald in den Stand setzt, ganze Sätze zu übersehen und selbat-
■tSa^g ra bilden. Deshalb bat rerfiueer sogleich an die ^itee des
ereten^apitels eine verhältnissmftssig g^^osse Masse von formalem Lehr-
stoff gestellt, d» n jedoch bei der geringen Mannigfaltigkeit der Formen
der Schüler ohn** alle Schwierigkeit bewältigen kann. Aus demselben
Grunde itst sogleich darauf — abweichend von der Einrichtung der ver-
breitetsten Lehrbücher — , weil doch eben das Verbum der Nerv des
SatM iet, die ToUetindige Conjuffation det tekwadieii Verbs, sowie das
HanpMoUicbete von der en^iaraen Wortstellung graeben. Denselben
GrundsfttEen entspricht die Anordnong der gaaieii Formenlehre. Die
Präpositionen und Conjunctionen sind nicht zusammengestellt, weil sie
für den Anfänger zunäch?*t blosse Vocabeln und allmählich zu lernen
sind, und die Lehre von ihrer Anwendung in die Syntax gehört. Die
Interjectionen gehören überhaupt in das WOrterbuch.
Bei den LeeettOeken bat VeiliMaer ee yerimeden, den Schifler
durch iidialtöloäe und triviale einzelne Sätzchen tu ermüden. Es kam
darauf an, das Interesse des Schülers dadurch zu erwecken und seine
Phantasie dadurch anzuregen, dass er von vornherein in zusammen-
hängende Lesestücke interessanten Inhalts, in denen sich englische An-
schaaungs- und Denkweise ausspricht, eingeführt würde. Diesem Zweck
entsprechend hat der Verfiueer dne fi^rtfuifende Beibenfolffe Ton Ab-
schnitten aus Dickens' A Child's History of England gewählt, die, an-
ziehend durch ihren Lihalt und geschmackvoll m der Form, selbst dem
Anfänger an der Hand des Lehrers durchaus keine stilistischen Schwienig-
keiten bieten.
Die Exercitien sind theüs zusammenhängenden Inhalts und schüessen
sich an den Stoff des jedesmal TOrhergeheaden Leseetfleks an, das
auch das sprachliche Material dam geUerart hat» tfaeils beetehen sie ans
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I. Englisch.
einzelnen Sätzen. Sie sind jedoch durchweg so angelegt, dass der Schüler
cur bewussten Anwendung der einzuübenden Formen gebracht wird.
An die Formenlehre schlieast sich eine Zusammenstellung einiger
der wichtigsten syntactischen Regeln mit zugehörigen Uebnngsstücken,
die den Schüler auf die systematische Behandlung der Syntax vor*
bereiten und ihn die bei der Leetfire häuhger Torkommenden Sprach-
ersdieiiiüiigen yemtehen lehren.
Die« iem Elementarbuch angehängten LesestOcke bieten zoaanunen
mit dem syntactischen Anhang und d«n zugehörigen Exercitien — zumal
bei fortwährend nothwendiger Repetition der Formenlehre — ausreichen-
den Stoff für den Curaus eines zweiten Jahres.
tt(emente ber cngUf^eit $ormeitIe|te für Anfänger. 9tti^ einet
aujJfü^rlid^en ^arftellunt3 bct eitgUfd^en Uu^^pxaä)^. fßon Dr.
Srans äfteffect (42 @.) gv. 8. 1875. cati «4( — .60.
In diesem Heftchen ist der in dem „Elementarbuch der eng-
lischen Sprache" auf die einzelnen Kapitel vertheilte grammatische
Lehrstoff nach den Redetheilen geordnet. Zunächst soll dasselbe dem
Anfänger zur Repetition und zum Nachschlagen dienen; es wird jedoch
auch demjenigen Lehrer, welchem eine tabellarische Zusammenstellung
der Elemente der Formenlehre in den Händen der Schüler als Grund-
lage für den Unterricht genügt, willkommen sein.
Die Präpositionen und Conjunctionen sind nicht behandelt, weil
sie Ton dem Anfänger nur als Yocabeln zn lernen sind; denn die Lehre
TOn ihrem Gebrauch gehört in die Syntax.
Die Lehr- und Uebungsbücher der englischen Sprache
von Meffert haben bereits in zahlreichen Schulen Eingang
gefunden und erfreuen sich einer stets steigenden Verbreit ung.
Elnglisolie Schulgrammatik von W. Vietor. I. Theil: Formen-
lehre, rVIII u. 40 S) gr. 8. 1879. cart. Jf— .75.
Die Schulgrammatik, deren ersten Theil diese „Formenlehre"
bildet, will in möglichst knapper und übersichtlicher Form die in der
englischen Sprache wirkenden Kräfte und Gesetze znr Ansohaunng und
som Yersttnamss bringen. Der Text gibt nnr die Gmndzüge; Bemer-
kuDgen und Noten wollen auch dem Bedürfniss der obersten Stufe ge-
nügen. Die Sache selbst ist überall als das Wesentliche hervorgehoben,
der Name oder das Zeichen als nebensächlich ihr untergeordnet. Auf
das Auswendiglernen und das Einüben an einzelnen Sätzen berechnete
Regeln und Ausnahmen sind vermieden. Die Befestigung des in der
Griunmatik Gebotenen denkt sich der Verf. einer Behandlung des Lese-
stoffes überlaraen, ine sie in den von der 88. PhilologenTersammlnng
so beiläufig aufgenommenen Eckstein'schen Thesen über den lateinischen
Elementarunterricht empfohlen ist. Für die Elementarstufe geeignete
Lese- und T^ebungsstücke wird ein, demnächst erscheinendes und sich an
die „Formenlehre" anschliessendes „Elementarbuch" enthalten, in dem
die seither, wie es scheint, bei uns fast unbenutzt gebliebene englische
Jogendschriftenlitteratur in erster Linie Berücksichtigung finden soll.
Die Lantlefare geht nicht yon den Baohitaben, sondern den Lanten
selbst ans nnd gibt im steten Hinblick auf den praktischen Zweck des
Buches — insbesondere mit Berücksichtigong deutscher dialektischer
Eigenthümlichkeiten und der oft „grauenvollen" Schulausspracho des
Englischen (Anglia I, S. 598) — eine Darstellung der Laute auf Grund
der neuen lautphysiologischen Forschungen (vgl. auch Anglia 1, S. 587 ff.,
Englische Studien II, S. 226 f.). Für jeden Laut wird möglichst
un An8(dilo88 an wissenschaftliohe Fachschnften ein bestimmteB Zeidien .
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adoptirt ninl (He Aassprache liacinier tlurchrrehend in dieser phonetischen
rm^chrift bf /.»'ichnet. Auf die Dar.steliung- der Lante folcrt ein»- Ueber-
bicht der in der jeUigen Orthographie gebräuchliciiileu Bezeichnungen
•owio dtt^enigen dtt iB dso ntttfetn iiaMvnr SdhalwütliiUlclier in-
ffewandten Walker'schen Systems. AaMpncheregeln im gewöhnlichen
Sinne enih< die Lsatlehre nicht, dagegen eine Znaammenaiellnng der
gonat meistens an verschiedenen Stellen der Flexionslehre wiederholt
aufg» lüiirten orthographischen Regeln (über den Abtall des stummen e
vor ilexionssilben n. d^U). l>en Anhang bildet ein Paragraph über die
LmAwuwebMiang (Enghtoli imd HoclMlMtwih).
Di« Flezionslehre hai der Verf. moh d«ii GnmddttMn der UM-
sehen Grawmafcik aber mit Zngrandlegmig des hentigen Spndistandes
dantußtellen gesncht. So tritt z. B. yon als regelmllaeigee Ffirworfc d«f
2. Person Sing, thon als ältere Nebenform auf etc.
8ti|lif^e (^(tmentargrammattf »elfl Srfrs unb ttelnngsflttifeit.
Son Dr. dlaul^, Obnle^m. (XYI il 394 @.) gr. 8. 187a
ge^. 2.40.
Diese neue englische Grammatik hat in der kurzen Zeit seit ihrem Er-
pchfinen 1 »ereits allgemeine Anerkennung und vielfache Einf üliniDg gefunden.
MW Jjc'urtheilnngen stimmen darin üVjerein, dass sie eiiit-u wesent-
lichen Fortijchritt ilireu /.ahlreicheu Voigiingem gegenüber begründet i
Die P&dagog. Beyae, 1871, enihBtt 8. 878 fol^nde Beur£ahmg:
„Nachdem ich die Englische Elementar-GrammftÜk ^n Dr. Claiiis
(Leipsig, 1B70) seit einem ualben Jahre bei meinem Unterrichte am
hienigen College gebraucht habe, halte ich es für meine Pflicht, dieselbe
allen Collegen aufs wärmste zu empfehlen. Wenn in den letzten Jahren,
und mit Kecht, viele Stimmen laut geworden sind, weiche mit Ent-
schiedenheit jede seichte, obeifl&chfiche Behandlnng der modeinen
Spradien immer mehr ans der Sdrale za Terbaimeii suchen nnd die-
selben auf wissenschaftlicher Basis aafabaaeii "bestrebt sind, bo trägt
dieses Buch solchen Anfordenmgen in hervorragender Weise Rechnnng
und leistet zur Erreichung jener Ziele vortretFliche Dienste. Der Zweck
des Lehrbuchs ist zunächst, deu Schülern eine möglichst gründliche und
anschauliche Kenntniss der \\ ortlehre zu geben. Der Verfasser ist be*
mflht gewesen, nnd mit glitekliehcm Befolge, übenll die FknenilioinDeii
aufs genaueste nnd klarste darzulegen und den SdAlem, weit l&ber deii
Kreis dieser Stufe hinaus, die lebendiijste Anregung zu geben. "Wir
heben hier besonders die eingehende . klare Behandlung des Verbs her-
vor. Der Formenlehre schliesst i?ieh der zweit«, praktische Theil an.
Sein Inhalt bietet eine so grosse Fülle von gehaltvollen Gedanken, eine
BUtthenlese des SehOnsten mid Sdelstea, entnommen ms Sfaakeipeaie
nnd anderen Dichtem, wie aus dem Schatz der Bibel und SprQchwörter,
dass ich kein Buch ihm in dieser Beziehung an die Seite zn stellen
wösste. Es ist gewiss tief zu beklagen, dass m den meisten Elementar-
Lehrbüchem der neueren Sprachen die Üebungssätze, ihrem Inhalte nach
gewogen, dem Schüler nur „magere Weide" gewähren, während die ana-
logen Lehztiücber der Wassiscthwi Spsaehen mm eiaerala Ton Seatenno
«iTezftnsserlioher, den SehtUer diiueh das Leben begleitender Weisheit
enthalten. Der Yecfiuiser hat hier gezeigt, welchen geistigen Gehalt
auch neuere Sprachen zu verleihen im Stan<le sind.
Die deutschen Uebmigsstücke, die fast ohne Ausnahme ein charakte-
ristisches Gepräge tragen, führen eine Menge von Idiotismen zum Be-
wnsstseln. Es sind jäer Uebnng drei mit A, B, C bezeicfanete Ab-
sohniHe Eqgetheilt. Dieselben enthalten theils dnadne Sitee, theils
ganze snsammenhBngende Stfloke. Die Ansahl letaterer betcftgt allein
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I. Englisch,
78 Nummern. Den Schlnss bildet ein Lesebnch, bestehend ans 50 Stücken,
theils in gebundener, theils in ungebundener Rede. Audi sie tragen
nicht wenig dazu bei, das, was ich als den jugendlich-frischen, poesie-
vollen Hauch des Ganzen bezeichnen möchte, zu ergänzen und zum Ab-
schluBB EU bringen. Gegen die beiden letzten Erzählungen von Lamb
habe ich in etiniitiflchBr Beadehung einige Bedenken. Auch durfte tieh,
bei einer 2. Auflage, ein Wörterbuch als nützlich empfehlen.
Noch einmal, möge diesem Werke die in so hohem Maasse Ter-
diente Anerkennung und Verbreitung allseitig zu Theil werden."
Berlin. Dr. Paetz, Lehrer au der Friedr.-Werd. Gewerbeschule.
Gleich günstige Beurtheilung hat das Buch gefunden in der all-
emeinen Literaturzeitung, 1871, No. 19, Literarisches Central-
latt, 1871, No. 18, Nene Jahrbücher fflr Philologie, 1871,
IL Heft, Zeitsehrift für die Inierestea des Bealschnlwesens,
1878, 0tc. Die zuletzt erwBhnte Rezension schlicsst mit folgendem Satze:
„Unseres Erachtens würde das Buch nicht nur für die beiden
Tertien, sondern auch für die üntersecunda der Realschule ausreichen.
Ein nochmaliges Lob ist für das Buch nach dem bereits Gesagten wohl
nicht mehr VQnnüthen; es ist mustergültig, und wir haben dem
Verfaeeer zu seinem Werk, das wir smr Einfdlirung nicht
dringend genug empfehlen können, nnr Yon Berxen Glück
und Erfolg sn wünschen.'*
Systematlcal Vocabülary and Guide to English Conversation.
51nleitunö jum Qn^\\\6)'<Bpxtä)tn öcrmittelft einer baö Serneu
unb S3e^aUen erleic^ternben Slnorbnutig ber SBörtcr unb Sfleben^s
arten, mit befonberer SBerüdfid^ttgung ber @t)nont)mif be§ neueren
8pra(?^gebrauc^e». gür Sd;uleu unb jum ^riüatgebraud^. S8on
^. S5aue^; £et)rer ber englifc^en (Bpxa6)t in (Slberfelb. SSierte
üerbeffcrtc Sluflage. (XII u. 311 ©.) 8. 1877. ge^. A 1.80.
Ein in vielen Lehranstalten bereits eingeführtes Schulbuch, welches
nach der Methode von Ploetz bearbeitet ist und dessen „Vocabulaire
^ystematique et Guide de conversation firan9aise" sich genau anschliesst.
tMitUMtu vm tkierfe^eii iiU tan Seiitf#fit in» <iii|U{#e füt
tbttt ftfttfftit f^ti^tttx Smt fL SSctntt. Ctftct
Z^ett [in stoei $eften: L Xe^ (VI u. 128 &.), XL. ^tUpatationtn
(116 ©.)]• fl^- Ißßö- 9^^>-
S3or(erettenber %^t\\ yax ^ti^tixiXm ber Formenlehre
^omie 5ur (Stnübung ber tüic^tigften Siegeln ber S^ntaj unb
Sßortfolge. (VIII u. 239 @.) gr. 8. 1870. ge^. A 2.10.
Die allgemeine Literaturzeituug, 1871, No. 21, sa^t übe;f
diese Materialien:
„Zu möglichst vielseitiger Uebong in der englischen Ausdmcke-
wase wnrde hier in weehaebider Beihenfolge das VerwdiiedenartigBte
/usammengestellt: iwiflehan Erefthlungen von Oh. Schmidt, Sagen und
Märchen von Grimm stehen geschichtliche Abhandhmgen von Flögel,
Schiller, Funk, Menzel, .1. v. Müller, Archenholz, liaumer und natur-
feschichtliche von Lenz, »Schubert, Hebel etc. Die als Ucbungnstücke
enützten Aufsätze, deren Vei-fasser nicht immer genannt sind, wurden
keineswegs in gewohnter Weise Är die Anglisinmg zugestutzt, sondern
völlig unvei^dert aufgenommen, damit der SdhiQer die Unterschiede im
Stile der beiden Sprachen mQguchst schiyrf ansgeprOgt vor ndn sehe.
1*
6
I. Englisch.
Zu seiner T'nterstiitznnfif stehen vor jedem Uebunpsstücke von No. 1— M
fast alle darin vorkommenden enpligchen Wörter, während diese für die
folgenden Nummern (bis 45) nur noch in soweit vorgesetzt wurden, ak
M tiir YeMItaaß tob VMgnSen in der Wthl der eng^iscliai Audiikike
erforderlich scfaieiL Noch spuMkiiier tritt die leadka]dsche ffiMe in den
■piteni Nnmineni ein.' Auf die gnaaiiuifcischen Regeln^ deren Kenntniss
im ganzen vorausgesetzt wird, verweisen zahlreiche Zitate, welche aber
g^'pen dan Knde ebenfalls immer seltener werden. Wir srlauben, dass
dad zweckmudtiig eingerichtete Buch unter der Leitung tüchtiger Lebrer
recht gute Dienste leisten wird."
Srttantita. (^int pxaU\\^iif^toxti\S^t Hnlettuiig lum Uthtx\t^tn
in^ (Snglijdje mit örammütijc^cn unb ftinon^mifc^en "^Inmerhingcn
üon Dr. ®. ^atp, ^rofcffor am O^mnajium ßutin. dritc?
Ȋnb(^cn. ( VIII u. 224 @.) gr. 8. 1878. gc^. JC 2.70.
— SmiM ©anbeten für ohcce dtafitiL (VI u. 246 6,)
gc 8. 1879. ge^. JC 2.70.
Da;; vorliegende Uebungsbuch ist nicht für solche Lehranstalten
beistimmt, welche bei beschränkter Stundenzahl auf akademische Studien
vorbereiten wollen, sondern für diejeni^zren, die wie höhere Töchter- und
KeaUchulcu au die Leistungen ihrer Zöglinge grössere Ansprüche machen
wolkn und miiaeeB. Et eoU ühiigMie ftuMtm luoht ▼oangweiie
praktischen Zwecken dienen, sondern will vielmehr unter Ein^lhniDg
in die heutige Schriftsprache und das Leben ond Treäien des englischoi
Volkes eine Palästra des Geistes werden und seinerseits zur harmo-
nischen Ausbildung alier Geisteskräfte des Schülers beitragen. Diese
Arbeit vollzieht sich hier mit Rücksicht auf die Forderung der Kon-
zentration des Unterrichts an Stollen, welche aus englischen Elanäen
entlehnt mid so gewBhH sind, daes sie m einem Spiegelbild der Kite
dea englischen Volkes werden.
In der Auswahl der Stoffe ist nicht allein auf klassisches Englisch
und st^'listische Abrimdung der Darstell iini^en Rücksicht genommen,
sondern versucht wordt-n, überall das sittlich erziehende Element, welches
in der Anschauung englischen Lebens und in der Beschäftigung mit der
Gesehicfale dea en^isehen Tolkea liegt, auf daa OeuiaMt der ZO^ia^
wirken za lausen, ohne irgend einem äaabensbekenntnisse durch schroffe
Darstellungen und Reflexionen zu nahe an treten. Es ist fem er, ohne
einseitig nur alles das hervorzuheben , was im englischen Volke edel,
gross und schön ist, versucht worden in Anekdoten, Briefen, Schilde-
treten an lassen, welehe finglftndem, Wallieeni, ächotten und hrea flu
eigenthümliches Gepiftge ff eben. Die Darstellungen beziehen sich weniger
auf das politische und inaostrielle Leben des Volkes als auf sein soziales
und religiöses Sein, sie zeigen uns den Engländer in Schule und Kirche,
in der Stadt und auf dem Lande, in der Heimat und in der Fremde, vai
Kismeer und in Indien, in Sa«e und Geschichte, in Gegenwart und Ver-
gangenheit, am stillen Heeicn nnd im geschäftigen "nreiben, u. s. w.;
sie begleiten uns im gesdiiehtlichen Abw^hnifcte dnzdi die bedentimgi'
Tollsten Ereignisse bis zur Gegenwart n. s. w.
Beim Gebranche dieses Uebungsbnchea wird TOrausgesetzt , dass
die englische Grammatik in ihren Grundzügen dem Schüler bekannt ist
und dass er die ersten Schwierigkeiten beim Uebersetzen zusammenhaog
loser 8&tie fiberwunden hat. Bei idiomatischen Wendungen und da,
wo der Schüler bei dem mangelhaftan Znslnade nnaeier Lexika von
seinem Standpunkte ans nnsicher sein kann, treten die Anmerkungen
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I. Kugliach.
7
helfend ein. Ein Yerzeichniss der Quellen, ans denen die Stoffe ent-
nommen sind, wird von der Verlagsbuchhandlung an Lehrer gratis geliefert.
ttnglanti. 0raftifc^e ttnlettuiig jnm Uederfel^eit aul hm ^eutfi|cit
inj» (Sitglifc^e mit gratnmatifc^en unb f^non^mifc^en 2(nmer!ungen
t)on Dr. ^atp, ^rofeffor am (^^mnafütm p (iutin. SSierte
oerbeffecte Sluftage. (XII vl 359 @.) gr. 8, 1878.
Jt 2 . 60, gebunben 3 . —
(FrOher Verlag der Haade- vl Spener'scben BachliandliiBg in Berlin.)
SngjÜBOheB LeBebnch fGr* höhere Lehranstalten. In drei
Stufen. Von Kael Eaisbb, Birector der höheren Töchtersehule
für Mittel- n. Ober-Barmen. Erster Theü: Unterstnfe. (X
212 S.) gr. 8. 1877. geh. 1.60. Zweiter TheU: Mittel-
sttife. (X u. 313 S.) gr. 8. 1877. geh. JC 2.40. Dritter
Theil: Oberstufe. (X u. 436 S.) gr. 8. 1877. geh. 3.20.
Die bisher erBchieneneiL englischen Lesebficher leiden mehr oder
weniger an folgenden Mängeln: sie enthalten Stücke der verschiedensten
Art, welche sich entweder für das reifere Alter, in welchem die eng-
lische Leetüre an unsern Schulen betrieben wird, nicht mehr eij^rnen
(kleine Erzählungen, Anekdoten n. dgl. m.), oder welche den Schülern
allerlei gemeinnützige Kenntnisse zuiühren sollen und dieselben wegen
der foocienen Form, in der sie sudi darbieten, nicht «nsnregen yermögen ;
sie bringen — und zwar selbst solche, die för die oberen Klassen be-
stimmt sind — fast ausschliesslich knrse Bruchstücke von einer grossen
Zahl Autoren und arten somit in Sammelwerke für literaturgeschicht-
lichen Unterricht aus, obgleich sie grossentheils auch dazu wenig geeignet
sind, da sie sich nicht bis zu den Meisterwerken der englischen
Literatur erheben; sie ordnen den Stoff nicht nach der Schwierigkeit des
Verstftndnisses an, sondern nach der Zeitfolge der Verfasser oder
nach Inhalt und Form der Lesestücke (Ersfthlongen, Geschichte, Briefe,
Reden, Gedichte u. s. w.) und überlassen es somit gänzlich dem Lehrer,
für eine dem Standpunkte der Schüler angemessene Folge der Stücke
zu sorgen; sie halten in den etwa beigefügten Anmerkungen nicht das
rechte Maass, indem sie bald auch solche Erklärungen bringen, welche
s^bst in kleineren Werterbfichem ond in Etementar-Gramniatiken zu
finden sind, bald aber über schwere Stellen hinweggehen und nament-
lich über manche sachliche Schwierigkeiten in Zweifel lassen.
Die Erwägung dieser üebelstände hat zu der Abfassung des oben
angekündigten Lesebuches geführt. Ueber den dem Werke za Grunde
liegenden Plan erlauben wir uns Folgendes mitzutheilen:
L Der Lesestoff ist in solchem Umfange bemessen, dass
er selbst für diejenigen Anstalten ausreicht, auf welchen das Englische
6 — 6 Jahre betrieben wird, und dass der Lehrer besonders mit Rück-
sicht auf nicht versetzte Schüler, von einem Schuljahre com andeiB eine
angemessene Abwechselung eintreten lassen kann.
11. Bei der Auswahl des Stofies ist keineswegs darauf abgezielt
worden, dass eine möglichst vollständige üebersicht der englischen
liiterator gegeben werde; Tielmehr sind viele Schriftsteller, cBe sich in
den gangbaren Lesebflcbetn vettretm finden, gänzlich bei Seite ge-
lassen, während andere wegen ihres höheren Werthes für die Schul-
jugend um so stärker herangezogen sind. — Nicht Mittelwaare,
sondern nur Musterhaftes; nicht von recht vielen Schrift-
stellern ein wenig, sondern von wenigen Schriftstellern recht
Tiel! — das war gleichsam das dem Verfasser stets vorschwebende
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8
1. EngÜAch,
LoMingswori. — Es siiid daher auch selbst grOwere Stücke ToUstftndig
oder doch nnr mit unwesentlichen Kürzungen aufgenommen worden, '
und wenn aus einem Werke wegen seines Umfanges nur Bruchstücke
rait«,'etlieilt werden konnten, so ist doch darauf gesehen wordeu, da«;
dieselben ein in sich abgeschlossenes grösseres Ganze bilden, resp. mit
eiimnder in ZwwmiTnwdtang gelnaelit werden. Andi dUifle du Werk
wobl iosofem dee BeilUla einnelitsToIleT Schniminnw gewiae tm^ tk
61 der Poesie neben der Proea ihr volles Recht zntheil "werden
III. Für die Anordnung des Stoffes ist keine andere Regel mass-
gebend gewesen als die : allmähl. Fortschreiten vomLeichten zum Schwerst:!
IV. Um da.<? ^'e^ständni8 8 des gebotenen Materials zu sicheni.
sind Randbemerkungen beigegeben worden, jedoch nur in solchem
Umfiuafl; dass Lexikon nnd Granunfttik nicht entibenrlieh gemaeht werden.
y. üeber die betveffenden Sefanfteteller werden am Schlüsse jedes
Theiles kurze biographische Notizen gegeben; auch wird die Ober-
stufo eine nach d«'n \'erfassem geordnete Uebersicht s&mmtUcher
in das Werk aufgenommener Stücke bringen.
A Book of Gems being a selection in verse and prose from
ihe most celebrated English authors. By Elizabeth Richabdsoü. .
2. edit. (XIV u. 160 S.) kl. 8. UE 1.80. In eleg. Miniato- \
einband mit Groldaehnitt JC 2.70.
Eine Sammlung englischer Gedichte und kleiner Prosastücke, ^iie
sich ihrer eleganten Ansstattong wegen vorzagsweiBe m Geschenken eignet. ^
New poeket diotionary englisli and german. — Neuestee
TaBchan-Wdrterbaoh, deutsch xl englisch. Von Dr. F. £. Feller.
24. Auflage. 2 BSadehoL (L Bdchn. II o. M4 S. IL fiiidiD.
n, 425 XL 48 S.) 82. 1876. geh. UK 2.25, einzeb jedes
BSnddien Jt 1.35, geb. in 1 Band JC 3. — , geb. in 2
Bttnden mit Etui JC 3.75.
Schulausgaben
englischor Schriftsteller mit deutschen Auiiierkuiigeü.
A Chrietmas Carol in Prose. Being a ghost story of Christinas.
By Ch. Dickens. Für den Scholgebranch erklärt von L. Biechel
KANN. 2. Aufl. (Vnia. 106 S.) gr. 8. 1873. geh. 120.
The BiTala, a oonMdy in fiva Acta. ByB.B.SlL«ridan« Für den
Schulgebranch erklSrt rm L. RiBoaBLMAmr. (YII u. 130 8.)
gr. 8. 18G5. geh. Ji 1 .20.
The School for Scandal, a comedy by R. B. Sherldsn.
Accent. und mit grammatischen und erläuternden Anmerkungen.
von R. F. Ch. Wagner, ri 90 8.) 8. geh. A —.80. '
dasselbe. Mit Einleitung und Erläuterungen von
0. DicKMAMM. (XXXII u. 106 S,; gr. Ö. 1873. geh. A iM
JuUua Caesar by William Siiakeapeare. Für den Schol-
gebranch erklärt von L. BiEORELicAinf. (VII n. 123 S.) gr* ^•
1867. geh. ^1.20.
Bldhaxd IL by Traiiam Shakaspaase. Tür den SobiOgebraiicli
erklftrtT.L.BtBOHBi.icAHN. (Ynn.l60S.)gr.8. 1869.g«riLUKl.^ 1
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II. Französisch.
9
[AOY»et]i by William Shakespeare. Brkl&rt von Wilhelm
Waomeri (L u. 1;16 S.) gr. 8. 1872. geh. ^ 1 . 80.
lomeo and Jtiliet. A Tragedy by William Shakespeare.
Mit Sprache und Sachen erläuternden Anmerkungen. Von Dr.
Eduard Winter. (VI u. 219 S.) gr. 12. geh. JL 1.50.
riie Merchant of Venice, by William Shaketpeare. Für d. Schul-
gebraiich erklärt von L. Exechelmaun, (XX u. 118 S.j gr. 8.
1876. geh. Jt. 1;80.
Duke liConmouth*s Rebellion. A chapter from Macaulay's
History of England. Für die Oberklassen höherer Schulen
bearbeitet von H. A« Webmeb. (IV u. 95 S.) gr. 8. 1870«
geb. JL — .90.
IThe Iisdy of the Lake. A poem in eix Oantoa by Sir
Walter Scott Herausgegeben von Wilhelm Wagneb. (IV
n. 204 8.) gr. 8. 1876. geh. «^2.40.
The Viear of Wakelleld, a tale by Oliver 0oldsmith.
Herausgegeben und erläutert von R. Wilcke, Oberlehrer am
kgl. Gymnasium und der höheren Bürgerschule zu Hamm.
(VI u. 240 S.) gr. 8. 1878. geh. A 2.70.
The Spring by James Thomson. Für den Sohnlgebrauch
erklärt von H. A. Werner, Oberlehrer an der Grossherz.
Realschule zu Schwerin. (VIII u. 54 S.) gr. 8. 1879.
geh. JL — . 75.
iCaoaiilay, Thomas Babington, History of Sngland from the
aecession of Charles I. to the restoration. Ein Abschnitt
ans dem ersten Capitel toh Macaula/s Geschiehtswerk. Für
die oberen Klassen höherer Scholen erklfttfc von E. C. Soswalbach,
Oberklirer an der Bealschnle L 0. zn Sprotten. (IV n. 91 S.)
gr. 8. geb. «41 1. —
II. Französisch.
9tan}Sflf4e etalgvtaiiiMttl mtt tteinttB^ßiMeit. 8oa Otte Ciate.
gr. 8. 1872. ge^. Untere Stufe (X ii. 123 6.) 1 . 20,
SWiftlere Stufe (II u. 120 @.) JL —.90, D6ere Stufe (IV
tt. 188 ©.) JL\. 20.
Diese Grammatik ist aus dem Bestreben hervorgegangen, die An-
foidenmgen wissenschaftlicher Behandlmig und Anordnung des Stoffs
mit denen der Pnzis des Unterrichts mOgUchst za Tereinen, edn Ziel,
das trotz der grossen Zahl französischer Grammatiken oodi noch
immer nicht erreicht ist, und auf dessen Erreichung deshalb immer weiter
iungearbeitet -werden muss. Der Lehrstoff ist in drei stufen getheilt,
den unteren, mittleren und oberen Klassen höherer Lehranstalten, be-
sonders der Gymnasien, entsprechend. In der unteren Stufe verbot
^dleidings die Rücksicht auf die dem französischen Unterrichte meist
laapp zugemesseiie Znt^ auf die Lehxer, denen dieser Unteixieht flber-
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10
II. Französisch.
tragen zn werden pflegt und andere Umstände ein völliges Abweichen
Ton der ^lötz'^^ehen Methode, die das ünterrichtsmaterial dem Anfänger
gleichsam brockenweise überliefert. So wurde wenigstens gestrebt, den
Schüler in dem, was ihm geboten wird, möglichst heimisch zn machen.
Das Vocabelquantum ist ein möglichst geringes, aber sorgfaltig aosge-
wfthlt. DU Exkniiiiig der regefanftaageii ConjugatioMii iit, »o lebr es
anging, leicht gemacht und indem der Schüler bia gegen Ende det
iweitoi ünterricht^jahrea mir einfache Sätze zn übenetsen erhält, wird
es mögliGh »ein, ihn in den betreffenden Stellungsregeln recht fest zu
machen — Bei der Erweiterung der Formenlehre, die der mittleren
Stufe zufällt, wurde weniger auf Mittheüung aller seltenen AnsnahnK^n
als darauf gesehen, die in der Formenlehre liegenden bildenden Eiemenk
cur Geltnng su bringen. Die uoregelinftBsigen Vetba sind in dner de&
Resultaten der neueren Forschimgen entsprechenden Anordnung darge-
stellt. — Was endlioh die obere Stufe, die Syntax betrifft, so handelte
es sich danun, weder in den Schematismus zn verfallen, den eine Be-
handhmj^' des Gegenstands nach der Reihenfolge der Redetheile mit sich
bringt, noch durch Eiotheilung der Syntax nach den Theilen des Satzes die
Behandlung derselben Sprachform , etwa des Infinitivs, in viele Theile
Sil serreissen und über das Game iq lerstreneo. Deshalb wnrde in
Wesentlichen die Eintheilnng der Mätsner'scheii Gfammaük b«folg[t und
gestrebt, dem Schüler bei möglichster Kürze einen klazen Einblick in
den Bau <b s französischen Satzes and die Functionen der eiiuelBA
Wortformen in demselben zu geben.
Parallel dem grammatischen Theile, sich Paragraph für Paragrapb
an denselben anschliessend, läuft eine Sammlung von Uebungsbeispieleiit
fraosOnschen nnd deutschen, grOsstentheils einMine S&tae, die m den-
selben Orade, in dem der Schüler weiter in die granunatischen Fcnoes
eindringt, auch inhaltsreicher werden.
Den zugehörigen Vocabelverzeichnissen ist eine Sammlung der
häufigsten mit den unregelmässigen Verben etymologisch verwandten
Wörter und der für den Schüler wichtigsten Synonymen beigefügt worden.
net^obijf^c 9tmmiU htt franjoflji^rit <S|ira^e« 3tt stuet Surfrn.
äRit Bugntnbelegitttg beft Satetntjc^en bcorbeitet imb »it Uebniji^
anfgoben berfel^cti bon Dr. Otto Siebe. (Stementariiirfn^.
(Vm lt. III 6.) 0r. 8. 1874. ge^. 1.20. fittetttr
Sutfttd. (VI lt. 164 6.) gr. 8. 1876. ge^. «^1.80.
Der Verfasser geht bei der Anlage dieses Schulbuches Toa der
Ueberzeugung aus, diass das Latein an denjenigen Lehranstalten, in
deten Plane diese Sprache einen wesentlichen Platz einnimmti sor Grund-
lage des sprachlichen Unterrichts überhaupt und besonders zn der des
Französischen gemacht werden müsse. Es ist demgemäss der Stoff
überall möglichst in Verbindung mit dem bereits im lateinischen Unter-
richte Behandelten gebracht, die Regeln sind mit den in der lateinischen
Sprache giltigen verglichen, die Worte den lateinischen Stämmen gegen-
über gestellt. Allein es wird diese SpraohTerffleiofaimg in den durch dea
practischen Nnteen gezogenen Schranken gehalten, so dass der für Quinta
und Quarta bestimmte Elementarcursus nur so viel Sprachvergleichendes
bietet, als zur Unterstützung des Gedächtnisses dient und als zum Ver-
ständniss einer zu entwickelnden Form förderlich ist oder das, was ganz
von selbst dem kindlichen Geiste des Schülers sich aufdrängt. — Anderer-
seits aber soll der Unterricht in der fraiuOsischen Sjprache anch rflek*
wirkend denjenigen im Lateinischen nnterstfllaen. Nieht war dass man-
ches Torkomniende lateimsehe Wort im Oedlehtniss des Sdifileis nieder
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II. Französisch.
11
aufgefrischt wird, besonders das Verständniss des Satzes, seiner Theile,
seines Baues soll dem Schüler für seine lateinischen Kenntnisse Nutzen
bringen. Dieses Verständniss des Satzbaues ist ebenso unentbehrlich
für das Lateinische, als auch geeignet, am klaren, einfachen und strengen
firansöflischen Satse erworben zn werden. Demgem&ss schliesst sidi die
ganze Anordnung des Buches dem allmählichen Aufbaue des Satzes an,
behandelt zuerst die Theile des einfachen Satzes nnd entwickelt später
aus diesen die Nebensätze, durchweg die Aufgabe festhaltend, dem
Schüler genaue und sichere Xenntniss des Satzbaues zu vermitteln.
Dieses sind die zwei Uauptpriucipien der Anlage des Buches.
Kebenbei ist meht aasser Acht geuuisen worden, dara die zn behandelnde
Spxache bei allem historischen Interesse, das sie bietet, doch eine lebende
Sprache ist und dass das Erlernen derselben deshalb die spätere prakti-
sche Handhabung vorbereiten muss. So sind die Stoffe der Uebungs-
beispiele allen Gebieten des Wissens und Sprechens entnommen und der
Wortschatz wurde aus allen Abtheilungen eines vollständigen Vocabulars
ausgewählt. Immer aber behielt der Verfasser die beiden pädagogischen
Gnmdsätze fest im Auge, einmal den Schfiler zum selbständiiiren Denken
anzuleiten, sodann mÖ^iehste Beschränkung des Materials mit möglichst
gründlicher Durchdringung des Beschränkten zu verbinden.
Bei der Bearbeitung des zweiten Heftes ist der Verfasser den
Grrundsätzen treu geblieben, welche ihn bei der Anlage des ersten ge-
leitet haben. '
Seiner Mdnnng nach sollen an Lehranstalten, an denen die* Sprache
Hanptbildungsmittel ist, alle sprachlichen Disciplinen gemeinsam an der
^grammatischen Ausbildung des Zöglings sich betheiligen. Demgemäss
ist die Lehre vom einfachen Satze, welche im ersten Hefte vorwiegt, in
diesem zweiten Hefte zum Satzgefüge weitergeführt in dem Maasse als
die zu behandelnden Theile der Formenlehre (z. B. einzelne unregelmässige
Verben oder die Cox^nnctionen) eine Anwendung znaammengesetzter
Sfttie erforderten und in dem Maasse als die vorgeschrittene Imtwicke-
lung des Zöglings ein Verständniss dafür ermöglicht. Schliesst sich in ^
diesem Punkte das Schulbuch der allgemeinen Lehrthätigkeit auf sprach-
lichem Gebiete an, so sucht es noch nähere Fühlung dadurch zu ge-
winnen, dass es die Behandlung der französischen Formenlehre thunlichst
in Besiehnng zur lateinischen Sprache setzt. Es kann nicht genug be-
tont werden, dass eine wesentliche Erspamiss an Zeit und Mühe dem
Lehrenden wie dem Lernenden beim Unterricht im Französischen ans
der Berücksichtigung der lateinischen Grundlagen erwächst und ganz
von selbst bieten sich dabei gelegentlich Seitenblicke auf die bei der
Entwicklung der Sprache thätigen Gesetze, w^odurch das Interesse am
Stoffe wesentUeh gdördert wird. Kein Gebiet der französischen Formen-
lehre ist hierfülr michtbarer als das Kapitel der nnregehidtoBigen Yerba
und da dasselbe der Hauptinhalt des vorliegenden Heftes ist, so wurde
dieser Gesichtspunkt hierm soweit tlmnlichst festgehalten. Freilich galt
es hierbei Maass zu halten, um nicht das Endziel aus dem Auge zu ver-
lieren. Daher beschränkte sich der Verfasser darauf, das Lateinische
nur insoweit herbeizuziehen, als ein praktischer Yortheil, eine Erleichte-
rung des Lernens su erwajrten war. Eüne ähnliche Besohränkunff wurde
hinsichtlich der Menge des Stoffes geftbt. Vereinzelte Unregeunässig-
keiten, seltene Formen und dergleichen wurden bei Seite gelassen, da,
es doch offenbar zweckmässiger ist, nur Hauptsächliches zu bieten, dieses
aber durch häufige Anwendung und durch öftere Uebung geläufig zu
machen, als den Stoff vollständig mit allen Einzelheiten zu erschöpfen,
ohne die Möglichkeit zu haben, letztere grOndHch zu Tenurbeiten. Naeh
diesem Grundsätze wurde auch die Wahl der Yocabeln geregelt, welche
12 U. Franzöaiach.
tum LezMi voigoichrieben sind. Ihre Zahl ist möglichst beschrSakfc,
die wenigen aber Bind möglichst oft verwendet; bei den nnre^elmäsf^igen
Verl)en sind die von Verbalstammen ab^-eleiteteu Wörter bevorzugt,
nifht nur um dem Gedächtniss leichtere Arbeit zu yerschafien, sind sie
doch auch die häuhgdten der Sprache.
An die Uebenelnmgflaafgabeii^ welclM mm guten Tkeü aas Ter-
acfaiedenen Clniaikem gepammelt wurden, schliessen sich in den meistes
Pan^caphen nwininenhängende Uebnngsstücke, welche dem Boden der
Praxis entstammen. Eh pind zumeist Bearbeit untren bekannter LesestofiFe;
sie sind aii.«i einer \'erbindnnf? dos ßrammatischen Unterrichts mit der
Lettürf hervorgepun^jen imd so f^ehalten, dass sie möglichst "viele vorher
beliaudcite iiegeln repetitionsweise in Anwendung bringen. Die zur An
schttoong der Regeln beiflcgebenen Beispide bestehen mm Theü in
eineelnen SMsen, som Theu aber sind es znsammenhängende IieBceift^
die 6nnge Male swar immer auch die betreffende Kegel enthalt^n^ w^ehe
aber nebenbei in die Leetüre einführen sollen, damit nach Beendignnir
des in dienern Ciirsns gebotenen Stoffes an einen .'Schriftsteller heran-
getreten werden kann. Mit Rücksicht darauf wurde, um eine Vorübung
im Präpariren zu ermöglichen, ein Wörterrerzeichniss beigegeben, welchem
die in den Beispielen Torkeimnfmdiei WOiter enfliftlt
Die Grammatik ist in den Gymnasien zn Chemnitz,
Dresden-Neustadt, Altenbnrg n. a. 0. eingeffthrt and hat siek
flberall.Torzfiglich bewährt.
Die Gnmdaüge der fransöslaeheu Grammatik« Xln Hüfiibiuih
zur Repetition und Orientirung für SchtQer. Von Dr. Elotzsch,
Direetor der Realschule m Borna. (XV u. 180 S.) gr. 8. 1876.
geh. Jt 1 . 80. [ Das hierzu gehünge Lesebuch erschien im
Verlage der We idinann'schen Buchhandhmg in Berlin.]
l>ieseH Buch trägt zwar tlie Bestimmung in sich, ein Schulbuch
y.u werden; jedoch soll es keineswe«?« ein grammatischer Leitfaden für
den französischen Unterricht in der Schule sein. Denn die Sprache soll
nicht ans den Regeln, sondern die Begeln ntaen aos der Sprache er-
lernt werden. Der VerfiMser hat sich deshalb beim Unterricht in der
iranaOsischen Sprache nicht damit befreunden können, sich dem Scherns
der zumeist in Schulen eingeführten französischen Grammatiken und
Tiehrbücher anzuschliessen; er w*ill nicht, dass die Schüler aus der
(irammatik die Sprache zu lernen beginnen und an dem Gängelbaude
derselben paragraphenweise fortschreiten; vielmehr verlangt er, allem
firemdsiaraoliliclMn Unterrieht solle tod Anfimg an ein gutes Lesebnch,
ein Antor sa Grunde gelegt werden. Das solle der Leit&den sein, ao
welchem die fiohfiler, geführt und unterstutzt durch die sichere Band
des Lehrers, sich in das Gebiet der fremden Sprache hineinbegeben müssen.
In dor \'orrede zu den „Grundzügen der französischen Grammatik"
spricht sich Dr. Klotzsch ausführlich über seine Methode des fremd-
Hprachlichen Unterrichts im Allgemeinen aus und weist mit R^cht dar-
auf hhiy dass das Interesse am Inhalt der S^psache den Ansgangspimkt
für den Untemeht in der fremden Sprache bilden müsse. Den Zweck
seines Torgenannten Baches kennzeichnet er aber dadurch, dass er sag[t,
dasselbe soll einerseits dem Schüler für die Sprachgesetze, für die
Regeln und für <lie grammatischen Bemerkungen, die bei der Leetüre
des Autors gewonnen worden sind, zur Repetition und zur Orienturung
dienen f und andererseits dem Lehrer das zeitraubende Dictiren der
geftmdenen Begeln, sowie namentiidi . der Schemato für Dedination.
Condfigation ete. ersparen.
u kju,^ jd by Google
IL Fianzösiflcli.
13
Voosbulaixe fraa9aUi fSt Me ktei rtcten Clmiiftfiiinaffeit.
Son Dr. ^aebide, $rofeffor an ber ftgt. SanbeSfd^ute $forta.
(VI lt. 120 ®.) fit. 8. 1879. gc^. A 1.60.
Wenn sofaom ein Blick auf den starken Gebxaiioh ym Vokabularien
fdr den laieiaisehen und grieeliitdlisn Uatemcht auf den Gedanken
führen konnte, «ich emes Vooabolaire'anch für den französischen Unter*
rieht zu bedienen, so erschien ein solches Hilfsmittel für das Französische
um so nothwendiger, als hier erfahrungsmässig die geringe Wortkenntniss
der Schüler einen der empfindlichsten Mängel ihres Wissens bildet.
Allerdings bietet ja die Grammatik und noch mehr die Lektüre dem
Schfiler Gelegenheit sich leidHebe Wortkenntmsse m erwerben; allein
in der Regel werden die Vokabeln, die nur eben für die eine Lektion
gelernt sind, aach schnell wieder yeigessen. Es scheint aber durchaus
nöthig, den Schüler, unabhängig von der wechselnden und auch ihrem
Umfange nacli meistens ziemlich dürftigen Lektüre, in den Besitz eines
festen Wortschatzes zu setzen, auf dessen Verwerthung der Lehrer in
jeder Elasae deher reebnen kann. Und diM Ittest sich itteh der Meinung
des Verfassers am besten dadurch erreichen, dass die Schfiler, neben
der Lektüre und Grammatik, ein den Gynsnasialz wecken entsprechendes
Vocabulaire gebrauchen. — Dass das in seiner Art vorzügliche Voca-
bulaire von Ploetz doch den Bedürfniesen des französischen Gymnasial-
unterrichts sich nicht anpasst, bedarf keiner weiteren Auueinander-
eetznng. Nach dem vom Verf. in dem angezeigten Buche verfolgten
Plane soll der 8<^filer, soweit es die praktischen Zwecke der Stmole
räthlich erscheinen lassen, möglichsi sngleich alle wichtigen su einem
Wortstamme gehörigen Ableitungen und Zusammensetzungen kennen
lernen; er soll z. B. mit traliir zug'leich trahism und traitre, mit nnpire
zugleich etnpereur^ imperatric<\ impericU^ mit voie zugleich voyage, voyageur^
envoyer etc. lernen. Dass dadurch dem Schüler die Erlernung einer
^prOsseren Zahl von Wörtern eiieiditert wird, glaubt der Verf. ans semem
eigenen Unterricht, in dem er die bezeichnete Methode schon länger,
und zwar mit lebhafter Anregung der Schüler, angewendet hat, ver-
sichern zu können. Allerdings gehört zur erfolgreichen Verwerthung
dieser Methode die Vorbedingung, dass der Schüler schon eine einiger-
massen sichere und umfangreiche Kenntniss des lateinischen Wort-
echatzes besitse. Darum kum das angezeigte Bach, auch abgesehen
von andern Gründen, die es nicht räthlich erscheinen lassen, einem
Quintaner oder Quartaner schon ein besonderes Vokabelbuch in die
Hände zu geben, nach des Verfassers Ueberzeugung erst von der Tertia
eines Gymnasiums an mit Erfolg benutzt werden. Durch verschiedenen
Druck sind die wichtigeren Wörter von den selteneren und schwierigeren
gesondert so, dass eine Vertheilung des gesammten Stofibs aaf die ein-
aedain IQasMii ihmI ▲bthsfloogen ohne grosse Mühe ermöglicht ist und
das auf der vorhergehenden Stufe Erlernte in den folgenden seine Er-
gänzung und Vervollständigung findet. - Schliesslich sei noch bemerkt,
dass der Verf. weit entfernt davon gewesen ist, das etymologische Wissen,
das ja im Ganzen nicht der Schule angehört, in den Vordergrund treten
an lassen, und aoelihler geglaubt hat, oftmals die praktischen Rücksichten
der Sehlde den wissenschaftlichen Fordemngen vcwsiehen an müssen.
ttcBunggfc^uIe jum JJronjöfif^JsS^jrcj^cn. ßcii^tc (fjcrciticn in
fraiiäijfijc^er ©pradjc jum ^x^ä^tn. S5on ®. öan ^ee^. (IV
u. 159 ©.) 8. 186y. 96^.^:1.50.
In diesem Büchlein wird fQr den französischen Unterricht ein
neues ^^smittel geboten, welches darin besteht, dass es leichte Erzäh-
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14
langen gibt, welche niclrt übersetzt, sondern wiedererzählt werden sollen.
Dem Texte der Krzilhlimgen auf der rechteu Seite des Buches steht auf
der linken Seite ein Vocabularium gegenüber, welches nicht alpha-
betisch, sondern in (b'r>»'n»en Reihenfolge geordnet ist, in welcher die
Aasdrückti in der betr. Erzählung vorkommen. Vermöge dieser An-
leiftmig loU mm die Enlhlimg von dem Sohtler ludit wMKch fSbet-
aelife, tondem mfladlieh. niedeigtigebqn woden.
Oanaafto« ponr aerrür k l^dtode de la wmwmuMxm tmu^ain
i l'usage des commen^ants par 0. van Hees. Troisidme
Edition. (IV tt. 192 8.) 8. 1874. geh. JK 1.20.
Das vorliegende Bflchlein ist fttr Kinder beatünmty welche tot
oder neben dem grammatischen üntendeht im FianaOsischen auf ange-
nehme und leichte Weise französisch sprechen lernen sollen. Dasselbe
hat sich in zahlreichen Lehranstalten als durchaus praktisch bewährt.
Stff^iiie für ^te tran^öfif^e (Bonner jatton. Hudiaa^l iti^itt nnl
unter^attcnbcr Xf)catcrftücfc jum Ucbcrfc|cn ou^ bcm 2)cutf(^cn
ins Sransöfifcfic öon (If)arIcS «ranbon. I. X^cit. [9Sorfd)uIe.]
4. Sluflagc. (VI u, 193 @.) 8. 1878. gc^. ^ 1 . 50. IL X^U. [3»eite
«orjc^ule.] 2. SluflofiC. (IV u. 268 ©.) 8. 1868. gci Jt2.25,
Die fhmaönsche KomOdie bildet das beale Mittel zur Hebung in
der Conversation. Der Heransgeber hat daher eine Anzahl ursprünghcb
französischer Theaterstücke in« Deutische übersetzt, nm sie ins Franzö-
sische zurück Überbetzen zu lassen, und dies durch zweckmässige An-
merkungen erleichtert. Selbstverständlich ist bei der deutschen Ueber-
eeisang aUea milerdrfioki wordezi, wae für die Jugend aar irgend hätte
anatötsig sein können. Dnrch vielfache Einführung in Schtdian ist der
Werth und der Nutzen dieser Uebungabäoher bereits aUgmein anerkam^
Der Inhalt der beiden Bändchen isst folgender:
I. Bündchen: Da8 Huhn. Lustspiel in einem Akt. — Der Rasende.
Lll^t^piei in einem Akt. — Die Spieler. Drama in einem Akt. —
Diu Jagdpartie Heinrichs IV. Lustspiel in zwei Akten. —
Die Verschwenderin oder das Verm&ehtniss. Drama in einem
Akt — ^ Vaterliebe. Drama in einem Akt — Zwei Worte oder
eine Nacht im Walde. Drama in einem Akt. — Der Taube
oder das überfüllte Gasthaus. Lustspiel in einem Akt.
II. Bändchen: Die beiden Pagen. Drama in zwei Akten. — Der
Launenhafte oder wie man sich bettet so schläft man.
Dramatisches Sprichwort in einem Akt. — Die kleinen Leiden des
mensohlichen Lebens. Lnstspiel in einem Akt — Johann oder
die Frflchte der Erziehung. Lustspiel in drei Abtheflnngen. —
Er geht auf's Land. Lustspiel in dni Akten.
gftiijifif^e (Bthi^U ^nm Kttlmeitbiglmtfit, {ltifniiita^i| fttrla^
fftr \eäfi Sk^ulja^re unb mit etl&utetnbett SCnmeirfungen tiecs
fe^n bon ttaxl ftaifev, Strettor ber l^^txta Zd<l^tetf(^ttle
Satmen. (vm n. 144 6.) 8. 1872. ge^. 1.20.
An französischen Gedichtsammlungen ist kein Mangel, wohl aber
an solchen, die den Bedür&iissen der Schule entsprechen. Denn es ge-
mx^t keineswegs, Altes und Neues, Gutes imd Mittelmässiges , Leichtes
und Schweres aus dem Schatze der Literatur zusammenzutragen, sondern
fflr ein Schulbuch darf nur das Beste und von diesem nur das fär
Kinder durchaus Geeignete auagewählt werden, zumal wenn es sich um
Memoxuaioff handelt; auch mnsa das so gesiehiete and anf das
richtige Maass beschränkte Material nach der Sohwiejigkeit
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II. Französifloh.
15
des Verständnisses stufenweise geordnet und auf die ganie
Schulzeit vertheilt werden. Nach diesen Grundsätzen ist die vor-
liegende Sammlung bearbeitet. Ausführlicher hat sich der Verfasser in
seiner Abhandlung „über das Auswendiglernen deutscher, französischer
und englischer Gedichte'* aasgesprochen, welche durch alle Buchhand-
lungen gratis zu beziehen ist.
Po^sies fran9si8eB propres h dtre apprlses par coeur dans
les 6coles allemandes, choisies et arrangt-es par EshusiüS.
8. 1871. Premiere partie. (IV u. 152 S.) relie A 1.20.
Seconde partie. (VIII ii. 244 S.) reli6 A 1 . 80.
Der Verfiasser, Oberlehrer an der Kealschule 1. Ordnung in Halber-
stadt, widmet unter den obigen Titel den dentedbien Schulen eine
Sammlung ron en&hlenden und beschreibenden ftanaOsischen Qedkhten,
welche neben den yorhandenen prosaischen Lesestoffen und grösseren
dramatischen, epischen und didaktischen Dichtungen eine reichhaltige
Auswahl für Deklamationsübungen bieten, die nicht nur den grammati-
kalischen und lexikalischen Sprachschatz des Schülers befestigen und er-
weitem, sondern in den fremden Formen zugleich seinen Geist und sein
Gemüth bilden und ihn frühzeitiff in die ansiindische Literatur einführen.
Ffir den letzteren Zweck sind die hervonragenden Dichter des 17. nnd
des 19. Jahrhunderts besonders berflcksichtigt und jedem Bande bio-
graphische Notisen beigegeben.
Le Urxe des demoiBellefl, IBin framöfliaolies Leaebuoh für
IfSdchensclinleii mit einem yoUstSndigen Wörterbucbe von
H. Babbieux. 6. n. 7, Anfl. gr. 8« L CurBiis. 7. Aufl.* (VI
XL. SO S.) geh. 1876, --.75. IL Cnrsiis. a. Aufl. (YIU
u. 306 8.) geh. 1873. 2 .35.
La wenigen Jahren sind von diesem Lesebnehe seehs starke Anf-
lagen nöthig geworden, ffewiss der beste Beweis fdr seine praktische
Brauchbarkeit. In der That wird es kaum ein anderes französisches
Lesebuch geben, welches eine für die weibliche Jugend so interessante
und durchaus zweckmässige Auswahl von Lesestücken darböte, als das
vorliegende. Dasselbe . ist daher auch fast in allen bedeutenderen
Mädchenschulen Deutschlands znr Einführung gelangt.
ttebungSBu^ für bcn fran^oftf^en llnterriii^t in ben unteren
Staffen ^öf)erer fic^)ranftaltcn, fowie für ben (SJebrauc^ tion £e^rer=
©eminarien, Sülittelfd^ulen u.S3ürgerjd)ulen. SSon Dr.Sbm.gronf e,
©^mnafialle^rer in Söcntl^cn D.s@. (IV u, 144 @.) gr. 8.
1876. gel^eftet JC i . 80.
%tMimiit% ' UttuntStnii für bie ntittleren AlaKnt |S|em
Sk^rrniptttoi twn Dr. Sbm. fSxanU, ®\)mm\xa^U^)ttt in Oeut^en
C.*6. (VIII u. 166 ®.) ^x. 8, 1877. ge:^. J[ 2.—
I. Wenn gegenw&rtig der französische Unterricht anf höheren Lehr-
'anstalten, bei aller BerücKsichtigung des formell Grammatischen, doch
TOrzugsweise den Zweck verfolgt, die Schüler möglichst rasch zum Ver-
ständniss französischer Schriftsteller vorzubereiten und nach und nach
zu einem tieferen Eindringen in den Geist der französischen Sprache
nnd Litteratur zu befähigen, so dürfte die Hauptaufgabe des grade in
■^esem Lebrfache so wichtigen Anfangsunterrichtes^ neben der gründ-
lichen Einflbong der regehnftssi^en Formenlehre, wohl eine angemessene
Vorbereitimg rar die Lectiire sein.
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II. Französisch.
Ein unter diesem Gesichtspunkte gearbeitetes Uebungabuch für
die unteren Khissen höherer Lehranstalten wird, trotz der bedeutenden
Leistungen aal' diesem Gebiete, nicht gerade als überflüssig ert-chemeiL
WdiiigBtenä glaubte der Verf. den Versuch wagen zu dürfen, durch eine
sorgfiitige Auswahl und sweckm&stige Yertheilnng dee gramimligcben
Stoffes, durch ratehet und systematiiches Fostsehreiten vom Leiditenn
zum Schwereren, endlich durch Unterordnung alles Kebensächlichen unter
das ins Auge gt^fasste Hauptziel dem Lehrer seine schwierige Arbeit^
wenn auch nur um ein Kleines, erleichtem zu helfen.
Nach einer kurzen Einb'itung, welche das Wichtigste über die
Atissprache, fenu r Leseübnngen und einige grammatische Vorbemerknogen
enth^t, vdrd in der ersten Abtheilung (§§ 1 — 18) die Flexion der Nomina
und zugleich die Coigugation der Hilfszeitwörter avoir und etre be-
hftBdelt, wobei die Lehre TOB den Artikdn gebflhreiidemassen ni dn
Vordergmiid tritt»
hl der sweilen Abth. (§§ 19->3l) wird die regelmässige Con-
jngation pin^otibt und swar derart, dais immar dae Verwandt« n-
sammen/L^estellt wird.
Die dritte Abth. (§§ 32 — 46) befasst sich mit den schwierigeren
CoiBgugatioDBformen, mit den Pronominen und den orthographiickei
Eigeaflilimllehkeilen gewiner Yeiben.
Der Vorbereitong für die Leetüre dient voraahmlicli die tmiIi
Abth. (§§ 47—61), welche in aller Kürze die Lehre TOn den übnge&
Wortarten, sowio von den Länder- und Stildtenamen und der Apposition
behandelt; <lie letzten beiden Pai-a<^raphen fassen zusammen, was vom
Gebrauche der Infinitive und Participien zum Verstandniss eines leichterta
Schriftstellers nothwendig zu sein scheint.
Jeder Abtheilung ist eine Cei\jugatioaata>belle angehängt, der
ersten die von avoir und §tre, der zweiten die der regelmässigen Zeit*
Wörter im Activ, der dritten die der passiven und reflexiven Formen,
die vierte beschlies^^t eine Tabelle mit den Grundformen YOn ^6 Jisofig
vorkommenden iinrc^'t-lniässigen Verben.
Als geeignet<'8 Material zu Satzzerlegungen sowie als Prüfstein
für die gewonnene Fertigkeit im Uebersetzen mögen die zusanunenhüDgen-
den LeMstOeke am Ende angesehen werden.
In dem WOrterreneieäiiiss stehen die fm den teuönsohflD
deutschen Uebungsstüoken yorkommenden Vocabehi nadi Paragraphen
geordnet; Wiederholungen sind dabei möglichst yermiedeiL
Die Anordnung der Üebungsbeispiele in den einzelnen ParagnHJfc»
ist der Art, dass in den deutschen Stücken keine Schwierigkeiten vor-
kommen, deren Bewältigung nicht in den darüber stehenden frsDi
Stück t'ii gelehrt wäre, bei der Wahl der Uebungssätze dagegen ist die
Rücksicht auf einen anregenden oder belehrenden Inhalt nicht die letzte
gewesen.
n. Dae ^!7ebungabudi f&r die mittleren ElasMtt" ist bestimmt, dne
Fortsetzung und Ergänsung des üebungsbuches für die unteren Klassen
höherer Lehranstalten zu bilden. Es soll, wie dieses, einerseits daza
dienen, dem Scliüler für den späteren h^ystematiHchen Unterricht in d^r
Grammatik die unentbehrliche formale Grundlage zu verschaffen, zugleicli
aber auch ihn mit demjenigen Erscheinungen der Syntax bekannt macken,
deren — wenn auch nur elementare — Kenntnisa bei der Leetüre fican*
zösischer Schriftsteller vorausgesetsEt werden mnss.
Dem eben boMichneten Doppelsweoke entspricht die Anozdann?
und Einrichtung dieses Uebungsbucnes, dessen erste fi&lfte die Wieder-
holung und Erweiterung der Formenlehre, insbesoDdere aber die
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n. Französisch.
•
17
übnng der nnregelmässigen Zeitwörter zum Gegenstande hat, während
im zweiten Theile die wichtigsten Regeln über den Gebrauch der Nomina
und Verba durch geeignete Beispiele zur Anschauung gebracht werden.
Die Uebungsbeispiele des ersten Theiles, sowie die den Beschluss
desselben bildenden Uebersetznngsstücke sind sämmtlich deutsche, weil
ntnr solche zxa raschen und sicheren Einfibnng der nnregelmässigen
Nominal- und Verbalfornion geeignet zu sein schienen. Dem zweiten
Theile dagegen durften französische Beispiele um so weniprer fehlen, als
in ihm die Aufgabe gelöst wefden soll, durch Gruppen gleichartiger
Mustersütze, ohne vorangeschickte grammatische Erläuterung, die wich-
tigsten syntaktischen Spracherscheinungen derart zu chiirakterisiren, dass
der Schmer Ton ihnen eine znnftchsfc ansreichende praktische Kenntniss,
wenn auch noch keine theoretische Erkenntuiss gewinnt.
Eine bestimmte Grammatik ist dem üebnngsbuche nicht zu Grunde
gelegt worden; aber die Einrichtung, dass jeder Paragraph als Ueber-
schriit eine genaue Inhaltsangabe trägt, wird den Gebrauch des Buches
neben jeder Schulgrammatik ermöglichen.
Anf die Form nnd den Inhaft des Uebersetsmigsinateriab ist eine
möglichst grosse Sorgfalt verwandt worden. Die französischen Beispiele
sind fiEust ohne Ausnahme den klassischen Autoren oder dodi anexkamit.
guten, vornehmlich historischen Schriftstellern entnommen und in ihrer
äusseren Gestalt, soweit es anging, abgerundet worden. Bei der Fassung
der deutschen Beispiele, welche grösstentheils denselben Quellen ange-
hOien^ hat die Anwendung einiger Zeichen, welche den Text kaum
merUich nnterbrechen, genügt, nm fiberall da, wo es nOthig schien,
ffinweicningen anf eine verschiedenartige Wiedergabe in dem fremden
Idiom anznbringen. ohne deswegen der natnrgemässen Aosdmcksweise
der Muttersprache Gewalt anzuthun.
Bei der Zusammenstellung des nach Paragraphen geordneten
WOrterverzeichniases ist das regehnässige Memoriren der in den Uebungs-
stficken ▼orkommenden Yocabeln als eine nicht za umgehende Noth-
wendigkeit voransgesetzt worden.
UebungSfiufl 3um UeÜerfe^en au§ bem ^eut|(^ett ins $ran)o{tfi|e
t)on Dr. |)erm. SGBen^et, ^irector am (5Jt)mnaftum ^cut^en D.^©.
uttb Dr. @b. Sranfc, 6Jt)mnafiaüe()rcr S3eutJ|en D.s®.
(IX u. 204 (5.) gr. 8. 1875. ge^. A 2.40.
Seit längerer Zeit mit dem friinzösischen Unterricht ^n den oberen
a>sen betraut, haben die Verfasser sich der Wahrnehmung nicht ver-
schliesaen können, dass ein Uebungsbuch, welches, im Anschluss an eine
bewftbxte nnd Terbreitete Sobnlgrammatik sich die Anfsabe stellt, die
Regeln der fhuisOflischen Syntax durch eine Reihe soigfutig ausgewähl-
ter Beispiele und zusammenhängender Stücke einzuüb^^ anf eine fretmd-
liche Aufnahme von Seiten der Fachgenossen rechnen darf. Abgesehen
davon, dass ein häufigerer Wechsel in <len zur Einübung des gramma-
tischen Lehrstoffes bestinmiten Büchern wünschenswerth erscheinen muss,
iit auch die 2ahl deijasiffen Mcher» welche Ihrem Zwecke völlig ent-
sprechend eingerichtet sind, eine noch immer sehr beschränkte zn nennen.
Denn wfthrend einige Verfasser ihr werthvolles Material aixf eine Weise
ftliordnen, durch die dem Lehrer seine Aufgabe eher erschwert als er-
leichtert wird, lassen wol andere ein festes Princip in der Aufeinander-
folge der Beispiele nicht vermissen, beeinträchtigen diesen Vorzug aber
dadurch, dass tde dieselben ssum grossen Theile ans einer Sphäre ent>
nehmen, die tief nnter dem geistigen Standpunkt der SohiUer, für die
sie berechnet sind, steht Beide Mftngel smd so viel als möglich in
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18
II. Französisch.
diesem üebung^slnich vermieden. In der Anorcbiung der Reg-eln schlössen
sich die Verfsisser eng an die , .Französische Schultjrammatik von Dr
Heinrich Knebel" (13. Aufl. Koblenz 1873) an, einem Werke, dessen
nicht ffenng zu schätsendes Yerdieut dann berteht, dus es die geistige
Thlti^rait der Lernenden in hohem Grade in Anspraeh m nehmen Ter-
lieht Qod aich in dieser Beziehung würdig den Grammatiken der alt^n
Sprachen anreiht. Indem sie diese Grammatik zu Grunde legten, be
obachteten die Verfasser das Verfahren, dass jeder einzelne Paragraph
und, wenn dieser zu umfangreich erschien, kleinere Abtheilnngen des-
selben mit Sätzen zur Einübung der in demselben enthalteneu Begeln
yersehen und jedem Abschnitt eine LihalMbexsieht gegeben wude,
durch die die Öenuteung dieses TJebungshuches auch in den AnstaMen
ermöglicht wird, in welchen die KnebeFsche Grammatik nicht ein-
geführt ist. Was den Inhalt der Beispiele betrifft, so ist es das Bestreben
gewesen, nur solche zu geben, die ein abgeschlossenes Ganze bilden und
durch ihren fast durchweg belehrenden Inhalt dem Schüler auch einen
liiKl uugs 8 to ff zuführen, der in ähnlichen Sammlungen nur za oft ver-
misst wird. Von der praktischen Tenrendbarkeit eines grossen Theiles
dieses gesammelten üebnngsmaterials haben sich die YerfEMser bereits
durch seine Vcrwcrthung im Unterricht zu überzeugen Gelegenheit gehabt
Am Schlüsse eines jeden grösseren, selbständigen Abschnitte?
sind längere Sätze und zusammenhängende umfangreiche Stücke, in
denen die in demselben enthaltenen Regeln eine stete Berücksichtigimg
ünden und die sich daher Yorzugsweise zu schriftlichen Uebongen odei
IRatenalictt junt ttcberfe^ett au8 bem Seutfi^en inS ^ronsipf^
für bie oberen ftlaffen ^5^ev @d^uten. ißon Dr. Sb. ^ot%Ux,
Cttbrcctor am (B^naflttiii su Snmbenbiitg a. ^. L Z^:
Das Wtert^ttm. (vn it. 282 6.) gr.8. 1872. ge^. ^ 2.40.
Diese Kateiialien unterscheiden sich von fihnHehen Uebungsbüchem
▼omehmlich dadurch, dass durch dieselben ein ernsteres und tieferes
Stu<lium der französisdien Sprache bezweckt werdan sqU, damit £e
Schüler der oberen Klassen zur Erkenntniss gelangen, dass die franzö-
sische Sprache eine höhere Achtung verdient, als ihr besonders
Gymnasien zugestanden wird. WennErleich der Stoff in diesen Mate-
rialien nur ein rein historischer ist und zwar in diesem ersten Bändcheu
aus dem Alterihum entnommen (in einem zweiten und dritten Bändcheu
soll das Mittelalter und die Neuzeit auf Ähnliche Weise behandelt werden),
80 ist er doch so mannigfaltig an Inhalt und Form, dass er ein leb-
haftes Interesse der Schüler oljerer Klassen erwecken wird. Allerdings
tritt der gesellschaftliche Ton, die Anleitung zu einem oberflächhchen
Plappern des Französischen, als der hohen Aufgabe der Gymnasien
nicht anKemessen, in den Hintergrund; dasegen sollen die Schüler der
oberen Küssen höherer Schulen durch diese Materialien an eigene Thätig-
keit gewöhnt und durch gründliche Vorbeseitong su einer grOsseoi
Sichemeit in der Sprache, die einen so bedeutenden Einfioss auf die
allgemeine Geistesbewegung gehabt hat und noch hat, hingeführt werden
Zugleich beabsichtigt der Verfasser, dass die Schüler hierdurch Gelegen-
heit erhalten, die Hauptmomente aus der alten (ieschicht^ zu repetieren
und dm'ch freie Vorträge lebendig zu machen. Ist hier ein fester Grund
gelegt, so wird sich die Umgangssprache leichter und erfol^eicher as-
eignen lassen. Das oberflächliche rlappem fiOhrt leicht su einer Ober-
fl&chlichheit des Charakters, das ernstere Stadium einer Sprache sidiert
daror und ist darum von einem unberechenbaren sittlichen Werthe.
II. Franzdakch.
cnbioiz de eontes povr la jenneflae par H. O. Andonen,
tradnii par Ohablbs Beakdok. Aveo beaueoup d'illustratioiis
daiiB le torie et neiif grands sigets tir^s k part Tiroisidme
6diüon. (Vm xl 819 8.) 8. 1875. eari A B.76.
'Für die in der französischen Sprache schon mehr vorgeschrittenen
Schüler and Schüleniineii mOchte es kaTon eine sweekmftsBigere ond
intexessantere Lektflre geben, ale diese Yortreffliohen Mttrchen Andenens.
Sigifimond Hustig ou le naufrage du pacifique. Nouveau
Robinson par le Capitaine Marryat. Traduit par Charles
Brandon. Troisidme edition. Avec 94 gravures. (VUI u.
325 S.) 8. 1876. reli6 JC 4:.bO.
Der bekannte Marryat'scbe Robinson — in Eng"land und Deutsch-
land in vielen Auflagen verbreitet — wird hier den Unterrichtsanstalten
in einer vortrefflichen französischen Uebersetzung als ein französisches
LeBebach dazgeboten^ welches bereite in eahlreicben Scholen Eingang
gefimden hat;
Nonrean diotionnalre de poohe firan9ai8 et allemand. Keneatee
Taschenwörterbuch, französisch und deutsch. Von Dr. P. E.
Feller. 31. Aufl. 2. Bändchen. (I. Bd. II u. 381 S. II. Bd.
II, 306 u. 47 S.) 32. 1877. geh. in 1 Band A 1.50,
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zösisch. Von Dr. F. E. Peller. 3 Bändchen. (l. Bd. IV
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franz^ysischer Schriftsteller mit deutschen Anmerkungen.
Iie passage de la B^rözina par le comte de Sägur, oder
XL Buch aus Sögur's histoire de Napoleon .et de la grande
arm^e pendant Tannöe 1812. Mit einer ISnleitung, saohlichett
und sprachlichen Anmerkungen, einem Anhange und einer
Eiarte herausgegeben von F. G. Sotwaxjiach, Oberlehrer an
der Bealschule L Ordnung zu Sprottau. (IV u. 189 8.)
gr. 8. 1873. geh. .^1.60.
Xies femmes savantes, comödie de Molidre. Mit einer Einleitung
und erläuternden Anmerkungen herausgegeben von Dr. C. Th.
LioN. (IV u. 144 S.) gr. 8. 1872. geh. A 1.35.
Iie Tartnfe, oomödie de Moli^. Mit einer Einleitung nnd
erläuternden Anmerkungen herausgegeben von Dr. C. Th. LIon.
(IV u. 182 S.) gr. 8. 1871. geh. JL 2.2b.
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20 FranzösisclL
Ii» Bovzgeoie gentUhoauM , ratödia de Xöli&n« Texte
reyu et aoeompagnö dt nonibireiisei remarques en fran^ais, en
aUenaad et en anglais, par A. Kobul, Dr. en pbiloeophie
et professeur de fraiK^is an College Saint-Thoinas ä Leipsic.
(VI u. 84 S.) gr. 8. 1877. geh. JC 1.—
Le Misanthrope, comMie de Moli^« Hit einer Einleitniig
und erklttrenden Anmerkungen herani^geben von C. Th. JAoVj
Dr. phü., Rector der höheren Bfligerschnle zu Langensalza»
(144 S.) gr. 8. 1877. geh. 1.80.
Kaoine^s Athalie. Mit Emleitiing und deutschem Commentar
von Adolf Laum. (IV u. 96 S.) gr. 8. 1876. geh. 1.20.
Andromaque. Mit deataehem Oommentar und Ein-
leitung von Adolf Laün. (IVn.86S.) gr.8. 1877. geh.UCl.20.
Mithridate. Mit deutsohem Commentar und Einleitung
von Adolf Laün. (IV u. 83 S.) gr. 8. 1878. geh. JLl,—
Ausgewählte Lieder dee J. P. de Böranger. Für den Sohnl-
gebraiich erklärt von Dr. G. Völcker, Gymnasiallehrer in
Prenzlau. (IV u. 92 S.) gr. 8. 1877. geh. A —.90.
Avagewililte oraiaona flmdbree dee J. B* Boamelu Mr den
Schnlgebranoh erklttrt von Dr. G. YQlcjsbsl (115 Sw) gr. a
1877. geh. 1.20.
Oonsid^rations sur les oauses de la giandenr des BomaiBS
et de leur d^adence. Par Montesquieu. Für den Schulge-
branch erUftrt von W. Wendler. (IV n. 172 S.) gr. 8. 1871.
geh. JH 1 . 50.
Ausgewählte Dramen von Corneille. Für die oberen Klassen
höherer Lehranstalten herausgegeben von Dr. K. Brunnemann,
Director der Realschule 1. Ordnung zu Elbinir I. Band.
Le Cid. (VI u. 68 S.) gr. 8. 1877. geh. JLl.—
IL Bend* Horaoe. (XV u. 75 8.) gr. 8. 1877.
geh. — .90.
Le Tene d'ean, on les effete et les eanses. Oomödie de
SoBiBB. Ißt einer Einleitung und erklärenden Anmerkungen
herausgegeben TonERBSSHBB. (87 3.) gr.8. 1878. geh. «4(1.—
Les arts et les scienoes dans le siöcle de Louis XTV. Voltaire's
y,le si^Ie de Louis XIV entnonunen. Ffir den Schulgebrauch
heransgege'ben und mit Anmerkungen versehen von Fb. Xat.
Seidl, Kgl. Spraeblefarer an der Eealscinile und am Egl
Studienseminar In Neuburg a. D.- (VI n. 40 B.) gr. 8.
1878. geh. Jt —.60.
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III. Italienisoh. — IV. Spanisch. 21
Histoire de la revolution fran^aise depuis 1789 jusqu'en 1814.
Par M. MiGNET. Herausgegeben und mit sprachlichen, sachlichen
und geschichtlichen Anmerkungen versehen von A. Kqrell,
Oberlehrer am Thomas-Oymnasium in Leipzig. I. Band: In-
troduction et Assemblee Constituante. (VIII u. 119 S.)
gr. 8. 1877. geh. JCl.öO.
Aa eoin du feu par Bmile SouTestre. Hexaiugegeben imd
mit Anmerktuigen yeneben yon Dr. 0. Schulze, ord. Lehrer
an der Bealsehule L 0. ssn Gera. L BSmdehen. Mit zwei
Anhängen. (VI tu 80 S.) gr. 8. 1879. geh. 1.—
III. ItaUemsch.
. Dizionario italiano-tedesoo e tedesco-italiano. CompOBto Bul
migliori dizionarii ed arricchito dei termini proprii del commercio e
deir industria. — ^'^anbtüijrterbu ber itatienijdjen unb
beutjd^en ©pracfie. 58on Dr. g. Seiler. ^a(^ ben beften
Dueüen mit S3erürf)id)ti(^un9 ber faiifmännifc^en u. tec^nifd^en Zmnu
notogte bearbeitet. 2 i^eite in 1 S3anbe. 4. Slufl. (I. ^beil IV
u. 418 6. IL X^eil IV u. 686 (©.) 8. 1873. ge^. <^ 5.—
üTuoTO diBionario portatile italiano-tedesoo, tedeseo-italiano.
Arriechito d'una gran qnantitä di Yocaboli relativi al commercio,
alle strade ferrate e ai yapori. — Neues Taschenwörterbuch
der italienischen und deutschen Sprache für Reisende und
zum Schulgebrauch. Von Dr. P. B. Fbllbr. Mit Berücksichtigung
der gesammten kaufmännischen Terminologie, sowie der neuesten
Ausdrtlcke in Bezug auf Eisenbahnen, Dampf böte u. s. w.
2 Bändchen. 17. Aufl. 32. 1876. geh. in 1 Bd. Ji^ 2 . 25. geb.
in engl. Leinw. in 1 Bd. Jt 3 . — , in 2 Bdn. mit Etui JCS .7o.
Einzeln jedes Bändchen geh. a JC 1.35. Vol. I. Italiano-tedesco.
(n u. 532 S.) VoL n. Deutsch-itaüenisch. {11 u. 409 S.)
IV. Spanisch.
^ueyo dioeionario de las lengoas OasteUana y Alemana el
mas completo que se ha publicado hasta el dia. Compüesto
segun las i<imas ediciones de los dicdonarios de Don Vicente
Saly4, Blanc, Rosa, Sedcendorff, el gran diccionario nadonal
de Dominguez, y multitad de monografias te toda suerte j
compendioB especiales de ciencias, artes, industria y commercio
publicados en Espana y America. Quinta edicion emendada y
aumentada. 3^eue[te^ u. üoUftdnbiäite^ ©panijc^ = S)eut jdje»
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vttb 1^futfc^:@pant{(^e9 l^anbMdtterbuc^. ^on $
ilrf 0 jjij. aJiit ^öenu^unfl ber ©örterbütbcr öon @aba, 93Ianc,
Secfenborff, X^omingue^ u. einer grofjcn ^2üi^qI)( oon S^Jecialfd
oder 2lrt nod) bem jc^igeu Sta^^c ber Sittcratur unb m
IPiibcrcr 9iücffid)t auf !äBi)leujd)aitcn, fünfte, Snbuftric u. 4
bearb. 5. öerb. u. ücrm. 5hifl. 2 iöbc. 8. 1874. gel). 1
©iiijelu: 1. S3anb. ©paiüfc^^^cutic^. (XII u. 1132 8. ) JC^
U. lOanb. 2)eutid)^<Spamic^. i,vm u. 794 8.) 4.i
NiMTO dtooloiiwlo porÜtUd« Im limgnu OufeellHia y Alei
el mas oompleto quo se ba pnblkado liatte el dia. 9laiefte0 iL j
Xafd^eittodvterbitc^ b. f))ani)(^en iLbeutfc^en @)>rac^e.l
3.^oo(^'9(rfof)Q. 9ta4 feinem grd^eten ^onbiviHrterbttc^e h
2 ©änbc I. ©anb: @pani)c^=3)eiitf(^. (Vin u. 696 8.) II. S
2)eutjc^^£paiiijd^. ^Vlllu.ö263.) 3.2lufL 16. 1877. c[e^. ,^4
Druck von B. G. Tenbner in Lt^psif.
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ZWEITE ABTELLITNG (118b BAND).
Seite
63. Die einübung der conjugation des griechischen verbums
in der schule, von W. Vollbrecht in Ratzeburg .... 569 587
64. Die lateinischen Sprech- und schreibübungen auf grundlage
der lectüre. von J. H. Schmalz in Mannheim 588—600
65. Die politische bedeutung von Lessings 'Minna von Barn-
helni'. preuszische schulrede an kaisers geburtstag, den
22n märz 1876, gehalten von Ä. Boxberger 600—608
66. P. Wesener: lateinisches eleraentarbuch. Ir teil (sexta)
(Leipzig 1878). angez. von Heine in Weissenburg . . . 609 — 612
67. Zur prograramfrage. von Stammer in Düsseldorf . . . 612—613
68. Fünfte ordentliche hauptversammlung des Vereins von lehrern
höherer lehranstalten der provinz Schlesien, von G. Dzialas
in Breslau . . . . , 614—618
69. Berichtigung, von R, Grosser in Wittstock 618
(16.) Philologische programme deutscher höherer lehranstalten.
von H. K. Benicken in Bartenstein (Fortsetzung) .... 619—622
Inhaltsverzeichnis 623—625
Namensverzeichnis der an diesem bände betheiligten mit-
arbeiter 626—627
Ortsverzeichnisder in diesem bände besprochenen programme 628
Den Herren Lehrern
an Gymnasien, Pro^ymnasien und Realschulen wird
für das nächste Sehulsemester
der ausgedehnt« Schulbücher- Verlag von B. G. Tenbner in Leipzig
zu geneigter Beachtung empfohlen und zwar:
I. Textausg^aben der g^riechlschen und lateinischen Klassiker.
[Bibliotheca scriptorum Graeconim et Komanorum Teubneriana.]
Diese Sammlang tod Textau«Kab«n, welche überall, wo humaniitifche Stadien ge-
trieben werden, fast ausechlieitalich im Gebrauch ist, wird ununterbrochen forttreietxt
und fortwahrend durch neue verbe»»erte Auflagen immer grösserer Vollkommenheit ent-
gegengefuhrt. Et sind darin alle Autoren, welche fQr den Schulgebrauch nur irgend io
Krage kommen kr»nnen, bereits erschienen und durch auaaerordentlich niedriRe Preise
auch unbemittelten Schülern lugftnglich gemacht. Wo aber, wie dies in zahlreicheo
Lehranstalten schon geschieht, der Gleichmiissigkeit wegen auuchliesslich nur diese
Ausgaben in den Händen der SchUler während des rnterrichta geduldet werden »ollen,
da erleichtert dies der Verleger gern durch Lieferung einer Anzahl Ton Freiexemplares
für arme Schaler oder die etwa bestehende Bibliotheca pauporum.
H. B. G. Teubnera Schulausgaben griechischer und lateinischer
Klassiker mit deutschen erklärenden Anmerkungen.
Bekanntlich icichnen sich dioae Schulausgaben dadurch aus, da«8 sie, aus der Praxis
des Schulunterrichts hervorgegangen, Tor allem das Bedürfniss der Schale ins Ange
fassen, ohne dabei die Ansprüche der Wissenschaft unberücksichtigt au lassen. Die in
der Sammlung noch fehlenden wenigen Schul • Autoreu werden in kürsester Fritt er-
scheinen. Die fortwährend ni'^thigen neuen Auflagen beweisen, dass auch die«« Xueqiab«a
sich der allgemeinsten Anerkennung zu erfreuen haben. Freiexemplare für Lehrer stehen
bei beabsichtigter Einfuhrung oder Empfehlung gern lu Diensten.
m. Bibliotheca Qraeca, curant. Fr. Jacobs et V. Ch. Fr. Rost.
Ausgaben griechischer Klassiker mit lateinischen An-
merkungen.
Vielfältig werden diese Ausgaben für d«n Unterricht in den oberen Klassen den
Ausgaben mit deutschen Anmerkungen vorgezogen, wie denn c. B. von Enri«^ides ed.
Pflugk et Klotz, Plato od. Stallbaum, Sophocles ed. Wunder, Thucj aes ed.
Poppo, u. A. einzelne Bände erst neuerdings in neuen Auflagen erschienen sind.
rv. Lehr- und Hilfsbücher für den gesammten Unterricht
an Gymnasien und anderen höheren Schulen.
Die Verlagshandluug strebt auch auf diesem (lebiet« nach mc^glichster YoUstftndig-
keit, um durch gediegene neue Lehr- und Hilfsbücher für alle Disziplinen der
Unterrichts die Fortschritte der Wissenschaft der Schule zugänglich zu machen. Verlagi-
antrüge gediegener Arbeiten auf diesem Gebiete werden ihr vorzugsweise wiUkomm«n sein,
selbst dann, wenn der betreffende Unterrichtsgegenstand bereits durch
ein Lehrbuch im Teubner'schen Verlage vertreten ist.
In allen Buchhandlungen ist gratis zu haben:
Schulkatalog
der Verlagsbuchh&ndlun« von B. G. Teubner in LieipEig,
welcher eine Zusammenstellung der Ausgaben griechischer und
lateinischer Klassiker, sowie der Lehr-^ und Hilfsbücher für
den Unterricht aus dem Teubner'schen Verlage enthält, soweit die-
selben an den Gymnasien, Progjmnasien, Real- und anderen höheren
Schulen Deutschlands gebraucht werden. Ein TollstAndiges Yer-
zeichuiss des gesammten philologischen, sowie des mathematischen
Verlags von B. G. Teubner steht ebenfalls gratis zu Diensten.
Bestellungen auf Bücher meines Verlags bitte ich nicht direkt
an mich, sondern an eine Sortimentsbuchhandlung zu richten da ich
mich mit dem Verkauf von Büchern ans Publikum durchaus nicht be-
fassen, sondern dieselben nur an Buchhandlungen liefern kann.
B. G. Teubner.
\
'I
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